2.3 Optische Komponenten und Materialien

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ANGEWANDTE OPTIK
2.3 Optische Komponenten und Materialien
2.3.1 Prismen
Ein einfaches Prisma besteht aus zwei ebenen Flächen eines Glaskörpers, die einen Winkel α miteinander bilden. Ein unter dem Winkel i1 auf die erste Fläche einfallender Strahl wird beim Austritt durch die zweite Fläche einen Winkel i’2 bilden. Es gilt i2 = α − i1′ . Die Gesamtablenkung δ beträgt dann
δ = ( i1 − i1′ ) + ( i2′ − i2 )
= i1 + i2′ − α
α
(1.49)
Mit dem Brechungsgesetz gilt
i’2
i1
i’1
i2
δ
1
sin i1
n
sin i2′ = n sin i2
sin i1′ =
Durch Kombination mit (1.49) erhält man
[
δ = i1 − α + arcsin sin α n 2 − sin 2 i1 − cos α sin i1
]
(1.50)
Ändert sich der Brechungsindex mit der Wellenlänge, so erhält
man durch Differenzieren von (1.50) die Winkeldispersion
dδ cos i2 tan i1′ + sin i2 dn
=
⋅
.
dλ
cos i2′
dλ
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(1.51)
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Durch Anwendung der paraxialen Näherung für i1 und α erhält man die Gleichung für das dünne Prisma
δ = α ( n − 1) .
(1.52)
Ist der Einfallswinkel i1 nicht klein, so erhält man näherungsweise
 i ( n + 1)

δ = α ( n − 1) 1+ 1
+ L .
2n


(1.53)
Durch Differenzieren von (1.52) erhalten wir
d δ =α dn =δ
Der Ausdruck
dn
n −1
(1.54)
dn
entspricht einer auf den Brechungsindex normierten Dispersion und ähnelt der Abbé-Zahl.
n −1
Für die Änderung des Ablenkwinkels zwischen den Wellenlängen der C- und F - Linie gilt daher
δd
.
V
Damit hat man eine nützliche Approximation für die Dispersion.
δF −δC =
(1.55)
Sonderformen von Prismen sind das Achromatische Prisma und das Geradsicht-Prisma. Beim ersten ist der
Ablenkwinkel für zwei gewählte Wellenlängen derselbe, die Strahlen sind aber parallel versetzt. Beim zweiten
verschwindet der mittlere Ablenkwinkel, ohne dass die Dispersion verschwindet.
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2.3.2
Reflexion und Absorption von Materialien
n I
r
Ii
Reflektivität einer Grenzfläche: Die Transmission eines Stücks Glas
hängt von zwei Effekten ab: von den Reflexionsverlusten an den Grenzflächen und von der „inneren“ Absorption des Materials. Für die Grenzfläche zweier Materialien mit den Indices n und n’ ist der Bruchteil R der
an der Fläche reflektierten Intensität bei normalem Einfall gegeben mit
n’
It
I
(n ′−n )
R= r =
.
2
Ii
(n′+n )
2
(1.55)
Absorption: Innerhalb des Materials kann ein Teil der Strahlung absorbiert werden. Ist k die Transmission einer Einheitslänge des Materials (Reintransmission), so wird bei einer durchlaufenen Strecke l die Transmission
K des Materials
K = kl
Häufig gibt man den Absorptionskoeffizienten κ an, für welchen gilt
K = exp( −κl ) → κ = ln k .
(1.56)
Transmission einer planparallelen Platte in Luft: Die Transmission ist bestimmt von den Grenzflächen Reflektivitäten und der Absorption im Material. Beim Brechungsindex n und einer Dicke l ergibt sich zunächst
für die erste Fläche:
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2
n − 1)
(
T1 = 1 − R1 = 1−
( n + 1) 2
R2
=
4n
( n + 1)
(1.57)
2
Derselbe Ausdruck ergibt für die zweite Fläche die Größen R2 und T2.
In der Platte wird der Bruchteil K = exp( −κl ) absorbiert. Ein Teil des
an der zweiten Fläche reflektierten Bruchteils wird an der ersten Fläche wieder reflektiert usw. Insgesamt ergibt sich für die GesamtTransmission T
(
)
T = T1 T2 K + K 3 R1 R2 + K 5 R12 R22 + K 7 R13 R23 + L
R1
= T1 T2
l
K
(1.58)
1 − K 2 R1 R2
Verwenden wir (1.55) und (1.57) in (1.58) für ein nichtabsorbierendes Material (κ = 0), so erhalten wir für die
Transmission und Reflektivität der Platte
T=
2n
n 2 +1
,
2
n −1)
(
R = 1− T =
n 2 +1
.
(1.59)
Dichte: als Dichte D bezeichnet man den negativen dekadischen Logarithmus der Transmission eines Materials, welches vorwiegend Absorption aufweist (z. B. Filmschwärzung oder Neutralgläser). Vernachlässigt man
die Verluste durch die Grenzflächen, so erhält man:
D = − lg T =
1
κl .
ln 10
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(1.60)
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2.3.3
Dispersion von Materialien
Der Brechungsindex der Materialien ist eine Funktion der Wellenlänge (Dispersion). Der Brechungsindex
nimmt in transparenten Bereichen des Spektrums (κ « 1) mit zunehmender Wellenlänge ab. In der Nähe von
Absorptionsbanden des Materials steigt der Absorptionskoeffizient, und der Brechungsindex nimmt stark zu
(anomale Dispersion). Dieses Verhalten kann sich über weite spektrale Bereiche wiederholen. In der Praxis ist
für ein gegebenes Material nur der Bereich zwischen zwei Absorptionsbanden interessant.
Es gibt eine Reihe empirischer Formeln, welche die Wellenlängenabhängigkeit von Gläsern mit verschiedener
Genauigkeit beschreiben (Tabelle 1). Sie sind wichtig für die Abschätzung der chromatischen Aberration über
die mit der Abbé-Zahl erreichbaren Präzision hinaus („Fokalkurven“). Die in den Formeln auftretenden Koeffizienten a - f müssen für jede Glassorte ermittelt werden und sind in den Herstellerkatalogen angegeben. Alle
Formeln divergieren in der Nähe von Absorptionsbanden, dies ist in der Regel aber ohne Bedeutung. Die „Herstellerformel“ wird von einer Reihe von Glasherstellern verwendet und ist im Spektralbereich zwischen 0.4 µm
und 1.0 µm auf etwa 5 10-6 genau (Abbildung 2.3-1). Brechungsindices von Gläsern werden häufig relativ zu
Luft angegeben.
Die Angabe des Brechungsindex und der Abbé-Zahl reichen für die meisten Zwecke aus, z. B. zur Konstruktion von Achromaten. Für feinere Korrekturen der Residuellen Dispersion (sekundäres Spektrum) wird die relative Teildispersion P des Materials bei den Wellenlängen λ 1, λ 2 verwendet
Pλ1,λ 2 =
n(λ1 ) − n(λ 2 )
.
nF − nC
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(1.61)
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Name
Cauchy
Dispersionsgesetz
b c
+
λ2 λ4
b
d
N = a+
+
c− λ e−λ
N = a+
Hartmann
Conrady
b
c
N = a + + 3.5
λ λ
Kettler-Drude
N2 = a+
b
c−λ
+
2
d
e − λ2
Sellmeier (Schott-Version)
b3 λ2
b1λ2
b2 λ2
N = 1+ 2
+
+
λ − c1 λ 2 − c 2 λ2 − c3
Herzberger
N = a + bλ2 +
2
c
λ2 − 0.035 µm
[
Glashersteller
]
N 2 = a + bλ2 + b′ λ 4 +
+
2
c
d
λ
λ4
+
2
d
(
λ2 − 0.035 µ m 2
+
e
λ
+
6
)
2
f  g 
+
λ8  λ10 
Tabelle 1: Dispersionsgesetze für Glas im sichtbaren Spektralbereich.
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BK 7
1.6
b1 = 1.03961212
b2 = 0.231792344
b3 = 1.01046945
c1 = 0.00600069867µm2
c2 = 0.0200179144µm2
c3 = 103.560653 µm2
Brechungsindex
1.55
1.5
1.45
1.4
0.1
1
10
Wellenlänge [mu m]
Abbildung 2.3-1: Brechungsindex von BK 7 mit Hilfe der Sellmeier-Formel berechnet.
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2.3.4
Optische Gläser
Man unterscheidet bei optischen Gläsern für den sichtbaren Spektralbereich grob zwischen Krongläsern (V >
55 für n < 1.60 bzw. V > 50 für n > 1.60) und Flintgläsern mit jeweils kleineren Abbé-Zahlen. Die Brechungsindices und Abbé-Zahlen der gängigen optischen Gläser sind in einer Glaskarte dargestellt.
Gläser werden in Form großer Scheiben gegossen, die zur Weiterverarbeitung geschnitten oder gepresst werden. Bei großen Mengen gibt es kontinuierliche Prozesse z. B. in Form von Stäben. Vor dem Schleifen wird
durch ein Sinterungs-Prozess innere Spannungen minimiert, das Material homogenisiert, und der Nominalwert
des Brechungsindex eingestellt.
Die Eigenschaften der Gläser unterscheiden sich etwas von Schmelze zu Schmelze. Die Toleranzen für die
Brechungsindices liegt bei ±0.001 .. 0.0015, für die Abbé-Zahlen bei ±0.3 .. 0.5. Für Spezialanforderungen
empfiehlt es sich manchmal, auf die Herkunft von Komponenten aus möglichst derselben Schmelze zu achten.
2.3.5
Spezialgläser
Wärmeausdehnungs-Koeffizient: gewöhnliche optische Gläser haben Wärmeausdehnungs-Koeffizienten α
von 6 ... 9 10-6 K-1. Dies kann für hohe Wärmebelastung oder hohe Anforderungen an Stabilität zuviel sein. Es
gibt daher Spezialgläser mit besonders kleinem α. Borsilikatgläser haben eine um einen Faktor 2 kleinere Koeffizienten, dafür aber eine schlechte Homogenität. Sie werden für Kondensorlinsen, Testplatten und Spiegel
verwendet.
Amorphes Quarzglas (Si O2) ist nicht doppelbrechend, hat einen Brechungsindex von 1.46 und einen α von
5.5 10-7 K-1. Es ist nicht zu verwechseln mit dem (doppelbrechenden) kristallinen Quarz. Es ist transparent im
UV. Wegen des sehr geringen Koeffizienten wird es für hochpräzise Anforderungen verwendet.
Ein opakes, polierbares Material mit einstellbarem Temperaturausdehnungs-Koeffizienten ist Glaskeramik. Es
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besteht aus einer Mixtur von kristallinen und amorphen Materialien mit unterschiedlichen α-Vorzeichen und
erfordert Sintern zur Herstellung. In einem begrenzten, einstellbaren Temperaturintervall von einigen Dutzend
K ist α praktisch Null (< 1 10-7 K-1). Das Material wird von verschiedenen Herstellern unter verschiedenen Bezeichnungen (CER-VIT, ULE, ZERODUR, SITAL) angeboten. Wegen seiner Eigenschaften ist es für die Optik nur als Spiegelträgermaterial zu verwenden. Es wird sehr oft in astronomischen Teleskopen für die temperaturempfindlichen großen Optiken verwendet.
Infrarotgläser: da die Transmission normaler Gläser bei Wellenlängen oberhalb 2 µm stark abnimmt, werden
Spezialgläser für Infrarotoptiken verwendet. Einige von ihnen sind sehr dichte Flintgläser mit hohen Brechungsindices von 1.8 ... 1.9, welche bis 5 µm transparent sind. Arsenhaltige Gläser können bis 18 µm transparent sein mit Brechungsindices oberhalb von 2. Da Infrarot-Detektoren in einer kryogenen Umgebung betrieben werden müssen, um nicht von ihrer eigenen Wärmestrahlung gesättigt zu werden, müssen die Materialeigenschaften für die Temperatur flüssigen Stickstoffs (77 K) oder flüssigen Heliums (20 K) bekannt sein; sie
müssen bei solchen Temperaturen auch beständig sein. Einige Materialien für den IR-Bereich sind hygroskop.
2.3.6
Kristalline Materialien und Kunststoffe
Seitdem sie in größeren Mengen synthetisch herstellbar sind, gewinnen Kristalle als Materialien für Optiken
eine zunehmende Rolle. Saphir (Al2 O3) ist besonders hart und muss mit Diamantpuder geschliffen werden, es
eignet sich für Fenster, als Filtersubstrat, und wird auch für dünne Schichten verwendet. Viele Kristalle sind
doppelbrechend und eignen sich daher für polarisierende Strahlteiler etc.
Germanium und Silizium sind durch die Halbleitertechnologie leicht in exzellenter Qualität zugänglich, sie
sind transparent im IR oberhalb von 1.2 µm. Ihr sehr hoher Brechungsindex (≈4) macht sie zu einem beliebten
Werkstoff.
Kalziumfluorid (Ca F) hat exzellente Transmissionseigenschaften über einen weiten Spektralbereich und inteAngewandte_Optik_2_3
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ressante Dispersionseigenschaften, ist aber weich und empfindlich. Es wird daher gern als inneres Element in
Kombination mit unempfindlicheren Materialien verwendet.
Kunststoffe: Kunststoffe lassen sich nicht polieren, optische Elemente werden gepresst. Kunststofflinsen werden in preiswerten Geräten, z. B. Kameras, eingesetzt und in Bereichen, bei denen es auf das Gewicht ankommt. En Beispiel dafür sind Brillengläser. Der Herstellungsprozess erlaubt es, auf preiswerte Weise asphärische Flächen herzustellen. Dafür sind Kunststoffe empfindlich und zerkratzen leicht.
Eine andere Anwendung von Kunststoffen
(insbes. Kunstharze) ist bei der Replikation
von Reflektorflächen. Ein konventionell durch
Polieren etc. hergestelltes Mutterelement wird
Substrat
mit einer Trennschicht versehen (z. B. eine
Harz
dünne Goldschicht). Darauf wird eine SpiegelReflektor
schicht aufgedampft. Auf diese wird ein EpoTrennschicht
xydharz aufgebracht und ein Glassubstrat aufMutterelement
gedrückt. Nach dem Aushärten des Harzes, der
(master)
mit einer geringen Schrumpfung (1 .. 2 %)
verbunden ist, kann die Replikation mitsamt
der Verspiegelung abgenommen werden. Der
Replikationsprozeß führt zu hochwertigen Oberflächen mit hoher Auflösung, aber geringerer Rauhigkeit als das Original. Beliebte Objekte für die Replikation sind Beugungsgitter und komplizierte Oberflächen, wie Asphären außerhalb der Achse. Mutterelemente
können immer wieder zur Replikation verwendet werden, somit können auch komplizierte Formen relativ
preiswert hergestellt werden. Die Dimensionen von Replikationen umfassen bis zu einige Dezimeter.
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2.3.7
Farbfilter
Gläser können durch Zusatz metallischer Salze gefärbt werden und damit in der Transmission spektral eingeengt werden. Im sichtbaren Bereich haben Rot- Orange- und Gelbgläser einen relativ scharfen Abfall der
Transmission zu kürzeren Wellenlängen und eignen sich somit als Trennfilter. Grün- und Blaugläser sind weniger selektiv und lassen noch signifikant längere Wellenlängen durch. Neutralgläser sind spektral nicht selektiv und können zur Intensitätsreduktion eingesetzt werden. Bemerkenswert sind sogen. Kaltgläser, die sichtbares Licht durchlassen und infrarotes Licht blockieren. Diese werden in Diaprojektoren zum Schutz des Films
eingesetzt. Sie sind insbesondere nützlich in der Kombination mit Interferenzfiltern, welche häufig Infrarotlecks zeigen, und IR-empfindlichen Festkörperdetektoren. Ein bekannter Hersteller von Farbgläsern ist Schott.
2.3.8
Polarisatoren
Eine Möglichkeit, linear polarisiertes Licht zu erzeugen, ist die Ausnutzung der doppelbrechenden Eigenschaften einiger Kristalle, wie z. B. von Kalziumkarbonat (Ca CO3). Da der Brechungsindex in einer Hauptachse des
Kristalls größer ist als in der dazu senkrechten, lässt sich innere Reflexion (Nicol- oder Glan-ThompsonPrismen) oder durch unterschiedliche Ablenkung (Rochon- oder Wollaston-Prismen) ausnutzen, um orthogonale lineare Polarisation zu erzeugen.
Diese Prismen sind groß, schwer und teuer. Eine billigere Möglichkeit sind Polarisationsfolien, welche ausgerichtete Makromoleküle enthalten, die die zu den Molekülen parallele, lineare Polarisation mehr absorbieren
als die dazu senkrechte. Diese haben eine Reihe von Vorteilen, sind aber im Blauen nicht sehr effektiv. Ihre
Transmission ist 25% ... 40%, die Transmission gekreuzter Polarisatoren ist ca. 10-6 bis 5 10-4.
Eine weitere Möglichkeit, linear polarisiertes Licht zu präparieren, ist die Nutzung des Brewster - Winkels bei
der Reflexion (der reflektierte und der gebrochene Strahl schließen einen rechten Winkel ein). Diese Bedingung ist erfüllt für einen Einfallswinkel i von
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n
.
(1.62)
n′
Das reflektierte Licht ist senkrecht zur Einfallsebene linear polarisiert bei verschwindender Absorption des
Materials, die Reflektivität beträgt dann etwa 16%.
i = arctan
2.3.9
Dielelektrische dünne Schichten
Der Anteil des an der Grenzschicht eines dielektrischen Materials reflektierten Lichtes ergibt sich aus den
Fresnel'schen Formeln für die Reflexion der linear polarisierten Feldamplituden ρ⊥ , ρ|| senkrecht und parallel
zur Einfallsebene
ρ⊥ =
ρ || =
E r⊥
sin (i − i ′)
=−
E e⊥
sin (i + i ′)
E r||
E e||
(1.63)
tan (i − i ′)
=
tan (i + i ′)
Der Reflektionsgrad R für unpolarisierte Intensität bei einem Einfallswinkel i und einem Ausfallswinkel i' des
gebrochenen Strahls ist dann gegeben mit
1  sin 2 (i − i ′) tan 2 (i − i ′)
R=  2
+

2  sin (i + i ′) tan 2 (i + i ′)
(1.64)
Der erste Term in der eckigen Klammer beschreibt den Anteil des senkrecht zur Einfallsebene linear polarisierten Feldes, der zweite Term den Anteil des parallel polarisierten Feldes. Für normalen Einfall ergibt sich die
Gleichung (1.55). Für die Transmissivität von Schichten, welche dicker sind als es der Kohärenzlänge des
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Lichtes entspricht, ergeben sich Ausdrücke, welche der Gl. (1.56) ähneln.
Sind Schichten sehr viel dünner, in der Größenordnung der Lichtwellenlänge, so kommen wellenoptische Eigenschaften ins Spiel. Eine Schicht mit einer optischen Dicke von nl von 1/4 Wellenlänge reflektiert deutlich
weniger, da einfallende und reflektierte Strahlung destruktiv interferieren. Schon mit einer dünnen, für eine
Wellenlänge von 550 nm ausgelegten Schicht lässt sich der reflektierte Anteil auch spektral breitbandig deutlich reduzieren (einfache Vergütung). Bringt man mehrere Schichten in geeigneter Folge auf, so kann man die
Reflektivität über größere Spektralbereiche reduzieren (Breitbandvergütung). Dies reduziert Verluste und
Streulicht und macht Systeme mit vielen Luftspalten zwischen den Elementen überhaupt praktikabel.
i1
n0
t
Betrachten wir eine dünne Schicht der Dicke t eines Materials mit Brechungsindex n1 zwischen zwei Medien mit
Brechungsindices n0 und n2. Der (Intensitäts-) Reflexionsgrad der Schicht für polarisiertes Licht ist gegeben mit
R=
n1
ρ12 + ρ 22 + 2 ρ1 ρ 2 cos X
1 + ρ12 ρ 22 + 2 ρ 1ρ 2 cos X
(1.65)
wobei
n2
X =
4π n1 t cos i1
λ
(1.66)
und für ρ1 und ρ2 die Ausdrücke aus (1.63) für die jeweilige Polarisationsrichtung einzusetzen sind. Wir nehmen an, dass die Schicht nicht absorbiert, so dass T=1-R
gilt. Bei normaler Inzidenz werden alle Winkel Null und es gilt
ρ1 =
n 0 − n1
,
n0 + n1
ρ2 =
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n1 − n 2
.
n1 + n 2
(1.67)
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Bei einer optischen Schichtdicke n1 t = λ 4 verschwindet der Reflexionskoeffizient für einen Brechungsindex
des Schichtmaterials, welcher dem geometrischen Mittel der beiden anderen Brechungsindices entspricht
n1 = n0 n2 → R = 0 .
(1.68)
Mit einer dünnen Schicht eines Materials mit geringem Brechungsindex auf einer Glas-Luft-Grenzschicht lassen sich daher Reflexionen unterdrücken. Häufig wird Magnesiumfluorid (Mg F2, n = 1.38) verwendet, was
den Vorteil hat, dass es die Oberfläche wegen seiner Härte zusätzlich schützt. Eine für den gelben Spektralbereich ausgelegte Vergütung reduziert die Reflektivität weniger gut bei dem roten und blauen Ende des Spektrums, daher die schillernde Farbe der vergüteten Oberflächen.
Verwendet man multiple dünne Schichten, so lassen sich komplexe Reflexionseigenschaften konstruieren (siehe späteres Kapitel).
2.3.10
Reflektoren
Spiegel bestehen normalerweise aus einem polierten Glas- oder Glaskeramikträger, auf welchem eine Metallbeschichtung aufgedampft wird. Die Reflexionseigenschaften werden von der aufgedampften Schicht bestimmt. Die am meisten verwendete Beschichtung ist Aluminium. Dieses Material entwickelt eine dünne
Schutzschicht durch Oxydation (Al 2 O3) kurz nach der Herstellung und verbindet hohe Reflektivität von ca.
90% über einen breiten Spektralbereich mit sehr guter Stabilität. Sie ist einfach und kostengünstig herzustellen.
Will man höhere Reflektivität im sichtbaren Spektralbereich erreichen, so ist man auf Silber angewiesen, welches aber unter Umweltbeanspruchung leiden kann und regelmäßig neu aufgetragen werden muss. In einer geschützten Umgebung kann eine mit Schutzschicht versehene Silberbedampfung mehrere Jahre gute Dienste
leisten. Die Kombination von Silber mit einer dünnen Saphirschicht kann sehr hohe Reflektivitäten von über
99% erreichen, ist aber nur sehr schlecht zu entfernen.
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Für den infraroten Spektralbereich verwendet man häufig Gold als Beschichtung, wegen der hohen Reflektivität und der großen chemischen Resistenz.
Al Mg F2, Balzers
1
Reflectivity
0,95
0,9
0,85
0,8
100
1000
10000
Wavelength [nm]
Abbildung 2.3-2: gemessene Reflektivität einer handelsüblichen vergüteten Silberschicht.
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Denton Vacuum FSS-99
110
100
Refflectance
90
5 deg. P
5 deg. S
80
45 deg. P
45 deg. S
70
60
50
300
400
500
600
700
800
900
1000
Wavelength [nm]
Abbildung 2.3-3: gemessene Reflektivität einer hochreflektierenden Silberschicht.
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Abbildung 2.3- 4: Reflektivität einer mit Y2 O3 vergüteten Silberschicht (Modellrechnung).
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Abbildung 2.3-5: Reflektivität einer vergüteten Aluminiumschicht (Modellrechnung) in zwei Polarisationen.
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