SWR2 MANUSKRIPT ESSAYS FEATURES KOMMENTARE VORTRÄGE SWR2 Musikstunde Drei Könige aus Morgenland (3) Salomon Von Bettina Winkler Sendung: Freitag, 27. Dezember 2013 Redaktion: Bettina Winkler 9.05 – 10.00 Uhr Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR. Mitschnitte auf CD von allen Sendungen der Redaktion SWR2 Musik sind beim SWR Mitschnittdienst in Baden-Baden für € 12,50 erhältlich. Bestellungen über Telefon: 07221/929-26030 Kennen Sie schon das Serviceangebot des Kulturradios SWR2? Mit der kostenlosen SWR2 Kulturkarte können Sie zu ermäßigten Eintrittspreisen Veranstaltungen des SWR2 und seiner vielen Kulturpartner im Sendegebiet besuchen. Mit dem Infoheft SWR2 Kulturservice sind Sie stets über SWR2 und die zahlreichen Veranstaltungen im SWR2-Kulturpartner-Netz informiert. Jetzt anmelden unter 07221/300 200 oder swr2.de 2 SWR2 Musikstunde 27.12.2014, 9.05 bis 10.00 Uhr Mit Bettina Winkler Drei Könige aus Morgenland (3) Salomon (ca. 54‟50) Signet ….mit Bettina Winkler, die Sie durch diese Weihnachtswoche begleitet. Heute gibt es den dritten Teil meiner kleinen Reihe „Drei Könige aus Morgenland“ und diesmal geht es um Salomo. (0‟10) Indikativ ca. 0„20 „Salomo, du weiser König, dem die Geister untertänig“, so heißt es in Clemens Brentanos Märchen von Gockel und Hinkel, wenn der magische Zauberring in Aktion treten soll. Und diese Beschwörung endet immer mit den Worten „Ringlein, Ringlein, dreh dich um, mach‟s recht schön, ich bitt„ dich drum“. Diese geheimnisvolle Beschwörung des biblischen Salomo lässt erahnen, welche Bedeutung der alttestamentarische König hat. Laut jüdischem Talmud und muslimischem Koran besitzt er einen Talisman, auf dem der wahre Name Gottes steht und mit dem er alles beherrschen kann – das wäre dann das Pendant zum ominösen Ring aus dem Märchen. Auch soll ihm von Allah die Macht über die Tiere übertragen worden sein, und er soll die Sprache der Vögel gesprochen haben. In Jerusalem baut er einen prachtvollen Tempel und regiert gerecht und weise über einen ausgebildeten Beamtenapparat, ein starkes Heer und ein großes Volk. Aufgrund seiner weitreichenden Beziehungen, seiner Handelskontakte und seines diplomatischen Geschicks gilt Salomo als der reichste und 2 3 weiseste König aller Zeiten. Er heiratet eine Pharaonentochter und gewinnt Ruhm und Ansehen als kluger Richter, Verfasser von Sprichwörtern und Weltweiser, der naturgeschichtliche Kenntnis über Bäume, Vögel, Reptilien und Fische besitzt. Als die Königin von Saba aus ihrem fernen Königreich in Arabien nach Jerusalem reist, um ihn kennenzulernen, „redete sie mit ihm alles, was sie sich vorgenommen hatte. Und Salomo gab ihr Antwort auf alles, und es war dem König nichts verborgen, was er ihr nicht hätte sagen können“. Salomo ist das Idealbild eines Königs, der Weisheit, Reichtum und Macht in sich vereint. Tatsächlich ist laut Bibel Salomos Herrschaft in Jerusalem eine Zeit, in der die göttliche Verheißung zu ihrer greifbarsten Erfüllung gelangt und dem Volk Israel Wohlstand, Gelehrsamkeit und Macht zu Teil wird. Salomos Regierungszeit gilt seither in wehmütiger Erinnerung als das Goldene Zeitalter, auf dessen Wiederkehr man hofft. (2‟05) Musik 1 Georg Friedrich Händel: Ouvertüre zum Oratorium „Solomon“ Akademie für Alte Musik Berlin Leitung: Daniel Reuss Harmonia mundi HMC 901949.50, CD 1, Take 1, ges. 6‟54 3 4 Die Ouvertüre zu Georg Friedrich Händels Oratorium „Solomon“ mit der Akademie für Alte Musik Berlin unter der Leitung von Daniel Reuss. Aus dem Oratorium wird es noch mehr zu hören geben – wir sind heute etwas Händel-lastig! Die biblische Darstellung von Salomos vierzigjähriger Regierungszeit als einer Epoche königlichen Reichtums und Glanzes beschwört Bilder einer aufgeklärten Königsherrschaft im Zeichen von Weisheit und Pracht. Unbelastet von Davids eher gewalttätigem, kriegerischen Image baut Salomo eine effiziente Bürokratie zur Verwaltung seines rieseigen Reiches auf. Er residiert in einem prunkvollen Palast und sein Hof ist für seine kulturelle Verfeinerung berühmt. Als Salomo noch zu Lebzeiten Davids zum König gesalbt wird, geschieht das durch den Priester Zadok. Der hebräische Name Zadok bedeutet „gerecht“. Der biblische Zadok war der Sohn von Achitub, ein Nachkomme von Eleasar, dem dritten Sohn von Aaron. Gemäß der biblischen Erzählung hilft Zadok, die Bundeslade Israels aus dem Hause Obed-Edoms in Gat nach Jerusalem zu bringen, nachdem diese in der Schlacht bei Eben-Ezer gegen die Philister verloren ging. Zadok unterstützt David auch gegen seinen abtrünnigen Sohn Absalom. Georg Friedrich Händels Krönungshymne „Zadok the priest“, die von der Salbung Salomos durch Zadok und Nathan berichtet, ist ein Auftragswerk des britischen Königs Georg II. zu dessen Krönung. Sie wird seit 1727 bei jeder Inthronisierung eines englischen Monarchen verwendet, zuletzt 1953 bei Elisabeth II. Wenn Sie diese Krönungshymne gleich hören und zudem Fußballfan sind, dann könnte Ihnen die Musik durchaus bekannt vorkommen… (1‟40) 4 5 Musik 2 M0129321 01-010 Zadok the priest, HWV 258 The Sixteen; The Sixteen; Christophers, Harry Händel, Georg Friedrich Coronation Anthems 2009 Studioproduktion englisch AUDIO 5'40 The Sixteen unter der Leitung von Harry Christophers mit Georg Friedrich Händels Krönungshymne „Zadok the priest“, die sich inhaltlich auf die Salbung Salomos durch die Priester Zadok und Nathan bezieht. David lässt die Bundeslade nach Jerusalem bringen und Salomo baut später den großen Tempel als zentrale Kultstätte des geeinten Israels. Im Gegenzug dazu werden ländliche Heiligtümer aufgegeben oder gar zerstört und vergraben, um den Staatskult in Jerusalem zu zentralisieren. Wie die Vereinheitlichung von Maßen und Gewichten sollte das wohl auch dazu dienen, die unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen des Reiches zu einen. Der erste Jerusalemer Tempel ist nach biblischer Darstellung auf dem Berg Zion gebaut worden. Archäologen nehmen allerdings an, dass dieser Tempel genauso wie die „salomonischen“ Paläste erst etwa zweihundert Jahre nach der Herrschaft Salomos errichtet wurden. Dieser Tempel wurde wie die gesamte Stadt Jerusalem bei der Eroberung durch die Babylonier unter Nebukadnezar II. 586 v. Chr. zerstört. Die Baumeister des steinernen Gebäudes stammten wahrscheinlich aus Phönizien, es hatte die Maße von 60 Ellen Länge, 20 Ellen Breite und 30 Ellen Höhe. Die damalige Elle hatte eine Länge von gut 50 cm. Vor der Vorhalle auf der Eingangsseite standen zwei bronzene Säulen, genannt Jachin und Boas („Festigkeit und Stärke“). Wie in der Antike üblich befand sich der Eingang im Osten, das Allerheiligste im Westen. 5 6 Im Inneren gab es einen vorderen Raum, das Heilige, worin die goldenen Leuchter, der Schaubrottisch und der Räucheraltar standen, und einen durch einen Vorhang davon geschiedenen quadratischen hinteren Raum, das Allerheiligste, mit der Bundeslade und den zwei großen Cherubim. Der große Hauptaltar für die Brandopfer stand im Hof, vor dem Eingang des eigentlichen Tempels. Der Vorraum war den Priestern zugänglich, das Allerheiligste dagegen durfte nur der Hohepriester einmal jährlich, am Jom Kippur, betreten. Nach Überlieferung des Talmud wurden allerdings von Zeit zu Zeit Reinigungskräfte von oben in Körben in den Raum hinabgelassen, die ihre Arbeit mit Blick zur Wand verrichten mussten, denn das Betrachten des Inneren des Raumes war ihnen strikt verboten. Das Tempelgebäude war von einem inneren Vorhof der Priester mit dem Brandopferaltar, dem Reinigungsbecken und anderen Gerätschaften umgeben, und dieser wiederum war durch Säulengänge mit bronzenen Toren vom äußeren Vorhof getrennt, der für das Volk bestimmt und von einer Mauer umschlossenen war. (2‟35) Musik 3 M0320106 01-006 (6) Der Leviten Festzug in den Tempel (Instrumental) aus: König Salomo, op. 25. Dramatisches Oratorium nach Worten der Heiligen Schrift in 3 Teilen (5 Handlungen) für Soli, Chor und Orchester Lübecker Sinfonietta; Münther, Henning Meinardus, Ludwig Oratorium "König Salomo" Studioproduktion AUDIO 3'04 6 7 Der Leviten Festzug im Tempel aus dem dramatischen Oratorium „König Salomo“ von Ludwig Meinardus, Henning Münther leitete die Lübecker Sinfonietta. Eine wichtige Figur, die im Zusammenhang mit Salomo auftaucht, ist die Königin von Saba. Ihre Ankunft bei dem weisen Herrscher hat sich Georg Friedrich Händel so vorgestellt. (0‟20) Musik 4 M0250894 01-021 Arrival of the Queen of Sheba. Sinfonia zum 3. Akt aus: Solomon Oratorium in 3 Akten, HWV 67 Academy of St. Martin-inthe-Fields, London; Brown, Iona Händel, Georg Friedrich Baroque Orchestral Masterpieces 2008 AUDIO 2'55 Die Ankunft der Königin von Saba aus Georg Friedrich Händels Oratorium „Solomon“ mit der Academy of St. Martin-in-the-Fields unter der Leitung von Iona Brown. Das antike Saba vermutet man zwar im Jemen, ob das Reich der sagenumwobenen Königin tatsächlich auch dort oder in der Region um Aksum in Äthiopien war, ist bis heute ebenso ungeklärt wie die Frage, ob es für sie ein historisches Vorbild gibt. Im Alten Testament erfährt sie von der Weisheit König Salomos und reist an seinen Hof in Jerusalem, um das Gehörte zu überprüfen. Überwältigt von dem, was sie sieht, schenkt sie ihm „hundertundzwanzig Zentner Gold und sehr viel Spezerei und Edelsteine“. Eine Geschichte wie im Märchen. Und eine Märchenwelt. Auf der einen Seite ist Salomo, Israels dritter König, Regent an einem Hof von kaum beschreibbarem Glanz, weitsichtig und weltoffen, weise und gerecht. Und auf der anderen Seite die Königin von Saba, deren Heimat ein 7 8 wichtiger Umschlagplatz im Handel zwischen Indien, Ostafrika und dem östlichen Mittelmeerraum darstellt. Die Königin von Saba ist eine legendäre Gestalt, einen Namen hat sie in der Bibel nicht, im islamischen Kulturkreis dagegen heißt sie Belkis. Manchmal ist auch die Rede von körperlicher Deformation in Form von stark behaarten Beinen und einem Vogelfuß. Gräbt man sich durch die jüdische, islamische und auch die christliche Mystik, erscheint sie mal als Dämonin oder Prophetin, Friedensengel oder grausame Herrscherin, Drachtöterin oder Inkarnation der Schönheit. In der Bibel mag sie nicht glauben, was man von Salomos Ruhm und Reichtum erzählt. Vielleicht wittert sie aber auch einen Konkurrenten im Gewürzhandel, der mehr und mehr Einfluss gewinnt und die Karawanenrouten kontrolliert. Und so rückt sie mit großem Gefolge in Jerusalem an, um sich selbst ein Bild zu machen. Ihre Kamele sind schwer beladen mit Duftölen, Gold und Edelsteinen, Handelsgüter aus ihrer Heimat. Sie wird sie dem König vor ihrer Rückkehr zum Geschenk machen.(2‟05) Musik 5 M0015607 01-003 Walzer, 2. Akt aus: La Reine de Saba. Oper in 4 Akten London Symphony Orchestra; Bonynge, Richard Gounod, Charles Ballet Gala Ballettmusik aus Opern Studioproduktion AUDIO 4'39 8 9 Das London Symphony Orchestra unter Richard Bonynge mit dem Walzer aus Charles Gounods Oper „Die Königin von Saba“. Neben ihren Kostbarkeiten hat die Königin von Saba aber auch eine Reihe von Rätseln im Gepäck, denn sie will Salomos Wissen überprüfen. Ist er wirklich so ein außergewöhnlicher Mensch? Solche Rätselfragen sind schon in alten Zeiten ein beliebtes Gesellschaftsspiel mit Zügen eines geistigen Wettkampfes. Doch Salomo bleibt keine Antwort schuldig. Nicht nur dies. Er zeigt dem Gast all seinen Reichtum, führt die Königin durch seinen Palast, richtet ein opulentes Festmahl aus, bei dem Männer in kostbaren Gewändern dienen, und führt sie in den Tempel, in dem er seinem Gott Brandopfer darbringt. Die Königin ist außer sich vor Staunen, ihr stockt der Atem. Alles, was ihr über Salomo zugetragen worden war, wird übertroffen. Und sie räumt ein: “Nicht die Hälfte hat man mir gesagt.” Die märchenhafte Pracht am Hofe verstellt ihr auch nicht den Blick auf Gottes sichtbares Wohlgefallen, dem der König seine Stellung verdankt. Salomo ist nicht nur unvorstellbar reich und berühmt wegen seiner sprichwörtlichen Weisheit. Er ist auch großzügig. Gewährt der Königin “alles, was ihr gefällt und was sie erbittet”. Darüber, ob diese lockere Formulierung auch ein Liebesverhältnis umschreibt, wird immer wieder spekuliert. Sollte ein Mann, dem ein Liebesleben in großem Stil und ein gewaltiger Harem mit 700 Haupt- und 300 Nebenfrauen zugeschrieben wird, ausgerechnet eine exotische Schöne verschmähen? Aber die Beziehung der beiden ist ihr Geheimnis und beflügelt allenfalls die Fantasie – wie zum Beispiel die von Händel, in dessen Oratorium „Solomon“ es ein wunderschönes Liebesduett von Salomo und der Königin von Saba gibt.(1‟55) 9 10 Musik 6 M0114856 01-011 (11) Thou fair inhabitant (Solomon) - Welcome as the dawn of day (Solomon, Queen) aus: Solomon Oratorium in 3 Akten, HWV 67 Watkinson, Carolyn; Argenta, Nancy; English Baroque Soloists; Gardiner, John Eliot Händel, Georg Friedrich Solomon, HWV 67 [GA] Studioproduktion englisch AUDIO 3'58 Rezitativ und Duett von Salomo und der Königin von Saba aus Georg Friedrich Händels Oratorium „Solomon“ mit Carolyn Watkinson, Nancy Argente und den English Baroque Soloists unter der Leitung von John Eliot Gardiner. Eine weitere Geschichte, die immer wieder mit dem weisen Salomo in Verbindung gebracht wird, ist die vom Salomonischen Urteil, das auch in Lessings Drama „Nathan der Weise“ und in Brechts „Kaukasischem Kreidekreis“ beschrieben wird. Wie kam es zustande? Zwei Frauen erscheinen vor Salomos Richterstuhl, beide haben vor kurzem ein Kind auf die Welt gebracht. Die eine klagt die andere an, sie habe ihr neugeborenes Kind erdrückt und dann der anderen im Schlaf das lebendige Kind genommen und dafür das tote Kind hinterlegt. Und jede behauptet nun, das noch lebende Kind sei das ihre. Guter Rat scheint da teuer zu sein, doch Salomo weiß sich zu helfen. Ganz provokativ schlägt er vor, das Kind mit dem Schwert zu zerteilen und jeder der beiden Frauen eine Hälfte zu geben. Er weiß, dieses Urteil könnte die wahre Mutter nicht ertragen. Und dem ist auch so. Lieber überlässt sie das Kind der anderen Frau, wohingegen die andere auf der Zweiteilung besteht. Ein eindeutiger Beweis dafür, dass Salomos Rechnung aufgeht.(1‟25) 10 11 Musik 7 3377438 01-011 (9a) Obsecro mi domine. Rezitativ (Vera Mater) - aus: Judicium Salomonis Agnew, Paul; Davies, Neal; Les Arts Florissants; Christie, William Charpentier, Marc Antoine Judicium Salomonis Studioproduktion lateinisch CD/Album 6'08 Ein Ausschnitt aus Marc Antoine Charpentiers geistlicher Historie „Das Urteil Salomos“ mit Paul Agnew, Neal Davies und Les Arts Florissants unter der Leitung von William Christie. Salomo erweist sich aber nicht nur als gerechter Richter, er tritt auch als Autor biblischer Schriften auf: das Buch der Sprichwörter, das Buch Kohelet, das Hohelied und das Buch der Weisheit. In wieweit er tatsächlich als Autor dieser Bücher in Frage kommt, lässt sich nur schwer beantworten, auf jeden Fall dürfte er als Sammler fungiert haben, der die unterschiedlichsten Texte zusammenfasst. Gerade das Hohelied war und ist für Komponisten eine willkommene Quelle für Vertonungen. Der hebräische Buchtitel lautet Schir ha-Schirim und bedeutet wörtlich „Das Lied der Lieder“, in der lateinischen Vulgata heißt es Canticum Canticorum. Die Bezeichnung „Hoheslied“ geht auf die Bibelübersetzung Martin Luthers zurück, der das Buch „Das Hohelied Salomonis“ nannte. Bei dem Hohenlied handelt es sich um eine Sammlung ursprünglich selbstständiger Liebeslieder. Umstritten ist, ob die Lieder nach einem übergreifenden Konzept angeordnet wurden. Drei Varianten sind denkbar: das Hohelied als eine fortschreitende Geschichte, als Drama oder als eher lose Zusammenstellung. Im Hohenlied treten wechselweise ein Mann, eine Frau und eine Art Chor als Sprecher auf. Der Mann wurde traditionell meist mit Salomo 11 12 identifiziert, der Name der Frau wurde mit Sulamith wiedergegeben. Im Mittelpunkt der Text stehen Liebe und Erotik: Mann und Frau besingen abwechselnd ihre Liebe zueinander, ihr Verlangen und preisen die Schönheit der geliebten Person. Auffällig ist die Tatsache, dass die weibliche Protagonistin weitaus häufiger zu Wort kommt als ihr männlicher Gegenpart. Die unzähligen Metaphern, die im Hohenlied verwendet werden, stammen aus der Sprache und Kultur Israels, Ägyptens und des Vorderen Orients: „Deine Lippen sind wie eine scharlachfarbene Schnur, und dein Mund ist lieblich. Deine Schläfen sind hinter deinem Schleier wie eine Scheibe vom Granatapfel.“ - um nur ein Beispiel zu nennen. Vertonungen dieser bildhaften und erotischen Texte gibt es ohne Zahl – was soll ich Ihnen nun vorspielen? Am liebsten würde ich Ihnen eine ganz moderne Fassung vorstellen von dem estnischen Komponisten Toivo Tulev. 2005 hat er Abschnitte aus dem Hohenlied ausgewählt, vertont und zu einem 8-teiligen Zyklus zusammengefasst – hier kommt der letzte Abschnitt (2‟25) Musik 8 M0232369 01-008 (8) Mira que la dolencia de amor aus: Songs. Für Singstimmen, Chor und Orchester Kammerorchester Tallinn; Plaas, Kädy; Urb, Kaia; Hillier, Paul Tulev, Toivo Songs 2008 Studioproduktion englisch;spanisch;lateinisch AUDIO 4'25 12 13 Der Estnische Philharmonische Kammerchor und das Kammerorchester Tallin unter der Leitung von Paul Hillier mit dem letzten Stück aus Toivo Tulevs Zyklus mit Texten aus dem Hohelied, komponiert 2005. Und damit sind wir am Ende dieser Musikstundenwoche über die drei ersten israelitischen Könige Saul, David und Salomo angelangt. Die Musikstunden können Sie jeweils eine Woche lang auf unserer Homepage nachhören, dort finden Sie auch die Musiklisten und die Manuskripte. Selbstverständlich können sie die Musikstunden auch noch als CD bestellen. Rufen Sie einfach bei der SWR Media GmbH an unter der Telefonnummer 07221-92926030 (wdh.) Am Mikrophon war Bettina Winkler – vielen Dank fürs Zuhören. Morgen gibt es in der SWR2 Musikstunde wieder die Musikalische Monatsrevue mit Lars Reichow, der auch in diesem Monat sicherlich wieder viel Stoff für seine satirischen Betrachtungen gefunden hat. (0‟55) 13