11. 9. 2011, St.Pölten Festival Musica Sacra Georg Friedrich Händel: Solomon Nachdem sich Georg Friedrich Händel im Jahr 1741entschlossen hatte, seine Tätigkeit als Opernunternehmer in London abzubrechen, wandte er sich dem englischsprachigen Oratorium zu. 1748 entstand mit „Solomon“ eines seiner ausgedehntesten und prunkvollsten Oratorien, in dem primär der ideale Regent eines rundum glücklichen Staates gezeigt wird, in dem sich der englische König George II. gespiegelt sehen konnte. Wer war König Salomon? Außer dem AT keine historischen Quellen, es sind sicher viele Überlieferungen in dieser Person zusammengeflossen. Ein Sohn des Königs David und der Bathseba, der dritte König Israels der eine lange und friedvolle Regierungszeit hatte, seine Lebenszeit wird ins 10.Jh.v.Chr. gelegt. Der Erbauer des Tempels in Jerusalem Der Inbegriff der Weisheit und Bildung. Bekanntestes Beispiel: Das Urteil des Salomon im Streit der zwei Frauen um ein Kind Verfasser des Buches der Sprüche, des Buchs der Weisheit, des Buches Kohelet und des Hohen Liedes. Dann hat man noch vom Besuch der Königin von Saba bei Salomon gehört. Es gibt auch andere Seiten bei Salomon: laut Schrifttext hatte er ein besonderes Faible für das schöne Geschlecht. Man muss im AT mit Zahlenangaben sehr vorsichtig umgehen, aber die genannten 700 Haupt- und 300 Nebenfrauen deuten jedenfalls auf eine ungewöhnliche Sammlerleidenschaft hin; noch dazu bevorzugte er exotische Damen aus fernen Ländern und er erbaute Tempel für die fremden Götter, die diese mitbrachten und opferte selbst darin Götzendienst. Alle diese Dinge waren dem bibelfesten anglikanischen Bürgertum aus Händels Zeit sehr wohl vertraut. Inhaltsangabe Von unbekanntem Librettisten aus biblischen Quellen zusammengestellt. Sie basiert hauptsächlich auf dem zweiten Buch der Chroniken; das zentrale Ereignis des „Salomonischen Urteils“ stammt aus dem Ersten Buch der Könige (und einige Hinweise aus „Jüdische Altertümer“ des jüdischen Historikers Flavius Josephus) Drei Akte, darin fünf Szenen: a) Tempelbau ist vollendet, Salomon bringt das erste Dankopfer b) Die ideale Liebesbeziehung zu seiner Frau, einer ägyptischen Prinzessin c) Verherrlichung Salomos durch Chor und Solo d) Die beiden Frauen und Salomos Urteil e) Besuch der Königin von Saba Händel komponierte Salomo vom 5. Mai bis 13. Juni 1748. Die Uraufführung war am 17. Mai 1749 im Covent Garden. , nur 3 Aufführungen. Salomo von Mezzosopranistin gesungen, die drei Damen der drei Akte von einer Sopranstimme. 13 Chornummern, davon 7 Doppelchörig Zeitgeist und Huldigungscharakter Händels Vision von Salomos Hof ist der einer idealen Gesellschaft. Es ist mehr als bloß eine Huldigung an das England seines Gönners, König Georg II., wo er sich niedergelassen hatte. Aber es zielt auf etwas viel Weiterreichendes. Es ist Händels Bild des Goldenen Zeitalters, in dem sich der heitere Geist in ästhetischer Erfüllung und weltlichem Erfolg widerspiegelt. Er läßt es Zug um Zug Revue passieren: religiöses orthodoxes Denken, die Wonne einer glücklichen Ehe, Gerechtigkeit gepaart mit Weisheit und Gnade, edle Bauten, eine heitere Landschaft, die neidlose Bewunderung der Nachbarstaaten. Händel denkt aber auch an sein Oratorien-Publikum; dieses stammt zum überwiegenden Teil aus der Londoner Bürgerschicht, ist weniger an Klatsch und Starkult interessiert, als die Liebhaber der italienischen Oper. Die intensive und prachtvolle Verwendung des Chores als Volkschor der Israeliten gibt den Besuchern der Oratorien die Gelegenheit sich selbst mit dem Auserwählten Volk zu identifizieren. Details mit Musikbeispielen 1.Akt: a) Tempelbau ist vollendet, Salomon bringt das erste Dankopfer Chor: Resound your master’s name – „till distant nations catch the song....and glow with holy flame“ – der Einsatz wird in den Chorstimmen weitergereicht wie ein Staffelholz – dann „glow“. I/ 4 Chor: Ab 1.52 „till distant nations catch the song....and glow with holy flame b) Darstellung der Liebe zu der Gattin, der ägyptischen Prinzessin. – sehr innig wird das sich ineinander Verschlingen und Liebkosen vertont!! Erinnern: Solomo ist eine Mezzosopranistin! Stück erinnert an „Pur ti miro“ aus Monteverdis „Incoronazione di Popea“ Cut2 Duett S.84, I/11; ab 2.32 bis 3.21 Wenn das nicht deutlich genug ist: Salomo singt dann in einem kleinen Rezitativ die Worte „My blooming fair, come, come away – my love admits of no delay“. Und dann ziehen die zwei sich in einen Zedernhain zurück („haste to the cedar grove“), und an Stelle eines prunkvollen Schlusschores bekommen wir einen Vorläufer von Beethovens PastoralSymphonie zu hören, mit Naturidylle, zartem Wind, Bächleingemurmel und Vogelgezwitscher. Darstellung einer Idealwelt. Cut 3 Schlusschor 1.Akt: I/14 Einleitung bis 0.45 2.Akt: a) Verherrlichung Salomos durch Chor und Solo (Levit) b) Die beiden Frauen und Salomos Urteil Musikalische Charakterzeichnung 1.Frau: von Trauer erfüllt, melodisch, warm:„To thy throne o king I bend, my cause is just, be thou my friend“. Der Textteil „My cause is just“ wird mehrfach auf immer auf denselben Harmonien wiederholt. 2.Frau unterbricht, verlässt sofort die Tonart von „just“ – „gerecht“: „False is al her melting tale“. Gehässig, giftig, abgehackt. Salomo: »Justice holds the lifted scale« - Waage = Tonleiter Cut 4 Beispiel: Terzett 2.Akt II/2 ab 1.40 bis ca.2.50 Das emotionell intensivste Stück ist die Reaktion der wahren Kindesmutter, nachdem Salomon angeordnet hat, das Kind mit dem Schwert zu zerteilen. Händel zeichnet die Angst, das Flehen, der Frau mit unglaublicher Präzision. Nur ein kurzes Stück vom Ende dieser Arie: der Text lautet: ....., bei den letzten Worten, die ja das tiefste Anliegen enthalten, „but spare my child“, dort wird die regelmäßige Achtelfigur des Basses zu einer punktierten, stockenden Linie, die Tränen, das stockende Schluchzen darstellend. Bassfigur der Altarie „Können Tränen meiner Wangen“ aus der Matthäus-Passion Cut 5 3.04 Take him all...rather be my hopes beguiled ....take him all, but spare my child 3.Akt: Einzug der Königin von Saba – sie bekommt Tempel und Palast zu sehen, am meisten beeindruckt sie aber die Macht der Musik, die ihr Salomo als Vorsänger und mit dem Chor in einer „Masque“ demonstriert. Ganz ähnlich wie in seinem Oratorium „Alexander’s Feast“. Zuerst eine pastorale, friedliche Stimmung, dann Kriegsmusik, dann – mein nächstes Beispiel - Tragik und Trauer aus enttäuschter Liebe... Cut 6 II/ 14 Chor ab 0.34 bis 1.44 ...und schließlich wieder der Frieden der Seele – dann bewundert sie den Tempel, dessen Baugeschichte und Glanz Zadok erzählt. Duett danach wie erotische Liebesmusik. Vielleicht eine Andeutung Händels, dass sich der Salomon der Bibel über seine sexuellen Außenbeziehungen vom Eingottglauben distanziert hatte? Cut 7 Schlussduett Königin Saba II/19 ab 2.19 Innigkeit, Einigkeit Und außer all dem gibt es natürlich sehr viel Jubel und Lobpreis mit dem großen Orcehster und dem Doppelchor. Das Ende des Oratoriums ist nicht in allen Versionen gleich – Das ist der Schluss, den wir heute hören werden: Cut 8 Schlusschor „Praise the Lord“ 3.35 - Ende