5.9 Punktionen und Drainagen von Pleura und

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I Allgemeiner Teil
5.9
Punktionen und Drainagen von Pleura
und Perikard
Punktionen oder Drainageanlagen des Pleuraspalts und
Herzbeutels dienen sowohl der Differenzialdiagnose als
auch der Therapie von Ergussbildungen, die in diesen
Pleuraraum
Ein Pleuraerguss kann im Röntgenbild des Thorax ab
einer Ergussmenge von ca. 150 ml nachgewiesen werden.
Ist die Ursache der Ergussbildung unbekannt, erfolgt die
Klärung der Genese durch eine Pleurapunktion mit anschließender mikrobiologischer, zytologischer oder laborchemischer Aufarbeitung des Aspirates. Führt ein großer Erguss durch Ausbildung einer Kompressionsatelektase zu einer Einschränkung der Lungenfunktion, können
pro Sitzung maximal 1000 ml des Ergusses zur Entlastung
abgelassen werden.
präformierten Spalträumen entstehen können. Eine direkte Punktion der Herzkammern zur Medikamentenapplikation ist heute obsolet.
5.7 Pleurapunktion
a Pleuraerguss
a Wenn möglich,
sollte ein Erguss
beim sitzenden
Patienten im 6.
oder 7. ICR
punktiert werden. Als Orientierungshilfe
können die Skapulaspitze und
die Mamille bzw.
bei Frauen die
Submammärfalte dienen.
b Spannungspneumothorax
b Ein
Spannungspneumothorax wird
hingegen beim
liegenden
Patienten von
vorn in der Medioklavikularlinie
durch den 3. ICR
entlastet.
Werden mehr als 1000 ml Flüssigkeit abgelassen, besteht die Gefahr, dass sich ein Lungenödem (Reexpansionsödem) bildet.
Erstmaßnahme bei klinischer und/oder radiologischer
Diagnose eines vital bedrohlichen Spannungspneumothorax ist die Druck-Entlastung mittels Pleurapunktion.
Hierbei kann eine dicklumige Venenverweilkanüle
(Viggo orange oder weiß, überall durchführbar) oder,
wenn vorhanden, ein Pleurapunktionsset (Pneumocath)
verwendet werden. Die Punktion erfolgt in Rückenlage
des Patienten im 2. oder 3. Interkostalraum (ICR) in der
5.7b). Im Anschluss an die leMedioklavikularlinie (
bensrettende Erstversorgung muss die Genese geklärt
und die weitere Therapie (insb. Anlage einer Thoraxdrainage) eingeleitet werden.
Eine absolute Indikation für die Anlage einer Pleuradrainage (Synonyme: Thoraxdrainage, Monaldi-Drainge
[ventral], Bülau-Drainge [lateral]) stellen der (Mantel-)
Pneumothorax, der Hämatothorax bzw. die Kombination
von beiden (Hämatopneumothorax), der Chylothorax
und das Pleuraempyem dar. Vor Abschluss eines thoraxchirurgischen Eingriffes ist ebenfalls die Anlage einer
Thoraxdrainage obligat. Eine relative Indikation ergibt
sich beim Spitzenpneumothorax und beim geringgradigen Pleuraerguss.
Perikard
Bei der Perikardpunktion (
5.8) handelt es sich um eine
Notfallintervention bei Vorliegen einer Perikardtamponade mit drohendem Pumpversagen des Herzens, verursacht entweder durch eine Aortendissektion, eine Myokardruptur oder eine Perikarditis. Bereits bei einer
Füllung des Herzbeutels mit 150–200 ml Blut oder Erguss kann ein Herzstillstand resultieren.
5.8 Perikardpunktion
Über die Punktionskanüle erfolgt eine EKGAbleitung, um
das Erreichen
des Epikards anhand von STStrecken-Hebungen erkennen zu
können.
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5 Perioperative Maßnahmen
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Pleurapunktion
Vorbereitung: Die Punktion erfolgt im Sitzen oder in Seitenlage. Die Punktionsstelle wird entweder durch Auskultation
(abgeschwächtes oder aufgehobenes Atemgeräusch) und
Perkussion (hyposonorer Klopfschall) oder besser ultraschallgesteuert mit direktem Nachweis des Ergusses lokali5.7a).
siert (
Utensilien:
x Lokalanästhetikum (z. B. Lidocain 1 %), eine 5 ml-Spritze
mit dünner Einmalinjektionskanüle für die Applikation des
Lokalanästhetikums,
x Punktions- (70 mm lang, 0,9 mm Durchmesser) oder Venenverweilkanüle (Viggo grün oder orange).
x Ist eine Ergussentlastung geplant, wird ein Punktionsset
mit Rotanda-Spritze ( ) oder eine 50 ml-Spritze mit
Dreiwegehahn und Schlauchsystem benötigt, um nach
Füllen der Spritze bei geschlossenem System den Erguss
in ein steriles Auffanggefäß abgeben zu können.
x Kopfbedeckung, Mundschutz, sterile Handschuhe, steriles
Lochtuch, Hautdesinfektionsmittel.
Durchführung:
Streng aseptisches Vorgehen ist obligat.
Zunächst erfolgt die Lokalanästhesie mit Setzen einer Hautquaddel und tiefer interkostaler Infiltration des Lokalanästhetikums. Dann wird die Punktions- oder Venenverweilkanüle senkrecht zur Haut eingestochen. Orientierungspunkt
für das weitere Vorschieben der Kanüle ist der Oberrand
der nächst höher gelegenen Rippe. Dieses Vorgehen verhindert eine akzidentelle Verletzung der Interkostalgefäße, die
am Unterrand der Rippe verlaufen, sowie die Entstehung
eines Pneumothorax nach Entfernen der Punktionsnadel.
Sobald die Nadelspitze den Pleuraraum erreicht, kann der
Erguss aspiriert werden. Eine komplette Ergussentlastung
wird durch den Hustenreiz des Patienten, der beim Anlegen
der Pleurablätter auftritt, angezeigt. Die Punktionsnadel
kann sodann unter einem Vasalva-Manöver entfernt werden.
Abschließend wird ein Pflasterverband angelegt.
Zum Ausschluss eines punktionsbedingten Pneumothorax
muss ein Röntgenbild des Thorax in Exspiration angefertigt werden. Zusätzlich kann mit einer Inspirationsaufnahme der verbliebene Resterguss abgeschätzt werden.
Pleuradrainage
Vorbereitung: Information des Patienten über das geplante
Vorgehen. Lagerung: Bei seitlicher Anlage der Drainage
(Bülau-Drainage) in Rückenlage unter maximaler Abduktion
des Armes der betroffenen Seite und Fixierung der Hand
unter dem Kopf, bei Anlage der Drainage von ventral (Monaldi-Drainage) liegen die Arme am Rumpf. Bei Unruhe Sedierung des Patienten, dann ist ein entsprechendes Monitoring obligat. Rasur der Haut sowie Abwaschen und steriles
Abdecken des OP-Gebietes.
Utensilien:
x Lokalanästhetikum (z. B. Lidocain 1 %), eine 20 ml Spritze
mit langer Einmal-injektionskanüle (Sterican gelb 70 mm)
für die Applikation des Lokalanästhetikums,
x Einmalskalpell zur Hautinzision,
x steril gepacktes Instrumentenset bestehend aus chirurgischer Pinzette, gebogener Schere, Kornzange, Klemme,
Nadelhalter, Auffangschale, Abdecktüchern, Tupfern und
Kompressen,
x steril verpackte Thoraxdrainage (18–32 Charr.),
x Nahtmateril der Stärke 0 zur Fixierung der Drainage (z. B.
Mersilene),
x Kopfbedeckung, Mundschutz, sterile Handschuhe, steriles
Lochtuch, Hautdesinfektionsmittel.
Durchführung: Zunächst wird eine Hautquaddel mit dem
Lokalanästhetikum an der gewählten Anlagestelle gesetzt.
Dann erfolgt eine tiefe Infiltration des Lokalanästhetikums
bis auf das Periost der nächsthöher gelegenen Rippe und
der Interkostalmuskulatur am Oberrand dieser Rippe, bis
die Pleura parietalis erreicht wird.
Niemals an Lokalanästhetikum sparen, da die Drainageanlage sonst äußert schmerzhaft ist.
Bei ausreichender Anästhesie wird nach Hautinzision (ca. 1,5
cm) die Thoraxwand in Richtung der nächst höher gelegenen Rippe teils stumpf teils scharf mit der gebogenen
Schere präpariert. Diese „getunnelte“ Anlage der Drainage
beugt Infektionen vor und verhindert beim Ziehen der Drainage das Entstehen eines Pneumothorax. Um eine Verletzung der Interkostalgefäße, die am Unterrand der Rippe verlaufen, zu verhindern, muss kleinschrittig unter digitaler
Kontrolle präpariert werden. Der Oberrand der Rippe muss
dabei vor einer Präparation der Interkostalmuskulatur
immer sicher identifiziert werden. Nach Eröffnung der Pleura
(wegen möglicher Pleuraverwachsungen möglichst digital!)
wird die Drainage unter Zuhilfenahme der Kornzange in
die gewünschte Richtung platziert (beim Erguss nach kaudal, beim Pneumothorax nach kranial). Abschließend wird
die Drainage mit 2 Haltenähten fixiert und mit dem geschlossenen Drainagesystem konnektiert sowie ein steriler
Verband angelegt.
Die Verwendung des mitgelieferten Trokars zur Platzierung
der Thoraxdrainage ist wegen der hohen Komplikationsrate
(Fehlplatzierung mit Perforation von Lunge, Herz, Mediastinum, Leber, Milz und Gefäßen) nur Ausnahmesituationen
vorbehalten.
Zur Lagekontrolle der Drainage ist die umgehende Anfertigung eines Röntgenbildes des Thorax obligat.
Perikardpunktion
Utensilien: Dicklumige, 10 cm lange Kanüle mit aufgesetzter 10 ml-Spritze, EKG-Gerät, Notfallausrüstung zur kardiopulmonalen Reanimation, ggf. Perikardkatheter.
Durchführung: Der Oberkörper des liegenden Patienten
wird 45 Grad hoch gelagert. Eine Kanüle wird neben dem Xiphoid unter dem linken Rippenbogen in einem Winkel von
30 Grad zur Haut eingestochen und unter ständiger Aspiration in Richtung auf die Mitte der linken Klavikula vorgeschoben. Das Risiko einer akzidentellen Myokardperforation kann mithilfe einer EKG-Ableitung über die Punktionsnadel minimiert werden. ST-Strecken-Hebungen zeigen
dann das Erreichen des Epikards an. Bei größeren Ergussmengen und bei Rezidivneigung kann zur längerfristigen
Entlastung ein Perikardkatheter in Seldinger-Technik angelegt werden.
Bei Vorliegen eines
Hämatoperikards muss
nach initialer Entlastung
umgehend die operative
Therapie der zugrunde
liegenden Ursache erfolgen.
Jens Buermann / Uwe Gallkowski
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5.13 Durchführung der Punktionen und Drainagenanlagen
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