Strahlentherapie - Deutsche Krebshilfe

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„in vivo – Das Magazin der Deutschen Krebshilfe“
11.11.2008
Expertengespräch zum Thema „Strahlentherapie“
Annika de Buhr, Moderatorin:
Und zu diesem Thema begrüße ich jetzt Prof. Wilfried Budach, Direktor der
Klinik und Polyklinik für Strahlentherapie und Radioonkologie am
Universitätsklinikum in Düsseldorf, schön, dass Sie zu uns gekommen sind.
Professor Budach wovon hängt es ab, ob eine Strahlentherapie verabreicht
werden kann oder muss?
Prof. Dr. Wilfried Budach, Universitätsklinikum Düsseldorf:
Da muss man unterscheiden. Das hängt einmal davon ab, wie groß ein Tumor
ist, wie fortgeschritten die Tumorerkrankung ist. Dann hängt es auch davon
ab, was das therapeutische Ziel wirklich ist. Wenn wir zum Beispiel einen sehr
kleinen Tumor haben, beispielsweise im Enddarm, dann wird man in der Regel
auf eine Strahlentherapie verzichten können und dann ist die Chirurgie alleine
die Therapie der Wahl. Haben wir dagegen einen größeren Tumor, der sich
schon fleißig in die Lymphknoten ausgebreitet hat oder lokal sehr groß
gewachsen ist, dann schafft es die Chirurgie allein nicht und in der Situation ist
es häufig sinnvoll vor oder nach der Operation die Strahlentherapie zusätzlich
zu geben um die lokale Rückfallrate deutlich zu reduzieren. Das andere
Thema wäre Organerhalt. Zum Beispiel auch ein kleiner Tumor, typisches
Beispiel der Brustkrebs, selbst wenn es nur ein kleiner Tumor ist, von unter einem
Zentimeter, dort hat sich gezeigt, dass die alleinige Chirurgie, wenn man die
Brust erhalten will, nicht ausreicht. Da braucht man die zusätzliche
Strahlentherapie. Wohingegen wenn die Brust komplett entfernt würde, also
wenn man sehr weit im Gesunden operieren würde, auf die Strahlentherapie
verzichten kann.
Annika de Buhr, Moderatorin:
Sie haben eben die Unterscheidung selber gemacht: Strahlentherapie vor
und nach einer Operation. Wie ist der Unterschied in der Bedeutung?
Prof. Dr. Wilfried Budach, Universitätsklinikum Düsseldorf:
Letztendlich sind die Ziele ähnlich. Der Vorteil der Strahlentherapie vor einer
Operation besteht allerdings darin, dass wenn Tumoren sehr ausgedehnt sind,
man sie kleiner machen kann. Damit praktisch der Chirurg bessere
Bedingungen hat bei der Chirurgie. Das zweite was man möchte: Man
möchte außerhalb des Tumors mikroskopisch kleine Tumorzellennester, die
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noch irgendwo im Operationsgebiet nach einer Operation oder um den
Tumor herum, während und vor einer Operation da sind, vernichten. Und das
funktioniert eigentlich sehr effektiv mit einer Strahlentherapie.
Annika de Buhr, Moderatorin:
Wie geht man mit Patienten um, wenn sie beispielsweise Panik bekommen?
Prof. Dr. Wilfried Budach, Universitätsklinikum Düsseldorf:
Wenn Patienten Panik bekommen, ist es eigentlich das Wichtigste, dass man
vorher eine sehr gute Aufklärung gemacht hat. Das heißt sie informiert, wie
wird der Ablauf tatsächlich sein, bei so einer Strahlentherapie und bei der
Anfertigung der Maske. Das Zweite, was man machen kann, dass man auch
bei den Masken zum Beispiel dafür sorgt, dass die Augen etwas
ausgeschnitten werden in der Maske, so dass mein Patienten tatsächlich
sehen kann, was um ihn herum abläuft. Und wenn das alles nicht hilft, dann
haben wir natürlich auch medikamentöse Möglichkeiten, durch leichtere
oder in manchen Fällen auch starke Beruhigungsmittel um dort die Angst
etwas zu nehmen.
Annika de Buhr, Moderatorin:
Worauf muss sich ein Patient denn sonst noch einstellen? Muss er
Hautschutzcremes verwenden, muss er sein Leben sonst irgendwie umstellen,
um überhaupt in diese Strahlentherapie sich begeben zu können?
Prof. Dr. Wilfried Budach, Universitätsklinikum Düsseldorf:
Das hängt sehr davon ab, was wir wirklich bestrahlen. Die Haut ist zum Beispiel
nur noch ein Problem, wenn wir tatsächlich direkt unter der Hautoberfläche
unser Zielvolumen haben, was typischerweise im Kopf-Hals-Bereich der Fall ist,
oder auch bei der Brust bei der Frau der Fall ist. Dort ist die Hautreaktion
sicherlich noch ein Problem. Man muss versuchen die Haut nicht noch
zusätzlich mit Sonne oder anderen Strahlen zu belasten, keine
Hitzeanwendungen und sie auch mechanisch in Ruhe lassen. Bestrahlt man
irgendwelche Schluckwege im Kopf-Hals-Bereich oder im Mediastinum, das
heißt bei Lungentumoren, Ösophagus also Speiseröhrentumor, dann ist
sicherlich die Ernährung mit sehr scharfen Sachen, sehr brennenden Sachen,
sehr mechanisch-groben Sachen ein Problem. Dort muss man aufpassen.
Während bei der Bestrahlung im Bauchraum wieder andere Nebenwirkungen
kommen, wie zum Beispiel Durchfall typischerweise. In diesen Fällen sollte man
eher eine schlackenarme Nahrung nehmen und auch sehr scharfe oder sehr
sauer Sachen meiden oder auch Milchprodukte in großen Mengen, weil
Milchzucker auch abführend wirkt, sollte man dann vermeiden. Das heißt es
hängt von Lokalisation und Volumen ab, was bestrahlt wird und das muss
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man vorher mit dem Arzt, dem entsprechenden Strahlentherapeuten vorher
genau besprechen, welche Verhaltensmaßregelungen dort gelten.
Annika de Buhr, Moderatorin:
Hätten sie noch einen abschließenden Rat für die Patienten?
Prof. Dr. Wilfried Budach, Universitätsklinikum Düsseldorf:
Ja ich glaube, was heute jeder Tumorpatient seinen Arzt fragen sollte ist
tatsächlich: „Ist dieser Fall auch mit anderen Fachkollegen besprochen
worden?“ Denn wir wissen heute, wir können eine Tumorerkrankung eigentlich
immer dann am effektivsten behandeln, wenn wir interdisziplinär uns vor
Beginn der Therapie miteinander absprechen.
Annika de Buhr, Moderatorin:
Das ist es tatsächlich interdisziplinär! Professor Budach Ihnen ganz herzlichen
Dank, dass Sie bei uns waren! Vielen Dank für die Informationen.
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