Milch kühlen

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12 TIERHALTUNG I Wärmerückgewinnung
Milch kühlen,
Wasser wärmen
Bei der Milchkühlung w ird Energie frei, die für die Erwärmung von
Brauchwarmwasser zur Reinigung der Melk- und Milchtankanlage
eingesetzt werden kann . Durchschnittlich 35 Prozent der elektrischen
Energie kann damit laut einer Untersuchung eingespart werden.
M
iIeh muss nach dem Melken
möglichst schnell und gleichmässig abgekühlt werden,
um eine Keimvermehrung zu verhindern. Der Kühlvorgang zur Mi1chkühlung basiert auf dem «Kühlschrankprinzip»: Aus einem umschlossenen
Raum, dem Milchtank, wird Wärme
entzogen. Diese Wärme wird in der
Praxis noch häufig ohne weiteren
Nu tzen an die Umgebungsluft abgegeben, obwohl Wärmcrückgewinnungen (WRG) bei der Milchkühlung schon seit über 25 Jahren eingesetzt werden.
Viele Landwirte haben von der
zweimaligen Milchablieferung pro
Tag in eine Käserei oder Sammelstelle zur meist alle zwei Tage erfolgenden Hofabfuhr umgestellt. Für
die Zwischenlagerung der gewonnenen Milch erse tzt ein Milchtank die
Milchkannen, wodurch auch die
Technik der Milchkühlung geändert
hat. Die Milch wird nicht meh r mit
natürlicher Kälte, mit fliessendem
kaltem Wasser, sondern mit künstlicher Kälte, einer sogenannten Kältemaschine, auf die gewünschte Temperatur abgekühlt. Gleichzeitig muss
das zur Reinigung der Melkanlage
oder des Milchtanks benötigte Heisswasser (Brauchwarmwasser) meist
mit elektrischer Energie in Elektroboilern auf die erforderliche Heisswasser temperatur erwärmt werden.
In der Praxis fliesst somit kaltes Was-
Das Herzstück der Wärmerückgewinnung ist die Kältemaschine in der Bildmitte. Sie wandelt f lüssi ges Kältemittel in einen dampfförmigen
Zustand um, wodurch der Milch Energie entzogen und damit der eigentl iche Kühleffekt erreicht wird.
die grüne I Nr. 15/2014
Wärmerückgewinnung I TI ERH ALTUN G 13
Energieeinsparung Milchkühlung und
Bereitstellung Brauchwarmwasser
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'" Die mit einer WRG-Anlage eingesparte Energie variiert zwischen den Betrieben. Sie hängt
stark von der benötigten Menge Brauchwasser ab, welches durch die WRG erwärmt wird.
ser mit einer Temperatur von rund
5 bis 7·e in den Boiler hinein und
wird dort mit e lektrischer Energie
auf etwa 75 · C aufgeheizt. Die Temperaturc1iffere nz zwischen Kaltwasser und dem Brauchwa rmwasser beträgt som it rund 68 bis 70 · C. Der
Strombedarf für die Erwärmung von
100 Liter Wasser bei di eser Temperaturdiffere nz beträgt rund 8 kWh. Im
Hinblick auf versch ie dene Energieeffizienzmassnahmen auch bei landwirtschaftl ichen Betrieben, bietet sich
daher die Wärmerückgewinnung aus
der Mi1chkühlung geradez u an.
wieder verflüssigt. Die daraus e ntstehende Kondensatio nswä r me wird
311 die Umgebungsluft abgegeben.
Bei einer Wä rmerü ckgew innung
aus der Milchkühlung wird die bis
anhin immer noch bei vielen Milchkühlanlage n an die Umgebungsluft
abgegebene Kondensationswänne für
die Erwärmung des Wa rmwassers
(Brauchwarmwasser) ei ngesetzt. Dazu
wi rd oft vor den bestehenden Elektroboiler ein zusätzliche r Wassererwärmer (Speiche r) eingebaut. In diese m
Behälter ist ein Wärmetauseher integriert, in welche m das Kältem ittel
von der Mil chkü hlung zirkuliert.
Kond ensationswärme
Damit kann aus der Abwärme von
heizt Wasse r auf
der Milchkühlung das Brauchwarm F ür di e Mi1chkühlung we rden meist
wasser bi s auf fund 45 bis 50' C erVerdichtungskälteanalgen eingesetzt.
wärmt werden. Für die Reinigung
Der eigentliche Kü hl effekt wird durch
der Melk anlage und de s Milchtanks
die Zusta ndsänderung des Kältemitfliesst die vorerwärmte Wa sse nnen ~
ge au s diesem Speicher in den bestetels von flü ssig zu dam pfförmig e rreicht. Daz u werden Kältemittel einhenden Boiler und wi rd dort mit
e inem Elektroeinsatz auf die gegesetzt, die unter normalem Druck
weit unter O·C ve rda mpfen (z. B.
w ünschte Reinigungswasserte mpeR1 34A, Siedetemperatur -26 -C), Die
ratur von rund 75 · C aufgeheizt. Das
re in ele ktr isch z u erwärmende
da zu benötigte Energie (Verdampfungsenerg ie) wird der Milch entBrauch wasser muss dadurch nur
zogen, wodurch diese abkühlt. Aussernoch von zi rk a 50 · C auf 75 · e erhalb des Milchtan ks befi ndet sich die
wärmt werden, was etwa eine m Driteigentliche Kältemaschine, die das . tel der ursprünglichen Temperatur~
anhebung entspricht. Ein weiterer
dampfförmige Kältemittel ansaugt
und mit e inem Kompressor verdichVorteil liegt da rin , dass für Reinitet. Das Kältem ittel wird durch diese
gungsarbeiten in direktem Kontakt
Druckerhöhung zusätzlich erwärmt
mit den Hände n wie Eimer- und
und da nach in einem Kondensator
Melk geschirr rei nigung, I-lände wa-
sehen usw. das Brauchwarmwasser
direkt aus dem Speicher (45 b is 50 ' C)
bezoge n werden kann.
Energieeinsparung variiert
stark zw ischen den Betrieben
Die Energie, die bei der Milchkühlu ng zur Bereitstellung von Brauchwa r mwasser genutzt werden kann ,
wurde in Form eine r Masterarb eit an
der Zürcher Hochschule für A ngewandte Wissenschaften (ZHAW) auf
fü nfLand wirtschaftsbetriebe n untersucht. Da zu fanden während e ine r
Mi1chlagerze it (48 Stu nde n) thermische und elektrische Messungen bei
der Mi lchkühlung vor und nach dem
Einbau der WRG-Anlage s tatt. Die
Jahresmi1chmengen der untersuchten Betriebe lagen zwischen 200000
(rund 30 Kühe) bis 4750 00 Li te r
(rund 70 Kühe). Es handel te sich um
zufällig ausgewählte Betriebe im
Ka nton St. Gallen, da zu diesem Zeitpunkt nur wenige Betriebe eine
Nachrüstung von WRG-Anl agen bei
der Milchkühlung vorgesehen hatten.
Die Energieeinsparung durch W RGAnl agen hängt stark von der Menge
Das sagt das Gesetz:
In der Verordnung des Eidgenössi schen Departements des Innern
(EDI) über die Hygiene bei der
Milchproduktion (VHyMP) gelten
folgende Vorschriften: Wird die
Milch täglich einmal vom Hof
abgeholt, so muss diese nach
der Milchgewinnung innerhalb
von zwei Stunden auf
8'e
oder
tiefer abgekühlt und bei dieser
Temperatur an einem sa uberen
Ort gelagert w erden. Bei einer
M ilchabholung im Zweitagesrhythmus muss die Milch weiter
auf 6
oe oder tiefer gekühlt und
bei dieser Temperatur gelagert
werden. Die Produzentin oder der
Produzent hat die Kühlzeit und
Lagertemperatur reg elmässig zu
überprüfen, und das erste Gemelk
darf bis zum Abtransport höchstens 48 Stunden gelagert werden
(Art, 14, VHyMP),
Nr. 15120141 die grüne
14 TIERHALTUNG I Wärmerückgewinnung
Brauchwarmwasser ab, die auf den
jeweiligen Betrieben bezogen wird.
Bei den Messungen la g der Bedarf
zwischen 0,25 und 0,40 Liter Brauchwarmwasser pro Liter Milch, was
auch den Angaben in der Literatur
e ntsprich t. Für die Hoc hrechnung
des jährlichen Bedarfs an Brauchwa rm wasser wurde aufdiejährliche
Milchmenge, die vom Betriebsleiter
angegeben wurde, abgestützt. De r
Strom bedarf zur Bereitstellung des
Brauchwarmwassers wu rde aufgrund
de r Zweitagesmess ungen mit der
jeweiligen Jahresmilchmenge hochgerech net. Die Energieeinsparungen
für die Milchkühlu ng und die Be rei tstellung des Brauchwarmwassers lag
bei drei Betrieben zwischen 31 bis
39 Prozent. Ein Betrieb (N r. 2) w ies
nur eine Energieeinsparun g von
22 Prozent auf und ein a ndere r Betrieb (Nr. 5) konnte 52 Prozent Strom
für die Brauchwassererwärmu ng
einsparen. Beim Betrieb Nr. 5 war
jedoch der Elektroeinsatz im Boiler
relativ stark verkalkt, was dessen
Wirkungsgrad mass iv senkte. Der
Betrieb Nr. 2 bezog nach dem Einbau
der WRG-Anlage wenige r War m wasser, wodurch auch weniger Brauchwarmwasser a uf 75 oe erwärmt we rden musste.
Stromeinsparung abhängig
von der Milchmenge
Die Investitionen für di e Nachrüstung einer WRG auf die bestehenden
Milchtank
Kälteaggregal
WarmwasserSpeicher
Die Nachrüstung von Wärme rück-
L-____________________________________________________________
Milchkühlanlagen beliefen sich bei
den fünf ausgewählten Betrieben
zwischen 5000 und 7500 Franken.
Entscheidend ist die Milchmenge sowie Milchtank- und Warmwasse rspeichergrösse. Aufgrund der Messu ngen wurde eine Berechnung für
die Stromeins parung bei de r Be reits tellung von Brauchwarmwasser erstellt. Dara us e rgibt sich, dass rund
35 Prozent des Stroms für den Boiler
ei ngespart we rd en können. In Zahlen bedeutet dies rund 2,80 kWh pro
100 Liter Warmwasser. Bei e ine m
Reinigungswasserbedarf von rund
0,321/1 Milch und ei ner Jahresmilch-
Bio Suisse, dem Kanton St. Gallen
und der Energi eagentur St. Gallen
mit Beratungsdienstleistungen und
und st. Gallen im Rahmen eines
Förderprogramms von Pro Kilowatt
Insgesamt sollen durch das Förderprogram m jährlich 1,3 Gigawatt-
finanziell unterstützt. Die Plattform
stunden an elektrischer Energie
Ag roCleanTech hat nach einer
eingespart werden. Das en tspricht
wettbewerblichen Ausschreibun g
den Zuschlag für das Programm
von über 370 Haushalten.
die
grüne I Nr. 1512014
dem durchschnittlichen Verbrauch
-+ Weitere Infos erhalten Sie unter:
http://www.ag roclean tech.ch/
in-dex.php/de/foerderprogramme/
wrg-milch
~
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Vor den bestehenden Elektroboiler wird ein Kälteaggregat sowie ein Warmwasserspeicher
eingebaut, in welchem das Brauchwarmwasser durch die Abwärme aus der Milchkühlung
auf rund 45 bis sODe erwärmt wird.
finanziellen M itteln unterstützt.
erhalten. Das Projekt wird zusätzlich
von den Bauernverbänden sowie
•
~
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in den Kantonen Aa rgau , Freiburg
Fördermittel im Umfang von rund
3
•
zwischen Februar 2014 bis Juni 2016
620000 Franken zugesichert
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Eleklroboiler
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o
Förderprogramm unterstützt Nachrüstung
gewinnungsanlagen werden
•
menge von rund 335 000 I, ergibt dies
eine jährliche Stromeinspa rung von
ru nd 3000 kWh. Damit können bei
einem durchsch n ittl ichen Strompreis
von zi rk a 15 Rp ./kWh pro Jahr zirka
450 Franken e in gespa rt werden.
Weitere Untersuchungen
sind notwendig
Mit dem Einbau von WRG-Anlage n
bei Mi1chkühlungen kann elektrische Energie e ingespa rt werden.
Aufgrund der wen ige n Messungen
ist jedoch nur eine grobe Abschätzung de r Einsparpotenziale möglich.
Damit die Energieeinsparung dieser
Effizienzmassnahme bewertet werden kann, sind weitere Messungen
und Unte r suchungen notwendig.
Von Inte resse ist sicher, ab welcher
Milchmenge sich eine Investition
in eine WRG-An 1age lohnt und ab
welcher Milchmenge z usätzlich zur
ßrauchwassererwärmung die zurückgewonnene Wärme für weitere Verwendu ngszwecke eingesetzt werden
kann. Bei den ersten Untersuchungen ze igte sich, wie wichtig eine
fundierte Planung wie z. ß. Warmwasserbedarf, Speichergrösse usw.
vor der Realisierung ist.
IMarkus Sax
per Autor ist wissel1scJw[rlicl1er Mitarbeiter tim
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VQIl Agroscope
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