Skript zur Vorlesung „Allgemeine Psychologie 1“ (Prof. Dr. Hilde

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Version 1.0 (2011)
Skript zur Vorlesung „Allgemeine Psychologie 1“
(Prof. Dr. Hilde Haider)
Wintersemester 2009/10
verfasst von
Kim K.
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1. Vorlesung ‐
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Ziel der Psychologie = Beschreibung, Erklärung und Vorhersage des Verhaltens von Menschen Gegenstand der Psychologie = Verhalten, Erleben & Bewusstsein des Menschen, deren Entwicklung über die Lebensspanne sowie deren innere (im Individuum angesiedelte) und äußere (in der Umwelt lokalisierte) Bedingungen und Ursachen Ziel der Allgemeinen Psychologie = Suche nach allgemeinen Gesetzmäßigkeiten menschlichen Verhaltens; Erklärung der Mechanismen, die menschlichen Leistungen (siehe Themen) zugrunde liegen Zentrale Frage = Was sind die elementaren Prozesse, auf denen (intelligentes) menschliches Verhalten beruht? Prämissen der Allgemeinen Psychologie: Informationsverarbeitungsprozesse beruhen auf universalen Prinzipien, die für alle Menschen gleich sind; diese lassen sich durch Theorien beschreiben Gültigkeit der Theorien wird in Experimenten geprüft Themen der Allgemeinen Psychologie = Wahrnehmung, Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Lernen, Denken, Sprache, Bewusstsein, Funktionen wie Motivation und Emotion, Handlungssteuerung, Motorik, Wille Zentrale Annahme der allgemeinen Psychologie: Verhalten von Menschen beruht auf allgemeingültigen Prinzipien Alle Menschen können denken, sprechen, lernen, behalten Information etc. Wahrnehmungs‐, Denk oder Erinnerungsprozesse sind normalerweise in den Verhaltensstrom integriert; will man sie untersuchen, muss man einzelne Leistungen isolieren  Experimente im psychologischen Labor Schaffung künstlicher Situationen (Experiment) hat 2 Konsequenzen: (a) Man löst Leistungen aus ihrem natürlichen Kontext heraus (b) natürlichen Anlässe, die normalerweise spezifisches Verhalten auslösen, entfallen bzw. werden durch künstliche Auslöser ersetzt Aber: nur so kann man zu Ursache‐Wirkungs‐Prinzipien gelangen, mit denen man Erkenntnisse über Mechanismen gewinnt, die Verhalten zugrunde liegen künstlich im Labor hergestellte Bedingungen  Rückschlüsse auf Struktur & Funktion der Mechanismen, auf denen diese Leistungen beruhen kreativer Prozess der Forschung = Auffinden solcher Methoden zur Erfassung der uns nicht unbedingt bewussten Prozesse, die menschlichem Verhalten zugrunde liegen Alltagspsychologie = basiert auf Alltagserfahrungen & Einzelfällen; Prinzipien sind meist plausibel, aber unhinterfragt erschlossen Wissenschaftliches Denken = beruht auf kritischer Erfahrung, systematischer Beobachtung und anderen empirischen Vorgehensweisen Um den Anforderungen der wissenschaftlichen Psychologie zu genügen, müssen Annahmen logisch hergeleitet & intersubjektiv nachvollziehbar sein und einer empirischen Prüfung standhalten Methoden in Psychologie = beobachten, beschreiben, interpretieren, bewerten Experiment: Ziel: Kausalitätsaussagen; Ursache‐Wirkung Systematische Variation mindestens einer Variablen und Messung der Effekte bei einer anderen Variable  Herstellbarkeit von Variablen im Experiment Ausschaltung der Wirkung aller anderen Störvariablen Kontrolle von Störvariablen = Eliminieren, Konstanthalten, Parallelisieren, Randomisieren, Kontrollgruppen Induktion = Beobachtungsdaten  Hypothesen  allgemeines Prinzip Deduktion = allgemeines Prinzip  Ableitungen (Vorhersage)  theoretisch relevante Daten Deduktives Schlussfolgern = Wissenschaftliches Erklären Explanans = Gesetz (wenn A, dann B), Problem und Antezedenz (gegeben A) Explanandum = Konklusion; A ist gegeben, also auch B  deduktiver Schluss Explanans = allgemeines Gesetz, in der die vermutete Ursache für das Problem formuliert wird, zusammen mit der Antezedenz Antezedenz = notwendige Voraussetzung (gehört zum Explanans): die im Experiment hergestellte unabhängige Variable Explanandum = der zu erklärende (vorhergesagte) Sachverhalt 3
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Erklären = Explanans  Explanandum Vorhersage/Experiment = Explanandum  Explanans Falsifikationsprinzip = allgemeingültige Theorien lassen sich nicht beweisen, da Theorien nicht mit Wirklichkeit gleichzusetzen sind, sondern Annahmen über die Wirklichkeit darstellen. strengste Prüfung einer Theorie ist die Überprüfung dieser an der Realität (potentielles Scheitern) Theorie, die einer solchen Prüfung standhält, darf beibehalten werden, da sie zu einer widerspruchsfreien Vorhersage auf die Realität geführt hat; sie ist hiermit aber nicht bewiesen! Theorie = System von Definitionen, Annahmen & Schlussfolgerungen zu einem bestimmten Themenbereich; wissenschaftlicher Wert einer Theorie ist an folgende Voraussetzung gebunden: notwendige Voraussetzung: logische Konsistenz und begriffliche Präzision zusätzliche Voraussetzung: die Theorie darf nicht im Widerspruch zur beobachtbaren Realität stehen Modelle = bestehen aus Symbolen, die mittels Verknüpfungsregeln miteinander verbunden sind; können Bestandteile von Theorien sein physikalische Modelle: natürliche Objekte haben Symbolwert mathematische Modelle: mathematisches Kalkül bildet Modell Computermodelle & informationstheoretische Modelle: Flussdiagramm oder Computerprogramm (wichtigste in Psychologie) Methoden = allgemeingültige Arbeitsweisen für empirische Wissenschaften; wichtigste in Psychologie: Experiment (Kausalaussagen) Ziel der Grundlagenforschung Erkenntnis Aufstellen allgemeingültiger Prinzipien & Theorien Kausalanalysen hohe Präzision Ziel der angewandten Forschung Lösung von Problemen Aufstellen von Prinzipien zur Lösung spezifischer Probleme
Vorhersagen geringere Präzision, aber Praxisbezug Konzepte des Alltagswissen erfahrungsbasiert subjektiv induktiv Prinzip der Verifikation (confirmation bias) Wahrheit = das, was uns umgibt Konzepte wissenschaftlichen Denkens in empirischen Wissenschaften erfahrungsbasiert intersubjektiv nachprüfbar auf eine unendliche Anzahl von Einzelfällen anwendbar Prinzip der Falsifikation “Wahrheit” = widerspruchsfreie Vorhersage auf Wirklichkei
2. & 3. Vorlesung ‐
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Welche Beziehung besteht zwischen den Gegenständen in der Umwelt & der Wahrnehmung dieser Gegenstände? Welche Prozesse sind an der Wahrnehmung beteiligt & was leisten sie? Unterschied zwischen objektiven (physischen) Gegenständen & subjektiven (psychischen) Gegebenheiten Erst unser Wahrnehmungssystem „weiß“, die wahrgenommene Information richtig zu interpretieren Wahrnehmen heißt, die von den sensorischen Systemen aufgenommene Information zu verarbeiten Wahrnehmungsforschung = versucht zu ergründen, wie Infos in unserer distalen Umwelt aufgenommen & verarbeitet wird, wie aus ihr Wahrnehmungen entstehen, die unser Erleben und Verhalten maßgeblich begründen; untersucht… ‐ wie Reize aus unserer physikalischen Umwelt aufgenommen werden ‐ wie physikalische Infos in andere Informationsqualitäten umkodiert werden (Enkodierung/ Bottom‐Up Prozesse) und ‐ wie diese Infos weiter verarbeitet bzw. von bisher gelernten Infos beeinflusst werden (Kognitive Top‐
Down‐Prozesse) Physikalische Ebene = distaler Reiz in unserer physikalischen Umwelt & proximaler Reiz als physikalisches Reizmuster an unserem Sinnesorgan Perzeptuelle Ebene = unmittelbar wahrgenommenes Perzept (Bild in unserem Kopf) & dessen äußerbare Identifikation (Ich erzähle das Bild in meinem Kopf) 4
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psychophysikalischer Ansatz = Untersucht Zusammenhänge zwischen physikalischer Ebene & perzeptueller Ebene Ziele des psychophysikalischen Ansatzes: ‐ Aufdecken von Wahrnehmungsphänomenen ‐ Wann nehme ich etwas wahr, was physikalisch gar nicht existent ist? ‐ Wann nehme ich etwas nicht wahr, was sich physikalisch ändert? ‐ Aufdecken der Zusammenhänge zwischen physikalischer Reizintensität & der Wahrnehmung dieser ‐ Welcher Zusammenhang besteht zwischen physikalischer Reizgröße & wahrgenommener Empfindung? ‐ Wo liegt bei unserer Wahrnehmung der Nullpunkt von z.B. Länge bzw. Größe oder Lautstärke bzw. Tonhöhe? ‐ Wie kann ich immer gleichgroße Einheiten unterteilen, die mir erlauben zu sagen: „Person XY nimmt diesen Ball 6 Einheiten groß wahr“? Tonhöhe hängt von der Grundfrequenz ab; wenn 400‐Hz‐Grundfrequenz wegfällt, verändert sich Klangfarbe, nicht die Tonhöhe (Periodizitätstonhöhe) Periodizitätstonhöhe = Ergebnis eines zentralen Tonhöhenprozessors, der vermutlich das Muster der harmonischen Oberschwingungen analysiert und die Frequenz auswählt, die mit der größten WS die Grundfrequenz darstellt; Anwendung: Telefon, Radio, Orgelbau Veränderungsblindheit (Change Blindness) Fechner: Kriterium der „Ebenmerklichkeit“: ‐ a) Nullpunkt einer perzeptuellen Skala soll demjenigen Reizwert auf einer physikalischen Skala entsprechen, der mindestens vorhanden sein muss, damit eine „ebenmerkliche Empfindung“ entsteht; dieser kritische Schwellenwert ist die Absolutschwelle ‐ b) kleinste Maßeinheit einer perzeptuellen Skala soll derjenigen Reizwert‐Differenz auf einer physikalischen Skala entsprechen, die zu einem „ebenmerklichen Empfindungsunterschied“ führt; dieser kritische Schwellenwert ist die Unterschiedsschwelle (JND) 3 Methoden zur empirischen Bestimmung der Absolutschwelle & der Unterschiedsschwelle ‐ Grenzmethode = VP wird wiederholt Reiz mit auf‐ oder absteigender Reizstärke dargeboten & gefragt, ob dieser wahrgenommen werden kann oder nicht (binär: ja/nein)  Schwelle = Punkt, an dem VP mit 50% WS Existenz eines Stimulus oder Veränderung der Intensität dieses bejaht ‐ Herstellungsmethode ‐ Konstanzmethode Webersches Gesetz (1846) = Verhältnis von Unterschiedsschwelle und Standardreiz S1 ist über ein breites Spektrum von Standardreizen und für diverse Wahrnehmungsqualitäten konstant ‐ Unterschiedschwelle: ΔS = S2 Vergleichsreiz ‐ S1 Standardreiz ‐ Weberscher Quotient/ Webersche Konstante: ΔS / S1 Standardreiz = K (Konstante) Fechnersches Gesetz = E = k * log (S) ‐ Fechner (1860) erweiterte Webersches Gesetz formal durch Integration unter Annahme, dass k konstant & unabhängig von S ist ‐ besagt, dass bei linearem Anstieg der Reizstärke (S) ihre Empfindung (E) im Sinnesorgan nur logarithmisch anwächst; k ist die von der jeweiligen Modalität des Reizes abhängige Größe  unsere perzeptuellen Einheiten (Unterschiedsschwellen) werden mit Zunahme der physikalischen Reizintensität zwar immer größer, dieses Wachstum ist jedoch konstant Problem: es gibt auch Wahrnehmungsqualitäten, bei denen die perzeptuellen Einheiten (Unterschiedsschwellen) mit Zunahme der physikalisch Reizintensität immer kleiner werden; zwar bleibt auch hier die Abnahme konstant, jedoch gilt die Formel ΔS / S1 Standardreiz = K (Konstante) nicht mehr Stevens‘sches Potenzgesetz = W = k * Sn ‐ W: wahrgenommene Intensität, k: Konstante, S: physikalische Reizintensität, n: Steigung ‐ „Um wie viel Intensität muss man einen Reiz erhöhen, damit wir ihn als genau doppelt, dreimal, etc. so groß wahrnehmen?“ ‐ Formel, die für alle Wahrnehmungsqualitäten das genaue Verhältnis von ‚physikalischer Intensität eines Reizes‘ & unserer ‚Wahrnehmung der physikalischen Intensität eines Reizes‘ beschreiben kann Psychophysik = Gesetze, die Beziehung zwischen physikalischer Reizgröße und psychischer Empfindung beschreiben; heute: Einbindung in den neurowissenschaftlichen Untersuchungsansatz, um die Mechanismen zu bestimmen, die diesen Zusammenhängen zugrunde liegen 5
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Signalentdeckungstheorie = Kognitive Einflüsse bei der Schwellenerfassung; ‐ Ziel: Unterscheidung zwischen Sensitivität und unterschiedlichen Entscheidungskriterien ‐ Vorgehen: Keine Manipulation der Tonintensität, wiederholte Vorgabe/Nichtvorgabe eines schwach hörbaren Tons ‐ Aufgabe: Angeben, ob ein Ton vorhanden oder nicht vorhanden ist Antwort Ton vorhanden: Signal + Rauschen Positiv: „ja“ Treffer (Ton korrekt erkannt) Negativ: „nein“ Verpasser (Ton überhört) Ton nicht vorhanden: Nur Rauschen Falscher Alarm
(Ton fälschlicherweise erkannt)
Korrekte Zurückweisung
(keinen Ton gehört) ‐
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Menschen unterscheiden sich in ihren Schwellen; 2 mögliche Ursachen: ‐ (a) Sie sind unterschiedlich sensitiv (Sensitivität) ‐ (b) Sie unterscheiden sich in ihrer Bereitschaft, ein „Signal‐vorhanden“‐Urteil abzugeben (Entscheidungskriterium) c = Entscheidungskriterium; c= ‐0,5(z(T) + z(F)) d‘ = Maß für Sensitivität; d‘ = z(T) – z(F) Signalstärke oder Sensitivität erhöht d‘ (Bild: Niedrige Sensitivität oder schwaches Signal/Hohe Sensitivität oder starkes Signal) Liberales Entscheidungskriterium erhöht die Rate der Hits und der falschen Alarme (Bild: streng/liberal) 6
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Receiver‐Operating‐Characteristics (ROC) Reiz in Umwelt
Kurve: Sensitivität & Entscheidungskriterien sind Sinnesphysiologie
statistisch voneinander unabhängig Sensitivität = Deutlichkeit des Signals, Abbild am Sinnesorgan
Empfindlichkeit des Beobachters Entscheidungskriterium = Entscheidungsfolgen (pay‐
Neurowissenschaften
off Matrix), Häufigkeit des Signals  Die Signalentdeckungstheorie erlaubt, Weiterverarbeitung im NS
zwischen Sensitivität und Entscheidungskriterien zu trennen Neurowissenschaften
Bottom-up
Psychophysik
Neuropsychologie
Wahrnehmung Perzept
Kognitive Wahrnehmungsforschung
Top-down
Wissen, Gedächtnis,
Erwartungen, ...
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Prozesse der Wahrnehmung: Auge  Sehnerv  Chiasma opticum  CGL/Colliculus superior  visueller Kortex Trägerprozess des Sehens = Licht Sichtbares Licht = 400‐700nm Retina = Rezeptorzellen (Stäbchen & Zapfen), Zwischenneuronen (Amakrin‐, Bipolar‐ und Horizontalzellen), Ganglienzellen (M‐ &P‐)  Sehnerv Stäbchen (rods) = skotopisches Sehen (im (halb)dunkel), hohe Lichtsensitivität, 120 Mio., extrafoveal Zapfen (cones) = phototopisches Sehen, höhere raum‐zeitliche Auflösung, 6 Mio., foveal & extrafoveal Hauptaufgabe der Stäbchen und Zapfen = Umsetzung von Licht in elektrische Signale Sehpigmente = Rhodopsin (Protein Opsin und lichtempfindliches Molekül Retinal [Vitamin A]) Absorption eines einzelnen Photons  Isomerisation von Retinal in eine andere Form  signalverstärkende Enzymkaskade  Hyperpolarisation an der Membran 3 Zapfensysteme = Zapfen unterscheiden sich hinsichtlich der Wellenlänge, auf die sie reagieren: 419nm (kurzwellig, blau), 531nm (mittelwellig, grün) & 558nm (langwellig, rot) Horizontalzellen und Amakrinzellen = horizontale Reizweiterleitung, zusätzlich Kantenverstärkung durch laterale Inhibition Bipolarzellen und Ganglienzellen = vertikale Reizweiterleitung. Konvergenz = ca. 126 Mio. Photorezeptoren konvergieren auf 1 Mio. Ganglienzellen, d.h. eine Ganglienzelle reagiert auf ein Areal der Retina Rezeptives Feld = Areal der Retina, auf das eine Ganglienzelle reagiert Ganglienzellen = bedingen ebenfalls zusätzliche Kantenverstärkung durch laterale Inhibition; M‐Zellen (große rezeptive Felder, primär Stäbchen) & P‐
Zellen (kleine rezeptive Felder, primär Zapfen); bilden Sehnerv Visuelle Halbfelder = von jedem Auge wird jeweils temporale Seite ipsilateral & nasale Seite kontralateral verarbeitet  rechtes visuelles Halbfeld wird in linker, linkes visuelles Halbfeld in rechter Hemisphäre verarbeitet Colliculus superior = ca. 10% der Neuronen; Steuerung von Blick‐ & Kopfbewegungen Corpus geniculatum lateralis (CGL) = retinotoper Aufbau (jeder Ort im CGL entspricht einem Ort auf Retina; benachbarte Orte entsprechen benachbarten Orten auf Retina); bilateral; jeweils 6 Schichten: Schichten 2, 3, 5: ipsilateral Schichten 1, 4, 6: kontralateral Schichten 1&2: magnozellulär  Bewegung, Objektlokalisation 7
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Schichten 3‐6: parvozellulär  Beschaffenheit, Struktur, Farbe und Tiefe Primärer Visueller Cortex (Area Striata; V1) = 250 Mio. Nervenzellen; retinotope Organisation; 9 Schichten (1, 2, 3, 4A, 4B, 4Cα, 4Cβ, 5, 6); Neurone sind selektiv empfindlich für Merkmale wie Richtung, Größe & Bewegung Magnozellulär CGL  4Cα, 4B Parvozellulär CGL  4Cβ, 2,3 (Blob‐Bahn und Interblob‐Bahn) Extrastriatärer visueller Kortex = weitere Verarbeitung visueller Information; Areale V2, V3, V4 (Farbe und Orientierung von Kanten), V5 (MT; Bewegung); ca. 30 weitere visuelle Areale Blobs = Cytochromoxidase‐Flecken; Farbverarbeitung Interblob‐Bahn = Schichten dazwischen; Formverarbeitung Magnozelluläre Bahn = Bewegung und Tiefe Parvo‐Interblob Bahn = Form und Tiefe Parvo‐Blob Bahn = Farbe Ungerleider & Mishkin: ventraler Was‐Pfad, dorsaler Wo‐Pfad Milner & Goodale: dorsaler Pfad dient nicht so sehr der Objektlokalisation als vielmehr der Steuerung von visuell geleiteten Körperbewegungen  eher Wie‐Pfad (Handlung) statt Wo‐Pfad weite Bereiche des Parietalkortex sind für Lokalisation im Raum zuständig; Schädigungen führen oft zu Orientierungsstörungen (z.B. Neglect) Bereiche im Inferotemporalen Kortex sind für Objekterkennung zuständig; Schädigungen führen häufig zu Erkennungsstörungen (Agnosien) Neuronen reagieren auf spezifische Umweltmerkmale (Reaktionsselektivität) Ein Neuron erhält Signale von vielen anderen Neuronen (Konvergenz) Signale können hemmend und erregend wirken Visueller Cortex ist hoch spezialisiert: 2 wesentliche Bahnen (ventraler & dorsaler Pfad), die unterschiedliche Reizmerkmale verarbeiten (Was & Wo [Wie]) Agnosie = Störung des Erkennens; für Formen und Muster, Farben & Tiefe und Bewegung Objektagnosie = Störung: Benennen, Verstehen der Funktion und Erkennen von Objekten Agnosie für Zeichnungen = Störung: Assoziation von Farben mit Objekten Prosopagnosie = Störung: Erkennen von Gesichtern Farbagnosie = Störung: Assoziation von Farben und Objekten Farbanomie = Störung: Benennen von Farben visuell‐räumliche Agnosie = Störung: stereoskopisches Sehen Bewegungsagnosie = Störung: Wahrnehmung v. Objektbewegungen Laterale Inhibition = Inhibition der zentral aktivierten Zelle durch Nachbarzellen  Kontrastverstärkung Auf der Retina wird das physikalische Lichtsignal in ein elektrisches Signal transformiert; Signal wird vorverarbeitet Kontrastverstärkung durch laterale Inhibition Verschiedene rezeptive Felder für Bewegung (große rezeptive Felder = m‐Zellen) und Details (kleine rezeptive Felder = p‐Zellen) Wir nehmen nicht das wahr, was dort draußen ist. Wir nehmen das, was dort draußen ist, durch die Eigenschaften unseres visuellen Systems gefiltert wahr 8
4. Vorlesung ‐
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Farbe = existiert in der physikalischen Umwelt nicht; erlaubt es uns, 2 strukturlose Oberflächen gleicher Helligkeit zu unterscheiden; wir können unterscheiden: ‐ bis zu 7 Millionen Farbvalenzen ‐ über 200 Farbtöne (hue) ‐ über 20 Sättigungsstufen (saturation) ‐ über 500 Helligkeitswerte (brightness) Licht wird mit unterschiedlicher Wellenlänge von den Objekten reflektiert Beschreibung des Farbempfindens = Farbton, Sättigung (Reinheit) und Intensität (Helligkeit) Funktion der Farbe = Trennung von Wahrnehmungsfeldern; leichtere Segmentierung von Objekten; unterstützen bei räumlicher Wahrnehmung; Signalgebung (angeboren oder erlernt) meisten Oberflächen besitzen eine Struktur (Textur) – strukturlose Oberflächen sind selten Verschiedene Oberflächen weisen meist auch einen Helligkeitsunterschied auf Farbe erlaubt eine schnelle Unterscheidung verschiedener Objekte vom Hintergrund und voneinander Dreifarbentheorie = jede beliebige Farbe kann durch Mischung von 3 anderen Farben hergestellt werden (Trichromatizität); 2 Farben reichen nicht aus, um alle Farben herzustellen Young‐Helmholtz‐Dreifarbentheorie = Farbwahrnehmung beruht auf 3 Rezeptorsystemen (S, M, L oder K, M, L) mit unterschiedlicher spektraler Empfindlichkeit; Aktivitätsmuster der 3Rezeptorsysteme führt zur Wahrnehmung der spezifischen Farbe In den 80er Jahren: Nachweis der 3 Zapfensystemen; 3 Arten von Zapfen: k‐, m‐, und l‐Zapfen (kurz‐, mittel‐ oder langwellenlängenempfindliche Zapfen); Muster der Aktivierung ist von Reizintensität unabhängig Zapfen = zu einem Mosaik angeordnet; an jeder Stelle gibt es nur einen Zapfen; ca. doppelt so viele Rot‐
Zapfen wie Grün‐Zapfen, nur ca. 10% sind Blau‐Zapfen Was die Dreifarbentheorie nicht erklärt = Warum können wir kein rötliches Grün sehen? Oder kein bläuliches Gelb? Aber ein bläuliches Rot oder ein gelbliches Grün? Gegenfarbentheorie = nach Hering (1834‐1918); Farbsimultankontrast: blaues Feld erzeugt gelbes Nachbild; rotes Feld grünes Nachbild ‐ Gelb und blau & grün und rot sind gepaart ‐ Auf‐ (weiß, grün, gelb) und Abbau (schwarz, rot, blau) chemischer Substanzen ‐ Neurophysiologisch seit 60er Jahren bestätigt: Zellen im CGL reagieren auf Licht von einem Ende des Spektrums mit einer Steigerung der Aktivierung, auf Licht vom anderen Ende des Spektrums mit Hemmung Farbwahrnehmung wird durch neuronale Verarbeitung geformt ‐
Retina (Zapfen) ‐
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CGL (Gegenfarben) V1 (höhere Farbmechanismen) V2/V4 (Farbkategorien) Farbe ist eine Empfindung Im Auge gibt es 3 Arten von Zapfen, die Licht in Nervenimpulse umwandeln  diese werden in Ganglienzellen der Retina & des CGLs in Gegenfarben transformiert  Im Gehirn werden diese Erregungsmuster dann als Farben interpretiert 9
Monokular Lineare Perspektive Texturgradient Farbperspektive Luftperspektive Teilverdeckung relative / vertraute Größe relative Nähe zum Horizont Binokular Querdisparation Okulomotorische Faktoren ‐ Konvergenz ‐ Akkomodation Bewegungsinduziert ‐ Bewegungsparallaxe ‐ Ver‐ & Aufdeckung ‐
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Monokulare Informationen zur Tiefenwahrnehmung: ‐ Linearperspektive = Parallele Linien laufen in der Tiefe in einen Fluchtpunkt ‐ Texturgradient = Linien sind in der Tiefe enger beieinander als in der Nähe, Farben verblassen, Konturen verschwimmen ‐ (Teil‐)Verdeckung = Ein Objekt, das ein anderes verdeckt, wird als näher empfunden ‐ Relative Größe = Größere Objekte erscheinen näher ‐ Bewegungsparallaxe (Gibson, 1950) Konvergenz = Okulomotorischer Faktor; Stellung der Augen zueinander ist bei nahen Objekten anders als bei weit entfernten Objekten; Winkel am Fixationspunkt ist bei nahen Objekten größer als bei fernen Objekten; Spannung der Augenmuskeln wird bei Entfernungsschätzung berücksichtigt Akkomodation = Okulomotorischer Faktor; Anpassung der Linse an Entfernung der Objekte; flacher bei entfernteren Objekten, bauchiger bei nahen Objekten; Akkommodationsgrad der Linse (Spannungsgrad der Muskeln, die die Form der Linse verändern) wird bei Entfernungsberechnung berücksichtigt Tiefenwahrnehmung = beruht auf monokularer (Linienverläufe, Texturgradienten etc.) & binokularer Information; Wahrnehmung der Konvergenz und Akkommodation ergänzen die Tiefeninformation Information außerhalb des Horopters fällt auf unterschiedliche Stellen auf Netzhaut  Querdisparation  Information über die Entfernung eines Objekts Größenkonstanz = Gleich große Objekte werden in unterschiedlicher Entfernung als gleich groß wahrgenommen, obwohl die Netzhautbilder unterschiedlich groß sind  Annahme: Mensch rechnet mit Formel S = D * tan(w); Ist die Größe bekannt, kann die Distanz aus D = S / tan(w) berechnet werden Mondtäuschung = Mond wird am Horizont als größer wahrgenommen als im Zenith Ames‘scher Raum = gleich große Personen sehen in gegenüberliegenden Seiten des Raumes unterschiedlich groß aus Größenwahrnehmung beruht auf der Wahrnehmung der Entfernung eines Objekts und der relativen Größe auf der Netzhaut Gelingt uns die Einschätzung der Entfernung nicht, so kommt es zu Täuschungen in der Größenwahrnehmung 5. Vorlesung ‐
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Probleme der Objektwahrnehmung = Zuordnung des Objekts; Unterscheidung ähnlicher Objekte; Objektkonstanz trotz veränderlichem Betrachtungswinkel Wie unterscheiden wir verschiedene, einander ähnliche Objekte? Wie erkennen wir die Identität von Objekten, die wir aus verschiedenen Perspektiven wahrnehmen? Woher wissen wir, welche Teile zu einem Objekt gehören? Thorpe, Fize & Marlot (1996): VP wurden für kurze Zeit (50 ms) Bilder dargeboten, in denen in 50% der Fälle ein Tier enthalten war; mussten auf Tiere durch Loslassen einer Taste so schnell wie möglich reagieren  Schon nach 150 ms zeigt sich im ERP ein Unterschied (blau) zwischen Tier‐ (grün) und Nicht‐Tier‐ (rot) Durchgängen  Wahrnehmungsprozesse laufen mit sehr hoher Geschwindigkeit ab ‐ 50‐80 ms: In V1 werden Kanten extrahiert 10
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‐ 80 ms: Gehirn hat bereits entschieden, ob ein Tier auf dem Bild sichtbar ist ‐ Dies entspricht ca. 5‐8 Synapsen (Verarbeitungsschritten) Gestaltpsychologie = Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile Gestaltgesetze = Organisationsprinzipien der Wahrnehmung Prinzip der Prägnanz (der guten Gestalt) = Jedes Reizmuster wird so gesehen, dass die resultierende Struktur so einfach wie möglich ist Prinzip der Ähnlichkeit = Ähnliche Objekte werden zusammengefasst Prinzip der Nähe = Dinge, die sich nahe beieinander befinden, werden zusammen gruppiert Prinzip der guten Fortsetzung = Linien werden tendenziell so gesehen, als folgten sie dem einfachsten Weg Prinzip des gemeinsamen Schicksals Prinzip der Bedeutsamkeit Figur‐Grund Trennung = Einige Objekte in der Umgebung scheinen hervorgehoben, während andere im Hintergrund bleiben Prinzip der Geschlossenheit = Wir neigen dazu, nicht‐geschlossene Figuren als geschlossen wahrzunehmen Prinzip der Symmetrie = Wir neigen dazu, Objekte als eine Figur wahrzunehmen, wenn die Teile spiegelbildlich sind Kritik = Oft unklar, was tatsächlich die einfachste Figur ist; erlaubt keine eindeutigen Vorhersagen Figur und Grund = Figur oder Grund zu sein, ist eine im Wahrnehmungsprozess produzierte Eigenschaft von Teilflächen zweidimensionaler Reizkonfigurationen; es ist die globale Reizstruktur, nach der sich die Zuweisung von Figur und Grund richtet Figur = wirkt dinghafter; wird als "vor" dem Hintergrund wahrgenommen; Konturen, die die Figur umgeben, scheinen zur Figur zu gehören Hintergrund = wird als ungeformtes Material wahrgenommen Vecera et al. (2002): ‐ Darbietung 150ms; AV: Häufigkeit Schwarz/Weiß als Figur zu sehen  Links 75% schwarz als Figur; Rechts 50% schwarz als Figur ‐ Darbietung 30s; AV: Häufigkeit des Wechsels zwischen Figur – Grund  Links: 84% schwarz als Figur; Rechts: beliebiger Wechsel Faktoren, die beeinflussen, was wir als Figur wahrnehmen = untere Teile eines Bildes werden häufiger als Figur gesehen; Symmetrie, Größe, Ausrichtung und Bedeutung beeinflussen die Wahrnehmung einer Figur Objektwahrnehmung in Stufen: ‐ Stufe der präattentiven Verarbeitung = Identifikation von Elementarmerkmalen ‐ Stufe der aufmerksamkeitsabhängigen Verarbeitung = Integration der Elementarmerkmale Verschiedenen Theorien unterscheiden sich hinsichtlich der Annahme, welche Elementarmerkmale wahrgenommen werden: ‐ Bela Julesz (1981): Texturen ‐ Anne Treisman (1987): Linienbögen, Linienneigungen, Farbe, Linienendpunkte, Bewegungen ‐ Irving Biederman: Geone ‐ David Marr: Analyse der Objektbegrenzungen (z.B. Kanten) Julesz: Texturbereiche; Textur (a) & (b) werden präattentiv wahrgenommen; sie unterscheiden sich in den Elementarmerkmalen der Texturen (Orientierung & Linienkreuzung) Treisman: Merkmalsintegrationstheorie; Unterscheidung zwischen präattentiver und attentiver Verarbeitung ‐ „O“ wird mühelos unter den „V“s (Distraktoren) gefunden; Dauer der Suche ist unabhängig von Anzahl der Distraktoren ( Annahme der parallelen, aufmerksamkeitsunabhängigen Suche) ‐ „R“ wird unter „Q“s und „P“s nicht sofort gefunden; erhöht man die Anzahl der Distraktoren, verlängert sich die Zeit bis zur Entdeckung des Zielreizes ( Annahme der seriellen, aufmerksamkeitsabhängigen Suche) 11
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 zunächst werden präattentiv Elementarmerkmale identifiziert, die dann auf der nächsten Stufe aufmerksamkeits‐abhängig kombiniert werden Biederman: Geon‐Theorie; Geone als Elementarmerkmale; 36 unterschiedliche Elementarkörper (Geone); Durch Kombination dieser Geone lässt sich jedes beliebige Objekt repräsentieren ‐ Extraktion von Kanten  Überzufällige Merkmale / Zerlegung nach Konkavität  Bestimmung der „Geone“  Vergleich mit Repräsentationen  Zuordnung nach Ähnlichkeit ‐ Kantenbild für Objekterkennung ist nahezu immer ausreichend (Farb‐ und Oberflächeninformationen sind relativ unwichtig) ‐ Beseitigung von Konkavitäten verhindert die Geonsegmentierung und macht Objekterkennung sehr schwierig Marr: Verstehen komplexer Informationsverarbeitung in Wahrnehmung; alles, was wir wahrnehmen, wird irgendwo im Gehirn berechnet; 3 Ebenen: ‐ Was wird repräsentiert & wie geschieht dies? ‐ Wie kann diese Berechnung implementiert werden (Algorithmus, Input, Output)? ‐ Wie lässt sich dies physikalisch implementieren (mit der gegebenen Gehirn‐Hardware)? Abbild repräsentiert die Intensität an jedem Punkt Primal Sketch = wichtige Merkmale werden extrahiert (Ecken, Kanten, geschlossene Formen)  primäre Rohskizze 2 ½ D Sketch = Tiefeninformation wird miteinbezogen und Primitiva gruppiert  Flächen der Objekte 3‐D Modell = ganze Formen werden in hierarchischer Weise organisiert  bewusste Wahrnehmung eines Objekts hebt Bedeutung der Kanten hervor; fehlt diese Information, ist Bild nicht mehr zu erkennen (nur hohe Ortsfrequenzen reichen nicht aus) Hauptproblem der Objekterkennung = Frage der Bindung, d.h. wie löst das System die Frage, welche Teile zu welchem Objekt gehören? ‐ Erkennen anhand von Textonen (Elementarmerkmal: Blobs) ‐ Erkennen anhand elementarer Teilkörper (Elementarmerkmal z.B. Kreisform) ‐ Erkennen anhand elementarer Merkmale (Elementarmerkmal z.B. Linien und rund) ‐ Erkennen anhand der Analyse der Begrenzungen (Elementarmerkmal: Blobs, Kanten) Objektwahrnehmung ist natürlich von den visuellen Reizen abhängig, aber auch von kognitiven Faktoren Das visuelle System konstruiert die Umwelt so, wie sie am wahrscheinlichsten ist Zusammenfassung Wahrnehmung: ‐ Wahrnehmung ist ein konstruktiver Prozess, durch den die von den Sinnesorganen aufgenommene Information bedeutungshaltig verarbeitet wird ‐  Wie sehen die elementaren visuellen Enkodierungsprozesse aus, was sind die Basismerkmale des Wahrnehmungsvorgangs? ‐ Die Psychophysik beschäftigt sich mit der Frage, wie eine physikalische Reizgröße in eine psychologische Empfindung transformiert wird ‐ Neben der Sensitivität des Sinnesorgans (d‘) beeinflussen Entscheidungskriterien des Beobachters (c) die Äußerung einer Empfindung ‐ Die Signalentdeckungstheorie erlaubt beide Einflussgrößen zu trennen ‐ Neurophysiologisch zeigt sich, dass mit zunehmender kortikaler Verarbeitung eine zunehmende funktionale Neuronenspezialisierung einsetzt, die bedingt, dass Reizeigenschaften im Gehirn verteilt verarbeitet werden ‐ Temporal: Objekterkennung ‐ Parietal: Objektlokation ‐ Farbwahrnehmung beruht nach der Dreifarbentheorie auf 3 unterschiedlichen Rezeptorsystemen (Retina); nach der Gegenfarbtheorie auf antagonistisch wirkenden Gegenfarbzellen (CGL) ‐ Raumwahrnehmung resultiert aus der Verarbeitung monokularer, binokularer und bewegungsinduzierter Tiefenkriterien 12
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Die genauen Prozesse der Objektwahrnehmung sind bis heute nicht bekannt. Entsprechend gibt es verschiedene Theorien der Objektwahrnehmung: ‐ Gestaltwahrnehmung: Bedeutung der Organisation von Einzelelementen; durch diese Organisation entstehen Eigenschaften, die in den Einzelelementen nicht enthalten sind ‐ Diese Annahmen werden in neueren Theorien der Objektwahrnehmung aufgegriffen ‐ Kern der neueren Theorien der Objektwahrnehmung ist die Verarbeitung in Stufen 6. Vorlesung ‐
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Feature Integration Theory = nach Treisman & Gelade (1980); Visuelle Verarbeitung; „Attention is the ‚glue‘ that binds together the features perceived at the same location“; Aufgaben der Aufmerksamkeit = Information, die für unser momentanes Ziel relevant ist, wird beachtet; für das Ziel störende Information wird nicht zur Verarbeitung ausgewählt (?); Handlungssteuerung (nicht perzeptive Selektion) Handlungssteuerung = nicht nur Auswahl von Information, sondern z.B. auch Auswahl der Reaktionen Problem der Aufmerksamkeit = „How to allow the behavior to be controlled by the right information at the right time to the right object in the right order“ (Styles, 1997, 118)  Um die Mechanismen der selektiven Aufmerksamkeit zu verstehen, sollte der Kontext von Handlungen einbezogen werden Merkmale der selektiven Aufmerksamkeit = selektiv, begrenzt (pro Zeiteinheit wird nur ein kleiner Teil der Information ausgewählt), kann willkürlich und unwillkürlich auf Informationen gerichtet werden Zentrale Frage der selektiven Aufmerksamkeit = Auf der Basis welcher Mechanismen wählt das System spezifische Informationen aus und beachtet diese? Klassische Ansätze der selektiven Aufmerksamkeit: Gegeben ein spezifisches Selektionskriterium ‐ wie entfaltet sich die Wirkung? ‐ (a) Frühe Selektion versus späte Selektion? Bei lokaler Selektion kann die Auswahl schon auf einer sehr frühen Verarbeitungsstufe stattfinden; inhaltliche Selektion ist immer an eine partielle Identifikation der Reizinformation gebunden ‐ (b) Ist die Selektion der Information ein Alles‐Oder‐Nichts‐Prinzip oder eine differentielle Bewertung des jeweiligen Informationsangebots? ‐ (c) Wird die irrelevante Information gehemmt oder die relevante Information verstärkt? Experimentelle Paradigmen zur Untersuchung der selektiven Aufmerksamkeit Wie weit wird der nicht zu beachtende Teil der Information verarbeitet? Annahme 1: Irrelevantes Material wird nur so weit analysiert, dass seine physikalischen Merkmale bestimmt werden können, dann wird seine Verarbeitung eingestellt Dichotisches Hören = auch Cocktail‐Party‐Effekt; nach Cherry (1953) Split‐Span Paradigma = nach Broadbent (1954) Paradigma des dichotischen Hörens = Inhaltliches Nachsprechen (shadowing) einer der beiden Nachrichten bedingt, dass ‐ (a) Beobachter gezwungen ist, seine Aufmerksamkeit voll auf nachzusprechenden Text zu konzentrieren ‐ (b) der VL kontrollieren kann, ob der Proband die Selektionsinstruktion befolgt Ergebnisse: Bzgl. des nachgesprochenen Textes: idR sind VP in der Lage, relativ fehlerfrei beschatteten Text nachzusprechen Bzgl. des Sekundär‐Textes: VP bemerkten, dass eine andere Stimme zu hören war, ob ein Wechsel zwischen Frauen‐ und Männerstimme stattgefunden hat, dass ein Signal, z.B. ein Pfiff, zu hören war; VP waren nicht in der Lage sich an Inhalte zu erinnern, die Sprache zu erkennen, in der Nachricht abgefasst worden war, sinnvolle, gesprochene Sprache von sinnlosem Material zu unterscheiden Interpretation von Broadbent (1958): Aufgrund physikalischer Reizmerkmale (z.B. Reizort, Ohr, Frequenz usw.) wird zwischen relevanter & irrelevanter Reizinfo getrennt; die Information wird auf einer frühen Verarbeitungsstufe nach dem Alles‐Oder‐Nichts‐Prinzip verarbeitet Filtertheorie der Aufmerksamkeit = nach Broadbent (1958) 13
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Party‐Phänomen = Wieso können wir jedoch persönlich bedeutsame Informationen trotzdem hören? Moray (1959) &Treisman (1960) = wir betätigen nicht einfach einen Schalter, mit dem wir die irrelevante Information abschalten können Treisman (1960): Shadowing‐Experimente mit Wechsel des Textes auf die Seite der nicht‐beachteten Information  ca. 6% der VP wechseln auf Information auf nichtbeschattetem Ohr; spielt man auf nicht‐
beschatteter Seite Namen der VP ein, so wird dies ebenfalls wahrgenommen; je ähnlicher die beiden Texte einander sind, desto mehr Fehler treten beim Wiederholen des nachzusprechenden Textes auf  nicht‐
beachtete Information wird zumindest zu einem kleinen Teil semantisch (inhaltlich) verarbeitet  spricht gegen Alles‐Oder‐Nichts‐Prinzip! Attenuation‐Theorie der Aufmerksamkeit = nach Treisman & Geffen (1967) Theorie der späten Selektion = nach Deutsch & Deutsch (1963); Theoretische Konsequenzen: alle Information wird bis zu einem bestimmten Grad analysiert; erst dann setzt Selektion ein, durch die Information ausgewählt wird; Selektionskriterium: momentanes Handlungsziel; Selektion der relevanten Information findet parallel (nicht seriell) zu einem späten Zeitpunkt der Verarbeitung statt ‐
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Frühe vs. späte Selektion unter Load: Lavie (1995): Perceptual Load Hypothesis; Hypothese: Die für Verarbeitung des relevanten Stimulus notwendige Kapazität determiniert Fähigkeit, die irrelevanten Distraktoren semantisch zu verarbeiten (late selection): Set Size 1: Zielreiz beansprucht wenig Kapazität (low load) Set Size 6: Zielreiz beansprucht viel Kapazität (high load)  die irrelevanten Distraktoren stören in S1, nicht in S6  high load: Distraktoren stören nicht; low load: Distraktoren stören Lavie (2005): Memory Load; dreht Effekt um: hohe Gedächtnisbelastung führt zu mehr Störung Orts‐ vs. Objektbasierte Selektion: Kapazität der Aufmerksamkeit ist begrenzt. Ort der Selektion wird durch Kontext (z.B. Load) der Aufgabe bestimmt  es kann keine definitive Entscheidung zwischen früher & später Selektion geben Aufmerksamkeit ≠ foveale Verarbeitung Helmholtz (1894): Augen auf Fixationskreuz gerichtet; Blitzlicht, das einen Ausschnitt des Bildschirms beleuchtete  Verdeckte Aufmerksamkeit “offene” (d.h. von außen beobachtbare) Aufmerksamkeitszuwendung durch Augenbewegungen “verdeckte” (nicht direkt beobachtbare) Aufmerksamkeitszuwendung ohne Augenbewegung Ortsbasierte visuelle Aufmerksamkeit Zentrale Frage: Nach welchen Kriterien wird die relevante Information in der Umwelt ausgewählt? Paradigmen: (a) Flankierreize (Eriksen & Eriksen, 1974) (b) Räumliches Cueing‐Paradigma (Posner, 1980) Eriksen & Eriksen (1974): Annahme eines größenveränderlichen Aufmerksamkeitsspots; Ortscue verringert Interferenz inkompatibler Flankierreize, je mehr Zeit zur Verfügung steht; Fokussierung des Targets durch Einengung eines größenveränderlichen Aufmerksamkeitsspots (Gummilinse) Posner et al. (1980): räumliches Cueing‐Paradigma; es wird ein zusammenhängender Bereich des Raumes beachtet (= ortsbasierte Aufmerksamkeit) Posner et al. (1980): Exogenes und endogenes Cueing; Augenfokussierung auf Mitte des Bildschirms; dann peripherer Hinweisreiz (z.B. Luminanzveränderung); valider vs. invalider Trial; Variiert wird jeweils die Zeit zwischen dem Erscheinen des Cues und dem Zielreiz (valide / invalide; CSI 100 – 500ms); bereits vor Augenbewegung zeigt sich ein RT‐Gewinn für den peripheren Cue  Hauptergebnisse: ‐ RZ (valide) < RZ (neutral) < RZ (invalide) ‐ Bei zentralen Cues nur, wenn diese informativ sind 14
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‐ Bei peripheren Cues auch dann, wenn sie uninformativ sind Zentrale Cues: langsam, träge (Latenz > 200 ms), Aufmerksamkeitszuwendung bleibt relativ lange aufrechterhalten (> 500 ms); willentlich kontrolliert Periphere Cues: schnell (Latenz ~ 50‐200ms), Aufmerksamkeitszuwendung bleibt nur kurz aufrechterhalten; nach ca. 300ms gegenteiliger Effekt („Inhibition of Return“); automatisch reflexiv Inhibition of Return: Reaktionszeit ist verlangsamt, da ein Ort, der gerade beachtet wurde, gehemmt wird  Annahme: Nicht der Ort ist für die Selektion relevant, sondern das Objekt Neisser & Beckelen (1975): gleicher Ort, unterschiedliche Objekte Eine Unterscheidung zwischen orts‐ & objektbezogener Aufmerksamkeit ist schwierig, da sich jedes Objekt immer an einem spezifischen Ort befindet Duncan (1984): Präsentation ca. 80ms; Manipulation von 4 Merkmalen: ‐ Linie: Neigung links vs. rechts ‐ Linie: gepunktet vs. gestrichelt ‐ Box: klein vs. groß ‐ Box: Öffnung links vs. rechts Aufgabe der VP: Entweder nur Reaktion auf ein Objekt (z.B. die Box) oder auf zwei verschiedene Objekte (Box und Linie) & entweder Reaktion auf ein oder auf zwei Merkmale in Folge Bezieht sich die Antwort auf das gleiche Objekt, so unterscheidet sich WS eines Korrekt‐Urteils zwischen einem oder zwei abzugebenden Urteilen nicht Bezieht sich die Antwort auf zwei verschiedene Objekte (am gleichen Ort), so werden signifikant weniger Korrekt‐Urteile bei den Zweiturteilen gegeben  Aufmerksamkeit scheint objekt‐, nicht ortsbezogen, da sich die Objekte am gleichen Ort befanden ‐
Zusammenfassung Aufmerksamkeit: ‐ Visuelle Aufmerksamkeit ist nicht notwendigerweise mit fovealer Verarbeitung gleichzusetzen ‐ Es wird zwischen willentlicher (endogener) und automatischer (exogener) Selektion unterschieden ‐ Selektion findet auf Basis ortsbasierter Information statt, wobei z.B. Duncan (1984) nachweist, dass objektbezogene Informationsselektion stattfinden kann ‐ Neglekt = Beeinträchtigung im hinteren Parietallappen (oft rechtsseitig); visuell präsentierte Stimuli kontralateral zur geschädigten Seite können idR nicht erkannt und nicht erinnert werden. Oft wird auch die kontralaterale Körperhälfte ignoriert ‐ Posner et al. (1990): 3 separate Fähigkeiten zur Kontrolle der Aufmerksamkeit ‐ disengage: Lösen der Aufmerksamkeit von einem Ort im Raum  posteriorer Parietallappen (Cortex)? ‐ move: Verschieben der Aufmerksamkeit zu einem Ort im Raum  Colliculus Superior (Mittelhirn)? ‐ engage: Fixieren/Verstärken der Aufmerksamkeit an einem Ort im Raum  Pulvinar (Thalamus)? ‐ Posner & Rafal (1984): konnten zeigen, dass bei Patienten mit visuellem Neglekt Ablösung der Aufmerksamkeit (disengage) gestört ist ‐ Rafal & Posner (1987): Patienten mit Läsionen in Regionen des Thalamus (Pulvinar) zeigten Beeinträchtigungen bei Aufmerksamkeitsaufrechterhaltung ‐ Patienten mit Läsionen im Bereich des Superioren Colliculus: Beeinträchtigungen bei Aspekten, die mit Augenbewegungen einhergehen ‐ Inzwischen Annahme, dass es sich um eine Störung der objektgebunden Aufmerksamkeit handeln könnte Driver & Mattignley (1998): Priming‐Studie, bei der im kontraläsional visuellen Halbfeld eine sinnvolle Zeichnung, im ipsiläsionalen Strichlinien eingeblendet wurden; danach: Lesen eines zentral dargebotenen Wortes  Semantische Beziehung zwischen Objekt und Wort führt zur schnelleren Identifikation (Wort oder Nicht‐Wort); aber: Identität der Objekte kann nicht identifiziert werden (Welches Objekt ist identisch?) ‐  Befunde sprechen für implizite semantische Verarbeitung (d.h. die Objektidentität wird aktiviert) von linksseitig dargebotenen (vernachlässigten) Objekten bei Patienten mit einer rechtsseitigen parietalen Läsion ‐  Neglekt beruht auf einer Beeinträchtigung der Fähigkeit, die Aufmerksamkeit von einem fokussierten Ort/Objekt wieder abzuziehen ‐ Aufgaben der Aufmerksamkeit: ‐ Selektion ‐ Integration 15
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Handlungssteuerung A u s w a h l &
O r g a nisatio n
B e g re
n zte
A u s w a h l &
O r g a nisatio n
A u s w a h l &
O r g a nisatio n
F il
A n a l yse
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A n a l yse d es
v er bale n
A n a l yse d es
W a h r n e h m
A u f m e r k sa m k eits
filter auf d er
Informationsinput
Alles-oder-Nichts-Prinzip
Broadbent
Informationsinput
Attenuation-Theorie
Treisman & Geffen
Informationsinput
Theorie der späten
Selektion
Deutsch & Deutsch
Zusammenfassung Müsseler 1. Viseuelle Wahrnehmung 1.1 Einleitung: Fragen der visuellen Wahrnehmungsforschung ‐ Wie werden die Informationen unserer distalen Umwelt aufgenommen und verarbeitet? Wie entsteht aus ihnen Wahrnehmung, die unser Erleben und Verhalten maßgeblich begründet? ‐ Oft auch Vorstellung, dass alle menschlichen Erkenntnisse und Einsichten auf sensorischen Erfahrungen beruhen, also durch Wahrnehmungsprozesse erst zustande kommen ‐ Wahrnehmen als Grundfunktion aller psychischen Funktionen (Sonderstellung der Wahrnehmung) ‐ Trügerischer Eindruck, dass sich Wahrnehmung weitgehend passiv vollzieht ‐ Oft wird visuelles Wahrnehmen mechanistisch aufgefasst und mit den Vorgängen einer Kamera verglichen, die ja auch ein Abbild der Umwelt erzeugen kann (Auge als Kamera) ‐ Descartes (17. Jhd): untersuchte systematisch das Abbild unserer Umwelt auf der Netzhaut ‐ Kameraanalogie: veränderliche Brennweite der Linse, Blende bzw. Pupille und belichtungsempfindlicher Film bzw. Netzhaut unterscheiden sich zwar in Aufbau, erfüllen aber ähnliche Funktionen ‐ Seiten‐ und höhenverkehrtes Abbild ‐ Hauptsächliche Wahrnehmungsleistung findet erst im Gehirn statt (Analyse‐ und Verarbeitungsprozesse) ‐ Auge versorgt uns mit sensorischen Rohmaterialien, anschließend werden diese verarbeitet ‐ Aufnahme und Beschaffenheit der Rohdaten wichtig: ‐ Wie sehen die elementaren visuellen Enkodierungsprozesse aus, was sind die Basismerkmale des Wahrnehmungsvorgangs? ‐ Wie werden die Orientierungen einfacher Linien, Winkel und Farben enkodiert? ‐ „frühe“ visuelle Verarbeitung (early vision): Anteil an reizgetriebenen Mechanismen ist relativ hoch ‐ Reizgetriebene Verarbeitung = bottom‐up‐Verarbeitung; durch einen Reiz ausgelöste und dann weitgehend automatisch ablaufende Prozesse, die von den mehr kognitiven Funktionen (Gedächtnis, Lernen, usw.) wenig beeinflussbar sind ‐ Datengeleitete Verarbeitung = top‐down‐Verarbeitung; mit zunehmender Verarbeitungstiefe nimmt der Anteil von kognitiven Funktionen am Wahrnehmungsprozess zu ‐ Einfluss des Kognitiven in unterschiedlichem Ausmaß auf nahezu allen Verarbeitungsstufen nachweisbar ‐ Wie werden Objekte voneinander abgegrenzt? Wie werden Objekte identifiziert und kategorisiert? ‐ Probleme der Objekterkennung und der Organisation in der Wahrnehmung ohne kognitive Komponente nicht erklärbar ‐ Wahrnehmen ist immer auch eine Interpretation der Rohmaterialien ‐ Wie werden räumliche Distanzen und Tiefe wahrgenommen? Wie vollzieht sich die Wahrnehmung von Bewegung? (sowohl eine „frühe“ als auch eine „späte“ Komponente) ‐ Wahrnehmung ist kein passives Aufnehmen von Information, sondern vollzieht sich aktiv 16
‐ Rein phänomen‐orientiertes Vorgehen ist gerade in Allgemeiner Psychologie weit verbreitet 1.2 Das Auge und die visuellen Verarbeitungspfade ‐ Wahrnehmungspsychologische Fragen werden heute eng verknüpft mit Fragestellungen der Sinnes‐ und Neurophysiologie ‐ Nahezu die Hälfte des Neocortex ist durch visuelle Reizung stimulierbar und diese Areale sind zumindest mittelbar am Wahrnehmungsprozess beteiligt ‐ Neurophysiologie des Sehens, daraus abzuleitende grundlegende sensorische Verarbeitungsprinzipien der Retina und nachfolgende (cortikale) Verarbeitungspfade 1.2.1 Die Retina ‐ Auge gleicht in seinen Funktionsmerkmalen einer Kamera ‐ Einfache Störungen (z.B. Weit‐, Kurzsichtigkeit) können mit einfachen physikalischen Gesetzmäßigkeiten der Lichtbrechung erklärt und korrigiert werden ‐ Ca. 126 Millionen Photorezeptoren, unterschiedlich licht‐ und farbempfindlich ‐ Stäbchen (rods) = 120 Millionen; hohe Lichtempfindlichkeit ‐ Zapfen (cones) = 6 Millionen; weniger lichtempfindlich, farbempfindlich, höhere räumliche und zeitliche Auflösung ‐ Skotopisches Sehen = in Dunkelheit nehmen wir nur achromatische Farben (weiß, grau, schwarz) wahr ‐ Photopisches Sehen = tagsüber: chromatisches Farbsehen der Zapfen (blau, rot, grün) ‐ Verteilung der Stäbchen und Zapfen im Gesichtsfeld sehr unterschiedlich ‐ Fovea centralis = Zapfendichte am höchsten; macht nur ca. 2° des gesamten Gesichtsfeldes aus ‐ Zapfendichte nimmt mit zunehmender Exzentrität vom Fixationspunkt deutlich ab, relative Dichte der Stäbchen steigt ‐ Bereits auf der Retina werden erste verschiedenartige neuronale Verschaltungen zwischen den Stäbchen bzw. Zapfen einerseits und den Zwischenneuronen und Ganglienzellen andererseits wirksam ‐ Zwischenneurone = Amakrin‐, Bipolar‐ und Horizontalzellen ‐ Rezeptiven Felder der Ganglienzellen überlappen sich ‐ In den aus dem Auge austretenden Zellen findet man eine erste funktionale Spezialisierung in M‐Typ‐
(magnozellulär‐) und P‐Typ‐(parvozellulär‐)ähnliche Zellen ‐ M‐Typ‐(magnozellulär‐)ähnliche Ganglienzellen = vergleichsweise große rezeptive Felder, antworten auf grobe achromatische Reizung mit einer schnellen transienten Aktivierung ‐ P‐Typ‐(parvozellulär‐)ähnliche Ganglienzellen = kleine rezeptive Felder, antworten auf eine fein achromatische und auf chromatische Reizung mit einer langsamen tonischen Aktivierung ‐ Zellunterscheidung wird bis zu cortikalen Projektionsarealen beibehalten ‐ Licht durchdringt zunächst (durchsichtige) Ganglien‐ und Zwischenneuronenschicht der Retina, bevor es auf die lichtsensitive Schicht der Photorezeptoren (Stäbchen & Zapfen) trifft 1.2.2 Die Bahn des Sehnervs zwischen Auge und Cortex ‐ Sehbahnen der temporalen Retinahälften verlaufen nach dem Austritt aus dem Auge ungekreuzt ‐ Sehbahnen der nasalen Retinahälften kreuzen im Chiasma opticum die Hemisphäre, sodass das jeweilige Gesichtsfeld kontralateral projiziert wird ‐ Ca. 10% des Sehnervs ziehen in Colliculus superior (CS); restliche Anteile entsenden hauptsächlich Fasern zum Corpus geniculatum laterale (CGL) ‐ Colliculus superior (CS) = Region, die maßgeblich an der Steuerung von Blickbewegungen beteiligt ist ‐ Corpus geniculatum laterale (CGL) = Struktur unterhalb des eigentlichen Thalamus, 2 retinotop organisierte magno‐ und 4 parvozelluläre Zellschichten ‐ magnozelluläre Läsionen  starke Einbußen in Bewegungswahrnehmung ‐ parvozelluläre Läsionen  verhindert Wahrnehmung von Farbe, feiner Texturen, Formen & räumlicher Tiefe 1.2.3 Der primäre visuelle Cortex ‐ Neurone aller Schichten des CGL projizieren zum visuellen Cortex im Okzipitallappen ‐ Primärer visueller Cortex (V1, area striata, Brodmann‐Area 17) = gestreifter Aufbau; 9 Schichten (1, 2, 3, 4A, 4B, 4Cα, 4Cβ, 5, 6); räumlich retinotope Organisation der Zellen; fovealer Region wird weit mehr Platz eingeräumt als den peripheren Regionen (cortikaler Vergrößerungsfaktor) ‐ Magnozelluläre CGL‐Schichten = projizieren größtenteils zur Schicht 4Cα, welche wiederum Fasern zur Schicht 4B (einfache Zellen, z.T. bewegungssensitiv, reagieren auf Orientierung) entsenden 17
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Parvozelluläre CGL‐Schichten = entsenden Fasern zur Schicht 4Cβ, die wiederum die Schichten 2 & 3 (komplexe Zellen, insbesondere Zellen der parvozellulären Blob‐Bahn, farbsensitiv) innervieren ‐ Parvozelluläre Blob‐Bahn = komplexe Zellen, farbsensitiv ‐ Parvozelluläre Interblob‐Bahnen = komplexe Zellen, richtungs‐ und formsensitive Zellen für Reize einer bestimmten Orientierung; weniger positionsrestriktiv als einfache Zellen (ihr Zelltuning ist relativ unabhängig davon, wo der Reiz das rezeptive Feld durchstreicht) ‐ Endinhibierte Zellen (hyperkomplexe Zellen) = reagieren sensitiv auf sich bewegende Ecken und Winkel einer bestimmten Länge ‐ je weiter man sich von Retina entfernt, desto spezialisierter reagieren die einzelnen Neurone auf spezifische Reizeigenschaften ‐ Zellen von V1 als erste Merkmalsdetektoren 1.2.4 Die weiteren cortikalen Verarbeitungspfade ‐ Weitere Verarbeitung im extrastriaten visuellen Cortex verläuft durch Areale V2 bis V5 ‐ V5 = mediotemporales Areal (MT) ‐ Verarbeitungsfluss verläuft nicht strikt seriell; spätestens ab V3 bzw. V4 teilt sich der parvo‐ und magnozelluläre visuelle Informationsfluss in einen temporalen (ventralen) und einen parietalen (dorsalen) Verarbeitungspfad ‐ Temporaler Pfad = ventral; „Was‐Pfad“; Funktion der (bewussten) Objekterkennung; neuronale Kodierung von Objektmerkmalen; Farbverarbeitung (insbesondere in V4) ‐ Parietaler Pfad = dorsal; „Wo‐Pfad“ / „Wie‐Pfad“; Funktion der Objektlokalisation; (nicht notwendigerweise bewusste) visuelle Steuerung von Handlungen; stellt sozusagen online diejenigen visuellen Informationen zur Verfügung, die für die visuelle Kontrolle von Handlungen benötigt werden; betrifft räumliche Position von Objekten und Information über die Richtung und Geschwindigkeit von bewegten Objekten (insbesondere in MT/V5) ‐ Neurone im inferotemporalen Cortex reagieren besonders auf komplexe visuelle Reize (Hände, Gesichter) ‐ Analyse der Objektmerkmale, die für Identifikation und Wiedererkennen von Objekten notwendig ist, findet unabhängig von Analyse derjenigen Objektmerkmale, die es einer Person erlauben, ein Objekt zu greifen, statt (umstrittene Theorie) ‐ Befunde, die schon frühe Interaktion zwischen dorsalem und ventralem Pfad belegen ‐ Rossetti & Pisella (2002): beiden Verarbeitungspfade repräsentieren ein sensomotorisches & ein kognitiv‐
sensorisches System, die je nach Stimulus‐ & Responsetyp & deren zeitlicher Verkopplung zum Einsatz kommen ‐ Mit zunehmender cortikaler Verarbeitung findet man in entsprechenden Hirnregionen zunehmende funktionale Neuronenspezialisierung; geht umgekehrt proportional einher mit Größe der zugehörigen rezeptiven Felder ‐ Ganglienzellen der Retina antworten auf unspezifische Lichtreizung innerhalb einer eng umgrenzten Netzhautregion ‐ Zellen der V1 antworten bei größer werdenden rezeptiven Feldern z.B. nur auf Lichtstreifen einer bestimmten Orientierung ‐ Im inferotemporalen Cortex bevorzugen die Zellen sogar höchst komplexe Reizeigenschaften, die relativ unabhängig vom Ort der retinalen Stimulation sind ‐ Folge der zunehmenden Spezialisierung: verteilte Kodierung von Reizeigenschaften in verschiedenen Hirnregionen Zusatz: Bildgebende Verfahren zur Untersuchung von Hirnprozessen ‐ Positronenemmissionstomographie (PET) = Messung von radioaktiven Markersubstanzen, die zuvor in Blutkreislauf injiziert wurden; radioaktiv markierte Stoffwechselsubstanzen werden verstärkt in metabolisch aktiven Zellen verbraucht (Zellen, die an jeweiligem kognitiven Prozess beteiligt sind)  Positronendetektor zählt emittierte Partikel, sodass Computer Orte stärkster und schwächster Strahlung bestimmen kann; niedrige zeitliche Auflösung (ca. 10s), hohe räumliche Auflösung (mm‐Präszision) ‐ Funktionelle Kernspin‐/Magnetresonanztomographie (fMRI) = Veränderungen magnetischer Felder; H‐
Atome durch starkes statisches Magnetfeld parallel zu Feldlinien des Magnetfelds; daneben: kleines, radiofrequentes Feld; wenn Neurone aktiv werden, ändern sich Sauerstoffverbrauch im Bluthämoglobin, was sich wiederum auf Eigenschaften des magnetischen Feldes auswirkt; zeitliche Auflösung: ca. 1s (Trägheit des Wechsels im Blutfluss), lässt sich jedoch mit autoregressiven Modellierungen erheblich verbessern; hohe 18
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räumliche Auflösung (mm) durch zusätzliches MRI (individuelle anatomische Lageinformationen werden berücksichtigt) Ereigniskorreliertes Potenzial (EKP/ERP) = erfasst alle elektrocortikalen Potenziale, die vor, während und nach einem sensorischen, motorischen oder psychischen Reiz‐ oder Reaktionsereignis im Elektroenzephalogramm (EEG) auf der Kopfoberfläche messbar sind; summierte Aktivität dieser elektrischen Prozesse; geordnete Aktivierungsmuster, die mir psychischen Vorgängen eng zusammenhängen; Muster werden nach ihrer Ausrichtung (‐ oder +) und ihrem zeitlichen Auftreten klassifiziert; gute zeitliche Auflösung, sehr schlechte räumliche Auflösung Magnetenzephalographie (MEG) = hohe räumliche Auflösung (nimmt mit zunehmender Tiefe etwas ab); nutzt Tatsache aus, dass elektrische Ströme im Gehirn magnetische Felder erzeugen; diese werden mithilfe sogenannter SQUIDs (superconducting quantum interference device) gemessen; Ausschläge extrem klein  Messort muss aufwendig und kostenintensiv abgeschirmt werden Transkranielle Magnetstimulation (TMS) = wirkt von außen auf neuronale Aktionspotenziale ein; elektrisch erzeugte Magnetfelder  Stimulation der Nervenzellen einzelner Hirngebiete (gezielt, fast schmerzlos, durch Haut und Knochen); Stimulation durch einzelne Magnetfeldimpulse Repetitive transkranielle Magnetstimulation (rTMS) = Stimulation durch Impulssalven (bis zu 100 Hz); wenn bei Hirnregionen, die für Sprache zuständig sind  Verschlechterung der sprachlichen Ausdrucksfähigkeit (für einige Minuten) Magnetstimulation über dem motorischen Cortex  Muskelzuckungen Magnetstimulation über dem visuellen Cortex  Phosphene (Lichterscheinungen); Skotome (Wahrnehmungsauffälligkeiten innerhalb des Gesichtsfeldes) 1.3 Visuelle Informationsaufnahme und ‐Verarbeitung ‐ Wahrnehmungsleistungen erörtern, interpretieren und diese im Zusammenhang mit neurophysiologischen Befunden diskutieren ‐ Psychophysiologische Leistungen des Wahrnehmungsapparates = Leistungen, die durch Einsatz entsprechend objektivierbarer Methoden validiert worden sind 1.3.1 Visuelle Sehschärfe und Sensitivität ‐ Räumliche Auflösungsfähigkeit des visuellen Systems gilt als recht hoch (steigt von 5 min arc bei 10° retinaler Exzentrizität bis über 1 min arc in Fovea) ‐ Sehschärfe ist abhängig vom retinalen Ort der Reizung ‐ Überlegenheit des fovealen Sehens lässt sich schon auf Retina mit der unterschiedlichen Verteilung von Stäbchen und Zapfen und deren neuronalen Verschaltungen in Verbindung bringen ‐ In der Peripherie konvergieren immer mehrere Rezeptoren auf eine Ganglienzelle (rezeptive Felder der Ganglienzelle sind entsprechend groß) ‐ Rezeptoren in fovealen Arealen sind weit dichter und weniger verschaltet (mit entsprechend kleineren rezeptiven Feldern)  höhere foveale Sehschärfe ‐ Unter bestimmten Bedingungen kann jedoch Zielreiz in Fovea weit schlechter verarbeitet werden als in Peripherie ‐ Meinecke & Kehrer (1994): kurzzeitige Darbietung in einer Textursegmentierungsaufgabe (Zieltextur mit kleineren Winkeln als übrige Winkel); regelrechter fovealer Leistungseinbruch; Entdeckbarkeit der Zieltextur stieg bis etwa 3° retinaler Exzentrizität an, verschlechterte sich dann aber wieder deutlich in Fovea ‐ Sensitivität des visuellen Systems hängt auch ab von Reizdauer und Leuchtdichte ‐ Bloch’sches Gesetz = Sehschärfe bleibt konstant, wenn mit zunehmender Reizdauer die Leuchtdichte reduziert wird (reziprokes Verhältnis) ‐ Reizenergie wird an Rezeptoren bis zu einem bestimmten Intervall zeitlich aufsummiert ‐ Räumliche Auflösungsfähigkeit des visuellen Apparates wird auch durch eine Sukzessivität in der Darbietung negativ beeinflusst ‐ Auch Adaptationszustand des visuellen Systems beeinflusst visuelles Auflösungsvermögen nachhaltig (Hell‐ & Dunkeladaptation) ‐ Optimale Sensitivität des Systems wird durch Veränderungen der Pupillengröße und durch die veränderte photochemische Lichtempfindlichkeit der Zapfen und Stäbchen erreicht ‐ Beide Rezeptorsysteme sind unterschiedlich lichtempfindlich  Dunkeladaptationskurve: Kohlrausch‐Knick (Übergang vom Zapfen zum Stäbchensehen) 19
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Sensitivitätsveränderungen sind im absoluten Schwellenbereich, aber auch im überschwelligen Bereich bei konstanter physikalischer Reizgröße beobachtbar ‐ Simultankontrast = Je nach Hintergrund wird Helligkeit von Oberflächen unterschiedlich empfunden; zusätzlich zu Mechanismen von lateraler Inhibition: cortikale Faktoren; nicht auf Graustufen beschränkt ‐ Laterale Inhibition = Lichtreizung von Rezeptoren hemmt Entladung benachbarter Rezeptoren; eher peripher ‐ Hermann’sches Gitter = auch Kontrastgitter; Kreuzungspunkte erhalten von 4 Seiten laterale Inhibition, während die übrigen Linien nur von 2 Seiten lateral gehemmt werden  ausgeprägtere laterale Inhibition lässt in Peripherie an Kreuzungspunkten dunkle Punkte entstehen 1.3.2 Farbwahrnehmung ‐ Menschliches Auge ist für Wellenlängen zwischen 400 und 700nm empfindlich ‐ „Farben“ existieren in physikalischer Außenwelt nicht, Licht wird nur mit unterschiedlicher Wellenlänge von den Oberflächen reflektiert ‐ Farbempfindung abhängig von: Wellenlänge, Intensität des Farbreizes (Helligkeit) und dessen Sättigung ‐ Menschliches Auge kann schätzungsweise 2‐7 Mio. Farbabstufungen differenzieren ‐ Begrenzte Anzahl von Neuronenpopulationen generiert ein spezifisches Aktivierungsmuster, das zur Farbwahrnehmung führt ‐ Dreifarbentheorie = jede mögliche Farbwahrnehmung kann durch eine Mischung der 3 Grundfarben (blau, rot, grün) erzeugt werden  Farbwahrnehmung beruht auf 3 Rezeptorsystemen mit jeweils unterschiedlicher spektraler Empfindlichkeit; nach Young & Helmholtz (19. Jhd.) ‐ 1980er: physiologische Bestätigung der Dreifarbentheorie durch 3 verschiedene Zapfensysteme ‐ Metamere = Erregungsverhältniss verändert sich trotz unterschiedlichem physikalischem Frequenzspektrums nicht  Empfindung bleibt gleich ‐ Gegenfarbentheorie = Rot/Grün, Blau/Gelb & Schwarz/Weiß sind antagonistisch wirkende Farbpaare  lösen jeweils Gegenfarbmechanismus aus  auf eine Farbe wird positiv, auf die andere negativ reagiert; nach Hering ‐ 1960er: physiologische Bestätigung der Gegenfarbentheorie durch Gegenfarbenzellen des CGL beim Rhesusaffen ‐ Beide Mechanismen ergänzen sich 1.3.3 Raum‐ und Tiefenwahrnehmung ‐ Visuelle Raum‐ & Tiefenwahrnehmung entsteht aus zweidimensionalen Projektionen unserer dreidimensionalen Umwelt auf die Retina 1.3.3.1 Raum‐ und Tiefenwahrnehmung bei zweidimensionalen Vorlagen ‐ Relative Ortsinformation ohne Tiefe: ‐ Entsteht bei Betrachtung einer einfachen zweidimensionalen Fläche ‐ 2 Trugschlüsse: ‐ 1) es gibt keinen & es besteht auch keine Notwendigkeit für Verarbeitungsprozess, der das seiten‐ & höhenverkehrte Abbild (Retina) „umdreht“; System lernt bestenfalls Konsistenz & Etikettierung dessen, was in unserem Sprachgebrauch als „oben“ und „unten bezeichnet wird ‐ 2) „Position as a code for position“‐Trugschluss: Annahme, dass visuell wahrgenommener Raum mit Existenz einer topographischen Gehirnkarte repräsentiert & Raumwahrnehmung als solche hinreichend geklärt ist; Erklärungs‐bedürftig: wie liest Menschenkopf bzw. Homunculus räumliche Karte aus & gelangt damit zu einem Raumeindruck? ‐ Man muss bezweifeln, dass retinotope Organisation neuronaler Karten unmittelbar metrische Informationen über die konkreten Abstände von Objekten enthält ‐ Retinale Stimulation liefert zwar Substanz für räumliche Struktur, in dem durch sie die lokalen Nachbarschaftsbeziehungen der Objekte (local receptive field structur) festgelegt wird, es bedarf aber eines zusätzlichen global operierenden Kodes (multi‐local code), um wahrgenommene Position eines Objekts zu bestimmen ‐ Einige vermuten, dass sich dieser Kode erst durch verifizierbare Blickbewegungen etabliert ‐ Tiefenwahrnehmung bei zweidimensionalen Vorlagen: ‐ Monokulare Tiefenkriterien: ‐ Linearperspektive = parallele Linien laufen in Tiefe in einem Fluchtpunkt zusammen ‐ Texturgradient = frontal parallele Linien, die gleich weit voneinander entfernt sind, erscheinen in Tiefe dichter gepackt 20
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Farbperspektive = Verblassung bzw. Verblauung von Farben mit zunehmender Tiefe Luftperspektive = atmosphärische Perspektive/Sfumato; Verschwimmen der Konturen bei sehr weiten Distanzen ‐ (Teil‐)Verdeckung = Verdeckt ein Objekt ein anderes, so wird dies als näher empfunden ‐ Relative Größe = größere Objekte erscheinen näher als kleinere Objekte, allerdings wird dies durch Lage des Horizonts modifiziert (vgl. Mondtäuschung) ‐ Bekanntheitsgrad = ist Größe eines Objekts bekannt, wirkt sich dies auf wahrgenommene Größe aus 1.3.3.2 Raum‐ und Tiefenwahrnehmung in dreidimensionalen Anordnungen ‐ Querdisparation: ‐ Jeder Punkt auf einer Netzhaut korrespondiert mit einem Punkt auf der anderen Netzhaut ‐ Horopter = virtueller Kreis, der durch den fixierten Punkt und den optischen Mittelpunkt beider Augen verläuft ‐ Objekte, die auf Horopter liegen, fallen auf korrespondierende Netzhautstellen ‐ Alle anderen Punkte außerhalb des Horopter fallen auf nichtkorrespondierende Netzhautstellen  Orte ihrer Projektion weichen im linken & rechten Auge ein wenig voneinander ab  Querdisparation ‐ Unterschiedliches Ausmaß der Querdisparation lässt unterschiedlich wahrgenommenen Entfernungen zu Objekten entstehen ‐ In V1: ersten binokularen Zellen, die nur auf Stimulation in beiden Augen reagieren ‐ Korrespondenzproblem = visuelles System muss zunächst korrespondierenden Informationen der beiden Netzhauthälften zueinander in Beziehung setzen, bevor es die Disparität feststellen kann ‐ Okulomotorische Faktoren der Raum‐ & Tiefenwahrnehmung: ‐ binokulare Tiefenkriterien: ‐ Querdisparation = berücksichtigt die beiden geringfügig unterschiedlichen Augenblickwinkel ‐ Konvergenz = Konvergenzwinkel der Augen (Stellung der Augen zueinander gemessen als Winkel am Fixationspunkt) ist bei Fixation eines nahen Objekts größer als bei Fixation eines weit entfernten Objekts ‐ Akkomodation = Anpassung der Form der Linse; bei nahen Objekten bauchiger, bei entfernten Objekten flacher ‐ Bei letzten beiden berücksichtigt visuelles System u.a. auch propriozeptive Rückmeldung von Augenmuskeln bei Tiefenberechnung  auch okulomotorische Tiefenkriterien ‐ Bewegungsinduzierte Raum‐ und Tiefenwahrnehmung: ‐ Weitere Tiefenkriterien: ‐ Durch die Bewegung der Augen verursachten charakteristischen Änderungen ‐ Okulomotorische Änderungsinformation beim Konvergieren/Divergieren & Akkomodieren ‐ Tiefeninformation in Folge von Eigenbewegung des ganzen Körpers ‐ Bewegungsparallaxe = bei Eigenbewegung „bewegt“ sich ein Objekt am Horizont langsamer & verbleibt länger im Gesichtsfeld als ein nahes Objekt ‐ Flussmuster = Bsp.: wird Punkt unterhalb des Horizont fixiert, so „bewegt“ sich Landschaft darüber mit, Landschaft darunter allerdings entgegen der Bewegungsrichtung; wenn man sich dem Fixationspunkt am Horizont nähert, ist Flussmuster ein anderes, als wenn man Fixationspunkt tiefer wählt ‐ Kriterium der zunehmenden Auf‐ bzw. Verdeckung = fährt man an nahem Objekt mit Tiefenausdehnung vorbei, so werden in unterschiedlichem Maße bisher nicht sichtbare Objektteile aufgedeckt, andere dagegen verschwinden aus unserem Gesichtsfeld 1.3.4 Bewegungswahrnehmung ‐ Bewegung ist wichtige Informationsquelle in visueller Verarbeitung (Eigen‐ & Objektbewegung) ‐ MT‐Areal; besteht zum überwiegenden Teil aus bewegungs‐ und richtungsempfindlichen Neuronen 1.3.4.1 Scheinbewegungen ‐ Bewegungsnacheffekt (motion after‐effect; MAE) = nach erfolgter Adaptation sinkt Aktivität der Neurone, die adaptierte Richtung kodieren, unter Spontanentladungsrate & Neurone, die sensitiv für entgegengesetzte Richtung sind, weisen eine relativ höhere Entladungsrate auf  Wahrnehmungseindruck entgegen der Bewegungsrichtung ‐ Bsp.: lange auf Wasserfall blicken, danach auf stationäre Umgebung  diese scheint sich in entgegengesetzte Richtung zu bewegen ‐ Scheinbewegung (apparent motion) = räumlich & zeitlich getrennte Reize werden unter optimalen Bedingungen als kontinuierlich bewegende Reize wahrgenommen; dazu gehören u.a. Bewegungsnacheffekt & stroboskopische Bewegungen 21
1.3.4.2 Reale Bewegungen ‐ Verschiebung des Hintergrunds beeinflusst Geschwindigkeit und Richtung der wahrgenommenen Bewegung bzw. ruft diese gar erst hervor (induzierte Bewegungen) ‐ Die bei Bewegungen zu beobachtenden Flussmuster oder die bei Reizbewegungen auftretenden kinetischen Auf‐ & Verdeckungen des Hintergrunds sind wichtige Kriterien zur Abgrenzung von Fremd‐ und Eigenbewegung ‐ Brown (1930er): bewegt man einen Reiz mit gleicher Geschwindigkeit durch zwei unterschiedlich große Fenster, so wird Geschwindigkeit im kleinen Fenster viel höher empfunden als im großen ‐ Diese Kontexteffekte zeigen, dass wahrgenommene Geschwindigkeit sich nicht analog der physikalischen Geschwindigkeit aus v = s/t ergibt & damit nicht durch sukzessiv Reizung aneinandergrenzender Netzhautstellen und deren rezeptiver Felder bestimmt werden kann ‐ 3 Illusionen: ‐ 1) Fröhlich‐Effekt = bewegter Reiz wird nicht an Position wahrgenommen, an der er im Gesichtsfeld erscheint, sondern ein wenig in Bewegungsrichtung verschoben; erste Positionen eines bewegten Reizes entziehen sich unserer bewussten Wahrnehmung; Effekt reflektiert Empfindungszeit (Zeit, die bis zum Aufbau einer ersten phänomenalen Repräsentation verstreicht) ‐ 2) flash‐lag‐Effekt = Balken rotiert um seinen Mittelpunkt & wird dabei durch begleitende stroboskopische Lichtblitze flankiert  Wahrnehmung der Lichtblitze hinkt dem bewegten Reiz hinterher; verschiedene Erklärungen ‐ 3) Repräsentationales Momentum = wenn Endpunkt einer Bewegung bestimmt werden soll, lokalisiert man den Reiz an einem Ort, den er noch gar nicht erreicht hatte 1.3.5 Objektwahrnehmung ‐ Wie werden die Objekte selbst erkannt?  komplexestes & schwierigstes Problem in Wahrnehmungsforschung 1.3.5.1 Organisationsprinzipien ‐ Um ein Objekt zu erkennen, muss man es zunächst vom Hintergrund trennen ‐ Figur‐Grund‐Problem = perzeptive Trennung von Figur (dinghaft) & Hintergrund (ungeformt); Rubin’sches Kippbild ‐ Trennende Kante wird der Figur zugeordnet, während Hintergrund diese Kante nicht hat ‐ Gestaltgesetze = auf Gestaltpsychologen zurückzuführende Prinzipien, die Wahrnehmungsorganisation bewirken ‐ Gesetz der Gleichartigkeit = gleichartige Elemente in Bezug auf Form, Farbe, Helligkeit etc. werden eher gruppiert ‐ Gesetz der Nähe = nahe Elemente werden gruppiert ‐ Gesetz des gemeinsamen Schicksals = z.B. in gleicher Richtung bewegte Elemente werden gruppiert ‐ Gesetz der Voreinstellung = sind bereits n Elemente nach einem bestimmten Prinzip organisiert, so wird ein hinzukommendes n+1 Element nach dem gleichen Prinzip gruppiert ‐ Gesetz des Aufgehens ohne Rest = Einbeziehen aller Elemente in eine Gruppierung ‐ Gesetz der durchgehenden Linie = wenn möglich, wird Linie stetig (geradlinig oder Krümmung folgend) fortgesetzt ‐ Gesetz der Geschlossenheit = Elemente, die eine geschlossene Figur ergeben, werden eher gruppiert ‐ Aber: die durch Gestaltgesetze vorgegebenen Organisationsprinzipien sind nicht immer eindeutig ‐ Prägnanzprinzip (Gesetz der guten Gestalt) = Tendenz zur einfachsten, besten und stabilsten Gesamtgestalt ‐ Figur‐Grund‐Trennung & Textursegmentierung als Vorstufen der eigentlichen Objekterkennung 1.3.5.2 Wahrnehmungskonstanzen ‐ Wahrnehmungskonstanzen = trotz z.T. sehr unterschiedlicher retinaler Projektionsbedingungen werden Reize weitgehend unverändert wahrgenommen; Form‐, Größen‐, Farb‐ und Helligkeitskonstanz ‐ Formkonstanz (Objektkonstanz) = wahrgenommene Form eines Gegenstandes ändert sich nicht mit Verzerrungen auf Retina; korrigiert perspektivische Verzerrungen ‐ Größenkonstanz = durch Kontext induzierte Tiefe geht in Größenschätzung ein & wirkt unmittelbar modifizierend auf den Wahrnehmungseindruck; Bsp.: Mensch erscheint trotz unterschiedlicher Distanzen gleich groß 22
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Helligkeits‐ & Farbkonstanz = empfundenen Eigenschaften sind weitgehend unabhängig von den umgebenden distalen Darbietungsbedingungen; Helligkeitskonstanz: achromatische Farben; Farbkonstanz: chromatische Farben ‐ Konstanzphänomene zeigen, dass wir Form, Größe, Helligkeit und Farbe eines Objekts unabhängig von den meist irrelevanten Dimensionen Orientierung, Distanz & Beleuchtungsstärke wahrnehmen  immense Stabilisierung unserer Wahrnehmungseindrucks 1.3.5.3 Wahrnehmen als (Wieder‐)Erkennen ‐ Objekte, die wir wahrnehmen, sind nicht nur durch eine bestimmte Position, Form & Farbe ausgezeichnet, sondern immer ach durch bestimmte Bedeutungen & Funktionen ‐ Bedeutungseigenschaften werden aus vorhergehenden Lernprozessen abgeleitet, die im überdauernden Wissensgedächtnis gespeichert sind (z.B. Buchstaben) ‐ Bedeutungszuweisung wird bei sehr unterschiedlichen Formen, Größen & Orientierungen beibehalten ‐ Bruner (1957): wir nehmen die Dinge in kognitiven Kategorien wahr ‐ Schablonenvergleich = Objekt wird mit im Wissensgedächtnis gespeicherten Schablonen (Prototypen) verglichen; kann das Objekt mit einer Schablone zur Deckung gebracht werden, so ist das Objekt identifiziert ‐ Merkmalsanalyse = Objekte bzw. Figuren unterscheiden sich durch kritische Merkmale (bzw. deren Kombinationen) voneinander ‐ Hubel & Wiesel: Entdeckung von Merkmalsdetektoren im visuellen Cortex ‐ Merkmalsintegrationstheorie = Extraktion der Reizmerkmale findet automatisch und parallel auf einer frühen Stufe der visuellen Verarbeitung statt & Integration der Merkmale zu einem Objekt oder einer Figur setzt fokale Aufmerksamkeit voraus ‐ Bindungsproblem = Das in Merkmalstheorien aufgrund der Annahme verteilter Kodierungen hervorgerufene Problem, wie die verschiedenen Merkmale bei der Objekterkennung integriert werden; neurophysiologisch entspricht es dem Problem, wie Aktivitäten in den verschiedenen spezialisierten Hirnarealen zueinander in Beziehung gesetzt werden ‐ Biederman: recognition‐by‐components‐theory; 36 Geons, die sich zu ganz unterschiedlichen Objekten kombinieren lassen; jedes Objekt ist in Geons zergliederbar; durch neue Kombinationen lassen sich neue Objekte kreieren ‐ Julesz (1981): Textone (Elementarmerkmale, in denen sich Vorlagen, die einen Texturtrennungsbereich aufweisen, unterscheiden) Zusatz: Psychophysische Methoden ‐ Messmethoden in klassischer Psychophysik, die zur Erfassung psychologischer Phänomene dienen ‐ Wahrnehmungsschwelle = Ab welcher Lichtintensität ist ein Reiz überhaupt wahrnehmbar? ‐ Unterschiedsschwelle = Schwelle des eben merklichen Unterschieds; Ab welchem Intensitätsunterschied werden 2 Lichtreize als unterschiedlich empfunden? ‐ Grenzmethode = 1. Messreihe: Intensität eines zunächst deutlich unterschwelligen Reizes wird in festgelegten Schritten gesteigert, bis Beobachter angibt, diesen Reiz wahrzunehmen (aufsteigendes Verfahren); 2. Messreihe: Intensität eines deutlich überschwelligen Reizes wird reduziert, bis Beobachter diesen Reiz nicht mehr wahrnimmt (absteigendes Verfahren)  Schwelle: Mittelwert mehrerer auf‐ und absteigender Messreihen; zur Messung der Unterschiedsschwelle: analog wird in auf‐ und absteigenden Messreihen gefragt, ob sich ein Reiz von einem Vergleichsreiz unterscheidet oder nicht ‐ Staircase‐Variante = Variante der Grenzmethode; ab‐ und aufsteigende Darbietungen werden zufällig gemischt; VL behält aber Kontrolle über beide Messreihen; Unterschied: sobald VP Reiz in Messreihe wahrgenommen hat/nicht mehr wahrnimmt, wird Reizintensität zunächst wieder verringert/erhöht & man nähert sich so der Schwelle iterativ  Schwelle: Mittelwert aus beobachteten Umkehrpunkten ‐ Konstanzmethode = alle ausgewählten Reizausprägungen werden in zufälliger Reihenfolge immer dargeboten  Urteils‐WS (für Ja‐Urteile; auf y‐Achse) der VP wird Funktion angepasst  absolute Schwelle als entsprechender Wert der Lichtintensität auf der x‐Achse (Lichtintensität) bestimmbar (durch 50%‐Urteils‐WS festgelegt, also bei Wert der x‐Achse, an dem VP mit gleicher WS angibt, Reiz erkannt zu haben oder nicht; wenn überschwellige Reizintensitäten: „Punkt subjektiver Gleichheit“ (PSE‐Wert, point of subjective equality) zweier sensorischer Empfindungen ermittelbar; aufwändiger als Grenzmethode, aber sehr genau ‐ Herstellungsmethode = VP stellt Reizintensität, ab der er einen Reiz gerade noch wahrnimmt bzw. ihn nicht mehr wahrnimmt (absolute Schwelle), selbst ein (Leuchtdichteregler); Unterschiedsschwelle: stellt gerade merklichen Unterschied zu Vergleichsreiz ein  Schwellenwert: Mittelwert mehrerer Einstellungen; einfachste 23
Methode, benötigt nur geringe Anzahl von Durchgängen, weniger genau (Anfälligkeit hinsichtlich möglicher Antworttendenzen) 2. Auditive Wahrnehmung 2.1 Einleitung ‐ Wahrnehmung erfolgt nicht völlig getrennt, sondern über verschiedenen Kanäle hinweg gegenseitig ergänzend und konsistent ‐ Synästhesie = trotz der Darbietung von Informationen in nur einer Modalität oder Dimension werden auch zugehörige Informationen aus einer anderen wahrgenommen ‐ Rückgriff auf andere Sinnesmodalitäten, wenn visuelle Information nicht verfügbar oder irrelevant ist ‐ Meistens interagieren Modalitäten in vielfältiger Weise zur Konstruktion der Wahrnehmungsobjekte: ‐ 1) bottom‐up: Aufnahme physikalischer & chemischer Reizsignale an Sinnesorganen, Weiterverarbeitung & Weiterleitung ‐ 2) top‐down: Einbeziehung von Gedächtnis, Handlungsabsichten, Motivation, Emotionen in Wahrnehmungssituation, Einfluss von Aufmerksamkeit ‐ Funktionen von Sinnesorganen = Detektion von verhaltensrelevanten Umweltveränderungen, interne Umgebungsrepräsentation ‐ Komplexe Nervensysteme können außerdem interne Repräsentation der Umgebung erzeugen & ermöglichen eine Entkopplung der Reiz‐Reaktions‐Beziehung bis hin zu planvollem Handeln auf der Grundlage dieser Repräsentation ‐ Sinne des Menschen: zwischen 5 und 20, je nachdem, was als eigenständiger Sinn angesehen wird ‐ Klassischen Sinne = Tasten, Sehen, Hören, Schmecken, Riechen ‐ Sinnesapparat des Menschen macht nur sehr begrenzte Bereiche der Umwelt erfahrbar ‐ Grund evolutionär: innere Struktur erhalten vs. gegen destruktive Einflüsse der Umgebung verteidigen ‐ Ein Sinneskanal überwacht eine oder mehrere Umweltqualitäten  diese Informationen bilden Reize, die entsprechende vererbte, erlernte oder geplante Reaktionen auslösen ‐ Unterschied zwischen Organismen am Anfang der Evolution und höher entwickelten Organismen: ‐ 1.) Reiz & Reaktion sind direkt & zwingend; Reiz ist Indikator einer starren, vererbten Handlung  direkt verhaltensauslösend ‐ 2.) Kausalbeziehungen von Reiz & Reaktion sind indirekter & variabler; Handlungen können auf Grundlage der internen Repräsentation der Umwelt geplant werden (Mensch)  immenser Überlebensvorteil 2.1.1.1 Das propriozeptive System ‐ Beteiligung an motorischen Reflexen  sehr direkt verhaltensauslösend ‐ Z.T. nur eine Synapse zwischen sensorischem Organ & bewegungsausführendem Muskel ‐ Propriozeption = zählt zum Körperempfinden (wie Tastsinn, Nocizeption & Viszerozeption) ‐ Beteiligten Rezeptoren messen keine Umweltparameter, sondern vermitteln Infos über Körpermilieu ‐ Propriozeptoren registrieren Spannungszustand & Bewegung der Skelettmuskulatur & der Gelenke  Kontrolle der Körperhaltung ‐ Messung von aktiven & passiven Änderungen der Muskellänge & Geschwindigkeit der Längenänderung ‐ 2 Arten von muskelassoziierten Propriozeptoren: messen Kontraktion
‐ 1) Muskelspindeln = in Muskel eingebettet, parallel zu Muskelfasern  Längenänderung weniger Muskelfasern
‐ 2) Golgi‐Sehnenorgane = an Grenzfläche zwischen Muskel & Sehne  Dehnungssensoren ‐ Gesamter propriozeptiver Apparat ist hierarchisch aufgebaut ‐ Propriozeptive Sensoren in Gelenkkapseln erfassen Bewegungen mehrerer Muskelgruppen an einem Gelenk ‐ Freie Nervenendigungen & Sensoren messen Stellung & Bewegung der Gelenke ‐ Zentrales Gleichgewichtssystem (Sensoren im Innenohr) erfasst Bewegung des gesamten Körpers (besonders Winkel zum Schwerefeld, Beschleunigung, Drehung) ‐ Propriozeptiv gesteuerte Rückenmarksreflexe kontrollieren Körperhaltung (Repertoire an koordinierten Bewegungen verfügbar  Erleichterung der Planung & Ausführung von Bewegungen für zentrales motorisches System) ‐ Reflexbogen (reflex) = propriozeptiver Sensor, ableitende Nervenfaser (Afferenz), ggf. zentrales Interneuron, zuleitende Nervenfaser (Efferenz) & Erfolgsorgan (Effektor; führt Reflexbewegung aus) ‐ Monosynaptische Verschaltung = afferente & efferente Fasern direkt aufeinander geschaltet  Leitungswege kurz  sehr schnell 24
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Werden zusätzlich Motoneurone anderer Muskeln des Gelenks erregt/gehemmt (inhibitorische Interneurone)  Reflexe, die Gelenkstellung stabilisieren, Muskel‐ & Gelenksteifigkeit konstant halten & Auftreten gewebsgefährdender Muskelkräfte verhindern ‐ Dient der Ausführung einer Vielzahl von angeborenen Haltungs‐ & Schutzreflexen, die keiner zentralen Steuerung bedürfen ‐ Rückenmarksreflexe sind evolutiv älter als Vorderhirn  zentrales motorisches System entwickelte sich auf Basis des bereits effektiv funktionierenden Reflexsystems ‐ V.a. Schutzreflexe müssen möglichst schnell aktiv werden, um Schädigung des Körpers zu vermeiden ‐ Unabhängig vom Kontext der Bewegung sinnvoll & können daher ohne Planungsaufwand automatisiert ablaufen 2.1.1.2 Das Gleichgewichtssystem ‐ Erfasst körpereigene Parameter (Rotations‐ & Translationsbeschleunigungen des Kopfes), die u.a. zur Steuerung von Reflexen (Körperhaltung & ‐stabilisierung) nötig sind ‐ Haarsinneszellen bilden Rezeptorstrukturen in Sacculus, Utrikulus & Bogengängen des Innenohrs ‐ Im Verhaltenskontext nahe propriozeptivem, physiologisch nahe auditivem System ‐ Leitet sich (wie auditives) evolutionär vom Seitenlinienorgan der Fische ab & verwendet Haarsinneszellen als Rezeptoren ‐ Haarsinneszellen = Rezeptor, der Scherbewegungen der Stereovilli (bürstenähnlicher Teil dieser Zellen) detektiert & in zur Scherkraft proportionale neuronale Aktivität überführt  Abschätzung der Kopfneigung & ‐
drehung ‐ Zentralnervöse Anteile dienen u.a. Haltungskontrolle & Blickstabilisierung ‐ Information aus Innenohr & propriozeptivem System wird von vestibulären Kernen aus an verschiedene Hirngebiete (Groß‐ & Kleinhirn, Thalamus, Rückenmark) weitergeleitet ‐ Projektionen zum Kleinhirn & zum Rückenmark von Bedeutung für vestibuläre Kontrolle der Körperhaltung ‐ Funktionen = Kontrolle der Körperhaltung & Stabilisierung des Netzhautbildes während einer Kopfbewegung ‐ Funktionen werden reflektorisch auf Hirnstammniveau umgesetzt ‐ Bewusste Wahrnehmung der verarbeiteten Parameter (z.B. Kopfdrehung) ist durch weitere Verarbeitungsbahnen von vestibulären Kernen über Thalamus zu somatosensorischen Großhirnarealen möglich 2.1.1.3 Das somatosensorische System ‐ Umfasst Temperatur‐ & Schmerzempfinden, Detektieren von Objekten, Leistungen des propriozeptiven Systems ‐ Haut enthält Druck‐, Geschwindigkeits‐ & Beschleunigungsdetektoren, die sich u.a. in Antworteigenschaften unterscheiden ‐ Besonders Geschwindigkeit der Adaptation an einen Druckreiz variiert ‐ Merkel‐Zellen & Ruffini‐Körperchen = langsam adaptierende Rezeptoren; Intensitätsdetektion ‐ Meissner‐Körperchen = schnell adaptierende Mechanorezeptoren; können mit ihrer Aktivität schnellen Änderungen von Druckreizen folgen; Geschwindigkeitsdetektion ‐ Pacini‐Körperchen = schnell adaptierende Rezeptoren; Adaptationsgeschwindigkeit so groß, dass sie nur auf Geschwindigkeits‐änderungen von Reizen reagieren; Beschleunigungs‐ oder Vibrationsdetektoren; v.a. in Unterhaut von Handflächen & Fußsohlen ‐ Somatotop organisiert (nach Körperteilen geordnet) ‐ Mechanorezeptoren  verschiedene Schaltstellen  Gyrus postcentralis (Großhirn)  Teil des Parietallappens (multisensorisch, da Eingänge von fast allen Sinnessystemen hier zusammenlaufen)  somatosensorische Daten & restliche Sinnesdaten  einheitliche Repräsentation des Körpers in seiner Umgebung (z.B. zur Planung von Bewegungen) ‐ Zellkörper der ersten afferenten Neurone in Spinalganglien längs des Rückenmarks  Dendriten in Hinterhorn des Rückenmarks ‐ Medulla oblongata: Überkreuzung der somatosensorischen Afferenzen  rechte Körperhälfte in linkem somatosensorischen Cortex repräsentiert & umgekehrt ‐ Thalamus: somatotope Organisation  Projektion zum somatosensorischen Cortex  Somatotopie in Form eines verzerrten Abbildes der Körperoberfläche (= Homunculus) 25
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Objekt wird abgetastet  somatosensorischer Cortex verarbeitet verschiedene physiologische Reizmodalitäten (Druckintensität, ‐geschwindigkeit)  wahrgenommene Objekteigenschaften (Rauigkeit, Konsistenz) ‐ Infos der somatosensorischen Rezeptoren & propriozeptiven Sensoren werden integriert ‐ Somatosensorischer Cortex = umfasst Gyrus postcentralis, Teile des Parietallappens, Teile des Sulcus lateralis ‐ Gyrus postcentralis = 4 fast vollständige Repräsentationen der Körperoberfläche ‐ Haptisches System = aktiven, motorischen Aspekte des somatosensorischen Systems ‐ Passives Berühren  man nimmt eher Bezug auf die subjektiven Empfindungen ‐ Aktives Berühren  man achtet eher auf Eigenschaften des Objekts 2.1.1.4 Das Geruchssystem ‐ Wirkt primär verhaltensauslösend; Riechen zählt zu chemischen Sinnen ‐ Mensch ist Mikrosmatiker  Geruch nicht lebenswichtig, spielt aber im Alltag große Rolle ‐ Bsp.: Verhaltenssteuerung durch Pheromone, Warnfunktion (Brand, alte Lebensmittel), Parfüms ‐ Schmecken & Riechen basieren prinzipiell auf Bindung von Molekülen an spezialisierte Rezeptoren in wässriger Umgebung ‐ Chemotaxis = bei fast allen einzelligen Lebewesen; Fähigkeit, Verhalten an chemischen Gradienten auszurichten; positiv oder negativ (Hin‐ oder wegbewegen relativ zur höheren Konzentration eines Stoffes) ‐ Nasenschleimhaut enthält olfaktorisches Epithel ‐ Voraussetzungen für molekularen Anteil des Riechvorgangs: wässrige Umgebung, spezialisiertes Sinnesepithel, Zuführung von Geruchsstoffen  treffen in Regio olfactoria (obere Nasenmuschel) zusammen ‐ Duftstoffe in Atemluft  lösen sich in Schleimhaut auf  binden an geeignete Rezeptoren ‐ Kann verloren gegangene Sinneszellen ersetzen ‐ Olfaktorischen Sinneszellen = echte Neurone, die sich auf Duftreizaufnahme spezialisiert haben; Axone ziehen durch perforierten Bereich des Nasendachs zum Bulbus olfactoris ‐ Bulbus olfactoris = Riechkolben; erste Umschaltstelle; weit in Peripherie geschobener Hirnteil, zählt bereits zum Cortex ‐ Projektionen ziehen von Peripherie ohne Umschaltung im Thalamus in Großhirnhemisphären ‐ Fehlende Verschaltung im Thalamus  unzureichende Beschreibung von Gerüchen (nur 6 Grundqualitäten: faulig, fruchtig, harzig, würzig, blumig, brenzlig) ‐ Hypothalamus = ermöglicht olfaktorischem System (Gerüchen) relativ direkten Zugriff auf viele vegetative Körperfunktionen ‐ Limbisches System = Geruchseindrücke werden mit Emotionen assoziiert ‐ Hippocampus = könnte dafür verantwortlich sein, dass Düfte z.T. intensive Erinnerungen wachrufen können ‐ Subcortikales Niveau  sind zum Großteil direktem bewusstem Zugriff verschlossen ‐ Regio olfactoria (obere Nasenmuschel)  Olfaktorischen Sinneszellen  perforierten Bereich des Nasendachs  Bulbus olfactoris (Cortex)  Großhirnhemisphären  Paleocortex (dreischichtig)  ausgedehnte subcortikale Bereiche (Hippocampus, Hypothalamus, limbisches System) ‐ Primärer olfaktorischer Cortex  Thalamus  Bereiche des orbitofrontalen Cortex (Grundlage für bewusste Wahrnehmung der Geruchsinformation) ‐ Zählt noch immer zu den am wenigsten verstandenen Sinnessystemen des Menschen ‐ Geruch häufig sehr stark beim Geschmackserleben involviert 2.2 Auditive Wahrnehmung ‐ Hörwahrnehmung neben Sehen zweiter Fernsinn ‐ Informiert uns auch über Vorgänge, die hinter unserem Rücken/hinter Hindernissen geschehen, funktioniert auch im Dunkeln ‐ Funktionen: ‐ Alarmfunktion (auch im Schlaf nicht völlig ausgeschaltet) ‐ Information, wenn keine visuelle Information (Vorgänge hinter unserem Rücken/hinter Hindernissen, im Dunkeln, etc.) ‐ Sich mitteilen, Sprache verstehen, sprechen lernen  Zusammenhalt der Gemeinschaft, Integration ‐ Hörsystem (auditives System) = eng verwandt mit Gleichgewichtssystem (Innenohr & Gleichgewichtsorgan sind benachbart; Rezeptoren sind sich sehr ähnlich) 26
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Problem der Evolution: Das auf Wahrnehmung von Wasserschall spezialisierte Gehör musste auf Luftschall umgestellt werden  Ausbildung von Außen‐ und Mittelohr; im Innenohr liegt Schall wieder als Wasserschall vor ‐ Außenohr = Ohrmuschel, äußerer Gehörgang  nimmt Schallwellen wie Trichter auf; wichtig für räumliches Hören; Gehörgang schützt Trommelfell ‐ Mittelohr = Hohlraum, bedeckt von Schleimhaut; Hammer, Amboss, Steigbügel  Übertragung von Luftschall in Wasserschall (Perilymphe im Innenohr)  Schallbündelung & ‐transformation; ovales Fenster: Schwingungen von Steigbügel zu Innenohr; rundes Fenster: Druckausgleich ‐ Innenohr = Bogengänge des Gleichgewichtorgans, Cochlea mit Basilarmembran & Corti’schem Organ  Transduktion des Reizes in elektrische Signale  Hörnerv; Auftrennung der akustischen Signale, sodass unterschiedliche Sinneszellen angeregt werden ‐ Druckschwankung in Cochlea  Schwingung der Basilarmembran  Auslenkung der Stereozilien der äußeren Haarzellen ( motile Antwort  Verstärkung der Membranschwingung) & Auslenkung der inneren Haarzellen (durch Tektorialmembran)  elektrische Signale in Nervenfasern des Hörnervs ‐ Niedrige Frequenzen: Erregung nahe Apex; hohe Frequenzen: Erregung nahe Basis 2.2.1.3 Das zentrale auditive System ‐ Hörnerv = Afferenzen & Efferenzen der innern und äußeren Haarsinneszellen ‐ In Cochlea liegenden Haarsinneszellen werden von Axonen des Hörnervs innerviert ‐ Innere Haarsinneszellen = liegen in einer Reihe; jede wird von mehreren Hörnervfasern kontaktiert  divergente Verschaltung ‐ Zellkörper dieser afferenten Neurone liegen in Spiralganglien (spiralförmigem Nervenknoten außerhalb der Cochlea entlang) ‐ Äußere Haarsinneszellen = liegen in 3 Reihen; mehrere werden von einer efferenten Faser innerviert  konvergente Verschaltung ‐ Über diese Efferenzen kann Kontraktionsbereitschaft der äußeren Haarsinneszellen eingestellt & damit Spannung der Basilar‐membran lokal verändert werden  aktive Verstärkung & Feinabstimmung des auditiven Eingangs auf unterster Ebene möglich ‐ Reiztransduktion  akustische Information liegt kodiert im AP‐Muster der Hörnervfasern vor ‐ 2 wichtige akustische Parameter spielen bei Kodierung eine Rolle: ‐ 1) Lautstärke ‐ Kodiert durch Frequenz der AP (Ratenkodierung) (niedrige AP‐Frequenz  geringe Lautstärke & andersherum) ‐ Ab ca. 80dB SPL: maximale AP‐Frequenz erreicht  2ter Kodierungsmechanismus: Populationskode ‐ Rekrutierung = immer mehr benachbarte Neurone werden zum Feuern gebracht  Lautstärkeinfo in Anzahl der feuernden Neurone kodiert (Populationskode) ‐ 2) Frequenz ‐ Tonotopie = Bau der Cochlea bewirkt räumlich geordnete Auftrennung der im akustischen Reiz enthaltenen Frequenzen ‐ Orte maximaler Erregung sind frequenzabhängig angeordnet ‐ Hohe Frequenzen: Cochleabasis (außen); Tiefe Frequenzen: Cochleaspitze (Apex, Helicotrema) (innen) ‐ Frequenz‐/Ortstransformation wird durch gesamten auditiven Verarbeitungsweg bis zum auditiven Cortex aufrechterhalten ‐ Labeled‐line‐Kodierung = Reizparameter wird durch Ort & Weiterverschaltung der afferenten Neurone verschlüsselt ‐ Frequenzen unterhalb von 1,5kHz: weitere Kodierung möglich: Ankopplung von auditiven Neuronen an Schallwellenperiode  Membranpotential kann in Schallwellenperiode mitschwingen (Trägheit durch Ionenströme  ab 4kHz unmöglich zu folgen) ‐ Cochlea  Hörnerv  Cochleariskern  ventrale akustische Stria  Komplex der oberen Olive  inferiorer Colliculus (IC)  auditiver Cortex ‐ Cochleariskern = 1. Umschaltstelle; ipsi‐ & kontralateraler Cochleariskern; 3 Bereiche  jede einzelne Hörnervfaser spaltet sich auf & läuft in jeden Bereich ein  nachbarschaftlichen Lagebeziehungen der Hörnerväste werden beibehalten  mehrfache Abbildung der Frequenzskala im Cochleariskern; erhält akustischen Eingang nur von einem Ohr 27
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Kleineres Faserbündel verläuft nach Cochleariskern über Trigeminusnerv ins Mittelohr zurück  kann Muskel zur Kontraktion anregen, der Gehörknöchelchen kurzzeitig entkoppelt (Stapediusreflex)  extrem schnell, schützt Innenohr vor Lärmschädigung Schaltstellen nach Cochleariskern erhalten Informationen von beiden Ohren  akustische Rauminformation durch Vergleich der Eingänge beider Ohren (obere Olive) Komplex der oberen Olive = Ansammlung auditiver Verarbeitungszentren, die sich in Form einer Olive dorsal aus Hirnstamm heraushebt; mehrere Kerne, u.a. 1) Mediale superiore Olive (MSO) = Detektion von ITD; tonotope Organisation (läuft nach Frequenzen getrennt ab) lang gestrecktes Band mit übereinander gestapelten neuronalen Zellkörpern Neurone: je 2 Dendritenäste, die seitlich im rechten Winkel zum Zellkörperband abgestreckt liegen jedes Neuron erhält über medialen Dendriten Eingang vom kontralateralen Cochleariskern & über entgegengesetzten lateralen Dendriten vom ipsilateralen Cochleariskern; beide Eingänge: exzitatorisch (erregend) um MSO‐Neuron zu erregen, müssen beide Eingänge gleichzeitig aktiv sein (Koinzidenzdetektoren): erfassen Gleichzeitigkeit von akustischen Ereignissen an beiden Ohren Funktionsmodell der MSO (Jeffress, 1948): Koinzidenzdetektoren werden über verschieden lange neuronale Leitungsbahnen versorgt; Länge dieser Bahnen variiert stetig, sodass es für jede mögliche an den Ohren auftretende Zeitdifferenz eine Population von MSO‐Neuronen gibt, bei der diese Zeitdifferenz durch unterschiedlich lange Leitungsbahnen von beiden Cochleariskernen gerade ausgeglichen wird  von beiden Seiten einlaufenden AP erreichen diese MSO‐Neuronen daher gleichzeitig & lösen AP aus In anderen Bereichen der MSO ist Länge der zuleitenden Faserzüge nicht geeignet, die akustischen Laufzeitunterschiede auszugleichen & die entsprechenden Neurone bleiben stumm Benachbarte Schallquellen erregen benachbarte MSO‐Bereiche  MSO erzeugt geordnete Ortsrepräsentation der ITD & damit der seitlichen Auslenkung von Schallquellen Alle Frequenzen sind entlang eines Gradienten senkrecht zur Raumrichtungsrepräsentation abgebildet Niedrige Frequenzen (<1500Hz) nehmen überproportional große Fläche ein, da Koinzidenzdetektion bei >1500Hz nicht mehr funktioniert (Neurone des Hörnervs können Schwingungen nicht mehr folgen) 2) Laterale superiore Olive (LSO) = Detektion von IID Jede LSO erhält vom ipsilateralen Cochleariskern exzitatorischen Eingang, vom kontralateralen Cochleariskern inhibitorischen Eingang  Bestimmung von Lautstärkedifferenzen zwischen beiden Ohren  Extraktion von Raumrichtungsinformationen (fast alle Neurone dieser beiden Kerne erhalten binaurale Eingänge) 2 Parameter werden im Hirnstamm zur Abschätzung der Richtung von Schallquellen genutzt: 1) interaurale Zeitdifferenz (ITD) 2) interaurale Lautstärkedifferenz (IID) Bei seitlich verschobener Schallquelle erreichen Schallwellen abgewandtes Ohr später (weiter entfernt) & es entsteht ein Lautstärkeunterschied zwischen den beiden Ohren (variiert systematisch mit Winkel der Schallquelle) Bis zur oberen Olive: hoher Grad an divergenter Verschaltung (auditive Info wird parallel auf viele Kerngebiete verteilt) Inferiorer Colliculus (IC) = obligatorische Schaltstelle im Mittelhirn für alle zum Thalamus & Cortex aufsteigenden auditiven Fasern; Teile des IC: tonotop organisiert (Konstruktion einer Raumkarte beruht auf ITD, IID & Vergleich spektraler Verzerrungen) Auditiver Cortex = Umsetzung der im Hirnstamm & Thalamus vorverarbeiteten Parameter (Intensität, binaurale Differenzen) in Wahrnehmungsgrößen (Lautheit, Richtung einer Schallquelle) liegt in Sylvi’scher Fissur (grenzt Temporallappen von Parietal‐ & Frontallappen ab) gleichzeitige parallele & serielle Verarbeitung in mehreren Feldern (unterscheiden sich in tonotoper Organisation & neuronalen Antworteigenschaften); 3 seriell aufeinanderfolgende Schaltstellen: 1) primärer auditiver Cortex = Kern‐Region (core); erhält Eingänge vom Thalamus 2) sekundärer auditiver Cortex = auditiver Gürtel (belt); erhält Eingang vom core 3) tertiärer auditiver Cortex = Felder des parabelt; erhält Eingänge vom belt Jede dieser Regionen ist in Vielzahl kleinerer Felder unterteilt, die jeweils parallel Eingang erhalten 28
 in verschiedenen Feldern einer Verarbeitungsstufe werden unterschiedliche Aspekte der auditiven Information parallel verarbeitet ‐  in aufeinanderfolgenden Stufen (primärer bis tertiärer auditiver Cortex) würden dann seriell immer komplexere Merkmale der verschiedenen Aspekte extrahiert & ausgewertet (bis hin zum Sprach‐ & Musikverständnis in höheren auditiven Arealen) ‐ Diskussion: Organisation des auditiven Systems in 2 Bahnen: Bahn, in der Infos über gehörten Objekte extrahiert wird & Bahn, in der räumliche Lage dieser Objekte analysiert wird 2.2.2 Tonhöhe ‐ Zweck: Musik, Sprache (Satzmelodie dient Kennzeichnung der Betonung; Ausdruck von Emotionen) ‐ Evolution: Tonhöhe entstand lange vor Sprache & Musik ‐ Viele Schallquellen basieren auf periodischen Schwingungen (Schwingungen der Stimmbänder eines Tiers etc.) ‐ Diese Schwingungen lösen unterschiedliche Tonhöhen aus & helfen dabei, die Zahl & Art der Schallquelle zu erkennen ‐ Mensch empfindet Tonhöhe als geordnete, eindimensionale Größe (höhere, tiefere oder gleiche Tonhöhe) ‐ Tonhöhe ist keine Eigenschaft des Schalls an sich, sondern eine Eigenschaft der Wahrnehmung ‐ Bsp.: Tonhöhentäuschung: Shepard‐Illusion (man nimmt einen Ton als ständig steigend war, obwohl man zugleich bemerkt, dass eine Schleife durchlaufen wird)  Fazit: Tonhöhe entsteht im Kopf ‐ Oft wird irrtümlich Frequenz & Tonhöhe gleichgesetzt, weil bei Sinuston mit steigender Frequenz auch Tonhöhe steigt ‐ Aber auch beim Sinuston gibt es Fremdeinflüsse: zwei Sinustöne derselben Frequenz, aber unterschiedlicher Amplitude haben oft leicht verschiedene Tonhöhen ‐ Mechanismen der Tonhöhenwahrnehmung: ‐ eintreffender Schall erregt je nach in ihm erhaltenden Frequenz bestimmte Abschnitte der Basilarmembran ‐ Sinustöne erregen nur einen einzigen Abschnitt; Frequenz bestimmt, welchen: ‐ Sinustöne mit niedrigen Frequenzen erregen Abschnitte nahe Helicotrema ‐ mit zunehmender Frequenz wandern Abschnitte näher an ovales Fenster; gleichzeitig steigt auch wahrgenommene Tonhöhe ‐ Auch Einfluss der Amplitude spiegelt sich an Verschiebung des maximalen Erregungsortes wider  deshalb könnte man denken, dass der erregte Ort auf der Basilarmembran die Tonhöhe bestimmt ‐ Aber: meisten Schwingungen sind viel komplexer als eine Sinusschwingung ‐ Sind zwar periodisch, aber die Wellenform, die sich periodisch wiederholt, ist keine einfache Sinusfunktion ‐ Schwingungen eines Tons eines Musikinstrumentes enthalten neben Grundfrequenz (= Dauer der Periode) viele Obertöne (= Vielfache der Grundfrequenz)  führen im Innenohr an verschiedenen Stellen zu Erregungen ‐ trotzdem hat dieser komplexe Ton eine Tonhöhe, die sogar eindeutiger ist, als die eines Sinustones (man kann kleine Unterschiede besser erkennen) ‐  Es kann sich nicht um Eins‐zu‐eins Zuordnung von Erregungsort auf Basilarmembran & empfundener Tonhöhe handeln ‐ Heute wissen wir, dass 2 Mechanismen eine Rolle spielen: ‐ 1) räumliches Erregungsmuster der Cochlea wird ausgewertet, wenn auch nicht 1:1 ‐ normalerweise setzen Grundton & Obertöne gleichzeitig ein & so erkennt auditives System, dass diese Komponenten zu einem einzigen Schallereignis gehören ‐ daher wird nicht jedem Erregungsort eigene Tonhöhe zugeordnet, sondern gesamtes Muster der Erregung berücksichtigt, um eine einzige Tonhöhe zu ermitteln ‐ durch die logarithmische Transformation von Frequenz zum Erregungsort ergibt sich typisches räumliches Muster enger werdender Linien, das auch dann noch ausgewertet wird, wenn es unvollständig ist ‐ 2) Erregung der mittleren & oberen Obertöne spiegelt in ihrer Zeitstruktur genau die Periodizität des ursprünglichen Schallereignisses wieder ‐ Für höheren Obertöne ist dies der einzige Hinweis auf ein periodisches Ereignis, weil sie von Cochlea zunehmend schlechter getrennt werden, weil die Erregungsorte immer näher zusammen rücken & die Obertöne deshalb ineinander übergehen ‐ Diese Zeitstruktur ist ausreichend um ein gewisses wenn auch reduziertes Tonhöhenempfinden hervorzurufen. ‐
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Erregung der inneren Haarsinneszellen kann Schwingungen bis ca. 4 kHz zeitlich genau wiedergeben; da von jeder Haarzelle etliche Hörnervfasern abgehen & benachbarte innere Haarzellen fast die gleiche Erregung aufweisen, ist es Gesamtheit der von einem Basilarmembranort abgehenden Hörnervfasern möglich, derart schnelle Zeitstrukturen korrekt wiederzugeben ‐  Fazit: ‐ Die mittleren Obertöne zeigen sowohl eine zeitliche als auch eine räumliche Erregungsstruktur ‐ Diese Obertöne tragen auch am meisten zu einem genauen Tonhöheneindruck bei; man nennt diesen Bereich des Spektrums Dominanzbereich ‐ Eine rein temporal definierte Tonhöhe (nur obere Obertöne & weiteren geeigneten Vorsichtsmaßnahmen) ist wenig präzise definiert & erlaubt auch nur ungenaue Einschätzung musikalischer Intervalle; auch rein räumlich definierte Tonhöhe ist nicht besonders musikalisch ‐ Dies deutet daraufhin, dass erst bei Vorhandensein räumlicher & zeitlicher Indizien eine klar definierte & musikalisch gut auswertbare Tonhöhe zustande kommt 2.2.3 Klangfarbe ‐ mehrdimensionale Größe (im Gegensatz zur Tonhöhe) ‐ am besten erforscht für den Klang von Musikinstrumenten ‐ zahlreichen Untersuchungen mit Klängen natürlicher & synthetischer Musikinstrumente: viele Dimensionen, die für Klangfarbe des Instruments wichtig sind ‐ Seit frühsten Untersuchungen wird dabei Bedeutung der Obertöne für Klang betont ‐ Bsp.: Orgel & Clavichord haben viel mehr Schallenergie in Obertönen als Klavier  korreliert mit Einstufung dieser Klänge als hell oder brillant ‐ Verhältnis der geraden zu den ungeraden Harmonischen ebenfalls bedeutend ‐ Orgelton & Violinton (abgesehen vom Grundton) weisen vor allem Energie in geraden Harmonischen auf, anders als Clavichordton ‐ ungleiche Verteilung der Energie zwischen geraden & ungeraden Harmonischen wird oft mit Rauigkeitsempfindung in Verbindung gebracht ‐ Neben spektraler Zusammensetzung ist außerdem Zeitverlauf wichtig für Klangempfindung ‐ Beim Zeitverlauf ist v.a. Geschwindigkeit des Tonaufbaus wichtig für Einordnung des Klangs im Klangraum ‐ Klang des Instrumente beeinflusst durch: charakteristische Verschiebungen der Energie zwischen Obertönen im Verlauf der Zeit; für Klavierklang typischen Amplitudenschwankungen nach dem ersten Maximum ‐ In Musik wird Klang bewusst eingesetzt, um beim Hörer Melodieführung bei gegeneinander geführten Stimmen zu verdeutlichen ‐ Durch unterschiedlichen Klang der Instrumente wird Aufteilung des Schalls entsprechend der beteiligten Schallquellen möglich und dadurch das Verfolgen der verschiedenen Melodien 2.2.4 Raum - Besonders visuelles & auditives System sind geeignet Infos über eine dreidimensionale Umgebung zu vermitteln - Zur Beschreibung des Raums (umgibt Körper) eignet sich polares Koordinationssystem, wobei Kopf den Ursprung bildet - Jeder Punkt lässt sich daraufhin mithilfe von 3 Variablen beschreiben: - 1) Azimut gibt Richtung der Horizontalebene an - 2) Elevation gibt Richtung in Vertikalebene jeweils als Differenzwinkel zur Vorrausrichtung an - 3) Abstand des Kopfes & der Quelle des akustischen Reizes - Im auditiven System fangen die Sinnesepithelien, rechte und linke Basilarmembran, jeweils ein eindimensionales Abbild der akkustischen Umgebung auf. - Die Information über die räumliche Anordnung von Schallquellen stehen dem auditiven System daher nur verschlüsselt durch eindimensionale Signale zur Verfügung. - Ein Teil der Verarbeitung findet im auditorischen Hirnstamm statt. - Die interauralen Unterschiede, die zur Extraktion der drei Lageparameter zu Verfügung stehen, sind die Zeitdifferenz, die Lautstärkedifferenz und Differenzen im Spektrum 2.2.4.1 Azimutbestimmung 30
Sowohl zeit‐ als auch Intensitätsdifferenzen werden den Schalstationen des Komplexes der oberen Olive im Hirnstamm zugeschrieben - Die Verarbeitung lässt sich mithilfe von Kopfhörern untersuchen. So kann eine unterschiedliche Beschallung der beiden Ohren und eine kontrollierte Variation des Zeit‐ und Lautstärkeunterschieds möglich gemacht werden - In normalen Hörsituationen liegen die Intensitätsunterschiede bei 0 und 20 dB und die Zeitunterschiede bei 0 bis 600 us (Schwankungen abhängig vom Kopfumfang und Frequenzgehalt der Reize) -  Die Reize in diesem Bereich können sinnvoll interpretiert und mit einer entsprechenden Raumrichtung assoziiert werden. Man nimmt diese Unterschiede immer in form einer Schallrichtung war. Erst ab einem Zeitunterschied vom 10 ms zerfällt der räumliche Eindruck und die Signale werden als getrennte Ereignisse interpretiert. - In künstlichen Experimenten lassen sich auch zeit und Richtungsdifferenzen erzeugen, die im normalem Leben widersprüchlich und also nicht vorhanden sind. Die wahrgenommene Schallrichtung stellt einen Kompromiss zwischen den widersprüchlichen Informationen dar und kann sogar bei großen Zeit und Intensitätsunterschieden in der Geradeausrichtung liegen - Bei der Simulation von Schallrichtungen mithilfe der beschriebenen Parameter liegt die Schallquelle ausnahmslos innerhalb des Kopfes. Es muss ein dritter Parameter in Betracht gezogen werden, um einen realistischen Höreindruck mit einer außerhalb des Kopfes wahrgenommenen Schallquelle zu schaffen 2.2.4.2 Elevation, Distanz & Auflösen von Mehrdeutigkeiten - Auf dem Weg zum Trommelfell werden die einlaufenden Schallwellen unweigerlich an den Ohrmuscheln reflektiert. - Bestimmte Frequenzbänder werden durch Resonanzen verstärkt, andere gedämpft. - Das Außenohr wirkt physikalisch als eine Reihe von akustischen Resonatoren, die jedes durchlaufende Signal filtern: - aufgrund der asymmmetrischen Form der Ohrmuschel ist die Filterung stark richtungsabhängig, d.h für jeden Raumrichtung entstehen andere „ Täler und Berge“ im Spektrum des Signals - Eine Analyse dieser spektralen Charakteristika erlaubt daher umgekehrt die Extraktion der Raumrichtung -  Einzige Informationsquelle für die Elevation - Dieser Mechanismus setzt jedoch die Kenntnis des ungefilterten Signals voraus. Diese Ungewissheit kann einerseits durch leichte Kopfbewegungen gelöst werden, andererseits durch eine gute Schätzung des originalen Signalspektrums. - In der Individualentwicklung hört der Mensch auftretende Geräusche aus verschiedenen Richtungen. Zusammen mit der visuellen Information können sowohl die eigenen Außenohrübertragungen als auch die typischen Signalspektren erlernt werden. - Während der Wachstumsphase ändert sich die Kopfform stetig und tatsächlich ist der Mensch in der Lage in kurzer zeit mit fremden Außenohren hören zu lernen ‐  cortikale Plastizität ist beträchtlich 2.2.5 Lautheit ‐ Man muss zwischen der physikalisch beschreibbaren objektiven Reizgröße und der sensorischen Reizgröße unterscheiden. ‐ Man geht dabei davon aus, dass sie sich miteinander in Beziehung setzen lassen. Diese Beziehung ist im Falle der Lautheit besonders gut untersucht, daher wird im folgenden zunächst die Skalierung der Schallintensität beschrieben, dann die der Lautheit 2.2.5.1 Schallintensität & Schalldruckpegel ‐ die physikalischen Größen der Lautstärke sind Schallintensität (1) und Schalldruckpegel (2) ‐ (1) ‐ Schallintensität ist die Energie des Schalls, die pro Sekunde durch eine bestimmte Fläche fließt. ‐ Nachdem unser Gehör für einen extrem großen Bereich von Intensitäten empfindlich ist, gibt man nicht die Schallintensität selbst an, sondern das Verhältnis von 2 Intensitäten (der Intensität des interessierten Schalls und der Referenzintensität 10) auf einer logarithmischen Skala in Bel. ‐ Ein Bel entspricht dem Verhältnis von 2 Intensitäten 10 : 1. ‐ Der Schallintensitätspegel…? ‐ (2) -
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Der Schalldruckpegel ist die gängigere Bezeichnung für die Stärke eines Schalls. Die Schallintensität 1 ist proportional dem quadrierten Schalldruck L Das menschliche Gehör verfügt bezüglich der hörbaren Schallintensitäten über einen großen Dynamikbereich, der von der absoluten Hörschwelle (0 dB SPL) bis hin zur Schmerzgrenze (140 dB SPL) liegt 2.2.5.2 Phon & Sone ‐ psychischen Größen der Lautstärke sind Phon & Sone: ‐ Lautstärkeempfindung hängt nicht nur von dessen Schallpegel ab, sondern auch von der Frequenz des Tons ‐ Besonders bei geringen Schalleindrücken. Bei zunehmender Abweichung der Frequenzen vom Bereich um die 3000 Hz müssen die Schalle zunehmend an Schallintensität zunehmen um gehört zu werden ‐ Durch so genannte Kurven gleicher Lautstärke werden Lautstärken für verschiedene Frequenzen vergleichbar gemacht. ‐ Ausmaß der Pegellautstärke für Töne mit konstanter Lautstärke und variablem Schallpegel gibt man in Ln an. Die Einheit dieser Größe ist Phon. Die Kurven gleicher Lautstärke werden auch Isophone genannt. (werden mit höheren Schalldrücken flacher) ‐ Auch für komplexe Schalle gilt, dass die spektrale Zusammensetzung des Schalls dessen Lautstärke mitbestimmt. ‐ Fechner’sche Gesetz abgeleitet: die sensorische Empfindung steigt mit dem Logarithmus der physikalischen Reizgröße. Jedoch kann die dB‐Skala nicht viel darüber aussagen, wie sich die Lautheit ändert. ‐  der Psychophysiker S. S. Stevens hat mit der Methode der direkten Größeneinschätzung die Sone‐Skala entwickelt.: ‐  Es hat sich gezeigt, dass Ergebnisse in ganz unterschiedlichen Sinnesmodalitäten und über weite Bereiche der Reizintensität durch eine Potenzfunktion der Art S= k * Ib beschrieben werden könne (s ist die sensorische Empfindung, I, die physikalische Reizintensität und k eine Konstante mit b dem Exponenten) ‐ Bei der Lautheit beträgt der Exponent 0,6. ‐  Exponenten kleiner als 1 bedeuten, dass große Veränderungen der Reizintensität zu relativ kleinen Veränderungen der sensorischen Reizempfindung führen. ‐  Sone‐Skala wurde derart standardisiert, dass ein 1‐kHz Ton von 40 dB dem Wert 1 Sone entspricht 2.2.5.3 Abhängigkeit der Lautheit von Dauer & Komplexität ‐ Zusätzlich zu Intensität & Frequenz wird Lautheit auch von Dauer & Komplexität beeinflusst ‐ Grobe Regel bei der Dauer: Bei Verlängerung eines kurzen Schalls erhöht sich die Lautheit um das Zehnfache wie bei einer Anhebung der Reizintensität um 10 dB ‐ Allerdings bringt eine Verlängerung des Tons von mehr als 200 ms keine Erhöhung der Lautheit mehr. ‐ Lautheit ist auch abhängig von der Zusammensetzung des Schalls. Bei der Bestimmung der Gesamtlautstärke müssen die Frequenzen, aus denen der Schall besteht berücksichtigt werden: einfachster Fall eines komplexen schalls : 2 Frequenzen. Je nachdem ob die Frequenzen in der gleichen oder in unterschiedlichen Frequenzgruppen liegen verändert sich die Lautheit ‐ Zusätzlich müssen auch Maskiereffekte berücksichtigt werden, die die Verdeckung verschiedener Frequenzen beschreiben. ‐  Fazit: Lautheitsbestimmung wird durch diese Einflussfaktoren relativ aufwändig 2.2.6 Auditives Gedächtnis ‐ Die Hörwahrnehmung ist von sensorischen Gedächtnisfunktionen abhängig, da die Darbietung der akustischen Informationen zeitlich erstreckt in Longitudinalwellen erfolgt. ‐  Zeitlich erstreckte Informationen müssen also integriert und in Beziehung gesetzt werden um zu einem einheitlichen Höreindruck verknüpft werden zu können ‐ erste experimentelle Nachweise der Existenz des auditiven sensorischen Gedächtnisses: ‐ 1.) Rückwärtsmaskierung (Massaro): VP’s können einen Testton nicht mehr mit einem Standardton vergleichen, wenn ein Maskierreiz kurz danach geboten wird (ab 300ms schwierig, gegen null Zufallsniveau); man geht davon aus, dass der Maskierton hier die Inhalte eines präperzeptuellen Speichers überschreibt und dadurch die erforderliche Verarbeitung der Information unterbrochen wird ‐ 2.) Suffix‐Effekt (Crowder und Morton): Der Recency‐Effekt, der besagt, dass das letzte Item am besten errinnert wird, wird deutlich reduziert wenn an das Ende der reproduzierenden Liste ein nicht zu erinnerndes Item gesetzt wird (Ausmaß hängt von der Ähnlichkeit der beiden Items ab). Sie vermuten, dass dies aufgrund vom Überschreiben des Inhalts eines präkategorielem akustischen Speichers geschieht ‐ Weitere Leistungen des auditiven sensorischen Gedächtnisses: 32
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1.) Integrationsphänomene: Abhängigkeit der Lautheit bei kurzen Schallen von der Dauer des Schalls (bis 200ms) ‐ 2.) Persistenzphänomene: Überschätzung der Dauer von kurzen Schallen (10 ms bis 150 ms; bis zu 150 ms länger) ‐  Grundfunktion des auditiven sensorischen Gedächtnis: Integration von zeitlich benachbarten Reizinformationen (Bsp. s.o.) ‐  Verfügbarhaltung von Informationen für weitere Verarbeitungsprozesse (Bsp. Satzverstehen) ‐ 2 Aufeinander folgende Phasen: ‐ 1.) Der kurze präperzeptuelle auditive Speicher (Speicherdauer von ca 200 ms) ‐ 2.) lange bzw. synthetisierte auditive Speicher stellt eine statischere Form der Speicherung dar, die als Datenbasis für weitere Verarbeitung dient (Dauer ca. 10 bis 30 s) ‐  Übereinstimmungen mit klassischen Kurzzeitgedächtnis: ‐ Lebensdauer von ca. 10s ‐ Kapazität: einige wenige Items ‐  Unterschiede: ‐ modalitätsspezifische Enkodierung von Informationen: Inhalte können nihct einfach in eine andere Modalität transformiert werden (Bsp. Tonhöhe in Farbe) ‐ Inhalte sind nicht kategorialer Natur: keine Begriffe der Inhalte des sensorischen Gedächtnisses, die sie vollständig beschreiben. Das Format der Inhalte des sensorischen Gedächtnisses erlaubt uns eine Unterscheidung von zwei nur leicht differierenden Reizen, die in die gleiche Kategorie fallen (Vokal a wird unterschiedlich dargeboten) ‐ Charakteristika des auditiven sensorischen Gedächtnisses, die noch untersucht werden müssen: ‐ Art der Inferenz: ‐ ein späterer Reiz beeinträchtig die Verarbeitung des vorangegangenen: retroaktive Inferenz ‐ ein früherer Reiz beeinträchtigt die Verarbeitung eines späteren jedoch kaum: proaktive Inferenz ‐ Art der Aktivierung: ‐ Inhalte des sensorischen Gedächtnisses werden exogen aktiviert ‐ Aufrechterhaltung durch Rehearsal ist vermutlich nicht möglich oder sogar nachteilig ‐ Stimulusmaterial zur Untersuchung der zweiten Phase: das weiße Rauschen ‐ weiße Rauschen: Schall, der alle hörbaren Frequenzen mit gleichem Pegel enthält. ‐ Wenn bei periodischem Rauschen das wiederholte Stück länger als eine Sekunde andauert hat der ungeübte Hörer den Eindruck vom homogenen weißen Rauschen ‐ Bei kürzeren Stücken hört man einen Rhythmus ‐ Kategoriale Gedächtnisinformationen sind nicht involviert; Rehearsal kann also nicht verwendet werden ‐ Das auditive sensorische Gedächtnis wird üblicherweise als automatisch angesehen, in dem Sinne, dass die Prozesse auch dann stattfinden, wenn die Person keine explizite Intention aufweist, die Enkodierung vorzunehmen. ‐  Repräsentationen des sensorischen Gedächtnisses werden als Ausgangsbasis aufgabenbezogener Verarbeitungsprozesse verstanden ‐ Aufgabenunabhängiger Indikator: Mismatch‐Negativy‐Komponente des ereigniskorrelierten Potentials ( EKP’s) ‐  EKP’s werden aus dem Electroenzephalogramm errechnet ‐  reflektieren die bei der Verarbeitung von inneren und äußeren Ereignissen auftretende Gehirnaktivität ‐  automatische Gedächtnisprozesse ermöglichen es in der akustischen Umwelt auftretende Regularitäten zu entdecken und daraus ein Modell der Umwelt zu konstruieren. ‐  Auf dieser Grundlage (Modell) werden zukünftige Schallereignisse vorhergesagt & mit aktuellen Schallereignissen verglichen ‐  Nur eine tiefe Verarbeitung wenn neue Informationen auftauchen ‐  Mechanismus kostet relativ wenig Kapazität; Entlastung des Informationsverarbeitenden Systems ‐  führt also auch zur Auslösung unwillkürlicher Aufmerksamkeitszuwendung 2.2.7 Auditive Szenenanalyse ‐ Anforderungen an auditives System: ‐ Auditive Szeneanalyse: Strukturieren eines Schalls, um Art und Zahl der Schallquellen zu bestimmen, indem zusammengehörige Teile verbunden und nicht zusammengehörige Teile getrennt werden ‐ Hat die auditive Gestaltpsychologie sehr befruchtet 33
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Wesentliche Operationen: Trennen (segregation) und Verbinden (binding); streaming: Dynamik des Vorgangs; Endziel der Strukturierung ist für Hörereignisse ein Vorgang der Zeit, ein Strom ‐ Ziel: einkommenden Schall so zu strukturieren damit die Zahl und Art der Schallquelle wiedergegeben werden kann ‐ Man kann nicht beliebig viele Ströme voneinander trenne, allerdings kann man seine Aufmerksamkeit auf bestimmte Stimmen lenken und diese dann trennen Bsp. Orchester)  wir können maximal 3 bis 4 Ströme ausbilden  Begrenzung in der Kapazität unserer Aufmerksamkeit 2.2.7.1 Mechanismen der Szenenanalyse ‐ Merkmale, die uns helfen: ‐ Tonhöhe ‐ Klang ‐ Ort des Tons ‐ Zeitliche Abfolge ‐  Keines dieser Merkmale kann die ganze Bandbreite der Phänomene erklären ‐ Eines der wichtigsten Merkmale: ‐ Beginn & Ende der Töne: Schon Unterschiede von 10ms werden registriert ‐ Obertöne: bilden ein harmonisches Raster, schon wenig verstimmt kann dies als getrenntes Schallereignis interpretiert werden ‐ Je nach Frequenz & Zeitabstand von Tönen werden diese in einen Strom integriert oder in zwei Ströme segregiert ‐ Zweideutigkeit ist typisch für die Szenenanalyse: ‐  es gibt harte Grenzen jenseits derer schnelle Bottom‐up‐Prozesse den Ausgangsbereich der Analyse festlegen & weite Übergangsbereiche wo Top‐down Prozesse flexibel auf das Ergebnis der Analyse Einfluss nehmen 2.2.7.2 Visuelle & auditive Gestaltpsychologie ‐ Auditive Gestaltprinzipien: es scheint eine Art Verrechnung zwischen auditiven & visuellen Dimensionen zu geben  Analogien ‐ Prinzip der Nähe: Töne werden in einen Strom sortiert  geringerer Zeit‐ & Frequenzabstand ‐ Kontinuität: Wenn in Lücke eines unterbrochenen Pfeiftons ein lautes weißes Rauschen gefüllt wird, erscheint dieser wie ein durchgehender Ton ‐ Irreführende Analogien: ‐ durchgehender Kurvenverlauf überträgt sich nicht in auditive Modalität: anders als im visuellen System, wo glatte Linien sehr häufig sind, sind Frequenzgänge typischer auditiver Reize weniger glatt, also gibt es keinen Anlass Glätte im Frequenzverlauf zu fordern 2.2.7.3 Duplex‐Wahrnehmung ‐ Wesentlicher Unterschied zwischen auditivem & visuellem System ‐ Duplex‐Wahrnehmung = während beim Sehen eine lokale Erregung der Retina nur auf ein Objekt zurückzuführen ist, kann die lokale Erregung auf der Basilarmembran zugleich von mehreren Schallquellen stammen; entsprechend führt beim Sehen ein Sinnesdatum nur zu einem Perzept, während es beim Hören zu 2 Perzepten kommen kann ‐ Darwin: Experiment, bei dem VP die Sprache nur verstehen konnten, wenn die Frequenzen trotz unterschiedlicher Tonhöhe zu einem Strom zusammengefügt wurden ‐  Erregung des oberen Frequenzbands, obwohl nicht vorrangig dem Strang A zugeordnet stand also auch Strang B zur Verfügung ‐ Fowler & Rosenblum: natürliche Geräusche wie zufallende Metalltür vs zufallende Holztür ‐  der Hochfrequenzanteil wurde doppelt ausgewertet ‐ Duplex‐Wahrnehmung dient der Flexibilität: mehrere Interpretationen werden möglich ‐ Fazit: ‐ auditive System verfügt über eine Vielzahl an Mechanismen um die Eindrücke zu strukturieren, so dass diese uns größtmögliche Informationen über die Umwelt liefern ‐ Teilweise schnelle & automatische Mechanismen und teilweise flexibel durch Aufmerksamkeit modulierbar ‐ Schemabasierte Szenenanalyse: Möglichkeiten unter Interpretationen aufgrund von Vorwissen auszuwählen 3. Aufmerksamkeit 34
3.1 Einleitung - Funktionen von Aufmerksamkeit = Selektion & Deselektion (selektive Aufmerksamkeit), Handlungssteuerung, Integration - Selektive Aufmerksamkeit = Mechanismen der Auswahl einer kleinen, zur effizienten & störungsfreien Handlungssteuerung erforderlichen Informationsmenge aus einer großen Menge Reize; dient der handlungssteuernden Selektion (selection for action) - Perzeptive Selektion = Funktion der Auswahl bestimmter Infos auf der Stufe der Wahrnehmung mit dem Ziel, diese Infos dem Bewusstsein bzw. der Steuerung von Denken & Handeln zugänglich zu machen - Eigentliches, durch selektive Aufmerksamkeit zu lösendes Problem: richtige Information steuert zur richtigen Zeit ein bestimmtes Verhalten  selektive Aufmerksamkeit dient wesentlich der Handlungssteuerung - Selektive Aufmerksamkeit kann nur im umfassenderen Kontext von „Handlungen“ verstanden werden, wobei die funktionelle Architektur des gesamten Verarbeitungssystems mitzubetrachten ist  menschliche Performanz ist limitiert 3.2 Selektive Aufmerksamkeit - Große Menge von Reizen  wir werden uns nur eines kleinen Ausschnitts aus dieser Informationsmenge bewusst (nur ein kleiner Ausschnitt determiniert unsere fortlaufende Interaktion mit der Umwelt) - Relevante Teilmenge muss ständig ausgewählt werden, um effizientes & störungsfreies Handeln zu ermöglichen 3.2.1 Klassische Ansätze zur selektiven Aufmerksamkeit - Grundlegende Paradigmen und Befunde: - 1) Paradigma des dichotischen Hörens (Cherry, 1953) - 2) Split‐span‐Paradigma (Broadbent, 1954) - 3) Paradigma zur Untersuchung der Psychologischen Refraktärperiode (PRP; Welford, 1952) - Experimentelle Untersuchungen mittels dieser Paradigma  Filtertheorie von Broadbent (1958) - Cherry (1953): Cocktailparty‐Phänomen; Wie bringt man es fertig, einem bestimmten Gespräch im Raum zu folgen, in dem es einen Hintergrund anderer Gespräche gibt?  Paradigma des dichotischen Hörens - Je eine Nachricht an linkes und an rechtes Ohr der VP  eine soll „beschattet“ werden (shadowing = laut nachsprechen, also beachten) - VP waren kaum fähig, Bedeutung der nicht beachteten Nachricht wiederzugeben oder zu berichten, ob sie von einer Sprache in eine andere wechselte - VP bemerkten jedoch, wenn Stimme des Sprechers von der eines Mannes zu der einer Frau wechselte oder wenn ein Beep‐Ton präsentiert wurde - Bei Darbietung von 2 Nachrichten mit derselben Stimme in einem Ohr: Beschattung einer Nachricht (auf Basis ihres Inhalts) äußerst schwierig - Broadbent (1954): Split‐span‐Paradigma - VP wird z.B. eine Sequenz von simultanen Ziffernpaaren (eine auf linkes, andere auf rechtes Ohr) dargeboten  VP soll Ziffern möglichst vollständig wiedergeben - Wiedergabe erfolgte bevorzugt nach Ohr, nicht jedoch nach Darbietungspaaren -  Aufgabenirrelevante Nachrichten werden vor ihrer vollen Verarbeitung abgeblockt -  physikalische Merkmale der Eingangsinformation sind effektive Hinweisreize (cues), um die unterschiedlichen Nachrichten auseinander zu halten -  nur physikalische Merkmale der nicht beachteten Nachricht können entdeckt werden -  Nachrichtenselektion erfolgt auf Basis physikalischer Reizmerkmale (z.B. Reizort, Ohr, Frequenz) - Welford (1952): Untersuchungen zur psychologischen Refraktärperiode (PRP) - 2 Reize schnell hintereinander  VP musste so schnell wie möglich auf jeden der Reize reagieren - Reaktionszeit auf den 2. Reiz hängt von Zeitverzögerung zwischen dem Einsetzen des 1. und dem des 2. Reizes ab (stimulus onset asynchrony, SOA) - Kurze SOAs  RT umso länger, je kürzer die Zeitverzögerung -  Reaktionszeitverlängerung: psychologische Refraktärperiode, die auf einen „Engpass“ (bottleneck) im Verarbeitungssystem zurückgeht (Verarbeitung des 1. Reizes muss abgeschlossen sein, bevor die des 2. beginnen kann  serielle Verarbeitung) -  PRP als Evidenz für zentrale Beschränkung in menschlicher Informationsverarbeitungskapazität (da beide Reize sensorisch, also peripher, unmittelbar registriert werden) - Die Filtertheorie der Aufmerksamkeit (Broadbent): 35
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2 gleichzeitig dargebotene Eingangsreize bzw. Nachrichten erlangen parallel (simultan) Zugang zu einem sensorischen Speicher Nur einer der Reize darf auf der Basis seiner physikalischen Merkmale (z.B. Ohr) einen selektiven Filter passieren Anderer Reiz wird abgeblockt, verbleibt aber vorübergehend im Speicher für eventuellen späteren Zugriff Filter ist notwendig, um ein kapazitätslimitiertes, strikt serielles Verarbeitungssystem (limited‐capacity channel) jenseits des Filters vor Überlastung zu schützen Dieses System verarbeitet Eingangsinfos gründlich (semantisch); Nur Infos, die dieses System durchlaufen, können bewusst und Bestandteil des Langzeitgedächtnisses werden Annahmen: 1) Frühe Selektion: Ort der Nachrichtenselektion ist früh; Selektion erfolgt auf Basis physikalischer Reizmerkmale 2) Alles‐oder‐nichts‐Prinzip: Weiterleitung von Nachrichten nach Alles‐oder‐nichts‐Prinzip 3) Art des Hinweisreizes, der Nachrichtenselektion dient (physikalische Merkmale) reflektiert Verarbeitungsstufe, die nicht beachtete Nachrichten erreichen 4) Einkanalhypothese: nur ein serieller, kapazitätslimitierter zentraler Prozessor  Teilung der Aufmerksamkeit zwischen 2 (oder mehr) Eingangskanälen erfordert rasches Umschalten des Filters zwischen den Kanälen (multiplexing) Fazit: selektiver Filtermeachnismus wird auf einen von mehreren parallel arbeitenden Eingangskanälen gerichtet, den höheren, kapazitätslimitierten Verarbeitungsprozessen wird nur über diesen Kanal Information zugeleitet Aber: Revision der Filtertheorie auf Grund späterer Befunde - Es kann zum Durchbruch nicht beachteter Information durch den Filter kommen (z.B. entdeckt ca. 1/3 der VP eigenen Namen im nicht beachteten Kanal) - Information im nicht beachteten Kanal wird semantisch bis zu einer bestimmten Stufe verarbeitet; dies kann Interpretation von Informationen im beachteten Kanal beeinflussen - Entdeckung kritischer Informationen im nicht beachteten Kanal kann durch Übung wesentlich gesteigert werden Die Attenuationstheorie der Aufmerksamkeit (Treisman): 1) Mehr‐oder‐weniger‐Prinzip: abgeschwächte Weiterleitung und Verarbeitung nicht beachteter Informationen 2) Ort der Selektion ist flexibel, wenn auch relativ früh, auf einer perzeptiven Stufe angesetzt Analyse der Eingangsinfos durchläuft eine Hierarchie von Verarbeitungsstufen (physikalisches Reizmuster  Silben  Wörter  usw.), wobei das erreichte Analyseniveau von der verfügbaren Verarbeitungskapazität abhängt 3) Modell der Worterkennung: Verarbeitungssystem enthält Reihe von lexikalischen Einheiten, von denen jede einem Wort entspricht jede Einheit integriert perzeptive & semantische Evidenz (d.h. Aktivierung von perzeptiven & semantischen Verarbeitungseinheiten, mit denen sie verknüpft ist) Einheiten feuern, wenn ihre Aktivierung Schwelle übersteigt, wodurch die Wortbedeutung bewusst werden kann Einheiten haben unterschiedliche Aktivierungsschwellen, abhängig von „Salienz“ & Auftretenshäufigkeit der entsprechenden Wörter Wenn Attenuator eine Reduktion des perzeptiven Inputs vom nicht beachteten Kanal bewirkt  Einheit kann nur dann feuern, wenn ihre Aktivierungsschwelle hinreichend niedrig ist (z.B. Einheit für eigenen Namen  Durchbruch) Fazit: Information wird über alle Kanäle parallel übertragen, Informationsfluss wird aber von Attenuatormechanismus mehr oder weniger stark abgeschwächt (Gesamtmenge an übertragener Information bleibt konstant) Theorie der „späten“ Selektion (Deutsch & Deutsch): 1) „späte“ Selektion: näher am Ausgabeende (der Reaktion) des Systems Weiterverarbeitung erfolgt nur für Reize, die für die momentane Aufgabe am relevantesten sind  Momentanes Handlungsziel als Selektionskriterium 36
Setzt effizienten Prozess der Gewichtung aller Eingangsreize nach ihrer Relevanz voraus (bei seriell arbeitendem Prozessor wär erforderlicher multipler Vergleichsprozess zu langwierig)  parallele Verarbeitung - Fazit: es erfolgt keine Informationsselektion vor den höheren (semantischen) Verarbeitungsprozessen) - „Frühe“ vs. „späte“ Selektion: - Ort der Selektion: „früh“ (Treisman) vs. „spät“ (Deutsch & Deutsch)  Kontroverse endete unentschieden - Johnston & Heinz (1978): Je mehr Verarbeitungsstadien vor der Selektion durchlaufen werden, umso größer ist der Bedarf an Verarbeitungskapazität; Selektion erfolgt so früh in der Verarbeitung, wie es die Aufgabenanforderungen erlauben, um den Kapazitätsbedarf zu minimieren - Lavie (1995): perceptual load spielt eine Rolle bei Effizienz von selektiver Aufmerksamkeit; ob Aufmerksamkeit früh oder spät wirkt, hängt von den Anforderungen der Aufgabe an die Zielreizselektion (perceptual load) ab - Attentionale Anforderungen gering: irrelevante Distraktoren werden mitverarbeitet (weil Kapazität übrig ist) & können Antwortinterferenz verursachen - Beansprucht Target‐Selektion vollständige Aufmerksamkeit: keine Distraktoren werden verarbeitet - Experiment 1: Menge möglicher Zielreize variiert (1‐6  Einzelner Zielbuchstabe vs. Zielbuchstabe in Reihe von Buchstaben) - FKE ( Mitverarbeitung der Flankierreize) nur bei geringer perceptual load -  high load: Distraktoren stören nicht; low load: Distraktoren stören - Experiment 2: Reaktion auf Target (go‐/no‐go) von farbigem Formstimulus neben Target abhängig gemacht - Low‐load: nur reagieren (go), wenn dieser Stimulus blau war, aber nicht (no‐go), wenn er rot war - High‐load: nur reagieren (go), wenn Stimulus blaues Quadrat oder roter Kreis war, aber nicht (no‐go), wenn er rotes Quadrat oder blauer Kreis war -  high load reduzierte Interferenzwirkung eines Distraktors, der zusätzlich zu farbigem Formstimulus im Display enthalten war - Flankierreiz‐Paradigma (Eriksen & Eriksen, 1974): - VP wird Reihe von Buchstaben dargeboten („BAB“)  sollen bestimmte Reaktion auf zentralen Zielbuchstaben („A“) ausführen - Falls Flankierreize („B“) eine damit inkompatible Reaktion erfordern, kann es zu einer Verlängerung der RT kommen (Flankierreiz‐Kompatibilitätseffekt, FKE) - Fazit: gute Evidenz dafür, dass Ort der Aufmerksamkeitsselektion flexibel ist & von spezifischen Aufgabenfaktoren abhängig sein kann - Keine singuläre Antwort auf Frage, ob Selektion „früh“ oder „spät“ erfolgt 3.2.2 Selektive visuelle Aufmerksamkeit - 1960er & 70er: Aufmerksamkeitsforschung zunehmend zu Frage der Selektion in visueller Umwelt - 3 Ansätze: ortsbasiert, objektbasiert oder dimensionsbasiert 3.2.2.1 Ortsbasierte visuelle Aufmerksamkeit - Paradigmen und Modelle: - Ortsbasierte Aufmerksamkeit = Theorien der selektiven Aufmerksamkeit, die davon ausgehen, dass Aufmerksamkeit zu einer gegebenen Zeit nur auf einen oder einige wenige Orte im visuellen Feld gerichtet werden kann; alle visuelle Information, die sich an diesen Orten befindet, wird selektiert - Beruht im Wesentlichen auf zwei Paradigmen: - 1) Flankierreizparadigma (Eriksen & Eriksen, 1974) - 2) spatial‐cueing‐Paradigma (Posner, 1980) - Eriksen & Eriksen (1976): Interferenzeffekt inkompatibler Flankierreize auf zentralen Zielbuchstaben lässt sich dadurch reduzieren, dass der Ort des Zielbuchstabens vor der Präsentation der Buchstabenreihe durch einen Markierstimulus angezeigt wird - Posner (1980): Cueing‐Paradigma - VP wird ortsbezogener Hinweisreiz (spatial cue) dargeboten (Hinweisreiz, der Position eines nachfolgenden Zielreizes mit einer bestimmten WS (Validität) indiziert - Zielreiz  VP hat so schnell wie möglich einfache Entdeckungsreaktion auszuführen - Hinweisreiz: entweder zentrales Symbol (Pfeil), der auf bestimmte Position zeigt (zentraler Cue) oder kurzzeitige Luminanzänderung direkt am indizierten Ort (peripherer Cue) -
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Hinweisreiz  VP richtet ortsbezogene Aufmerksamkeit auf angezeigte Position & ignoriert nicht‐
indizierte Positionen -  verkürzte RT relativ zu neutraler Cue‐Bedingung, wenn Zielreiz am angezeigten Ort erschein (valider Cue: RT‐„Gewinne“) -  verlängerte RT, wenn Zielreiz an einem nicht‐indizierten Ort erschien (invalider Cue: RT‐„Kosten“) Fazit: visuelle Aufmerksamkeit funktioniert wie „Lichtkegel“ (spotlight), der bestimmten Ort beleuchtet (Lichtkegelmetapher) - Stimuli, die an attentional illuminiertem Ort erscheinen, werden schneller & gründlicher verarbeitet als Stimuli an anderen Orten - Durchmesser des attentionalen Lichtkegels von konstanter Größe ↔ Lichtkegel wird in kontinuierlich‐
analoger Weise von einem Ort an den anderen verlagert Posner (1988): Orientierung der Aufmerksamkeit wird durch 3 separate Mechanismen gesteuert: 1) move = Verlagerung der Aufmerksamkeit von einem Ort an einen anderen 2) disengage = Ablösung der Aufmerksamkeit (vor der Verlagerung) von einem gegebenen Ort bzw. Objekt 3) engage = Anbindung der Aufmerksamkeit (nach der Verlagerung) an den neuen Ort bzw. an dort befindliches Objekt Eriksen et al.: Aufmerksamkeit als variable „Gummilinse“ (zoom lens): - Aufmerksamkeit kann entweder auf kleinen Bereich (min. 1° Sehwinkel Durchmesser) fokussiert werden, mit hoher „Auflösung“ innerhalb dieses Bereichs - Aufmerksamkeit kann über weiten Bereich eingestellt werden mit entsprechend verringerter Auflösung (unfokussiert) - Versuch, Befund zu erklären, dass sich Interferenzwirkung von inkompatiblem Flankierreiz auf Zielreizreaktion mit zunehmender Zeitverzögerung (SOA) zwischen dem Hinweisreiz und der Buchstabenreihe reduziert  Vorstellung, dass Aufmerksamkeit auf Cue hin in einem zeitverbrauchenden Prozess von einem unfokussierten Zustand in einen fokussierten Zustand übergeht Neuere Vorstellungen: ortsbezogene, visuelle Aufmerksamkeit im Sinne eines Gradientenmodells; attentionale „Auflösungskraft“ fällt innerhalb der beachteten Region vom Maximum im Zentrum kontinuierlich zur Peripherie hin ab Mechanismen der Aufmerksamkeitsorientierung: Ausrichtung der Aufmerksamkeit auf einen Ort kann durch 2 komplementäre Mechanismen vermittelt werden Exogene Orientierung auf periphere Cues = reizgetriggert, reflexiv; kurze Latenz (ca. 50ms), transiente Aktivierung (50‐200ms) & relativ automatische Funktionsweise Endogene Orientierung auf zentrale Cues = intentional, willentlich, relativ lange Latenz (>200ms), relativ lange aufrechterhaltbare Aktivierung (>500ms) & kontrollierte Funktionsweise Besonders effektive exogene Triggerreize: transiente Luminanzänderung, wobei plötzliche Reiz‐Onsets wirksamer sind als ‐Offsets Exogene Orientierung kann unabhängig von Zweitaufgabe ablaufen & selbst durch örtlich nichtinformative Hinweisreize ausgelöst werden Endogene Orientierung auf valide Cues kann durch exogene, Aufmerksamkeit anziehende Triggerreize unterbrochen werden Unterbrechung hängt von Cue‐Validität ab: Unterbrechungseffekt ist bei sehr hoher Validität reduziert  Exogene Aufmerksamkeitsorientierung ist top‐down modulierbar & somit nur „partiell“ automatisch, während endogene Orientierung kontrolliert abläuft -
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Inhibition of return (IOR): Hemmung der Reorientierung der Aufmerksamkeit an einen vorher beachteten Ort: RT auf Target an einer durch peripheren Cue indizierten Position verlangsamt, wenn Zeitverzögerung zwischen Hinweis‐ & Zielreiz länger als ca. 300ms ist  frühe „Erleichterungs“‐Effekt für indizierte Position (SOAs < 300ms) verkehrt sich in einen späten Inhibitionseffekt (SOAs > 300ms) Inhibitionseffekt (Inhibition of return) = Ausdruck der Hemmung der Reorientierung der Aufmerksamkeit an einen kurz vorher beachteten Ort; (unmittelbares) Ausbleiben des Zielreizes an indizierter Position  zunächst: Verlagerung der Aufmerksamkeit von indizierter auf andere Position (z.B. Fixationsort)  wenn Zielreiz schließlich an indizierter Position erscheint  Reorientierung der Aufmerksamkeit auf diese Position erforderlich 38
Erschwerte Reorientierung auf indizierte (d.h. vorher beachtete) Position wird dann im Sinne einer inhibitorischen Markierung dieser Position für erneute Aufmerksamkeitsverlagerungen interpretiert - IOR als Bias in (gedächtnisbasierter) Steuerung der ortsbezogenen Aufmerksamkeit, der darauf hinwirkt, dass neue Orte im visuellen Feld abgesucht werden - Inhibition betrifft Orte/Objekte in Umwelt, deren Koordinaten unabhängig von Kopf‐ & Augenbewegungen sind - Sensitivitäts‐ vs. Kriteriumseffekte der ortsbezogenen Aufmerksamkeit: - Beeinflusst ortsbezogene Aufmerksamkeit die visuelle Sensitivität oder nur das Entscheidungskriterium (also Ausmaß an Evidenz, das für eine positive, Target‐anwesend‐Entscheidung erforderlich ist)? -  ortsbezogene Aufmerksamkeit beeinflusst sowohl perzeptive Sensitivität (erhöhte Sensitivität am beachteten Ort) als auch das Entscheidungskriterium (herabgesetztes Kriterium am beachteten Ort) - Sensitivitätseffekte sind abhängig von Anforderungen der Aufgabe an Zielreizverarbeitung: Effekte werden größer (Gradienten werden steiler) bei komplexen Diskriminations‐ als bei einfachen Entdeckungsaufgaben 3.2.2.2 Objektbezogene visuelle Aufmerksamkeit - Objektbezogene Aufmerksamkeit = Theorien der selektiven Aufmerksamkeit, die annehmen, dass Aufmerksamkeit nicht auf einen (abstrakten) Ort, sondern auf ein bestimmtes Objekt an einem bestimmten Ort ausgerichtet wird bzw. dass Aufmerksamkeit nur auf ein oder einige wenige Objekte zu einer gegebenen Zeit gerichtet werden kann; postulieren, dass alle Eigenschaften der beachteten Objekte gleichzeitig selektiert werden - Duncan (1984): Paradigma zur experimentellen Darstellung objektbezogener Aufmerksamkeit - Bot VP kurzzeitig 2 überlappende Objekte dar: Rechteck (groß oder klein & Öffnung links oder rechts) & Linie (Punkte oder Striche & nach links oder rechts geneigt) - Jedes Objekt war durch 2 unabhängige Attribute gekennzeichnet: Rechteck durch Größe & Lücke, Linie durch Textur & Neigung - VP sollten einfaches (1 Attribut von 1 Objekt) vs. duales (also insgesamt 2 Attribute; entweder von gleichem oder von beiden Objekten) Urteile fällen -  duale Urteile, die sich auf ein Objekt bezogen, fielen so genau aus wie Einzelurteile für dieses Objekt -  duale Urteile, die sich auf beide Objekte bezogen, waren ungenauer, obwohl beide Objekte am selben Ort (überlappend) dargeboten wurden und kleiner als 1° Sehwinkel (engste Einstellung der Aufmerksamkeit) waren -  entscheidende attentionale Limitation liegt nicht in ortsbezogener Aufmerksamkeit, sondern vielmehr darin, dass man nur auf ein Objekt zu einem gegebenen Zeitpunkt aufmerken kann -  objektbezogene Aufmerksamkeit macht dann Attribute des entsprechenden Objekts der weiteren Verarbeitung zugänglich - Vielzahl von Befunden, die für objektbezogene Aufmerksamkeit sprechen - Wichtige Frage, welche Art von Objektrepräsentation der objektzentrierten visuellen Selektion zugrunde liegt - Marr (1982): räumlich invariante „3‐D‐Modell“‐Repräsentation oder primal‐sketch‐Repräsentation (besteht aus einer Struktur von gruppierten lokalen Elementen & ist somit ortsabhängig) - Initiale Objektselektion basiert auf einer Repräsentation im Sinne einer Struktur von gruppierten Elementen  objektbasierte visuelle Selektion ist wesentlich ortsbezogen, d.h. sie findet in einem räumlichen Medium statt -
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Licht
Pupille
Linse
Retina
Photorezeptoren
Stäbchen (rods)
Zapfen (cones)
S-Rezeptor
(blau)
M-Rezeptor
(grün)
L-Rezeptor
(rot)
Zwischenneurone (Amakrin-, Bipolar- und Horizontalzellen)
M-Ganglienzellen
P-Ganglienzellen
Sehnerv
Chiasma opticum
10%
90%
Colliculus superior
Corpus geniculatum laterale
Magnozelluläre
Schichten (1&2)
Visueller
Kortex (V1)
1
2
3
4A
Komplexe Zellen
Parvozelluläre Blob-Bahnen
Extrastriater visueller Kortex (V2
bis V5)
Parvozelluläre
Schichten (3-6)
4B
4Cα
Einfache Zellen
4Cβ
5
6
Endinhibierte Zellen
Parvozelluläre Interblob-Bahnen
Dorsaler/Wo-/Wie-Strom
Parietallappen
Ventraler/Was-Strom
Temporallappen
Licht
Pupille
40
Linse
Retina
Photorezeptoren
Stäbchen (rods)
Zapfen (cones)
lichtempfindlich
Farbe
10%
60%
30%
S-Rezeptor
M-Rezeptor
(blau)
(grün)
L-Rezeptor (rot)
Zwischenneurone (Amakrin-, Bipolar- und Horizontalzellen)
M-Ganglienzellen
P-Ganglienzellen
große rezeptive Felder, grobe
achromatische Reizung  schnelle
transiente Aktivierung
kleine rezeptive Felder, fein achromatische &
chromatische Reizung  langsame tonische
Aktivierung
Sehnerv
Chiasma opticum
10%
90%
Colliculus superior
Corpus geniculatum laterale
Steuerung von
Blickbewegungen
Visueller
Kortex (V1)
1
2
Magnozelluläre
Schichten (1&2)
Parvozelluläre Schichten
(3-6)
Bewegung, Objektlokation
Farbe, Textur, Form, Tiefe
3
4A
4B
Komplexe Zellen
4Cα
4Cβ
5
6
Einfache Zellen
Endinhibierte Zellen
Bewegung, Orientierung
sich bewegende Ecken & Winkel
bestimmter Länge
Parvozelluläre Blob-Bahnen
Parvozelluläre Interblob-Bahnen
Magnozelluläre Interblob-Bahnen
Farbe
Form, Tiefe, Richtung, Orientierung
Bewegung, Tiefe
Extrastriater visueller Kortex (V2
bis V5)
V2
V3
V4
V5
Tiefe,
Form
Farbe, Orientierung
von Kanten
Bewegung
Dorsaler/Wo-/Wie-Strom
Ventraler/Was-Strom
Objektlokation, Handlung,
Richtung & Geschwindigkeit
(besonders in MT/V5)
Objektwahrnehmung & Objekterkennung, Farbe (besonders V4)
Parietallappen
Temporallappen
V1
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