Horner-Syndrom beim Hund – Was steckt dahinter?

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Horner-Syndrom beim Hund – Was steckt dahinter?
Marie-Kerstin Müller
L­äsion, zwischen dem zentralen, dem
präganglionären und dem postganglio­
nären Horner-Syndrom (▶ Abb. 1).
tieren sie mit den postganglionären
­Fasern [12, 14].
1. Neuron
Die Axone der postganglionären Fasern
ziehen als Plexus perivascularis entlang
der Gefäße und übernehmen die sympa­
thische Innervation der gesamten Kopf­
region. Als N. caroticus internus ver­
laufen die Fasern entlang der A. carotis
­interna. Sie passieren die Bulla tympani­
ca und somit das Mittelohr, bevor sie in
den Sinus cavernosus ziehen und entlang
des N. ophthalmicus durch die Fissura
orbitalis superior in die Periorbita eintre­
ten. Die sympathischen Fasern umgehen
das Ganglion ciliare und gelangen nach
Formation des N. ciliaris longus in den
Bulbus, wo sie den M. dilatator pupillae
innervieren [12].
Die Neuronengruppen des Nucleus para­
ventricularis hypothalami beeinflussen
die sympathische Aktivität. Diese befin­
den sich im lateralen und kaudalen
­Hypothalamus. Von hier ziehen die zen­
tralen Nervenfasern im Funiculus latera­
lis der Substantia alba des Rückenmarks
als tektotegmentospinaler Trakt nach
kaudal. Sie enden an den Interneuronen
der Substantia intermedia lateralis [12].
2. Neuron
Anatomie
Die okulosympathischen Bahnen beste­
hen aus 3 in Reihe geschalteten Neuro­
nen. Man unterscheidet demnach zwi­
schen dem 1. Neuron (zentral), dem
2. Neuron (präganglionär) und dem
3. Neuron (postganglionär). Aufgrund
des Verlaufs der Nervenbahnen können
viele Erkrankungen die sympathischen
Bahnen beeinflussen und ein HornerSyndrom verursachen. Man unterschei­
det daher, je nach Lokalisation der
Die Perikarya der präganglionären sym­
pathischen Nervenzellen liegen im Sei­
tenhorn des thorakolumbalen Rücken­
markabschnitts. Sie verlassen das Rü­
ckenmark auf Höhe der Rückenmarkseg­
mente Th1 – Th3. Von hier aus verlaufen
sie mit dem N. vagus und der A. carotis
communis zum Truncus vagosympathi­
cus vereint nach kranial. Auf Höhe des
Atlas ziehen die sympathischen Fasern
getrennt vom N. vagus zum Ganglion
cervicale craniale, das ventromedial der
Bulla tympanica gelegen ist. Hier synap­
3. Neuron
Hauptsymptome
Das Horner-Syndrom ist durch den Sym­
ptomkomplex aus
●● Miosis
●● Ptosis
●● Enophthalmus
●● Nickhautvorfall
charakterisiert (▶ Abb. 2). Zudem kann
eine Hyperämie der konjunktivalen und
kutanen Gefäße auftreten [5].
Miosis und Anisokorie
1. Neuron = zentral
Rückenmarkssegmente
Th1-3
Bulla
tympanica
3. Neuron = postganglionär
Ganglion
cervicale
craniale
Truncus
vagosympathikus
2. Neuron = präganglionär
Abb. 1 Schematische Darstellung des Verlaufs der sympathischen Fasern. © M.-K. Müller
Enke Verlag | kleintier.konkret, 2015; 3: 3 –11
Müller, Horner-Syndrom beim Hund – Was steckt dahinter?
Die Inzidenz der Miosis beim HornerSyndrom liegt beim Hund bei bis zu 100 %
[7]. Dabei kommt es aufgrund der Inner­
vationsstörung des M. dilatator pupillae
zu einer verminderten Fähigkeit der
­Pupille zur Dilatation. Folge ist eine Mio­
sis des betroffenen Auges und daher eine
statische Anisokorie. Dabei handelt es
sich um eine unterschiedliche Pupillen­
größe bei gleichem Lichteinfall auf die
Netzhaut beider Augen. Diese ist vor
allem in einer abgedunkelten Umgebung
3
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Das Horner-Syndrom des Hundes ist eine
durch die Symptome Miosis, Ptosis,
Enophthalmus und Nickhautvorfall
charakterisierte Erkrankung, die auf einer
sympathischen Innervationsstörung des
Auges beruht. Zusätzliche Symptome wie
Lähmungserscheinungen oder ein
verändertes Bewusstsein können helfen,
den Fokus der Läsion zu lokalisieren.
Röntgenuntersuchungen, Computer- und
Kernspintomografien sowie pharmakologische Tests können dazu beitragen, die
Grunderkrankung zu erkennen, zielgerichtet zu therapieren und eine Remission
des Horner-Syndroms zu bewirken.
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Die glatte Muskulatur im periorbitalen
Bereich wird ebenfalls sympathisch in­
nerviert. Die glatten Muskelzellen sind
radiär in die Fascia bulbi eingelagert. Sie
bilden den Gegenspieler des M. retractor
bulbi. Ist die Innervation dieser Muskel­
zellen gestört, kommt es aufgrund des
verminderten Muskeltonus zum Einsin­
ken des Augapfels in die Orbita. Der
Enoph­
thalmus wird optisch durch die
Ptosis verstärkt [11].
Nickhautvorfall
Abb. 2 Hund mit einem Horner-Syndrom.
Die typischen Symptome Ptosis, Miosis,
Enophthalmus und Nickhautvorfall sind klar zu
erkennen. © PD Dr. Th. Flegel
gut zu beurteilen, da es aufgrund der ver­
minderten Dilatationsfähigkeit zu einer
Verstärkung der Anisokorie kommt. In
einer sehr hellen Umgebung kann die
Anisokorie hingegen fast vollständig auf­
gehoben sein, da die Funktion des M.
sphincter pupillae vom Tonus des Sym­
pathikus unbeeinflusst ist. Im Falle eines
bilateralen Horner-Syndroms ist die Mio­
sis meist schwer wahrzunehmen [5, 11].
Die glatte Muskulatur der Nickhaut wird
wie die glatte periorbitale Muskulatur
sympathisch innerviert. Aufgrund des
fehlenden Tonus im Zuge des HornerSyndroms kommt es verstärkt durch den
Enophthalmus zu einem Vorfall des 3.
Augenlids [5, 11].
Hyperämie
Durch den fehlenden sympathischen
Tonus der glatten Gefäßmuskulatur
kommt es zusätzlich zu einer Vasodilata­
tion der konjunktivalen und gelegentlich
der kutanen Blutgefäße. Es entsteht eine
4
In Abhängigkeit von der Lokalisation der
sympathischen Denervation unterschei­
det man zwischen dem zentralen, dem
präganglionären und dem postganglio­
nären Horner-Syndrom. Diese Formen
können, neben den allgemeinen Sympto­
men des Horner-Syndroms, zusätzliche
Symptome aufweisen.
Alle Symptome sollten bei der neurolo­
gischen Untersuchung registriert
werden, denn sie können bei der
Lokalisation der Läsion und der zielge­
richteten Therapie hilfreich sein [9].
Zentrales Horner-Syndrom
Mögliche Symptome einer intrakraniel­
len Läsion sind:
●● verändertes Bewusstsein
●● Verhaltensänderung
●● unphysiologische Thermoregulation
●● endokrine Entgleisung
●● Visusdefizite
Ätiologie (spezifisch)
zentral
prä­
ganglionär
post­
ganglionär
Vaskulär
fibrokartilaginöser Infarkt
✓
✓
x
Entzündlich
Otitis media/interna
x
x
✓
Neosporose
✓
x
x
Kryptokokkose
x
x
✓
Diskusprolaps (traumatisch)
✓
✓
x
Abriss des Plexus brachialis
x
✓
x
Bullaosteotomie
x
x
✓
Thoraxdrainage
x
✓
x
Halswirbelsäulenchirurgie
✓
x
x
Anomalie
arteriovenöse Malformation des
Zervikalmarks, intramedullär
✓
x
x
Metabolisch
Diabetes mellitus
x
✓
x
Idiopathisch
idiopathisch
x
✓
✓
Neoplastisch
Neurofibrom/-sarkom
✓
✓
✓
Thymom
x
✓
x
Diskusprolaps
✓
✓
x
Ptosis
Die Inzidenz der Ptosis beim Horner-Syn­
drom liegt beim Hund bei bis zu 100 % [7].
Das Herunterhängen des Oberlids wird
dabei durch die fehlende sympathische
Innervation des M. tarsalis superior be­
dingt. Da der M. levator palpebrae supe­
rioris sowie der M. levator anguli oculi
nicht der sympathischen Innervation
­unterliegen, kommt es nur zu einem un­
vollständigen Herabhängen des Oberlids
(Ptosis incompleta) [11]. Im Unterlid un­
terliegt der M. tarsalis inferioris eben­
falls der sympathischen Innervation.
Eine Denervation führt somit zu einem
leichten Anheben des unteren Augenlids
und somit zu einer „upside down Ptosis“
(umgekehrte Ptosis) [11].
Weitere Symptome
Tab. 1 Ätiologie des Horner-Syndroms nach dem „Vetamin-D-Schema“ (in Anlehnung an Rupp [12,
13]) sowie die Wahrscheinlichkeit des Auftretens in Abhängigkeit der Form des Horner-Syndroms
(✓ möglich, x unwahrscheinlich).
.konkret
Die Anisokorie sollte in einer abgedunkelten Umgebung beurteilt werden.
Hyperämie in den betroffenen Arealen
[9, 11].
Traumatisch
Degenerativ
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Enophthalmus
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Präganglionäres Horner-Syndrom
Folgende Symptome sind mit einer intra­
medullären Läsion bzw. einer Läsion des
Plexus brachialis assoziiert:
●● Schwäche
●● ipsilaterale Monoparese/-plegie, Hemi­parese/-plegie, Tetraparese/-plegie
●● Korrekturreaktionsdefizite (i. d. R. die
ipsilaterale oder beide Vorderglied­
maßen betreffend)
●● verminderte segmentale Reflexe (i. d. R.
●●
●●
die ipsilaterale oder beide Vorderglied­
maßen betreffend)
verminderter oder ausgefallener Pan­
nikulusreflex ipsilateral zum HornerSyndrom
selten: Larynxparalyse
Postganglionäres Horner-Syndrom
Folgende Symptome sind mit einer
­L äsion entlang des 3. Neurons (v. a. im
­Bereich der Bulla tympanica) assoziiert:
●● peripheres Vestibularsyndrom
●● Fazialisparese
Ätiologie
Aufgrund des Verlaufs der okulosympa­
thischen Bahnen können viele Erkran­
kungen, je nach Lokalisation, zu einem
Horner-Syndrom führen. Um dieses ge­
zielt therapieren zu können, sollte man
diese ursächlichen Krankheitsbilder bei
der Aufarbeitung des Patienten stets mit
in Betracht ziehen. Bei der Erstellung
einer möglichst vollständigen Differen­
zialdiagnosenliste hat sich das von Jaggy
geprägte „Vetamin-D-Schema“ bewährt
[6]. In Abhängigkeit von der Form des
Horner-Syndroms kann man die einzel­
nen ätiologischen Differenzialdiagnosen
weiter unterteilen. ▶ Tab. 1 gibt unter
Anwendung des „Vetamin-D-Schemas“
sowie unter Berücksichtigung der Form
des Horner-Syndroms einen Überblick
über die wichtigsten ätiologischen Diffe­
renzialdiagnosen [11].
Fibrokartilaginöser Infarkt
Fibrokartilaginöse Infarkte eines Rü­
ckenmarksgefäßes sind selten die Ur­
sache eines zentralen Horner-Syndroms.
Ein Infarkt im Bereich der zervikothora­
kalen Intumeszenz kann hingegen neben
dem Ausfall des Pannikulusreflexes auch
häufiger zu einem Horner-Syndrom (prä­
ganglionär) führen [11]. Betroffen sind
vor allem große Hunde, die häufig eine
perakute Lähmung zeigen, die meist
eine Seitenbetonung aufweist. Initial
können die Patienten eine Dolenz zeigen,
die in aller Regel innerhalb von 24 Stun­
den regressiv ist. Auch eine Progression
der Symptome wird meist nur in den ers­
ten 24 Stunden beobachtet.
Diagnostisch lässt sich ein solcher Infarkt
am ehesten in der Kernspintomografie
nachweisen. Im Liquor cerebrospinales
kann es zu einer isolierten Proteinerhö­
hung (albuminozytologische Dissozia­
tion) kommen, während eine neutrophile
bzw. gemischtzellige Pleozytose eher
selten nachgewiesen werden kann [3].
Otitis media et interna
Eine Otitis media et interna kann – wenn
auch eher selten beobachtet – zu einem
postganglionären Horner-Syndrom beim
Hund führen. Häufiger als das HornerSyndrom können bei diesen Patienten
zusätzlich eine Fazialisparese sowie ein
­peripheres Vestibularsyndrom beobach­
tet werden [11].
Läsionen des Plexus brachialis
Nicht nur eine traumatisch bedingte
­L äsion der Nervenfasern der Rückmark­
6
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Symptome einer intramedullären Läsion
im Bereich der Halswirbelsäule sind:
●● Ataxie
●● Parese/Plegie
(meist Mono- oder
Hemiparese/-plegie)
●● ipsilaterale Korrekturreaktionsdefizite
(z. T. auch alle 4 Gliedmaßen betref­
fend)
Um Läsionen im Bereich des Plexus bra­
chialis zu diagnostizieren, sollte eine
ausführliche Anamnese und klinische
Untersuchung des Hundes sowie eine
elektrophysiologische Untersuchung
erfolgen. Bei diesen Patienten ist neben
einer Spontanaktivität in dem Versor­
gungsgebiet der betroffenen Nerven häu­
fig auch eine verlängerte bis ausgefallene
Nervenleitgeschwindigkeit nachzuwei­
sen. Zudem kann die Messung der F- und
H-Wellen sowie von somatosensorisch
evozierten Potenzialen helfen, zwischen
Läsionen der ventralen bzw. dorsalen
Nervenwurzel zu differenzieren.
Bullaosteotomie
Vor allem ventrale Bullaosteotomien
können aufgrund einer Schädigung der
okulosympathischen Nervenfasern zu
einem postganglionären Horner-Syn­
drom führen. Dies ist auf den anatomi­
schen Verlauf der Nervenfasern ventro­
median der Bulla tympanica zurückzu­
führen. Das durch eine Bullaosteotomie
hervorgerufene Horner-Syndrom kann
temporär oder permanent sein.
Idiopathisches Horner-Syndrom
Bei ca. 50 % der Hunde mit einem Hor­
ner-Syndrom kann keine direkte Ursache
diagnostiziert werden. Es wird disku­
tiert, ob möglicherweise ein straffer Zug
an der Leine der Auslöser sein könnte.
Zudem gibt es Überlegungen, ob eine
Demyelinisierung eine Rolle spielen
­
könnte [17]. Dies wird auch bei der häufig
zeitgleich auftretenden Trigeminusneu­
ropathie beobachtet.
Vor allem männliche Golden Retriever
scheinen eine Prädisposition zu zeigen,
wobei das idiopathische Horner-Syn­
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drom auch bei anderen Rassen wie dem
Collie beschrieben ist [4]. Das idiopathi­
sche präganglionäre Horner-Syndrom ist
zwar häufiger, dennoch gibt es auch Be­
richte über die postganglionäre Form.
Die Symptome sind selbstlimitierend
und innerhalb von wenigen Monaten,
auch ohne spezifische Therapie, meist
regressiv. Möglicherweise ist dies das
­
­Ergebnis einer Remyelinisierung [17].
Diagnostik
Anhand der klinischen Symptome (Mio­
sis, Ptosis, Enophthalmus, Nickhautvor­
fall) kann häufig bereits die Diagnose
eines Horner-Syndroms gestellt werden.
Je nachdem, ob noch weitere Symptome
wie Paralysen, ein peripheres Vestibular­
syndrom oder Bewusstseinsveränderun­
gen beobachtet werden können, kann
bereits ein Rückschluss darauf gezogen
werden, um welche Form des HornerSyndroms es sich handelt. Ferner sind
diese Symptome oft hinweisend auf eine
möglicherweise zugrunde liegende Er­
krankung. Die im Folgenden aufgeliste­
ten Untersuchungen sollen dabei als
Orientierung dienen. Sie sind stets im
­
Hinblick auf die vorliegenden Symptome
und ätiologischen Verdachtsdiagnosen
des individuellen Patienten durchzufüh­
ren. Eine vorangegangene eingehende
allgemeine und neurologische Unter­
suchung wird als Grundvoraussetzung
angenommen.
Weiterführende Untersuchungen
Zentrales Horner-Syndrom:
●● Kernspintomografie des Kopfes
●● Kernspintomografie der Halswirbel­
säule
●● Analyse des Liquor cerebrospinalis
●● ggf. Erregernachweis (Neosporose,
Mykosen etc.)
Präganglionäres Horner-Syndrom:
●● Laboruntersuchungen (Glukose, Insu­
lin)
●● Röntgen bzw. Computertomografie des
Thorax
●● Kernspintomografie der unteren Halsbzw. kranialen Brustwirbelsäule
●● Kernspintomografie des Plexus brachi­
alis
●● elektrophysiologische Untersuchung
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segmente Th1–Th3 des Plexus brachialis
kann zu einem präganglionären HornerSyndrom führen. Differenzialdiagnos­
tisch müssen auch Neoplasien in diesem
Bereich wie Nervenscheidentumoren als
Ursache in Betracht gezogen werden [11].
Diese lassen sich am besten im Rahmen
einer Kernspintomografie darstellen. Kli­
nisch zeigen Hunde mit einem Abriss des
Plexus brachialis neben einem HornerSyndrom häufig auch einen Ausfall des
Pannikulusreflexes auf der betroffenen
Seite.
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Tab. 2 Durchführung der pharmakologischen Tests mit indirekt und direkt sympathomimetisch wirkenden Medikamenten.
indirekte Sympathomimetika
direkte Sympathomimetika
Kokain
Hydroxyamphetamin
Pholedrin
Phenylephrin
Konzentration
1,5 %, 4 %; 6 %
1 %
5 %
10 %
Menge
2 Tropfen
Abstand: 1–5 min
2 Tropfen
Abstand: 1 min
1 Tropfen
einmalig
2 Tropfen
einmalig
Beurteilung nach
30–40(–60) min
60 min
(10–)20–90 min
20 min
weiterer Test nach
48 bzw. 72 h
24 h
72 h
24 h
Wirkstoff
zentral
präganglionär
postganglionär
Kokain 6 %
ggr. Mydriasis
keine Dilatation
keine Dilatation
Hydroxyamphetamin 1 %
normale Mydriasis
normale Mydriasis
keine/unvollständige Mydriasis
Phenylephrin 10 %
keine Dilatation
keine Dilatation
Mydriasis
Pholedrin 1 %
normale Mydriasis
normale Mydriasis
keine/unvollständige Mydriasis
Adrenalin 0,1 %
keine Dilatation
keine Dilatation
Mydriasis
Postganglionäres Horner-Syndrom:
ophthalmologische Untersuchung
●● Röntgen bzw. Computertomografie des
Kopfes
●● Kernspintomografie des Kopfes
●● Otoskopie
●● ggf. Erregernachweis
●●
Lokalisation der Läsion
Sind außer dem Horner-Syndrom keine
weiteren klinischen Symptome nach­
weisbar, spricht man von einem soge­
nannten isolierten Horner-Syndrom.
Über pharmakologische Tests kann dif­
ferenziert werden, welches der 3 Neuro­
ne betroffen ist. Auch bei Patienten, die
zusätzlich zum Horner-Syndrom Kopf­
nervenausfälle zeigen, ist die Unterschei­
dung zwischen einer zentralen oder
postganglionären Läsion essenziell, da
Letzteres häufig eine bessere Prognose
aufweist.
­ eiterer zumeist kostenintensiver und
w
strahlenbelastender
Untersuchungs­
techniken zu minimieren. Zudem sind
pharmakologische Tests am wachen Pa­
tienten durchführbar. Sie sollten somit
deutlich invasiveren und mit einem Nar­
koserisiko verbundenen Untersuchungs­
methoden vorangestellt werden.
Die Tests sind in der Regel einfach durch­
zuführen und können helfen, die Läsion
entlang der okulosympathischen Bahnen
zu lokalisieren. Dies ist hilfreich, um die
zu untersuchenden Abschnitte genauer
einzugrenzen und somit den Einsatz
Grundsätzlich sollten immer beide
Augen mit der gleichen Dosis getestet
und die Reaktionen miteinander vergli­
chen werden. Das gesunde Auge dient als
Referenz. Da eine entsprechende Absorp­
tion der Medikamente nur bei einem
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Tab. 3 Pharmakologische Lokalisation der Läsion [6].
Es sollte allerdings erwähnt werden, dass
die Tests nicht immer mit so klaren und
eindeutigen Ergebnissen enden, wie es
die Theorie vermuten lässt.
Die Ergebnisse pharmakologischer Tests
sollten stets im Hinblick auf den
individuellen Patienten und die sonsti­
gen Befunde gewertet werden.
Indirekte Sympathomimetika
Kokain
Als indirektes Sympathomimetikum ver­
hindert Kokain bei physiologischen Ver­
hältnissen die präsynaptische Wiederauf­
nahme des Noradrenalins sowie d
­ essen
enzymatische Spaltung. Bei physiologi­
schen Verhältnissen sollte es demnach
durch Kokain zu einer Verstärkung des
Sympathikotonus kommen und somit zu
einer andauernden Mydriasis.
Da beim Horner-Syndrom der Sympathi­
kotonus fehlt, wird im synaptischen
Spalt kein Noradrenalin freigesetzt. Die
Dilatation der Pupille bleibt auch nach
­lokaler Kokainanwendung demnach aus,
was in Form der fortbestehenden Miosis
deutlich wird. Dies gilt vor allem für das
prä- und postganglionäre Horner-Syn­
drom. Da es zu einer pharmakologischen
Wechselwirkung kommen kann, sollte
der Abstand zu nachfolgenden Unter­
suchungen 2–3 Tage betragen (Hydroxy­
amphetamin: 48 Stunden; Pholedrin: 72
Stunden). Angaben zur Durchführung
bzw. zur Interpretation der Befunde sind
▶ Tab. 2 und ▶ Tab. 3 zu entnehmen.
Aufgrund einer geringen systemischen
Wirkung des Kokains kann der Patient
kurzzeitig mit vermehrtem Stress re­
agieren [11, 13].
Hydroxyamphetamin
Vor allem bei der Unterscheidung zwi­
schen einem prä- und postganglionären
Horner-Syndrom wird Hydroxyamphe­
tamin als Medikament der 1. Wahl ange­
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geben. Es bewirkt die Freisetzung von
Noradrenalin aufseiten der präsynapti­
schen Membran und verhindert dessen
Wiederaufnahme.
Bei präganglionären Läsionen kann es
aufgrund des hohen Noradrenalingehalts
in den Nervenendigungen zu einer stär­
keren Mydriasis der zuvor mitotischen
Pupille kommen und somit zu einem
Umspringen der Anisokorie. Eine ver­
minderte Reaktion hingegen wird durch
eine postganglionäre Läsion bedingt.
Bei postganglionären Läsionen wird
eine degenerationsbedingte Entleerung
der Noradrenalinspeicher aus der präsy­
naptischen Membran beobachtet. Wird
Hydroxyamphetamin angewendet, bevor
diese Entleerung stattgefunden hat,
kann es aufgrund der Noradrenalin­
ausschüttung zu einer Fehlinterpretation
der Befunde kommen und fälschlicher­
weise eine präganglionäre Läsion diag­
nostiziert werden.
.konkret
Der Hydroxyamphetamin-Test sollte
erst ca. 1 Woche nach Auftreten der
Symptome durchgeführt werden.
Um Wechselwirkungen zu vermeiden,
sollte der Test mit Phenylephrin erst nach
einer 24-stündigen Wartezeit erfolgen
[11, 
13]. Angaben zur Durchführung
bzw. zur Interpretation der Befunde sind
▶ Tab. 2 und ▶ Tab. 3 zu entnehmen.
Pholedrin
Es bewirkt bei einer präganglionären
L äsion eine stärkere Dilatation der er­
­
krankten Seite. Bei einer postganglionä­
ren Läsion dilatiert die Pupille der er­
krankten Seite hingegen deutlich weni­
ger. Dieses Medikament ist somit für die
Unterscheidung zwischen einem präund postganglionären Horner-Syndrom
geeignet [11, 13]. Angaben zur Durchfüh­
rung sind ▶ Tab. 2 und ▶ Tab. 3 zu entneh­
men.
Direkte Sympathomimetika
Phenylephrin
Es stimuliert direkt die Rezeptoren des
postganglionären Neurons und wirkt
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i­ntakten Korneaepithel erfolgen kann,
sollte vor den pharmakologischen Tests
keine Tonometrie durchgeführt werden.
Zudem sollten die einzelnen pharmako­
logischen Tests im Abstand von 24–72
Stunden erfolgen, um pharmakologische
Wechselwirkungen zu vermeiden [16].
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Adrenalin
Adrenalin ist strukturell dem Noradre­
nalin sehr ähnlich und führt somit zu
einer direkten sympathomimetischen
Wirkung [11, 13]. Auch hier kommt es zu
einer Hypersensitivität am postganglio­
nären Neuron und somit zu einer Mydri­
asis am erkrankten Auge und folglich
einem Umspringen der Anisokorie. Die
zuvor mitotische Pupille dilatiert stärker
als die Pupille des gesunden Auges. Diese
Wirkung hält ca. 80 Minuten an. Bei gro­
ßen Mengen Adrenalins erfolgt eine My­
driasis an beiden Augen. Der Nachweis
der Hypersensitivität erfolgt somit auf­
grund der schnelleren Reaktion des er­
krankten Auges.
Es ist ratsam, geringe Mengen
­Adrenalins zu verwenden, um so eine
Mydriasis im gesunden Auge zu ver­meiden.
Da Phenylephrin eine größere korneale
Penetration und zudem eine geringere
individuelle Varianz aufweist, ist es dem
Adrenalin vorzuziehen.
Tab. 4 Zeitliche Wirkung von 1 % Phenylephrin
in Abhängigkeit von der Lokalisation der Läsion
[9].
Wirkstoff
Dilatation
zentral
60–90 min
präganglionär
20–45 min
postganglionär
< 20 min
gesundes Auge
90 min
Therapie
Eine spezifische Therapie des HornerSyndroms ist nicht möglich und nicht
zielführend. Vielmehr sollte der thera­
peutische Fokus darauf gelegt werden,
die meist zugrunde liegende Erkran­
kung zu bekämpfen. Die Gabe von Phe­
nylephrin kann jedoch helfen, die durch
die Miosis bedingte Visuseinschränkung
zu reduzieren. In der Literatur findet man
Angaben über die Gabe von 0,12 % Phe­
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somit direkt sympathomimetisch. Eine
postganglionäre Läsion führt zu einer
Hypersensitivität des postganglionären
Neurons, durch die es bereits bei gerin­
gen Wirkstoffmengen zu einer deut­
lichen Mydriasis kommt. Im gesunden
Auge bzw. bei einer präganglionären
­L äsion ist diese Wirkung hingegen erst
deutlich später zu verzeichnen (▶ Tab. 4)
[11, 13]. Angaben zur Durchführung bzw.
zur Interpretation der Befunde sind
▶ Tab. 2 und ▶ Tab. 3 zu entnehmen. Zu
beachten ist, dass die Gabe von 10 % Phe­
nylephrin bei einem postganglionären
Horner-Syndrom bereits nach 5–8 Minu­
ten zu einer Mydriasis führt. Die Ver­
wendung von 1 % Phenylephrin hingegen
lässt eine genauere Differenzierung zwi­
schen den einzelnen Formen des HornerSyndroms zu [10].
nylephedrintropfen,
die
anfänglich
2-mal täglich gegeben werden. Später
sollte das Präparat wirkungsabhängig
appliziert werden [1].
5 Jaggy A. Atlas und Lehrbuch der Kleintier­
neurologie. 2. Aufl. Hannover: Schlütersche;
2007
Beim idiopathischen Horner-Syndrom
können nicht-steroidale Antiphlogistika
und die Gabe von Vitamin-B-Komplex
eine positive Wirkung erzielen [13].
Zudem gibt es Angaben dazu, dass auch
eine Akupunkturbehandlung erfolgreich
eingesetzt werden kann [2].
7 Kern TJ, Aromando MC, Erb HN. Horner’s
syndrome in dogs and cats: 100 cases
(1975–1985). J Am Vet Med Assoc 1989;
195 (3): 369–373
Die Prognose des Horner-Syndroms rich­
tet sich stets nach der zugrunde liegen­
den Erkrankung. Wird das Horner-Syn­
drom durch eine traumatische oder in­
fektiöse Ursache bedingt, ist eine Regres­
sion möglich. Bei neoplastischen Grund­erkrankungen hängt die Prognose stark
von der Dignität der Neoplasie ab, den­
noch ist sie in diesen Fällen als schlecht
anzusehen [11].
Insgesamt wird eine Regressionszeit
von 24–30 Wochen angegeben [8]. Dem
postganglionären Horner-Syndrom wird
dabei eine deutlich bessere Prognose
attestiert, während die Symptome bei
­
einer Läsion des Ganglion cervicale cra­
niale in aller Regel permanent sind [11].
Das idiopathische Horner-Syndrom hat
hingegen eine allgemein gute Prognose.
Die Regressionszeit liegt hier bei 4–16
Wochen [4].
Online zu finden unter
http://dx.doi.org/10.1055/s-0035-1550098
Literatur
1 Campbell WW Jr, Hill TA. A good treatment
for Horner’s syndrome. N Engl J Med 1978;
299 (15): 835
2 Cho S, Kim O. Acupuncture treatment for
idiopathic Horner's syndrome in a dog.
J Vet Sci 2008; 9 (1): 117–119
3 De Risio L, Adams V, Dennis R. Magnetic
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Marie-Kerstin Müller
Universitätsklinik für Kleintiere,
Abteilung Neurologie
Veterinärmedizinische Fakultät der
Universität Leipzig
An den Tierkliniken 23
04103 Leipzig
Marie-Kerstin.Mueller@kleintierklinik.
uni-leipzig.de
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Prognose
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Kleintier. Stuttgart: Enke; 1997
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