Herstellung und Untersuchung der Magnetisierungsdynamik in

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Herstellung und Untersuchung der
Magnetisierungsdynamik in einzelnen
Yttrium-Eisen-Granat Mikrostrukturen
Diplomarbeit
in Experimentalphysik
von
Björn Heinz
durchgeführt am
Fachbereich Physik
der Technischen Universität Kaiserslautern
unter Anleitung von
Prof. Dr. Burkard Hillebrands
November 2016
Kurzfassung
Als Spinwellen bezeichnet man die fundamentalen kollektiven Anregungen des Spinsystems eines
magnetischen Materials. Diese Anregungen breiten sich als Welle, frei von Ohmschen Verlusten,
im magnetischen System aus. Zusätzlich liegen ihre Anregungsfrequenzen dabei im GHz-Bereich,
wobei ihre Wellenlängen allerdings um mehrere Größenordnungen kleiner sind als die entsprechenden Wellenlängen elektromagnetischer Wellen. Durch diese Eigenschaften sind Spinwellen
ein vielversprechender Kandidat für eine neuartige wellenbasierte Informationsverarbeitung, frei
von den Nachteilen der modernen CMOS-Technologie. Yttrium-Eisen-Granat (YIG), das eine extrem geringe Spinwellendämpfung besitzt, kommt als Material und Basis einer solchen Technologie in Frage. Die Untersuchungen dieses Materials beschränkten sich jedoch bislang auf Filme und
makroskopische Strukturen, da erst kürzlich verfügbar gewordenen dünne Filme eine Mikrostrukturierung erlauben.
Diese Arbeit befasst sich daher mit dem Einfluss eines Mikrostrukturierungsprozesses auf die magnetischen Eigenschaften von YIG anhand eines 98 nm dicken LPE-YIG-Films. Der Fokus der Untersuchungen liegt dabei auf den Materialparametern, insbesondere der Sättigungsmagnetisierung,
dem Gilbert-Dämpfungsparameter und der Austauschkonstante, da diese die Eigenschaften der
Spinwellen maßgeblich bestimmen.
Der erste Teil dieser Arbeit beschäftigt sich mit der Charakterisierung der Eigenschaften des unstrukturierten YIG-Films mittels induktiver Messung der ferromagnetischen Resonanz (FMR). Die
Ergebnisse zeigen, dass der vorliegende Film eine hohe Sättigungsmagnetisierung sowie eine geringe Gilbert-Dämpfung aufweist und damit eine weite Spinwellenpropagation ermöglicht. Diese
Messungen werden im Folgenden dazu genutzt, die im Zuge dieser Arbeit entwickelte Methode
der Kombination einer makroskopischen Anregungsantenne mit der mikrofokussierten BrillouinLichtstreuspektroskopie (µBLS-FMR) zu validieren. Es wird gezeigt, dass diese Methode, analog
zu den induktiven Messungen, die Bestimmung der Sättigungsmagnetisierung und des GilbertDämpfungsparameters ermöglicht und darüber hinaus auch eine Bestimmung der Austauschkonstanten erlaubt, die weitere Einblicke in die magnetischen Eigenschaften gewährt.
Im zweiten Teil der Arbeit erfolgt eine Untersuchung von Mikrostrukturen, die aus dem zuvor
charakterisierten Film hergestellt wurden. Die laterale Ausdehnung der hergestellten Strukturen
liegt im Bereich von maximal 4, 8 µm bis minimal 0, 8 µm. Zur Untersuchung wird die Methode
i
der µBLS-FMR genutzt, da diese aufgrund einer hohen Ortsauflösung eine Untersuchung einzelner Mikrostrukturen erlaubt. Dabei zeigt sich, dass das Spinwellen-Modenspektrum in den Mikrostrukturen aufgrund auftretender Quantisierungen recht komplex ist und insbesondere keine
ferromagnetische Resonanzmode mehr existiert. Es wird daher die Fundamentalmode mit Hilfe
von mikromagnetischen Simulationen identifiziert. Anschließend werden die Untersuchungen zur
Bestimmung der magnetischen Eigenschaften der Mikrostrukturen anhand dieser Mode durchgeführt. Es zeigt sich dabei, dass die Sättigungsmagnetisierung mit abnehmender Strukturgröße
abnimmt, jedoch nicht sehr stark vom Wert des Films abweicht. Die Dämpfung nimmt gleichzeitig
um einen Faktor von zwei bis drei zu. Diese Änderungen lassen sich auf eine vermehrte Bildung
von Fehlstellen, sowie eine Relaxation des Gitters auf die Gitterkonstante des Substrates, bedingt
durch den Mikrostrukturierungsprozess, zurückführen.
Abschließend wird die Bestimmung der Austauschkonstanten der Mikrostrukturen gezeigt. Diese
nimmt mit abnehmender Strukturgröße scheinbar zu, eine eindeutige Ursache dieses Verhaltens
kann im Rahmen dieser Arbeit jedoch nicht identifiziert werden.
Diese Arbeit zeigt, dass eine Mikrostrukturierung von YIG erwartungsgemäß einen Einfluss auf die
magnetischen Eigenschaften hat, diese sich jedoch nur in geringem Maße ändern. Insbesondere ist
die Dämpfung des mikrostrukturierten YIG weiterhin besser als die vergleichbarer magnetischer
Materialien. Daher stellt YIG einen vielversprechenden Ansatz für zukünftige spinwellenbasierte
Logik-Elemente dar.
ii
Abstract
Spin waves are the fundamental collective excitations of the spin system of a magnetic material.
These excitations are able to propagate as a wave without, e.g., any ohmic losses in the magnetic
system. Their excitation frequencies are situated in the GHz regime, while their wavelengths are
substantially smaller than the wavelengths of the corresponding electromagnetic waves. Due to
these characteristics, spin waves are a promising candidate for a new wave-based information
technology free from the drawbacks inherent to modern CMOS technology. Yttrium iron garnet
(YIG) exhibits the lowest known spin wave damping and is therefore a well suited basis for such
a technology. Up to now, investigations of this material were limited to films and macroscopic
structures. Just recently, thin films which allow for a microstructuring, are available. However, the
impact of such a microstructuring process on the magnetic properties of YIG is mostly unknown.
Therefore, this thesis addresses the influence of a microstructuring process on the magnetic properties of YIG based on a 98 nm thick LPE-YIG film. The investigation focuses on the material
parameters such as the saturation magnetization, the Gilbert damping parameter and the exchange
constant of the material as these determine the characteristics of the propagation of spin waves.
The first part of this thesis is devoted to a characterization of the properties of the unstructured YIG
film. By performing inductive measurements of the ferromagnetic resonance (FMR), it is shown
that the investigated film exhibits very good magnetic properties in terms of a high saturation magnetization and a low Gilbert damping. Therefore, it is well suited for the propagation of spin
waves. Thereafter, these measurements are used to validate the µBLS-FMR technique, which was
developed in the frame of this work. This technique is based on a combination of a macroscopic
excitation antenna to excite spin waves, and the microfocused Brillouin light scattering spectroscopy for the detection. It is shown, that this technique allows for the characterization of the saturation
magnetization and the Gilbert damping parameter, and, in addition, also for the determination of
the exchange constant, which provides further insight into the magnetic properties.
In the second part of this thesis an investigation of microstructures, which have been fabricated
from the beforehand examined film, is presented. The lateral extent of these structures lies within
the range of 4.8 µm and 0.8 µm. To perform the measurements, the µBLS-FMR technique is used
due to the high spacial resolution, which allows for the investigation of single microstructures. As
expected, the spin-wave mode spectra are more complex due to the appearance of quantization
iii
conditions, and, in particular, the former FMR mode is no longer existant. Therefore, the new
fundamental mode is identified with the aid of micromagnetic simulations. These fundamental
modes are then used characterize the microstructures. It is shown that the saturation magnetization
decreases with a decreasing structure size but does not differ much from the original film value.
Simultaneously, the damping increases with a factor of two to three for the smaller structures. The
reason for these changes can be assigned to an increased amount of lattice defects and a relaxation
of the YIG lattice to the lattice constant of the substrate, caused by the microstructuring process.
Finally, the determination of the exchange constant of the microstructures is shown. The exchange
constant shows larger values with decreasing structure size. However, as this can be explained by
multiple reasons, a more detailed investigation on the origin could not be performed within the
frame of this thesis.
The obtained results show that a microstructuring process has a clear influence on the magnetic
properties of YIG, but only to a moderatly extent. Particularly the damping of the microstructured
YIG is still better than that of comparabel magnetic materials. Thus, this work shows that YIG
microstructures are a promising approach for future logic elements based on spin waves.
iv
Inhaltsverzeichnis
1
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
2
Theoretische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5
2.1 Grundlagen des Magnetismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5
2.1.1 Das Magnetfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5
2.1.2 Das magnetische Moment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6
2.1.3 Wechselwirkung von magnetischen Momenten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8
2.1.4 Kollektiver Magnetismus: Das Heisenberg-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
2.1.5 Die Magnetisierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
2.1.6 Das effektive Magnetfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
2.1.7 Das Entmagnetisierungsfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
2.1.8 Die magnetische Anisotropie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
2.2 Die Dynamik der Magnetisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
2.2.1 Die Landau-Lifshitz-Gilbert-Gleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
2.2.2 Der Polder-Suszeptibilitätstensor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
2.2.3 Die ferromagnetische Resonanz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
2.2.4 Die Walker-Gleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
2.3 Spinwellen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
2.3.1 Spinwellendämpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
2.3.2 Unendlich ausgedehnter, ferromagnetischer Körper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
2.3.3 Spinwellen in dünnen Filmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
2.3.4 Spinwellen in Mikrostrukturen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
2.3.5 Anregung der Magnetisierungsdynamik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
3
Experimentelle Methoden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
3.1 Vektor-Netzwerk-Analysator ferromagnetische Resonanzspektroskopie. . . . . . . . . . . . 29
v
INHALTSVERZEICHNIS
3.2 Brillouin-Lichtstreuspektroskopie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
3.2.1 Grundlagen der Brillouin-Lichtstreuspektroskopie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
3.2.2 Die mikrofokussierte Brillouin-Lichtstreuspektroskopie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
3.2.3 Experimenteller Aufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
3.2.4 Das Tandem-Fabry-Pérot Interferometer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
3.2.5 Messung von YIG-Mikrostrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
4
Probenherstellung und Material . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
4.1 Yttrium-Eisen-Granat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
4.1.1 Die YIG-Kristallstruktur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
4.1.2 Herstellung und Verarbeitung von dünnen YIG-Filmen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
4.2 Probenherstellung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
4.2.1 Mikrostrukturierung mittels Lift-Off-Prozess. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
4.2.2 Mikrostrukturierung mittels Ätzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
4.2.3 Die Elektronenstrahllithographie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58
4.2.4 Methoden zur Materialdeposition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60
4.2.5 Herstellung der untersuchten YIG-Mikrostrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
5
Experimentelle Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
5.1 Charakterisierung des YIG-Films . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70
5.1.1 Vektor-Netzwerkanalysator-Messungen der ferromagnetischen Resonanz . . 70
5.1.2 Brillouin-Lichtstreu-Mikroskopie-Messungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76
5.2 Charakterisierung der Mikrostrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83
5.2.1 Spinwellen-Modenspektrum in Quadern mit quadratischer Basisfläche . . . . . 83
5.2.2 Untersuchung der Fundamentalmode einzelner Mikrostrukturen mittels
mikrofokussierter Brillouin-Lichtstreuspektroskopie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88
5.2.3 Untersuchung des thermischen Spinwellenspektrums in Quadern mit quadratischer Basisfläche. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .101
6
Fazit und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .107
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .111
Danksagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .119
vi
KAPITEL 1
Einleitung
In den letzten Jahrzehnten hat die Informationstechnologie auf Basis der CMOS1 -Technologie
große Fortschritte gemacht. Die Entwicklung folgt dabei dem sogenannten Mooreschen Gesetz [1],
nach dem sich die Anzahl an Transistoren pro Fläche in integrierten Schaltkreisen ungefähr alle zwei Jahre verdoppelt. Jedoch stößt diese Technologie mit zunehmender Miniaturisierung auf
fundamentale Barrieren was Prozessgeschwindigkeit, Energieverbrauch und eine weitere Verringerung der Bauteilgrößen betrifft. Die Limitierung der Prozessgeschwindigkeit ist dabei durch das
zunehmende Problem der Abfuhr von Joulscher Wärme bedingt [2] und eine weitere Verkleinerung
der Transistoren wird durch limitierende Quanteneffekte und eine immer aufwändigere Nanostrukturierung erschwert.
Neben der Verwendung von elektrischen Strömen zur Informationsverarbeitung, wie sie heutzutage in der CMOS-Technologie genutzt werden, kann zusätzlich das Spinmoment der Elektronen
ausgenutzt werden, indem auf spinpolarisierte Ströme zurückgegriffen wird. Als wichtige Effekte,
die den zusätzlichen Spin-Freiheitsgrad von Elektronen ausnutzen, sind der Riesenmagnetowiderstand [3] und der magnetische Tunnelwiderstand [4] zu nennen, die das Feld der sogenannten
Spintronik begründet haben. Eine technische Errungenschaft dieses Feldes stellt die Verwendung
des Riesenmagnetowiderstands in der Schreib- bzw. Leseeinheit einer herkömmlichen Festplatte
dar.
Eine Alternative zu diesen Techniken bietet das Feld der Magnon-Spintronik [5], das auf die Verwendung von Spinwellen zur Informationsverarbeitung und daher ausschließlich auf das Spinmoment der Elektronen zurückgreift. Bei den Spinwellen, deren Quasiteilchen Magnonen genannt
werden, handelt es sich um die fundamentalen Anregungen eines magnetisch geordneten Systems,
die sich als eine Welle im magnetischen System ausbreiten können. Da diese Ausbreitung nicht
zwangsläufig mit einem Ladungstransport verbunden ist, kommt es dabei auch nicht zu Ohmschen
Verlusten. Einen weiteren großen Vorteil stellt der Wellencharakter der Spinwellen dar, so kann
sowohl die Phase als auch die Amplitude als Informationsträger genutzt werden. Gleichzeitig liegt
die Wellenlänge von Spinwellen bei Frequenzen im GHz-Bereich in einem Bereich von Mikro1 engl.
Complementary metal-oxide-semiconductor
1
metern und bietet daher die Möglichkeit zur Verwendung in Mikrostrukturen. Zusätzlich ist eine
parallele Signalprozessierung möglich, wenn für die verschiedene Signale unterschiedliche Trägerfrequenzen genutzt werden [6].
Zur Realisierung einer Spinwellenlogik und entsprechender Spinwellenschaltkreise gibt es bereits
erste Ansätze, wie ein auf Interferenz basierendes Majoritätsgatter [7] oder einen auf nichtlinearen Effekten basierenden Magnonentransistor [8]. Die Verwendung von Spinwellen für künftige Logik-Bausteine ist daher vielversprechend, jedoch muss berücksichtigt werden, dass die Lebensdauer und damit die Propagationslänge von Spinwellen durch Streuprozesse und die viskose
Gilbert-Dämpfung begrenzt ist. Um dies zu kompensieren, existieren bereits Methoden die eine
kohärente Verstärkung von Spinwellen ermöglichen [9–11], jedoch ist dies wiederum mit komplizierteren Schaltkreisen und einem erhöhten Energieverbrauch verbunden. Das gewählte Material
sollte daher bereits eine möglichst gute Basis für die Spinwellenpropagation bieten, um die Notwendigkeit solch zusätzlicher Elemente auf ein Minimum zu reduzieren.
Ein Material, das bezüglich der benötigten Eigenschaften alle anderen bekannten Materialien übertrifft, ist Yttrium-Eisen-Granat (engl. yttrium iron garnet, YIG). Es handelt sich dabei um einen
ferrimagnetischen Isolator der in den 1950er Jahren [12] entdeckt wurde und seitdem Gegenstand
intensiver Untersuchungen ist, denn YIG weist die kleinste Spinwellendämpfung aller bis heute
bekannten Materialien auf [12–14]. Dies resultiert in sehr großen Lebensdauern der Magnonen
von bis zu mehreren hundert Nanosekunden [13], wodurch sich für Spinwellen sehr große Propagationslängen auf einer Längenskala von Zentimetern ergeben können. Zusätzlich sind, bedingt
durch die geringe Dämpfung, nichtlineare Effekte stark ausgeprägt [15–17]. Durch diese Eigenschaften ist YIG ein prädestiniertes Material, nicht nur im Hinblick auf eine mögliche Anwendung
in der Informationstechnologie, sondern auch zur Untersuchung von Spinwellen und deren fundamentaler Physik.
Bislang erlaubte die Notwendigkeit einer hohen kristallinen Güte um die überragenden Eigenschaften zu erhalten nur die Herstellung von Filmen mit Schichtdicken im Mikrometerbereich. Eine Mikrostrukturierung solcher Filme ist nicht möglich, daher beschränkten sich die Untersuchungen des Materials bislang nur auf ausgedehnte Filme und vergleichsweise makroskopische Strukturen. Erst im Zuge der letzten Jahre ist es bedingt durch technische Fortschritte möglich geworden,
YIG-Filme mit Schichtdicken unterhalb von 100 nm mit hoher kristalliner Güte herzustellen [18].
Diese Filme erlauben eine Mikrostrukturierung mit Hilfe konventioneller Mikrostrukturierungsverfahren, jedoch sind die Auswirkungen eines solchen Prozesses auf die Eigenschaften des YIG
weitgehend unbekannt. Im Rahmen dieser Arbeit soll daher eine erste Untersuchung der Einflüsse
eines Mikrostrukturierungsprozesses auf die Eigenschaften von YIG durchgeführt werden. Dabei
soll insbesondere das Verhalten der Sättigungsmagnetisierung und der Gilbert-Dämpfung in Abhängigkeit der Strukturgröße untersucht werden, da diese die grundlegenden Eigenschaften der
2
Magnetisierungsdynamik bestimmen.
Diese Arbeit gliedert sich wie folgt: In Kapitel 2 werden zunächst die theoretischen Grundlagen
des Magnetismus und die theoretische Beschreibung von Spinwellen diskutiert. Es wird dabei
insbesondere in Kap. 2.3.4 näher auf die Einflüsse einer lateralen Begrenzung der Spinwellen eingegangen, da dies eine entscheidende Rolle in den in dieser Arbeit untersuchten Mikrostrukturen
spielt.
Danach erfolgt in Kapitel 3 eine Beschreibung der in dieser Arbeit verwendeten experimentellen
Messmethoden. Dabei wird zunächst auf die Methode der induktiven Messung der ferromagnetischen Resonanz eingegangen, die in dieser Arbeit zur Untersuchung des unstrukturierten Films
dient. Anschließend wird eine in dieser Arbeit entwickelte Kombination der mikrofokussierten
Brillouin-Lichtstreuspektroskopie mit einer makroskopischen Anregungsantenne vorgestellt, die
eine Messung der ferromagnetischen Resonanz einzelner Mikrostrukturen ermöglicht.
Die Herstellung der untersuchten Mikrostrukturen wird in Kapitel 4 besprochen. Dazu wird zunächst ein Überblick über das Material YIG als solches gegeben und es werden die komplexe
Kristallstruktur, sowie die Methode zur Herstellung von YIG-Filmen diskutiert. Nachfolgend werden die zur Herstellung der Mikrostrukturen genutzten Prozesse und Methoden behandelt, sowie
der Prozessablauf und dabei aufgetretene Probleme besprochen.
In Kapitel 5 folgen eine Darstellung der erzielten experimentellen Ergebnisse dieser Arbeit. Dabei
wird zunächst die Charakterisierung des unstrukturierten Films erläutert, die als Ausgangsbasis
zur Bewertung der Eigenschaften der Mikrostrukturen dient. Zur Untersuchung der Mikrostrukturen wird zu Beginn eine Analyse des Modenspektrums durchgeführt, wobei hier zusätzlich auf
mikromagnetische Simulationen zurückgegriffen wird. Mittels dieser Analyse wird die jeweilige
Fundamentalmode der Strukturen identifiziert, anhand derer die anschließende Charakterisierung
im Hinblick auf die Materialparameter erfolgt.
Im letzten Kapitel erfolgt abschließend eine zusammenfassende Darstellung der gewonnenen Erkenntnisse und ein Ausblick auf weiterführende Untersuchungen.
3
4
KAPITEL 2
Theoretische Grundlagen
Das Ziel dieser Arbeit ist die Untersuchung der Magnetisierungsdynamik in Yttrium-Eisen-Granat
(YIG) Mikrostrukturen um daraus Informationen über den Einfluss einer Mikrostrukturierung auf
YIG zu erhalten. In diesem Kapitel werden dazu die theoretischen Grundlagen, die zum Verständnis der beobachteten Phänomene dienen, erarbeitet.
In Kap. 2.1 wird zunächst näher auf die Grundlagen des Magnetismus und die elementaren Wechselwirkungen eines Systems gekoppelter magnetischer Momente eingegangen. Dabei wird das
Konzept des effektiven Feldes eingeführt (Kap. 2.1.6) und der Einfluss magnetischer Anisotropien
diskutiert. Im anschließenden Kapitel (Kap. 2.2) wird ausführlich die Dynamik der Magnetisierung in diesem effektiven Feld diskutiert. Dabei wird die grundlegende Landau-Lifshitz-GilbertGleichung erarbeitet und die theoretische Basis zur Berechnung von Spinwellen besprochen. Insbesondere wird der Einfluss einer zeitabhängigen Komponente des effektiven Feldes auf die Magnetisierungsdynamik diskutiert, da auf dieser Basis eine Anregung der Dynamik erfolgen kann.
Abschließend behandelt Kap. 2.3 die Dynamik gekoppelter magnetischer Momente deren fundamentale Anregung die bereits erwähnten Spinwellen darstellen. Dabei wird näher auf das Verhalten
von Spinwellen in dünnen Filmen und Mikrostrukturen eingegangen und insbesondere die Auswirkung der Quantisierung des Wellenvektors in Mikrostrukturen besprochen.
2.1. Grundlagen des Magnetismus
In diesem Kapitel sollen zunächst die später benötigten grundlegenden Begriffe des Magnetismus,
sowie die fundamentalen Wechselwirkungen in magnetischen Systemen diskutiert werden. Diese
bilden die Basis für die weitere theoretische Beschreibung der kollektiven Dynamik magnetischer
Systeme die in Kap. 2.3 behandelt wird.
2.1.1
Das Magnetfeld
Bereits vor mehreren Jahrtausenden wurde in China entdeckt, dass das Mineral Magnetit (Fe3 O4 )
die Eigenschaft besitzt Eisen anzuziehen [19]. Wesentlich später wurde zudem von Hans Christian Ørsted entdeckt, dass ein stromdurchflossener elektrischer Leiter ebenfalls in der Lage ist
5
2.1 Grundlagen des Magnetismus
eine Kompassnadel zu beeinflussen. Die vermittelnde Größe dieser als Magnetismus bezeichneten
Kraftwirkung ist das Magnetfeld H, bzw. die magnetische Flussdichte B. In Analogie zur Erzeugung eines elektrischen Feldes E durch eine elektrische Ladung q, wird ein Magnetfeld durch
bewegte elektrische Ladungen generiert. Es gilt nach den Maxwell-Gleichungen, bzw. dem Amperèschen Gesetz [20]:
∂D
.
(2.1)
∂t
Hier ist j die Stromdichte der bewegten Ladung und D die sogenannte dielektrische Verschiebung.
∇×H = j+
Bei konstantem D, also im Fall einer verschwindenden Zeitableitung, folgt mit Hilfe des Stokschen
Satzes das Biot-Savart-Gesetz [21]:
1
H(r) =
4π
Z
V′
∇×
j(r′ )
dr′ .
′
|r − r |
(2.2)
Mit dessen Hilfe kann für eine beliebige Stromdichteverteilung j(r′ ) das Magnetfeld H(r) an einem
beliebigen Ort r berechnet werden. Die Möglichkeit mittels eines stromdurchflossenen Leiters ein
Magnetfeld zu generieren ist für die Untersuchungen der Magnetisierungsdynamik in dieser Arbeit
von grundlegender Bedeutung. So können nicht nur statische sogenannte Øerstedfelder generiert
werden um die Ausrichtung der Magnetisierung zu steuern, sondern insbesondere auch dynamische Felder, die zu Anregung der Magnetisierungsdynamik genutzt werden (vergl. Kap. 2.3.5).
2.1.2
Das magnetische Moment
Die Wechselwirkung eines Magnetfeldes mit einem Festkörper ist auf die Kopplung des Magnetfelds an in diesem bereits vorhandene oder erst induzierte magnetische Momente zurückzuführen.
Für die auf ein magnetisches Moment µm ausgeübte Kraft F gilt [20]:
F = µm ∇ · B .
(2.3)
Dabei ist die Wechselwirkungsenergie Em gegeben durch:
Em = −µm · B = −µr µ0 µm · H .
(2.4)
Hier ist µ0 die magnetische Feldkonstante (µ0 = 4π 10−7 N A−2 ) und µr die Permeabilitätszahl des
Materials (µr = 1 für Vakuum).
Um eine Beschreibung dieses magnetischen Moments zu erhalten, betrachtet man das magnetische
Moment welches ein stromdurchflossener Leiter erzeugt. Es soll zunächst eine kreisförmige Leiterschleife des Radius R und der Fläche A = An̂ = π R2 n̂ angenommen werden, in der ein Strom I
fließt. Das durch diese Leiterschleife generierte Magnetfeld gleicht dem eines kurzen permanenten
Dipolmagneten, daher dient zur Definition des magnetischen Dipolmoments das Produkt:
µm = I · A .
6
(2.5)
2.1 Grundlagen des Magnetismus
Für die Beschreibung eines atomaren magnetischen Moments kann angenommen werden, dass der
Strom I durch ein einzelnes mit der Kreisfreqeunz ω umlaufendes Elektron generiert wird und es
gilt:
ω
.
2π
Damit folgt für das magnetische Dipolmoment [22]:
(2.6)
I = −e
1
µm = − eR2 ω · n̂ .
2
(2.7)
Gleichzeitig gilt jedoch für den Bahndrehimpuls L des Elektrons mit der Elektronenmasse me [20]:
L = me R2 ω · n̂ .
(2.8)
Es gilt also für den Zusammenhang zwischen magnetischem Dipolmoment und Bahndrehimpuls:
µm = −
e
L.
2me
(2.9)
Nach dem Bohrschen Atommodell ist der Bahndrehimpuls in Vielfache des reduzierten Planckschen Wirkungsquantum h̄ quantisiert, daher kann Gl. 2.9 auch geschrieben werden als:
µm = −gl µB
L
.
h̄
Hier steht µB für das Bohrsche Magneton für das gilt µB =
(2.10)
eh̄
2me
und gl = 1 ist der sogenannte
Landé-Faktor des Bahndrehimpulses. Für den Bahndrehimpuls gilt zusätzlich |L|2 = l(l + 1)h̄2 ,
mit der Bahndrehimpulsquantenzahl 0 ≤ l ≤ n − 1 und der Hauptquantenzahl n.
Anhand der Experimenten von Stern und Gerlach an Silberatomen hat sich gezeigt, dass auch
für Atome mit einem verschwindenden Gesamtbahndrehimpuls eine Richtungsquantelung im Magnetfeld auftritt, daher muss noch eine weitere Drehimpulskomponente existieren [23, 24]. Diese
wird Spin genannt und verhält sich wie ein intrinsischer Drehimpuls, daher ist sie analog mit einem
magnetischen Moment µs verknüpft. Es gilt:
s
µs = −gs µB .
h̄
(2.11)
Hier ist gs der Landé-Faktor des Elektronenspins s. Es gilt analog zum Bahndrehimpuls die Relation |s|2 = s(s + 1)h̄2 mit der Spinquantenzahl s, jedoch kann s im Unterschied zu l nur den Wert
s=
1
2
annehmen. Allgemein gilt, dass mit jedem Drehimpuls ein magnetisches Moment verknüpft
ist, wobei für einen mechanischen Drehimpuls gl = 1 ist, während man bei Elektronen von einem anormalen Landé-Faktor spricht, da gs ≈ 2 (gs = 2, 002319) gilt [25]. Daher wird auch das
gyromagnetische Verhältnis γ eingeführt, für das im Fall eines allgemeinen Drehimpulses J gilt:
J
µm = gj µj = γJ .
h̄
(2.12)
7
2.1 Grundlagen des Magnetismus
Hier ist µj das sogenannte Magneton des Trägerteilchens des Drehimpulses, für das mit der Ladung
q und der Masse mj gilt:
µj =
qh̄
.
2mj
(2.13)
Für ein von außen angelegtes Magnetfeld erfolgt eine Ausrichtung des magnetischen Moments
parallel zu dieser Richtung und es gilt für die Projektion auf die Magnetfeldachse [22]:
|µj,z | = gj µj
|Jz |
.
h̄
(2.14)
Damit folgt für den Betrag des Spinmoments im äußeren Magnetfeld |µs,z | ≈ µB .
Zur Beschreibung der Dynamik des makroskopischen magnetischen Moments eines Festkörpers,
das aus den atomaren magnetischen Momenten zusammengesetzt wird, wird im folgenden Abschnitt zunächst die Wechselwirkung der mikroskopischen Momente untereinander betrachtet.
2.1.3
Wechselwirkung von magnetischen Momenten
Zur Beschreibung des kollektiven Verhaltens von magnetischen Momenten müssen die auftretenden Wechselwirkungen näher betrachtet werden. Dabei tritt zum einen die langreichweitige DipolDipol-Wechselwirkung auf, die auf einer Kopplung durch die generierten Dipolfelder basiert und
zum anderen die kurzreichweitige Austauschwechselwirkung, deren Ursache auf quantenmechanische Prinzipien zurückzuführen ist.
Die Dipol-Dipol-Wechselwirkung
Wird ein einzelnes, sich im Ursprung befindliches, magnetisches Dipolmoment µ betrachtet, so
gilt für das von diesem Moment erzeuge Magnetfeld HDip (r) am Ort r [22]:
HDip (r) =
3(µ · r)r µ
− 3.
r
r5
(2.15)
Die Betrachtung einer Vielzahl von magnetischen Momenten kann auf die Wechselwirkung zwischen jeweils zwei Momenten µ1 und µ2 an den Orten r1 und r2 reduziert werden und es gilt nach
Gl. 2.4:
EDip = −µr µ0 µ2 · Hµ1 (r2 − r1 ) = µr µ0
µ1 · µ2 (µ1 · r)(µ2 · r)
−
r3
r5
.
(2.16)
Hier ist r = r2 − r1 der relative Abstand der Dipole und Hµ1 (r2 − r1 ) das von Dipol µ1 am Ort des
Dipols µ2 hervorgerufen Magnetfeld.
Eine kurze Abschätzung soll die Stärke dieser Wechselwirkung zeigen. Werden zwei parallele magnetische Momente mit je einem Betrag von µB im Abstand von r = 0, 1 nm angenommen, so
ergibt sich die Wechselwirkungsenergie zu EDip = 3, 4 10−5 eV [26]. Dies entspricht der thermischen Energie bei einer Temperatur von T = 0, 4 K und verdeutlicht, wie schwach diese Wechselwirkung ist. Die Dipol-Dipol-Wechselwirkung ist also zu schwach um eine kollektive Ordnung
8
2.1 Grundlagen des Magnetismus
wie z.B. den Ferromagnetismus bei Raumtemperatur zu bilden. Ursache für diese Phänomene ist
stattdessen die im nächsten Abschnitt besprochene Austauschwechselwirkung. Trotzdem ist die
Dipol-Dipol-Wechselwirkung essentiell für die Dynamik der Magnetisierung, denn trotz der 1/r3
Proportionalität ist ihr Charakter wesentlich langreichweitiger als der der Austauschwechselwirkung.
Die Austauschwechselwirkung
Die Austauschwechselwirkung ist im Gegensatz zur Dipol-Dipol-Wechselwirkung ein rein quantenmechanischer Effekt und kennt daher kein klassisches Analogon. In der Quantenmechanik kann
die Wellenfunktion eines einzelnen Elektrons als Produkt der Ortswellenfunktion Ψ(r) und der
Spinwellenfunktion χ(sz ) geschrieben werden [27]:
Φ(r, s) = Ψ(r)χ(sz ) .
(2.17)
Die Ortswellenfunktion wird dabei als Lösung der Schrödingergleichung gewonnen und die Spinwellenfunktion muss zusätzlich in einem zweidimensionalen Spin-Zustandsraum eingeführt werden, da die Schrödingergleichung den Spin nicht berücksichtigt. Für die Wellenfunktion eines
Mehrelektronensystems, der Einfachheit halber wird sich hier auf zwei Elektronen beschränkt,
gilt, für den Fall eines vom Spin unabhängigen Hamilton-Operators [27]:
Φ(r1 , s1 ; r2 , s2 ) = Ψ(r1 , r2 )χ(sz1 , sz2 ) .
(2.18)
Dabei erfüllt die Gesamtortswellenfunktion Ψ(r1 , r2 ) erneut die Schrödingergleichung und die
Spinfunktion χ(sz1 , sz2 ) ist eine Kombination der Einelektronenspinwellenfunktionen. Es ist dabei
eine parallele Ausrichtung (sz1 = sz2 = ± 21 ) oder auch eine antiparallele Ausrichtung (sz1 = ± 21
und sz2 = ∓ 12 ) der Spins möglich.
Aufgrund der Ununterscheidbarkeit und des fermionischen Charakters von Elektronen erzwingt
das Pauli-Prinzip, dass die Gesamtwellenfunktion antisymmetrisch unter Vertauschung beider Teilchen sein muss [17], d.h.:
Φ(r1 , s1 ; r2 , s2 ) = −Φ(r2 , s2 ; r1 , s1 ) .
(2.19)
Dies kann erreicht werden, indem eine antisymmetrische Ortswellenfunktion mit einer symmetrischen Spinwellenfunktion oder aber indem eine symmetrische Ortswellenfunktion mit einer
antisymmetrischen Spinwellenfunktion kombiniert wird. Solche Funktionen können aus den Einelektronenwellenfunktionen (Gl. 2.17) konstruiert werden und führen auf den sogenannten Singulettzustand ΦS (r1 , r2 ) und Triplettzustand ΦT (r1 , r2 ) der Gesamtwellenfunktion [27]. Mit dem
Hamilton-Operator H gilt für die Energiedifferenz ∆E dieser Zustände:
Z
Z
∗
∆E = ES − ET = ΦS HΦS dr1 dr2 − Φ∗T HΦT dr1 dr2 .
(2.20)
9
2.1 Grundlagen des Magnetismus
Die Größe J wird als sogenanntes Austauschintegral bezeichnet und ist definiert als:
J=
∆E ES − ET
=
.
2
2
(2.21)
Die Ursache dieser Energiedifferenz ist letztendlich auf die unterschiedlichen Symmetrien der
Ortswellenfunktion von Singulett- und Triplettzustand und die dadurch bedingte unterschiedliche Aufenthaltswahrscheinlichkeitsverteilungen zurückzuführen. Dadurch ergeben sich aus dem
Coulomb-Term des Hamilton-Operators unterschiedliche Energien. Da die Austauschwechselwirkung auf den Coulomb-Term zurückzuführen ist, ist die Energie dieser Wechselwirkung wesentlich
größer als die der Dipol-Dipol-Wechselwirkung. Die Austauschwechselwirkung ist daher die Ursache einer kollektiven Ordnung der magnetischen Momente in einem Ferromagneten bei Raumtemperatur.
2.1.4
Kollektiver Magnetismus: Das Heisenberg-Modell
Die im vorherigen Abschnitt beschriebene Austauschwechselwirkung kann als als eine effektive
Wechselwirkung zwischen zwei benachbarten Spins aufgefasst werden. Im sogenannten HeisenbergModell gilt für den beteiligten Hamilton-Operator [22]:
HSpin-Spin = −2
J
S1 · S2 .
h̄2
(2.22)
Wird nun ein Festkörper betrachtet in dem nur die Austauschwechselwirkung wirksam ist und der
aus N Spinmomenten zusammengesetzt ist, so ergibt sich der Hamilton-Operator als Summation
über alle Paarwechselwirkungen zu [22]:
Hex = −
1 X
Ji j Si · S j .
h̄2 i6= j
(2.23)
Dies entspricht einem sogenannten direkten Austausch, da ein Überlapp der Wellenfunktion der
beteiligten Elektronen gegeben sein muss (vergl. Gl. 2.20). Abhängig vom Wert des Austauschintegrals kann diese Wechselwirkung sowohl eine ferromagnetische Kopplung (J > 0), als auch eine
antiferromagnetische Kopplung (J < 0) induzieren.
Neben diesem direkten Austausch existieren noch weitere Austausch-Wechselwirkungsmechanismen die keinen direkten Überlapp der Wellenfunktionen erfordern und daher in der Regel eine
größere Reichweite haben. So z.B. der Superaustausch (engl. super exchange, SE) zwischen zwei
magnetischen Ionen, der über ein weiteres unmagnetisches Ion vermittelt wird. Effektiv wird in
diesem System die kinetische Energie der Elektronen abgesenkt, da diese durch Sprünge auf das
vermittelnde Ion räumlich delokalisiert werden. Da die Coulomb-Energie für ein reales Springen
jedoch stark ansteigen würde, handelt es sich nur um einen virtuellen Prozess. Im Fall des Superaustauschs zwischen nicht entarteten Niveaus erfolgt aufgrund des Pauli-Prinzips eine antiferromagnetische Kopplung der beteiligten Elektronen. Formal kann dieser Austauschprozess ebenfalls
10
2.1 Grundlagen des Magnetismus
mit Hilfe eines Heisenberg-Terms beschrieben werden [22]:
SE
Hex
=−
1 X SE
Ji j Si · S j .
h̄2 i6= j
(2.24)
Hier gilt jedoch im Unterschied zur direkten Kopplung für das Austauschintegral des Superaustauschs:
JiSE
j = −2
ti2j
.
(2.25)
U
Dabei ist ti j das Hüpfmatrixelement proportional zum Überlapp der beteiligten Wellenfunktionen
von magnetischem und nicht magnetischem Ion und U ein aus dem Coulomb-Term hervorgehender
Parameter.
Das Austauschfeld
Es soll nun angenommen werden, dass die N Spinmomente auf äquidistanten Gitterplätzen angeordnet sind und auf Basis des Heisenberg-Modells mittels der direkten Austauschwechselwirkung
gekoppelt sind. Da die direkte Austauschwechselwirkung wie bereits erwähnt einen Überlapp der
Wellenfunktionen erfordert, kann zusätzlich in guter Näherung angenommen werden, dass nur eine Nächste-Nachbar-Wechselwirkung vorliegt. Für den Hamilton-Operator eines Spinmoments am
Gitterplatz i und einen isotropen Austausch gilt daher:
N
X
J
Hi = −2 2 Si ·
Sj .
h̄
j=1
(2.26)
Mit dem in Kap. 2.1.2 beschriebenen Zusammenhang zwischen Spindrehimpuls und zugehörigen
magnetischen Moment (vergl. Gl. 2.11) folgt daraus:
N
X
J
µ j = −µ0 µi · Hex .
Hi = −2 2 2 µi ·
gs µB
j=1
(2.27)
Die Wechselwirkung eines Spins im Gitter lässt sich also durch ein effektives Feld Hex am Ort
i dieses Spins beschreiben, dass durch die umliegenden Momente generiert wird. Diese Näherung wird auch Weisssche Molekularfeldnäherung genannt und das Feld µ0 Hex entsprechend das
Weisssche Molekularfeld [28]. Unter der Annahme, dass das Austauschintegral für alle nächsten
Nachbarn gleich groß ist, folgt aus Gl. 2.27 die Wechselwirkungsenergie Ei [29]:
Ei = −2JNS
2
nN
X
cos(ϕi j ) .
(2.28)
i6= j
Hier ist ϕi j der Winkel des Moments i relativ zum betrachteten Nachbarn j und die Summation wird nur über die nächsten Nachbarn (nN) ausgeführt. Für eine kleine Verkippung der Spins
gegeneinander, sowie einen Übergang zur makroskopischen Magnetisierung M, kann Gl. 2.28 in
11
2.1 Grundlagen des Magnetismus
einer Taylorreihe entwickelt werden [17] und so die Austauschenergiedichte εex für den Fall eines
einfach kubischen Gitters zu
2Aex
(∇ · M)2
(2.29)
Ms
erhalten werden. Hier ist Ms die Sättigungsmagnetisierung des Materials und Aex die sogenannte
εex =
Austauschkonstante definiert über:
a2 S2 Jn
.
2
Hier ist a der Gitterabstand der einzelnen Spins und n deren Dichte.
Aex =
(2.30)
Die in diesem und den vorherigen Abschnitten durchgeführten Betrachtungen sind mikroskopischer Natur, im Folgenden soll daher nun eine weiterführende Beschreibung des Magnetismus
anhand einer makroskopischen Betrachtung erfolgen.
2.1.5
Die Magnetisierung
Das Magnetfeld H koppelt wie in Kap. 2.1.2 beschrieben an die magnetische Momente, wobei
nach Gl. 2.4 eine parallele Ausrichtung der magnetischen Moment und des Magnetfelds bevorzugt
wird um die Energie zu minimieren. Zur Beschreibung der Wechselwirkung des Magnetfeldes mit
einem Ensemble von magnetischen Momenten eines Festkörpers ist es von Nutzen dies auf ein
makroskopisches magnetisches Moment zurückzuführen, das mit Hilfe der Magnetisierung M beschrieben wird. Diese ist definiert als das magnetische Moment pro Volumeneinheit [22] und stellt
damit eine Mittelung dar. Der Zusammenhang zwischen Magnetfeld und im Festkörper hervorgerufener Magnetisierung wird über die sogenannte magnetische Suszeptibilität χ beschrieben, dabei
gilt [17]:
M = χH .
(2.31)
Analog zur dielektrischen Verschiebung D in der Elektrizitätslehre wird die magnetische Flussdichte B definiert als:
B = µ0 (M + H) = µ0 (χ H + H) = µ0 µr H .
(2.32)
Dabei definiert die letzte Relation die bereits in Gl. 2.4 aufgeführte Permeabilitätszahl µr = 1 + χ
des Materials. Die maximale erreichbare Magnetisierung eines Festkörpers ist im Fall einer parallelen Ausrichtung aller magnetischen Momente gegeben und wird Sättigungsmagnetisierung Ms
genannt.
2.1.6
Das effektive Magnetfeld
Das in einem Festkörper wirksame Magnetfeld ist durch diverse Faktoren beeinflusst, daher wird
in der Regel von einem effektiv wirksamen Magnetfeld Heff gesprochen. Es gilt:
Heff = H0ext + Hext (t) + Hex + Hent + Hani + ... .
12
(2.33)
2.1 Grundlagen des Magnetismus
Das extern angelegte Feld ist hier in einen statischen Anteil H0ext und einen zeitabhängigen Anteil
Hext (t) aufgeteilt. Das bereits in Kap. 2.1.4 behandelte Austauschfeld Hex berücksichtigt die Austauschwechselwirkung. Das sogenannte Entmagnetisierungsfeld Hent hat seinen Ursprung in der
Dipol-Dipol-Wechselwirkung und wird im folgenden Abschnitt besprochen, da dies insbesondere
für Mikrostrukturen einen nicht zu vernachlässigenden Faktor darstellt. Das Anisotropiefeld Hani
resultiert im allgemeinen aus der magnetokristallinen Anisotropie, induziert durch die Spin-BahnKopplung und wird in Kap. 2.1.8 näher beschrieben. Allgemein können die einzelnen Feldbeiträge
geschrieben werden als [17]:
Heff = −
1
∇M (ε ) .
µ0
(2.34)
Das effektive Feld wird demnach über den Gradienten der jeweiligen Energiedichte ε bezüglich der
Magnetisierung M definiert und entspricht damit der Änderung der Energiedichte bei Auslenkung
der Magnetisierung.
2.1.7
Das Entmagnetisierungsfeld
Das Entmagnetisierungsfeld Hent berücksichtig die Dipol-Dipol-Wechselwirkung der magnetischen Momente untereinander. Wie in Kap. 2.1.3 gezeigt wurde ist diese Wechselwirkung zu
schwach um eine magnetische Ordnung zu erzwingen, jedoch besitzen die Dipolfelder einen langreichweitigen Charakter. In einem unendlich ausgedehnten homogenen Körper gilt, dass die Dipolfelder der einzelnen Momente sich gegenseitig kompensieren. Dies ist jedoch für endliche oder
inhomogen magnetisierte Körper nicht mehr der Fall. Die nicht kompensierten Anteile der Dipolfelder erzeugen dabei ein effektives Magnetfeld, dass innerhalb der Probe als Entmagnetisierungsfeld Hent und außerhalb als Streufeld Hs bezeichnet wird. Eine Beschreibung dieser Felder
kann mittels der Maxwell-Gleichungen erfolgen. Für diese gilt im magnetostatischen Fall und für
Stromfreiheit (j = 0):
∇ × Hent = 0
(2.35)
∇ · B = µ0 ∇ · (Hent + M) = 0 .
(2.36)
Aufgrund der Rotationsfreiheit von Hent kann ein skalares Entmagnetisierungspotential Φ eingeführt werden mit Hent = −∇ · Φ. Dies führt mit Gl. 2.36 auf die Poisson-Gleichung der Magnetostatik [29]:
∆Φ = −λM .
(2.37)
Hier stellt λM eine magnetische Ladungsdichte dar und ist die Quelle des Entmagnetisierungsfelds
bzw. des Streufelds. Die Ladungsdichte kann nun je nach Ursprung in einen Anteil einer effektiven
Volumenladungsdichte ρM = −∇ · M und einer effektiven Oberflächenladungsdichte σM = n · M
(mit der Oberflächennormalen n) aufgeteilt werden, sodass für die Lösung der Poisson-Gleichung
13
2.1 Grundlagen des Magnetismus
gilt:
µ0
Φ(r) = −
4π
Z
V
∇′ · M(r′ ) ′ µ0
dV +
|r − r′ |
4π
I
n′ · M(r′ ) ′
dA .
′
A |r − r |
(2.38)
Dabei entstehen magnetische Volumenladungen durch eine inhomogene Magnetisierung innerhalb
des Körpers, während magnetische Oberflächenladungen auftreten, falls die Magnetisierung an der
Oberfläche nicht parallel zu ihr ausgerichtet ist [29]. Für einen homogen magnetisierten Körper
gilt daher, dass das erste Integral in Gl. 2.38 verschwindet und das Streufeld nur durch die an der
Oberfläche auftretenden Oberflächenladungen generiert wird. Bedingt durch Gl. 2.35 muss das
Entmagnetisierungsfeld der Magnetisierung entgegengerichtet sein, da eine Integration entlang
des Streufeldes Hs stets einen positiven Beitrag liefert, der beim Schließen des Wegintegrals durch
den Körper hindurch aufgehoben werden muss. In Abb. 2.1 ist die Ausrichtung der beteiligten
Größen veranschaulicht. Die Energie der Magnetisierung im Entmagnetisierungsfeld ergibt sich
nun zu [30]:
µ0
Eent =
2
Z
V∞
H2ent (r′ )dV ′
µ0
=−
2
Z
V
Hent (r′ )M(r′ )dV ′ .
(2.39)
Das erste Integral erstreckt sich dabei über den gesamten Raum und zeigt, dass die Streufeldenergie immer positiv ist und nur verschwindet wenn Hent = 0 gilt. Um eine Minimierung der Energie
zu erreichen ist also eine Ausrichtung der Magnetisierung parallel zu den Oberflächen von Vorteil,
da so die magnetischen Oberflächenladungen minimiert werden. Dieses Bestreben der Magnetisierung sich der entsprechenden Geometrie des Körpers anzupassen wird auch Formanisotropie
genannt und wird im folgenden Abschnitt besprochen.
Abbildung 2.1: Schematische Darstellung der Ausrichtung der Magnetisierung M, des externen Magnetfeldes Hext , des Entmagnetisierungsfeldes Hent
und dem sich daraus ergebenden effektiven Magnetfelds Heff in einem Festkörper.
2.1.8
Die magnetische Anisotropie
Die magnetische Anisotropie bezeichnet im Allgemeinen die Abhängigkeit der Energie eines Magnetisierungszustandes von der Ausrichtung der Magnetisierung. In Abwesenheit eines externen
Feldes führt dies zu einer Ausrichtung der Magetisierung entlang einer sogenannten leichten Achse
der magnetischen Anisotropie, wodurch die Energie des Systems minimiert werden kann. Demgegenüber stehen die sogenannten harten Achsen mit denen eine Anhebung der Energie des Systems verbunden ist. Die hauptsächlichen Beiträge zur Anisotropie liefern die schon angesprochene
14
2.1 Grundlagen des Magnetismus
Formanisotropie, sowie die magnetokristalline Anisotropie. Der Ursprung dieser Anisotropien soll
im Folgenden diskutiert werden.
Die Formanisotropie
Wie im vorherigen Abschnitt beschrieben, führt die Dipol-Dipol-Wechselwirkung zum Ausbilden
von Streu- und Entmagnetisierungsfeldern, mit denen eine Energieanhebung verbunden ist. Die
Stärke dieser Felder und die damit verbundene Anisotropieenergie (Gl. 2.39) ist durch die Ausrichtung der Magnetisierung relativ zur Geometrie des Körpers bestimmt. So gilt z.B. für einen
unendlich langen Streifen, dass für eine Ausrichtung der Magnetisierung entlang des Streifens
keine Oberflächenladungen generiert werden (σM = n · M = 0, da M ⊥ n). Damit ist die Energie gegenüber einer Ausrichtung senkrecht zur Streifenrichtung stark abgesenkt . In diesem Fall
entspricht also die Streifenrichtung einer leichten Achse der Formanisotropie.
Zur Beschreibung des sich in einem Festkörper ausbildenden Entmagentisierungsfeldes in Abhängigkeit der Magnetisierung und der Geometrie des Körpers kann für einige simple geometrische
Formen der Entmagnetisierungstensor N eingeführt werden. Es gilt [30]:
Hent = −N · M ,
(2.40)
wobei der Entmagnetisierungstensor nun die Abhängigkeit des Entmagnetisierungsfeldes und damit der Anisotropieenergie (Gl. 2.39) von der Geometrie des Körpers beschreibt. Für die Komponenten Hent,i des Entmagnetisierungsfeldes gilt daher:
X
Ni j M j ,
Hent,i = −
(2.41)
j=x,y,z
mit den Entmagnetisierungstensorelementen Ni j und den Komponenten der Magnetisierung M j .
Eine detaillierte Beschreibung des Entmagnetisierungstensors in Abhängigkeit der Geometrie des
Körpers ist in [31] zu finden. Es soll hier nun noch eine nähere Betrachtung für quaderförmige
Strukturen erfolgen, da diese Form den in Kap. 5 untersuchten Mikrostrukturen entspricht. Dazu
wird ein externes Magnetfeld in z-Richtung, sowie ein quaderförmiger Körper mit Kantenlängen
2a, 2b bzw. 2c in x-, y- bzw. z-Richtung angenommen. Liegt der Ursprung des Koordinatensystems
im Zentrum des Quaders, so gilt für das Element Nzz des Entmagnetisierungstensors:
Nzz (r) = cot−1 f (x, y, z) + cot−1 f (−x, y, z) + cot−1 f (x, −y, z)
+ cot−1 f (x, y, −z) + cot−1 f (−x, −y, z) + cot−1 f (x, −y, −z)
(2.42)
+ cot−1 f (−x, y, −z) + cot−1 f (−x, −y, −z) ,
mit
p
(a − x)2 + (b − y)2 + (c − z)2
f (x, y, z) =
(c − z) .
(2.43)
(a − x)(b − y)
Die übrigen Diagonalelemente des Entmagnetisierungstensors können durch Vertauschung von x,y
und z sowie a,b und c berechnet werden [31].
15
2.2 Die Dynamik der Magnetisierung
Die magnetokristalline Anisotropie
Neben der Formanisotropie verursacht durch die Geometrie der Probe treten noch weiter Anisotropien auf. Dazu zählt die magnetokristalline Anisotropie, die eine intrinsische Eigenschaft des Materials ist. Sie ist bestimmt durch die kristalline Struktur und wird durch die Spin-Bahn-Kopplung
(engl. spin orbit coupling, SOC) vermittelt. Semiklassisch kann die Spin-Bahn-Kopplung als Wechselwirkung von Spin S und Bahndrehimpuls L beschrieben werden durch [32]:
HSOC = ξ (r)S · L .
(2.44)
Hier ist ξ (r) die Spin-Bahn-Kopplungskonstante, die vom Gradienten des beteiligte elektrischen
Potentials abhängt. Nach Gl. 2.44 kann also eine Anisotropie der Drehimpulszustände in das magnetische System koppeln. Die Ursache für eine solche Anisotropie ist die Reformierung der elektronischen Zustände im Kristallgitter gegenüber den atomaren Zuständen, die in extremen Fällen
sogar zu der Unterdrückung bestimmter Drehimpulszustände führen kann [17]. Dadurch wird effektiv die Ausrichtung der Magnetisierung in bestimmte Kristallrichtungen energetisch günstiger.
Die beteiligte Anisotropieenergie kann als eine Reihenentwicklung dargestellt werden [33]:
Eani = K1 sin2 (γ ) + K2 sin4 (γ ) + K3 sin6 (γ ) + ... ,
(2.45)
wobei der Winkel γ den Winkel zwischen Magnetisierung und ausgezeichneter Achse darstellt.
Nach der Diskussion der makroskopischen Grundlagen des Magnetismus wird im weiteren Verlauf nun die Dynamik der Magnetisierung insbesondere unter dem Einfluss von zeitabhängigen
externen Feldern vorgestellt.
2.2. Die Dynamik der Magnetisierung
In diesem Kapitel soll nun zunächst die allgemeine Dynamik der Magnetisierung in einem effektiven Magnetfeld vorgestellt werden. Dies dient als Grundlage für die in Kap. 2.3 durchgeführte
Betrachtung der kollektiven Dynamik eines Systems magnetischer Momente und den sich ergebenden fundamentalen Anregungen, die Spinwellen genannt werden.
2.2.1
Die Landau-Lifshitz-Gilbert-Gleichung
Zur näheren Betrachtung des dynamischen Verhaltens der Magnetisierung soll nun zunächst ein
einzelnes magnetisches Moment µ in einem Magnetfeld H betrachtet werden. Für den Fall, dass
das Moment nicht parallel zum Magnetfeld steht wirkt dabei ein Drehmoment D in der Form [21]:
D=
16
dJ
= µ × µ0 H .
dt
(2.46)
2.2 Die Dynamik der Magnetisierung
Dies entspricht einer Präzession des magnetischen Moments um die Achse des Magnetfeldes. Unter Berücksichtigung, dass das Drehmoment der zeitlichen Ableitung des Drehimpulses J entspricht und für den Fall eines atomaren magnetischen Moments wodurch nach Gl. 2.12 für den
1
Drehimpuls J = − |γ|
µ gilt, wird Gl. 2.46 zu:
−
1 dµ
= µ × µ0 H .
|γ| dt
(2.47)
Zum Übergang von einem einzelnen magnetischen Moment auf ein Ensemble von magnetischen
Momenten zur Beschreibung eines Festkörpers wird die Magnetisierung M als eine über das Kontinuum gemittelte Größe genutzt (vergl. Kap. 2.1.5) und es folgt aus Gl. 2.47 die sogenannte LandauLifshitz-Gleichung:
dM
= −|γ|M × µ0 Heff .
(2.48)
dt
Dabei berücksichtigt die Einführung des effektiven Magnetfeldes Heff die im vorherigen Kapitel
beschriebenen einzelnen Beiträge des externen Feldes, der Anisotropiefelder, sowie die der zeitabhängigen Felder.
Die Landau-Lifshitz-Gleichung beschreibt nun die Dynamik der Magnetisierung in einem Magnetfeld, bezieht jedoch keine Dämpfung mit ein, d.h. eine einmal ausgelenkte Magnetisierung würde
unbegrenzt und unverändert präzedieren. In der Realität tragen jedoch mehrere Dämpfungsmechanismen (vergl. Kap. 2.3.1) dazu bei, dass Energie aus dem magnetischen System dissipiert und
die Magnetisierung in Richtung des effektiven Feldes relaxiert. Um diesem Umstand Rechnung zu
tragen wurde von T. Gilbert phänomenologisch ein zusätzliches rückstellendes Drehmoment Dα
eingeführt [34], in der Form von:
Dα = −
Wie sich zeigt ist Dα ∝
dM
dt ,
α
dM
M×
.
Ms
dt
(2.49)
d.h. die so eingeführte Relaxation berücksichtigt ausschließlich eine
viskose Dämpfung. Damit ergibt sich resultierend die sogenannte Landau-Lifshitz-Gilbert-Gleichung zu:
dM
dM
α
= −|γ|M × µ0 Heff −
M×
.
(2.50)
dt
Ms
dt
Hier ist α der dimensionslose sogenannte Gilbert-Dämpfungsparameter und beschreibt phänomenologisch die auftretende Dämpfung. In Abb. 2.2 sind alle auftretenden Drehmomente noch einmal
bildlich verdeutlicht. Das Resultat nach Gl. 2.50 ist nun, dass sich keine unendliche Präzession der
Magnetisierung mehr ergibt, sondern stattdessen eine spiralförmige Rückstellung in Richtung des
effektiven Feldes.
2.2.2
Der Polder-Suszeptibilitätstensor
Die Landau-Lifshitz-Gleichung beschreibt wie im vorherigen Abschnitt gezeigt die Dynamik der
Magnetisierung im effektiven Magnetfeld unter Vernachlässigung der Dämpfung. Die Anregung
17
2.2 Die Dynamik der Magnetisierung
a
MS
Abbildung 2.2: Schematische Darstellung der Magnetisierungsdynamik unter Einfluss eines effektiven
Magnetfeldes Heff . Die Dämpfung führt zu einer Relaxation der Magnetisierung in Richtung des Magnetfeldes. Abbildung entnommen aus [35].
(
M´
(
dM
dt
H
-gm0 ( M ´ Heff )
der Dynamik erfolgt in dieser Arbeit mit Hilfe von zeitabhängigen Wechselfeldern, daher soll die
Reaktion der Magnetisierung auf einen solchen zeitabhängigen Anteil des Magnetfeldes nun näher
beschrieben werden. Dazu werden zunächst sowohl das Magnetfeld, als auch die Magnetisierung
in eine statische Komponente und in einen zeitabhängigen Anteil zerlegt, es gilt also [17]:
Heff (t) = H0 + h(t)
(2.51)
M(t) = M0 + m(t) .
(2.52)
Das Einsetzen in die Landau-Lifshitz-Gleichung liefert:
dm(t)
= −|γ|µ0 [M0 × H0 + M0 × h(t) + m(t) × H0 + m(t) × h(t)] .
dt
(2.53)
Um das Problem zu vereinfachen, soll angenommen werden, dass das statische Magnetfeld H0
parallel zur z-Richtung liegt und die Probe homogen magnetisiert ist, d.h. es gilt M0 k H0 und
daher M0 × H0 = 0. Wird zusätzlich angenommen, dass die dynamischen Komponenten klein sind
gilt |M0 | ≫ |m(t)| und |H0 | ≫ |h(t)|, daher kann der letzte Term in Gl. 2.53 vernachlässigt werden.
Mit dem Ansatz
m(t) = m0 exp(−iω t)
(2.54)
h(t) = h0 exp(−iω t)
(2.55)
und
kann mit den getroffenen Näherungen aus Gl. 2.53 die sogenannte linearisierte Form der LandauLifshitz-Gleichung erhalten werden:
iω m(t) = eˆz × (−ωM h(t) + ωH m(t)) ,
(2.56)
ωM = |γ|µ0 Ms und ωH = |γ|µ0 H0 .
(2.57)
mit
18
2.2 Die Dynamik der Magnetisierung
Die Lösung von Gl. 2.56 [17] verknüpft nun die dynamische Magnetisierung mit dem dynamischem Magnetfeld:
(2.58)
m(t) = χ̃ h(t) ,
mit dem sogenannten Polder-Suszeptibilitätstensor χ̃ für den gilt:
χ −iκ
,
χ̃ =
iκ χ
mit
χ=
ωH ωM
ωH2 − ω 2
und
κ=
ωωM
.
ωH2 − ω 2
(2.59)
(2.60)
Der Polder-Suszeptibilitätstensor beschreibt nun die Antwort der Magnetisierung auf eine externe Erregung h(t) und erlaubt damit die Beschreibung der Magnetisierungsdynamik. Erfolgt eine
Anregung mit der Frequenz ωH , so zeigt sich ein singuläres Verhalten der Suszeptibilitätstensorelemente, dies ist durch die hier vernachlässigte magnetische Dämpfung bedingt. Die Frequenz
dieser Singularität wird auch ferromagnetische Resonanzfrequenz genannt auf die im folgenden
Abschnitt näher eingegangen wird. Es sei hier erwähnt, dass die Dämpfung sich durch geeignetes
Ersetzten in Form von ωH → ωH − iωα ohne größeren Aufwand in diese Betrachtung integrieren
lässt [17].
2.2.3
Die ferromagnetische Resonanz
Die im vorherigen Abschnitt angesprochene ferromagnetische Resonanzfrequenz entspricht der
Freqeunz einer Anregung des Systems, bei der alle beteiligten magnetischen Momente kohärent
und in gleicher Phase um die Achse des effektiven Feldes präzedieren. Für einen Körper, der sich
mittels Gl. 2.40 über den Entmagnetisierungstensor N beschreiben lässt und unter der Annahme, dass das Magnetfeld entlang einer der Hauptachsen des Tensors liegt (z-Richtung), ergibt die
Linearisierung von Gl. 2.53 die sogenannte Kittel-Formel für die uniforme Anregung der Magnetisierung bzw. Ferromagnetische Resonanz (FMR) [16]:
|γ|µ0 q
(Hext + (Nx − Nz )Ms ) · (Hext + (Ny − Nz )Ms ) .
fFMR (Hext ) =
2π
(2.61)
Dabei wurde hier eine magnetokristalline Anisotropie vernachlässigt (eine ausführliche Diskussion
erfolgt in Kap. 3.1). Für den speziellen Fall eines dünnen unendlich ausgedehnten Films mit der
Filmnormalen in y-Richtung folgt aufgrund von Nx = Nz = 0 und Ny = 1 die Kittel-Formel für
einen dünnen Film:
fFMR (Hext ) =
|γ|µ0 p
Hext · (Hext + Ms ) .
2π
(2.62)
Diese Relation ist von großer praktischer Bedeutung, da sie wie in Kap. 3.1 gezeigt wird einen einfachen experimentellen Zugang zur Sättigungsmagnetisierung einer magnetischen Schicht bietet.
19
2.3 Spinwellen
2.2.4
Die Walker-Gleichung
Die in Kap. 2.2.2 durchgeführte Betrachtung der Magnetisierungsdynamik im linearen Fall kann
mit Hilfe des magnetischen Potentials aus Kap. 2.1.7 fortgeführt werden. Dies erfordert die Annahme einer verschwindenden Stromdichte und beschränkt die hier durchgeführte Betrachtung
auf den Fall der sogenannten magnetostatischen Moden. Aus den magnetostatischen MaxwellGleichungen (Gln. 2.35 und 2.36) folgt für die dynamischen Komponenten h und m:
∇×h = 0
(2.63)
∇ · b = ∇ · (h + m) = 0 .
(2.64)
Außerdem gilt für das magnetostatische Potential nach Gl.2.37:
(2.65)
∆φ = ∇ · m .
Eine Verknüpfung dieser Gleichungen mit Gl. 2.58 liefert die sogenannte Walker-Gleichung des
magnetostatischen Potentials [36]:
∂ 2φ ∂ 2φ
(1 + χ )
+
∂ x 2 ∂ y2
+
∂ 2φ
=0.
∂ z2
(2.66)
Dabei bezeichnet χ das in Gl. 2.60 angegebene Element aus dem Polder-Suszeptibilitätstensor.
Die Walker-Gleichung kann nun im folgenden Kapitel zur Herleitung der Moden der Fundamentalanregungen von magnetischen Systemen, den Spinwellen, genutzt werden.
2.3. Spinwellen
Eine fundamentale Anregung des magnetischen Systems stellen die sogenannten Spinwellen dar,
deren zugehörige Quasiteilchen Magnonen genannt werden. Dabei handelt es sich um die kollektive Präzession der magnetischen Momente eines Festkörpers, wobei eine Phasenverschiebung
zwischen benachbarten Momenten auftritt. Es handelt sich daher nicht wie bei z.B. Phononen
um eine amplitudenmodulierte, sondern um eine phasenmodulierte Welle. In Abb. 2.3 ist dies anhand einer Kette von magnetischen Momenten verdeutlicht. Die Wellenlänge wird dabei über den
Abstand zwischen zwei phasengleichen magnetischen Momenten definiert. Die bereits in Kap.
2.2.3 vorgestellte ferromagnetische Resonanz entspricht einem Sonderfall dieser Anregung, bei
der es sich um eine Spinwelle mit unendlicher Wellenlänge handelt. Da es sich bei Spinwellen
um eine kollektive Anregung der magnetischen Momente handelt ist die Propagation dieser Wellen durch die in Kap. 2.1.3 beschriebenen Wechselwirkungen bestimmt. Dabei gilt, dass für große
Wellenlängen, also eine geringe Verkippung benachbarter magnetischer Momente gegeneinander,
die Dipol-Dipol-Wechselwirkung den Charakter der Propagation dominiert, während für kleine
20
2.3 Spinwellen
Spinwellen-Wellenlänge
.
Abbildung 2.3: Schematische Darstellung einer Spinwelle anhand einer eindimensionalen Spinkette. Abbildung entnommen aus [37]
Wellenlängen aufgrund der starken Verkippung gegeneinander die Austauschwechselwirkung dominiert.
In diesem Kapitel soll diese kollektive Dynamik nun näher betrachtet werden. Dabei soll davon
ausgegangenen werden, dass die Anregungsamplitude klein ist, sodass die in Kap. 2.2.2 gezeigte
Linearisierung der Landau-Lifshitz-Gleichung durchgeführt werden kann.
2.3.1
Spinwellendämpfung
Wie in Kap. 2.2.1 eingeführt, unterliegt die Präzession der Magnetisierung einer gewissen Dämpfung, die nach einer bestimmten Zeit eine Rückstellung in die Ruhelage parallel zum effektiven
Feld zur Folge hat (vergl. Gl. 2.50). Dies bedeutet, dass Spinwellen nur eine endliche Lebensdauer
τ aufweisen. So gilt für die Zeitentwicklung der Amplitude A (A ∝ mx , my ) der FMR in einem
unbeschränkten Medium:
t
A(t) = A(0) exp(− ) .
τ
(2.67)
Die Lebensdauer ist stark vom Material und den vorliegenden Wechselwirkungen abhängig. Für
metallische Verbindungen ergibt sich in der Regel eine Lebensdauer im Bereich einiger Nanosekunden, während für einen elektrischen Isolator wie das in dieser Arbeit verwendete YIG durchaus
mehrere hundert Nanosekunden erreicht werden können.
Die Dämpfung kann prinzipiell in zwei Arten unterteilt werden, den viskosen Anteil der proportional zur Frequenz der Spinwelle ist und einen nicht-viskosen Anteil. Der viskose Anteil wird
dabei durch die Gilbert-Dämpfung beschrieben. In Metallen ist der dominante Beitrag zur GilbertDämpfung die durch die Spin-Bahn-Kopplung vermittelten Magnon-Elektron-Wechselwirkung
[38], wobei für dickere Filme eine Wirbelstrominduktion hinzukommen kann [39]. In Isolatoren
21
2.3 Spinwellen
hingegen spielt die Magnon-Phonon-Wechselwirkung die dominante Rolle [40].
Der nicht-viskose Anteil ist hauptsächlich durch Inhomogenitäten in der Gitterstruktur verursacht
die durch Störstellen und Verzerrungen gegeben sind. Ein weiterer Beitrag ist die sogenannte zweiMagnonen-Streuung, bei der ein Magnon an einer Störstelle aufgrund der gebrochenen Translationsinvarianz streuen kann [41].
Für eine große Spinwellenamplitude ist die Linearisierung der Landau-Lifshitz-Gleichung allerdings nicht mehr gültig (vergl. Kap. 2.2.2). In einem solchen Fall können Multi-Magnonen-Streuprozesse auftreten, die als zusätzlicher Verlustkanal die Lebensdauer reduzieren können. Für die
Messungen in Kap. 5 ist es daher wichtig, dass die Anregungsleistung entsprechend klein genug
gewählt wird.
2.3.2
Unendlich ausgedehnter, ferromagnetischer Körper
Für einen unendlich ausgedehnten Körper treten keinerlei Randbdingungen auf, sodass die WalkerGleichung (Gl. 2.66) ohne Einschränkung gültig ist. Unter Berücksichtigung des Austauschfeldes
Hex ergibt sich aus der Walker-Gleichung die sogenannte Herring-Kittel-Formel [42] für die Frequenz ω und den Wellenvektor k der Spinwelle:
ω (k) =
q
(ωH + ωA ) · (ωH + ωA + ωM sin2 (Θ)) .
(2.68)
Hierbei ist Θ der Winkel zwischen dem Wellenvektor und der statischen Magnetisierung und
ωA (k) = |γ|
2Aex 2
|k| ,
µ0 Ms
(2.69)
mit der bereits in Kap. 2.1.4 eingeführten Austauschkonstanten Aex . An den Gln. 2.68 und 2.69 ist
ersichtlich, dass die Frequenz ω für große Wellenvektoren k quadratisch mit k anwächst, da ωH
und ωM konstante Komponenten sind, die durch das Magnetfeld und die Magnetisierung bestimmt
sind. Der Grund für das Verhalten ist, dass wie schon angesprochen für eine kleine Wellenlänge
die Austauschwechselwirkung die Dynamik dominiert. Man spricht daher auch von austauschdominierten Spinwellen, bzw. entsprechend für kleine k von dipolaren Spinwellen.
2.3.3
Spinwellen in dünnen Filmen
In einem dünnen magnetischen Film ist das Spinwellenspektrum gegenüber einem unendlich ausgedehnten Körper durch die auftretenden Grenzflächen modifiziert. An diesen tritt der sogenannte Pinning-Effekt auf, d.h. die magnetischen Momente im Randbereich der Grenzfläche erfahren
eine Frustration ihrer Präzession. Es soll nun ein in der x-z-Ebene liegender Film der Dicke d
angenommen werden in dem die Magnetisierung in z-Richtung zeigt. Die Oberflächennormale
zeigt dementsprechend parallel zur y-Richtung. Für dünne Schichten (|kk |d < 1) tritt dabei eine
22
2.3 Spinwellen
Quantisierung des Wellenvektors entlang der Schichtdicke auf, d.h. es gilt:
pπ k = kk +
êy mit p = 1, 2, 3, ... .
d
(2.70)
Hier ist kk die Komponente des Wellenvektors in der Filmebene und p die Quantenzahl der Quantisierung entlang der Filmdicke. Dadurch wird die Energie der Spinwellen gegenüber der Betrachtung in Kap. 2.3.2 modifiziert. Bei den entlang der Filmdicke stehenden Wellen spricht man auch
von den senkrecht stehenden Spinwellen (engl.: perpendicular standing spinwaves, PSSW), die
in dünnen Filmen einen austauschdominierten Charakter besitzen da der Wellenvektor entlang der
Filmdicke sehr groß ist.
Zu der Quantisierung kommt noch ein weiterer Effekt hinzu, so generiert die dynamische Magnetisierung zusätzlich magnetische Oberflächenladungen wenn diese aus der Filmebene herauszeigt
(vergl. Kap. 2.1.7). Unter Berücksichtigung dieser Effekte kann die Dispersionsrelation (ω (k)) für
die Annahme von vollständig ungepinnten magnetischen Momenten an der Oberfläche nach [43]
geschrieben werden als:
ω (k) =
q
(ωH + ωA ) · (ωH + ωA + ωM Fpp (|k|, Θ)) ,
(2.71)
wobei die Funktion Fpp das Dipol-Matrixelement darstellt und gegeben ist durch [43]:
Fpp (|k|, Θ) = 1 + Ppp cos2 (Θ) + ωM
Ppp (1 − Ppp sin2 (Θ))
.
(ωH + ωA )
(2.72)
Die Funktion Ppp wiederum beschreibt die Quantisierung und es gilt für p = 0:
P00 (|kk |) = g(|kk |) = 1 −
1 − e−|kk |d
.
|kk |d
(2.73)
Eine genaue Beschreibung der Dispersionsrelation für die PSSW-Moden (p > 0) ist sehr komplex,
daher wird dazu auf [44] und [43] verwiesen. In Abb. 2.4a) ist nur schematisch das Profil der
PSSW-Moden für Θ = 90 ° und p = 1, 2, 3 abgebildet.
Im Folgenden sollen nun die zwei Spezialfälle für eine Ausbreitung der Spinwelle parallel und
senkrecht zur statischen Magnetisierung näher betrachtet werden. Dabei wird angenommen, dass
die Austauschwechselwirkung vernachlässigbar ist.
Rückwärts-Volumen-Geometrie
Für den Fall der Propagation der Spinwellen parallel zur statischen Magnetisierung, d.h. k k M
bzw. Θ = 0 (vergl. Gl. 2.71), spricht man von den sogenannten magnetostatischen Rückwärts-Volumen-Spinwellen (engl. backward volume magnetostatic spin waves, BVMSW). Wird die Grundmode betrachtet, d.h. p = 0, so folgt aus der Dispersionsrelation (Gl. 2.71) [45]:
v "
!#
u
−|kk |d
u
1
−
e
.
ωBVMSW = tωH ωH + ωM
|kk |d
(2.74)
23
2.3 Spinwellen
b)
MSSW
ω/ωFMR
a)
BVMSW
k║d
Abbildung 2.4: a) Visualisierung der PSSW-Moden entlang der Filmdicke für Θ = 90 °. b) Dispersionsrelation für die BVMSW und MSSW-Moden im dipolar dominierten Bereich. Abbildung nach [29].
Der Verlauf der Dispersion ist in Abb. 2.4b) gezeigt. Eine Besonderheit dieser Moden ist die negative Gruppengeschwindigkeit definiert durch vg = ∂ ω /∂ k.
Damon-Eshbach-Geometrie
Für den Fall der Propagation der Spinwellen senkrecht zur statischen Magnetisierung, d.h. k ⊥ M
bzw. Θ = π2 , spricht man von den sogenannten magnetostatischen Oberflächen-Spinwellen (engl.
magnetostatic surface spin waves, MSSW). Diese Wellen werden auch Damon-Esbach-Spinwellen
genannt, da die erste theoretische Beschreibung dieser Wellen durch R. Damon und J. Eshbach
erfolgt ist [46]. Analog ergibt sich die Dispersionsrelation zu:
s
i
ω2 h
ω = ωH (ωH + ωM ) + M 1 − e−2|kk |d .
4
(2.75)
Der Verlauf der Dispersion ist ebenfalls in Abb. 2.4b) abgebildet. Die Besonderheit dieser Wellen
ist, dass sie eine Lokalisierung an den Oberflächen des Films aufweisen (vergl. Abb. 2.4a))
2.3.4
Spinwellen in Mikrostrukturen
Im Rahmen dieser Arbeit wird eine zusätzliche Strukturierung des Films vorgenommen um Untersuchungen an quaderförmigen Strukturen durchzuführen. In den resultierenden Strukturen kommt
es daher nicht nur zur Quantisierung entlang der Dicke der Struktur, sondern nun auch zusätzlich
in lateraler Richtung. Der Wellenvektor weist also nun eine Quantisierung in alle Raumrichtungen
24
2.3 Spinwellen
auf und hat die Form:
k=
pπ
nπ
mπ
êx +
êz
êy +
ax
d
az
mit n, p, m = 1, 2, 3, ... .
(2.76)
Hier sind ax und az die geometrischen Breiten der Struktur senkrecht bzw parallel zur statischen
Magnetisierung (unter der Annahme, dass Magnetisierung und Strukturausrichtung zusammenfallen). In Abb. 2.5 ist die Lage des Koordinatensystems und die Definition der Strukturbreiten veranschaulicht. Der Einfluss der einzelnen Wellenvektorkomponenten auf die Energie des Systems
ist recht unterschiedlich und soll daher im Folgenden getrennt diskutiert werden.
y
ax
z
Abbildung 2.5: Zur Definition des Koordinatensystems und der Strukturbreiten.
d
x
az
µ0Hext
Quantisierung senkrecht zur statischen Magnetisierung
Im Fall der Quantisierungsbedingung senkrecht zur statischen Magnetisierung (x-Richtung) liegt
die Magnetisierung parallel zu den Kanten der Struktur und es wird kein Entmagnetisierungsfeld
generiert. Dennoch zeigt die dynamische Magnetisierung m im Falle einer Präzession aus der
Strukturflanke heraus und erzeugt so dynamische Dipolfelder. Da diese inhomogen sind, kommt
es zum sogenannten dipolaren Pinning, denn an den Kanten erhöht sich das dynamische Entmagnetisierungsfeld stark [29]. Es ergibt sich eine Randbedingung die von der Dipolwechselwirkung
bestimmt ist [39]:
∂m
=0,
∂ x + DDip m
x=± ax
(2.77)
2
mit dem dipolaren Pinning-Parameter DDip , der vom Aspektverhältnis ax /d abhängt:
DDip =
2π ax /d
.
1 + 2 ln (ax /d)
(2.78)
Durch das Pinning erfolgt effektiv die Quantisierung nicht mehr über die geometrische Breite,
sondern über eine größere effektive Breite aeff
x auf der die Momente einem vollständigen Pinning
25
2.3 Spinwellen
unterliegen würden. Es gilt dann [39]:
kx =
mit
aeff
x
= ax
nπ
êx ,
aeff
x
DDip
DDip − 2
(2.79)
.
(2.80)
Der hier aufgezeigte Einfluss kann also durch einfaches ersetzten der geometrischen Breite in Gl.
2.76 durch die effektive Breite nach Gl. 2.80 berücksichtigt werden.
Quantisierung parallel zur statischen Magnetisierung
Für den Fall der Quantisierungsbedingung parallel zur statischen Magnetisierung (z-Richtung) tritt
der Pinning-Effekt in den Hintergrund, denn der Hauptgrund der lateralen Beschränkung in dieser Richtung ist das durch die statische Magnetisierung hervorgerufenen Entmagnetisierungsfeld.
Dieses generiert eine Art Potenzialtopf für die Spinwellen, der die effektive Breite der Struktur verringert. Um den Effekt abzuschätzen wird angenommen, dass die Struktur mit Hilfe eines externen
Magnetfeldes homogen entlang der z-Richtung magnetisiert ist (vergl. Abb. 2.5). Nach Gl. 2.41
berechnet sich die z-Komponente des Entmagnetisierungsfelds entlang der z-Achse des Systems
in diesem Fall über:
Hent,z (z) = −µ0 Ms Nzz (0, 0, z) .
(2.81)
Für das effektive Feld folgt daher:
µ0 Heff,z (z) = µ0 Hext − µ0 Ms Nzz (0, 0, z) .
(2.82)
In Abb. 2.6 ist der Verlauf des effektiven Feldes für ein externes Feld von µ0 Hext = 20 mT eine Sättigungsmagnetisierung von Ms = 830 kA m−1 (für Ni81 Fe19 ) und eine Strukturbreite von
az = 1, 95 µm gezeigt1 . Zur Definition der effektiven Breite wird nun das effektive Feld herangezogen. Ausgehend vom Maximum des effektiven Feldes im Zentrum der Struktur µ0 Heff,z (0)
wird die effektive Breite aeff
z als die Breite gewählt, auf der das effektive Feld auf die Hälfte dieses
Wertes reduziert ist [9]. Es ist hier zu berücksichtigen, dass bedingt durch die Definition des effektiven Feldes (vergl. Gl. 2.82) sich eine explizite Abhängigkeit der effektiven Breite vom extern
angelegten Magnetfeld ergibt und die Beschreibung daher deutlich komplizierter ist als für den im
vorherigen Abschnitt beschriebenen Fall.
Die in diesem Kapitel erarbeitete Beschreibung von Spinwellen dient nun als Grundlage zur Bewertung der in dieser Arbeit durchgeführten Messungen. Insbesondere die hier aufgezeigten Auswirkungen der Quantisierung in Mikrostrukturen hat einen großen Einfluss und wird daher noch
1 Berechnungen
26
von T. Brächer [9]
Abbildung 2.6: Effektives Magnetfeld
µ0 Heff,z (z) in Abhängigkeit der Position (z)
entlang der Struktur. Zur Definition der effektiven Breite für den Fall einer Quantisierung
parallel zur statischen Magnetisierung wird
die Breite gewählt, bei der das effektive
Feld auf die Hälfte des Wertes des Zentrums
reduziert ist. Abbildung nach [9].
effektives Feld µ0Heff (µm)
2.3 Spinwellen
µ0Hent
eff
az
Position entlang der Struktur z (µm)
eingehender diskutiert. Im folgenden Abschnitt soll nun abschließend auf die Anregung von Spinwellen eingegangenen werden.
2.3.5
Anregung der Magnetisierungsdynamik
Die Anregung der Magnetisierungsdynamik der untersuchten Mikrostrukturen erfolgt in dieser Arbeit mit Hilfe einer makroskopischen Antenne (quaderförmiger langer Kupferstreifen), auf der die
zu untersuchenden Strukturen platziert werden (vergl. Abb. 2.7a)). Ein Mikrowellenwechselstrom
wird durch die Antenne geleitet, wodurch nach Gl. 2.2 ein dynamisches Øersted-Feld um die Antenne generiert wird. Dieses Feld bewirkt ein Drehmoment auf die Magnetisierung wodurch diese
aus der Ruhelage ausgelenkt und damit angeregt wird. Die Anregungseffizienz mit der Spinwellen
durch eine Antenne angeregt werden können ist nun von drei Faktoren abhängig.
Zunächst ist die geometrische Anordnung vom Anregungsfeld Hex und Magnetisierung essentiell,
da nur zur Magnetisierung senkrechte Feldkomponenten eine Auslenkung verursachen können.
Die Effizienz ist also am größten, wenn das Anregungsfeld der Antenne vollständig senkrecht zur
Magnetisierung steht.
Ein weiterer Faktor ist durch die geometrische Breite der Antenne gegeben. Aus der Fouriertransformierten der Antennenbreite ergibt sich eine mit zunehmendem Wellenvektor abnehmende Anregungseffizienz (für eine Berechnung wird auf [47] verwiesen). Da die in dieser Arbeit verwendeten
Antennen sehr breit sind (vergl. Kap. 3) wird dadurch effektiv nur ein sehr schmaler Bereich von
Wellenvektoren um |k| = 0 effizient angeregt. Zusätzlich bedingt die breite Antenne ein über die
Ausdehnung der Strukturen homogenes Anregungsfeld.
Die Anregungseffizienz hängt im Weiteren nicht nur von der Antennenbreite ab, sondern in Mikrostrukturen insbesondere zusätzlich von den auftretenden Quantisierungen des Wellenvektors.
Die effektive Anregungseffizienz der einzelnen Moden ergibt sich aus der Faltung des Antennen27
2.3 Spinwellen
a)
Struktur
b)
ax
n=3
Antenne
n=2
n=1
Hex
Abbildung 2.7: a) Schematische Darstellung der Anordnung um mittels einer Antenne die Magnetisierungsdynamik anzuregen. b) Modenprofile der ersten drei Moden für ein 1D-quantisiertes System.
feldes mit dem Modenprofil der entsprechenden Spinwellenmode. In Abb. 2.7 b) sind exemplarisch
für ein in einer Dimension quantisiertes System die Modenprofile der ersten drei Moden abgebildet. Werden diese mit einem homogenen Anregungsfeld gefaltet, so ergibt sich, dass Moden mit
einer geraden Modenzahl nicht angeregt werden können. Die Anregungseffizienz der ungeraden
Moden nimmt zudem mit 1/n ab. Anschaulich kann die verschwindende Anregungseffizienz auch
dadurch verstanden werden, dass das über die Strukturbreite gemittelte magnetische Moment verschwindet und daher keine Kopplung mit dem homogenen Anregungsfeld stattfinden kann.
28
KAPITEL 3
Experimentelle Methoden
Nach der theoretischen Beschreibung der Grundlagen der Magnetisierungsdynamik im vorangegangenen Kapitel, sollen nun die in dieser Arbeit verwendeten Methoden zur Detektion und Analyse der Magnetisierungsdynamik näher betrachtet werden.
In Kapitel 3.1 wird die Vektor-Netzwerk-Analysator ferromagnetische Resonanzspektroskopie vorgestellt, die als Ausgangsbasis der Messungen in Kapitel 5 dient und mittels der die verwendeten
dünnen YIG-Filme charakterisiert werden können. Diese Methode erlaubt jedoch nur die Untersuchung von Filmen, daher widmet sich Kapitel 3.2 ausführlich der Messemethode der mikrofokussierten Brillouin-Lichtstreuspektroskopie, die Zugang zur Magnetisierungsdynamik von Mikrostrukturen bietet. Dabei werden insbesondere die in dieser Arbeit durchgeführten Modifikationen für eine Messung von YIG-Strukturen näher besprochen.
3.1. Vektor-Netzwerk-Analysator ferromagnetische Resonanzspektroskopie
Die Analyse der ferromagnetischen Resonanz (FMR) ist eine häufig genutzte Methode um magnetische Materialien auf ihre Materialeigenschaften zu untersuchen. Dabei geht insbesondere die
Untersuchung der resonanten Mikrowellenabsorption dünner magnetischer Schichten auf die Mitte des 20. Jahrhunderts zurück [48] und hat sich auf Basis der theoretischen Beschreibung von
C. Kittel [49] als eine wichtige Methode etabliert. Diese gibt Aufschluss über essentielle Parameter des untersuchten Materials, wie die Sättigungsmagnetisierung und die magnetische GilbertDämpfung (vergl. Kap. 2.2.3).
Grundlage der Messung der FMR ist die resonante Absorption von Photonen aus einem Mikrowellen-Wechselfeld durch das magnetische System der Probe. Dabei haben sich zwei Methoden
etabliert, zum einen die Resonator FMR Spektroskopie und zum anderen die Antennen FMR Spektroskopie [50]. Abbildung 3.1 zeigt die schematische Darstellung des Aufbaus der in dieser Arbeit
verwendeten Antennen Vektor-Netzwerk-Analysator FMR Spektroskopie (VNA-FMR). Die magnetische Schicht der zu untersuchende Probe liegt auf einem ungefähr 600 µm breiten und 2 cm
langen Kupfer-Streifenleiter (Antenne), der zwischen den Polschuhen eines Elektromagneten pla29
3.1 Vektor-Netzwerk-Analysator ferromagnetische Resonanzspektroskopie
Vektor
Netzwerk
Analysator
Probe
Hext
hMW
Stripline-Antenne
Magnet
Abbildung 3.1: Schematischer Aufbau der Antennen Vektor-Netzwerk-Analysator ferromagnetischen Resonanz Spektroskopie. Die Probe liegt auf einer Kupferantenne, die zwischen zwei Spulen zur Magnetfelderzeugung platziert wird. Für eine möglichst effektive Anregung muss die Antenne parallel zum extern
angelegten Magnetfeld eingebracht werden.
ziert wird. Ein Vektor-Netzwerk-Analysator1 (VNA) wird an die Antenne angeschlossen. Dieser
besteht aus einem integrierten Mikrowellengenerator, zwei Messtoren die jeweils als Ein- und
Ausgang fungieren können, sowie einer Analysatorelektronik die sowohl die Amplitude, als auch
die Phase eines Signals auswerten kann. Daher dient der VNA im Aufbau zum Anlegen von Mikrowellenströmen mit Frequenzen im Bereich von 10 MHz bis 20 GHz, sowie dem simultanen
Messen der sogenannten Streuparameter (S-Parameter) [50]. Diese sind im allgemeinen komplex
und beschreiben die Transmission, bzw. Reflektion zwischen den Messtoren. So beschreibt zum
Beispiel der Parameter S12 die Transmission von Messtor 2 zu Messtor 1 und der Parameter S11
die Reflexion, also Signalausgang zu Signaleingang von Messtor 1. Der Elektromagnet dient zum
Erzeugen eins statischen Magnetfelds Hext in der Probenebene, dabei ist jedoch zu beachten, dass
die Antenne parallel zur Feldrichtung eingebracht wird um eine maximale Anregungseffizienz zu
erhalten (vergl. Kap. 2.3.5). Um eine winkelabhängige Messungen zu ermöglichen ist zusätzlich
eine Winkelskala an der Antenne angebracht (vergl. Abb. 3.2).
Das Prinzip der Messung beruht auf der Tatsache, dass aufgrund des angelegte Mikrowellenstroms
ein dynamisches Oerstedfeld hMW um die Antenne generiert wird (vergl. Kap. 2.3.5), welches eine
Auslenkung der magnetischen Momente in der Probe aus der Ruhelage heraus verursacht. Deckt
sich die Anregungsfrequenz fex mit der Resonanzfrequenz fFMR der ferromagnetischen Resonanz,
kann effizient Energie aus dem Anregungsfeld absorbiert werden und es kommt zu einer deutlichen
Abschwächung der Transmission durch die Antenne, die mittels des VNA gemessen wird. Erfolgt
eine Variation der Anregungsfrequenz bei konstantem extern angelegtem Magnetfeld, so lässt sich
1 Typ
30
N5230C, Hersteller Agilent Technologies, Inc., Santa Clara, CA, USA
3.1 Vektor-Netzwerk-Analysator ferromagnetische Resonanzspektroskopie
Hext
Winkelskala
Messtor 2
Messtor 1
Abbildung 3.2: Verwendeter Probenhalter für die VNA-FMR Messungen: Stripline-Antenne mit zusätzlich
integrierten Winkelskala. Der Halter wird entsprechend der eingezeichneten Richtung zwischen die Polschuhe eines Elektromagneten geklemmt.
a)
b)
0,1
Absorption (bel. E.)
Transmission S12 (dB)
0,14
0,0
-0,1
-0,2
-0,3
-0,4
-0,5
-0,6
-0,7
7,65
7,70
7,75
7,80
7,85
7,90
Anregungsfrequenz fex (GHz)
0,12
Messpunkt
Lorentz-Kurve
0,10
0,08
0,06
0,04
0,02
0,00
7,65
7,70
7,75
7,80
7,85
7,90
Anregungsfrequenz fex (GHz)
Abbildung 3.3: a) Typisches Spektrum einer VNA-FMR Messung für einen 98 nm dicken YIG-Film und
µ0 Hext = 200 mT : Transmission S12 durch die Antenne in Abhängigkeit der Mikrowellen Anregungsfrequenz fex . b) Aus a) berechnetes Absorptionsspektrum der Probe und an die Messdaten angepasste LorentzKurve.
auf diese Weise das Absorptionsprofil und die Resonanzfrequenz der FMR aus dem Transmissionsprofil der Antenne gewinnen (vergl. Abb. 3.3).
Für die Auswertung der Resonanzfrequenz wird die bereits in Kap. 2.2.3 vorgestellte Kittel-Formel
herangezogen:
fFMR (Hext ) =
|γ|µ0 q
(Hext + (Nx − Nz )Ms ) · (Hext + (Ny − Nz )Ms ) .
2π
31
3.1 Vektor-Netzwerk-Analysator ferromagnetische Resonanzspektroskopie
Hier ist γ das gyromagnetische Verhältnis, Ms die Sättigungsmagnetisierung und Nx ,Ny und Nz
sind die Komponenten des Entmagnetisierungstensors, die die Formanisotropie breücksichtigen
(vergl. Kap. 2.1.8). Für den Fall, dass in der Filmebene zusätzlich eine magnetokristalline Anisotropie vorliegt, kann dies über die effektiven Entmagnetisierungsfaktoren Nxe und Nye beschrieben
werden [49]. Diese sind definiert durch:
Hxe = −Nxe Mx
(3.1)
Hye = −Nye My .
(3.2)
und
Damit ergibt sich die modifizierte Kittel-Formel zu:
fFMR (Hext ) =
|γ|µ0 q
(Hext + (Nx + Nxe − Nz )Ms ) · (Hext + (Ny + Nye − Nz )Ms ) .
2π
(3.3)
Für einen unendlich ausgedehnten Film reduziert sich die Formanisotropie auf eine Komponente
ausschließlich entlang der Filmnormalen y und es gilt:
Nx = 0 , Nz = 0 und Ny = 1 .
(3.4)
Wird des weiteren angenommen, dass die Magnetisierung entlang der leichten Achse der als uniaxial vorausgesetzten Anisotropie ausgerichtet ist, so gilt:
Nxe =
2Ku
2Ku
2Ks
.
und Nze =
−
2
2
µ0 Ms
µ0 Ms µ0 M2s d
(3.5)
Hier ist Ku die uniaxiale Anisotropiekonstante und Ks dient der Beschreibung einer Anisotropiekomponente entlang der Filmnormalen für einen Film der Dicke d. Die Anisotropie entlang der
Filmnormalen kann als Reduktion der Sättigungsmagnetisierung in Gl. 3.3 aufgefasst werden, wodurch sich eine effektive Magnetisierung Meff ergibt für die gilt [50]:
Meff = Ms −
2Ks
.
µ0 Ms d
(3.6)
Wird nun das Anisotropiefeld Hani eingeführt als
Hani =
2Ku
,
µ0 Ms
(3.7)
so ergibt sich abschließen aus Gl. 3.3:
fFMR (Hext ) =
|γ|µ0 p
(Hext + Hani ) · (Hext + Hani + Meff ) .
2π
(3.8)
Die so erhaltene Formel gilt ausschließlich für eine Ausrichtung der Magnetisierung entlang der
leichten Achse der magnetokristallinen Anisotropie. Für eine nähere Beschreibung einer beliebige
32
3.1 Vektor-Netzwerk-Analysator ferromagnetische Resonanzspektroskopie
Ausrichtung der Magnetisierung oder komplexere Kristallsysteme wird auf [51] und [49] verwiesen. Eine Messung der Resonanzfrequenz in Abhängigkeit des externen Feldes erlaubt nun mittels
Anpassung von Gleichung 3.3 an die Messdaten die Sättigungsmagnetisierung sowie das Anisotropiefeld zu gewinnen.
Durch Anpassung eines Lorentz-Profils an die Absorptionskurve (Abb. 3.3b)) kann aus der Messung ebenfalls die Frequenzlinienbreite ∆ fFMR der FMR gewonnen werden. Wird diese mittels
∂ Hext ( fFMR )
∂ fFMR (Hext ) −1
∆H = ∆ fFMR
= ∆ fFMR
∂ fFMR
∂ Hext
(3.9)
und unter Zuhilfenahme von Gleichung 3.8 in die entsprechende Feldlinienbreite ∆H umgerechnet
[52], so kann eine einfache lineare Anpassung genutzt werden um den Gilbert-Dämpfungsparameter
α zu erhalten:
4πα fFMR
.
(3.10)
γ
Dieser beschreibt die in der Landau-Lifschitz-Gilbert Gleichung (Gl. 2.50) auftretenden Term der
µ0 ∆H = µ0 ∆H0 +
viskosen Dämpfung. Der Achsenabschnitt µ0 ∆H0 , auch inhomogene Linienbreite genannt, beschreibt den nicht-viskosen Anteil der Dämpfung (vergl. Kap. 2.3.1).
Die Methode der VNA-FMR erlaubt also die Charakterisierung von magnetischen Filmen im Hinblick auf die Sättigungsmagnetisierung Ms , das Anisotropiefeld Hani und die Gilbert-Dämpfung α .
Die Methode ist jedoch ungeeignet zur Untersuchung von Mikrostrukturen, da die Absorption aus
dem Mikrowellenfeld mit dem untersuchten Materialvolumen skaliert. Daher wird die VNA-FMR
im Rahmen dieser Arbeit nur zur Filmcharakterisierung und als Vergleichsmethode für die im folgenden Kapitel besprochenen Methode der Brillouin-Lichtstreuspektroskopie genutzt, mittels der
wiederum eine Analyse von Mikrostrukturen möglich ist.
33
3.2 Brillouin-Lichtstreuspektroskopie
3.2. Brillouin-Lichtstreuspektroskopie
Die Brillouin-Lichtstreuspektroskopie (BLS) ist neben Methoden wie der induktiven Untersuchung der ferromagnetischen Resonanz, Neutronenstreuung oder zeitaufgelösten Verfahren auf
Basis des magneto-optischen Kerr- und Faradayeffekts eine der wichtigsten Methoden um Spinwellen zu untersuchen [44,53]. Die Methode beruht dabei auf der inelastischen Streuung von Photonen an Magnonen, es handelt sich also um ein optisches Verfahren. Dies ermöglicht es mit fokussiertem Licht zu arbeiten und die Methode erlaubt daher die Untersuchung von Mikrostrukturen.
In diesem Kapitel sollen die Grundlagen dieser Methode erläutert, sowie auf den hier verwendeten
Aufbau der mikrofokussierten BLS eingegangen werden.
3.2.1
Grundlagen der Brillouin-Lichtstreuspektroskopie
Die Grundlage der Brillouin-Lichtstreuspektroskopie ist die inelastische Streuung von Photonen
des sichtbaren Spektralbereichs an Spinwellen, also den elementaren Anregungen des magnetischen Systems eines Festkörpers, und deren Quasiteilchen den Magnonen (vergl. Kap. 2.3). Gilt
für das System eine vollständige Translations- und Zeitinvarianz, so ist dabei die Impuls- und Energieerhaltung erfüllt, d.h. für ein einfallendes Photon mit Frequenz ωe und Wellenvektor ke gilt für
eine Streuung an einem Magnon mit Frequenz ωsw und Wellenvektor ksw :
h̄ωg = h̄ωe ± h̄ωsw (Energieerhaltung)
(3.11)
h̄kg = h̄ke ± h̄ksw (Impulserhaltung).
(3.12)
und
Dabei ist ωg die Frequenz und kg der Wellenvektor des gestreuten Photons. Wie in Gleichungen 3.11 ersichtlich ist, kann dabei die Energie des gestreuten Photons sowohl kleiner als auch
größer sein als die des einfallenden Photons. Dies korrespondiert mit der Erzeugung (Energieabsenkung), Stokes-Prozess genannt, bzw. mit der Vernichtung (Energieanhebung), Anti-StokesProzess genannt, eines Magnons im Streuprozess (vergl. Abb. 3.4). Neben dieser Beschreibung im
Teilchenbild, kann der Streuprozess von Photonen an Magnonen auch in einem klassischem Bild
verstanden werden. Durch die Spin-Bahn-Kopplung erzeugen die präzedierenden magnetischen
Momente eine Modulation des dielektrischen Tensors mit der Frequenz der Spinwelle und damit
einen zeitabhängigen Beitrag zur elektrischen Polarisation [55]. Dies kann auch als ein sich bewegendes Phasengitter verstanden werden, an dem das einfallende Licht streuen kann. Dabei gilt,
dass eine an einer Spinwelle mit Propagationsgeschwindigkeit
ωsw
vsw = 2 ksw
ksw
(3.13)
reflektierte ebene Welle durch die Doppler-Verschiebung eine Frequenz von
ωg = ωe − ksw · vsw
34
(3.14)
3.2 Brillouin-Lichtstreuspektroskopie
Erzeugung einer Spinwelle
(Stokes-Prozess)
Vernichtung einer Spinwelle
(Anti-Stokes-Prozess)
Abbildung 3.4: Schematische Darstellung der Erzeugung, bzw. Vernichtung einer Spinwelle der Frequenz
ωSW in einem Streuprozess mit Licht der Frequenz ωe . Abbildung entnommen aus [54].
besitzt. Gleichzeitig gilt, da der reziproke Gittervektor G dem Wellenvektor der Spinwelle entspricht, die Laue-Bedingung [56]:
G = ksw = ke − kg .
(3.15)
Dies führt wiederum auf die Gleichungen 3.11 und 3.12. Außerdem gilt, dass die dynamische Magnetisierung nur Einfluss auf die Nebendiagonalelemente des dielektrischen Tensors hat, wodurch
für linear polarisierte elektromagnetische Wellen nur solche miteinander gekoppelt werden, welche eine Polarisationsdrehung von π2 zueinander aufweisen [29]. Dies bedeutet, dass das inelastisch
gestreute Licht eine Polarisationsdrehung von 90 ° gegenüber dem einfallenden Licht erfährt, eine
für die Konfiguration des Messaufbaus vorteilhafte Eigenschaft dieses Streuprozesses.
Nach den Gleichungen 3.11 und 3.12 ist es möglich aus BLS-Messungen sowohl die Frequenz als
auch den Impuls und damit den Wellenvektor der Spinwelle zu bestimmen, wenn die Frequenz und
der Wellenvektor des einfallenden und des gestreuten Lichtes bekannt sind. Die Messung der Frequenzverschiebung des gestreuten Lichts erfolgt über ein Interferometer dessen Funktionsprinzip
in Kapitel 3.2.4 beschrieben ist, während die Bestimmung des Wellenvektorübertrags von einfallendem und gestreutem Licht über eine Ermittelung des Einfalls- und Ausfallswinkel der Photonen
erfolgt. Dies ist möglich, da bei dünnen Filmen die Translationsinvarianz nur in der Ebene des
Films gültig ist und dadurch nur die Wellenvektorkomponenten in der Ebene der Impulserhaltung
unterliegen. Für die Wellenvektorkomponente des einfallende Lichts in der Ebene ke,Schicht gilt mit
dem Einfallswinkel ϑ (relativ zur Filmnormalen):
ke,Schicht = ke sin(ϑ).
(3.16)
Wird in der sogenannten Rückwärts-Streugeometrie (vergl. Abb. 3.5) gemessen, d.h. das gestreute
Licht wird mit der gleichen Linse unter dem gleichen Winkel ϑ auf die Probe geleitet und wieder
35
3.2 Brillouin-Lichtstreuspektroskopie
aufgesammelt, gilt nach Gleichung 3.12 in der Ebene:
ksw,Schicht = ke sin(ϑ) − ke sin(ϑ) = 2ke sin(ϑ).
(3.17)
Dabei ergibt sich die letzte Relation dadurch, dass aufgrund der Geometrie der Betrag des Wellenvektors der einfallenden und der gestreuten Welle gleich sein muss. Der nach Gleichung 3.17
maximal detektierbare Spinwellen-Wellenvektor ist für einen Einfallswinkel von ϑ = 90 ° zu erreichen und entspricht dem doppelten Wellenvektor des einfallenden Lichtes in der Schicht. Da der
im Experiment verwendete Laser eine Wellenlänge von λLaser = 491 nm besitzt, ergibt sich dieser
also zu
kmax
sw,Schicht = 2
2π
≈ 25, 6 rad µm−1 ,
(3.18)
λLaser
wodurch sich die Untersuchung von Spinwellen mittels der BLS auf kleine Wellenvektoren nahe
des Zentrums der Brillouin-Zone und damit auf dipolar dominierte Spinwellen beschränkt [57].
ke
ϑ
ksw,Schicht
kg
Abbildung 3.5: Schematische Darstellung der Rückwärts-Streugeometrie. Der maximal Wellenvektorübertrag ist für ϑ = 90 ° zu erreichen. Abbildung nach [58].
3.2.2
Die mikrofokussierte Brillouin-Lichtstreuspektroskopie
Wie im vorherigen Abschnitt beschrieben, bietet die BLS die Möglichkeit sowohl die Frequenz als
auch den Wellenvektor von Spinwellen zu messen. Um dabei eine gute Wellenvektorselektivität
zu erreichen muss das Licht aus einem möglichst kleinen Raumwinkel auf die Probe treffen. Dies
ist z.B. durch die Nutzung einer langbrennweitige Linse gewährleistet, wodurch jedoch die minimale Größe des Fokus begrenzt wird. Mit der Laserwellenlänge λLaser , der numerischen Apertur
NA = n sin(ϑ) der Linse und dem Brechungsindex n des umgebenden Materials (n ≈ 1 für Luft)
gilt für die minimal realisierbare Fokusgröße [20]:
λLaser
.
(3.19)
NA
Für eine gute Wellenvektorselektivität, also eine kleine numerische Apertur, wird daher die midmin ≈ 0, 61
nimale Fokusgröße sehr groß und liegt typischerweise im Bereich von einigen zehn Mikrometern [57] und beschränkt damit die Untersuchungen auf Filme und makroskopische Strukturen.
36
3.2 Brillouin-Lichtstreuspektroskopie
Abbildung 3.6: Schematische Darstellung der Streugeometrie der mikrofokussierten BLS. Der maximal
mögliche Impulsübertrag ist durch der roten Kreis gegeben. Jeder Impulsübertrag der innerhalb des Kreises
liegt führt zu einer Rückstreuung des Lichtes in das Objektiv und wird detektiert. Abbildung entnommen
aus [54].
Für die Untersuchung von Mikrostrukturen muss zugunsten der benötigten Ortsauflösung daher ein
mikrofokussierendes Objektiv mit einer hohen numerischen Apertur verwendet werden. Da dies
wiederum einen größeren Raumwinkel des einfallenden Lichts mit sich zieht wird auch der Bereich
der detektierten Wellenvektoren größer, wodurch die Wellenvektorauflösung verringert wird (vergl.
Abb. 3.6). Diese Methode wird auch mikrofokussierte BLS oder Brillouin-Lichtstreumikroskopie
(µBLS) genannt [59]. Durch die Streugeometrie ergibt sich zusätzlich eine mit größer werdendem Spinwellen-Wellenvektor abfallende Detektionseffizienz. So gilt für eine Streuung an einer
Spinwelle mit ksw,Schicht = 0, dass das gesamte inelastisch gestreute Licht wieder vom Objektiv
aufgesammelt wird. Für einen steigenden Spinwellen-Wellenvektor gilt jedoch, dass nur noch das
vom äußeren Rand des Objektives auf die Probe gelenkte Licht wieder aufgesammelt werden kann,
während der restliche Anteil am Objektiv vorbei gestreut und somit nicht detektiert wird [57].
Da in dieser Arbeit YIG-Mikrostrukturen untersucht werden sollen ist eine gute Ortsauflösung essentiell, daher kommt die mikrofokussierte BLS zum Einsatz, deren Aufbau im nächsten Abschnitt
beschrieben wird.
3.2.3
Experimenteller Aufbau
In dieser Arbeit wird die im vorangegangenen Abschnitt beschriebene mikrofokussierte BLS genutzt, um die Magnetisierungsdynamik in den hergestellten Mikrostrukturen zu untersuchen. Der
dazu verwendete experimentelle Aufbau ist schematisch in Abb. 3.7 abgebildet. Als Lichtquelle
dient ein diodengepumter einmodiger-Festkörperlaser2 mit einer Wellenlänge von λLaser = 491 nm
und einer maximalen Ausgangsleistung von PLaser = 200 mW. Bedingt durch den hohen Kontrast
2 Betrieb
auf einer Laserlongitudinalmode, bzw. starke Unterdrückung der Nebenmoden
37
3.2 Brillouin-Lichtstreuspektroskopie
des verwendeten Interferometers (vergl. Kap. 3.2.4) ist die Unterdrückung der unerwünschten longitudinalen Nebenmoden des einmodigen-Lasers nicht ausreichend und es muss ein zusätzlicher
Lasermodenfilter im Strahlengang platziert werden, dessen Transmission über eine Photodiode
(Diode 2 in Abb. 3.7) auf die gewählte Lasermode stabilisiert wird. Das linear polarisierte Laserlicht kann durch eine im Strahlengang positionierte drehbare λ2 -Platte (Platte 1 in Abb. 3.7) in der
Polarisation auf eine gewünschte Ausrichtung gedreht werden. Dies ermöglicht es die in einem darauffolgenden fest stehenden polarisierenden Strahlteiler ausgekoppelte Laserleistung einzustellen,
wobei der ausgekoppelte Strahl im Folgenden als Referenzstrahl zur Stabilisierung des Interferometers dient (nähere Beschreibung in Kap. 3.2.4). Der transmittierte Laserstrahl wird dagegen
anschließend durch einen Teleskop aufgeweitet und durch eine Blende beschnitten, sodass nur der
homogene innere Teil des Strahls transmittiert wird. Die minimale Apertur der Blende ist dabei
durch die Größe der Eintrittslinse des Mikroskopobjektivs gegeben, da diese vollständig ausgeleuchtet werden muss um die maximale Ortsauflösung zu erreichen. Eine zweite
λ
2 -Platte
(Platte
2) dient erneut zur variablen Drehung der Polarisation, über die nun die zur Probe geleitete Laserleistung eingestellt werden kann. Dazu ist vor dem Mikroskopobjektiv ein weiterer polarisierender
Strahlteiler eingebracht, der das einfallende Licht abhängig von der Polarisationsausrichtung anteilig zum Objektiv, bzw. weiter auf einen Strahlblocker leitet, wodurch die Drehung von Platte
2 die zur Probe geleitete Laserleistung bestimmt. Das integrierte Mikroskopobjektiv3 besitzt eine
numerische Apertur von NA = 0, 75, einen Vergrößerungsfaktor von 100 und einen Arbeitsabstand von 4 mm. Dadurch ergibt sich nach Gleichung 3.19 ein minimaler Fokusdurchmesser von
dmin ≈ 400 nm. Der maximal detektierbare Spinwellen-Wellenvektor ist durch den maximalen Einfallswinkel bestimmt, der sich aus der numerische Apertur des Objektives mit
NA
ϑmax = arcsin
n
(3.20)
−1
zu ϑmax ≈ 49 ° ergibt. Nach Gleichung 3.17 folgt damit kmax
sw,Schicht ≈ 19, 3 rad µm . Da der Auf-
bau in Rückwärts-Streugeometrie (vergl. Kap. 3.2.1) arbeitet, fokussiert das Objektiv das Licht
nicht nur auf die Probe, sondern sammelt auch das gestreute Licht wieder auf. Dabei wird sowohl
das elastisch als auch das inelastisch an Magnonen gestreute Licht wieder aufgesammelt, jedoch
nur das an Magnonen gestreute Licht erfährt eine Drehung der Polarisation von 90° (vergl. Kap.
3.2.1) und wird ungehindert durch den polarisierenden Strahlteiler transmittiert. Das transmittierte
Magnonen-Signal wird abschließend zur Frequenzanalyse in das Interferometer geleitet, dessen
Aufbau ausführlich in Kapitel 3.2.4 besprochen wird. Da das elastisch gestreute Licht keine Polarisationsdrehung erfährt, wird ein Großteil dieses Signals durch den polarisierenden Strahlteiler
unterdrückt, wodurch sich das Signal-zu-Rausch-Verhältnis entscheidend verbessert. Dieses zurücklaufende Signal wird stattdessen zur automatischen Stabilisierung des Fokus in z-Richtung
3 Zeiss
38
100x/0,75 LD EC Epiplan-Neofluar Objektiv
3.2 Brillouin-Lichtstreuspektroskopie
Blende
Spektralfilter
Photodetektor
ShutterSystem
Verschiebebühne
Blende
Photodiode 2
Referenzstrahl
polarisierender
Strahlteilerwürfel
Strahlblocker
z
polarisierender
Strahlteilerwürfel
λ/2Platte 2
Strahlteilerwürfel
Mikroskopobjektiv
y
Teleskop
Blende
Modenfilter
Blende
λ/2Platte 1
Laserfilter
Photodiode 1
CCD-Kamera
Festkörperlaser
λLaser = 491 nm
x
Probentisch mit
xy-Positionierung
Weißlichtquelle
Abbildung 3.7: Schematische Darstellung des Versuchsaufbau der mikrofokussierten BLS. Der obere Teil
(blauer Kasten) stellt das zur Frequenzanalyse genutzte Interferometer dar. Abbildung nach [54].
genutzt (Autofokus), indem es durch eine Blende auf eine Photodiode (Diode 1) geleitet wird, die
über die Steuersoftware in Rückkopplung mit einem elektrisch steuerbaren Piezoelement steht, auf
dem der Probenhalter befestigt ist.
Für die Messung an Mikrostrukturen ist es notwendig den Fokus des Lasers auch lateral zielgenau
auf der Probe positionieren zu können. Um dies zu ermöglichen, ist der Probentisch mittels Mikrometerschrauben in der Probenebene verfahrbar und über einen weiteren nicht polarisierenden
Strahlteiler sind eine Weißlichtquelle und eine CCD-Kamera in den Strahlengang eingekoppelt.
Diese erlauben eine Abbildung der Probenoberfläche und damit eine genaue Positionierung des
Lasers auf der Probe. Da jedoch zum Schutz der Kamera ein Laserfilter eingebaut ist, ist die Lage
39
3.2 Brillouin-Lichtstreuspektroskopie
des Laserfokus im Kamerabild nicht sichtbar und muss mittels einer Kalibrierungsmessung bestimmt werden. Dazu wird anhand einer Strecke mit veränderlicher Reflexion (z.B. quer zu einem
Streifen) die reflektierte Intensität sowohl mittels Kamera, als auch über die Photodiode 1 gemessen und dann gegeneinander abgeglichen [54].
Zusammenfassend erlaubt der hier gezeigte Aufbau einen Untersuchung von Mikrostrukturen mit
einer guten Ortsauflösung. Die abschließende Frequenzanalyse des inelastisch gestreuten Lichts
wird nun im nächsten Abschnitt besprochen.
3.2.4
Das Tandem-Fabry-Pérot Interferometer
Zur Analyse des inelastisch gestreuten Lichts wird ein Tandem-Fabry-Pérot-Interferometer (TFPI)
genutzt, welches von John R. Sandercock4 entwickelt wurde [60]. Basis dieses Interferometers ist
das Fabry-Pérot-Interferometer (FPI) [20,32], dessen Funktionsprinzip hier im Folgenden erläutert
werden soll bevor näher auf das TFPI eingegangen wird. Ein FPI besteht aus zwei planparallelen
Spiegeln die im Abstand d voneinander positioniert sind und bei denen jeweils die Außenseiten mit
einer Antireflexschicht und die Innenseiten mit einer hochreflektiven Schicht versehen sind (vergl.
Abb. 3.8). Wird Licht unter einem Winkel β zur Normalen der Oberfläche der Spiegel eingestrahlt,
hochreflektierende Schicht
β
Abbildung 3.8: Schematische Darstellung eines FPI, mit zwei planparallele Spiegeln. Um Eintrittsverluste in
das Interferometer zu minimieren werden die Außenseiten mit einer Antireflexschicht bezogen. Abbildung
nach [26].
so kommt es zur Vielstrahlinterferenz, deren Ergebnis vom Phasenunterschied ∆φ der Teilstrahlen
abhängig ist. Für eine maximale Transmission durch das Interferometer, also konstruktiver Interfe4 Hersteller,
40
JRS Scientific Instruments, Mettmenstetten, Schweiz
3.2 Brillouin-Lichtstreuspektroskopie
renz, muss der Phasenunterschied zweier benachbarter Teilstrahlen ein ganzzahlig Vielfaches von
2π betragen, d.h. es muss gelten
∆φ = 2π m mit m = 1, 2, 3, ... .
Gleichzeitig gilt jedoch:
∆φ =
4π nd
2π
,
∆s =
λ
λ cos(β)
(3.21)
(3.22)
mit der Wellenlänge λ des eingestrahlten Lichts, dem Brechungsindex n des Materials zwischen
den Spiegeln und dem optischen Wegunterschied ∆s. Kombinieren der Gleichungen 3.21 und 3.22
ergibt die Bedingung:
c
λ
λ
cos(β) = m = m ,
(3.23)
2n
2
2ν
mit der Lichtgeschwindigkeit c und der Frequenz ν des Lichtes. Die mittlere Relation ergibt sich
d=m
dabei für die im Experiment gültigen Bedingungen des senkrechten Lichteinfall (β = 0 °) und
Luft zwischen den Spiegeln (n ≈ 1). Die Transmission ist also maximal, wenn die Resonatorlänge
einem Vielfachen der halben Wellenlänge entspricht. Die Transmission IT eines FPI wird durch
die Airy-Formel beschrieben:
IT = I0
1
1 + F sin( ∆φ
2 )
,
(3.24)
deren Verlauf in Abbildung 3.9 gezeigt ist. Hier ist I0 die eingestrahlten Intensität und F die sogenannt Finesse des Interferometers, die sich aus dem Verhältnis des freien Spektralbereichs (engl.
free spectral range, FSR), also dem Abstand zweier Transmissionsordnungen m und m + 1 und
deren voller Halbwertsbreite δν ergibt. Die Finesse ist also ein Maß für das Auflösungsvermögen
eines FPI und ist nur durch die Reflektivität R der Spiegel bestimmt:
F=
4R
.
(1 − R)2
(3.25)
Für eine hohe Finesse und ein gutes Auflösung ist also eine hohe Reflektivität der Spiegel notwendig. Abbildung 3.9 zeigt den Verlauf der Transmission eines FPI in Abhängigkeit der Frequenz
für verschiedene Werte der Finesse für einen konstanten Spiegelabstand. Um ein ausreichendes
Aufösungsvermögen zu gewährleisten liegt die Finesse des in dieser Arbeit verwendeten FPI im
Bereich von 80 ≤ F ≤ 110 [61].
Um ein FPI nun zum Messen des Frequenzunterschieds zweier Lichtstrahlen zu nutzen, wählt
man den Spiegelabstand ds so, dass die Transmission des ersten Strahls (dessen Frequenz bekannt
sein muss) maximal wird, wobei dieser im Folgenden als Referenzstrahl dient. Bezüglich dessen
Spiegelabstand dR ist die Spiegelabstandsänderung ∆d die benötigt wird um die Transmission des
zweiten Strahls zu maximieren ∆d = dS − dR . Die Wellenlänge λS des zweiten Strahls ergibt sich
mit Gleichung 3.23 damit zu:
∆d
2dS
,
= λR 1 +
λS =
m
dR
(3.26)
41
3.2 Brillouin-Lichtstreuspektroskopie
Normierte Transmission
1,0
Abbildung 3.9: Transmission eines
FPI für verschiedene Finessen F. Der
freie Spektralbereich FSR ist der
Abstand zweier aufeinanderfolgender Transmissionsordnungen m und
m + 1. Abbildung nach [35].
FSR
0,8
F = 100
0,6
F = 20
0,4
δν
F=5
0,2
0,0
Frequenz (bel. E.)
mit der Wellenlänge λR des Referenzstrahls. Daraus kann nun mit der Lichtgeschwindigkeit c die
Frequenzdifferenz ∆ν der Strahlen berechnet werden:
∆ν (∆d) = νS − νR =
c
λR 1 + ∆d
dR
−
c
c ∆d
∆d
c
≈−
.
=−
λR
λR dR + ∆d
λR dR
(3.27)
Die Näherung im letzten Schritt ist aufgrund der im Experiment gegebenen Bedingungen gerechtfertigt. So beträgt der Spiegelabstand einige Millimeter, während für die Analyse von Frequenzverschiebungen im GHz-Bereich die Änderung des Spiegelabstandes kleiner als ein Mikrometer
ist.
Nach diesem Prinzip erfolgt nun die Frequenzanalyse des BLS-Signals. Als Referenzsignal dient
der, wie in Abb. 3.7 dargestellt, ausgekoppelte Referenzstahl und die Frequenzdifferenz des inelastisch gestreuten Magnonensignals wird über eine Variation des Spiegelabstandes bestimmt. Da
jedoch das gestreute Licht sowohl zu höheren als auch zu niedrigeren Frequenzen verschoben sein
kann (Stokes- und Anti-Stokes-Prozess, vergl. Kap 3.2.1) und insbesondere die FPI-Transmissionsfunktion periodisch ist (vergl. Abb. 3.9), ist keine eindeutige Zuordnung des Signals möglich.
Es kann z.B. anhand des Spektrums nicht unterschieden werden, ob es sich um ein Anti-StokesSignal einer bestimmten Transmissionsordnung oder um ein Stokes-Signal der darauffolgenden
höheren Transmissionsordnung handelt (vergl. Abb. 3.11a)). Daher muss eine spezielle Anordnung aus zwei FPI genutzt werden, die Tandem-Fabry-Pérot-Interferometer (TFPI) genannt wird.
In Abbildung 3.10 ist schematisch die Anordnung gezeigt, in der die zwei FPIs unter einem Winkel
α zueinander angeordnet sind. Während die jeweils linken Spiegel fest montiert sind, befinden sich
die jeweils rechten Spiegel auf einer in der gekennzeichneten Richtung verfahrbaren Bühne, mit
der der Spiegelabstand variiert werden kann. Das Licht wird über einen Umlenkspiegel, sowie
zwei Prismen je dreimal durch die FPIs geleitet, bevor es zur Detektion in einen Photodetektor5
5 Single
42
Photon Counting Module Count-10B, Hersteller: Laser Components, Olching, Deutschland
3.2 Brillouin-Lichtstreuspektroskopie
geleitet wird. Durch die Anordnung unter einem Winkel sind die jeweiligen Spiegelabstände d1
und d2 nicht mehr unabhängig voneinander und es gilt:
d2 = d1 cos(α) .
(3.28)
Erfolgt eine Verschiebung der Bühne um ∆z, so gilt:
d1 → d1 + ∆z
(3.29)
d2 → d2 + ∆z cos(α) = (d1 + ∆z) cos(α) .
(3.30)
Befindet sich also das erste Interferometer in der Transmissionsordnung p und das zweite Interferometer in der Ordnung q und es erfolgt eine Verschiebung von ∆z = λ2 , so geht das erste Interferometer in die Ordnung p → p + 1 über, während für das zweite gilt:
d2 = q
λ λ
λ
λ
+ cos(α) = (q + cos(α)) 6= (q + 1) .
2 2
2
2
(3.31)
Damit ist die Bedingung für maximale Transmission (vergl. Gl. 3.23) nicht mehr erfüllt und es
erfolgt eine Unterdrückung der höheren Transmissionsordnung. Im Aufbau wird so nur die Hauptordnung durch beide FPIs transmittiert, während durch den mehrfachen Durchgang des Lichts
durch beide FPIs, die benachbarten Ordnungen vom jeweilig anderen FPI unterdrückt werden,
wodurch eine eindeutige Signalzuordnung möglich wird. Durch den insgesamt sechsfachen Durchgang durch die Interferometer ergibt sich ein Unterdrückungsfaktor von ca. 1010 − 1012 [61, 62].
Abbildung 3.11 stellt die Transmission der einzelnen FPIs und die kombinierte Transmission des
TFPI dar. Der hier aufgeführte hohe Kontrast ist nicht nur zur Unterdrückung der benachbarten
Ordnungen notwendig, sondern insbesondere essentiell um den magnonischen Signalanteil aufzulösen. Durch die hohe Finesse der FPIs ist die Parallelität der Spiegel essentiell, daher müssen diese
insbesondere auch gegen thermische Schwankungen stabilisiert werden. Dies wird über eine aktive
Stabilisierung mittels Piezoelemente realisiert, die eine Verkippung der Spiegel ermöglichen. Ein
Doppelshutter-System an der Eingangsapertur des Interferometers ermöglicht das variable Wechseln zwischen dem Probensignal und dem in der Intensität stark reduzierten Referenzstrahl, wodurch für einen bestimmten Spiegelabstand nahe des Transmissionsmaximum der Referenz auf
den Referenzstrahl umgeschaltet werden kann, auf den die Transmission des Interferometers mittels einer Software maximiert wird. Die notwendige Stabilisierung erzwingt dadurch ein ständiges
durchfahren des Spiegelabstandes um auf das Referenzsignal stabilisieren zu können, wodurch
nur kurze Einzelmessungen möglich sind. Eine solche Einzelmessung bedeutet die Aufnahme der
transmittierten Intensität in Abhängigkeit des Spiegelabstandes der Interferometer um daraus die
Frequenzverschiebung des Signals nach Gleichung 3.27 zu berechnen. Um letztendlich ein Spektrum zu erhalten ist aufgrund der sehr geringen Intensität des magnonischen Signals in der Regel
eine Vielzahl dieser Messungen notwendig.
43
3.2 Brillouin-Lichtstreuspektroskopie
Abbildung 3.10: Schematische Darstellung des Strahlengangs durch das TFPI. Das Licht durchläuft jedes
FPI je dreimal und wird anschließend in einen Photodetektor geleitet um die Intensität zu messen. Die
Funktion ist im Text beschrieben. Abbildung aus [54].
Die in diesem Kapitel gezeigte spezielle Anordnung des TFPIs ermöglicht die Frequenzanalyse des
in der BLS gewonnenen inelastisch gestreuten magnonischen Lichtes. Dabei ist insbesondere der
hohe Kontrast essentiell. Zusätzlich erlaubt diese Anordnung eine eindeutige Frequenzzuordnung
des erhaltenen Signals.
3.2.5
Messung von YIG-Mikrostrukturen
Zur Messung von Mikrostrukturen mit Hilfe der BLS kann in der Regel zur Anregung der Magnetisierungsdynamik keine makroskopische Antenne wie in den VNA-FMR-Messungen (vergl.
Kap. 3.1) genutzt werden. Ursache dafür ist, dass viele Substratmaterialien wie Silizum optisch
dicht sind und die Strukturen daher nicht direkt auf der Antenne plaziert werden können, da sonst
der optische Zugang für die BLS blockiert ist. Werden die Strukturen jedoch mit der Substratunterseite auf der Antenne platziert muss die Anregung durch das Substrat erfolgen. Aufgrund der
in der Regel hohen Mikrowellenabsorption des Substrates ist die Anregung dadurch jedoch ineffizient, bzw. nicht möglich. Als alternative Anregungsmethode dienen im Strukturierungsprozess
auf die Probe aufgebrachte Mikroantennen, bzw. Koplanare-Wellenleiter-Antennen, die mittels
sogenannter Picoprobes6 an den Mikrowellenschaltkreis angeschlossen werden. Dies ist jedoch
mit einigen Einschränkungen verbunden, so ist ein gewisser Arbeitsabstand erforderlich um diese
Technik zu nutzen, wodurch die numerische Apertur eingeschränkt und die Ortsauflösung begrenzt
6 GGB
44
Industries Inc., Naples, Florida 34101.
3.2 Brillouin-Lichtstreuspektroskopie
a)
b)
c)
Abbildung 3.11: Transmissionscharakteristik der einzelnen FPIs (a) und b)) sowie die Überlagerung des
Tandem-FPI (c)). Für jede Transmissionsordnung ist das Referenzsignal sowie ein an Spinwellen mit Frequenz fsw = |∆S |, ∆AS | gestreutes Stokes, bzw. Anti-Stokes-Signal abgebildet (vergl. Kap. 3.2.1). Für ein
einzelnes FPI ist die Zuordnung des magnonischen Signals nicht eindeutig. Für ein TFPI ist dies aufgrund
der unterschiedlichen Verfahrwege und Spiegelabstände jedoch möglich. Abbildung nach [35].
wird. Darüber hinaus ist dies mit einem größeren Arbeitsaufwand verbunden, da ein zusätzlicher
Mikrostrukturierungsprozess durchgeführt werden muss.
Die Untersuchung von YIG-Strukturen stellt hingegen einen Sonderfall dar. Da das verwendete
GGG-Substrat ein elektrischer Isolator ist kann eine Anregung aufgrund der deutlich geringeren
Mikrowellenabsorption prinzipiell durch das Substrat erfolgen. Gleichzeitig ist es aber ebenfalls
transparent für die verwendete Laserwellenlänge und der optische Zugang durch das Substrat ist
möglich. Daher können die genannten Probleme umgangen werden und analog zur VNA-FMRMethode (vergl. Kap. 3.1) wird eine makroskopische Antenne zur Anregung der Magnetisierungs45
3.2 Brillouin-Lichtstreuspektroskopie
dynamik genutzt (vergl. Abb. 3.12a)). Ein Eingang der Antenne wird an einen Mikrowellengenerator angeschlossen der zum Anlegen eines Mikrowellenstroms dient und an das andere Ende
wird ein Mikrowellenabsorber angeschlossen um Reflexionen zu verhindern. Da die Polschuhe des
Elektromagneten im verwendeten Aufbau den seitlichen Zugang blockieren, zur effizienten Anregung die Antenne jedoch parallel zum externen Feld ausgerichtet sein muss (vergl. Kap. 2.3.5),
wird eine gebogene Antenne verwendet. Der Vorteil ist, dass die gleiche Antenne für alle Strukturen genutzt werden kann und durch die große Breite ein über die Strukturdimension homogenes
Oerstefeld generiert wird (vergl. Kap. 2.3.5). Zusätzlich kann ein Objektiv mit einem minimalen
Arbeitsabstand verwendet werden, da keine Bauteile zwischen Objektiv und Probe eingebracht
werden müssen. Diese Methode wird im weiteren Verlauf dieser Arbeit µBLS-FMR genannt.
a)
b)
Laser
MW-Absorber
Hext
GGG-Substrat
MW-Generator
YIG
Kupfer-Antenne
Abbildung 3.12: a) Probenhalter mit Anregungsantenne für die durchgeführten µ-BLS-FMR Messungen.
Die Stripline-Antenne dient ausschließlich zur Anregung der Magnetisierung und wird daher mit einem
Mikrowellengenerator verbunden. Überflüssige Mikrowellenleistung wird von einem MW-Absorber absorbiert. Die Position der Probe der ist in blau gekennzeichnet. b) Messkonfiguration zur Messung der YIG
Mikrostrukturen.
Da YIG wie schon erwähnt ein Isolator ist (vergl. Kap. 4.1), wird es sowohl in den VNA-FMR,
als auch bei den µBLS-FMR Messungen in der Regel in direkten Kontakt mit der Antenne gebracht (vergl. Abb. 3.12b)) um die Anregungseffizienz zu steigern. Dadurch muss der optische
Zugang der µBLS durch das 500 µm dicke Gadolinium-Gallium-Granat (GGG) Substrat (vergl.
Kap. 4.1.2) erfolgen. Für die Messungen an Mikrostrukturen stellt dies ein Problem dar, da die
zusätzliche Brechung des Lichts im Substrat keinen definierten Fokuspunkt mehr ermöglicht. Zusätzlich ist es nicht mehr möglich eine scharfe Abbildung der Strukturen mittels der integrierten
CCD-Kamera (vergl. Kap. 3.2.3) zu erhalten, lediglich größere Strukturen mit mehreren Mikro46
3.2 Brillouin-Lichtstreuspektroskopie
metern Abmessung können noch aufgelöst werden. Für zeitaufwändigere Untersuchungen ist dies
aber nicht ausreichend, da während der Messung eine Stabilisierung erfolgen muss, um eine thermische bedingte laterales Driften der Struktur aus dem Laserfokus zu verhindern. Dazu werden
im Strukturierungsprozess sogenannte Stabilisierungsmarken (vergl. Kap. 4) auf die Probe aufgebracht, auf die eine optische Stabilisierung der Probenposition mittels Rückkopplung zum Piezoelement (vergl. Kap. 3.2.3) erfolgt. Für eine zu schlechte Bildqualität ist der Stabilisierungsalgorithmus jedoch nicht mehr in der Lage dies zu gewährleisten. Eine Möglichkeit dieses Problem zu
beheben, stellt die Verwendung eines speziellen Objektives dar, dass eine sogenannte Deckglaskorrektur besitzt. Für das verwendete Objektiv7 ist diese für eine Glasdicke von 0 − 0, 7 mm variabel
einstellbar. Mit diesem ist es möglich die Brechung des Lichts am GGG-Substrat zu kompensieren
und einen definierten Fokus, sowie eine scharfe Abbildung der zu untersuchenden Strukturen zu
erhalten. Dieses Objektiv besitzt einen Arbeitsabstand von nur 0, 9 mm bis 1, 2 mm (bedingt durch
die variable Korrektur) und eine numerische Apertur von NA = 0, 85. Da das GGG-Substrat bereits
0, 5 mm dick ist verbleibt ein effektiver Arbeitsabstand im Bereich von 0, 5 mm. Die Ortsauflösung
verbessert sich (nach Gl. 3.19) damit zu dmin ≈ 350 nm und der maximal detektierbare SpinwellenWellenvektor vergrößert sich durch den größeren Öffnungswinkel von ϑ ≈ 58 ° (nach Gl. 3.17) auf
ksw,Schicht ≈ 22 rad µm−1 .
Die im Verlauf dieser Arbeit durchgeführten Messungen am unstrukturierten Film, sowie die Messungen an den größten Mikrostrukturen (a = 4, 8 µm) wurden alle (bis auf Kap. 5.2.3) mit dem in
Kap. 3.2.3 beschriebenen Objektiv durchgeführt. Aufgrund der angesprochenen Probleme wurde
für alle weiteren Messungen an den kleineren Mikrostrukturen auf das Objektiv mit Deckglaskorrektur gewechselt.
7 Olympus
100x/0,85 LCPLFLN-LCD Objektiv
47
3.2 Brillouin-Lichtstreuspektroskopie
48
KAPITEL 4
Probenherstellung und Material
Nach der Beschreibung der verwendeten Messmethoden und des experimentellen Aufbaus zur
Messung von Yttrium-Eisen-Granat-Mikrostrukturen im vorherigen Kapitel soll nun näher auf deren Herstellung und die dabei verwendeten Methoden eingegangen werden.
In Kap. 4.1 wird dazu zunächst auf den Aufbau von YIG, sowie dessen Herstellung eingegangen,
da dies Einfluss auf die möglichen Methoden der Mikrostrukturierung hat. In Kap. 4.2 folgt die
Herstellung der in dieser Arbeit untersuchten Proben. Dabei wird zunächst näher auf die prinzipiellen Methoden der Mikrostrukturierung auf Basis von Masken eingegangen. Anschließend werden
die Herstellung dieser Masken mittels Elektronenstrahllithographie, sowie die in dieser Arbeit verwendeten Methoden der Materialdeposition besprochen. Abschließend werden die Herstellung der
in dieser Arbeit untersuchten Mikrostrukturen und die dabei aufgetretenen Probleme diskutiert.
4.1. Yttrium-Eisen-Granat
Yttrium-Eisen-Granat (YIG) ist eine nicht in der Natur vorkommende Verbindung die in den
1950er Jahren entwickelt wurde [12]. Es weist die von allen Materialien geringste bekannte GilbertDämpfung auf und ist daher schon seit seiner Entdeckung Gegenstand eingehender Untersuchungen, insbesondere im Hinblick auf Anwendungen in der Mikrowellentechnik und der Erforschung
von Spinwellen. In diesem Abschnitt soll nun ein kurzer Überblick über das Material gegeben werden, dazu werden in Kapitel 4.1.1 zunächst die Kristallstruktur und anschließend in Kapitel 4.1.2
die Methoden zur Herstellung von YIG-Filmen besprochen.
4.1.1
Die YIG-Kristallstruktur
YIG weist einen hochkomplexen kristallinen Aufbau auf, denn eine Einheitszelle beinhaltet vier
der Formeleinheiten Y3 3+ Fe2 3+ Fe3 3+ O12 2 – und damit 80 Atome [14]. YIG ist der Granatgruppe
zugehörig und kristallisiert, wie die meisten Mitglieder dieser Gruppe, im kubisch raumzentrierten
Kristallsystem mit einer Gitterkonstanten von 1, 2376 nm [63]. Die magnetischen Eigenschaften
von YIG beruhen dabei auf den Fe-Ionen, die sich auf drei oktaedrische und zwei tetraedrische
Gitterplätze verteilen (vergl. Abb. 4.1) und mittels Superaustausch über die O-Ionen gekoppelt
49
4.1 Yttrium-Eisen-Granat
sind [17, 64]. Nach Russel-Saunders-Kopplung ist der Grundzustand der Fe-Ionen ein 6 S5/2 Zustand, der keinen Bahndrehimpuls trägt, d.h. der Magnetismus von YIG ist eine reiner Spinmagnetismus. Die durch den Superaustausch induzierte antiferromagnetische Kopplung (vergl. Kap.
2.1.4) bewirkt das Entstehen von zwei magnetischen Untergittern mit je zwei, bzw. drei beteiligten
Fe3+ -Ionen, die antiparallel ausgerichtet sind und sich teilweise kompensieren. Bei YIG handelt
es sich also prinzipiell um einen Ferrimagneten, jedoch ist die Kopplung zwischen den Untergittern sehr stark, wodurch die Frequenz der Schwingung der Untergitter zueinander im THz-Bereich
liegt. Da in dieser Arbeit nur Untersuchungen im unteren GHz-Bereich durchgeführt werden, kann
YIG im Folgenden jedoch als ein Quasi-Ferromagnet behandelt werden [29].
Da sich ein Großteil der magnetischen Momente durch die ferrimagnetische Natur von YIG gegenseitig kompensiert, hat YIG nur eine geringe Sättigungsmagnetisierung von ca. 140 kA m−1
bei Raumtemperatur [14]. Dies führt zu sehr flachen Spinwellen-Dispersionskurven und damit zu
einer geringen Gruppengeschwindigkeit der Magnonen (vergl. Kap. 2.3). Dieser Nachteil wird jedoch durch die besondere Eigenschaft die YIG auszeichnet ausgeglichen, denn es besitzt die von
allen zurzeit bekannten Materialien geringste Gilbert-Dämpfung. Der Gilbert-Dämpfungs-Parameter kann Bereiche von α < 10−4 erreichen, was zu sehr hohen Magnon-Lebenszeiten von mehreren
hundert Nanosekunden führt und damit trotz der geringen Gruppengeschwindigkeit Propagationslängen im Zentimeterbereich ermöglicht. Ursache für die geringe Dämpfung ist, dass YIG ein
elektrischer Isolator ist, dadurch entfällt der für z. B. Metalle dominante Beitrag der Dämpfung
durch Spin-Bahn-Kopplung induzierte Magnon-Elektron-Wechselwirkung, sowie die für dickere
Filme relevante Wirbelstrominduktion (vergl. Kap. 2.3.1). Für YIG ist der dominante Verlustkanal
stattdessen nur die Magnon-Phonon-Wechselwirkung.
Zusätzlich zu der geringen Dämpfung liegt die Curie-Temperatur von YIG bei ca. 560 K [14] wodurch sich eine für viele technische Anwendung essentielle thermische Stabilität ausreichend weit
über das Level der Raumtemperatur ergibt. YIG erfüllt also alle Voraussetzungen zur Untersuchung
von Spinwellen, bietet aber erst seit kurzem die Möglichkeit zu Experimenten auf der Mikrometerskala bedingt durch den Herstellungsprozess, der im nächsten Abschnitt besprochen wird.
4.1.2
Herstellung und Verarbeitung von dünnen YIG-Filmen
Die im vorherigen Abschnitt beschriebenen herausragenden magnetischen Eigenschaften von YIG
sind ein großer Vorteil gegenüber vielen anderen Materialien, jedoch sind diese nur zu erreichen,
wenn es gelingt YIG als Einkristall mit wohlgeordneter Elementarzelle herzustellen. Die verbreitetste Methode eine ausreichend hohe Qualität zu erreichen stellt die Flüssigphasenepitaxie (engl.
liquid phase epitaxy, LPE) dar [66–68]. Dazu wird unter Raumluftatmosphäre eine Schmelze hergestellt in der das abzuscheidende Material weit unterhalb seines Schmelzpunktes vorliegt. Die
Schmelze dient also als Lösungsmittel um einen übersättigten Zustand herzustellen. Wird ein Sub50
4.1 Yttrium-Eisen-Granat
Abbildung 4.1: Kristallstruktur einer YIG-Zelle. Die YIG-Einheitszelle beinhaltet 80 Atome und kristallisiert im kubisch raumzentrierten Gittersystem. Die Fe-Ionen sitzen auf oktaedrischen (braun) und tetraedrischen (blaugrün) Gitterplätzen und sind über Superaustausch miteinander gekoppelt. Abbildung entnommen
aus [65].
strat in die Schmelze eingebracht und ein Zustand nahe des Gleichgewichtszustandes zwischen
Abscheidung und Auflösung gehalten, kann eine hochqualitative Schicht auf dem Substrat aufwachsen.
Die Substrateigenschaften sind dabei ein kritischer Parameter, so sollte z.B. die Wärmeausdehnung
von Substrat und abzuscheidendem Material nahezu gleich sein um Verspannungen zu vermeiden.
Aus diesem Grund ist die Wahl des Substratmaterials im Hinblick auf die Gitterfehlanpassung
von Substrat und abzuscheidenden Material sehr wichtig. Für YIG wird als Substrat in der Regel
einkristallines Gadolinium-Gallium-Granat (Gd3 Ga5 O12 , GGG) verwendet, das bereits die für die
spätere YIG-Schicht gewünschte Gitterausrichtung besitzt. Trotz der äußerst geringen Gitterfehlanpassung zwischen den beiden Materialien von weniger als 1 % [63] kommt es zum Ausbilden
einer verspannten Grenzschicht, wodurch lange Zeit nach der Entdeckung von YIG nur Schichten
mit mehreren Mikrometern Dicke in ausreichender Qualität hergestellt werden konnten. Eine Weiterentwicklung der LPE-Technik, sowie ein Dotieren des YIG mittels geeigneter stöchiometrischen
Zusammensetzung der Schmelze, um die Gitterkonstante noch besser anzupassen [69], erlauben
erst seit einigen Jahren das Herstellen geeigneter Filme mit Schichtdicken kleiner als 100 nm [18].
Eine Mikrostrukturierung der herkömmlichen YIG-Filme ist aufgrund des hohen benötigten
Aspektverhältnisses nur sehr begrenzt möglich, wodurch lange Zeit ausschließlich Filme und makroskopische Strukturen untersucht wurden. Die neuartigen dünnen Filme erlauben hingegen eine
einfache Strukturierung mit lateralen Ausdehnungen unterhalb eines Mikrometers mit Hilfe üblicher Mikrostrukturierungsverfahren. Die Strukturierung der in dieser Arbeit untersuchten Mi51
4.2 Probenherstellung
krostrukturen und die dazu genutzten Methoden werden im folgenden Abschnitt vorgestellt.
4.2. Probenherstellung
Im Rahmen dieser Arbeit soll der Einfluss einer Mikrostrukturierung auf die Materialeigenschaften von YIG untersucht werden. Bei dem dazu untersuchten Film handelt es sich um einen 98 nm
dicken, mit Lanthan dotierten YIG-Film, der auf 500 µm dickem, in h1 1 1i-Orientierung geschnittenem GGG gewachsen wurde1 . In diesem Kapitel werden nun die grundlegenden Methoden der
Mikrostrukturierung erläutert und anschließend wird die Herstellung der untersuchten Mikrostrukturen besprochen.
Die Mikrostrukturierung beruht generell auf zwei grundlegenden Prinzipien. Zum einen das Aufbringen von Material und zum anderen das Abtragen von Material auf bzw. von der Probe. Um dies
gezielt durchzuführen wird dabei häufig auf das Prinzip einer Maske zurückgegriffen, deren Struktur auf die Probe übertragen wird. In Kap. 4.2.1 und 4.2.2 werden die dazu genutzten Methoden
des Lift-Offs und des Ätzens beschrieben. Die Herstellung der in dieser Arbeit genutzten Masken
erfolgt mittels der Elektronenstrahllithographie, deren Prinzip in Kap. 4.2.3 erläutert wird. Danach
wird in Kap. 4.2.4 eine Übersicht über die hier verwendeten Methoden der Materialdeposition
gegeben. Abschließend wird in Kap. 4.2.5 die Strukturierung der in dieser Arbeit durchgeführte
Mikrostrukturen beschrieben.
4.2.1
Mikrostrukturierung mittels Lift-Off-Prozess
Ein häufig in der Mikrostrukturierung genutztes Verfahren um gezielt Material auf der Probe zu
deponieren ist das sogenannte Lift-Off-Verfahren. Das Grundprinzip beruht auf einem Lackfilm
der an den Stellen an denen das Material später platziert werden soll freigelegt wird. In einem
Folgeschritt wird ganzflächig Material auf die Probe abgeschieden, sodass, wenn diese Lackmaske
anschließend wieder entfernt wird, nur Material an den ungeschützten Stellen verbleibt.
Prinzipiell werden für einen Lift-Off-Prozess sogenannte positive Photolacke genutzt (vergl. Kap
4.2.3), die mittels Rotationsbeschichtung auf die Probe aufgeschleudert werden um den Lackfilm
als Ausgangsbasis zu erhalten. Diese Rotationsbeschichtung erfolgt dabei mit mehreren tausend
Umdrehungen pro Minute, wodurch der Lack eine homogene Dicke über die Probefläche annimmt.
Da der Lack zum sogenannten Aufschleudern in einem Lösungsmittel gelöst ist, muss dieses durch
eine anschließende Erwärmung auf einer Heizplatte ausgedampft werden. Anschließend folgt eine
Belichtung des Lackes mittels Photo- oder Elektronenstrahllithographie (vergl. Kap. 4.2.3). Ein
anschließender Entwicklungsschritt legt die Bereiche an denen das Material deponiert werden soll
frei. Darauf folgt eine ganzflächige Abscheidung des aufzubringenden Materials. Abschließend
1 Hergestellt
52
von C. Dubs, INNOVENT e.V. Technologieentwicklung, Jena, Deutschland.
4.2 Probenherstellung
a)
gerichtete
Materialdeposition
Lack
Lösungsmittel
b)
ungerichtete
Materialdeposition
Lack
Lösungsmittel
Abbildung 4.2: Vergleich der gerichteten und ungerichteten Materialdeposition für einen Lift-Off-Prozess. a)
Im Fall einer gerichtete Deposition wird kein Material auf die Lackflanken deponiert und das Lösungsmittel
kann den Lack anschließend abheben. b) Für den Fall einer ungerichteten Materialdeposition werden die
Lackflanken bedeckt und das Lösungsmittel hat keine Angriffsfläche. Abbildung nach [26].
wird mit Hilfe eines Lösungsmittels die Lackmaske samt dem darauf deponierten Material gelöst
und abgehoben (engl. lift-off ).
Zur Abscheidung des Materials stehen verschiedene Methoden zur Verfügung die in Kap. 4.2.4
ausführlicher diskutiert werden, jedoch sei hier angemerkt, dass die Art der Materialdeposition
essentiell für den Erfolg des Lift-Off-Verfahrens ist. In Abb. 4.2 ist das auftretende Problem verdeutlicht. Im Fall einer idealen gerichteten Materialdeposition, wird ausschließlich Material auf
der Lackmaske und im freigelegten Bereich, jedoch nicht an den Lackflanken deponiert. Wird die
Lackmaske anschließend mit Hilfe eines Lösungsmittels abgehoben (Lift-Off), so verbleibt das
Material nur im freigelegten Bereich (vergl. Abb. 4.2a)). Eine ungerichtete Materialdeposition bewirkt jedoch, dass das Material auch an den Lackflanken abgelagert wird (vergl. Abb. 4.2b)), ein
Abheben der Maske ist dann nicht mehr möglich, da keine freie Angriffsfläche für das Lösungsmittel vorhanden ist. Um dieses Problem zu beheben muss ein sogenannter Unterschnitt in der
Lackmaske erzeugt werden, dies bedeutet, dass der freigelegte Bereich von der Oberfläche der
Maske hin zur Oberfläche des Substrates breiter wird. Dadurch entsteht ein Abschattungseffekt für
die Lackflanke, wodurch der Zugang des Lösungsmittel im Lift-Off Schritt möglich ist. Da jedoch
je nach Depositionsverfahren (vergl. Kap. 4.2.4) die Materialabscheidung sehr ungerichtet sein
53
4.2 Probenherstellung
a)
Belacken
b) Elektronenstrahlschreiben
c)
Entwickeln,
Sauerstoffplasma
PMMA 950k
PMMA 600k
d)
Materialdeposition
e)
Lift-Off-Prozess
Abbildung 4.3: Schematische Darstellung eines Lift-Off-Prozesses. Die Verwendung einer Doppellage verschiedener Lacke ermöglicht es den benötigten Unterschnitt zu erzeugen. Abbildung nach [26].
kann, ist es schwer mit einer einzelnen Lackschicht einen Unterschnitt zu erzeugen der groß genug
ist. Daher wird in der Regel eine Doppellage aus zwei verschiedenen Photolacken genutzt. In Abb.
4.3 sind schematisch die einzelnen Prozessschritte eines Lift-Off-Prozesses für die Verwendung
des in dieser Arbeit genutzten Lacksystems gezeigt. Essentiell für diese Methode ist, dass die beiden Lacke eine unterschiedliche Sensitivität aufweisen, d.h. durch Belichtung und Entwicklung
werden unterschiedlich große Bereiche freigelegt und ein Unterschnitt entsteht. In Abb. 4.3b) und
c) ist das Prinzip gezeigt. Die obere Lackschicht sorgt für eine Abschattung, wodurch im Schritt
der Materialdeposition die Lackflanken des unteren Lackes teilweise geschützt sind. Dies ermöglicht es, auch bei einer ungerichteten Materialdeposition, im Lift-Off-Schritt dem Lösungsmittel
den Lack zu lösen.
Soll mit einem Lift-Off-Prozess ein Material strukturiert werden, so ist es nötig, dass dieses mit
einem Abscheidungsverfahren deponiert werden kann. Allerdings erfordert das hier verwendete
YIG wie in Kap. 4.1.2 angesprochen ein aufwändiges Verfahren, dessen Bedingungen eine Strukturierung mittels Lift-Off nicht erlauben. Daher muss auf die Methode des Ätzen zurückgegriffen
werden, die im nächsten Abschnitt behandelt wird. Es sei angemerkt, dass in den letzten Jahren das
Sputtern (vergl. Kap. 4.2.4) von YIG möglich geworden ist, sodass inzwischen Lift-Off-Prozesse
mit YIG durchgeführt werden können. Die Qualität dieser Schichten liegt jedoch noch, insbesondere im Hinblick auf die kristalline Struktur, unterhalb der Qualität der LPE-Filme [18].
54
4.2 Probenherstellung
4.2.2
Mikrostrukturierung mittels Ätzen
Zur Strukturierung von bereits deponierten Materialschichten kann kein, wie im vorherigen Abschnitt beschriebener, Lift-Off-Prozess genutzt werden. Stattdessen muss die Struktur aus dem Material herausgeätzt werden. Die dazu genutzten Methoden werden prinzipiell in zwei Kategorien
unterteilt. Zum einen die Verfahren die auf einer chemischen Reaktion des Prozessmittels mit dem
abzutragenden Material beruhen und zum anderen die Verfahren die auf einem rein physikalischen
Abtrag beruhen. In dieser Arbeit werden ausschließlich letztere genutzt, dazu zählt insbesondere
das etablierte Ionenstrahlätzen (engl. ion beam etching, IBE), das nun näher erläutert werden soll.
a)
b)
Materialdeposition
c)
Belacken
Elektronenstrahlschreiben
ma-N-Lack
Material
Substrat
d)
f)
e)
Entwickeln
Ionenstrahlätzen
Resist-Strip
Lackmaske
Abbildung 4.4: Schematische Darstellung der Prozessschritte einer Mikrostrukturierung mittels Ionenstrahlätzen. Abbildung nach [26].
Die grundlegende Idee des IBE-Verfahrens ist das Abdecken der herzustellenden Strukturen mittels einer Maske und das anschließende Abtragen der ungeschützten Bereiche durch den Beschuss
mit Ionen. In Abb. 4.4 ist schematisch der Ablauf der Prozesschritte des IBE gezeigt. Ausgangspunkt ist ein bereits vorhandener Film des Materials aus dem die Struktren hergestellt werden sollen. Auf diesen wird mittels Rotationsbeschichtung ein Lackfilm eines sogenannten Negativlackes
(vergl. Kap 4.2.3) aufgebracht und mittels Photo- oder Elektronenstrahllithographie (vergl. Kap.
4.2.3) an den Stellen, an denen später die Strukturen sein sollen belichtet. Im Entwicklungsschritt
werden dann die unbelichteten Bereiche der Lackmaske entfernt (vergl. Abb. 4.4d)). Eine auf diese Weise erhaltenen Ätzmaske wird auch Weichmaske genannt, da die verwendeten Lacke in der
55
4.2 Probenherstellung
Regel eine wesentlich geringere Resistenz gegenüber dem Ionenbeschuss aufweisen als das abzutragende Material. Dies erfordert, dass die Dicke der Lackschicht der drei- bis vierfachen Dicke
des abzutragenden Materials entspricht. Alternativ kann auch eine sogenannte Hartmaske genutzt
werden, die zumeist aus einem Metall hergestellt wird, dessen Ätzresistenz vergleichbar mit der
des abzutragenden Materials ist.
Die Herstellung einer solchen Hartmaske erfolgt mit Hilfe eines Lift-Off-Prozesses (vergl. Kap.
4.2.1). Dabei muss jedoch darauf geachtet werden, dass ein Material genutzt wird, das wieder
entfernt werden kann ohne die hergestellten Strukturen anzugreifen. Die Verwendung einer solchen
Hartmaske ist aufwändiger und je nach zu ätzendem Material nur bedingt möglich, bringt jedoch
den Vorteil mit sich, dass die Dicke der Maske frei gewählt werden kann. Bei Lackmasken ist dies
abhängig vom Lack und der Auftragungsart nur bedingt möglich. Insbesondere bei sehr dicken zu
strukturierenden Schichten ist die Verwendung einer Hartmaske aufgrund der niedrigeren Ätzrate
von Vorteil.
Nach dem Aufbringen der Ätzmaske erfolgt der Materialabtrag mittels Ionenbeschuss. Das Prinzip der dazu genutzten IBE-Anlage soll nun kurz erläutert werden. Die schematische Darstellung
eine IBE-Anlage ist in Abb. 4.5 gezeigt. Unter Hochvakuum wird Argon in eine Reaktorkammer
geleitet, in der mittels eines hochfrequenten Wechselfeldes ein Argon-Plasma gezündet wird. In
diesem Plasma werden ständig Argon-Ionen generiert, die über das Abschirmgitter in die eigentliche Prozesskammer geleitet werden. Anschließend werden die Ionen mit Hilfe des Beschleunigungsgitters in Richtung der Probe beschleunigt und führen dort zu einem ganzflächigen Ionenbeschuss und Materialabtrag auf der Probe. Die Trennung von Probe und Plasma erlaubt es dabei
die Ionenstromdichte und die Ionenenergie unabhängig voneinander einzustellen und damit den
Materialabtrag genau zu kontrollieren.
Beim Ätzen mittels IBE müssen einige Dinge beachtet werden, da es sonst zu unerwünschten Effekten kommen kann. Dabei ist insbesondere die Abhängigkeit der sogenannten Sputter-Ausbeute
vom Einfallswinkel der Ionen zur Oberfläche essentiell, denn diese beschreibt die pro auftreffendem Ion ausgelöste Anzahl an Atomen des Materials. Das Maximum der Ausbeute und damit eine
erhöhte Ätzrate ergibt sich für einen Einfallswinkel zwischen 60 ° und 70 ° zur Oberfläche. Dies
führt zu dem Problem der sogenannten Facettenbildung [70], d.h. die in der Regel abgeschrägten Bereiche der Maskenflanken ätzen mit einer anderen Abtragungsrate als der Kern der Maske.
Dadurch entsteht eine Facette in der Lackmaske die mit steigender Ätzdauer wächst, sich gegebenenfalls in die Struktur überträgt und zu unerwünscht breiten Strukturflanken führt.
Ein weiteres Problem ist, dass der konstante Ionenbeschuss mitunter eine starke Erwärmung der
Probe und insbesondere der Maske verursacht, wodurch sich diese im Fall einer Lackmaske verhärten kann und damit nur schwer wieder löslich wird. Um dies zu verhindern wird der Ätzprozess
in der Regel in mehrere Schritte unterteilt um ein Abkühlen der Probe zu ermöglichen. Zusätzlich
56
4.2 Probenherstellung
wird die Rückseite des Substrats mittels Helium gekühlt.
Das in der Regel größte Problem beim Ätzen mittels IBE ist das Auftreten der sogenannten Redeposition an den Flanken der Maske. Das bedeutet, dass bereits abgetragenes Material wieder
an den Flanken der Maske abgelagert wird und so zu einer Überhöhung an den Strukturflanken
führt (vergl. Abb. 4.4e) und f)). Um diese zu minimieren, erfolgt das Ätzen üblicherweise unter
einem Winkel während der Substratteller gleichzeitig Rotiert, dadurch wird verstärkt Material und
insbesondere wieder abgelagertes Material von den Flanken abgetragen.
Neben den angesprochenen Problemen können noch eine Vielzahl weiterer Effekte auftreten, für
deren ausführliche Diskussion auf [70] verwiesen wird. Es sei hier jedoch noch erwähnt, dass das
Ätzen mittels IBE unter Umständen eine starke mechanische Belastung auf das Material ausüben
kann. Insbesondere im Randbereich und an den Flanken der Strukturen kann ein nachhaltiger Einfluss auf die Materialeigenschaften genommen werden. Außerdem erfolgt in der Regel immer eine
Unterätzung in die unter dem abzutragenden Material befindliche Schicht, um sicherzugehen, dass
das abzutragende Material vollständig entfernt wurde.
Nach dem abgeschlossenen Ätzprozess muss der verbliebene Rest der Maske wieder entfernt werden um bei nachfolgenden Strukturierungschritten nicht zu stören. Für Lackmasken wird dazu
ein sogenannter Resist-Strip durchgeführt, bei dem die Probe über einen längeren Zeitraum in
ein Lösungsmittelbad eingelegt wird. Wurde eine Hartmaske verwendet so muss stattdessen eine
spezielle Säure genutzt werden die nur das Maskenmaterial, jedoch nicht das Strukturmaterial,
Gaseinlass
MikrowellenQuelle
Plasma
+
Ar -Ionen
Magnete
Abschirmgitter
Beschleunigungsgitter
Beschleunigungsspannung
UB
Shutter
Su
bs
Substrat
tra
tte
40°
lle
r
Vakuumsystem
Abbildung 4.5: Schematische Darstellung einer IBE-Anlage. Abbildung nach [26].
57
4.2 Probenherstellung
angreift.
Das vorgestellte Verfahren des Ionenstrahlätzens bietet eine einfache Möglichkeit um großflächig Material abzutragen, jedoch wird es mit abnehmender Strukturgröße immer schwieriger gute
Strukturflanken und insbesondere Ecken zu erzielen. Eine Methode die auch für sehr kleine Strukturabmessungen gute Resultate erzielt, stellt das Ätzen mittels eines fokussierte Ionenstrahls (engl.
focused ion beam, FIB) dar. Die Technik dieser Anlagen ist recht kompliziert, ähnelt aber einem
Rasterelektronenmikroskop, daher wird für eine ausführliche Beschreibung auf [71] und [72] verwiesen. Das Nutzen dieser Technik ist in der Regel sehr zeitaufwändig, da es sich im Gegensatz
zum IBE um ein schreibendes Verfahren handelt. In dieser Arbeit kommt daher eine Kombination
beider Verfahren zum Einsatz, dies wird in Abschnitt 4.2.5 näher beschrieben.
Im folgenden Abschnitt soll nun die Herstellung von Lackmasken mittels der bereits angesprochenen Elektronenstrahllithographie behandelt werden.
4.2.3
Die Elektronenstrahllithographie
Das Grundprinzip bei der Herstellung einer Lackmaske beruht auf der Möglichkeit den Lack mit
Hilfe einer zugeführten Energiedosis in bestimmten Bereichen chemisch zu verändern. Dazu gibt
es verschiedene Verfahren, wie z.B. die Photolithographie auf Basis ultravioletten Lichts oder die
in dieser Arbeit ausschließlich verwendete sogenannte Elektronenstrahllithographie (engl. electron
beam lithography, EBL) auf Basis von schnellen Elektronen. Das Prinzip der EBL, sowie einige
Einflussfaktoren sollen hier kurz betrachtet werden.
Die EBL nutzt einen fokussierten Strahl schneller Elektronen um in lokalisierten Bereichen die
chemische Veränderung der Lackmaske herbeizuführen, es handelt sich also im Gegensatz zur herkömmlichen Photolithographie um ein schreibendes Verfahren. Das theoretische Auflösungsvermögen dieses Verfahrens liegt im Bereich einiger Pikometer, wird jedoch durch mehrere Faktoren
auf einen wesentlich größeren Wert beschränkt [73]. So limitieren z.B. der minimale Strahldurchmesser definiert durch die Qualität der Elektronenoptik, sowie die Bewegung der Probenbühne die
Auflösung auf einige Nanometer. Einen größeren auflösungsbegrenzenden Faktor stellt allerdings
in der Regel das Auflösungsvermögen des verwendeten Photolackes dar. Für die in dieser Arbeit hauptsächlich verwendeten Lacke gilt nach Angabe der Hersteller unter optimalen Bedingungen eine Auflösung von 10 nm für Polymethylmethacrylat (PMMA) [75], sowie 50 nm für ma-N
2403 [76]. Ursache dieser Begrenzung ist die physikalische Ausdehnung der Lackmoleküle, bzw.
der chemische Umwandlungsprozess. Abgesehen von diesen Faktoren ist die Auflösung hauptsächlich von der Streuung der Elektronen mit den Lackmolekülen und dem Substrat bestimmt.
Die Streuverteilung kann mit Hilfe des differentiellen Streuquerschnitts
58
dσ
dΩ
der Rutherford-Streu-
4.2 Probenherstellung
a) Ekin = 5 keV
b) Ekin = 100 keV
Abbildung 4.6: Monte-Carlo-Simulation der Elektronenstreuung an einem thermisch oxidierten Silizium
Substrat (400 nm Oxid) mit einer 1 µm dicken PMMA Lage. Die kinetische Energie der Elektronen ist
farbkodiert und fällt von gelb nach blau hin ab, rückgestreute Elektronen sind rot dargestellt. [74].
formel [27] bestimmt werden, für die im Fall von Elektronenstreuung gilt:
dσ
Z2
1
∝ 2
.
dΩ Ekin sin( ϕ2 )4
(4.1)
Hier steht ϕ für den Streuwinkel, Z für die Kernladungszahl des Materials an dem gestreut wird und
EKin ist die kinetische Energie der Elektronen gegeben durch die gewählte Beschleunigungsspannung U. Eine Simulation2 der Elektronenstreuung für ein Siliziumsubstrat mit einer 400 nm dicken
Oxidschicht und einer darauf aufgebrachten 1 µm dicken Lage PMMA ist in Abb. 4.6 gezeigt. Für
eine niedrige Beschleunigungsspannung von U = 5 kV werden die Elektronen hauptsächlich im
Lack gestreut und verursachen so eine starke Verbreiterung des belichteten Bereichs (vergl. Abb.
4.6a)). Wird hingegen eine sehr große Beschleunigungsspannung von U = 100 kV gewählt, so
streuen die Elektronen überwiegend im Substrat und die Auflösung innerhalb der Lackschicht verbessert sich wesentlich (vergl. Abb. 4.6b)). Hier muss jedoch noch der Effekt der Rückstreuung
von Elektronen am Substratmaterial oder darauf deponierten Schichten berücksichtigt werden, der
wiederum zu einer Verbreiterung des belichteten Bereiches führen kann.
Es soll hier nun kurz auf die zur EBL verwendeten Lacke, sowie deren Funktionsprinzip eingegangen werden. Bei Polymethymethacrylat (PMMA, auch Acrylglas genannt) handelt es um
lange Polymerketten der Wiederholeinheit C5 H8 O2 . Hersteller der in dieser Arbeit verwendeten
PMMA-Lacke ist die Firma ALLRESIST 3 [75]. Um das Material mittels Rotationsbeschichtung
aufbringen zu können erfolgt eine Verdünnung in Anisol. Da PMMA in Abhängigkeit der Kettenlänge unterschiedliche Eigenschaften aufweist, erfolgt eine Klassifizierung mittels der Kennung
2 Durchgeführt
von P. Pirro, TU Kaiserslautern, Fachbereich Physik, AG Magnetismus [74]
3 ALLLRESIST
GmbH, Strausberg, Deutschland
59
4.2 Probenherstellung
PMMA 950k 4%. Die Zahl in der Mitte gibt dabei die molare Masse der Polymerketten an (hier
950 kg mol−1 ), während die letzte Stelle den Feststoffgehalt des PMMAs im Lösungsmittel angibt.
Das Funktionsprinzip einer PMMA-Photolackschicht ist, dass es bei Elektronenbestrahlung zum
Bruch der Hauptketten zu wesentlich kürzeren Ketten kommt. Diese Bruchstücke können im anschließenden Entwicklungsschritt leichter und damit schneller gelöst und entfernt werden als die
unbelichteten Bereiche. Bei PMMA handelt es sich also um einen sogenannten Positivlack, da hier
die belichteten Bereich freigelegt werden.
Bei dem zweiten in dieser Arbeit genutzten Photolack handelt es sich um ma-N 2403. Dies ist ein
speziellen Lack der zur Elektronenstrahllithographie genutzt wird. Hersteller ist die Firma micro
resist technology4 [76]. Im Gegensatz zu PMMA handelt es sich um einen Negativlack, d.h. es
werden die unbelichteten Bereiche im Entwicklungsschritt freigelegt. Dies ist möglich, da bei der
Belichtung eine Quervernetzung der Lackmoleküle erfolgt und der Lack so eine erhöhte Resistenz
gegen den Entwickler erhält.
4.2.4
Methoden zur Materialdeposition
Die Deposition von Material ist ein wichtiger Bestandteil vieler Mikrostrukturierungsprozesse.
Auf die in dieser Arbeit genutzten Methoden soll daher im Folgenden eingegangen werden.
Sputterdeposition
Eine weit verbreitete Methode ist das Abscheiden von Material mittels des sogenannten Sputtern,
dem physikalischen Abtrag von Material durch Ionenbeschuss. Es existieren verschiedenen Arten
der technischen Umsetzung, dabei ist die geläufigste und auch in dieser Arbeit verwendete Methode das sogenannte RF-Sputtern5 in einem Parallelplattenreaktor. Abbildung 4.7 zeigt schematisch
den Aufbau dieses Typus. In einer Hochvakuumkammer befindet sich das abzuscheidende Material, im Folgenden als Target (engl. Ziel) bezeichnet, über der Probe auf die das Material deponiert
werden soll. Die Probe wiederum liegt auf einem Substratteller der zum Ein- und Ausschleusen
der Probe aus der Kammer dient.
Das Target wird an eine RF-Spannungsquelle angeschlossen und der Substratteller geerdet, daher bilden diese in dieser Konfiguration einen Parallelplattenkondensator. Wird nun Argon in die
Kammer geleitet und ein hochfrequentes Wechselfeld angelegt, so werden durch zufällige Ionisationsereignisse erzeugte Elektronen beschleunigt und können durch Stöße die Argon-Atome ionisieren. Dies löst eine Kaskade von Ionisationsereignissen aus, wodurch ein Plasma entsteht. Da
die erzeugten Argon-Ionen eine große Masse besitzen ist ihre Bewegung im Wechselfeld sehr klein
und die Ionen können dem Feld nur bedingt folgen. Die Elektronen hingegen besitzen eine sehr
4 micro
5 RF:
60
resist technology GmbH, Berlin, Deutschland
Radiofrequenz
4.2 Probenherstellung
Gaseinlass
C1
MikrowellenQuelle
Target
+
Ar -Ionen
Material
Plasma
Shutter
Vakuumsystem
Substrat
Substratteller
Abbildung 4.7: Schematische Darstellung eins RF-Sputter-Parallelplattenreaktors. Durch ein HochfrequenzWechselfeld wird ein Argon-Plasma zwischen Target und Probe gebildet. Die entstehenden Ionen werden
zum Target hin beschleunigt und bewirken einen physikalischen Materialabtrag. Abbildung nach [26].
viel geringere Masse und können daher sowohl Substratteller als auch das Target erreichen. Durch
die Erdung des Substrattellers werden absorbierte Elektronen abgeleitet, während vom Target absorbierte Elektronen aufgrund des zusätzlichen Kondensators C1 (vergl. Abb. 4.7) nicht abgeleitet
werden. Dies führt zu einer Akkumulation von negativer Ladung auf dem Target. Die dadurch
entstehende Potentialdifferenz zwischen Target und Teller wird auch Bias-Spannung genannt und
verursacht eine Beschleunigung der Ionen in Richtung des Targets. Dadurch treffen diese mit einer
hohen kinetischen Energie auf das Target und schlagen einzelne Atome, bzw. Cluster von Atomen
aus dem Material heraus. Diese sind elektrisch neutral, durchqueren aber auf dem Weg zum Substrat das Plasma, wodurch sie zahlreiche Stöße erfahren und die resultierende Materialdeposition
stark ungerichtet ist. Wie in Kap. 4.2.1 beschrieben ist eine solche ungerichtete Materialdeposition
für die Verwendung in einem Lift-Off-Prozess problematisch, da die Lackflanken ebenfalls mit
Material beschichtet werden. Das Sputtern wird in dieser Arbeit daher nur zum Deponieren von
Schichten genutzt, zur Verwendung eines Lift-Off-Prozesses wird stattdessen das Verfahren der
Elektronenstrahlverdampfung genutzt.
Materialdeposition mittels Elektronenstrahlverdampfung
Die Elektronenstrahlverdampfung ist eine häufig im Zusammenhang mit Lift-Off-Prozessen genutztes Verfahren. In Abb. 4.8a) ist schematisch das Funktionsprinzip der dazu genutzten Anlage
61
4.2 Probenherstellung
abgebildet. Unter einem Hochvakuum wird das in einem Tiegel befindliche abzuscheidende Material mittels eines Elektronenstrahls stark aufgeheizt. Dadurch kommt es, abhängig vom Material,
zur Sublimation oder dem Aufschmelzen und anschließendem Verdampfen des Materials. Der sich
ergebende Materialfluss ist im Gegensatz zum Sputtern sehr gerichtet, da sich keine Prozessgas in
der Kammer befindet, dass durch Stöße die Materialdeposition ablenkt. Die Probe ist nun in der
Entfernung h von der Quelle und im Abstand r von der Rotationsachse des Probenhalters befestigt.
Ist diese mit einer Lackmaske der Dicke d bedeckt, so gilt für die bereits in Kap. 4.2.1 angesprochene Abschattung x des freigelegten Maskenbereiches (vergl. Abb. 4.8b)):
r
x = d tan(Θ) = d .
h
(4.2)
Da der Abstand h von Probe und Quelle in der Regel relativ groß ist, liegt das Verhältnis r/h üblicherweise in einer Größenordnung von 1/100, wodurch die Abschattung bei typischen Lackdicken
von mehreren hundert Nanometern im Bereich weniger Nanometer liegt. Eine Abschattung dieser
Größe ist mit dem in Kap. 4.2.1 vorgestelltem Prinzip einer doppelten Lackschicht sehr leicht zu
erreichen, daher eignet sich die Elektronenstrahlverdampfung gut für Lift-Off-Prozesse.
r
a)
b)
Probenhalter
Substrat
Lack
Probe
Θ
x
d
Θ
h
Magnetfeld
e
Vakuumsystem
Elektronenstrahlquelle
zu deponierendes
Material
Abbildung 4.8: a) Schematische Darstellung des Funktionsprinzip eines Elektronenstrahlverdampfers. b)
Zur Verdeutlichung des Abschattungseffektes beim Bedampfen verursacht durch Materialabscheidung unter
einem Winkel. Abbildung nach [74].
62
4.2 Probenherstellung
4.2.5
Herstellung der untersuchten YIG-Mikrostrukturen
In diesem Abschnitt soll nun die Herstellung der in Kap. 5 untersuchten Mikrostrukturen mittels
den in den vorherigen Abschnitten beschriebenen Methoden erläutert werden. Dabei wird auf den
Ablauf des Strukturierungsprozesses und die dabei aufgetretene Probleme eingegangen. Die im
folgenden beschriebenen Prozessschritte wurden, wenn nicht anders vermerkt, in eigener Arbeit
im Nanostrukturzentrum (engl. Nano Structuring Center, NSC) der Technischen Universität Kaiserslautern durchgeführt.
Das YIG wird wie in Kapitel 4.1.2 beschrieben mittels des Eintauchen des Substrates in eine übersättigte Schmelze hergestellt. Standardmäßig werden dafür 1 Zoll große kreisrunde GGG-Substrate
genutzt, die dadurch zunächst beidseitig mit YIG beschichtet sind. Für die Anwendungen in dieser
Arbeit ist die Doppelbeschichtung jedoch störend, daher wird eine der Schichten durch polieren
wieder entfernt6 . Zur Prozessierung ist zusätzlich eine Substratgröße von 5 × 6 mm gewünscht,
daher muss das zu große Substrat zunächst mittels einer Wafer-Säge7 zugeschnitten werden. Um
den YIG-Film dabei vor Verkratzen und Kontamination durch beim Sägen entstehende Partikel
zu schützen, muss zuvor eine Schutzschicht aus Lack (Schutzlack) mittels Rotationsbeschichtung
aufgebracht werden. Um nach dem Sägen den Schutzlack wieder zu entfernen, werden die Substrate mit Hilfe von Aceton und Isopropanol in einem Ultraschallbad gereinigt. Da Rückstände
zurückbleiben können werden die Proben zusätzlich mit Hilfe eines milden Sauerstoffplasmas in
einem Plasmaverascher8 gereinigt. In diesem werden mittels eines Plasmas freie Sauerstoffradikale erzeugt, die verbliebene organisch Rückstände entfernen. Die geschnittenen und gereinigten
Proben sind nun zur Mikrostrukturierung bereit.
Im ersten Schritt müssen mehrere Prozess- und Messtechnisch relevante Strukturen auf den YIG-
ALM
Abbildung 4.9: Lichtmikroskopaufnahmen der ALMs
und der Stabilisierungsmarken.
Stabilisierungsmarken
6 Durchführung:
INNOVENT e.V. Technologieentwicklung, Jena, Deutschland
7 Durchführung:
Christian Dautermann, Nano Structuring Center, TU Kaiserslautern
8 Modell
PICO-UHP, Hersteller: Diener electronic GmbH und Co. KG, Ebhausen, Deutschland
63
4.2 Probenherstellung
Film aufgebracht werden. Dazu zählen die in Kap. 3.2.5 angesprochenen Stabilisierungsmarken,
die notwendig sind um in den späteren BLS-Messungen ein Driften des Laserfokus zu verhindern. Zusätzlich werden aber auch nur zur Strukturierung notwendige Justiermarken (engl. alignment mark, ALM) aufgebracht, die eine zielgenaue räumliche Orientierung der EBL ermöglichen um in den einzelnen Prozessschritten keinen lateralen Versatz zu erhalten. Zur Herstellung
wird ein Lift-Off-Prozess gemäß Kap. 4.2.1 mit Hilfe eines PMMA-Lacksystem aus einer Lage
PMMA 600k 4 % als Basis und einer Lage PMMA 950k 4 % als Deckschicht genutzt.
Da es sich sowohl bei YIG als auch dem GGG-Substrat um einen elektrischen Isolator handelt,
kann es in der EBL9 zur lokalen Aufladung durch die Elektronen kommen, wodurch eine gezielte Belichtung unmöglich wird. Um dies zu verhindern wird auf das PMMA-System zusätzlich
eine leitende Schicht aus ESpacer 300Z10 aufgebracht. Dabei handelt es sich um ein gelöstes leitendes Polymer, dass die absorbierte Ladung über die (geerdeten) Halteklammern, mittels denen
die Probe befestigt ist, ableitet. Nach dem Entwicklungsschritt wird die Lackmaske mittels eines
Oberflächen-Profilometers11 und optischer Mikroskopie auf eine ausreichende Dicke und Fehlstellen geprüft.
Die Materialdeposition erfolgt mittels Elektronenstrahlverdampfung12 (vergl. Kap. 4.2.4), dabei
wird eine Kombination aus einer Lage von 50 nm Titan und einer Lage von 50 nm Kupfer aufgebracht. Das Titan dient dabei als Haftvermittler, während das Kupfer als Kontrastmaterial wirkt, da
es aufgrund der höheren Kernladungszahl (vergl. Gl. 4.1) einen größeren Streuquerschnitt als das
Titan hat und damit eine bessere Sichtbarkeit in der EBL aufweist. In Abb. 4.9 ist exemplarisch
des Ergebnis des Lift-Offs anhand einer Probensektion gezeigt, auf der ALMs sowie ein Satz der
Stabilisierungsmarken zu sehen sind.
Abbildung 4.10: Rasterelektronenmikroskopaufnahme einer zu Testzwecken strukturierten Hartmaske
aus Chrom. Die Deposition erfolgte mittels Elektronenstrahlverdampfung und Lift-Off-Prozess.
9 Durchführung:
10 Hersteller:
Bert Lägel, Nano Structuring Center, TU Kaiserslautern
SHOWA DENKO K.K., Tokio, Japan
11 Modell
Dektak XT, Hersteller: Bruker Corporation, Billerica, USA
12 Pfeiffer
Vacuum Classic 500 L
64
4.2 Probenherstellung
a)
b)
Abbildung 4.11: Exemplarische Rasterelektronenmikroskopaufnahmen der Strukturen nach abgeschlossenem IBE-Prozess. a) Gruppe von Strukturen mit nomineller Größe von a = 5 µm. b) Nahaufnahme einer
einzelnen Struktur aus a).
Im nächsten Schritt sollen die Strukturen aus dem YIG-Film gemäß dem in Kap. 4.2.2 besprochenen Prozessablauf geätzt werden. Dies erfolgt wie bereits angesprochen mit Hilfe einer Kombination aus IBE und FIB, wobei das Ionenstrahlätzen als Vorstrukturierungsmethode dient um
die Prozesszeit für den Folgeschritt mittels FIB zu verkürzen. Der im Rahmen dieser Arbeit zur
Herstellung einer Lackmaske zur Verfügung stehenden Negativlack ma-N 2403 (vergl. Kap. 4.2.3)
bildet bei Verwendung der Rotationsbeschichtung eine nominell 300 nm dicke Lackschicht. Da die
Ätzrate des Lackes jedoch ungefähr um einen Faktor drei größer ist als die des YIGs, ist dessen
Nutzung nur bedingt möglich. Stattdessen wurde zunächst versucht eine Hartmaske aus Chrom
herzustellen, da dieses insbesondere einfach zu deponieren ist und mit Hilfe von Cr-Etch13 rückstandslos wieder entfernt werden kann. In mehreren Testläufen hat sich jedoch gezeigt, dass sich
beim Lift-Off-Prozess abgelöste Chrom-Partikel wieder auf der Probe und insbesondere an der
Maske ablagern (vergl. Abb. 4.10), wodurch die Maske unbrauchbar wird. Daher musste im weiteren Verlauf dieser Arbeit auf eine Lackmaske zurückgegriffen werden. Es sei hier jedoch erwähnt,
dass zusätzlich das Haltbarkeitsdatum des Lackes bereits überschritten war und aus Zeitgründen
keine neuer Lack bestellt werden konnte.
Das letztendlich genutzte Lacksystem besteht aus einer Lage Hexamethyldisilazan (HMDS) als
Haftvermittler, einer Lage ma-N 2403 und einer Deckschicht aus ESpacer 300Z. Nach der Belichtung mittels EBL erfolgt ein Entwickeln der Lackmaske in AZ MIF 72614 und ein anschließendes
Stoppen in Wasser. Bei der Herstellung der Lackmaske ist darauf zu achten, dass auch die ALMs
und die Stabilisierungsstrukturen mit einer Schutzmaske bedeckt werden, damit diese im Ätzschritt
13 Lösung
aus Essigsäure,Ammoniumnitrat und demineralisiertem Wasser.
14 Hersteller:
MicroChemicals GmbH, Ulm, Deutschland
65
4.2 Probenherstellung
a = 4,8 µm
a)
b)
a = 2,8 µm
4 µm
a = 1,8 µm
c)
2 µm
d)
a = 0,8 µm
2 µm
2 µm
Abbildung 4.12: Rasterelektronenmikroskopaufnahmen der mittels FIB nachbearbeiteten Strukturen.
nicht wieder entfernt werden.
Das Ätzen mittels IBE15 erfolgt in sukzessiven Schritten mit einer Dauer von je 40 s, wobei zwischen jedem Schritt eine Ruhepause mit einer Dauer von 60 s durchgeführt wird, um ein Abkühlen
der Probe zu ermöglichen. Vor und nach dem Resist-Strip in Aceton wird die Gesamthöhe der
Strukturen gemessen um so sicherzugehen, dass die Lackmaske dick genug war und die Oberfläche der Strukturen nicht angegriffen wurde. Abbildung 4.11 zeigt exemplarisch das Resultat für
eine Gruppe von Strukturen mit einer nominellen Strukturgröße von 5 µm. Die erhaltenen Strukturen sind ein gutes Beispiel für eine ausgeprägte Facettenbildung (vergl. Kap. 4.2.2) verursacht
durch eine zu große Abschrägung der Lackmaske. Es ergibt sich hier eine Strukturflanke mit einer
Breite von ungefähr einem Mikrometer. Die genaue Ursache dafür ist nicht bekannt, allerdings
kann eine Mikrostrukturierung mit Lacken die das Haltbarkeitsdatum überschritten haben solche
Ergebnisse liefern.
Die erhaltenen Strukturflanken stellen jedoch nur bedingt ein Problem dar, da wie angesprochen
das Ätzen mittels IBE hier nur der Vorstrukturierung des Filmes dient um im abschließenden
Folgeschritt die Prozesszeit der Strukturierung mittels FIB16 zu verkürzen17 . Die FIB ist wie in
Kap. 4.2.2 angesprochen eine schreibende Methode, daher wird keine Schutzmaske benötigt. Es
15 Modell
IonSys 500, Hersteller: Roth&Rau AG, Hohenstein-Ernstthal, Deutschland
16 Modell
Helios Nanolab 650, Hersteller: FEI, Hillsboro, USA
17 Durchführung:
66
Thomas Löber, Nano Structuring Center, TU Kaiserslautern
4.2 Probenherstellung
a)
b)
2 µm
400 nm
Abbildung 4.13: Rasterelektronenmikroskopaufnahmen aufgenommen unter einem Winkel zur Oberflächennormalen für die Struktur mit a = 2, 8 µm. a) Ganze Struktur und b) Nahaufnahme einer Strukturecke.
wird lediglich eine 10 nm dicke Schicht aus Chrom mittels Sputterdeposition (vergl. Kap. 4.2.4)
abgeschieden, die ein elektrisches Aufladen der Probe während des Ätzprozesses verhindert. Es
wird hier Chrom anstatt dem zuvor verwendeten ESpacer 300Z genutzt, da diese Schicht wesentlich Widerstandsfähiger ist und damit auch im Ätzprozess die notwendige Leitfähigkeit der
Probenoberfläche garantiert. Aus den vorhandenen Strukturen wird nun aus dem Kern der jeweiligen Struktur die gewünschten Form herausgeschnitten, indem das restliche umliegende YIG sowie
die Flanken mittels FIB abgetragen werden. Als Strukturform wurde ein quadratischer Grundriss mit verschiedenen Kantenlängen im Bereich von 5 µm bis 1 µm gewählt. In Abb.4.12 sind
die resultierenden Strukturen abgebildet, die effektiv erhaltenen Strukturgößen ergeben sich zu
a = 4, 8 µm; 2, 8 µm; 1, 8 µm und 0, 8 µm. Ein großer Vorteil der Methode der FIB ist, dass wesentlich schärfer definierte Kanten und insbesondere Ecken hergestellt werden können als dies mit
einer Lackmaske möglich ist. Dies ist in Abb. 4.13 exemplarisch für eine Struktur mit a = 2, 8 µm
dargestellt. Die erhaltene Flanke besitzt eine Ausdehnung von nur 50 nm bis 70 nm und der effektive Radius der Ecke ist ebenfalls sehr klein.
Zusammenfassend wurden in diesem Kapitel die zur Herstellung der untersuchten Strukturen verwendeten Methoden besprochen, sowie auf die aufgetretenen Probleme eingegangen. Die resultierenden Strukturen weise eine sehr gute Qualität auf, da insbesondere eine nahezu quadratische
Form realisiert werden konnte und die Flanken sehr klein sind. Im folgenden Kapitel sollen nun die
experimentellen Ergebnisse der Untersuchungen an Film und Mikrostrukturen vorgestellt werden.
67
4.2 Probenherstellung
68
KAPITEL 5
Experimentelle Ergebnisse
Yttrium Eisen Granat (Y3 Fe5 O12 , YIG) ist aufgrund seiner sehr geringen intrinsischen magnetischen Dämpfung schon seit Beginn des 20. Jahrhunderts Bestandteil eingehender Untersuchungen
im Hinblick auf praktische Anwendungen in der Mikrowellentechnik und insbesondere zur Erforschung der fundamentalen Physik von Spinwellen und deren Dynamik [13]. Lange Zeit war die
Herstellung von hochqualitativen YIG-Schichten nur mittels Flüssigphasenepitaxie (vergl. Kap.
4.1.2) und auch nur in einem Schichtdickenbereich von einigen Mikrometern möglich, daher beschränkten sich die Untersuchungen auf ausgedehnte, vergleichsweise dicke Filme und makroskopische Strukturen. Erst im Verlauf der letzten Jahre haben sich die Flüssigphasenepitaxie, sowie
andere Verfahren wie die Laserdeposition (engl. pulsed laser deposition, PLD), derart weiterentwickelt, dass auch Schichten im Bereich von 100 nm und dünner mit hoher Qualität hergestellt
werden können. Dies erlaubt die Mikro- und Nanostrukturierung solcher Filme und ermöglicht
damit die Untersuchung der Magnetisierungsdynamik in YIG, sowie die Realisierung von spinwellenbasierten Bauteilen [5] auf einer neuen Längenskala. Da YIG jedoch eine äußerst komplexe
kristallographische Struktur besitzt (vergl. Kap. 4.1.1) muss zunächst das Verhalten essentieller
Parameter wie der Sättigungsmagnetisierung oder der magnetischen Dämpfung unter Einfluss der
Mikrostrukturierung untersucht werden. Diese Untersuchungen sind das Ziel dieser Arbeit. Die
dazu durchgeführten experimentellen Ergebnisse werden in diesem Kapitel vorgestellt und diskutiert, wobei alle hier gezeigten Ergebnisse von Proben des gleichen, 98 nm dicken LPE-YIG-Films
stammen.
In Kap. 5.1 wird zunächst die Charakterisierung des unstrukturierten YIG-Films bezüglich der
Sättigungsmagnetisierung und des Gilbert-Dämpfungsparameters mittels der Vektor-Netzwerkanalysator-FMR Methode (VNA-FMR) vorgestellt. Dabei wird näher auf die magnetokristalline
Anisotropie eingegangen um deren Einfluss auf die späteren Messungen an den Mikrostrukturen
abzuschätzen. Die Ergebnisse der Charakterisierung dienen im Folgenden als Maßstab für die Validierung der Brillouin-Lichtstreu-Mikroskopie-FMR Methode (µBLS-FMR, vergl. Kap. 3.2.3).
Zusätzlich wird der Einfluss der als zusätzlicher Parameter auftretenden Laserleistung untersucht
und die Bestimmung der Austauschkonstanten über die Messung thermischer Spinwellenspektren
gezeigt.
69
5.1 Charakterisierung des YIG-Films
Abschnitt 5.2 behandelt die Charakterisierung der Mikrostrukturen mittels der mikrofokussierten
Brillouin-Lichtstreuspektroskopie (µBLS). Dabei wird zunächst das aufgrund von Quantisierungseffekten veränderte Modenspektrum der Strukturen untersucht und mit mikromagnetischen Simulationen verglichen um die Fundamentalmoden zu identifzieren. Anschließend wird die Charakterisierung anhand dieser Fundamentalmoden analog zu Kap. 5.1 durchgeführt, jedoch tritt dabei
eine prinzipielle wechselseitige Abhängigkeit der Messung der Sättigungsmagnetisierung und der
Austauschkonstanten auf, die hier näher betrachtet wird. Abschließend werden erneut die thermischen Spinwellenspektren der Mikrostrukturen und der Einfluss des Strukturierungsprozesses auf
diese untersucht.
5.1. Charakterisierung des YIG-Films
5.1.1
Vektor-Netzwerkanalysator-Messungen der ferromagnetischen Resonanz
Die Vektor-Netzwerkanalysator-ferromagnetische Resonanz Methode (VNA-FMR) erlaubt die Bestimmung der magnetischen Eigenschaften von dünnen Filmen hinsichtlich des Gilbert-Dämpfungsparameters α und der Sättigungsmagnetisierung Ms . Die Beschreibung dieser Methode findet sich in Kap. 3.1. Für die Analyse der Daten wird die für einen dünnen Film angepasste KittelFormel (Gl. 3.3) herangezogen. Wie sich im weiteren Verlauf dieses Abschnitts herausstellen wird,
ist die magnetokristalline Anisotropie im verwendeten YIG-Film sehr komplex und insbesondere abhängig vom externen Feld. Die Anisotropie ist allerdings nur schwach ausgeprägt und wird
in den späteren Messungen der Mikrostrukturen kaum eine Rolle spielen, da die Formanisotropie
(vergl. Kap. 2.1.8) dominiert. Daher ist eine detaillierte Untersuchung dieses komplexen Verhaltens
im Rahmen dieser Arbeit nicht notwendig und für die Betrachtungen in diesem Abschnitt wird die
Anisotropie nur durch eine stark vereinfachtes Modell einer uniaxialen Anisotropie berücksichtigt.
Es gilt dann, unter Vernachlässigung einer Anisotropiekomponente entlang der Filmnormalen, für
eine Ausrichtung der Magnetisierung entlang der leichten Achse:
fFMR (Heff ) =
|γ|µ0 p
(Heff + Hani ) · (Heff + Hani + Ms ) .
2π
(5.1)
Des weiteren gilt für eine Ausrichtung der Magnetisierung entlang der harten Achse:
fFMR (Heff ) =
|γ|µ0 p
(Heff − Hani ) · (Heff + Ms ) .
2π
(5.2)
Hier ist fFMR die Frequenz der ferromagnetischen Resonanz, Hani das Anisotropiefeld und Heff
das effektiv in der Probe wirksame Magnetfeld, welches sich im Falle eines unendlich ausgedehnten in der Ebene magnetisierten Filmes auf das extern angelegte Magnetfeld reduziert. Eine
Untersuchung der Frequenz der FMR in Abhängigkeit des effektiven Magnetfeldes erlaubt es die
70
5.1 Charakterisierung des YIG-Films
Sättigungsmagnetisierung Ms , sowie das Anisotropiefeld Hani als Anpassungs-Parameter an die
experimentellen Ergebnisse zu erhalten. Zusätzlich besteht die Möglichkeit das gyromagnetische
Verhältnis γ ebenfalls als freien Anpassungs-Parameter zu behandeln und damit die Kopplung der
Elektronen im Material zu berücksichtigen. Um die magnetokristalline Anisotropie im verwendeten Film genauer zu untersuchen, ist eine Winkelskala in den Aufbau integriert (vergl. Kap. 3.2.5),
wodurch die FMR winkelabhängig bezüglich des Winkels zwischen Magnetisierung und Kristallachse gemessen werden kann.
Die Messung der Anisotropie erfolgt durch Rotation der Probe in 5°-Schritten und die anschließende Bestimmung der FMR-Frequenz, während das extern angelegte Magnetfeld konstant gehalten
wird. In allen im Folgenden aufgeführten VNA-FMR-Messungen ist außerdem die MikrowellenAnregungsleistung zu Pex = 0 dBm gewählt, wodurch im verwendeten Aufbau das Auftreten nichtlinearer Effekte vermieden wird. Für ein extern angelegtes Magnetfeld von µ0 Hext = 5 mT (Abb.
5.1a)) zeigt sich eine geringe Frequenzdifferenz zwischen den harten und leichten Achsen von
δ f ≈ 25 MHz, sowie eine klare sechszählige Symmetrie. Dies lässt sich dadurch erklären, dass YIG
wie die meisten Vertreter der Granatgruppe im kubischen Kristallsystem kristallisiert [77]. Wird
weiterhin berücksichtigt, dass bei dem verwendeten YIG-Film die Flächennormale der h1 1 1iAchse entspricht, so ergibt sich eine sechszählige Anisotropie in der Filmebene.
Die Ursache der Frequenzabsenkung für eine Ausrichtung der Magnetisierung entlang der harten
Achsen ist die Reduktion des extern angelegten Magnetfeldes durch das Anisotropiefeld (vergl.
Gl. 5.2). Die schwache Ausprägung der Anisotropie beruht auf der Tatsache, dass in YIG das
magnetische Moment durch die Fe3+ -Ionen [14] generiert wird, die sich nach Russel-SaundersKopplung im Grundzustand 6 S5/2 befinden (vergl. Kap. 4.1.1). Da dieser Zustand keinen orbitalen
Drehimpuls trägt, fehlt die Spin-Bahn-Kopplung und damit verschwindet auch die magnetokristalline Anisotropie. Der kleine zu beobachtende Anteil ergibt sich aus der in der Russel-Saunders
Kopplung unberücksichtigten Wechselwirkung elektronischer Subzustände [17].
Weitere Untersuchungen der Anisotropie bei höheren Feldern zeigen jedoch eine starke Änderung
der beschriebenen sechszähligen Symmetrie. Für eine höhere Magnetfeldfeldstärke von 90 mT
(Abb. 5.1b)) ist eine Überlagerung zweier dreizähliger Anisotropien unterschiedlicher Stärke zu
sehen. Eine weitere Erhöhung der Feldstärke auf 400 mT (Abb. 5.1c)) führt zur Unterdrückung der
schwächeren Teilanisotropie und es dominiert eine dreizählige Anisotropie.
Dieses komplexe Verhalten in Abhängigkeit des externen Feldes findet keine Beschreibung in der
Literatur. Jedoch kann eine Formanisotropie ausgeschlossen werden, da die untersuchte Probe sehr
groß ist (> 1 cm) und insbesondere eine asymmetrische Geometrie aufweist. Vielmehr ist die Ursache mit hoher Wahrscheinlichkeit auf den Herstellungsprozess zurückzuführen, da im Rahmen
dieser Arbeit ebenfalls mittels Laserdeposition hergestelltes YIG untersucht wurde, welches eine
ausgeprägte vierzählige Anisotropie aufweist. Eine zusätzliche Untersuchung der Kristallstruktur
71
5.1 Charakterisierung des YIG-Films
105
0,96
fFMR (GHz)
0,92
0,92
0,93
15
0
195
345
210
330
225
300
255
270
285
105
90
75
120
60
135
4,384
45
150
4,380
fFMR (GHz)
315
240
4,388
4,376
leichte Achse
30
0,96
4,372
4,372
45
180
0,95
4,376
60
165
0,94
(b) Magnetokristalline Anisotropie für ein
externes Feld von µ0 Hext = 90 mT. Die vormals sechszählige Symmetrie zerfällt für
größere Feldstärken in zwei dreizählige
Symmetrien.
harte Achse
150
0,94
0,93
75
135
0,95
(a) Magnetokristalline Anisotropie für ein
externes Feld von µ0 Hext = 5 mT. Die
sechszählige Symmetrie ist eine Folge des
YIG-Wachstums mit der Flächennormalen
entlang der h1 1 1i-Achse.
90
120
30
165
15
180
0
195
4,380
345
210
4,384
330
225
315
240
4,388
300
255
270
285
105
90
75
120
13,615
60
135
45
150
30
(c) Magnetokristalline Anisotropie für ein
externes Feld von µ0 Hext = 400 mT. Für
noch stärkere Felder dominiert eine der
dreizähligen Symmetrien.
fFMR (GHz)
13,605
165
15
13,595
180
0
13,595
195
345
13,605
210
13,615
330
225
315
240
300
255
270
285
Abbildung 5.1: FMR-Frequenz fFMR in Abhängigkeit des Winkels zwischen Magnetisierung und internen
Kristallachsen für verschiedene verschiedene Stärken des extern angelegten Magnetfeldes.
72
5.1 Charakterisierung des YIG-Films
Tabelle 5.1: Lage der kristallographischen Achsen bezüglich der in Abb. 5.1 angegebenen Winkelskala.
Winkel ( °) kristallographische Achse (Millersche Indizes [u v w])
10
[1 1 0]
40
[2 1 1]
160
[1 2 1]
280
[1 1 2]
340
[1 2 1]
mittels Röntgenstrukturanalyse1 zeigt die in Tabelle 5.1 aufgeführte Lage der internen Kristallachsen. Allerdings gibt auch dies keinen weiteren Aufschluss zu dem beobachteten Phänomen.
Um näheres über den Einfluss der in den Anisotropiemessungen gefundenen harten und leichten Achsen zu erhalten wird die Probe für die in Abb. 5.1a) eingezeichneten relativen Winkel
zwischen Magnetisierung und Kristallachse in Abhängigkeit des externen Feldes auf die Resonanzfrequenz untersucht. Da die Anisotropie wie bereits erwähnt jedoch nur sehr schwach ausgeprägt ist, wird als stark vereinfachte Näherung für die folgende Analyse eine uniaxiale Anisotropie angenommen. Für eine Ausrichtung der Magnetisierung parallel zur leichten Achse (Abb.
5.2a)) ergibt sich eine Sättigungsmagnetisierung von Ms = (141, 8 ± 0, 8) kA m−1 , ein Anisotropiefeld von µ0 Hani = (−0, 47 ± 0, 18) mT und ein gyromagnetisches Verhältnis von
γ̄ =
γ
2π
= (28, 316 ± 0, 018) GHz T−1 . Die Sättigungsmagnetisierung entspricht damit dem in der
Literatur angegebenen Wert von 139, 26 kA m−1 [13, 17, 78, 79] und die magnetokristalline Anisotropie ist, wie zuvor schon beschrieben, verhältnismäßig klein, äußert sich jedoch in einem
negativen Anisotropiefeld. Ursache dafür ist, dass die Messung feldabhängig ist, daher beeinflusst die in Abb. 5.1 gezeigte Änderung der Anisotropie mit größeren Magnetfeldstärken die
Lage der harten und leichten Achsen, wodurch keine verlässliche Aussage über das Verhalten
des Anisotropiefeldes in den Gln. 5.1 und 5.2 getroffen werden kann. Es zeigt sich außerdem,
dass die Vernachlässigung einer Anisotropiekomponente entlang der Filmnormalen gerechtfertig ist, da die Sättigungsmagnetisierung ansonsten gegenüber dem Literaturwert reduziert wäre
(vergl. Gl. 3.6). Das gyromagnetische Verhältnis ist wie zu erwarten leicht abweichend vom Wert
des freien Elektrons (γ̄e− ≈ 28 GHz T−1 ), da es sich bei YIG um einen Isolator handelt und daher die Elektronen kein quasifreies Elektronengas bilden können, deckt sich aber mit Literaturangaben [80]. Eine Messung für die Ausrichtung der Magnetisierung parallel zur harten Achse
(Abb. 5.2b)) ergibt eine identische Sättigungsmagnetisierung von Ms = (141, 5 ± 0, 7) kA m−1 ,
ein Anisotropiefeld von µ0 Hani = (0, 84 ± 0, 18) mT und ein gyromagnetisches Verhältnis von
γ̄ = (28, 333±0, 018) GHz T−1 . Die Sättigungsmagnetisierungen sind innerhalb der Fehlergrenzen
1 Durchgeführt
von C. Dubs, INNOVENT e.V. Technologieentwicklung, Jena, Deutschland. Koorperationspartner
und Produzent der untersuchten YIG-Filme.
73
5.1 Charakterisierung des YIG-Films
identisch, da diese unabhängig von der relativen Lage der Magnetisierung zu den Kristallachsen
ist, dies gilt ebenso für das gyromagnetische Verhältnis. Wird von der Anisotropie abgesehen, so
entspricht der untersuchte YIG-Film den Erwartungen und deckt sich mit der Literatur.
Aus den VNA-FMR Daten kann zusätzlich zur Resonanzfrequenz auch die Feldlinienbreite der
FMR ∆H gewonnen werden (vergl. Kap. 3.1). Allerdings wird in der Messung die Anregungsfrequenz variiert und damit die Frequenzlinienbreite ∆ f gemessen. Daher muss zur Auswertung
dieser Daten diese zunächst in die Feldlinienbreite gemäß Gl. 3.9 umgerechnet werden. Dadurch
kann der Gilbert-Dämpfungsparameter α und die inhomogene Feldlinienbreite µ0 ∆H0 als Parameter aus einer einfachen linearen Anpassung (Gl. 3.10) gewonnen werden. Für die Messung der
Ausrichtung der Magnetisierung parallel zur leichten Achse (Abb. 5.3a)) ergibt sich der GilbertDämpfungsparameter zu α = (1, 16 ± 0, 07) ×10−4 und die inhomogene Feldlinienbreite zu
20
Ms = (141,8 ± 0,8) kA/m
γ = (28,316 ± 0,018) GHz/T
μ0Hani = (-0,48 ± 0,18) mT
18
16
(a) Magnetisierung parallel zur leichten Achse der magnetokristallinen
Anisotropie (vergl. Abb. 5.1a)).
fFMR (GHz)
14
12
10
8
6
4
Messung
Kittel-Fit
2
0
0
50
100
150
200
250
300
350
400
450
500
550
350
400
450
500
550
μ0Heff (mT)
0
50
100
150
200
250
300
20
Ms = (141,5 ± 0,7) kA/m
γ = (28,333 ± 0,018) GHz/T
μ0Hani = (0,84 ± 0,18) mT
18
16
(b) Magnetisierung parallel zur harten
Achse der magnetokristallinen Anisotropie (vergl. Abb. 5.1a)).
fFMR (GHz)
14
12
10
8
6
4
Messung
Kittel-Fit
2
0
0
50
100
150
200
250
300
350
400
450
500
550
μ0Heff (mT)
Abbildung 5.2: Ergebnisse der VNA-FMR Messungen: FMR-Resonanzfrequenz fFMR gegen effektives Magnetfeld µ0 Heff , sowie Kittel-Anpassung. Die Messfehler liegen innerhalb der Messpunkte.
74
5.1 Charakterisierung des YIG-Films
µ0 ∆H0 = (0, 063 ± 0, 005) mT. Abbildung 5.3b) zeigt das Ergebnis für eine Ausrichtung der Magnetisierung parallel zur harten Achse. Es ergibt sich ein deutlich höherer Gilbert-Dämpfungsparameter
von
α = (1, 55 ± 0, 07) ×10−4
und
eine
inhomogene
Feldlinienbreite
von
µ0 ∆H0 = (0, 037 ± 0, 003) mT. Die Anisotropie scheint also einen deutlich stärkeren Einfluss auf
die Dämpfung als auf die Sättigungsmagnetisierung zu haben. Eine allgemeine Aussage über den
Unterschied der gemessenen Gilbert-Dämpfung für eine Ausrichtung entlang der harten und der
leichten Achsen kann jedoch nicht ohne weiteres getroffen werden, da die Abhängigkeit von den
kristallographischen Achsen recht komplex ist [81, 82]. Zusätzlich wird die Dämpfung analog zur
Sättigungsmagnetisierung aus einer feldabhängigen Messung gewonnen, daher ist ein Vergleich
generell nicht sinnvoll, da die Anisotropie wie bereits angesprochen feldabhängig ist. Verglichen
mit Untersuchungen für dicke mit Flüssigphasenepitaxie gewachsene YIG Schichten im Mikro0.25
-4
α = (1,16 ± 0,07) 10
μ0ΔH0 = (0,063 ± 0,005) mT
(a) Magnetisierung parallel zur leichten Achse der magnetokristallinen
Anisotropie.
μ0ΔH (mT)
0.20
0.15
0.10
0.05
Messung
lineare Anpassung
0.00
0
2
4
6
8
10
12
14
16
18
12
14
16
18
fFMR (GHz)
0
2
4
6
8
10
0,25
0.25
-4
α = (1,55 ± 0,07) 10
μ0ΔH0 = (0,037 ± 0,003) mT
(b) Magnetisierung parallel zur harten
Achse der magnetokristallinen Ansiotropie.
μ0ΔH (mT)
0,20
0.20
0,15
0.15
0,10
0.10
0,05
0.05
Messung
lineare Anpassung
0,00
0.00
0
2
4
6
8
10
12
14
16
18
fFMR (GHz)
Abbildung 5.3: Ergebnisse der VNA-FMR Messungen: Feldlinienbreite µ0 ∆H0 gegen FMRResonanzfrequenz fFMR , sowie lineare Anpassung nach Gl. 3.10. Die Messfehler liegen größtenteils innerhalb der Messpunkte.
75
5.1 Charakterisierung des YIG-Films
meterbereich (µ0 ∆H = 0, 04 bis 0, 06 mT für f = 9, 3 GHz [83]) erscheint die aus den Messungen
erhaltene Gilbert-Dämpfung recht groß. Unter Berücksichtigung, dass es sich um einen nur 98 nm
dicken Film handelt, ist eine deutlich größere Dämpfung jedoch zu erwarten. Der erzielte Wert
deckt sich mit den Angaben zu ähnlichen Filmen in der Literatur [80].
Die inhomogene Feldlinienbreite µ0 ∆H0 , die den in der Gilbert-Dämpfung nicht enthaltenen nichtviskosen Anteil der Dämpfung beschreibt, ist hauptsächlich verursacht durch den Einfluss von
Störstellen, Gitterfehlern und insbesondere durch die Oberflächen des Films. Diese ist für den
untersuchten Film ebenfalls sehr klein und lässt daher auf eine gute strukturelle Qualität und Oberflächenbeschaffenheit des Materials schließen [18]. Es sei hier erwähnt, dass zusätzlich die zweiMagnonen-Streuung einen Beitrag sowohl zu der gemessenen inhomogenen Linienbreite, als auch
zu der effektiv gemessenen Gilbert-Dämpfung liefern kann. Die Ursache dieser Verbreiterung ist
in Kap. 2.3.1 näher beschrieben.
Zusammenfassend zeigt sich, dass der untersuchte YIG-Film sich gut als Basis für die Untersuchung der Spinwellendynamik [13] oder zur Anwendungen für magnonische Bauteile [5] eignet.
Lediglich die Anisotropie weist ein komplexes Verhalten auf, welches in der Literatur nicht beschrieben ist. Allerdings ist der Einfluss auf die Sättigungsmagnetisierung vernachlässigbar. Die
Dämpfung jedoch scheint stärker beeinflusst zu werden, jedoch sind die gemessenen Werte sehr
gut und die Gilbert-Dämpfung liegt trotz der geringen Dicke des untersuchten Films mehr als eine
Größenordnung unterhalb der besten zurzeit verfügbaren metallischen Ferromagneten [84].
5.1.2
Brillouin-Lichtstreu-Mikroskopie-Messungen
Die im vorherigen Abschnitt genutzte VNA-FMR Methode ist eine häufig verwendete Methode um
die Qualität von dünnen magnetischen Schichten zu untersuchen. Bei der Charakterisierung von
Mikro- und Nanostrukturen offenbart sich jedoch ein offensichtlicher Nachteil: Die Absorption aus
dem Mikrowellenfeld skaliert mit dem Materialvolumen, d.h. einzelne Mikro- bzw. Nanostrukturen liefern ein zu geringes Signal. Eine mögliche Lösung ist das Herstellen einer entkoppelten
Anordnung mehrerer identischer Strukturen. Dies ist jedoch in der Regel mit einem erheblichen
Aufwand verbunden und erlaubt nur die Charakterisierung von Teststrukturen die nicht in ein Bauteil (z.B. magnonische Schaltkreise [5]) integriert sind. Daher wird in dieser Arbeit zur Untersuchung der Mikrostrukturen eine alternative Methode, die Brillouin-Lichtstreuspektroskopie (BLS),
genutzt, deren prinzipielle Funktionsweise und der Aufbau der Messapperatur sich in Kap. 3.2 finden. Diese Methode hat sich als ein wichtiges Werkzeug zur Untersuchung der Magnetisierungsdynamik propagierender Spinwellen in Mikrostrukturen etabliert [44]. Die für die Messungen der
Linienbreite hochqualitativer magnetischer Schichten benötigte Frequenzauflösung stellt jedoch
ein Problem dieser Methode dar, die nur eine unzureichende Frequenzauflösung von ca. 50 MHz
76
5.1 Charakterisierung des YIG-Films
bietet2 . Um dies zu umgehen wird hier, analog zur VNA-FMR, eine in den Aufbau integrierte
Stripline-Antenne zur Anregung der Magnetisierungsdynamik genutzt, wodurch die Frequenzauflösung durch den genutzten Mikrowellengenerator vorgegeben wird. Lediglich die Detektion der
Spinwellen-Intensität erfolgt mittels mikrofokussierter BLS (vergl. Kap. 3.2.2), dadurch ist zusätzlich eine räumlich aufgelöste Analyse möglich. Als Test und zur Verifikation der Methode wird im
Folgenden der gleiche unstrukturierte YIG-Film wie in Kap. 5.1.1 untersucht.
Ortsaufgelöste Untersuchung der ferromagnetischen Resonanz mittels mikrofokussierter
Brillouin-Lichtstreuspektroskopie (µBLS-FMR)
Abbildung 5.4 zeigt ein typisches µBLS-Spektrum einer FMR-Messung, bei der die SpinwellenIntensität in Abhängigkeit der Anregungsfrequenz fex gemessen wird. Dazu wird für jede Anregungsfrequenz die Spinwellen-Intensität des detektierten frequenzaufgelösten BLS-Spektrums
aufsummiert (integrierte BLS-Intensität) und anschließend gegen die Anregungsfrequenz aufgetragen. Durch die Anpassung einer Lorentz-Kurve an das erhaltene Anregungsspektrum werden
Abbildung 5.4: µBLS-Spektrum einer FMRMessung für µ0 Hext = 30 mT und einer Laserleistung von Plaser = 3, 74 mW: Integrierte
BLS-Intensität gegen die Anregungsfrequenz
fex . Analog zur VNA-FMR wird das Anregungsspektrum mit einer Lorentz-Kurve angepasst.
integrierte BLS-Intensität (bel. E.)
die FMR-Resonanzfrequenz sowie die Linienbreite ermittelt.
16000
14000
Messpunkt
Lorentz-Fit
12000
10000
8000
6000
4000
2,14
2,16
2,18
2,20
2,22
2,24
Anregungsfrequenz fex (GHz)
Bevor jedoch auf die FMR-Messungen eingegangen wird, muss der Einfluss der hier als zusätzlicher Parameter auftretenden BLS-Laserleistung untersucht werden. Diese kann über eine im Strahlengang des Lasers positionierte λ2 -Platte (vergl. Kap. 3.2.3) eingestellt werden. Die Messung der
Leistung erfolgt vor der FMR-Messung über ein anstatt der Probe in den Fokuspunkt eingebrachtes
Leistungsmessgerät3 . Abbildung 5.5 zeigt die erhaltenen Ergebnisse einer FMR-Messung für eine
Variation der auf diese Weise kalibrierten Laserleistung. Erwartungsgemäß zeigt sich eine Zunahme des Signals und des Rauschens (vergl. Abb. 5.5a)), sowie ein Verschub der FMR-Frequenz zu
2 Gegeben
durch die Reflektivität der Spiegel des verwendeten Tandem-Fabry-Pérot Interferometers
3 LaserCheck
54-018, Edmund Optics Inc.
77
5.1 Charakterisierung des YIG-Films
kleinerern Frequenzen mit steigender Laserleistung (Abb. 5.5b)). Ursache ist die verstärkte Erwärmung des YIG-Films, wodurch die damit einhergehende Reduktion der Sättigungsmagnetisierung
(Curie-Weiss-Gesetz [22]) nach Gl. 3.8 zu einem Verschub der FMR zu kleineren Frequenzen
führt. Die absolute Frequenzänderung beträgt im betrachteten Bereich der Laserleistung jedoch
nur 2,5 MHz und ist damit sehr gering. Gleichzeitig vergrößert sich die Linienbreite durch eine
Zunahme der Streuung mit thermisch generierten Phononen [85]. Der Anstieg des Rauschens ist
auf die verstärke Intensität des elastisch und inelastisch gestreuten Lichtes zurückzuführen, dass
trotz der starken Unterdrückung durch das Tandem-Fabry-Pérot-Interferometer (vergl. Kap. 3.2.4)
bis zum Detektor dringt. Um für die folgenden Messungen der FMR den Einfluss der Laserleistung
möglichst gering zu halten, jedoch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Messzeit mit der
Laserleistung skaliert, wird als Kompromiss die Leistung zu 3,74 mW gewählt (siehe gestrichelte
Linie in Abb. 5.5b)), da sich für diese Leistung eine nur geringfügige Änderung der FMR-Frequenz
und insbesondere der Linienbreite und damit der Spinwellen-Dämpfung zeigt.
Abbildung 5.6 zeigt die Ergebnisse der µBLS-FMR-Messungen in Abhängigkeit des extern angelegten Feldes im direkten Vergleich mit den VNA-FMR Ergebnissen. Für die Anpassung der BLSDaten werden die in Kap. 5.1.1 gefundenen Werte für das gyromagnetische Verhältnis γ und das
Anisotropiefeld
Ms
µ0 ∆Hani
= (135, 0±0, 8) kA m−1
verwendet.
Die
erhaltene
Sättigungsmagnetisierung
von
(vergl. Abb. 5.6a)) ist geringfügig kleiner als aus den VNA-Messungen
ermittelt, dies ist allerdings auf die in den BLS-Messungen zusätzliche auftretende Erwärmung
des YIG-Films durch den Laser im zurückzuführen. Der ermittelte Gilbert-Dämpfungsparameter von α = (1, 05 ± 0, 38) ×10−4 (Abb. 5.6b)) und die erhaltenen inhomogene Feldlinienbreite
a)
b)
3000
5,0
PLaser = 3,74 mW
4,5
2500
3,3360
2000
3,3355
4,0
3,3350
3,5
PLaser
1500
1000
3,3345
3,0
3,3340
2,5
3,3335
500
ΔfFMR (MHz)
3,3365
fFMR (GHz)
integrierte BLS-Intensität (bel. E.)
von µ0 ∆H0 = (0, 059 ± 0, 010) mT stimmen innerhalb der Fehlergrenzen mit den Ergebnissen der
2,0
3,3330
0
3,32
3,33
3,34
3,35
3,36
Anregungsfrequenz fex (GHz)
3,37
0
2
4
6
8
10
12
14
16
Laserleistung PLaser (mW)
Abbildung 5.5: a) Integrierte BLS-Intensität gegen Anregungsfrequenz für µ0 Hext = 60 mT unter Variation
der Laserleistung von PLaser = 0, 7 − 14, 4 mW. Die Signalintensität sowie das Rauschen steigen mit größerer
Laserleistung an. b) FMR-Frequenz und Linienbreite in Abhängigkeit der Laserleistung.
78
5.1 Charakterisierung des YIG-Films
20
BLS
Ms
18
16
VNA-FMR
µBLS-FMR
14
fFMR (GHz)
(a) FMR-Frequenz fFMR in Abhängigkeit des extern angelegten Magnetfeldes µ0 Heff , sowie Kittel-Anpassung. Die Kittel-Anpassung der
BLS-Daten erfolgt mit den festen Parametern µ0 Hani = −0, 469 mT und
γ = 28, 316 GHz T−1 .
= (135,0 ± 0,8) kA/m
12
10
8
8
6
6
4
4
2
2
0
0
0
50
100
150
200
250
0
300
50
350
100
400
150
450
500
550
μ0Heff (mT)
0,25
-4
0,20
μ0ΔH (mT)
(b) Feldlinienbreite µ0 ∆H in Abhängigkeit der FMR-Frequenz, sowie lineare Anpassung nach Gl. 3.10 zur
Bestimmung der Gilbert-Dämpfung.
Der Messfehler der µBLS-FMR Linienbreite ist hauptsächlich durch die
gewählte Schrittweite der Frequenz
(hier 0,5 MHz) bestimmt.
α BLS = (1,05 ± 0,38) 10
BLS
μ0ΔH0 = (0,059 ± 0,010) mT
VNA-FMR
µBLS-FMR
0,15
0,14
0,10
0,10
0,05
0,06
2
0,00
0
2
4
6
8
10
4
12
6
14
8
16
18
fFMR (GHz)
Abbildung 5.6: Ergebnisse der µBLS-FMR Messungen im direkten Vergleich mit den VNA-FMR Messungen: Die BLS-Messungen sind ebenfalls für eine Ausrichtung der Magnetisierung entlang der leichten
Achse der magnetokristallinen Anisotropie aufgenommen.
VNA-FMR-Messungen überein. Ein hier ersichtliches Problem sind die relativ großen Messfehler
der Linienbreite der µBLS-FMR, die durch die gewählte Schrittweite der Anregungsfrequenz der
Messung gegeben sind. Für eine kleinere Schrittweite lassen sich diese auf das Niveau der VNAFMR-Messung verringern, gleichzeitig würde jedoch dabei die benötigte Messzeit entsprechend
ansteigen. Ein weiteres Problem ist die maximal erreichbare Magnetfeldstärke des verwendeten
BLS-Aufbaus von maximal µ0 Hext = 150 mT. Dadurch kann nur ein relativ kleiner Frequenzbereich im Vergleich zum VNA-FMR untersucht werden und die Messgenauigkeit zur Bestimmung
der Materialparameter ist geringer.
Die trotz der angesprochenen Einflüsse durch den Aufbau gute Übereinstimmung der mit der
µBLS-FMR erhaltenen Ergebnisse mit denen der VNA-FMR-Methode zeigt, dass mit dieser Me79
5.1 Charakterisierung des YIG-Films
thode eine Charakterisierung der Qualität von dünne magnetischen Filmen möglich ist. Einen
großen Vorteil dieser Methode stellt die zusätzliche Ortsauflösung dar, welche essentiell für die
in Kap. 5.2 durchgeführte Analyse einzelner Mikrostrukturen ist. Auch eine Untersuchung der
magnetokristallinen Anisotropie (vergl. Kap. 5.1.1) ist prinzipiell möglich, wurde hier aber nicht
weiter betrachtet. Die Qualität der Messungen kann mit relativ einfachen Mitteln verbessert werden, da z.B. eine limitierende Größe der hier verwendete Elektromagnet ist. Dies kann durch das
Integrieren eines leistungsstärkeren Elektromagneten in den experimentellen Aufbau behoben werden.
µBLS-Messung der thermischen Spinwellenspektren
Wie im vorherigen Abschnitt gezeigt, erlaubt die Methode der µBLS-FMR die Charakterisierung
wichtiger Materialparameter, wie der Sättigungsmagnetisierung und des Gilbert-Dämpfungsparameters, wobei dies aufgrund der Mikrofokussierung ortsaufgelöst möglich ist. Neben der Untersuchung der FMR-Mode bietet diese Methode aber auch Zugang zu anderen Parametern um die
Qualität des Materials zu bestimmen, wie z.B. die Untersuchung propagierender Spinwellen in
Wellenleitern [86], bei denen über eine Bestimmung der Abklinglänge die mittlere Lebensdauer
der Magnonen gemessen werden kann. Als eine der wenigen zur Zeit bekannten Methoden erlaubt
die BLS außerdem die Untersuchung des thermischen Spinwellenspektrums, d.h. ein Messen der
thermischen Zustandsbesetzung (hier bei Raumtemperatur) ohne Anregung der Magnetisierungs-
12
12
10
10
Frequenz (GHz)
BLS-Frequenz (GHz)
dynamik durch externe Quellen. Dadurch können nicht nur die FMR, bzw. die Damon-Eshbach
8
6
4
p=2
8
p=1
6
p=0
4
400
a)
300
200
100
BLS-Intensität (bel. E.)
0
0
b)
5
10
15
20
Wellenzahl k (rad/μm)
Abbildung 5.7: a) Thermisches Spinwellenspektrum für eine externes Feld von µ0 Hext = 85 mT: Zu sehen
sind die Grundmode, sowie die ersten beiden PSSW-Moden. b) Zugehörige Dispersion berechnet für einen
98 nm dicken Film mit Ms = 141 kA m−1 und Aex = 4, 4 pJ m−1 bis zur maximal detektierbaren Wellenzahl
von 22 rad µm−1 .
80
5.1 Charakterisierung des YIG-Films
und Rückwärts-Volumen-Mode, sonderen auch noch andere Moden aufgelöst werden (vergl. Kap.
2.3.3). Dazu zählen insbesondere die senkrecht stehenden Spinwellen (engl.: perpendicular standing spinwaves, PSSW), also Spinwellen die in Richtung der Filmdicke quantisiert sind. Die Untersuchung der Frequenz dieser Moden bietet Zugang zu der Austauschkonstanten Aex [59] und
soll im Folgenden näher betrachtet werden.
Da die Energie von Magnonen mit Frequenzen im GHz-Bereich im Bereich einiger µeV liegt,
ist die Dispersion bei Raumtemperatur (kb TR ≈ 25 meV für TR =300 K) bis in den austauschdominierten Bereich besetzt (vergl. Kap. 2.3.2). Mittels der BLS kann daher die gesamte Dispersion detektiert werden, wodurch die einzelnen Spinwellen-Moden aufgelöst und untersucht werden
können. Der zugängliche Bereich der Dispersion ist dabei durch den maximal detektierbaren Wellenvektor nach Gl. 3.17 limitiert. Da die µBLS zusätzlich keine ausgezeichnete Wellenvektorselektivität besitzt (vergl. Kap. 3.2.2), erfolgt eine Integration über alle zugänglichen Wellenvektoren,
d.h. die Dispersion wird auf die Frequenzachse projiziert, wobei sehr flache Bereiche der Dispersion dabei zu Maxima im detektierten Spektrum führen. Da insbesondere in dünnen Filmen die
PSSW-Moden eine sehr flache Dispersionskurve aufweisen, treten diese hier als schmale Maxima
auf (vergl. Abb. 5.7a)). In Näherung ergibt sich aus der allgemeinen Dispersionsrelation (Gl. 2.71)
durch Vernachlässigung des Wellenvektoranteils in der Filmebene die Frequenz der PSSW-Moden
zu:
|γ|
fPSSW (Heff ) =
2π
s
2Aex pπ 2
2Aex pπ 2
µ0 Heff +
× µ0 Heff +
+ µ0 Ms .
Ms
d
Ms
d
(5.3)
Hier steht Aex für die Austauschkonstante, p für die Modennummer und d für die Filmdicke. Mit
der bereits in den µBLS-FMR-Messungen gefunden Sättigungsmagnetisierung Ms kann die Austauschkonstante nun als Anpassungsparameter aus der Messung der thermischen Spektren gewonnen werden. Dazu werden die ersten beiden PSSW-Moden (p = 1, p = 2) in Abhängigkeit des Magnetfeldes
gemessen
(vergl.
Abb
5.8),
wobei
sich
die
Austauschkonstante
zu
Aex = (4, 32 ± 0, 18) pJ m−1 ergibt. Da es durch den Herstellungsprozess bedingt zu einer kleinen Variation der Filmdicke über den YIG Wafer kommen kann, diese aber gleichzeitig den aus
der Messung erhaltenen Wert der Austauschkonstanten stark beeinflusst, wird zur Abschätzung des
Fehlers eine Dickenvariation von ± 2 nm angenommen und an die Messdaten angepasst. Ein Vergleich der erhaltenen Austauschkonstanten mit der Literatur [87] ergibt eine Übereinstimmung der
Größenordnung, ist jedoch aufgrund abweichenden Herstellungsverfahren und unterschiedlicher
Dotierung schwierig.
Die in diesem und dem vorherigen Abschnitt gezeigten Messungen zeigen, dass die mikrofokussierte Brillouin-Lichtstreuspektroskopie es erlaubt dünne magnetische Filme auf ihre Qualität
bezüglich ihrer Sättigungsmagnetisierung und Gilbert-Dämpfung hin zu untersuchen. Zusätzlich
81
5.1 Charakterisierung des YIG-Films
14
12
fPSSW (GHz)
10
8
6
4
2
0
-100
1. PSSW
2. PSSW
-80
-60
-40
Aex = (4,32 ± 0,18) pJ/m
-20
0
20
40
60
80
100
μ0Heff (mT)
Abbildung 5.8: Frequenz der PSSW-Moden fPSSW für p = 1 und p = 2 in Abhängigkeit des extern angelegten Feldes µ0 Heff im Bereich −80 mT < µ0 Heff < 80 mT. Die Austauschkonstante Aex wird aus einer
wechselseitigen Anpassung beider Moden nach Gl. 5.3 gewonnen (gestrichelte Linie).
erlaubt die BLS auch das Untersuchen thermischer Spinwellenspektren und der PSSW-Moden,
wodurch die Messung der Austauschkonstanten möglich ist. Wird miteinbezogen, dass ebenfalls
die Anisotropie bestimmt werden kann, so kann eine vollständige Charakterisierung magnetischer
Schichten mittels mikrofokussierter BLS erreicht werden. Da dies insbesondere mit einer hohen
Ortsauflösung möglich ist, kann, wie im folgenden Kapitel gezeigt wird, eine Charakterisierung
einzelner Mikrostrukturen durchgeführt werden.
82
5.2 Charakterisierung der Mikrostrukturen
5.2. Charakterisierung der Mikrostrukturen
Im Rahmen dieser Arbeit sollen nun im Folgenden Mikrostrukturen aus YIG charakterisiert werden, dies ist aber aufgrund der in Kap. 5.1.2 aufgeführten Gründe nicht mehr mittels VNA-FMR
möglich. Da, wie in Kap.5.1.2 gezeigt wurde, die mikrofokussierte Brillouin-Lichtstreuspektroskopie (µBLS) prinzipiell dazu genutzt werden kann, die Qualität dünner magnetischer Filme zu
bestimmen, wird diese Methode zur Charakterisierung der Mikrostrukturen genutzt. Dabei ist insbesondere die hohe Ortsauflösung essentiell, die Untersuchungen an einzelnen Mikrostrukturen
ermöglicht. Diese Arbeit beschränkt sich dabei auf Strukturen mit quadratischem Grundriss und
einer Kantenlänge von a = 4, 8 µm, 2, 8 µm, 1, 8 µm und 0, 8 µm, deren Herstellung in Kap. 4.2
beschrieben ist.
Die in Kap. 5.1 besprochenen Untersuchungen stützen sich ausschließlich auf die ferromagnetische
Resonanzmode (FMR) sowie die senkrecht stehenden Spinwellenmoden (PSSW). Doch insbesondere die FMR-Mode ist ein Spezialfall (Spinwelle mit k = 0 (vergl. Kap. 2.2.3)), die ausschließlich für einen unendlich ausgedehnten Film existiert. Ihre Reinform verschwindet sobald Randbzw. Quantisierungsbedingungen auftreten und es bilden sich eine neue Fundamentalmode sowie
in der Regel eine Vielzahl höherer lateral stehender Moden aus. Daher muss in Kap. 5.2.1 zunächst das Modenspektrum der zu untersuchenden Mikrostrukturen analysiert und die Fundamentalmode identifiziert werden. Anschließend wird diese in Kap. 5.2.2 in Abhängigkeit des externen
Feldes untersucht um den Einfluss der Strukturierung auf die Sättigungsmagnetisierung und die
magnetische Gilbert-Dämpfung festzustellen. Abschließend folgt in Kap. 5.2.3 eine Analyse der
thermischen Spinwellenspektren der Mikrostrukturen um den Einfluss der Strukturierung auf die
Austauschkonstante zu untersuchen.
5.2.1
Spinwellen-Modenspektrum in Quadern mit quadratischer Basisfläche
Bei den hier betrachteten Mikrostrukturen ist davon auszugehen, dass es zu einem starken Einfluss der mit der räumlichen Begrenzung des Films einhergehenden Quantisierungsbedingungen
kommt. Daher kann im Folgenden nicht mehr davon ausgegangen werden, dass die FMR-Mode
existiert und es muss zunächst das vorliegende Modenspektrum untersucht werden. Dazu wird
neben den Messungen auch auf mikromagnetische Simulationen4 zurückgegriffen, deren Prinzip
hier kurz erläutert werden soll. Ausgangspunkt der Simulation ist das Lösen der Landau-LifshitzGilbert-Gleichung (Gl. 2.50) auf Basis der Finite-Differenzen-Methode. Dafür wird eine idealisierte Struktur, die von der Geometrie und den Abmessungen der realen Struktur entspricht, in
gleich große quader-förmige Zellen mit uniformer Magnetisierung zerlegt. Es wird zunächst eine zufällige Magnetisierungsverteilung angenommen und unter Wirkung eines extern angelegten
4 durchgeführt
mit MuMax3 [88], http://mumax.github.io
83
5.2 Charakterisierung der Mikrostrukturen
Magnetfeldes relaxieren gelassen. Der so erhaltene Grundzustand ist Startpunkt für die eigentliche Simulation, für die zusätzlich ein räumlich homogenes, breitbandiges Anregungsfeld senkrecht zum externen Feld in der Filmebene angelegt wird. Als Parameter für die in diesem Kapitel
durchgeführten Simulationen werden die in Kap. 5.1 ermittelten Materialparameter des Filmes von
Ms = 135, 0 kA m−1 und Aex = 4, 32 pJ m−1 herangezogen.
In einem Quader mit quadratischer Grundfläche (mit Kantenlänge a) unterliegen die Wellenvektorkomponenten in der Filmebene kx und kz den Quantisierungsbedingungen eines Teilchen im
zweidimensionalen Potentialtopf [27], mit
kx =
nπ
x mit n = 1, 2, 3, ...
aeff
(5.4)
kz =
mπ
z mit m = 1, 2, 3, ... .
aeff
(5.5)
und
Dies entspricht der Ausbildung stehender Wellen in x und z Richtung in der Filmebene mit den
x und a z nur grob den
Modennummern n und m. Dabei entsprechen die Quantisierungslängen aeff
eff
geometrischen Abmessungen der Struktur. Sie sind durch das sogenannte Pinning (vergl. Kap.
2.3.4), also der Frustration der magnetischen Momente im Randbereich der Struktur, beeinflusst
und es ergibt sich eine effektive Länge auf der von einem vollständigem Pinning der Momente ausgegangen wird. Abbildung 5.9a) zeigt das resultierende Frequenzspektrum der Simulation
für eine Struktur mit Kantenlänge a = 4, 8 µm und in Abb. 5.9 c),d) und g)-j) sind die zugehörigen 2D-Intensitätsprofile der erhaltenen Moden in Falschfarbendarstellung gezeigt. An den 2DIntensitätsprofilen lassen sich nun die Quantenzahlen der entsprechenden Mode ablesen. Es zeigt
sich, dass die intensitätsstärkste Mode der Fundamentalmode (n = 1, m = 1) entspricht, diese jedoch nicht die Mode der kleinsten Frequenz, bzw. Energie ist. Die höheren Moden sind außerdem
in den Quantenzahlen n und m nicht entartet, sondern energetisch aufgespalten (vergl. Abb.5.9a)),
d.h. es gilt für die Energie En,m der Moden:
Ei, j 6= E j,i für i 6= j.
(5.6)
Dies ist durch zwei Effekte bedingt. Zum einen ist die Symmetrie des Systems durch das extern
x und a z sind nicht identisch,
angelegte Magnetfeld gebrochen, d.h. die Quantisierungslängen aeff
eff
wodurch die Entartung Ei, j ↔ E j,i (i 6= j) aufgehoben wird (Gl. 5.6). Wesentlich ausschlaggebender ist jedoch die unterschiedliche Dispersion für beide Richtungen aufgrund der dipolaren
Wechselwirkung (vergl. Kap. 2.3.3). So führt ein größerer Wellenvektor (größere Quantenzahl n)
senkrecht zur Feldrichtung (x-Richtung, bzw. Damon-Eshbach-Geometrie) zu einer Erhöhung der
Energie, während ein größerer Wellenvektor (größere Quantenzahl m) parallel zur Feldrichtung
(z-Richtung, bzw. Rückwärts-Volumen-Geometrie) zu einer Absenkung der Energie führt. Dies
erklärt, warum die Fundamentalmode nicht der Mode mit der niedrigsten Frequenz entspricht. Es
84
5.2 Charakterisierung der Mikrostrukturen
b)
15
Intensität (bel. E.)
c)
10
d)
i)
g)
5
j)
h)
0
3,0
c)
4,0
4,5
5,0
Frequenz (GHz)
d) n = 1, m = 3
n = 1, m = 1
3500
e)
3000
2500
2000
ΔfExperiment =
56
78
121
ΔfSimulation =
50
80
130
1500
in MHz
f)
1000
500
0
3,60
e)
4,8
6,4
0,0
4,8 0,0
0,0
4,8 0,0
3,65
3,70
3,75
3,80
3,85
3,90
3,95
4,00
4,05
4,10
Anregungsfrequenz fex (GHz)
f) n = 1, m = 3
n = 1, m = 1
6,4
x-Position (µm)
4,8
3,5
integrierte BLS-Intensität (bel. E.)
a)
0,0
0,0
g)
n = 1, m = 5
4,8
h) n = 1, m = 7
4,8
i)
n = 3, m = 1
4,8
j)
6,4
n = 7, m = 1
x-Position (µm)
4,8
0,0
6,4 0,0
0,0
0,0
0,0
4,8 0,0
0,0
4,8 0,0
0,0
4,8 0,0
4,8
z-Position (µm)
Abbildung 5.9: Spinwellen Modenspektrum für die Mikrostruktur mit a = 4, 8 µm für µ0 Hext = 80 mT: a)
Simulation des Spektrums und b) gemessenes Resonanzspektrum. Der Frequenzabstand der gemessenen
und der simulierten Moden ist in b) eingezeichnet. c)/d) und g) bis j) 2D-Intensitätsprofil der Simulation für
die in a) markierten Resonanzen. e) und f) Gemessenes 2D-Intensitätsprofil für die in b) grün markierten
Resonanzen. Die Richtung des externen Magnetfeldes ist parallel zur z-Achse.
sei hier erwähnt, dass die Energieabsenkung nur bis zu einer bestimmten Quantenzahl m auftritt,
da diese nur im dipolaren Bereich der Rückwärts-Volumen-Moden auftritt. Für zu große Wellenvektoren kommt es im austauschdominierten Bereich auch in dieser Geometrie zu einer Energieanhebung. Es fällt zusätzlich auf, dass im Spektrum keine geradzahligen Moden auftreten (vergl.
Abb. 5.9c),d) und g)-j)). Dies ist dadurch bedingt, dass das Anregungsfeld räumlich homogen ist
85
5.2 Charakterisierung der Mikrostrukturen
(vergl. Kap. 3.2.5).
Die experimentelle Messung des Resonanzspektrums erfolgt mittels µBLS, indem der Laser auf
das Zentrum der Struktur fokussiert wird und die Anregungsfrequenz variiert wird. Abbildung
5.9b) zeigt das gemessene Resonanzspektrum, sowie eingezeichnet, die Frequenzabstände der Moden im Experiment (in schwarz) und in der Simulation (in blau). Die angesprochene Energieanhebung für zu große m zeichnet sich sowohl im simulierten als auch im gemessenen Spektrum
in einem kleiner werdenden Frequenzabstand der Moden mit größer werdender Quantenzahl m
ab. Außerdem ergibt sich eine gute Übereinstimmung beider Spektren, d.h. die für die Simulation
gewählten Parameter des Films weichen nicht stark von denen der Struktur ab. Für die grün markierten Moden ist das gemessene 2D-Intensitätsprofil abgebildet (Abb. 5.9e) und f)). Es zeigt sich,
dass die intensitätsstärkste Mode wie erwartet ebenfalls die Fundamentalmode mit n = 1 und m = 1
ist, jedoch zeigt die Untersuchung des Intensitätsprofils der Mode n = 1, m = 3 im Experiment nur
den Ansatz des erwarteten Verlaufes (vergl. Abb. 5.9f)). Da die Messung der Modenprofile durch
konstantes Anregen mit der Resonanzfrequenz der Mode erfolgt während die Struktur mit dem
Laser abgerastert wird, ergeben sich lange Messzeiten auf denen Schwankungen des Magnetfeldes
(ausführliche Diskussion in Kap. 5.2.2) zu einem Verschub der Resonanzfrequenz führen können.
Dies wiederum beeinflusst die detektierte Spinwellenintensität stark, da die Linienbreite der Moden nur im Bereich einiger MHz liegt und ist vermutlich die Ursache für die Abweichung der
Messung in Abb. 5.9f).
Das Ergebnis für die Simulation und die Messung der kleineren Strukturen ist in Abb. 5.10 und in
a)
3,0
1400
Frequenz (GHz)
3,5
4,0
4,5
5,0
b)
c)
n = 1, m = 1
2,8
1200
1000
15
Experiment
Simulation
800
10
600
400
5
0,0
0,0
200
0
3,6
0
3,8
4,0
4,2
n = 1, m = 1
3,8
Intensität (bel. E.)
x-Position (µm)
integrierte BLS-Intensität (bel. E.)
Abb. 5.11 gezeigt. Der Abstand der Moden im Frequenzspektrum wird mit abnehmender Struk-
2,8
0,0
0,0
z-Position (µm)
4,4
Anregungsfrequenz fex (GHz)
Abbildung 5.10: Spinwellen Modenspektrum für die Mikrostruktur mit a = 2, 8 µm für µ0 Hext = 80 mT.
a) Gemessenes (schwarz) und simuliertes (blau) Resonanzspektrum. b) Simulation und c) Messung des
2D-Intensiätsprofil der intensitätsstärksten Mode. Die Richtung des externen Magnetfeldes ist parallel zur
z-Achse.
86
3,9
5.2 Charakterisierung der Mikrostrukturen
turgröße größer (vergl. Abb. 5.10a) und Abb. 5.11a)), da die Wellenvektoren in den Quantisierungsbedingungen (Gln. 5.4 und 5.5) invers proportional zur Strukturgröße sind. Der gemessene
Frequenzabstand der Moden deckt sich nun nicht mehr mit der Simulation. Dies ist wahrscheinlich auf eine Änderung der Materialparameter während der Strukturierung zurückzuführen. Ein
Vergleich der Modenprofile für Simulation und Messung zeigt für a = 2, 8 µm (vergl. Abb. 5.10b)
und c)), dass es sich bei der intensitätsstärksten Mode erneut um die Fundamentalmode handelt.
Dies gilt ebenso für die Struktur mit a = 1, 8 µm (vergl. Abb. 5.11b)). Nur für a = 0, 8 µm ergibt
sich scheinbar ein abweichendes Bild (vergl. Abb. 5.11c)), da zwei Maxima entlang der z-Richtung
auftreten. Wird jedoch das 1D-Intensitätsprofil entlang der gestrichelten Linie entnommen, zeigt
sich, dass die Maxima stark unterschiedliche Intensitäten aufweisen. Daher ist nicht auszuschließen, dass es sich um die Fundamentalmode handelt und es während der Messung aber zu einem
Driften des Magnetfeldes gekommen ist.
b)
c)
n = 1, m = 1
2,4
Frequenz (GHz)
a)
3,0
3,5
4,0
4,5
5,0
3000
12
2500
Experiment
Simulation
8
2000
Intensität (bel. E.)
x-Position (µm)
Intensität (bel. E.)
integrierte BLS-Intensität (bel. E.)
3,3
0,0
0,0
1500
z-Position (µm)
d) 2000
1000
4
500
0
0
3,6
3,8
4,0
4,2
Anregungsfrequenz fex (GHz)
4,4
3,4
0,0
0,0
n = 1, m = 1
z-Position (µm)
1500
1000
500
0,0
z-Position (µm)
2,4
Abbildung 5.11: a) Messung (schwarz) und Simulation (blau) des Spinwellen Modenspektrums für die Mikrostruktur mit a = 1, 8 µm für µ0 Hext = 80 mT. b) Zugehöriges gemessenes Modenprofil der intensitätstärksten Mode. c) Messung des 2D-Intensiätsprofil der intensitätstärksten Mode für die Struktur mit a = 0, 8 µm.
d) 1D-Intensitätsprofil (schwarz) entnommen entlang der gestrichelten Linie in c), sowie direkter Vergleich
mit einem Gauss-Profil (rot gestrichelt). Die Richtung des externen Magnetfeldes ist parallel zur z-Achse.
Wie in diesem Abschnitt gezeigt wurde, ist die Modenstruktur für Mikrostrukturen wesentlich
komplexer als für einen unendlich ausgedehnten Film, denn insbesondere die komplexe Dispersion verursacht eine komplizierte Aufspaltung der Moden zu höheren und niedrigeren Energien.
Trotzdem konnten die Fundamentalmoden, bis auf einen Vorbehalt für die Struktur mit a = 0, 8 µm,
eindeutig identifiziert werden und können nun im folgenden Abschnitt näher untersucht werden.
87
2,4
5.2 Charakterisierung der Mikrostrukturen
5.2.2
Untersuchung der Fundamentalmode einzelner Mikrostrukturen mittels mikrofokussierter Brillouin-Lichtstreuspektroskopie
Bei der Untersuchung von Mikrostrukturen treten Rahmenbedingungen auf, die Einfluss sowohl
auf die experimentelle Herangehensweise (vergl. Kap. 3.2.5), sowie auf die grundlegende Physik des Systems haben. Wichtigste Änderung ist dabei die im vorherigen Abschnitt beschriebene
(vergl. Kap. 5.2.1) Quantisierung des Systems durch die Randbedingungen (Gln. 5.4 und 5.5), wodurch keine klassische ferromagnetische Resonanzmode mehr existiert. Daher konzentriert sich
die Untersuchung der Mikrostrukturen im Folgenden auf eine Analyse der in Kap. 5.2.1 gefundenen neuen Fundamentalmoden des Systems. Ein weiteres Problem ist die zu erwartende verstärkte
Erwärmung der Strukturen, da die Möglichkeit Wärme aus dem Messbereich abzuführen nur noch
durch die thermische Kopplung mit dem Substrat und nicht mehr durch den umliegenden Bereich gegeben ist. Allerdings treten andere Einflussfaktoren in den Hintergrund, so kann z.B. die
schwache magnetokristalline Anisotropie aufgrund der in der Regel wesentlich stärkeren Formanisotropie in Mikrostrukturen vernachlässigt werden (vergl. Kap. 2.1.8).
In den nachfolgenden Abschnitten wird zunächst der Einfluss der Mikrowellen-Anregungsleistung
untersucht die als Ausgleich für eine reduzierte Laserleistung dienen soll. Danach folgt eine eingehende Beschreibung der getroffenen Näherungen um eine Beschreibung der Moden-Resonanzfrequenz zu erhalten, sowie die Auswertung der zugehörigen Messungen um die effektive Magnetisierung zu extrahieren. Die Einflussgrößen der Messung und Strukturierung auf die erhaltenen
effektive Magnetisierung werden nachfolgend diskutiert. Abschließend wird die extrahierte Linienbreite diskutiert um den Einfluss der Strukturierung auf die Qualität des YIG zu untersuchen.
Einfluss der Mikrowellen-Anregungsleistung
Um den erwarteten Einfluss der durch die kontinuierliche Lasereinstrahlung verursacht Erwärmung vorzubeugen wird die verwendete Laserleistung in den folgenden Messungen auf
PLaser = 0, 66 mW (vergl. Kap. 5.1.2) reduziert. Um gleichzeitig die Messzeit auf einem vertretbaren Niveau zu halten, bietet es sich an die Mikrowellen-Anregungsleistung Pex zu erhöhen, deren
Einfluss jedoch erst untersucht werden muss. Dazu wird für eine Strukturgröße von a = 2, 8 µm
die in Kap. 5.2.1 identifizierte Fundamentalmode für verschiedene Leistungen der Mikrowellenanregung von Pex = 1 dBm bis Pex = 10 dBm untersucht. Abbildung 5.12a) zeigt die gemessenen
Spektren, in denen sich mit steigender Anregungsleistung eine starke Zunahme der Signalintensität
abzeichnet. Wird mittels einer an die Messung angepassten Lorentz-Kurve die Resonanzfrequenz
fres , sowie die Linienbreite ∆ fres extrahiert, so zeigt sich (vergl. Abb. 5.12b)), dass mit steigender
Anregungsleistung ebenfalls ein kleiner Verschub der Resonanzfrequenz zu niedrigeren Werten
auftritt. Ursache dafür ist, dass mit steigender Anregungsleitung eine größere Anzahl an Magnonen generiert wird. Dies führt einerseits zu einer größeren Zahl an Streuereignissen und damit
88
b)
10 dBm
7 dBm
4 dBm
1 dBm
2000
1500
1000
500
0
3,90
3,9585
16
3,9575
14
3,9565
12
3,9555
10
3,9545
3,92
3,94
3,96
3,98
4,00
Anregungsfrequenz fex (GHz)
4,02
Δfres (Ghz)
a)
fres (GHz)
integrierte BLS-Intensität (bel. E.)
5.2 Charakterisierung der Mikrostrukturen
8
0
2
4
6
8
10
Anregungsleistung Pex (dBm)
Abbildung 5.12: Einfluss der Mikrowellen-Anregungsleistung Pex auf die Fundamentalmode für a = 2, 8 µm,
µ0 Hext = 80 mT und Pex = 0, 66 mW. a) Fundamentalmode und Lorentz-Anpassung (gestrichelt), b) aus a)
extrahierte Resonanzfrequenz fres und Linienbreite ∆ fres in Abhängigkeit der Anregungsleistung.
einer verstärkten Signalintensität, andererseits reduziert jedes Magnon das effektive magnetische
Moment entlang der Feldrichtung um |µ| = 2µB (µB : Bohrsches Magneton) [17], wodurch die
effektive Magnetisierung abnimmt und nach Gl. 5.11 die Resonanzfrequenz kleiner wird. Des
weiteren wird zusätzlich mehr Energie in das Phononensystem dissipiert da im zeitlichen Mittel
mehr Magnonen zerfallen, was zu einer Erhöhung der Temperatur und damit ebenfalls zu einer
Reduktion der effektiven Magnetisierung führt (vergl. Kap. 5.1.2). Die ermittelte Linienbreite der
Resonanzen zeigt eine geringfügige Vergrößerung für eine erhöhte Anregungsleistung (vergl. Abb.
5.12b)), daher muss untersucht werden, ob sich das System noch im linearen Bereich befindet oder
ob bereits nichtlineare Effekte (vergl. Kap. 2.3.1) zu einer Verbreiterung der Linienbreite führen.
Dazu wird die integrierte Signalintensität (Fläche unter den Resonanzkurven in Abb. 5.12) in Abhängigkeit der Anregungsleistung extrahiert. Ist deren Verlauf nichtlinear so ist die Schwelle zu
nichtlinearen Prozessen überschritten und die Linienbreite kann nicht mehr als Maß für die Qualität des Materials herangezogen werden. Abbildung 5.13 zeigt jedoch ein eindeutig lineares Verhalten, daher kann für die folgenden Messungen die Anregungsleistung auf Pex = 10 dBm gesteigert
werden um die benötigte Messzeit trotz geringerer Laserleistung zu verkürzen.
Theoretische Beschreibung der Spinwellenmoden-Resonanzfrequenz von Mikrostrukturen
Für die Bestimmung der Materialparameter werden die in Kap. 5.2.1 identifizierten Fundamentalmoden in Abhängigkeit des externen Feldes untersucht. Da es sich bei den Strukturen nicht mehr
um unendlich ausgedehnte Filme handelt, kann dazu nicht die in Kap. 5.1 genutzte Beschreibung
über die Kittel-Formel eines dünnen Filmes (Gl. 3.8) erfolgen. Prinzipiell erfolgt die Beschreibung
in einem solchen Fall über die allgemeine Kittel-Formel (Gl. 2.61), die den Einfluss des durch die
89
Abbildung 5.13: Aus Abb. 5.12a) extrahierte integrierte Signalintensität gegen die
Mikrowellen-Anregungsleistung Pex aufgetragen, sowie lineare Anpassung (gestrichelte Linie).
integrierte Signalintensität (bel. E.)
5.2 Charakterisierung der Mikrostrukturen
500
400
300
200
100
0
0
2
4
6
8
10
Anregungsleistung Pex (mW)
endliche Ausdehnung der Strukturen auftretenden Entmagnetisierungsfelder berücksichtigt. Der
physikalische Ursprung des Entmagnetisierungsfeldes Hent ist in Kap. 2.1.7 beschrieben, während
eine genaue analytische Beschreibung für beliebige quaderförmige Körper in Kap. 2.1.8 zu finden
ist, hier soll nur kurz das Ergebnis der Berechnungen gezeigt werden. Der Haupteinfluss des Entmagnetisierungsfelds ist die Reduktion des in der Struktur wirksamen externen Magnetfeldes Hext ,
da es diesem entgegengerichtet ist, wodurch sich das effektiv wirksame Magnetfeld Heff zu
Heff (x, y, z) = Hext + Hent (x, y, z) = Hext − N(x, y, z)M(x, y, z)
(5.7)
ergibt. An Gl. 5.7 zeigt sich ein essentielles Problem, das bei der Berechnung des Entmagnetisierungsfelds auftritt, denn dazu ist bereits die Kenntnis der Magnetisierung M notwendig, während
das Entmagnetisierungsfeld wiederum erst die Ausrichtung der Magnetisierung bestimmt. Als Näherung wird daher angenommen, dass die Magnetisierung der Sättigungsmagnetisierung des Filmes entspricht (|M| = 135 kA m−1 , vergl. Kap. 5.1.2) und vollständig entlang der Feldrichtung
z ausgerichtet ist. Damit ergibt sich für die z-Komponente des Entmagnetisierungsfelds für eine
Struktur mit a = 2, 8 µm und d = 98 nm der in Abb. 5.14 gezeigte Verlauf über den Schnitt durch
die Struktur auf halber Strukturhöhe (y = d2 ). Da im Folgenden die Messungen zur Bestimmung
der Qualität im Zentrum der Struktur durchgeführt werden, ist nur der Bereich um das Zentrum
von Interesse, der innerhalb der Ausdehnung des Laserfokus von 350 nm (vergl. Kap. 3.2.5) liegt.
Die Änderung des Entmagnetisierungsfeldes in x- und z-Richtung ist in diesem Bereich nur geringfügig (gültig für alle untersuchten Strukturgrößen), daher wird dieses in guter Näherung als
Mittelwert über einen quadratischen Bereich um das Zentrum mit einer Kantenlänge von 350 nm
berechnet. Wird dies für alle Strukturgößen durchgeführt, so ergeben sich die in Tabelle 5.2 aufgelisteten Entmagnetisierungsfelder, die zur vereinfachten Berechnungen des effektiven Magnetfeldes
in diesem Kapitel genutzt werden.
Ein Problem der hier angestrebten Beschreibung mittels der allgemeinen Kittel-Formel ist, dass
diese nur für Strukturgrößen praktikabel ist bei denen der Einfluss der Quantisierungsbedingung90
5.2 Charakterisierung der Mikrostrukturen
Tabelle 5.2: Berechnete Entmagnetisierungsfelder für die verschiedenen Strukturgrößen.
Strukturgöße a z-Komponente des Entmagnetisierungsfelds µ0 Hent
4, 8 µm
-1,551 mT
2, 8 µm
-2,669 mT
1, 8 µm
-4,188 mT
0, 8 µm
-10,039 mT
-1
x-P
os
0
itio
n(
µm
)
1
µ0Hent (mT
)
0
-10
-20
1
-1
z-P
0 µm)
(
ion
osit
Abbildung 5.14: Entmagnetisierungsfeldes nach Gl. 2.40 für eine Strukturabmessung von a = 2, 8 µm und
d = 98 nm. Zur Bestimmung des effektiven Feldes wird der Mittelwert des Entmagnetisierungsfeld im rot
markierten Bereich bestimmt.
en (Gln. 5.4 und 5.5, vergl. Kap. 5.2.1) geringfügig ist und nur die beschriebene Reduktion des
externen Feldes auf das intern wirkende effektive Magnetfeld eine Rolle spielt. Davon kann bei
den untersuchten Strukturen allerdings nicht ausgegangen werden, da die Propagationslängen von
Spinwellen in den untersuchten YIG-Strukturen im Bereich einiger Mikrometer liegen [86] und
damit mit den Strukturabmessungen vergleichbar sind. Daher kommt es, wie bereits in Kap. 5.2.1
gezeigt, zu einer starken Beeinflussung durch die Randbedingungen, wodurch insbesondere keine
ferromagnetische Resonanzmode mehr existiert, sondern sich diverse stehende Moden ausbilden.
Für den Wellenvektor kk dieser Moden in der Strukturebene gilt kk = kx êx + kz êz , bzw. bedingt
durch die Quantisierungsbedingungen (Gln. 5.4 und 5.5) in der Filmebene:
kk =
mπ
nπ
êx + z êz
x
aeff
aeff
mit n, m = 1, 2, 3, ... .
(5.8)
91
5.2 Charakterisierung der Mikrostrukturen
x die effektive Breite senkrecht zur statischen Magnetisierung mit zugehöriger QuantenHier ist aeff
z die effektive Breite parallel zur statischen Magnetisierung mit zugehöriger Quanzahl n und aeff
x senkrecht zur statischen Magnetitenzahl m. Ursache für die hier aufgeführte effektive Breite aeff
sierung ist das sogenannte dipolare Pinning, also eine teilweise Frustration der magnetischen Momente im Randbereich der Struktur, verursacht durch die Erzeugung von Streufeldern wenn die
dynamische Magnetisierungskomponente aus den Strukturflanken herauszeigt (vergl. Kap. 2.3.4).
Sie entspricht der Breite auf der die magnetischen Momente am Rand einem vollständigen Pinning unterliegen würden und ist dadurch größer als die geometrische Breite a der Struktur. Nach
x allerdings allein durch die Dicke d und die geometrischen Breite a der Struktur
Gl. 2.80 ist aeff
bestimmt.
z parallel zur statischen Magnetisierung ist dagegen deutDie Handhabung der effektive Breite aeff
lich komplizierter. Verursachender Haupteinfluss ist die Inhomogenität des internen effektiven Feldes, verursacht durch das Entmagnetisierungsfeld in der Struktur (vergl. Abb. 5.14). Dies erzeugt
eine Art Spinwellen-Potentialtopf, wodurch sich eine effektive Breite ergibt die kleiner als die
geometrische Breite der Struktur ist. Wie in Kap. 2.3.4 beschrieben, kann als Näherung dieses
Potentialtopfs ein Ansatz über das effektive Magnetfeld in der Struktur gemacht werden. Die efz wird dabei als die Breite definiert, auf der das effektive Feld auf die Hälfte des
fektive Breite aeff
Wertes des im Zentrum der Struktur wirksamen Feldes abgefallen ist (vergl. Abb. 2.6). Da das
effektive Magnetfeld eine vom extern angelegten Magnetfeld abhängige Größe ist (vergl. Gl. 5.7),
wird dadurch auch die mit dieser Näherung erhaltene effektive Breite feldabhängig. Abbildung
z in Abhängigkeit des externen Magnetfeldes H
5.15 zeigt die so berechnete effektive Breite aeff
ext
für die untersuchten Strukturgrößen. Bedingt durch die Definition konvergiert dabei die effekti-
z
Abbildung 5.15: Effektive Breite aeff
in Abhängigkeit des externen Feldes.
Der Verlauf wird mit einer Anpassungsfunktion (Gl. 5.9) genähert (gestrichelte Kurven) und anschließend in die Dispersion (Gl. 5.11) integriert.
effektive Breite aeffz (µm)
6
4,8 µm
2,8 µm
5
1,8 µm
0,8 µm
4
3
2
1
0
0
20
40
60
80
100
120
140
160
µ0Hext (mT)
ve Breite mit steigendem externen Feld gegen die geometrische Breite a der Struktur. Um diesen
92
5.2 Charakterisierung der Mikrostrukturen
Verlauf vereinfacht zu beschreiben, wird die berechnete effektive Breite mittels der Funktion
z
(Hext ) = a − B1 exp(−(µ0 Hext − B0 )B2 ) ,
aeff
(5.9)
angepasst. Hier ist a die geometrische Strukturgröße und B0 , B1 und B2 sind zusätzliche Anpassungsparameter. Im Folgenden wird nun die effektive Breite entlang der statischen Magnetisierung
mittels dieser vereinfachten Formel und der aus der Anpassung erhaltenen Parameter beschrieben.
Mit der Kenntnis der effektiven Breiten in x- und z-Richtung kann nun der Winkel Θ des Wellenvektors bezüglich der Magnetisierung für eine beliebige Mode berechnet werden, es gilt:
z
n aeff (Hext )
|kx |
tan(Θ) =
.
bzw. Θ = arctan
x
|kz |
m aeff
(5.10)
Hierbei ist zu beachten, dass der Winkel nun nicht nur von der entsprechenden Mode, sondern
z (H ) ebenfalls vom extern angelegten Magnetfeld abhängt.
durch aeff
ext
Die Gln. 5.8 bis 5.10 beschreiben unter Berücksichtigung der genannten Effekte vollständig den
Wellenvektor der Moden in der Strukturebene. Wie schon angesprochen zeigt sich dabei, das durch
die Randbedingungen keine ferromagnetische Resonanz mehr existiert, bzw., dass insbesondere
auch die Fundamentalmode (n = 1, m = 1) einen nicht verschwindenden Wellenvektor k 6= 0 besitzt. Dies ist der Grund dafür, dass eine Beschreibung der Resonanzfrequenz nicht mehr über die
allgemeine Kittelformel erfolgen kann. Stattdessen muss zur Beschreibung nun die allgemeine Dispersionsrelation (Gl. 2.71) herangezogen werden. Das Einsetzen der Quantisierungsbedingungen
unter der Annahme, dass der Wellenvektor ausschließlich in der Strukturebene liegt, liefert:
"
|γ|
2Aex
2
|k | + µ0 Ms 1 − g(|kk |) ×
fres (Heff ) =
µ0 Heff +
2π
Ms k
(5.11)
#− 12
2Aex
|kk |2 + µ0 Ms sin2 (Θ)g(|kk |)
µ0 Heff +
,
Ms
mit dem Betrag des Spinwellen-Wellenvektors in der Ebene:
s
mπ 2
nπ 2
.
+
|kk | =
y
x
aeff
aeff
Hier ist µ0 Heff das effektive Feld, also das nach Gl. 5.7 durch das Entmagnetisierungsfeld reduzierte externe Feld. Diese so erhaltenen Gleichung ermöglicht es analog zur Vorgehensweise in Kap.
5.1.2 die Resonanzfrequenz der Fundamentalmode als Funktion des effektiven Feldes zu beschreiben, um einen experimentellen Zugang zur Sättigungsmagnetisierung zu erhalten. Bedingt durch
den nicht verschwindenden Wellenvektor beinhaltet die Dispersion jedoch einen Austauschterm
proportional zu |kk |2 , dessen Einfluss für kleiner werdende Strukturen zunehmend dominant wird.
Dies führt zu dem Problem, dass zur Bestimmung der Sättigungsmagnetisierung die Austauschkonstante bereits bekannt sein muss. Zwar gibt es analog zu Kap. 5.1.2 die Möglichkeit eine Messung des thermischen Spinwellenspektrums durchzuführen, jedoch muss für eine Bestimmung der
93
5.2 Charakterisierung der Mikrostrukturen
Austauschkonstanten über die PSSW-Moden die Sättigungsmagnetisierung ebenfalls bereits bekannt sein (vergl. Gl. 5.3). Die Messungen der Fundamentalmode, bzw. der thermischen Spektren
liefern also keine voneinander unabhängigen Ergebnisse, dabei ist dieses Problem physikalischer
Natur und lässt sich daher auch nicht durch geschicktes Messen mittels der µBLS lösen. Nur eine
alternative Messmethode kann stattdessen Abhilfe schaffen, so wie z.B. die Magnetometrie mit
vibrierender Probe (engl. Vibrating Sample Magnetometry, VSM), mit der die Sättigungsmagnetisierung gemessen werden kann [89].
Bestimmung der Sättigungsmagnetisierung
Die im vorherigen Abschnitt beschriebene wechselseitige Abhängigkeit der Sättigungsmagnetisierung und der Austauschkonstanten kann mit den in dieser Arbeit zur Verfügung stehenden Methoden nicht umgangen werden. Daher soll zunächst angenommen werden, dass die Mikrostrukturierung keinen Einfluss auf den Wert der Austauschkonstanten genommen hat und der Filmwert
von Aex = 4, 32 pJ m−1 (vergl. Kap. 5.1.2) in Näherung gültig ist. Zur feldabhängigen Messung
der Resonanzfrequenz wird nun der Laserfokus in der Mitte der jeweiligen Struktur platziert und
dann die Resonanzfrequenz der in Kap. 5.2.1 identifizierten Fundamentalmoden in Abhängigkeit des extern angelegten Feldes gemessen. Abbildung 5.16 zeigt die Ergebnisse der Messung
für die verschiedenen Strukturgrößen in Abhängigkeit des effektiven Feldes, zu dessen Berechnung nach Gl. 5.7 die in Tabelle 5.2 aufgelisteten Werte des genäherten Entmagnetisierungsfeldes
herangezogen werden. Zusätzlich wird angenommen, dass das gyromagnetische Verhältnis ebenfalls durch die Strukturierung unbeeinflusst ist und damit der in Kap. 5.1.1 bestimmte Wert von
γ̄ = 28, 316 GHz T−1 gültig ist. Die Anpassung der Gl. 5.11 an die erhaltenen Resonanzfrequenzen für die jeweilige Fundamentalmode (n = 1, m = 1) zeigt eine gute Übereinstimmung für alle
Strukturen. Da in Kap. 5.2.1 jedoch nicht abschließen geklärt werden konnte ob es sich für die
Struktur mit a = 0, 8 µm bei der intensitätsstärksten Mode tatsächlich um die Fundamentalmode
oder um eine Mode mit n = 1 und m = 2 handelt, wird für diese Struktur ebenfalls eine Anpassung
mit n = 1 und m = 2 durchgeführt (grün gestrichelte Linie in Abb. 5.16d)). Wie sich in allerdings
zeigt, ergibt sich keine Übereinstimmung mit den Messdaten, d.h. es handelt sich wie vermutet
um die Fundamentalmode und das abweichende Intensitätsprofil (vergl.Abb. 5.11c)) ist auf die
angesprochenen Messprobleme (vergl. Kap. 5.2.1) zurückzuführen.
Es ist davon auszugehen, dass die im vorherigen Abschnitt besprochenen Einflussgrößen sowie
der Strukturierungsprozess die Sättigungsmagnetisierung Ms verändern, daher wird im Folgenden
von der effektiven Magnetisierung in Feldrichtung Meff gesprochen. Wird diese aus den Anpassungen in Abb. 5.16 in Abhängigkeit der Strukturgröße extrahiert, so ergibt sich der in Abb. 5.17
abgebildete Verlauf. Als Trend ist klar erkennbar, dass die effektive Magnetisierung mit kleinerer Strukturgröße abnimmt. Für a = 4, 8 µm und a = 2, 8 µm zeigt sich aber nur eine geringfügige
94
a = 4,8 µm, n = 1, m = 1
a)
Messpunkt
Anpassung
6
5
4
3
2
Meff = (136,7 (+ 0,5/− 0,3)) kA/m
20
40
60
80
100
120
Resonanzfrequenz fres (GHz)
Resonanzfrequenz fres (GHz)
5.2 Charakterisierung der Mikrostrukturen
a = 2,8 µm, n = 1, m = 1
b)
Messpunkt
Anpassung
6
5
4
3
2
Meff = (133,8 (+ 1,4/− 1,0)) kA/m
140
20
40
a = 1,8 µm, n = 1, m = 1
c)
Messpunkt
Anpassung
6
5
4
3
2
Meff = (132,2 (+ 2,0/− 1,2)) kA/m
20
40
60
80
100
μ0Heff (mT)
60
80
100
120
140
μ0Heff (mT)
120
140
Resonanzfrequenz fres (GHz)
Resonanzfrequenz fres (GHz)
μ0Heff (mT)
a = 0,8 µm, n = 1, m = 1
d)
Messpunkt
Anpassung
n = 1, m = 2
6
5
4
3
2
Meff = (110,0 (+ 25,0/− 8,3)) kA/m
20
40
60
80
100
120
140
μ0Heff (mT)
Abbildung 5.16: Resonanzfrequenz der Fundamentalmode fres in Abhängigkeit des effektiven Magnetfeldes
µ0 Hext für die verschiedenen Strukturgrößen a, sowie Anpassung (mit n = 1 und m = 1) nach Gl. 5.11. In
d) zusätzliche Anpassung (grün gestrichelt) mit n = 1 und m = 2. Die Messfehler liegen innerhalb der
Messpunkte.
Abweichung von der Sättigungsmagnetisierung des Films. Die möglichen Ursachen für dieses Verhalten werden ausführlich im nächsten Abschnitt diskutiert. Hier soll nun noch eine Abschätzung
des Fehlers der extrahierten effektiven Magnetisierung erfolgen. Die zur Anpassung der Resonanzfrequenz genutzte Gl. 5.11 wurde wie im vorherigen Abschnitt beschrieben mit einigen Näherungen ermittelt um eine praktikable Beschreibung der Moden-Resonanzfrequenz in Abhängigkeit
des externen Feldes zu erhalten. Den größten Einfluss hat dabei die Abschätzung der effektiven
Breite entlang der statischen Magnetisierung, da insbesondere für kleiner werdende Strukturen
z daher den
der Einfluss der Austauschwechselwirkung zunimmt und die Quantisierungsbreite aeff
Fehler der effektiven Magnetisierung dominiert. Um eine Abschätzung zu erhalten wird nun zur
z festgesetzt. Dazu wird analog zum
Berechnung des Fehlers eine Ober- und Untergrenze von aeff
vorangegangenen Abschnitt die Definition über das effektive Feld gewählt, nur wird statt einer
Reduktion des effektiven Feldes auf die Hälfte des Wertes des Zentrums eine Reduktion auf 20 %
95
5.2 Charakterisierung der Mikrostrukturen
bzw. 80 % angenommen. Die Feldabhängigkeit wird erneut mittels der vereinfachten Beschreibung
über Gl. 5.9 integriert. Gleichung 5.11 wird abschließend mit dem Maximal- und Minimalwert der
effektiven Breite erneut an die Messdaten angepasst und die so erhaltenen Werte der effektiven
Magnetisierung werden als Ober- und Untergrenze des Fehlers gewählt.
500
140
130
Meff (kA/m)
Abbildung 5.17: Effektive Magnetisierung Meff in Abhängigkeit der Strukturgröße a (schwarze Punkte) und durch
Lasererwärmung induzierte Temperatur
(rote Punkte).
400
350
120
Raumtemperatur TR = 298 K
300
Temperatur T (K)
450
110
250
100
200
0
1
2
3
4
5
Strukturgröße a (µm)
∞
Ein Faktor der zur Reduktion der effektiven Magnetisierung mit abnehmender Strukturgröße beiträgt, ist gegebenenfalls die trotz der bereits verringerten Laserleistung zunehmende Erwärmung
der Struktur, da die thermische Kopplung an die Umgebung abnimmt. Daher soll der mögliche
Einfluss im Folgenden auf der Basis des Néel-Modells [17] abgeschätzt werden. Die Sättigungsmagnetisierung nimmt mit steigender Temperatur ab und verschwindet für YIG beim Erreichen
der Curie-Temperatur von 560 K (vergl. Kap. 4.1.1), ändert sich aber im Bereich von 298 K bis
398 K nahezu linear. Als Näherung gilt dann
Meff (T ) = Ms (TR ) − η(T − TR ) ,
(5.12)
mit der Raumtemperatur TR = 298 K, der Sättigungsmagnetisierung bei Raumtemperatur
Ms (TR ) = 141, 8 kA m−1 (aus den VNA-FMR-Messungen aus Kap. 5.1.1) und η = 313 A K−1 m−1
[90]. Die benötigte Temperatur T um die Sättigungsmagnetisierung auf den Wert der gemessenen
effektiven Magnetisierung zu reduzieren berechnet sich daher zu:
T (Meff ) = TR +
Ms (TR ) − Meff
.
η
(5.13)
In Abb. 5.17 ist die mittels Gl. 5.13 aus der effektiven Magnetisierung berechnete Temperatur für
die verschiedenen Strukturen abgebildet (rote Punkte), der Verlauf ist entsprechend invers zum
Verlauf der effektiven Magnetisierung. Für die Strukturen mit a > 0, 8 µm ergibt sich eine geringe Erwärmung über das Level der Raumtemperatur, die für a = 4, 8 µm geringer ist als für die
Messung am Film. Ursache dafür ist, dass für die Messungen am Film eine größere Laserleistung
96
5.2 Charakterisierung der Mikrostrukturen
gewählt wurde (vergl. Kap. 5.1.2), während gleichzeitig für die größeren Strukturen die Wärmeabfuhr noch ähnlich der des Filmes ist. Für die Struktur mit a = 0, 8 µm errechnet sich jedoch eine
Erwärmung von ungefähr 100 K. Im Folgenden soll eine Abschätzung der Reduktion der thermischen Kopplung der Mikrostrukturen im Vergleich zum Film zeigen ob eine solche Zunahme der
Temperatur realistisch ist. Dazu wird zunächst ein vom Querschnitt quadratisches Volumen des
YIG-Filmes mit Kantenlänge a und Dicke d betrachtet, dass durch einen Laser homogen geheizt
wird. Der Wärmefluss Q̇Film , also die pro Zeiteinheit übertragene Wärmemenge QFilm , aus dem
Volumen in die umliegendem Bereiche setzt sich aus den einzelnen Teilströmen Q̇GGG (Volumen
↔ GGG-Substrat), Q̇YIG (Volumen ↔ umliegendes YIG) und Q̇Luft (Volumen ↔ Luft) zusammen,
d.h. es gilt:
Q̇Film = Q̇GGG + Q̇YIG + Q̇Luft .
(5.14)
Für jeden Komponente gilt, dass diese proportional zur beteiligten Kopplungsfläche, bzw. der
Grenzfläche AGGG , AYIG und ALuft ist und über die Kopplungsstärke b0 , b1 , bzw. b2 anteilig zum
Gesamtfluss beiträgt. Es gilt also:
Q̇Film ∝ b0 AGGG + b1 AYIG + b2 ALuft .
(5.15)
Da die Abfuhr vom Wärme an die umgebende Luft wesentlich ineffizienter als in die restlichen
umliegenden Bereiche ist (d.h. b2 << b1 , b0 ), kann der letzte Term in Gl. 5.15 vernachlässigt
werden. Wird zusätzlich angenommen, dass sich die Wärmeleitfähigkeit und Wärmekapazität des
umliegenden YIGs nicht von der des GGG-Substrat unterscheidet [91, 92], dann gilt b0 = b1 und
Gl. 5.15 reduziert sich zu:
Q̇Film ∝ AGGG + AYIG = a2 + 4ad .
(5.16)
Hierbei beschreibt der letzte Term die Abfuhr von Wärme über die vier Kanten der Länge a und
Höhe d an das umliegende YIG. Für den Fall einer Mikrostruktur, bei der das umliegende YIG
entfernt wurde, verbleibt in Gl. 5.15 nur der Term der Kopplung in das GGG-Substrat, daher gilt
für den Wärmefluss Q̇Struktur aus der Struktur:
Q̇Struktur ∝ a2 .
(5.17)
Die Effizienz der Wärmeabfuhr wird also in einfacher Näherung um den Faktor
W=
d
Q̇Film
= 1+4
a
Q̇Struktur
(5.18)
kleiner. In Tabelle ist die so berechnete Änderung der thermischen Kopplung für die verschiedenen
Strukturgrößen aufgelistet. Für eine Strukturgröße von a = 0, 8 µm ergibt sich eine Reduktion der
thermischen Kopplung um den Faktor 1, 5. Aus Abb. 5.17 ist jedoch ersichtlich, dass die Erwärmung um einen Faktor von ungefähr 5 größer ist als für den Film. Daher muss die Reduktion der
97
5.2 Charakterisierung der Mikrostrukturen
Tabelle 5.3: Effizienz der Wärmeabfuhr berechnet nach Gl. 5.18.
Strukturgröße a Effizienzfaktor W
Film
1,00
4, 8 µm
1,08
2, 8 µm
1,14
1, 8 µm
1,22
0, 8 µm
1,49
Sättigungsmagnetisierung also noch auf andere Ursachen zurückgeführt werden und kann nicht
alleine durch eine Erwärmung der Struktur erklärt werden.
So führt die mechanische Beanspruchung des Filmes während der Strukturierung eventuell zu einer
Verzerrung oder vermehrten Fehlstellenbildung im Gitter und stört so die magnetische Ordnung.
Zusätzlich versucht das YIG-Gitter gleichzeitig auf die etwas größere Gitterkonstante des GGGSubstrates (Gitterfehlanpassung ∆aGitter = 0, 4 %, vergl. Kap. 4.1.2) zu relaxieren. Diese Effekte
würden ebenfalls für eine kleiner werdende Strukturgröße an Einfluss gewinnen und können so zu
der beobachten Abnahme der Sättigungsmagnetisierung beitragen.
Bestimmung des Gilbert-Dämpfungsparameters
Für die Auswertung der Linienbreite muss nun zunächst genauer auf das schon in Kap. 5.2.1 angesprochen Problem des Schwanken des Magnetfeldes eingegangen werden. Ursache des Problems
ist, dass die Messungen in der Regel mehrere Stunden dauern und dabei von äußeren Bedingungen
beeinflusst sind. Dazu gehören insbesondere Schwankungen der Wetterlage (trotz Klimatisierung
des Labors), sowie Temperatur und Druckschwankungen des Kühlwassers der zur Erzeugung des
Magnetfeldes genutzten Spulen. Diese Einflüsse sind relativ gering, führen aber zu einer kleinen
Instabilität des Magnetfeldes von wenigen Zehntel Millitesla. Um dies zu kompensieren wurde
eine Rückkopplung in die Steuersoftware eingefügt5 , die bei einer Abweichung von 0,2 mT des
Magnetfeldes vom gesetzten Wert den Spulenstrom nachregelt. Für die Untersuchung der meisten magnetischen Materialien wie NiFe-Legierungen oder Heusler-Verbindungen spielt dies keine
große Rolle, da die Linienbreite ein Vielfaches des durch das driftende Magnetfeld verursachten
Frequenzverschubes beträgt [93]. Für YIG ist dies jedoch nicht der Fall, denn ein Magnetfelddrift
von nur 0,2 mT entspricht einem Frequenzdrift von 5 MHz (für µ0 Hext = 50 mT) und überschreitet
damit bereits die Linienbreite des Films. Abbildung 5.18 zeigt exemplarisch das Resultat eines
Felddrifts während der Messung. So kann zum einen die Rückkopplung dazu führen, dass doppelte Resonanzen auftreten (Abb.5.18a)) falls während der Messung ein Felddrift größer als der
Schwellwert auftritt. Zum anderen, falls der Drift zu klein ist, kann die gemessene Resonanzkurve
5 Von
98
T. Meyer, TU Kaiserslautern, Fachbereich Physik, AG Magnetismus
2400
a)
1600
800
0
2,18
2,20
2,22
2,24
2,26
Anregungsfrequenz fex (GHz)
integrierte BLS-Intensität (bel. E.)
integrierte BLS-Intensität (bel. E.)
5.2 Charakterisierung der Mikrostrukturen
b)
5000
4000
3000
2000
1000
0
5,85
5,86
5,87
5,88
5,89
5,90
Anregungsfrequenz fex (GHz)
Abbildung 5.18: Einfluss einer Magnetfeldschwankung für Messungen der Fundamentalmode für
a = 4, 8 µm. a) Für µ0 Hext = 30 mT. Die Feldabweichung übersteigt den Schwellwert der Rückkopplung und
es tritt eine zweite Scheinresonanz auf. b) Für µ0 Hext = 140 mT. Der Schwellwert wird nicht überschritten
und es kommt zur asymmetrischen Verbreiterung der Resonanz. Messkurve in schwarz und Doppel-LorentzAnpassung rot/grün gestrichelt.
asymmetrisch werden (Abb. 5.18b)). In beiden Fällen ist es schwierig die unbeeinflusste Linienbreite der Resonanz zu extrahieren. Um trotzdem eine genäherte Linienbreite extrahieren zu können erfolgt daher eine Modellierung der Resonanzkurve mittels eines Doppel-Lorentz-Profil. Dazu
wird die aufgetretene doppelte Resonanz, bzw. der asymmetrische Anteil mittels eines der LorentzProfile modelliert (grün gestrichelt in Abb. 5.18) und das verbleibende Lorentz-Profil mittels freier
Anpassung an den verbleibenden Anteil der Kurve angepasst (rot gestrichelt in Abb. 5.18). Da
die erhaltenen Linienbreite stark von der Qualität des modellierten Anteils der Anpassung abhängt
wird zur Bestimmung des Fehlers eine Minimum/Maximum-Abschätzung durchgeführt. Die minimale Linienbreite ist dabei durch die Filmlinienbreite gegeben und die maximale Linienbreite
durch die gesamte Halbwertsbreite des Resonanzpakets.
Soll nun eine Auswertung der Linienbreite erfolgen um den Gilbert-Dämpfungs-Parameter, sowie die inhomogene Linienbreite zu erhalten, so stellt sich das gleiche prinzipielle Problem wie
zur Bestimmung der Sättigungsmagnetisierung im vorangegangenen Abschnitt. Die Fundamentalmode entspricht nicht mehr der FMR und der Einfluss der Quantisierungsbedingungen kann nicht
vernachlässigt werden, daher ist der Ansatz über die Gln. 3.9 und 3.10 nicht mehr gültig. Stattdessen muss über die Lebensdauer τ der untersuchten Mode argumentiert werden, für die in guter
Näherung [29, 40] gilt:
∆ fres =
1
.
πτ
(5.19)
99
5.2 Charakterisierung der Mikrostrukturen
30
Film
4,8 µm
2,8 µm
Abbildung 5.19: Linienbreite ∆ fres in
Abhängigkeit des effektiven Feldes
µ0 Heff für die verschiedenen Strukturgrößen.
Δfres (MHz)
25
1,8 µm
0,8 µm
20
15
10
5
0
20
40
60
80
100
120
140
160
µ0Heff (mT)
Liegt ausschließlich eine viskose Dämpfung (vergl. Kap. 2.3.1) vor, so gilt außerdem nach [52]:
1
2 f res (Heff ) ∂ f res (Heff )
= 4π α
.
(5.20)
τ
γ
∂ µ0 Heff
Eine Kombination der beiden Gleichungen mit der allgemeinen Dispersionsrelation (Gl. 2.71) liefert abschließend:
γ
µ0 Meff
2Aex
2
2
∆ fres = ∆ f0 + α 2 µ0 Heff +
,
|k | +
1 − g(|kk |) cos (Θ)
2π
Meff k
2
(5.21)
wobei der zusätzlich eingefügte Achsenabschnitt ∆ f0 den Anteil der nicht-viskosen Dämpfung
beschreibt und damit der inhomogenen Linienbreite entspricht. Analog zu Kap. 5.2.2 ist der Wellenvektor durch die Quantisierungsbedingungen bestimmt. Eine Anpassung von Gl. 5.21 an die
Messdaten der Linienbreite in Abhängigkeit des effektiven Feldes ermöglicht es nun prinzipiell den
Anteil der viskosen Dämpfung der einzelnen Moden in Form des Gilbert-Dämpfungsparameters
α zu bestimmen.
In Abb. 5.19 ist das Ergebnis der Auswertung der Linienbreite in Abhängigkeit des effektiven Feldes gezeigt. Die durch die Felddrifts sehr großen Fehler der Linienbreite führen zu dem Problem,
dass eine Anpassung der Daten mittels Gl. 5.21 nur noch bedingt sinnvoll ist, da die so erhaltene
Steigung nicht aussagekräftig ist. Daher kann keine Aussage über den Gilbert-Dämpfungsparameter
gemacht werden und es muss sich auf eine Analyse der Gesamtlinienbreite beschränkt werden. Für
die Struktur mit a = 4, 8 µm liegt diese unverändert im Bereich der Linienbreite des Films. Dies
steht im Einklang mit den Ergebnissen aus Kap. 5.2.2, da die Sättigungsmagnetisierung ebenfalls
nahezu unbeeinflusst ist, es ist daher davon auszugehen, dass die Strukturierung in dieser Größenordnung kaum Einfluss auf das YIG hat. Für die kleineren Strukturen zeigt sich als Trend eine
Verzwei- bis Verdreifachung der Linienbreite im Vergleich zum Film, der Einfluss der Strukturierung ist hier also wesentlich stärker ausgeprägt als aus den Messungen der effektiven Magnetisierung erwartet. Der Einfluss der schon im Zuge der effektiven Magnetisierung besprochenen
100
5.2 Charakterisierung der Mikrostrukturen
zunehmende mechanischen Belastung mit abnehmender Strukturgröße ist also vermutlich stärker
als angenommen.
Die hier angesprochenen Probleme zur Messung der Linienbreite der Moden verhindern eine Bestimmung des Gilbert-Dämpfungsparameters und erlauben nur die Tendenz des Einfluss der Strukturierung abzuschätzen. Da diese Probleme aber ausschließlich durch den verwendeten Aufbau bedingt sind und sich durch die Integration verbesserter Komponenten in den Aufbau beheben lassen,
ist die prinzipielle Bestimmung des Gilbert-Dämpfungsparameter mit dieser Methode trotzdem
möglich. Um weiteren Aufschluss über den Einfluss der Mikrostrukturierung zu erhalten, ist die
Messung der thermischen Spinwellenspektren hilfreich die im folgenden Abschnitt besprochen
wird, da eine Änderung des YIG-Gitters durch Fehlstellen und Verzerrungen erwartungsgemäß
einen großen Einfluss auf die Austauschkopplung hat.
5.2.3
Untersuchung des thermischen Spinwellenspektrums in Quadern mit
quadratischer Basisfläche
Analog zu Kap. 5.1.2 kann eine Untersuchung des thermischen Spinwellenspektrums auch in den
Mikrostrukturen durchgeführt werden, um die Einflüsse der Strukturierung durch gebildete Gitterfehler oder Verzerrungen des Gitters auf die Austauschkopplung zu untersuchen. In Näherung
kann weiterhin Gl. 5.3 genutzt werden, dies führt aber zu dem in Kap. 5.2.2 schon angesprochenen
Problem, dass die Austauschkonstante nicht mehr unabhängig von der effektiven Magnetisierung
ist. Die Ergebnisse aus Kap. 5.2.2 zeigen, dass die effektive Magnetisierung keine große Veränderung für die Strukturen größer als 0,8 µm zeigt, daher wird zunächst davon ausgegangen, dass sich
die Sättigungsmagnetisierung im Strukturierungsprozess nicht geändert hat und der Filmwert von
Ms = 135, 0 kA m−1 gültig ist. Daher kann wie in Kap. 5.1.2 aus der Frequenz der PSSW-Moden
die Austauschkonstante Aex bestimmt werden.
Einfluss der Mikrostrukturierung auf das Profil der PSSW-Moden
Abbildung 5.20 zeigt exemplarisch einige gemessene thermische Spektren der zweiten PSSWModen für die verschiedenen Strukturgrößen und verschiedene extern angelegte Felder. In Abb.
5.20a) ist zusätzlich zu den zweiten PSSW-Moden (blau markierter Bereich) noch der vordere Bereich des Spektrums gezeigt, in dem die erste PSSW-Mode, sowie die Grundmode in Überlagerung
mit einer Lasermode zu sehen sind. Wird die Form der PSSW-Moden untersucht, so lässt sich eine
Veränderung mit abnehmender Strukturgröße feststellen, die aufgrund der Überlagerung der ersten
PSSW-Mode mit der Lasermode näher anhand der zweiten PSSW-Mode untersucht werden soll. Es
zeigt sich eine starke Abnahme der Signalintensität sowie eine Verbreiterung des Verlaufs zu höheren Frequenzen mit abnehmender Strukturgröße. Die Abnahme der Signalintensität kann durch
die Ergebnisse des vorherigen Abschnitts erklärt werden. Da für Strukturen mit a < 4, 8 µm die
101
5.2 Charakterisierung der Mikrostrukturen
Linienbreite um einen Faktor 3 größer ist als für die Struktur mit a = 4, 8 µm, ist die Lebensdauer
der Magnonen entsprechend verringert (vergl. Gl. 5.19). Dadurch ist die mittlere Magnonendichte
geringer und in der gleichen Messzeit werden weniger Streueereignisse detektiert und die Signalintensität nimmt ab. Der zusätzliche asymmetrische Anteil der beobachtet werden kann, lässt sich
als Effekt der Strukturflanken erklären (vergl. Kap. 4.2.5), da die Dicke im Bereich der Flanken
kleiner als in der restlichen Struktur ist. Durch die Quantisierungsbedingung der PSSW-Moden
führt die geringere Filmdicke dadurch zu höheren Frequenzen. Um jedoch zum detektierten Signal beitragen zu können müssen diese Moden aus den Flanken in den Messbereich und damit das
Zentrum der Struktur propagieren. Dazu ist essentiell, dass die PSSW-Moden nicht ausschließlich einen Wellenvektor entlang der Filmnormalen besitzen, sondern auch einen Anteil kk in der
Strukturebene. Um die Gruppengeschwindigkeit νg dieses Anteils abzuschätzen wird auf Basis
a = 4,8 µm
a)
1000
500
µ0Hext = 140 mT
µ0Hext = 80 mT
µ0Hext = 20 mT
PSSW 1
BLS -Intensität (bel. E.)
Referenzsignal
BLS -Intensität (bel. E.)
250
PSSW 2
Lasermoden
0
µ0Hext = 140 mT
µ0Hext = 80 mT
µ0Hext = 20 mT
200
150
100
50
0
0
c)
5
10
15
20
10
BLS-Frequenz (GHz)
a = 1,8 µm
d)
250
12
14
16
18
20
BLS-Frequenz (GHz)
a = 0,8 µm
250
µ0Hext = 140 mT
µ0Hext = 80 mT
µ0Hext = 20 mT
200
BLS -Intensität (bel. E.)
BLS -Intensität (bel. E.)
a = 2,8 µm
b)
1500
150
100
50
0
µ0Hext = 140 mT
µ0Hext = 80 mT
µ0Hext = 20 mT
200
150
100
50
0
10
12
14
16
18
BLS-Frequenz (GHz)
20
10
12
14
16
18
20
BLS-Frequenz (GHz)
Abbildung 5.20: Thermische Spinwellenspektren für verschiedenen externe Felder und Strukturgrößen: a)
Der blaue Kasten markiert die PSSW-Moden der Ordnung p = 2. Im vorderen Bereich des Spektrums
überlagern sich die PSSW-Moden erster Ordnung, die Damon-Eshbach- und Rückwärts-Volumen-Mode,
sowie eine Lasermode bei f = 6, 5 GHz. b)-d) Ausschnitt des Spektrums mit den zweiten PSSW-Moden. Es
ist zu beachten, dass die Skalierung für b)-d) um den Faktor 6 kleiner ist als für a).
102
5.2 Charakterisierung der Mikrostrukturen
der Filmdispersion ein reiner Damon-Eshbach-Anteil (n = 1, m = 0, vergl. Kap. 2.3.3) betrachtet,
da in dieser Geometrie die Gruppengeschwindigkeit am größten ist. Der Wellenvektoranteil in der
Ebene für den die Gruppengeschwindigkeit berechnet wird ergibt sich aus der Quantisierungsbedingung nach Gl. 5.4. Wird unter Berücksichtigung der vergrößerten Dämpfung in den Strukturen
eine geschätzte Lebensdauer von τ = 50 ns angenommen [94], so ergeben sich schließlich die in
Tabelle 5.4 aufgeführten Propagationslängen lprop mittels:
(5.22)
lprop = νg τ ,
Für die kleineren Strukturen zeigt sich, dass die Propagationslänge im Bereich der Strukturausdehnung liegt, d.h. die PSSW-Moden der Strukturflanken können die Strukturmitte erreichen und dort
detektiert werden. Für die Dispersion in der Strukturmitte gilt jedoch, dass diese sich durch die unTabelle 5.4: Abgeschätzte exponentielle Abklinglänge der Intensität der zweiten PSSW-Mode für den
reinen Damon-Eshbach-Anteil (n = 1, m = 0) auf Basis der Filmdispersion. Für a = 4, 8 µm ist eine
dreifach geringere Dämpfung berücksichtigt.
a (µm)
rad
|kk | ( µm
)
νg ( µm
ns )
lprop (µm)
4,8
2,8
1,8
0,8
0,62
1,03
1,54
3,13
0,022
0,035
0,055
0,110
3,30
1,75
2,75
5,50
terschiedliche Dicke von der Dispersion der Flanken unterscheidet. Daher können die Magnonen
aus den Flanken nicht ohne weiteres in die Mitte propagieren, sondern müssen sich der Änderung
der Dispersion anpassen. Da die Dispersion sich entlang der Flanke kontinuierlich ändert kann
dies unter Anpassung der Wellenlänge erfolgen [95], wodurch die Magnonen den Messbereich
mit einem größeren Wellenvektor erreichen. Dabei gilt, dass höhere Frequenzen zu einem höheren
Wellenvektor gestreut werden. In Abb. 5.21 ist dieser Prozess schematisch abgebildet. Da wie in
Kap. 3.2.2 beschrieben die Detektionseffizienz der µBLS für einen steigenden Wellenvektor abnimmt, tragen diese Magnonen jedoch nur in einem verringertem Maße zum detektierten Signal
bei. Dadurch ergibt sich dann die detektierte abfallende asymmetrische Verbreiterung der PSSWModen zu höheren Frequenzen.
Bestimmung der Austauschkonstanten
Um nun aus den Messungen die Austauschkonstante zu bestimmen, muss die Frequenz der PSSWModen in Abhängigkeit des externen Magnetfeldes bestimmt werden. Da trotz der beschriebenen
Verbreiterung des Signals der Anteil der Magnonen deren Ursprung nicht in den Flanken liegt
dominiert, kann dazu die Frequenz des Signalmaximums genutzt werden. Abbildung 5.22a) zeigt
103
5.2 Charakterisierung der Mikrostrukturen
14,5
Frequenz (GHz)
Abbildung 5.21: Dispersion der zweiten
PSSW-Mode in Abhängigkeit der Dicke
d für µ0 Heff = 80 mT, Ms = 141 kA m−1
und Aex = 4, 4 pJ m−1 . Ein Magnon aus
dem Randbereich der Struktur passt
sich bei Propagation ins Zentrum der
kontinuierlich ändernden Dispersion an
(graue Pfeile).
d = 98 nm
d = 96 nm
d = 94 nm
d = 92 nm
14,0
13,5
13,0
12,5
12,0
Detektionsschwelle
11,5
0
5
10
15
20
25
30
Wellenzahl k (rad/µm)
exemplarisch die aus den Messungen gewonnenen Frequenzen des Maximums der zweiten PSSWModen. Hier zeigt sich, dass für die Strukturen mit a < 4, 8 µm die Frequenz in einen wesentlich
höheren Bereich verschoben ist, währen diese für a = 4, 8 µm noch im Bereich des Films liegt.
Da die Ergebnisse aus Kap. 5.2.2 zeigen, dass die Änderung der effektive Magnetisierung für
die Strukturen mit a > 0, 8 µm gering ist, wird zunächst davon ausgegangen, dass der Wert der
Sättigungsmagnetisierung Ms = 135 kA m−1 Bestand hat. Die Austauschkonstante wird analog zu
Kap. 5.1.2 aus einer Anpassung beider gemessener PSSW-Moden (p = 1 und p = 2) mittels Gl. 5.3
gewonnen. In Abb. 5.22b) ist das Ergebnis gezeigt (rote Punkte). Für die Struktur mit a = 4, 8 µm
ergibt sich eine Austauschkonstante nahe des Filmwerts, für die kleineren Strukturen jedoch ein
stark gehobener Wert.
Da die Näherung der Magnetisierung durch die Sättigungsmagnetisierung des Films für die Struktur mit a = 0, 8 µm keinen guten Kompromiss darstellt, werden die Daten ebenfalls mittels der
effektiven Magnetisierung aus Kap. 5.2.2 angepasst (schwarze Punkte in Abb. 5.22b)). Dies führt
zu einem ähnlichen Ergebnis. Für kleinere Strukturgrößen kommt es zu einem Anstieg der Austauschkonstanten, die jedoch zu noch kleineren Strukturgrößen wieder abfällt.
Die durch die Quantisierung bedingte wechselseitige Abhängigkeit der effektiven Magnetisierung
und der Austauschkonstanten in den Messungen lässt hier also keine eindeutige Bewertung zu.
Trotzdem ist aus den Daten ersichtlich, dass die Strukturen mit a < 4, 8 µm im Strukturierungsprozess stark beeinflusst werden. Dabei wird die Austauschkopplung scheinbar verstärkt, obwohl dies
entgegen den Erwartungen für den Fall einer Zunahme der Störstellendichte oder Gitterverzerrung
steht. Aufgrund der hochkomplexen Struktur von YIG (vergl. Kap. 4.1) kann jedoch nicht sicher
vorhergesagt werden wie diese Einflüsse die Austauschkopplung letztendlich beeinflussen.
Die Berechnung der hier extrahierte Austauschkonstante erfolgt unter der Annahme, dass die Dicke
der Strukturen unverändert der Filmdicke von d = 98 nm entspricht. Wird der beobachtete Frequenzverschub über eine Variation der Dicke abgeschätzt, so ergibt sich, dass die Dicke um 15 nm
104
5.2 Charakterisierung der Mikrostrukturen
Austauschkonstante Aexeff (pJ/m)
a)
18
fPSSW,2 (GHz)
16
14
12
10
Film
4,8 µm
8
0
25
50
75
100
µ0Heff (mT)
2,8 µm
1,8 µm
0,8 µm
125
150
b)
7,0
Meff Kapitel 4.2.2
6,5
Ms = 135,0 kA/m
6,0
Aex Film
5,5
5,0
4,5
4,0
3,5
0
1
2
3
4
5
Strukturgröße a (µm)
∞
Abbildung 5.22: a) Frequenz der zweiten PSSW-Mode fPSSW,2 in Abhängigkeit des effektiven Magnetfeldes
für die verschiedenen Strukturgrößen a. b) Mittels Anpassung aus a) extrahierte Austauschkonstante Aex in
Abhängigkeit der Strukturgröße.
reduziert werden muss. Eine Kontrolle der geometrischen Dicke mittels Rasterkraftmikroskopie
ist nachfolgend nicht mehr möglich, da im Strukturierungsprozess eine vom Ausmaß unbekannte
Überätzung in das GGG-Substrat erfolgt ist. Wie in Kap. 4.2.5 jedoch ersichtlich ist, weist die
Oberfläche der Strukturen keinerlei Ätzspuren auf, daher ist eine Änderung der geometrischen
Dicke durch den Strukturierungsprozess unwahrscheinlich. Es kann jedoch zusätzlich nicht ausgeschlossenen werden, dass effektiv eine veränderte Dicke wirksam ist, da Gl. 5.3 auf der Annahme beruht, dass die magnetischen Momente im Randbereich keinerlei Pinning unterliegen. Diese
Näherung ist unter Umständen für den Fall einer lateralen Begrenzung und dadurch geänderten
Streufeldern nicht mehr gültig. Die berechnete Austauschkonstante fasst nun alle diese eventuell
auftretenden Effekte zusammen und ist daher nur als eine effektive Austauschkonstante Aeff
ex zu
sehen.
Die in diesem Kapitel durchgeführten Untersuchungen von YIG-Mikrostrukturen mittels der µBLS
haben gezeigt, dass der einfache Charakter der Messungen an ausgedehnten Filmen nicht mehr
gegeben ist. Die Quantisierung des Systems in alle drei Dimensionen erschwert die theoretische
Beschreibung erheblich, dennoch können die meisten Probleme in guter Näherung gelöst werden.
Nur die Beschreibung der Quantisierung entlang der statischen Magnetisierung fußt auf einer behelfsmäßigen Abschätzung des effektiven Magnetfeldes, welche mit abnehmender Strukturgröße
einen immer größeren Einfluss hat. Insbesondere die wechselseitige Abhängigkeit der Messung
zur Bestimmung der effektiven Magnetisierung und der Austauschkonstanten ist problematisch
und ist ohne eine weitere unabhängige Messmethode nicht zu lösen. Zusätzlich haben sich einige Komponenten des genutzten Messaufbaus, insbesondere das Magnetfeld, für nicht ausrei105
5.2 Charakterisierung der Mikrostrukturen
chend stark und stabil erweisen und damit die Qualität des Messungen beschränkt. Dieses Problem kann jedoch durch die Integration eines leistungsstarken Elektromagneten in den Aufbau,
sowie eine Verbesserung der Feldstabilität verringert werden. Trotz der angesprochenen Probleme konnte gezeigt werden, dass die µBLS die Untersuchung der Magnetisierungsdynamik von
einzelnen Mikrostrukturen ermöglicht. Insbesondere konnten erste Erkenntnisse der Auswirkung
einer Mikrostrukturierung von YIG unterhalb lateraler Ausdehnungen von 1 µm auf die Materialeigenschaften gesammelt werden. So nimmt die effektive Magnetisierung mit kleiner werdender
Strukturgröße ab (vergl. Kap. 5.2.2), während die Austauschkonstante hingegen scheinbar größer wird (vergl. Kap. 5.2.3). Die strukturierungsbedingte Änderung der Materialeigenschaften von
YIG zeigt sich ebenfalls in der Untersuchung der Linienbreite (vergl. Kap. 5.2.2). Die Messungen bestätigen, dass bereits die Strukturierung unterhalb einer lateralen Ausdehnung von 4, 8 µm
nachhaltigen Einfluss auf die Gitterstruktur des YIG hat.
106
KAPITEL 6
Fazit und Ausblick
Ziel dieser Arbeit waren erste Untersuchungen des Einflusses eines Mikrostrukturierungsprozesses auf die magnetischen Eigenschaften von Yttrium-Eisen-Granat (YIG). Dieses Material ist ein
vielversprechender Kandidat für zukünftige Anwendungen in der Informationstechnologie, aber
auch für Untersuchung der fundamentalen Spinwellenphysik. Im speziellen wurde hier ein dünner, 98 nm dicker, YIG-Film untersucht, welcher mittels Flüssigphasenepitaxie hergestellt wurde.
Dazu wurde zunächst eine Charakterisierung des unstrukturierten Films vorgenommen, die auf
Basis induktiver Messungen mittels der Untersuchung der ferromagnetischen Resonanz erfolgt ist
(VNA-FMR).
Die aus diesen Messungen erhaltenen Ergebnisse für die Sättigungsmagnetisierung und den GilbertDämpfungsparameter des Films zeigen, dass der untersuchte Film gute magnetische Eigenschaften
aufweist. Diese Ergebnisse wurden nachfolgend zur Validierung der in dieser Arbeit entwickelten
µBLS-FMR Methode genutzt, die auf einer Kombination der Anregung der Magnetisierungsdynamik mittels einer makroskopischen Antenne und der Detektion mittels mikrofokussierter BrillouinLichtstreuspektroskopie basiert. Es konnte gezeigt werden, dass die µBLS-FMR Methode nicht
nur die Bestimmung der Sättigungsmagnetisierung und des Gilbert-Dämpfungsparameter ermöglicht, sondern zusätzlich über eine Messung der thermischen Spinwellenspektren auch Zugang zur
Austauschkonstanten bietet.
Um nachfolgend den Einfluss einer Mikrostrukturierung auf die magnetischen Eigenschaften des
YIGs zu analysieren, wurden aus dem Film unter Verwendung des Ionenstrahlätzen quaderförmige
Mikrostrukturen hergestellt. Die so erhaltenen Strukturen wiesen sehr breite Strukturflanken auf
und mussten daher mit Hilfe eines abschließenden Strukturierungsschritts mittels fokussiertem
Ionenstrahlätzen nachbearbeitet werden. Die resultierenden Strukturen zeigten dann eine sehr gute
Qualität der Flanken und insbesondere auch der Ecken der Strukturen. Die lateralen Strukturbreiten
der erhaltenen Mikrostrukturen rangiert dabei von maximal 4, 8 µm bis minimal 0, 8 µm.
Da die VNA-FMR nicht zur Charakterisierung von Mikrostrukturen genutzt werden kann, wurde
dazu nun auf zuvor validierte Methode der µBLS-FMR zurückgegriffen. Die Ortsauflösung dieser
Methode erlaubt dabei eine Untersuchung einzelner Mikrostrukturen.
Zur Bestimmung der Materialparameter wurde zunächst eine Analyse des Modenspektrums durch-
107
geführt. Dieses ist in Mikrostrukturen aufgrund der ebenfalls in lateraler Richtung auftretenden
Quantisierung von deutlich komplexerem Charakter. Da insbesondere keine FMR-Mode mehr existiert wurde unter Zuhilfenahme von mikromagnetischen Simulationen zunächst die Fundamentalmode identifiziert.
Anhand dieser Fundamentalmode erfolgte dann die Bestimmung der Sättigungsmagnetisierung, jedoch hat sich gezeigt, dass durch die Quantisierung die Bestimmung der Sättigungsmagnetisierung
in wechselseitiger Abhängigkeit mit der Messung der Austauschkonstanten steht. Dieses Problem
ist dabei von fundamentalem Charakter und lässt sich daher nur durch Zuhilfenahme einer weiteren
Messmethode lösen, dies war allerdings im Rahmen dieser Arbeit nicht möglich.
Zusätzlich hat sich gezeigt, dass sich die Quantisierung für die Achsen entlang der statischen Magnetisierung und senkrecht dazu durch unterschiedliche effektive Strukturbreiten unterscheidet,
wobei insbesondere die Komponente entlang der statischen Magnetisierung ein sehr komplexes
Verhalten aufweist. Es konnte trotzdem eine tendenzielle Abnahme der Sättigungsmagnetisierung
mit abnehmender Strukturgröße festgestellt werden.
Bei der Bestimmung des Gilbert-Dämpfungsparameters haben sich zusätzlich Probleme des verwendeten Aufbaus bemerkbar gemacht. So ist die Feldstabilität aufgrund der geringen Linienbreite
von YIG ein kritischer Faktor, da schon eine kleine Änderung des Feldes zu Frequenzänderungen
größer als die Linienbreite führt. Während den Messungen aufgetretene kleine Schwankungen des
externen Magnetfelds haben daher dazu geführt, dass die Linienbreite der Resonanzen nicht verlässlich bestimmt werden konnte. Trotz dieser Einflüsse wurde gezeigt, dass die Dämpfung für
Strukturen mit einer Abmessung von a < 4, 8 µm um einen Faktor von zwei bis drei zunimmt.
Wesentlich genauere Messung können jedoch durch eine künftige Verbesserung der Feldstabilität
erreicht werden.
Im weiteren Verlauf dieser Arbeit hat eine Messung der thermischen Spinwellenspektren der Mikrostrukturen eine asymmetrische Verbreiterung der PSSW-Moden gezeigt. Dies konnte auf propagierende Spinwellen aus dem Randbereich der Strukturen zurückgeführt werden. Die Bestimmung
der Austauschkonstanten hingegen hat unerwarteterweise einen Anstieg für kleinere Strukturgrößen gezeigt. Hier konnte jedoch nicht abschließend geklärt werden ob dies wie in den Messungen
zuvor aus einer Beeinflussung der Kristallstruktur resultiert oder ob vielmehr die zur Beschreibung
genutzt Theorie an Gültigkeit verliert.
Insgesamt wurden im Rahmen dieser Arbeit erste Erkenntnisse bezüglich der Einflüsse eines Mikrostrukturierungsprozesses auf dünne YIG-Filme gesammelt. Dabei wurde gezeigt, dass die magnetischen Eigenschaften auch nach einer Strukturierung immer noch eine gute Qualität aufweisen. Um genauere Erkenntnisse zu sammeln können die hier durchgeführten Messungen durch die
bereits erwähnten Verbesserungen optimiert werden. Zusätzlich können auch Einflüsse ganz vermieden werden. Die problematische Handhabung der effektiven Breite in Feldrichtung kann z.B.
108
durch eine Betrachtung von nur in einer lateralen Richtung quantisierten Systemen wie Wellenleitern umgangen werden. Alternativ können auch Systeme mit einer Ausrichtung der Magnetisierung
entlang der Filmnormalen betrachtet werden, wodurch sich eine in der Ebene isotrope Dispersion
ergibt. Diese Ansätze bilden daher eine gute Basis für weitergehende Untersuchungen.
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[88] A. Vansteenkiste, J. Leliaert, M. Dvornik, M. Helsen, F. Garcia-Sanchez, B. Van Waeyenberge, The design and verification of MuMax3, AIP Advances 4, 0 (2014).
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[90] M. Vogel, A. V. Chumak, E. H. Waller, T. Langner, V. I. Vasyuchka, B. Hillebrands, G. von
Freymann, Optically reconfigurable magnetic materials, Nature Physics 11, 487 (2015).
[91] A. M. Hofmeister, Thermal diffusivity of garnets at high temperature, Physics and Chemistry
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[92] M. Guillot, F. Tchéou, A. Marchand, P. Feldmann, R. Lagnier, Specific heat in Erbium and
Yttrium Iron garnet crystals, Zeitschrift für Physik B Condensed Matter 44, 53 (1981).
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LITERATURVERZEICHNIS
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[94] M. B. Jungfleisch, W. Zhang, W. Jiang, H. Chang, J. Sklenar, S. M. Wu, J. E. Pearson,
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[95] V. E. Demidov, J. Jersch, S. O. Demokritov, K. Rott, P. Krzysteczko, G. Reiss, Transformation
of propagating spin-wave modes in microscopic waveguides with variable width, Physical
Review B - Condensed Matter and Materials Physics 79, 1 (2009).
118
Danksagung
Abschließend möchte ich mich bei all denen bedanken, die zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen
haben:
Prof. Dr. Burkard Hillebrands für die interessante Aufgabenstellung, die wissenschaftliche Betreuung und für die vielen Möglichkeiten, die mir während meiner Zeit in der AG Magnetismus
eröffnet wurden.
Prof. Dr. Hans Christian Schneider für die freundliche Übernahme des Zweitgutachtens.
Dr. Carsten Dubs und der Innovent e.V. Technologieentwicklung für die Bereitstellung der in dieser
Arbeit untersuchten YIG-Filme.
Dr. Andrii Chumak für die wissenschaftliche Unterstützung, diverse Diskussionen, sowie das Korrekturlesen dieser Arbeit.
Thomas Meyer für die unermüdliche Aufrechterhaltung der Menschlichkeit in der AG Magnetismus, die unzähligen Stunden der Hilfe, das Korrekturlesen dieser Arbeit, sowie die Aufmunterung
wenn etwas einmal nicht funktioniert hat : Es ist tatsächlich alles gut geworden!
Dr. Philipp Pirro für eine Vielzahl anregenden Diskussionen und Erläuterungen zu physikalischen
Sachverhalten.
Dr. Thomas Brächer für die exzellente Ausbildung in der Mikrostrukturierung, die Diskussion
physikalischer Fragestellungen, sowie die lange und gute Betreuung in meiner HiWi-Zeit.
Tobias Fischer für seine Freundschaft und die gute Zeit, ohne dessen 3 Uhr Kaffee diese Arbeit
zwar früher, jedoch mit wesentlich weniger Spaß und Menschlichkeit beendet worden wäre.
119
Meinen Studienkollegen Moritz Geilen, Matthias Schweizer und Alexander Kreil für die gute
Freundschaft während meines Studiums und zahlreiche vergangene sowie zukünftige lustige Stunden.
Steffen Klingel für das Einführen in die pfälzische Sprachkultur und die gute gemeinsame Zeit
während meines Studiums.
Dem gesamten Team des Nano Structuring Center Kaiserslautern, insbesondere Dr. Bert Lägel
für die viele geschriebene Proben an der E-Line, sowie gemeinsame Tests neuer Verfahren und
Prozesse, Christian Dautermann für die Hilfestellung bei technischen Problemen die sich schon in
Luft auflösen wenn ich Ihn nur rufe und Dr. Thomas Löber für die Strukturierung in der FIB.
Allen hier nicht namentlich genannten Mitgliedern der AG Magnetismus für die gute Zeit und die
entspannte Atmosphäre.
Karolin für die seelische Unterstützung in guten wie in schlechten Zeiten, sowie die Tatsache, dass
du mich immer noch magst.
Abschließend möchte ich mich insbesondere bei meinen Eltern Gerhard und Judith Heinz und
meinem Bruder Holger bedanken, die mir meinen Lebensweg bereitet haben und mir jederzeit die
größtmögliche Unterstützung in all meinen Entscheidungen haben zukommen lassen.
120
Hiermit versichere ich, dass ich diese Arbeit selbstständig verfasst und keine anderen als die angegebenen Hilfsmittel verwendet habe.
Unterschrift
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