MCI und Früherkennung - Universität Oldenburg

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MCI und Früherkennung
Prof. Dr. phil Helmut Hildebrandt
Klinikum Bremen-Ost, Neurologie
Universität Oldenburg, Psychologie
Mild cognitive impairment
• Viele Patienten, die sich als kognitiv schleichend
beeinträchtigt erleben, erfüllen nicht die Kriterien einer
Demenz (z.B. MMSE > 24 oder keine ADLEinschränkungen oder keine hinreichende Dauer)
• Trotzdem lassen sich bei diesen Personen u.U.
Veränderungen in der kognitiven Leistungsfähigkeit
nachweisen
• Die DD des MCIs ist deshalb von besonderer
Bedeutung, weil die Konversionsrate zur Demenz hoch
ist und Personen mit MCI evtl. besser zu behandeln
sind als AD Patienten
• Ein MCI kann damit eine Alzheimer Erkrankung ohne
bereits vorhandener Alzheimer Demenz darstellen.
• Das Syndrom der leichten kognitiven Störung (mild
cognitive impairment, MCI) als Prodromal- oder
Risikosyndrom einer Demenz ist definiert als subjektive
und objektivierbare kognitive Einbuße bei erhaltener
Alltagskompetenz.
• MCI mit Gedächtnisstörungen als (nicht unbedingt
einzigem) Symptom (multi-domain MCI) ist im
besonderen Maß mit Progressionsrisiko in Richtung
Alzheimer Demenz assoziiert.
• Die jährliche Übergangshäufigkeit von MCI zur
Demenz wird je nach Untersuchungssetting und MCI
Definition mit bis zu 10% - 12% angegeben.
• Bei einem Teil von MCI Betroffenen ist MCI reversibel.
Neue S3 Leitlinie empfiehlt
• MCI als klinisches Syndrom ist uneinheitlich
definiert. Bei Hinweisen auf Vorliegen von
Gedächtnisstörungen sollten diese objektiviert
werden.
• Good clinical Practice, Expertenkonsens
• Aufgrund des erhöhten Risikos für Demenz
bedürfen Patienten mit MCI im weiteren Verlauf
erhöhter Aufmerksamkeit.
• Good clinical Practice, Expertenkonsens
• Mögliche Ursachen eines MCI sollten mit
angemessenen diagnostischen Maßnahmengeklärt
werden
• Good clinical Practice, Expertenkonsens
MCI und DRG System
• Die Z65Z für die Gedächtnisstörung (R41)
erbringt eine Fallpauschale von 1600,- €, die
leichte kognitive Störung (F06.7) über die
B64Z eine Fallpauschale von 2600,- € (bei
vergleichbarer Grenzverweildauer).
• Der Erlös pro Demenzabklärung (B63Z) liegt
ebenfalls zwischen 2500,-€ und 2600,- €.
• Obere Grenzverweildauer liegt bei 8.5 Tagen.
Probability of developing Alzheimer’s disease
Beeinträchtigung (1.5 SD)
in einer kognitiven Domäne
N = 303
Beeinträchtigung (1.5 SD)
in zwei kognitiven Domänen
Studien zu Verlaufsvorhersage mit der CERAD
Ivanoiu et al., 2005,
J.Neurol.
Vorhersage des
Übergangs zur
AD bei MCI nach
12 bis 18 Monaten.
(Im Vergleich zu
Personen mit rein
subjektiv empfundenen Gedächtnisstörungen)
CERAD-immediate
CERAD-delayed
MMSE
no information
Studien mit externem Kriterium: gleichaltrige Personen
Sensitivität und
Spezifizität von
neuropsychologischen
Tests zur Trennung von
MCI und gesunden
Personen.
n = 140
C. A. DE JAGER,1 E.
HOGERVORST, M.
COMBRINCK, M. M. BUDGE:
Psychological Medicine, 2003,
33, 1039–1050.
Fragestellung
• Kann die Unterscheidung zwischen
Gedächtnisverschlechterung bei normalem
Altern gegenüber Mild cognitive
impairment verbessert werden?
• Welche neuroanatomischen Strukturen
spielen dafür eine Rolle?
Methodik
• Einschluss einer Gruppe von Patienten mit subjektiv
erlebter Verminderung der Gedächtnisleistung
• Umfassende neuropsychologische Testbatterie incl.
VLMT (Standardtest der ADNI Gruppe)
• Ergänzung um Paired associate recognition testing
wegen wesentlicher Aufgabe des Hippokampus im
Bereich des relational und nicht unbedingt des Items
specific memory
• VBM bei MPRAGE T1 Bilder (1 mm Voxelgröße)
Visual paired associated recognition test
Neuropsychologie und Hirnatrophie
bei MCI
young
elderly
MCI
female 10
male 10
female 11
male 12
female 0
male 8
Mean
SD
Mean
SD
Mean
SD
Alter
23,0
2,7
70,3
3,2
69,6
4,2
Bildungsjahre
15,4
1,8
15,5
3,6
14,0
4,0
MMSE
29,6
0,6
28,8
1,0
27,6
1,9
MWT
30,1
3,4
33,4
2,3
33,3
2,1
Alertness Median ohne
Warnton
235,0
18,2
286,7
44,2
290,5
58,2
Alertness Median mit
Warnton
233,9
29,3
289,0
51,1
275,3
26,1
Geteilte Aufmerksamkeit Reaktionszeit
Geteilte Aufmerksamkeit Auslasser
Geteilte Aufmerksamkeit Fehler
TMT_A, TMT_B
Zahlenspanne_vorwärts
Zahlenspanne_rück
Blockspanne_vor
Blockspanne_rück
Rey_Kopie
RWT_S_Fehler
Anzahl Tiere
RWT_Tiere_Fehler
Rey_short
Rey_long
VLMT_1bis5 **
VLMT_6 **
VLMT_7 **
korrigierter Wiedererkennungswert **
Anzahl S Wörter
Visual paired associate recognition **
Areale mit signifikant erhöhter Hirnatrophie bei
Kombination von VLMT und visueller
Rekognition
Studien zu Verlaufsvorhersage
Nach 2 Jahren, Test: AVLT
Verhaltensauffälligkeiten bei leichten kognitiven
Störungen (Mild Cognitive Impairment / MCI)
An
Ma
gs
t
ni
e/E
up
Ap
ho
at
rie
hi
e/I
nd
iff
er
en
z
En
th
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Ge
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De
pr
es
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Ag
i
Ha
llu
W
ah
nv
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ell
u
ng
en
Patienten mit Symptomen (%)
50
45
40
35
30
25
20
15
10
5
0
Basierend auf der Patientenuntergruppe, die im Vergleich
zur Baseline mindestens eine Verhaltensstörung zeigt
(59% der gesamten Studienpopulation; n=593)
Feldman et al. eingereicht
Fallvorstellung
• 49 Jahre alter Patient
• Vorerkrankungen: Hepatitis C und Bluthockdruck
• Starkstromunfall mit Verbrennungen vor vielen
Jahren
• Keine bekannten neurologischen Erkrankungen in
Familie
• Realschulabschluss, Elektroniker
• Volle Orientierung, MMSE: 28
Untersuchungsergebnisse
• BDI: 17, Zerssen: Prozentrang 95
• MWT: 48.9, LPS 6: t-Wert: 65, Sprachverstehen:
komplett unauffällig
• CVLT: Lernen: 5, 7, 8, 6, 8; B-Liste: 2; sfr: 5; scr:
6 (3 Intr.); lfr: 6; -; Reko: 16 (4 Fehler)
• WMR: verbal: 100; visuell 96; verzögert: 99.
• Experimentelles Wiedererkennung: 2 Fehler
• Geteilte Aufmerksamkeit: 711ms (PR24); 3 A
(PR<18), 5 F (PR5), Inkompatibilität (unauffällig)
• Arbeitsgedächtnis, Reaktionswechsel: unauffällig
Gayk, MCI, rein sprachlich und semantisch
Welche Verdachtsdiagnose?
• Was kann dem Patienten mitgeteilt werden?
Herr Sta?
Hochschulprofessor,
Klagt über Wortfindungsprobleme
Behandlung: S3 Leitlinie empfiehlt
• Es gibt keine Evidenz für eine wirksame Pharmakotherapie
zur Risikoreduktion des Übergangs von MCI zu einer
Demenz.
• Evidenzgrad IB
• Die methodische Schwierigkeit bei Studien zu nichtpharmakologischen Therapie sind bei Patienten mit MCI durch
die Unschärfe des MCI Konstruktes noch verstärkt, so dass sich
bei der aktuellen Literaturlage keine Empfehlungen ableiten
lassen.
• Es gibt keine Evidenz für wirksame nicht-pharmakologische
Therapien zur Risikoreduktion des Übergangs von MCI zu
einer Demenz.
• Evidenzgrad IV
• Das Risiko einer Demenz ist bei Personen mit MCI erhöht. Es
sollten daher die Maßnahmen zur Demenzprävention empfohlen
werden (s. Kapitel Prävention).
Normaldruckhydrozephalus
(NPH)
Liquor cerebrospinalis
• Der Liquor cerebrospinalis wird durch den
Plexus choroideus der Seitenventrikel, des
dritten und des vierten Ventrikels gebildet.
• Er gelangt durch die Aperturae lateralis
und mediana in den Subarachnoidalraum,
umfließt das Gehirn und das Rückenmark,
um dabei z.B. über die Granulationes
archnoidealis resorbiert zu werden.
• Der Liquor ist vom Gehirn durch die BlutHirnschranke getrennt. Der Abtransport
des Liquors erfolgt venös.
Die Ventrikel des Gehirns
• Im Gehirn befindet sich der überwiegende Teil
des Liquors in den Ventrikeln. Im Interstitialraum
dient der Liquor vermutlich auch dem
Stoffwechselprozess der Zellen.
• Eine wichtige Funktion des Subarachnoidal- und
Liquorraums ist die „Polsterung“ des Gehirns bei
Erschütterungen.
• Das Ventrikelsystem besteht aus den beiden
Seitenventrikeln, bestehend aus Frontalhorn,
Cella media, Okzipitalhorn und Temporalhorn
der Seitenventrikel
• Sowie dem 3. Ventrikel medial zu den beiden
Thalamuskernen und dem 4. Ventrikel unterhalb
des Aquädukts.
Ursachen des Liquoraufstaus
• Hydrocephalus occlusus (partieller
Verschluss einer der Ventrikelverbindungen, z.B. durch Tumor wie
Kolloidzyste, oder durch Stenose eines
Ventrikels, z.B. Aquäduktstenose)
• Hydrocephalus malresorptivus („normal
pressure hydrocephalus“ = NPH oder nach
Einblutungen ins Ventrikelsystem bzw. in
den Subarachnoidalraum)
• Hypersekretionshydrocephalus bei
Entzündung des Plexus choroideus
Folgen des Liquoraufstaus
• Sinken der arteriovenösen
Blutdruckdifferenz, damit Sinken der
Hirndurchblutung
• Entwicklung von Hirnödem, im Fall des
Hirndrucks durch Liquoraufstau im Sinne
eines vasogenen Ödems (Anreicherung
von Flüssigkeit in den Interzellulärräumen
vor allem des Marklagers).
• Drosselung der lokalen Blutzufuhr durch
Dehnung und Verlagerung von arteriellen
Gefäßen.
Rupp: Zustand
nach traumatischer
SAB
Kardinalsymptome des NPHs
• 1. Gangstörungen: Startschwierigkeiten,
Gleichgewichtsstörung, breiter, unregelmäßiger
Gang, erschwertes Umdrehen, Schlurfen,
Stolpern, Sturzneigung bis hin zur totalen
Bewegungsunfähigkeit.
• 2. Harninkontinenz: starker Harndrang mit
unwillkürlichem Urinverlust, selten auch
Stuhlinkontinenz.
• 3. Demenz: Gedächtnisstörungen,
Wesensveränderungen (Apathie), seltener
schwere Bewusstseinstörungen.
Therapie des NPH
• Bis zu 80% der Patienten erleben durch eine
Ableitung des Liquors mithilfe eines Shunt-VentilSystems eine deutliche Besserung der Symptome
(aber: relativ hohe Komplikationsrate!).
• Die Chance für eine vollständige Erholung ist
besonders hoch bei einem Therapiebeginn bis zu
zwei Jahren nach Auftritt der Erkrankung, wenn
alle drei Kernsymptome vorliegen, die Demenz
nicht zu ausgeprägt ist und im Gehirn keine
zusätzliche Durchblutungsstörung vorliegt.
• Die Symptome bessern sich unterschiedlich gut:
Gangstörung um die 80 %, kognitive Störung eher
um die 60 %.
Diagnose des NPH per
• neurologischer und neuropsychologischer
Erhebung der Krankengeschichte
(Anamnese) und ausführlicher Untersuchung
• cCT oder MRT des Kopfes
• Lumbalpunktion (ca. 40 bis 50 ml Liquor).
Gelegentlich auch Liquormessungen über
mehrere Tage in der Neurochirurgie.
• Entlastungspunktion ist der Goldstandard der
NPH Diagnose. Allerdings ist die Sensitivität
dieser Methodik nicht wirklich befriedigend
(um die 70 %).
Kognitive Defizite beim NPH
• Im Unterschied zur Alzheimerdemenz ist die
Demenz des NPHs durch exekutive
Funktionsstörungen gekennzeichnet.
• Psychopathologisch dominiert Apathie,
Verlangsamung und Affektnivellierung.
• Insofern finden sich beim NPH frontale Funktionsdefizite, womöglich durch die Lage des Caudatums
angrenzend zu den Seitenventrikeln (siehe auch
Gangstörung, Harninkontinenz!).
• Die genauen biologischen Ursachen der
Funktionsdefizite beim NPH sind aber nicht geklärt
(lokale Hypoxie, Entzündung, Diffusion des Liquors
in weiße Substanz).
Eigener Fall
• 70 Jahre alter Patient mit Kleinhirnblutung
• Im Verlauf der Reha-Maßnahme dann
Verschlechterung im Sinne mangelnder
Belastbarkeit, Antriebslosigkeit, anterograde
Amnesie und kognitiver Verlangsamung.
• In der Folge Shunt OP mit festem Ventil, was die
erwünschte Verbesserung herbeiführt.
• Kurz darauf entwickeln sich bilaterale Hygrome
infolge Überdrainage. Nach Shuntventilrevision
(programmierbares Ventil) wieder Besserung.
Patient mehrere Wochen nach Kleinhirnblutung
und vor OP
Gleicher Patient nach OP
CERAD-NP Testresultate vor und ein Jahr nach der Shunt-Implementation
Testresultate
Skalenwert
Maximum
z-Wert
5
-
-3,11
1
Verbale Flüssigkeit
1
Boston Naming Test
12
15
-1,77
1
Mini-Mental Status
22
30
-4,00
4
Wortliste Gedächtnis
8
30
-3,57
5
Wortliste Abrufen
0
10
-3,43
6
Wortliste - Intrusionen
0
-
0,75
7
Savings Wortliste (%)
0%
100%
-3,02
8
Diskriminabilität (%)
70%
100%
-3,14
9
Konstruktive Praxis
7
11
-2,84
10
Konstruktive Praxis Abrufen
7
11
-1,18
11
Savings Konstruktive Praxis (%)
100%
100%
0,75
NPH vs. AD
• NPH wird um Nachweis auf Entlastungspunktion
gestützt, die nicht wirklich sensitiv und spezifisch ist
• Bei den körperlichen Synptomen hohe Überschneidung
zur VD
• NPH Patienten sind durch Negativsymptomatik
gekennzeichnet
• Verlangsamung bei einfachen Aufgaben, speziell nicht
reizgetriebenen
• Keine erhöhte Fehleranfälligkeit im Gedächtnis
• EF Defizite: visuospatial WM, Reaktionswechsel etc.
• Behandlung per Shunt Implantation (hohes
Entzündungsrisiko, deshalb hohe Anforderung an DD)
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