Demenz: Diagnostik und Therapie im klinischen Alltag

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Demenz:
Diagnostik und Therapie im
klinischen Alltag
Thomas Duning
Klinik für Allgemeine Neurologie
Department für Neurologie
Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Therapie der Demenzerkrankungen
MMST 20-26 Punkte
MMST 10-19 Punkte
MMST < 10 Punkte
Der Begriff der Erkrankung Demenz…
- ist ein unscharf definierter Überbegriff über klinische
Symptome von Gehirnerkrankungen verschiedenster
Ätiologien
- Die Demenzerkrankungen sind ein multi-ätiologisches
und pathophysiologisch extrem heterogenes Syndrom
→ mit dem derzeitigen Konzept der Demenz sind die
Aussagen grundlagenwissenschaftlicher und klinischer
Studien sehr begrenzt
Vladimir Hachinski
American Academy of Neurology (AAN) 65rd Annual Meeting
Session: Update dementia. April 2013
Verlauf der Therapieentwicklung
Mangialasche et al. Lancet Neurol 2010
Behandlung der Alzheimerdemenz
Warum scheitern viele Medikamente?
1. Medikamente werden zu spät eingesetzt
2. Amyloid-Ablagerungen sind nicht der Auslöser der
Krankheit
3. Diagnose Alzheimer war nicht korrekt
oder
=
Warum scheitern viele Medikamente?
2. Diagnose Alzheimer war nicht (ganz) korrekt
Gesunder
Alzheimerpatient
Die meisten Demenzerkrankungen sind Mischformen!
Das „Reparieren“ eines Defektes reicht nicht, um
weiter zu fahren!
Therapie kognitiver Defizite
Farlow et al. Eur Neurol 2000
Therapie kognitiver Defizite
Acetylcholinesterasehemmer
 Höchste Verträgliche Dosis anstreben!
 Fortlaufend einnehmen!
 Keine klinische Überlegenheit einer Substanz
nachweisbar (Birks, Cochrane Database Syst Rev 2006)
 Wechsel zwischen den Substanzen erwägen,
falls Verhältnis Nutzen/NW zweifelhaft
(Gauthier et al. Curr Med Res Opin 2003)
Therapie kognitiver Defizite
Klinische Realität:
Derzeit werden etwa 30% der Patienten mit
einer Indikation für ACholEsterase-Hemmer
und/oder Memantin tatsächlich behandelt
Nach einem Jahr nimmt noch ca. 20% d. Pat.
die Medikamente ein
(Birks et al, Cochrane Database Syst Rev. 2006)
Therapie kognitiver Defizite
Cochrane Datenanalyse cd 005593; Birks et al. 2012:
10 randomisierte, doppel-blinde, Placebo-kontrollierte
Studien, mind. 6 Monate Therapie mit CholinesteraseHemmern
 Messbarer Effekt (ADAS-Cog-Skala) auf Kognition,
p < 0,00001
 Deutlicher Effekt in Tätigkeiten des alltäglichen
Lebens, p < 0,00001
 Effekt bei milden, moderaten und schweren
Formen der Demenz vorhanden
Therapeutischer Effekt
Angewendete Maßstäbe zur Bewertung der
Alltagsrelevanz
Basis ADL
ADL
1
2
3
4
5
6
Aktivität
Eßverhalten
Gehen
Blasen- und Darmfunktionen/ Toilette
Baden
Körperpflege
Anziehen
Instrumentelle ADL
ADL
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
Aktivität
Nutzung des Telefons
Fernsehen
Unterhaltung führen
Geschirr abräumen
Persönliche Gegenstände finden
Heiße oder kalte Getränke zubereiten
Mahlzeit oder Snack zubereiten
Müll entsorgen
Wohnung verlassen/ reisen
Einkaufen gehen
Termine oder Verabredungen einhalten
Kann alleine bleiben
Redet über aktuelle Ereignisse
Zeitschrift, Tageszeitung oder Buch lesen
Schreiben
Hobby, Freizeitbeschäftigung oder Spiel nachgehen
Haushaltsgeräte bedienen
Therapeutische Erwartungshaltung
Acetylcholinesterasehemmer
Therapie kognitiver Defizite
Kombinationstherapie
Memantine plus Acetylcholinesterasehemmer
Porsteinsson et al. Curr Alzheimer Res 2008
Therapie kognitiver Defizite
Kombinationstherapie
 Kombinationstherapie von Memantin und
Acetylcholinesterasehemmer offenbar wirksamer als
Monotherapie
 Bei Patienten mit Progress unter Monotherapie erwägen
(S3-Leitlinien Demenz)
 ACholEsterase-Hemmer nicht absetzen, sondern
kombinieren!
 Off-label-Behandlung!
Therapie kognitiver Defizite
Acetylcholinesterasehemmer
Absetzen bei Eintritt in schwere Demenz?
 Wirksamkeit f. Donepezil und Galantamin bei MMSE
< 10 Pkt. nachgewiesen (Winblad et al. Lancet 2006)
Therapie kognitiver Defizite
ADL
Winblad et al. Lancet 2006
Therapie kognitiver Defizite
Acetylcholinesterasehemmer
Absetzen bei Eintritt in schwere Demenz?
 Wirksamkeit f. Donepezil und Galantamin bei
MMSE < 10 Pkt. nachgewiesen (Winblad et al. Lancet 2006)
 Deshalb in USA und vielen anderen Ländern
zugelassen
 Wird von der S3-Leitlinie Demenz u.a. (z.B. SIGN)
empfohlen
 „Ein Absetzen der Therapie mit
Cholinesterasehemmern bei einem MMSE ≤10
Punkten ist abzulehnen“
 Aber: Off-label Behandlung!
Diagnostik dementieller Erkrankungen
Diagnosekriterien der Alzheimererkrankung
Paradigmentwechsel nach 27 Jahren
 Von der Ausschlußdiagnostik hin zu einer
Befund-betonten Diagnose
 Berücksichtigung neuer Verfahren wie
Bildgebung und laborchemischer Biomarker
 Prinzipiell soll eine frühere Diagnose möglich
sein
Diagnosekriterien der Alzheimererkrankung
Diagnosekriterien der Alzheimererkrankung
Drei Phasen der Erkrankung
1. Präklinische Alzheimer Erkrankung
2. Leichte kognitive Beeinträchtigung (MCI)
3. Alzheimer Demenz
Stützen der Diagnose durch Biomarker
Diagnostische Kategorie
Biomarker
hinweisend auf
AD
Beta-Amyloid (Aβ)
Peptid
Neuronale
Schädigung
Alzheimer-Erkrankung–
rein klinische Kriterien
keine Aussage
nicht untersucht/
grenzwertig/
widersprüchlich
nicht untersucht/
grenzwertig/
widersprüchlich
Alzheimer-Erkrankung,
mittlerer
Wahrscheinlichkeit
mittel
positiv
nicht untersucht
nicht untersucht
positiv
positiv
positiv
negativ
negativ
β-Amyloidlevel
Alzheimer-Erkrankung,
hohe Wahrscheinlichkeit
Dementielle Symptome,
wahrscheinlich nicht
durch Alzheimer
Pathologie
β-Amyloid-PET
hoch
niedrig
FDG-PET
Atrophie i. MRT
Tau-Protein
Fazit zur leitliniengerechten Diagnostik
 Die klinische Diagnose ist weiterhin Standard, aber:
 aufgrund des variablen klinischen Bildes sollten die
etablierten Biomarkern nicht ignoriert werden!
 Sichern Sie Ihre Diagnose mit:
 MRT des Kopfes
 Sinnvollen neuropsychologischen Kurztests
 Laborchemie
(Blutbild, Elektrolyte (Na, K, Ca), Nüchtern-BZ, TSH, BSG oder
CRP, GOT, Gamma-GT, Kreatinin, Harnstoff, Vitamin B1 und B12, Anti-TPO/TG-AK)
 Liqourdiagnostik oder Amyloid-Bildgebung
 Ausführlicher neuropsychologischer Testung
Diagnose?
Diagnose?
Leichte kognitive Störung (MCI)
Ziel: Verbesserte frühzeitige klinische Diagnose
 Subjektive kognitive Defizite
 Objektiviertes Defizit in mind. einer Domäne mittels
altersgeeichtem Test
 Erhaltene funktionelle Unabhängigkeit
 Ausschluss anderer Ätiologien (v. a. internistische,
traumatische und medikamentöse)
Albert et al. Alzheimers Dement. 2011
Petersen et al. Arch Neurol. 1999
Petersen et al. J Intern Med. 2004
Behandlung der MCI:
Helfen Antidementiva?
Schlussfolgerung:
Antidementiva
- verbessern bei MCI weder kognitive Funktion noch Alltagsfunktion
- Haben erhebliche Nebenwirkungen
Behandlung der MCI:
Helfen Antidementiva?
Kommentator Journal Club:
 Außer Nebenwirkungen keine Effekte
 „Hände weg“ von klassischen Antidementiva bei MCI
 Sobald eine AD oder Mischdemenz vorliegt, sollten
Antidementiva konsequent eingesetzt werden
Leichte kognitive Störung (MCI)
Kritik am Konzept der MCI
 Jährliche Konversionsrate MCI → Alzheimerdemenz: 1% - 38%
(Damian et al. Dement Geriatr Cogn Disord 2013)
 MCI beinhaltet keine ätiologische Zuordnung
 Damit prädiktiv für den einzelnen Patienten unbrauchbar
 Es existiert keine exakte und allgemeingültige MCI-Definition
(Was sind Einbußen in Alltagsaktivitäten?)
→
Der Terminus MCI ist für die Praxis verzichtbar, da er
suggeriert, dass die Alzheimer-Krankheit im Stadium der
leichten Symptome eine andere Krankheitsentität darstellt
als im Stadium der Demenz
V. Hachinski, AAN 63rd Annual Meeting, April 2010
Behandlung der MCI:
Helfen Antidementiva?
Fazit für die Praxis:

Eine ausführliche neuropsychologische Testung ist bei Patienten
mit subjektiven kognitiven Defiziten indiziert, um eine MCI durch
Alzheimer-Pathologie zu diagnostizieren

Weitere Biomarker erhöhen die diagnost. Sicherheit bei einer MCI
durch Alzheimerpathologie
→ Patienten mit einer MCI, die wahrscheinlich durch eine
Alzheimer-Pathologie bedingt ist, sollte ein
Acetylcholinesterasehemmer nicht vorenthalten werden
Team Demenzerkrankungen
Spezialambulanz für Gedächtnisstörungen der
Universitätsklinik Münster
Fragen zu dementiellen Syndromen?
Durchwahl 0251 / 83- 48197
PD Dr. Th. Duning
[email protected]
Dr. H. Lohmann
A. Johnen, S. Reul
Cand. med. T. Kormblum
Dr. K. Hummel
Dr. M. Neuhaus
Dr. J. Lange-Grumfeld
Dr. G. Lueg
Dr. S. Belgriri
Dr. V.E. Hoffmann
Prof. M. Deppe
Spezialambulanz für
Gedächtnisstörungen
am UKM
Termine unter 0251 / 83- 48016
Klinik für Allgemeine Neurologie
Universitätsklinikum Münster
Fragen zu dementiellen Syndromen?
Durchwahl 0251 / 83- 46816
PD Dr. Th. Duning
www.neurologie.uni-muenster.de
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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
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