– fortbildung –schwerpunkt Funktionelle und ästhetische Chirurgie der Nase Welche Operation ist sinnvoll, wann zahlt die Kasse? Von A. Berghaus Wenn die Nasenatmung durch innere oder äußere Veränderungen behindert ist, zahlt die Kasse den Eingriff. Schwieriger wird es bei überwiegend kosmetischen Korrekturen. Wie hoch der Leidensdruck des Patienten mit Schief- oder Höckernase ist, muss oft ein Gutachten klären. Doch liegt der Patient schon mal in Narkose, um die Nasenscheidewand zu begradigen, warum nicht gleich den „hässlichen“ Höcker wegzaubern? Aber Vorsicht – hier wird getrennt abgerechnet. – Unter einer Rhinoplastik versteht man eine korrektive Nasenoperation, die eine funktionelle oder kosmetische Veränderung oder auch beides zum Ziel hat. Sowohl eine funktionelle Störung – also die Behinderung der Nasenatmung – als auch der Wunsch nach rein äußerlicher Korrektur der Nase sind häufig. Dabei nimmt der kosmetische Aspekt eigenen Beobachtungen zufolge in Deutschland immer noch an Bedeutung zu. Mit der Festlegung über Art und Umfang des Eingriffs an der Nase muss bei den verschiedenen Deformitäten (Schiefnase, Höckernase etc.) eine Zuordnung unter funktionellen und kosmetischen Aspekten erfolgen, wobei die richtige Einschätzung im Einzelfall Erfahrung im Umgang mit der Thematik und Kenntnisse über die operationstechnischen Möglichkeiten voraussetzt. Deformitäten der Nase Veränderungen der inneren Nase, die zu einer Behinderung der Nasenatmung führen, jedoch äußerlich ó Abb. 1 Schiefnase mit Nasenatmungsbehinderung vor (links) und nach (rechts) funktioneller Septo-Rhinoplastik. 24 | 715 nicht sichtbar sind bzw. keinen Einfluss auf die äußere Form der Nase haben: Häufigste Beispiele hierfür sind die Septumdeviation und die Nasenmuschelhyperplasie. Sofern hier operative Maßnahmen erforderlich sind (Septumplastik, Chirurgie der Nasenmuscheln im Sinne einer Turbinoplastik oder Konchotomie), fallen diese als Behebung krankhafter Zustände in den Bereich der Finanzierung durch gesetzliche bzw. private Krankenversicherungen. ó Deformitäten der inneren Nase, die zu Funktionsstörungen führen und derart mit äußeren Veränderungen verbunden sind, dass nur eine Operation der inneren und der äußeren Nase Abhilfe schaffen kann: Beispiele hierfür sind die Spannungsnase (Verengung vor allem der Naseneingänge durch hohen Nasenrücken und Nasensteg in Kombination mit einer schmalen Nasenbasis); die ausgeprägte Schiefnase (Abb. 1); einige Formen von Sattelnasen (Abb. 2), besonders nach Traumen; schwere Fehlbildungen der Nase (z. B. ausgeprägte Spaltnasen-Deformitäten). Obwohl die Operation in diesen Fällen in der Regel auch mit einer kosmetischen Verbesserung einhergeht, fällt die Leistung in den Bereich der Versicherungen, weil nur durch die äußere Korrektur die funktionelle Verbesserung zu erreichen ist („Funktionelle Septo-Rhinoplastik“). ó Formveränderungen, die von einer als ideal betrachteten Konfiguration abweichen und bei den Betroffenen zu einem Störungsbewusstsein bzw. Leidensdruck geführt haben, aber MMW-Fortschr. Med. Nr. 33-34 / 2005 (147. Jg.) fortbildung –schwerpunkt an sich keine Funktionsstörungen nach sich ziehen: Als Beispiele gelten viele geringgradige Schiefnasen, Breit-, Höcker-, Langnasen (Abb. 3–5) und manche Sattelnasen. Hierhin gehören auch physiologische, ethnisch bedingte Unterschiede in der Nasenform, z. B. bei Schwarzafrikanern, Asiaten, Orientalen und anderen Gruppen. Diese Deformitäten werden als „kosmetisch“ angesehen und die entsprechende „ästhetische Rhinoplastik“ für die Korrektur fällt nicht in den Bereich der Leistungen von Kassen oder Versicherungen. Ausnahmen sind unter Umständen extreme Nasenformen, die zu psychischen Störungen Anlass geben, welche wiederum durch psychologische Maßnahmen allein nicht korrigierbar sind. Diese Zusammenhänge werden dann gutachtlich geprüft. Unfallfolgen und angeborene Fehlbildungen Bei Traumafolgen mit äußerlichen und/oder inneren Veränderungen der Nase kommt als Kostenträger für die wiederherstellende Chirurgie ggf. auch der Unfallgegner bzw. dessen Versicherung in Betracht. Bei schweren angeborenen Fehlbildungen mit entstellendem Charakter (vor allem Spaltnasen, Binder-Syndrom u. a.) übernehmen Versicherun- – Abb. 2 Sattelnase vor (links) und nach (rechts) korrektiver Rhinoplastik. gen meist auch dann die Kosten für die korrektive Chirurgie, wenn keine deutliche Funktionsstörung vorliegt. In manchen Fällen muss eine individuelle Klärung der Kostenregelung gefunden werden, wenn sich die Situation nicht eindeutig darstellt oder verschiedene Aspekte sich überschneiden. Dies kann z. B. der Fall sein, wenn anamnestisch angeblich ein Trauma im Jugendalter später zu einer kosmetisch störenden Deformität geführt haben soll. Oder wenn eine Nasenatmungsbehinderung durch Septumdeviation vorliegt, der Patient aber gleichzeitig mit der geplanten funktionellen Chirurgie der inneren Nase die Korrektur eines (funktionell unbedeutenden) Nasenhöckers wünscht. Es ist nachvollziehbar und sinnvoll, dass Betroffene dann beide Maßnahmen – die nach Indikationsstellung und operativem Vorgehen sehr wohl voneinander trennbar sind – in einer Narkose durchführen lassen wollen. Jedoch muss in einem solchen Fall sichergestellt werden, dass die Versicherung des Betroffenen nicht mit den Kosten belastet wird, die dem rein kosmetischen Teil der Korrektur zuzuordnen sind. Dies gilt dann auch für eventuelle Folgekosten des ästhetischen Eingriffs. Andererseits ist eine gestörte Nasenatmung unphysiologisch und kann zu Folgeerkrankungen der Luftwege führen (vor allem chronische Sinusitis, Bronchitis u. a.), sodass die Leistungserbringung zur Korrektur derartiger funktioneller Störungen den Versicherten nicht vorenthalten werden kann. Funktionelle oder ästhetische Korrektur? Abb. 3 Höckernase vor (links) und nach (rechts) ästhetischer Rhinoplastik. MMW-Fortschr. Med. Nr. 33-34 / 2005 (147. Jg.) Vor dem geschilderten Hintergrund ist es wichtig, dass der Operateur die Zielrichtung des geplanten Eingriffs korrekt erfasst und klar unterscheidet, ob es sich um eine funktionelle oder ästhetische Korrektur oder eine Kombination von beidem handelt. Dies zu erkennen, ist einerseits wichtig, um den Ansprüchen des Patienten gerecht zu werden, andererseits aber auch, weil 716 | 25 – fortbildung –schwerpunkt diese Frage darüber entscheidet, wer die Kosten des Eingriffs trägt. Demnach gehört zur Operationsvorbereitung neben der endoskopischen und sonstigen klinischen Untersuchung der Nase eine sorgfältige Anamneseerhebung. Sie muss die genaue Befragung nach Art, Schwere und Dauer einer eventuellen Nasenatmungsbehinderung beinhalten und abklären, welchen Stellenwert ggf. eine äußerliche Nasenveränderung im jeweiligen Fall hat. Apparative Untersuchungen (Rhinomanometrie, akustische Rhinometrie) können die anamnestisch und klinisch erhobenen Befunde zur Nasenatmungsbehinderung ergänzen, aber nicht ersetzen. So weist die Angabe einer inkonstanten Nasenatmungsbehinderung mit Zunahme beim Hinlegen und Seitenwechsel auf die Nasenmuscheln als Ursache hin, während etwa eine konstant gleich bleibende, einseitige Störung am ehesten mit einer Septumdeviation in Verbindung zu bringen ist. Sehr häufig sind beide Probleme miteinander kombiniert und die Symptome durchmischen sich. Gelegentlich, besonders bei Höckernasen, versuchen Patienten bewusst oder unbewusst, den Wunsch nach ästhetischer Korrektur ihrer Nasenform durch Angaben über Beschwerden zu untermauern, die dem Eingriff eine mehr funktionelle Zielsetzung geben Abb. 4 Überprojizierte Nasenspitze vor (links) und nach (rechts) kosmetischer Korrektur. sollen. Dann wird z. B. über Schmerzen in einem sonst unauffälligen Nasenhöcker oder hierdurch ausgelöste Sichtbehinderung geklagt, oder es wird angegeben, ein Höcker, der harmonisch und symmetrisch geformt ist, habe sich nach einem banalen Trauma entwickelt. Es ist dann Aufgabe des erfahrenen Rhinochirurgen, zu ermitteln, ob die Angaben des Patienten objektiv nachvollziehbar sind (was in den hier geschilderten Beispielen in der Regel nicht der Fall ist). Wer ist qualifiziert für die Operation? Facharzt- oder Zusatzbezeichnungen können bei der Suche nach dem geeig- neten Operateur hilfreich sein. Für funktionelle Störungen ist der HNOArzt der richtige Ansprechpartner. Die Zusatzbezeichnung „Plastische Operationen“ weist HNO-Ärzte, aber auch Mund-Kiefer-Gesichtschirurgen aus, die sich, ebenso wie viele Fachärzte für Plastische Chirurgie, in der Regel auch spezielle Fertigkeiten in der kosmetischen Nasenchirurgie angeeignet haben. Einen „Facharzt für Ästhetische Chirurgie“ gibt es nicht, und der Bereich der kosmetischen Operationen hat sich im Wesentlichen außerhalb des gesetzlich geregelten Weiterbildungsrechts der Ärzteschaft entwickelt [1], sodass auch „Schönheitschirurgen“ ohne besondere Weiterbildungsbezeichnung kosmetische Eingriffe im Gesicht durchführen. Knorpel erhalten und keine sichtbaren Narben Abb. 5 Großhöckernase vor (links) und nach (rechts) kosmetischer Rhinoplastik. 26 | 717 Die Operationstechniken bei den Eingriffen an der inneren Nase sind weltweit überwiegend vereinheitlicht. Die Septumplastik wird von einem Schnitt im Naseninneren aus weit gehend unter Erhalt des Knorpels durchgeführt, während früher inzwischen veraltete Techniken (Operation nach Killian) die Wegnahme großer Teile des Septumknorpels bedeuteten. Bei der Chirurgie der Nasenmuscheln erzielt man den stärksten Effekt mit der partiellen Resektion (Koncho- MMW-Fortschr. Med. Nr. 33-34 / 2005 (147. Jg.) fortbildung –schwerpunkt tomie bzw. Turbinoplastik). Die Elektrokauterisation (Muschelkaustik) wie auch die Laserbehandlung der Nasenmuscheln ist weniger invasiv und schonender, allerdings langfristig häufig auch weniger effektiv. Bei der Chirurgie der äußeren Nase – also im Wesentlichen der ästhetischen Rhinoplastik – unterscheidet man verschiedene Schnittführungen im Naseninneren als „geschlossene Methode“ von einer „offenen Technik“, bei der von einem quer über den Nasensteg geführten Schnitt ausgehend die Haut über dem gesamten Nasengerüst abgehoben wird. Die geschlossene Methode gilt als technisch schwieriger, erspart aber dem Patienten die äußerliche Schnittführung am Nasensteg, die gelegentlich auch als störende Narbe sichtbar bleiben kann. Die in den Beispielen (Abb. 1–5) gezeigten Fälle wurden alle mit der vom Verfasser bevorzugten geschlossenen Methode operiert. Bei den korrektiven Maßnahmen am Nasengerüst hat sich international eine mehr konservative Einstellung durchgesetzt, d. h. dass die vorhandenen Strukturen vor allem des knorpeligen Nasengerüstes z. B. durch spezielle Nahttechniken modelliert und weniger durch Resektion reduziert werden. Unterstützend kommen bei Bedarf für die Formgebung feine Knorpeltransplantate zum Einsatz. Vor allem bei der ästhetischen Rhinochirurgie wird vom Operateur ein erlerntes oder intuitives Verständnis der ausgewogenen Proportionen eines Gesichts und der Nase verlangt. Er sollte bei der Korrektur nicht nur das kurzfristig erzielte Resultat vor Augen haben, sondern auch an mittel- und langfristige Veränderungen durch Abschwellung und Narbenschrumpfung denken, die über Monate und Jahre noch das Ergebnis beeinflussen werden. Nach der OP: Schiene und Tamponade Nach Operationen an der Nasenscheidewand verbleibt für einige Tage eine Silikonschienung, umfangreichere Nasenmuschelchirurgie erfordert eine lockere Schaumstofftamponade für etwa 24 Stunden. Nach Eingriffen am knöchernen Gerüst der äußeren Nase wird für 10 bis 14 Tage eine äußerliche Schiene appliziert, die heute nicht mehr aus Gips, sondern meist aus Aluminium besteht. Unerwünschte Folgen und Komplikationen der korrigierenden Nasenchirurgie sind erfreulicherweise selten. Gelegentliche Nachblutungen sieht man vorzugsweise nach Eingriffen am Naseninneren, namentlich nach Konchotomie. Septumhämatome oder gar Abszesse nach Septumplastik können als Rarität bezeichnet werden. Bei jeder äußerlichen Nasenkorrektur kann es – auch bei korrekter operativer Vorgehensweise – z. B. durch Narbenzug zu Asymmetrien und Unregelmäßig- – keiten im Profil kommen. Die Entscheidung über eine eventuelle Nachoperation sollte dann möglichst nicht vor Ablauf eines Jahres getroffen werden, weil erst dann eine genügende Abschwellung und Stabilisierung der Narben an Weichteilen, Knorpel und Knochen eingetreten ist und somit deutlich wird, welche Korrektur im Einzelnen sinnvoll ist. Michael Jackson: Beispiel für eine zu oft operierte Nase Naturgemäß steigt mit der Anzahl der Revisionsoperationen an einer Nase das Risiko unerwünschter Komplikationen und Folgezustände, weil immer weniger gesundes, belastbares Gewebe für die Korrektur zur Verfügung steht. Keineswegs kann eine Nase beliebig häufig Korrekturoperationen unterzogen werden. Die als Beispiel für einen derartigen Verlauf auch in der Laienpresse berühmt-berüchtigt gewordene Nase von Michael Jackson kann hier als exemplarisch gelten. Literatur beim Verfasser Anschrift des Verfassers: Prof. Dr. med. Alexander Berghaus Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde Klinikum Großhadern Ludwig-Maximilians-Universität Marchioninistr. 15, D-81377 München Tel. 089/7095-2990 Fax: 089/7095-8891 E-Mail: [email protected] – Zusammenfassung | MMW-Fortschr. Med. 147 (2005), 715–718 Rhinoplastik – funktionelle und ästhetische Chirurgie der Nase Eine Rhinoplastik korrigiert operativ funktionelle oder kosmetische Störungen der Nase. Bei behinderter Nasenatmung durch Septumdeviation, Nasenmuschelhypertrophie oder einer ausgeprägten Schiefnase etwa, die zur Deformierung der inneren Nase und damit zu funktionellen Störungen führt, ist die Kostenübernahme durch die Krankenkassen keine Frage. Bei geringgradigeren Veränderungen werden Gutachten gefordert. Rein kosmetische Korrekturen muss der Patient selbst zahlen. MMW-Fortschr. Med. Nr. 33-34 / 2005 (147. Jg.) Im Anschluss an die Operation wird die Nase mit Schienen und Tamponaden gestützt. Eine Nachfolgeoperation sollte frühestens nach einem Jahr erfolgen. Schlüsselwörter: Rhinoplastik – Nasenchirurgie – funktionell – kosmetisch Rhinoplasty – Functional and Esthetic Surgery on the Nose With the aid of rhinoplasty, functional or cosmetic defects affecting the nose can be surgically corrected. In cases of disturbed nasal breathing due to septum deviations, hypertrophy of the conchae or a crooked nose which, for example, has led to deformation of the inside of the nose and thus to a functional disturbance, there is no question that the insurance will cover the costs. In the case of mild deformities, however, an expertise is first required. Purely cosmetic corrections are not covered by the health insurance and must be paid for by the patient him/herself. At the end of the operation, the nose is supported with splints and tamponades. Any subsequent surgery should be done at the earliest after one year. Keywords: Rhinoplasty – Surgery on the nose – Functional – Cosmetic 718| 27