Einsprache gegen das Asylzentrum - Schweizerischer Israelitischer

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Zürich 19
Tages-Anzeiger – Mittwoch, 9. November 2016 Mauch zeigt
rechtsradikale
Rockband an
Die Zürcher Polizei hat wegen
Texten der rechtsradikalen
Band Mordkommando
die Justiz eingeschaltet.
Mario Stäuble
So soll das Bundesasylzentrum auf dem Zürcher Duttweiler-Areal dereinst aussehen. Visualisierung: Stadt Zürich
Einsprache gegen das Asylzentrum
Anwohner in Zürich-West wehren sich auf dem Rechtsweg gegen das Bundesasylzentrum neben
dem Toni-Areal. Sie halten das Duttweiler-Areal für ungeeignet, weil es dort zu laut sei.
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schon heute davon aus, dass die Stadt
das Zentrum als «Providurium» noch ungleich länger weiterführen werde.
Die FDP-Politikerin hatte bereits 2013
zusammen mit Anwohnern, Grundeigentümern und Gewerbetreibenden
einen zweijährigen Testbetrieb mit
500 Plätzen auf dem besagten Grundstück erfolgreich bekämpft. Damit der
Bund wie vorgesehen im Januar 2014 mit
der Testphase für verkürzte Asylverfahren gleichwohl beginnen konnte, gab die
Stadt unter dem damaligen Sozialvorsteher Martin Waser (SP) das Vorhaben in
Zürich-West auf. Waser wich auf die bestehende Nothilfeunterkunft Juch mit
300 Plätzen in Altstetten aus und startete dort mit dem Pilotprojekt.
Letztes Wort beim Volk
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Standort geplantes
Bundesasylzentrum
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Migros Verteilzentrum
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In einem Bürogebäude an der Förrlibuckstrasse im Kreis 5 in der Nähe des
Duttweiler-Areals mietete sich hierauf
das Staatssekretariat für Migration
(SEM) ein und testet dort das beschleunigte Asylverfahren. Nach dem Ja der
Schweizer Stimmbevölkerung zur Revision des Asylgesetzes im Juni 2016
wurde es definitiv eingeführt.
Entscheiden über das neue Bundesasylzentrum auf dem Duttweiler-Areal
wird die Stimmbevölkerung im Herbst
2017. Frühester Baubeginn ist laut Stadtrat 2018, die Eröffnung ist auf 2020 vorgesehen. Bauherrin ist die Stadt Zürich.
Die Kosten sprengen die Grenze von
20 Millionen Franken. Darum muss die
Vorlage zunächst im Parlament zur Sprache kommen. Das wird wahrscheinlich
im nächsten Frühjahr geschehen.
Der Bund tritt als Mieter der Anlage
auf. Er versichert, dass die jährliche
Miete die Kosten decke, die der Stadt
entstehen. Die Schnellverfahren wird
das SEM weiterhin am nahegelegenen
Standort des heutigen Testbetriebs an
der Förrlibuckstrasse durchführen.
In der neuen Anlage mitten im Ausgehviertel im Kreis 5 sollen dereinst für
maximal 25 Jahre 320 bis höchstens
360 Asylsuchende untergebracht werden, in erster Linie Familien und Einzelpersonen, die ein Asylgesuch gestellt haben. Das Zentrum des Bundes bildet den
Ersatz für die jetzigen Unterkünfte auf
dem Juch-Areal in Altstetten. Diese müssen 2020 aufgegeben werden.
Bilder Die Pläne für
das Duttweiler-Areal
zentrum.tagesanzeiger.ch
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Die Bedenken kommen aus der direkten
Nachbarschaft: Die kürzlich ins Leben
gerufene Interessengemeinschaft (IG)
Duttweiler-Areal wird spätestens heute
Mittwoch, wenn die Frist abläuft, gegen
das dort geplante Bundesasylzentrum
Einsprache erheben. IG-Präsident Nicolas Piccolo Leeser bestätigt entsprechende Informationen des «Tages-Anzeigers». Im selben Atemzug sagt Piccolo Leeser: «Wir sind keine rechte
Gruppierung, und wir würden jedem
Flüchtling helfen, der in Not ist.» Der
Zürcher Stadtrat hatte Mitte Oktober das
Bauvorhaben bewilligt.
Als Hauptgrund für die Einsprache
führt er die «unzumutbaren Lärmimmissionen an, namentlich jene vom Autoverkehr an der Pfingstweidstrasse»,
denen die Asylbewerber ausgesetzt wären. Das dreistöckige Gebäude liegt in
der Industrie- und nicht in der Wohnzone. Der IG angeschlossen hätten sich
hauptsächlich Anwohner.
Mitglied der IG ist auch die freisinnige
Gemeinderätin Elisabeth Schoch, Vorstandsmitglied der FDP Zürich 4+5. Sie
sagt, die Leute im Quartier seien froh,
dass «wir uns zu diesem rechtlichen
Schritt entschieden haben. Doch viele
wollen inkognito bleiben, aus Angst, sie
hätten Vorbehalte gegen Asylsuchende».
Elisabeth Schoch hält das DuttweilerAreal im Entwicklungsgebiet ZürichWest für den «falschen Standort». Zunächst seien im neuen Zentrum
500 Plätze geplant gewesen, nun habe
der Stadtrat die Kapazität auf 320 reduziert. «Das ist ein Indiz dafür, dass das
Areal offenbar zu klein ist.» Die Anlage
soll während maximal 25 Jahren betrieben werden. Elisabeth Schoch indes geht
Du
Silvio Temperli
Gfeller geht noch früher – nun will es auch Zeugin wissen
Fünf Parteien bewerben sich
in Winterthur um den Sitz
des Grünen Matthias Gfeller.
Gewinnt die SVP, wird die
einst rot-grüne Stadt noch
bürgerlicher.
ting-Projekte soll er die Information zurückbehalten haben, dass bei der Wärmering Frauenfeld AG eine Sanierung in
Millionenhöhe anstehe. Ein Untersuchungsbericht zeigte dann, dass in seinem Amt Millionen falsch verbucht und
Bilanzen verschleiert wurden.
Ruedi Baumann
Die Grünliberalen haben mit ihrer Nomination länger gewartet als die anderen
Parteien. Michael Zeugins Handicap: Er
war schon 2010 und 2012 erfolglos für
einen Stadtratssitz angetreten. Bitter war
die Ersatzwahl 2012. Im ersten Wahlgang
lag er noch vor der heutigen FDP-Stadträtin Barbara Günthard-Maier, die ihn
dann im zweiten knapp überholte.
Die Nomination der GLP war einstimmig, wie sie mitteilte. Zeugin soll als «Al-
ternative zu den politischen Polen rechts
und links» positioniert werden. Der
39-Jährige gilt im Winterthurer Stadtparlament als pointierter Vertreter einer
Sparpolitik und somit nicht als Freund
der Linken. Er arbeitet in einem Treuhandbüro im Liegenschaftenbereich.
Daniel Oswald (SVP) und Christa
Meier (SP) haben einen Startvorteil, weil
ihre Parteien die klar grösste Wähler­
basis haben. Im Mitte-links-Lager treten
neben Zeugin auch EVP-Kandidatin Barbara Huizinga und der Grüne Jürg Altwegg an, der den Gfeller-Sitz verteidigen
will. Die Wärmering-Affäre spielt den
Grünen allerdings nicht in die Karten.
Pikant ist, dass die SP nicht den Grünen hilft, sondern selber einen dritten
Sitz anstrebt. Die Überlegung hinter dieser Taktik: Die angeschlagenen Grünen
C. Meier, SP.
J. Altwegg, Grüne.
Nun ist die Ausgangslage für die Ersatzwahl vom 12. Februar in Winterthur klar:
Gestern hat die GLP als letzte Partei die
Nomination ihres städtischen Fraktionschefs und Kantonsrats Michael Zeugin
(39) bekannt gegeben. Er will zwischen
SVP, EVP, Grünen und SP der «Kandidat
der Mitte» sein. Bekannt ist nun auch
das Datum des Rücktritts von Matthias
Gfeller. Statt wie angekündigt erst im
zweiten Quartal hört er bereits Ende Januar auf, wie er am Montag vor dem
Stadtparlament verkündete.
Gfeller hatte seinen Rücktritt mit seiner angeschlagenen Gesundheit begründet. Der Werkvorsteher geriet immer
mehr unter Druck wegen der Wärmering-Affäre. Vor der städtischen Abstimmung im Juni 2015 über einen 70-Millionen-Rahmenkredit für Energiecontrac-
Das Zögern der GLP
D. Oswald, SVP.
M. Zeugin, GLP.
hätten eh keine Chance gegen SVP-Kandidat Daniel Oswald, also kann nur die SP
verhindern, dass das Rechts-links-Verhältnis im Stadtrat von 4:3 auf 5:2 kippt.
Auf der rechten Seite ist die SVP allein,
weil FDP und CVP nicht antreten.
Entscheid im zweiten Wahlgang
Wenn fünf Kandidaten, von denen keiner
ein Überflieger ist, für einen Sitz antreten, kommt es oft zu einem zweiten
Wahlgang. Entscheidend wird, wer verzichtet und wie das Parteiengefüge spielt.
FDP-Präsident Dieter Kläy sagt: «Ich gehe
davon aus, dass wir Daniel Oswald von
der SVP unterstützen werden. Sachlichinhaltlich waren sich FDP, SVP und CVP
in den letzten Jahren ziemlich einig.»
Die SVP war seit 2002 (Leo Iten)
nicht mehr im Stadtrat vertreten, bis
2014 J­osef Lisibach
Pearl Pedergnana
(SP) verdrängte.
Die SVP hat nun gar
Chancen auf einen
zweiten Sitz, sofern sich in einem
zweiten Wahlgang
die Mitte-links-Parteien
Stimmen
B. Huizinga, EVP.
wegnehmen.
Der Titel des Lieds klingt harmlos:
­«Corine Mauch» heisst das vier Minuten
lange Stück. Der Text aber enthält Todesdrohungen gegen die Zürcher Stadtpräsidentin. Über drei Strophen hinweg
umschreibt der Sänger der Rockband
Mordkommando, wie er die Zürcher SPPolitikerin attackieren, foltern und umbringen will.
Mauch hat jetzt reagiert: «Das Präsidialdepartement hat sich im Auftrag von
Frau Mauch bei der Stadtpolizei Zürich
gemeldet und auf die rechtsradikalen
Songtexte aufmerksam gemacht»,
schreibt Sprecher Nat Bächtold. Die Polizei wiederum habe festgestellt, dass es
sich um ein Offizialdelikt handle. Ein
Rapport ging an die Zürcher Staats­
anwaltschaft. Dort liegt bereits eine Anzeige vor – der Schweizerische Israelitische Gemeindebund (SIG) ist aktiv geworden, weil die Musikgruppe auch verschiedene Exponenten der jüdischen
Gemeinde in der Schweiz und in Zürich
bedroht. In einem Lied fordert der Sänger «Bomben auf Wiedikon»; ein anderer Text zielt explizit auf den SIG-Präsidenten Herbert Winter.
Das acht Lieder umfassende Album
der rechtsradikalen Band trägt den Titel
«Schwarze Liste». Es stammt gemäss
Einträgen in Musikdatenbanken aus
dem Jahr 2014. Die beteiligten Musiker
treten anonym auf. Der Sänger textet auf
Hochdeutsch, aber die Vermutung liegt
nahe, dass es sich um ein Schweizer
­Projekt handelt, da in den Songs in erster Linie prominente Schweizerinnen
und Schweizer angegriffen werden,
unter anderen Bligg, DJ Bobo, Michael
von der Heide und Kurt Aeschbacher.
Angriff auf Homosexuelle
Der Mordkommando-Frontmann attackiert Politikerin Mauch und TV-Moderator Aeschbacher auch aufgrund
ihrer Homosexualität. In den Texten ist
die Rede von einem «kranken Trieb»
oder von Aeschbachers «Lebensstil»,
mit dem er sein «Schicksal selbst gewählt» und nun den «Weg der Schmerzen» gehen müsse. Auch Mauchs Partnerin wird genannt und beschimpft.
Kurt Aeschbacher sagt auf Anfrage, er
habe den Text vom SRG-Rechtsdienst
prüfen lassen und ebenfalls entschieden, Strafanzeige einzureichen.
Die Mordkommando-Songs kursieren
im Internet, vor allem auf russischen
Websites. Sie wurden in der Öffentlichkeit nach dem Rechtsradikalen-Konzert
im Toggenburg vom 15. Oktober bekannt. Gleichzeitig tauchten Lieder
einer weiteren Gruppe namens Erschiessungskommando auf, die ähnlich
klingen. Jene Band droht der Thüringer
Linken-Politikerin Katharina König. In
Deutschland sind deswegen ebenfalls
Strafanzeigen eingegangen.
Die Ecke
Yoga Maritim
Wegen des tumultuösen Wahlkampfs in
den USA ist hierzulande kaum bemerkt
worden, dass in Florida eine neue
Yoga-Schule sensationelle Erfolge
feiert. Sie nennt sich Yoga Maritim und
wird nächstes Jahr gewiss auch bei uns
Einzug halten. Maritimes Yoga beginnt
wie gewohnt mit dem Sonnengruss,
setzt sich dann aber fort mit Figuren,
neben denen Hund, Baum oder
­Kranich alt aussehen: Bereits Sea Bass
(Wolfsbarsch) und Sea Cucumber
(genoppte Seegurke) sind anspruchsvoll. Beim folgenden Octopus (Krake)
müssen Arme und Beine mit zwei
weiteren, imaginierten Arm- und
Beinpaaren verschränkt werden. Der
abschliessende Jellyfish (Qualle) verlangt statt des knochengestützten
Stehens ein gallertartiges Schweben. Es
soll deshalb in Florida bereits zu ersten
Haftungsklagen gekommen sein. ( jr)
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