Oswald Walg Der Kampf gegen Traubenfäule – was hat gewirkt? Oswald Walg, Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Rheinhessen-Nahe-Hunsrück Abteilung Weinbau, Oenologie und Weinmarkt Rüdesheimer Straße 60-68 55545 Bad Kreuznach fon 06 71 / 8 20-313 fax 06 71 / 8 20-300 [email protected] www.dlr-rnh.rlp.de Das Jahr 2006 war geprägt von extremen Witterungsverläufen. Die hohen Niederschläge im August lösten einen starken Mineralisationsschub aus und förderten das Dickenwachstum der Beeren. Bei kompakten Trauben kam es schon Anfang September zu einem Befall von Botrytis und auch von Essigfäule. Die Starkregenereignisse Ende September und Anfang Oktober führten vielerorts zum Aufplatzen der Beeren, was einen Saftaustritt und optimale Besiedlungsmöglichkeiten von Botrytis zur Folge hatte. Spätestens ab diesem Zeitpunkt war ein sprunghafter Anstieg der Traubenfäule zu beobachten. Die Intensität und die Geschwindigkeit des Fäulnisbefalls war jedoch von vielen Faktoren beeinflusst. 1. Botrytizide unterdrücken nur die Infektion und die Vermehrung des Pilzes. Sie haben aber keinen Einfluss auf die Anfälligkeit der Trauben und das Mikroklima. In dem Moment, wo durch das Auf platzen der Beeren Eintrittsöffnungen entstanden, war auch die „Macht“ der Botrytizide am Ende. Deshalb brachten auch Spätbehandlungen Ende August bis Anfang September nicht mehr den gewünschten Erfolg. 2. Kulturmaßnahmen, welche indirekt das Aufplatzen und Abquetschen von Beeren beeinflussen, haben immer einen beträchtlichen Botrytis-Effekt. • Intensive Bodenbearbeitung und mineralische oder organische N-Düngung förderten das Dickenwachstum der Beeren. Abquetschungen und damit ein relativ früher und massiver Fäulnisbefall waren dieFolgen. Eine schlanke Laubwand, ein später Laubschnitt und eine luftige Erziehung wirken sich mindernd auf einen Fäulnisbefall der Trauben aus. Eine frühe Teilentblätterung der Traubenzone wird immer mehr zu einem zentralen Baustein im Qualitätsweinbau In vielen Versuchen zeigte sich, dass der Wirkungsgrad einer Teilentblätterung besser war als der von Botrytiziden. Nicht nur die gute Besonnung und Abtrocknung der Trauben sind hierfür verantwortlich. Untersuchungen am DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück ergaben auch eine bessere Anlagerungder Pflanzenschutzmittel (Knewitz, Koch, Walg) und einen geringeren Sauerwurmbefall (Hill). Letzterer 15 Oswald Walg | Der Kampf gegen Traubenfäule- Was hat gewirkt? ist wohl darauf zurückzuführen, dass bei heißem Wetter die Eier auf den entblätterten, gut besonntenTrauben in größerem Umfang eintrocknen. • Ertragsregulierende Maßnahmen verändern die Traubenstruktur und die Beerengröße und haben demzufolge ebenfalls einen Einfluss auf den Botrytisbefall. Das Ausdünnen von Trauben (grüne Lese) fördert das Dickenwachstum der Beeren und somit die Kompaktheit der Trauben, was 2006 zu einem erhöhten Botrytis befall geführt hat. Positiv wirkte sich dagegen das Traubenteilen aus. Damit wird die klassische Abdrückzone beseitigt und die engstehenden Beeren bekommen mehr Platz an den „nach unten offenen Trauben“. Auch die Ertragsregulierung mit dem Trauben vollernter war 2006 am DLR-Standort Bad Kreuznach wieder sehr erfolgreich. Die kleineren, lockeren Beeren zeigten eine außer ordentlich gute Platzfestigkeit und damit eine gute Widerstandsfähigkeit gegenüber Botrytis. Die besten Erfolge hinsichtlich einer Fäulnisminimierung wurde bei der Kombination frühe, beidseitige Teilentblätterung, schwache Vollernteausdünung und zweimaligem Botrytizideinsatz (Traubenschluss und Reifebeginn) erzielt. 2006 haben vermehrt Betriebe das Ausdünnen mit dem Traubenvollernter ausprobiert. Neben positiven Resultaten, soll nicht verschwiegen werden, dass einige Betriebe auch negative Erfahrungen gesammelt haben. Insbesondere, wenn die Ausdünnrate zu hoch war (>50%), kames zu verstärktem Botrytisund Essigfäulebefall. Ursache hierfür war wohl die Tatsache, dass bei dem geringen Ertragsniveau die Beerendicke entsprechend zunahm und somit das Aufplatzen der Beeren begün stigte. Deshalb sollte man beim Einsatz des Vollernters zum Ausdünnen nicht mehr als 20 bis 25% Trauben bzw. Traubenteile oder Beeren abschlagen. 3. Auch hinsichtlich Rebsorte und Klone gibt es bekanntermaßen große Unterschiede in der „Fäulnisfestigkeit“. Lockerbeerige und/oder kleinbeerige Sorten und Klone zeichnen sich durch eine bessere Traubengesundheit aus und ermöglichen eine längere Reihe und damit die Chance einer besseren Qualität. 16