anlage 2 - RIS München

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ANLAGE 2
Auszug aus dem Protokoll der Preisgerichtssitzung am 19. November 2010
Bayerische Hausbau GmbH & Co. KG
Städtebaulicher und landschaftsplanerischer Wettbewerb
Hochäckerstraße, München
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1. Preis
Jatsch Laux mit ver.de landschaftsarchitektur
Die Verfasserinnen beeindrucken bei ihrer Präsentation durch eine engagierte und sensibel auf
das Wettbewerbsgebiet und seine Umgebung ausgerichtete Analyse und den sich daraus entwickelnden Schlussfolgerungen. Das städtebauliche Muster der Arbeit ist aus dem Ort heraus entwickelt, die vormalige, überwiegend gärtnerische Nutzung des Baugebietes prägt die bauliche Struktur des Projektes. Dem Wunsch der Verfasserinnen entsprechend, einen so genannten "solarenergetischen Städtebau“ zu entwickeln, werden parallele, nach Süden orientierte Gebäudezeilen vorgeschlagen.
Der Gebäudeabstand beträgt in der Regel 2.5 H. Dadurch liegt der Entwurf hinsichtlich der Nutzung und solarer Energiegewinne sehr günstig. Der Nachteil dieses Konzeptes ist allerdings ein
hoher Anteil nach Norden orientierter Räume.
Das Landschaftskonzept ist im engen thematischen Verbund mit der Architektur gut nachvollziehbar aus der gärtnerischen Vornutzung des Grundstücks entwickelt. Es entsteht ein einprägsames
Bild.
Die Bewirtschaftung der öffentlichen Grünflächen (40% der Fläche!) zur Biomasseproduktion ist
sehr ambitioniert, die Umsetzung zu hinterfragen. Die gärtnerischen Strukturen - in der Fläche zugunsten der Nutzbarkeit reduziert - sind dennoch als Gestaltungselemente gut geeignet, das neue
Quartier an seinem Ort in besonderer Weise zu verankern.
Sehr positiv wird die "Freiraumkette" von vier, bzw. fünf ähnlich großen Quartierparks gesehen, die
die einzelnen Baufelder verbinden. Die Gestaltung der Freiflächen z.T. durch den Anbau von Biomasse in Form von Schilfstreifen und schnell wüchsigen Pappeln, Kopfweiden usw. wird kontrovers diskutiert. Bestimmte Details wie die Regenwasserversickerung in Schilf bewachsenen Versickerungsbändern, die gleichzeitig als Sichtschutz dienen, werden positiv gesehen.
Die Erschließung der einzelnen Quartiere erfolgt konsequent durch Schleifen, vielleicht sind sie sogar etwas übererschlossen. Die Breiten der Straßenquerschnitte sind zu hinterfragen.
Die Riegelbebauung an der Autobahn ermöglicht mit einer Gebäudetiefe von weniger als 10 m lärmoptimierte Wohnungsgrundrisse. Vorgeschlagen werden durchgesteckte Wohn-/Essbereiche für
eine Belichtung der Wohnungen von Westen bei gleichzeitiger Belüftung von der lärmabgewandten Ostseite her. Die sonstigen Aufenthaltsräume liegen lärmabgewandt. Der Lärmschutzriegel
mindert den Verkehrslärm der Autobahn soweit, dass die dahinter liegenden Gebäude durch
Schallschutzfenster ausreichend geschützt werden können. Zur Hochäckerstraße wird ein Abstand
von ca. 30 m eingehalten, in dem bereits eine nennenswerte Abminderung der Verkehrsgeräusche
zu erwarten ist. Auf verbleibende Überschreitungen der Orientierungswerte der DIN 18005 kann
mit Schallschutzfenstern reagiert werden.
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Etwas kritisch werden die dreigeschossigen Reihenhäuser im Norden gesehen. Der viergeschossige Baukörper in einem dieser Baufelder ist nicht akzeptabel. Die Situierung der Kindertagesstätten
und der Schule ist denkbar, allerdings könnten die Gebäude kompakter geplant werden. Der Nutzungsmix an der Hochäckerstraße wird positiv bewertet.
Der Entwurf stellt ein sehr engagiertes energetisches Konzept dar. Allerdings wurde das Konzept
auf der Grundlage der Sonnenstände vom 17. Januar (statt 21. Dezember) entwickelt. Dadurch
entstehen leider unnötige Verschattungen in der Heizperiode. Trotzdem stellt die Arbeit im Vergleich zu den anderen Arbeiten den höchsten passiven solaren Eintrag auf. Die starke Abstufung
der Baukörper führt zu einer eher kleingliedrigen Aufteilung der aktiven solaren Elementen und zu
unnötigen Verschattung derer. Die subtile Art und Weise der Positionierung der aktiven Solarelemente (PV) wird begrüßt.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass diese Arbeit ein schlüssiges städtebauliches und
landschaftsplanerisches Konzept mit einer hohen Wohn- und Lebensqualität bietet und das auch
der Umgebung zu einer Aufwertung verhilft.
2. Preis
Marcel Meili, Markus Peter mit Keller & Damm
Dem schlüssigen und schön hergeleiteten Projekt liegt die Beobachtung sehr unterschiedlicher
Siedlungsbilder in diesem Teil der Stadt zu Grunde. Anstelle einer aus dem Umfeld wenig fundierten Übernahme von Siedlungstypen wird ein gänzlich neues Pattern vorgeschlagen, das als weiteres eigenständiges Element im Stadtplan erscheint. Auf den ersten Blick als fremd empfunden,
schafft das Muster genau aus dieser Autonomie heraus eine neue, erkennbare Identität.
Als Vorbild des Musters dient ein „Gewebe“ mit gerichteten linsenförmigen Blasen, das direkt in
Volumen und Freiräume übersetzt wird, die dadurch beide eigenständige, ungewohnte Formen
erhalten. Um der drohenden Abstraktheit zu entgehen, verweisen die Verfasser auf verwandte
Raumbildungen bei englischen Crecsents, ohne deren urbane Bindung zur begleitenden Strasse
zu übernehmen. Für diese wird das Bild des „Parkways“ verwendet, der in zwei Schlaufen die Gebäude jeweils annähernd streift und so das ganze Feld erschließt.
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Gut vorstellbar sind die Dimensionen der großen Wiesen, in denen mit wohltuend wenig Ereignissen eine angenehme urbane Stimmung erreicht wird. Die aus dem Muster heraus sich ergebende
Folge ähnlicher Linsenräume ergeben folgerichtig kaum Hierarchie, allenfalls aber teilweise ein
Gefühl von leichter Klaustrophobie innerhalb der Räume des Musters. Eine Entspannung dieser
Problematik wäre mit einer weiteren Differenzierung der Geschosszahlen zu erreichen, zumal das
Projekt als eines der dichtesten hier einen guten Spielraum hätte.
Die Freiräume sind mit einer organischen Geländemodulation überlagert, deren Ursprung ein
Lärmschutzhügel entlang der Bundesautobahn ist: Dieser wird damit zu einem integralen Bestandteil der Freiräume und nicht ein isolierter Wall. Die Konsequenzen dieser innovativen Maßnahme
auf die Gebäude sind weitreichend und vorteilhaft: So wird ein bewohnter „Lärmriegel“ verhindert
und damit eine in sozialer und ertragsmäßiger Hinsicht immer zweitklassige Wohnlage elegant vermieden!
Die stark mit der Architektur verwobenen Freiflächen erfahren durch die räumliche Wirkung der
Baukörper eine zusätzliche Qualität. Der als hierarchiefrei empfundene Freiraum gibt dem Quartier
einen besonderen Wert. Die Hügellandschaft dient nicht nur dem Lärmschutz, sie stellt einen hohen Gewinn für Gestaltung und Nutzbarkeit der Freiflächen dar.
Die Geländemodellierung entlang der Autobahn mit einer Höhe von ca. 13 m mindert den
Verkehrslärm soweit ab, dass auch in den obersten Stockwerken der anschließenden Bebauung
mit Schallschutzfenstern auf Überschreitungen der Orientierungswerte der DIN 18005 reagiert werden kann. Dies gilt auch entlang der Hochäckerstraße, zu der ein Abstand von ca. 15 m bis mehr
als 25 m eingehalten wird.
Die Gebäudestruktur ist aus energetischer Sicht derart positioniert, dass trotz überwiegend südlicher Orientierung der Baukörper, große Verschattungsprobleme entstehen. Die Nutzung der passiven solaren Energie ist daher sehr eingeschränkt. Viele Räume sind nur nordorientiert und viele
Baukörper weisen eine große Tiefe auf und sind dadurch sehr kompakt. Die aktive solare Nutzung
durch die großen zusammenhängenden Dachflächen verbessert entscheidend die gute Bilanzierung zu besseren Energiestandards.
Kontrovers diskutiert wird die Fähigkeit der Struktur, die sehr unterschiedlichen Anforderungen von
Wohnungen und Häusern aufzunehmen. Auch wenn faktisch diese unterschiedlichen Nutzungen
nachgewiesen sind (bis auf die ungenügend besonnten Wohnungen in den engen Höfen), ergeben
die vorgegebenen Formen Zwänge.
In Anbetracht einer wahrscheinlich längeren Phase der Bebauung des ganzen Gebietes scheint
der Vorschlag im Sinne eines „architektonischen Städtebaus“ neben den genannten enormen Qualitäten den Nachteil einer zeitgebundenen und auf künftige Anpassungen zu wenig flexibel reaktionsfähigen Gesamtform zu beinhalten.
Als Vision für diesen Teil Münchens als auch für das Bauen an lärmbelasteten Lagen bildet das
Projekt einen exzellenten Beitrag und wird dem entsprechend gewürdigt.
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3. Preis
steidle architekten mit t17 Landschaftsarchitekten
Die Arbeit „Neue Gartenstadt Perlach“ folgt der Leitidee eines räumlich gefassten äußeren Siedlungsrandes und eines inneren, in Ost-West-Richtung verlaufenden öffentlichen Freiraumes. Die
Vorschläge zur Bebauung selbst werden ausgehend von der Leitidee entsprechend den Gegebenheiten des Ortes entwickelt: die geschlossene 4-5-geschossige Bebauung reagiert auf die westlich
benachbarte Autobahn, die 2-3-geschossigen Einfamilienhäuser entsprechen in Typus und Maß
der kleinteiligen nördlichen Nachbarschaft und eine 4-5-geschossige offene Bebauung stellt den
südlichen Siedlungsrand her. Im Innern des Quartiers stellt eine offene 3-5-geschossige Bebauung
sicher, dass nahezu alle Gebäude vom räumlichen Bezug auf den inneren Park profitieren.
Das Freiflächenkonzept bietet über das klassische Motiv von Verengung und Aufweitung eine stabile Grundlage für eine abwechslungsreiche Gestaltung. Die Flächenzuordnung zum öffentlichen
und halböffentlichen/privaten Raum ist durch annähernde Gleichwertigkeit etwas spannungslos.
Die Verfasser nutzen die räumlichen Zäsuren der Erschließung des Quartiers durch 4 von der
Hochäckerstraße abzweigende Straßen, um kleinteilige Nachbarschaften um innere, gemeinschaftlich genutzte Freiflächen vorzuschlagen. Wenngleich die alleinige Wahl des Typus des freistehenden Hauses sinnfällig aus dem Gesamtkonzept entwickelt ist, wären aus Sicht des Preisgerichtes in wohnungswirtschaftlicher Sicht und unter stadträumlichen Aspekten hier auch etwas weniger kleinteilige Gebäude denkbar.
Die Quartierstypologie und die Wahl der Erschließung gewährleisten eine sehr gute Realisierung in
Teilabschnitten. Einzig die Lage der etwas dezentral liegenden Kindertagesstätten müsste hier
überarbeitet werden. Die Lage der Schule ist gut gewählt. Der Beitrag zur nord-östlichen Erweiterung des Quartiers ist sehr gut aus dem Gesamtkonzept entwickelt.
Die Riegelbebauung an der Autobahn weist eine Gebäudetiefe von ca. 12 m auf, wobei die Treppenhäuser und Erschließungsflure an der Autobahnseite liegen. Vorgeschlagen werden durchgesteckte Wohn-/Essbereiche, die eine Belichtung der Wohnungen von Westen her ermöglichen und
gleichzeitig von der Ostseite her belüftet werden können. Nicht abschließend gelöst ist der Lärmschutz für diejenigen Aufenthaltsräume, die ausschließlich über Fenster zur Autobahn verfügen.
Die vorgeschlagene kontrollierte Wohnraumlüftung in Verbindung mit Schallschutzfenstern stellt an
dieser Stelle keine ausreichende Lösung dar. Zur Hochäckerstraße wird ein Abstand von ca. 15 m
bis 25 m eingehalten. Auf Überschreitungen der Orientierungswerte der DIN 18005 kann hier mit
Schallschutzfenstern reagiert werden.
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Trotz überwiegend Nord-Süd-orientierter Gebäude ist die Verschattung der Gebäude untereinander und durch die unvorteilhafte Positionierung der Bäume, sehr groß. Dadurch liegt die Bilanz der
passiven solaren Energiegewinne im Wohnungsbau nur im Durchschnitt der Arbeiten. Die energetischen Kenngrößen der Kettenhäuser liegen im problematischen Bereich. Die sehr große Aufgliederung der Gebäudestruktur in relativ kleine Körper verschlechtert die Kompaktheit und erschwert
die effiziente Auslegung der aktiven solaren Nutzung auf den Dachflächen.
Der Charakter des neuen Quartiers um den inneren Park, die Vielfalt des Wohnungsangebotes,
die Strategie einfacher Realisierbarkeit und die städtebaulichen und energetischen Daten machen
die Arbeit zu einem sehr wertvollen Beitrag zur Lösung der Aufgabe.
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