Elektronischer Sonderdruck für Herausforderungen zielgerichteter

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Der Onkologe
Organ der Deutschen Krebsgesellschaft e.V.
Elektronischer Sonderdruck für
F. Overkamp
Ein Service von Springer Medizin
Onkologe 2015 · 21:297–304 · DOI 10.1007/s00761-014-2795-y
© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015
F. Overkamp
Herausforderungen zielgerichteter Substanzen an
die onkologische Supportivtherapie
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www.DerOnkologe.de
Leitthema
Onkologe 2015 · 21:297–304
DOI 10.1007/s00761-014-2795-y
Online publiziert: 25. März 2015
© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015
F. Overkamp
Der folgende Beitrag skizziert die Anforderungen an die Supportivthera
pie im Hinblick auf verschiedene
Substanzklassen unabhängig von
einzelnen Tumorentitäten. Dieser
Übersicht liegen neben der genannten Literatur die Fachinformationen
der zugelassenen Substanzen der jeweiligen Substanzklassen und die
Guidelines der MASCC [5] zugrunde.
und Rezeptorblockaden durch monoklonale Antikörper finden naturgemäß
nicht nur in Tumorzellen, sondern auch
in gesunden Körperzellen und Gefäßzellen statt. Dies erklärt die unerwünschten
Wirkungen der Substanzen. Die Summe
aller zellulären Kinasen bezeichnet man
als Kinom.
Zielgerichtete Substanzen wie monoklonale Antikörper, Tyrosinkinasehemmstoffe oder mTOR-Inhibitoren haben in
den letzten 15 Jahren die Therapie solider
Tumoren und hämatologischer Systemerkrankungen in hohem Maße verändert
und bereichert. Aktuell gewinnen zudem
Immunonkologika wie Checkpointinhibitoren eine rasch zunehmende Bedeutung. Eine Chronifizierung der Verläufe
ist durch diese neuen Substanzklassen bei
vielen Entitäten möglich geworden; teilweise ergeben sich auch kurative Chancen
durch den Einsatz in neoadjuvanten und
adjuvanten Konzepten. Die neuen Chancen bedeuten jedoch auch neue Herausforderungen und zusätzliche Lernkurven für die behandelnden Ärzte. Denn
die neuen Medikamente verursachen ein
im Vergleich zu konventionellen zytostatischen Therapien anderes Spektrum an
unerwünschten Wirkungen und erfordern entsprechend neue Konzepte für deren Management.
Nebenwirkungen durch
Kinaseinhibition und
Blockierung des EGF-Rezeptors
Blockierungen der Signaltransduktion
durch Tyrosinkinaseinhibitoren (TKI)
Recklinghausen
Herausforderungen zielgerichteter
Substanzen an die onkologische
Supportivtherapie
»
Zwischen den vielen TKI
bestehen erhebliche Unterschiede
Zwischen den zahlreichen verfügbaren
TKI bestehen erhebliche Unterschiede,
was das Ausmaß der Bindung des Kinoms
betrifft: Ein dualer Tyrosinkinaseinhibitor
wie Lapatinib bindet z. B. nur ca. 5% des
Kinoms, ein Multikinaseinhibitor wie Sunitinib hingegen knapp 60%. Für ein professionelles Nebenwirkungsmanagement
ist es daher notwendig, die unterschiedlich starken Kinombindungen zu berücksichtigen.
Die Hemmung der rezeptorassoziierten Tyrosinkinasen des EGF- und des
HER2-Rezeptors kann prinzipiell ähnliche Effekte zur Folge haben wie die Blockierung des Rezeptors selbst.
Für die häufigen Nebenwirkungen
von TKI und Anti-EGFR-Antikörpern
an Haut, Schleimhäuten und Nägeln sind
mittlerweile professionelle dermatologische Handlungsempfehlungen standardisiert [10]. Die genannten Substanzen blockieren den EGF-Rezeptor eben nicht nur
an den Tumorzellen, sondern z. B. auch
auf Epidermiszellen, Haarfollikeln und
Schweißdrüsen. Folgen sind eine verringerte Proliferation der Keratinozyten und
eine dysregulierte Homöostase im Bereich
der Basalzellschicht der Haut. Ein papulo-
pustulöses Exanthem, der sog. „Rash“, ist
ebenso typisch wie eine starke Austrocknung von Haut und Schleimhäuten [12].
Die Beteiligung von Händen und Füßen
(Hand-Fuß-Syndrom) stellt eine besondere Herausforderung dar [4]. Neben harnstoffhaltigen Externa verdichten sich aktuell Hinweise, dass der prophylaktische
Einsatz von Mapisal hilfreich sein könnte1
[1, 9]. Bei Langzeittherapie mit TKI und
Anti-EGFR-mAB (mAB monoklonale
Antikörper) kann es zu Nageldystrophien
(Paronychien) kommen; auch Rhagaden
an Fingern und Zehen, borstige Haarveränderungen und Hypertrichosen werden
beobachtet. Gelegentlich wird eine erhöhte Lichtempfindlichkeit berichtet.
Entscheidend sind eine gute Prophylaxe und die rechtzeitige Intervention beim
Auftreten einer Haut- oder Nageltoxizität [13]. Entsprechend ist eine eingehende Aufklärung der Patienten über möglicherweise auftretende Hautveränderungen und prophylaktische Maßnahmen
notwendig.
»
Ein häufiges Problem
ist die Mukosatoxizität
Ein weiteres häufiges Problem ist die Mukosatoxizität der genannten Substanzen.
Die orale Mukositis (Stomatitis) und die
intestinale Mukositis sind dabei klinisch
besonders bedeutsam.
Die pathophysiologische Genese der
Diarrhö unter TKI ist noch nicht vollstän1
Bei immunmodulatorischen und liquorgängigen Substanzen zeichnen sich aktuell neue
Nebenwirkungsspektren ab, die es zu beherrschen gilt [1].
Der Onkologe 4 · 2015 | 297
Leitthema
dig geklärt. Häufigkeit und Intensität variieren stark bei den verschiedenen TKI. In seltenen Fällen kann die Diarrhö schwerwiegend und lebensbedrohlich sein. Aber auch
eine leichte bis mittelgradige Diarrhö ist bei
langwierigem Verlauf insbesondere bei älteren Patienten in Folge des Wasser- und
Elektrolytverlusts potenziell bedrohlich.
Die Kardiotoxizität spielt bei den neuen Substanzen im Vergleich zur Toxizität an Haut und Schleimhäuten insgesamt
eine geringere Rolle. Das kardiotoxische
Potenzial der TKI ist dabei deutlich geringer als das der monoklonalen Antikörper,
was insbesondere auf die im Vergleich zur
Antikörpertherapie fehlende ADCC („antibody-dependant cellular cytotoxicity“)
mit entsprechend geringerer Apoptoseinduktion zurückgeführt wird. Eine Expression von HER2 kommt zu einem geringen
Anteil auch an Herzmuskelzellen vor. Zum
komplexen Wirkmechanismus von Trastuzumab am HER2-Tyrosinkinsaserezeptor gehört unter anderem eine Hemmung
des PI3K/AKT-Signalwegs. Über diese
Inhibition können u. U. die Myozyten des
Herzmuskels vermehrt in die Apoptose
geraten, gleichzeitig wird die zytoskelettale Architektur gestört und der Zellmetabolismus dysreguliert. Zusätzlich kann auch
über den ADCC-Mechanismus eine Apoptose der kardialen Myozyten induziert
werden. Neben der HER2-Expression auf
Herzmuskelzellen kann auch eine Expression des Rezeptors auf Endokardzellen
vorkommen. Als Folge einer Rezeptorblockierung durch eine Anti-HER2-gerichtete Therapie können hier ebenfalls apoptotische Prozesse und ein gestörter endokardialer Metabolismus auftreten. Letztlich können die endokardialen und myokardialen Alterationen zu Myokardinsuffizienz und -ischämie führen [7].
»
Besondere Vorsicht ist bei
Patienten mit kardiovaskulären
Risikofaktoren geboten
Klinisch ist die Inzidenz einer linksventrikulären Dysfunktion dennoch selten:
Sie liegt bei ca. 5% unter Anti-HER2-gerichteten Substanzen. In Kombination
mit kardiotoxischer Chemotherapie liegt
sie höher und wird in der Literatur mit ca.
15–20% angegeben.
298 | Der Onkologe 4 · 2015
Besondere Wachsamkeit ist naturgemäß bei Patienten mit kardialer Vorschädigung (z. B. Myokardinsuffizienz,
Rhythmusstörungen, koronare Herzkrankheit) und kardiovaskulären Risikofaktoren (arterielle Hypertonie, Hyperlipidämie, Diabetes mellitus) geboten [3].
Ein kardiologisches Monitoring mit EKG
und Echokardiogramm vor und während
einer Therapie mit Anti-HER2-gerichteten Substanzen ist obligat. Standard sind
3-monatige Intervalle unter Therapie und
6-monatige nach Abschluss einer Therapie über insgesamt 2 Jahre. Die kardioprotektive Medikation sollte in Anlehnung
an die entsprechenden Leitlinien der Kardiologie und nach Vorgabe des mitbehandelnden Kardiologen erfolgen.
Nebenwirkungen durch
mTOR-Inhibition
Schleimhaut- und Hautveränderungen
sind auch bei dieser Substanzklasse häufig zu beobachtende unerwünschte Wirkungen [8]. Eine nichtinfektiöse Pneumonitis ist eine sehr seltene, wahrscheinlich immunologisch induzierte Nebenwirkung. Im Gegensatz zu Stomatitis und
Hauttoxizität treten diese Veränderungen eher nach längerer Behandlungsdauer auf, meist nach mehrmonatiger Therapie. Eine Prophylaxe gibt es nicht, daher
ist eine frühzeitige Erkennung entscheidend [11].
Klinisch sollten unspezifische pulmologische Beschwerden wie Husten, Dyspnoe und subfebrile Temperaturen an die
Möglichkeit des Auftretens einer Pneumonitis denken lassen.
Das Computertomogramm zeigt oft
milchglasartige Trübungen, manchmal
herdförmige Verdichtungen, aber kein
eindeutig pathognomonisches Bild. Die
Aufnahmen sind nur schwer von einer
Lymphangiosis carcinomatosa oder einer
Pleurakarzinose zu unterscheiden. Im
Vordergrund der diagnostischen Bemühungen sollte der schnellstmögliche Ausschluss einer infektiösen Ursache (z. B. Legionellenpneumonie, Pneumocystis-carinii-Pneumonie o. ä.) stehen. Hierzu sind
eine Sputumkultur und ggf. eine bronchoalveoläre Lavage (BAL) sinnvoll. Aufgrund der immunsuppressiven Wirkung
der mTOR-Inhibitoren sind Infektionen
zwar seltene, aber mögliche Komplikationen. In der BAL kann eine Lymphozytose bei fehlendem Nachweis von Keimen
Hinweis auf eine nichtinfektiöse Pneumonitis sein (passend zu der histologisch typischen granulomatösen Entzündung mit
lymphozytärer Infiltration und Vaskulitis).
Nach Ausschluss einer infektiösen
Ursache und klinischem Verdacht ist die
Therapie der Wahl eine Steroidbehandlung [2].
Nebenwirkungen durch
Angiogenesehemmung
Zur Hemmung der tumorassoziierten Angiogenese stehen mittlerweile zahlreiche
Substanzen zur Verfügung: monoklonale Antikörper gegen VEGF oder VEGFR
sowie verschiedene TKI, die ebenfalls antiangiogene Effekte entfalten.
Wenn man sich vergegenwärtigt, an
welchen Stellen im Organismus VEGF
eine tragende Rolle spielt, wird deutlich,
dass auch diese Substanzklasse nennenswerte unerwünschte Wirkungen verursachen kann. VEGF wird u. a. zur Blutdruckregulation, zur Steuerung der Nierenfunktion, zur Aktivierung der Gerinnungskaskade, zur Aufrechterhaltung
einer vaskulären Homöostase, zur Immunmodulation und zur Regulierung
der Knochenmarkfunktion benötigt. Insgesamt sind unerwünschte Wirkungen
unter Angiogenesehemmstoffen selten;
wenn sie auftreten, können sie jedoch
schwer sein.
Die Entwicklung einer arteriellen
Hypertonie ist eine typische Nebenwirkung, wenn antiangiogene Effekte auf die
Blutgefäße übertragen werden. Grundsätzlich muss eine Hypertonie, die als unerwünschte Wirkung unter Angiogenesehemmung auftritt, nach denselben Leitlinien behandelt werden wie jede chronische Hypertonie. ACE-Hemmer, Diuretika und Kalziumantagonisten werden dabei bevorzugt eingesetzt. Eine akute hypertensive Krise lässt sich meist gut mit
Nitrendipin (z. B. als Phiole) beherrschen.
Neben hypertensiven Entgleisungen
können thromboembolische Ereignisse
und Blutungen mögliche weitere schwerwiegende Folgen unter einer Therapie mit
Angiogenesehemmstoffen sein. Sehr selten treten Perforationen im Gastrointes-
Zusammenfassung · Abstract
Onkologe 2015 · 21:297–304 DOI 10.1007/s00761-014-2795-y
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F. Overkamp
Herausforderungen zielgerichteter Substanzen an die onkologische Supportivtherapie
Zusammenfassung
Hintergrund. Aufgrund der immer präziseren Kenntnisse über Signaltransduktion
und Rezeptorexpression sowie über Angiogenese und immunonkologische Mechanismen wurde in den letzten 15 Jahren eine Vielzahl neuer, zielgerichteter Substanzen etabliert. Es handelt sich dabei um „small molecules“ und monoklonale Antikörper, die an diversen Targets ansetzen und die Signalübertragung zum Zellkern stören, Rezeptoren blockieren oder immunologische Effekte erzeugen. Bei hämatologischen Systemerkrankungen war das Prinzip der zielgerichteten Therapie schon früher entwickelt und erfolgreich umgesetzt worden; neu in den letzten
15 Jahren war die Übertragung dieser Therapieansätze auf solide Tumoren. Einige Entitäten sind durch die neuen Optionen deutlich besser behandelbar und chronifizierbar
geworden. Diese neuen Chancen waren und
sind aber auch mit besonderen Herausforderungen an die Supportivtherapie verbunden.
Alle neuen Substanzklassen haben ein ande-
res Toxizitätsspektrum als die klassische Chemotherapie.
Material und Methoden. Es erfolgte eine
Recherche und Auswertung von Literatur,
klinischen Studien und wissenschaftlichen
Fachinformationen.
Ergebnisse. Die Blockierung von EGF- oder
HER2-Rezeptoren, die Hemmung zellulärer
Tyrosinkinasen und die Unterbrechung des
mTOR-Signalwegs sind bei verschiedenen Tumoren etablierte zielgerichtete Therapieoptionen. Die Unterdrückung der Angiogenese (durch monoklonale Antikörper oder Tyrosinkinaseinhibitoren) ist eine weitere Option,
die ebenfalls zur Targeted Therapy gerechnet wird. Das Nebenwirkungsmanagement
dieser Substanzklassen gilt inzwischen als
gut etabliert. Als eine weitere neue Therapieform hat die Immunonkologie mit den ersten Checkpointinhibitoren Einzug in den Therapiealltag gefunden, die ein anderes Nebenwirkungsspektrum aufweisen als die Targeted Drugs. Bei den in Studien derzeit geprüf-
ten Pi3K-Inhibitioren, PARP-Inhibitoren und
CDK4/6-Inihibitoren zeichnen sich wiederum
ganz neue Nebenwirkungen ab: So scheinen
z. B. stark liquorgängige Substanzen mehr
neuropsychiatrische Nebenwirkungen zu verursachen. Substanzen mit Wirkung nah am
Zellkern ähneln in ihrem Nebenwirkungsspektrum wieder eher der klassischen Chemotherapie. Jede neue Substanzklasse bringt
auch neue Anforderungen an die Supportivtherapie mit sich. Die professionelle Umsetzung supportiver Maßnahmen trägt nachweislich zum Therapieerfolg bei. Dies gilt für
Prophylaxe und Behandlung von Nebenwirkungen gleichermaßen.
Schlüsselwörter
Signalweghemmung ·
Tyrosinkinaseinhibitoren · Monoklonale
Antikörper · Angiogenesehemmung ·
Immunonkologie
Challenges of targeted substances for oncological supportive therapy
Abstract
Background. Due to an increasingly more
precise understanding of signal transduction
and receptor expression, angiogenesis and
immuno-oncological mechanisms, a multitude of new targeted substances have been
established in the last 15 years. These include
small molecules and monoclonal antibodies,
which bind to diverse targets and disrupt signal transfer to the cell nucleus, block receptors or produce immunological effects. The
principle of targeted therapy was developed
earlier and successfully implemented for systemic hematological diseases and this therapy approach was transferred to solid tumors
in the last 15 years. Some entities can clearly be treated better and are now chronifiable. These new options were and still are associated with special challenges for supportive therapy. All new substance classes have a
different toxicity spectrum than the classical
chemotherapy.
tinaltrakt oder eine nekrotisierende Fasziitis auf.
Material and methods. This study involved
a literature search, an evaluation of clinical
studies and specialist scientific information.
Results. Blocking of epidermal growth factor (EGF) receptors and human epidermal
growth factor receptor 2 (HER 2), inhibition
of cellular tyrosine kinases (TKI) and interruption of the mammalian target of rapamycin (mTOR) signal pathway are established
targeted therapy options for various tumors.
Suppression of angiogenesis (by monoclonal
antibodies or TKI) is a further option which is
also a form of targeted therapy. The management of side effects of this class of substances is now well established. Immuno-oncology with the first checkpoint inhibitors is another new form of therapy, which has been
implemented into routine therapy and shows
a different spectrum of side effects than targeted drugs. The phosphoinositide 3-kinase (PI3K) inhibitors, poly(ADP-ribose) poly-
Nebenwirkungen auf
Stoffwechsel, Blutbildung
und Nierenfunktion
Unerwünschte Wirkungen zielgerichteter
Substanzen betreffen nicht selten auch die
300 | Der Onkologe 4 · 2015
merase (PARP) inhibitors and cyclin-dependent kinase (CDK) 4/6 inhibitors currently being tested in studies again show totally new
side effects. For example, strong substances which can cross the blood-brain barrier
seem to have more neuropsychiatric side effects and substances with effects close to the
cell nucleus show a similar spectrum of side
effects to classical chemotherapy. Every new
substance is accompanied by new challenges for supportive therapy. The professional
implementation of supportive measures has
been proven to contribute to therapy success.
This is equally true for prophylaxis and treatment of side effects.
Keywords
Signal pathway inhibition · Tyrosine
kinase inhibitors · Monoclonal antibodies ·
Angiogenesis inhibition · Immuno-oncology
Hämatopoese, den Stoffwechsel sowie die
Leber- und Nierenfunktion.
Anämie, Hyperlipidämie und Hyperglykämie sowie ein Kreatininanstieg sind
beispielsweise die unter mTOR-Inhibitoren wie Everolimus oder Temsirolimus
Leitthema
am häufigsten beobachteten Laborwertveränderungen. Auch ein Abfall des Serumphosphatspiegels ist gelegentlich zu
beobachten.
Klinisch sind ein Anstieg des Blutzuckers und des Kreatinins am bedeutsamsten; das Auftreten einer Anämie ist eher
seltener.
»
Patienten mit einem
latenten Diabetes haben ein
erhöhtes Risiko zu entgleisen
Patienten mit einem latenten Diabetes
weisen ein erhöhtes Risiko auf, unter der
Therapie mit einem mTOR-Inhibitor zu
entgleisen. Die Behandlung einer Hyperglykämie entspricht der eines Diabetes
mellitus mit oralen Antidiabetika oder
Insulin.
Bei einem Anstieg des Kreatinins genügt es meist, die Trinkmenge zu erhöhen
und eine weitere nephrotoxische Medikation zu vermeiden. Der Blutdruck sollte
stets gut eingestellt sein. Ein Kreatininanstieg ist in der Regel geringfügig und passager, aber es sind in Einzelfällen auch manifeste Niereninsuffizienzen bis zum akuten Nierenversagen beobachtet worden.
Zur Behandlung einer unter der Einnahme von mTOR-Inhibitoren auftretenden Anämie ist gelegentlich der Einsatz von Erythropoetin gerechtfertigt. Bei
einem klinisch bedeutsamen Hb-Abfall
kann die Transfusion von Erythrozytenkonzentraten notwendig sein (die Abklärung bzw. der Ausschluss anderer Ursachen des Hb-Abfalls vorausgesetzt).
Eine Hyperlipidämie ist in der Regel
harmlos. Jedoch sollte beim Einsatz von
Statinen auf mögliche Interaktionen mit
dem CYP3A4-Stoffwechsel geachtet werden.
In jedem Falle sollten zu Beginn der
Behandlung mit mTOR-Inhibitoren und
im Verlauf folgende Parameter regelmäßig kontrolliert werden: Differenzialblutbild, Kreatinin, Phosphat, Glukose, Cholesterin, Triglyzeride, Transaminasen.
Nebenwirkungen durch
Checkpointinhibitoren
Immunonkologische Medikamente werden aufgrund vielversprechender Stu-
302 | Der Onkologe 4 · 2015
diendaten bereits als eine weitere tragende
Säule der medikamentösen Tumortherapie angesehen. Mit Ipilimumab ist bereits
ein erster Checkpointinhibitor verfügbar;
weitere werden in Kürze folgen. Wegen
der durch diese Substanzen verursachten
Alteration des Immunsystems werden
beispielsweise immunvermittelte Entzündungen an Darm, Leber oder Hypophyse
beobachtet. Das Management dieser unerwünschten Wirkungen ist günstig; ein
rasches und professionelles Handeln ist jedoch obligat, um die häufig zu erwartenden positiven Anti-Tumor-Effekte nicht
zu verspielen.
Ausblick
Neue antitumorale Substanzen stellen
auch die Supportivtherapie stets vor neue
Herausforderungen. Das Nebenwirkungsmanagement von TKI, Anti-EGFR-Antikörper und mTOR-Inhibitoren ist inzwischen gut etabliert.
Die Anforderungen an die onkologische Supportivtherapie sind jedoch mit
jeder neuen Substanzklasse anzupassen:
FLaufende Studien mit neuen Pi3K-Inhibitoren zeigen beispielsweise eine
sehr gute Liquorgängigkeit, was zusätzliche Optionen bei einer zerebralen Metastasierung bedeutet, aber
auch ein ganz neues neuropsychiatrisches Nebenwirkungsspektrum verursacht.
FBei den derzeit ebenfalls in zahlreichen Studien untersuchten CDK4/6Inhibitoren ähneln die unerwünschten Effekte wieder eher der klassischen Chemotherapie.
FWeitere neue immunmodulierende Substanzen scheinen ein ähnliches
Spektrum an Nebenwirkungen wie
die bereits verfügbaren Checkpointinhibitoren aufzuweisen.
Es ist vielfach belegt, dass ein professionelles Nebenwirkungsmanagement das
Outcome verbessern kann. Insofern muss
auch die onkologische Supportivtherapie
für jede neue Substanzklasse optimiert
werden.
Fazit für die Praxis
FNeue Substanzen bedeuten stets
auch neue Herausforderungen an die
Supportivtherapie.
FJede Substanzklasse der modernen
zielgerichteten Therapien entfaltet
ein für sie typisches Nebenwirkungsspektrum.
FDas Nebenwirkungsmanagement
von Anti-EGFR-Antikörpern, TKI und
mTOR-Inhibitoren ist inzwischen gut
etabliert.
FDie professionelle Umsetzung supportiver Maßnahmen trägt nachweislich zum Therapieerfolg bei.
FEine optimale Supportivtherapie
kann das Outcome der Patienten wesentlich verbessern.
Korrespondenzadresse
Dr. F. Overkamp
Springstraße 24,
45657 Recklinghausen
[email protected] 
 
Einhaltung ethischer Richtlinien
Interessenkonflikt. F. Overkamp gibt an, dass kein
Interessenkonflikt besteht.
Alle im vorliegenden Manuskript beschriebenen
Untersuchungen am Menschen wurden mit Zustimmung der zuständigen Ethik-Kommission, im Einklang
mit nationalem Recht sowie gemäß der Deklaration
von Helsinki von 1975 (in der aktuellen, überarbeiteten
Fassung) durchgeführt. Von allen beteiligten Patienten
liegt eine Einverständniserklärung vor.
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215
304 | Der Onkologe 4 · 2015
Neues Zentrum für personalisierte Medizin in Tübingen
Kliniker sprechen von individualisierter, Wissenschaftler von zielgerichteter oder maßgeschneideter Medizin
und gesundheitsaffine Politiker wie der
amerikanische Präsident Obama nennen sie Präzisionsmedizin. Diese neue
medizinische Richtung beginnt sich
ausgehend von der Krebsmedizin flächendeckend durchzusetzen.
Im amerikanischen Haushalt 2015 werden
215 Mrd. EUR dafür zur Verfügung gestellt;
130 Mrd. EUR für die National Institutes of
Health, die eine nationale Datenbank mit
genetischen Profilen und medizinischen Befunden für eine Million Amerikaner enthalten
soll.
Nur gut 2 Mio. EUR wurden der Medizinischen Fakultät Tübingen als Anschubfinanzierung für das Zentrum für personalisierte
Medizin (ZPM) in Aussicht gestellt. Finanziell
erscheint das wenig, dennoch ist es ein starkes Signal für die fast drei Dutzend deutschen
Universitätskliniken.
Die Sammlung und Analyse großer Datenmengen entscheiden nach Überzeugung von
Nisar Malek, dem Ärztlichen Direktor an der
Inneren Medizin I im Klinikum Tübingen, über
die Erfolgsaussichten neuer, molekularbiologisch ausgerichteter Therapien. In Tübingen
hat Malek in kürzester Zeit aus der Plattform
„Klinische Forschung“ und den mit der Exzellenzinitiative eingeworbenen Geldern ein
Netzwerk aus Grundlagenforschung, Kliniken
und universitären Instituten aufgebaut. Bioinformatiker integrieren 110.000 Patientendaten aus dem Krebsregister und die molekularen Informationen aus einer 30.000 Proben
starken Datenbank. In der Krebsmedizin
wurden durch solche systemischen Ansätze
bereits echte Therpiefortschritte etwa beim
Melanom oder Lungenkrebs erzielt.
Die Integrierung dieser bisher nur eingeschränkt nutzbaren und nicht standardisierten Datenmengen ist eine Herausforderung.
Auch Konzepte zur Datensicherheit und
Persönlichkeitsschutz, der sog. Pseudonymisierung, werden in Tübingen bereits ausgearbeitet.
Die Aussicht mit einer maßgeschneiderten
Therapie Nebenwirkungen von Medikamenten zu vermeiden und die Heilungsverlauf
viel genauer vorhersagen zu können, sind ein
großer Anreiz für alle beteiligten Mediziner,
Software-Ingenieure und Bioinformatiker.
Quelle: FAZ, 18.02.2015, S. N4:
Joachim Müller-Jung, Auf molekularer
Tuchfühlung mit dem Patienten.
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