Aus der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Campus Charité Mitte der Medizinischen Fakultät Charité – Universitätsmedizin Berlin DISSERTATION Optimierung der Pharmakotherapie bei therapieresistenter affektiver Störung: über Wirksamkeit und Sicherheit der Hochdosistherapie mit Levothyroxin und Tranylcypromin sowie die Responsivität des dopaminergen Belohnungssystems als Biomarker bei der antidepressiven Therapie mit Escitalopram zur Erlangung des akademischen Grades Doctor medicinae (Dr. med.) vorgelegt der Medizinischen Fakultät Charité – Universitätsmedizin Berlin von Roland Ricken aus Bochum 1 Gutachter: 1. PD Dr. med. Mazda Adli 2. PD Dr. med. Peter Neu 3. PD Dr. med. Martin Keck Datum der Promotion: 24.02.2012 2 Abstract Hintergrund: Therapieresistenz ist ein häufiges Problem im Verlauf affektiver Störungen. Um Therapieresistenz zu vermeiden sind wirksame pharmakologische Eskalationsstrategien notwendig und geeignete Biomarker zur individualisierten Therapieoptimierung sind Gegenstand der Forschung. Im Rahmen der vorliegenden Publikationsdissertation werden zwei bislang Levothyroxin wenig in untersuchte Eskalationssstrategien, supraphysiologischer, die TSH-suppressiver Add-on Dosis Therapie (TSDL) und mit die Intensivtherapie mit Tranylcypromin (TCP) unter Aspekten der Sicherheit, Verträglichkeit, Durchführbarkeit und Wirksamkeit untersucht. Weiterhin wurde mit dem Ziel einen Biomarker zu etablieren der Effekt einer antidepressiven Therapie mit Escitalopram auf die Responsivität des dopaminergen Belohnungssystems untersucht. Methoden: Mittels DXA-Technologie (Doppelröntgenabsorptiometrie) wurde in einer Kohortenstudie bei 22 Patienten mit therapieresistenter affektiver Störung prospektiv der Effekt der TSDL-Langzeittherapie auf die Knochendichte im Vergleich zu einer alters- und geschlechtsentsprechenden Referenzpopulation untersucht. In einer retrospektiven Anwendungsbeobachtung wurde die Sicherheit, Verträglichkeit, Durchführbarkeit und Wirksamkeit der Intensivtherapie mit TCP bei Patienten mit therapieresistenter Depression (TRD) in der Akuttherapie im modernen Therapieumfeld untersucht. Mit funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRT) und einem Belohnungsparadigma wurde bei 15 Patienten mit Major Depression (MDD) und 15 gesunden Kontrollpersonen die neuronale Aktivität im ventralen Striatum (VS) bei der Antizipation von belohnungs- und verlustanzeigenden Reizen vor und nach 6-wöchiger Therapie mit Escitalopram untersucht. Ergebnisse: Bei Patienten, die TSDL (mittlere Dosis: 360 + 108 µg / Tag) für eine mittlere Dauer von 5.8 + 3.3 Jahren erhielten zeigte sich keine signifikanten Unterschiede im Verlauf der Knochendichte im Vergleich zur Referenzpopulation. Die Intensivtherapie mit TCP ist gekennzeichnet durch eine hohe mittlere Dosis (51.9 mg / Tag) und multiple psychiatrische Begleitmedikation. Bei guter Durchführbarkeit und Verträglichkeit der Therapie remittierten 59 % und respondierten 22 % der moderat therapieresistenten Patienten (3.3 antidepressive Vorbehandlungen in der aktuellen Episode). Im fMRT zeigten unmedizierte Patienten mit MDD im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen eine reduzierte Aktivierung im VS während der Antizipation von Gewinn und Verlust. Diese Veränderungen normalisierten sich nach einer erfolgreichen Behandlung mit Escitalopram. Die Hyporeaktivität im VS war mit dem Schweregrad der depressiven Symptomatik assoziiert. Schlussfolgerung: Die vorliegenden Arbeiten liefern klinisch wertvolle Wirksamkeits- und Verträglichkeitsdaten für die Behandlung therapieresistenter affektiver Störungen mit TSDL und die Intensivbehandlung mit TCP. Hyporeaktivität im Belohnungssystem stellt einen vielversprechenden Biomarker für die antidepressive Therapie dar. 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 5 2. Zielstellung 6 3. Methoden 7 4. Ergebnisse 10 5. Diskussion 13 6. Literatur 17 7. Anteilserklärung 21 8. Ausgewählte Publikationen 22 8.1. Originalarbeit 1: Ricken, R., Bermpohl, F., Schlattmann, P., Bschor, T., Adli, M., Mönter, N., Bauer, M., 2011. Long-term treatment with supraphysiological doses of thyroid hormone in affective disorders - effects on bone mineral density. J Affect Disord. 2012 Jan;136(1-2):e89-94. Epub 2011 Jul 14. 23 8.1.2 Supplement zu Originalarbeit 1 29 8.2. Originalarbeit 2: Adli, M., Pilhatsch, M., Bauer, M., Köberle, U., Ricken, R., Janssen, G., Ulrich, S., Bschor, T., 2008. Safety of high-intensity treatment with the irreversible monoamine oxidase inhibitor tranylcypromine in patients with treatmentresistant depression. Pharmacopsychiatry; 41(6):252-7. 30 8.3. Originalarbeit 3: Stoy, M., Schlagenhauf, F., Sterzer, P., Bermpohl, F., Hägele, C., Suchotzki, K., Schmack, K., Wrase, J., Ricken, R., Knutson, B., Adli, M., Bauer, M., Heinz, A., Ströhle, A., 2011. Hyporeactivity of ventral striatum towards incentive stimuli in unmedicated depressed patients normalizes after treatment with escitalopram. J Psychopharmacol. 2011 Sep 17. [Epub ahead of print]. 36 8.3.1. Supplement zu Originalarbeit 1 48 9. Lebenslauf 62 10. Komplette Publikationsliste 63 11. Selbstständigkeitserklärung 67 12. Danksagung 68 4 1. Einleitung Therapieresistenz ist ein häufiges Problem bei der Therapie affektiver Störungen. So sprechen beispielsweise 30-40% depressiver Patienten nicht auf einen ersten pharmakologischen Behandlungsversuch an. Mehr als 50% der Nonresponder sprechen nicht auf einen zweiten, weiteren Behandlungsversuch an [1; 2]. Von den Patienten, die auf den ersten Behandlungsversuch angesprochen haben zeigen bis zu 50% keine vollständige Remission der Beschwerden [3; 4; 5]. Um chronische Verläufe zu verhindern sind bei Therapieresistenz auf Standardtherapie wirksame pharmakologische Therapien notwendig. Die vorgelegte Arbeit untersucht in zwei klinischen Studien zwei bei höhergradig therapieresistenten affektiven Störungen empfohlene Strategien, die Hochdosistherapie mit Schilddrüsenhormonen und die Intensivtherapie mit Tranylcypromin unter Aspekten der Sicherheit, Durchführbarkeit und Wirksamkeit [6; 7]. Weiterhin werden neuronale Grundlagen der Depression und ihrer Pharmakotherapie untersucht und mit Hilfe funktioneller Bildgebung der Effekt einer antidepressiven Therapie mit dem selektiven Serotonin Wiederaufnahmehemmstoff (SSRI) Escitalopram auf die Verarbeitung von BelohnungsStimuli im ventralen Striatum (VS) erfasst. Die Therapie mit supraphysiologischen, TSH-suppressiven Dosen von Levothyroxin (TSDL) ist eine Behandlungsoption in der Akut und Langzeittherapie bei therapieresistenten affektiven Störungen [8; 9; 10; 11]. Ein Bedenken bezüglich der Verträglichkeit von TSDL ist eine Abnahme der Knochendichte mit gesteigertem Risiko für Osteoporose [12; 13]. Ob sich TSDL negativ auf die Knochendichte auswirkt ist jedoch unklar [14; 15; 16]. In früheren Studien konnte gezeigt werden, dass prämenopausale Frauen mit bipolarer Störung [17] und postmenopausale Frauen mit affektiver Störung [18], die TSDL für >12 Monate erhielten keine klinisch relevante Verminderung der Knochendichte hatten. In einer longitudinalen Studie an 21 Patienten Knochendichtemessungen mit therapieresistenter durchgeführt nachdem affektiver die Störung Patienten wurden 16.4 zwei Monate beziehungsweise 33.6 Monate TSDL erhielten (mittlere Dosis 416µg/d). Hierbei zeigte sich kein signifikanter Unterschied zwischen der gemessenen Abnahme der Knochendichte und der zu erwartenden Abnahme der Knochendichte im Vergleich zur altersentsprechenden Referenzpopulation [19]. Der irreversible Monoaminooxidase (MAO) - Inhibitor (MAOI) Tranylcypromin wurde vor 50 Jahren als Antidepressivum zugelassen. MAOI werden als effektive Therapie für schwer behandelbare, therapieresistente Depression empfohlen [20] und der Wechsel des Wirkmechanismus ist eine wichtige Strategie bei therapieresistenter Depression (TRD) [21]. Aufgrund der Nebenwirkung einer durch TCP induzierten (reversiblen) relativen Tyraminintoleranz mit der Gefahr von hypertensiver Blutdruck-Dysregulation ist die Einhaltung einer tyraminarmen Diät notwendig. Aus diesem Grund bestehen Unsicherheiten 5 bezüglich der Anwendung und Behandler haben wenig Erfahrung im Umgang mit TCP. Das führt dazu, dass die Substanz in der Praxis nur selten eingesetzt wird, obwohl die Anwendung von TCP bei Einhaltung einer entsprechenden Diät als sicher gilt [22]. Anhedonie und Antriebslosigkeit, sind Leitsymptome bei unipolarer Depression (MDD). Dysfunktionen des Belohnungssystems werden als vielversprechender Biomarker bei MDD diskutiert [23]. In mehreren Bildgebungsstudien konnte bereits ein Zusammenhang zwischen einer verminderten Aktivität des ventralen Striatums (VS) und Schwere der Depression [24] sowie Anhedonie nachgewisen werden [25, 26; 27]. Bei der Belohnungsverarbeitung werden zwei Phasen unterschieden: kündigt sich eine potentielle Belohnung oder Verlust an (Antizipation), so verzeichnet man eine erhöhte dopaminerge Aktivität im VS; tritt dann die Belohnung / der Verlust ein (Feedback), so zeigt sich ebenfalls insbesondere eine vermehrte Aktivität im VS [28; 29]. Der „Monetary Incentive Delay (MID) Task“ erlaubt die Untersuchung von Hirnaktivität getrennt für die “Antizipation” und das “Feedback” von Belohnung und Verlust [28; 29]. Interessanterweise konnte unter Verwendung vergleichbarer, spezifischer Belohnungsparadigmen bisher kein Unterschied bei der Antizipation von motivationalen Reizen im VS gefunden werden [30; 31]. Aufgrund zahlreicher Befunde zu Defiziten im Belohnungssystem bleibt unklar, ob in der Antizipationsphase tatsächlich keine Unterschiede zwischen MDD-Patienten und Gesunden bestehen, oder ob der Negativbefund auf methodische Unterschiede, bzw. die untersuchte Stichprobe (z.B. geringe Symptomschwere, wenig Anhedonie) zurückzuführen ist. Über den Einfluss einer Behandlung mit Selektiven Serotonin Wiederaufnahmehemmstoffen (SSRI) auf Belohnungsprozesse im Gehirn ist bisher wenig bekannt. SSRIs erhöhen den serotonergen Tonus und können indirekt die dopaminerge Aktivität regulieren (Review in [32]). Effekte einer SSRI-Behandlung wurden in Bildgebungsstudien bisher nicht direkt untersucht. 2. Zielstellung Die vorgelegte Arbeit soll dazu beitragen, die Wirksamkeit, Verträglichkeit, Sicherheit und Durchführbarkeit der Pharmakotherapie von therapieresistenten affektiven Störungen mit Levothyroxin in supraphysiologischer, TSH-suppressiver Dosierung (TSDL) und der Intensivbehandlung mit Tranylcypromin (TCP) zu evaluieren. Eine bessere Kenntnis dieser wirksamen aber in der Praxis selten angewendeten Strategien kann ggf. zu einem erhöhten Nettoeinsatz und damit insgesamt zur Reduktion therapieresistenter Verläufe führen. Weiterhin hat die vorgelegte Arbeit das Ziel mittels bildgebender Verfahren den Effekt des Antidepressivum Escitalopram auf das Belohnungssystem zu untersuchen, um die neuronalen Grundlagen der Depression und ihrer Therapie besser zu verstehen. Es soll 6 damit ein Beitrag geleistet werden perspektivisch geeignete Biomarker für eine individualisierte Therapie zu entwickeln und damit Therapieresistenz zu minimieren. Studie 1 Bislang wurde der Effekt von TSDL auf die Knochendichte bei affektiven Störungen nur in einer Längsschnittstudie untersucht [19]. Die Interpretation der Ergebnisse war aufgrund der relativ kurzen Beobachtungsphase limitiert. Deshalb haben wir hierzu prospektiv Follow-Up Untersuchungen der Knochendichte mit DXA Technologie unter naturalistischen Behandlungsbedingungen durchgeführt. Primäres Ziel war es zu untersuchen, ob Patienten mit affektiven Störungen unter Langzeitbehandlung mit TSDL ein erhöhtes Risiko einer Knochendichteabnahme im Vergleich zu einer Alters- und geschlechtsentsprechenden Referenzpopulation haben und ob sich Prädiktoren für eine Abnahme der Knochendichte unter TSDL identifizieren lassen. Studie 2 Aufgrund der unzureichenden und veralteten Datenlage bezüglich TCP war das primäre Ziel dieser Studie Daten für den Einsatz von TCP im modernen Therapieumfeld zu Verträglichkeit, Umstellungsstrategien, Dosierung, Interaktionen mit Comedikation oder Vormedikation sowie die Durchführbarkeit der tyraminarmen Diät zu gewinnen. Sekundäres Ziel war es die therapeutische Effektivität von TCP zu untersuchen und mit der bestehenden Literatur zu vergleichen. Studie 3 Mittels funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRT) sollte in einem Belohnungsparadigma die neuronale Aktivität im VS bei der Antizipation von belohnungsund verlustanzeigenden Reizen bei Gesunden und Patienten mit MDD untersucht werden. Insbesondere sollte die Fragestellung bearbeitet werden, inwieweit eine medikamentöse Therapie mit dem SSRI Escitalopram die neuronale Aktivität in dieser Region moduliert. Weiterhin wurde untersucht, ob die neuronale Aktivität im VS mit der Schwere der depressiven Symptomatik allgemein und insbesondere mit Anhedonie assoziiert ist. Hypothesen waren, 1) dass unmedizierte Patienten eine reduzierte Aktivierung im VS während der Antizipation von Gewinn und Verlust haben und dass 2) eine erfolgreiche Behandlung mit Escitalopram die Veränderungen im VS vermindert. 3. Methoden Studie 1 22 Patienten mit therapieresistenter affektiver Störung wurden von einer TSDL Add-on Erhaltungstherapiestudie rekrutiert [10]. Die Patienten erhielten Erhaltungstherapie mit TSDL zusätzlich zu ihrer bestehenden psychiatrischen Medikation unter naturalistischen Behandlungsbedingungen. Sowohl die Levothyroxin Dosis als auch die weitere Medikation wurden im Verlauf nach klinischem Bedarf adjustiert. TSH war während der gesamten Beobachtungszeit supprimiert (TSH<0.1mlU/l). Die Knochendichte der Lendenwirbelsäule (lumbar vertebrae L1-4) und des Femur (femoral neck) wurde gemessen mit dual energy Xray absorptiometry (DXA) unter Verwendung eines LUNAR DPX Scanners (LUNAR DPX-L 7 instrument, Lunar Radiation, Madison, Wi). Vierzig (40) Messungen von der vorherigen Studie und 48 neue follow-up Messungen wurden verwendet. Die Knochendichte wurde ausgedrückt als Z-scores als Populations Standard Referenz. Der Z-Score stellt dar die Standardabweichung von Alters- Geschlechts- und Body Mass Index (BMI) gematchten Kontrollpersonen unter Verwendung von Daten aus der LUNAR reference population database (Lunar Corporation, 1991). Aufgrund der langen Beobachtungszeit berichten wir die Veränderung des Z-Scores, der im Normalfall stabil bleiben sollte, während absolute Werte oder T-Werte der Knochendichte physiologisch über die Zeit abnehmen. In der statistischen Analyse wurde ein lineares gemischtes Regressionsmodell (“linear mixed model”) verwendet, um die Dauer von TSDL als erklärenden Faktor für die Veränderung der Knochendichte im Vergleich zur alters- und geschlechtsgematchten Referenzpopulation zu untersuchen (primäres Studienziel). Im zweiten Schritt wurde eine erklärende Analyse durchgeführt und Variablen gesucht welche als Confounder potentiell die Knochendichte beeinflussen. Hierfür haben wir die Dauer der TSDL und jede der folgenden Variablen in einer separaten Screening-Analyse in das Modell eingegeben: Alter, Geschlecht, Schilddrüsenparameter (Serumlevel von TSH, fT4, Total T3), Herzfrequenz, systolischer Blutdruck, BMI, Dauer der Affektiven Störung, Schilddrüsenerkrankung in der Anamnese, Comedikation mit Lithium, Raucher (ja/nein) und Menge des Alkoholkonsums (bei Baseline). Das Signifikanzlevel wurde auf p < 0.05 gesetzt. Die Datenanalyse wurde durchgeführt mit Statistical Analysis System (SAS) software, version 9.2. Für ein individelles Adverse Event Monitoring wurden die Befunde der DXA-Messungen durch einen Facharzt für Radiologie befundet. Die Patienten wurden gescreent für neu diagnostizierte Osteopenie, Osteoporose, und Frakturen. Studie 2 In einer praxisbasierten Beobachtungsstudie wurde eine systematische Aktendurchsicht der Patienten, die zwischen Juli 2002 und Juni 2006 in zwei psychiatrischen Kliniken als stationäre oder ambulante Patienten mit TCP behandelt wurden, durchgeführt (n=32). Primäre Ziel-Parameter zur Erfassung der klinischen Effektivität waren die Clinical Global Impression (CGI) Subskalen Severity (CGI-S) und Improvement (CGI-I) [33]. Auftreten und Schwere von Nebenwirkungen der Medikation wurden erfasst mit dem CGIEfficacy Index (CGI-EI). Wenn vorhanden (n=22) wurde der Verlauf der depressiven Symptomatik durch wöchentlich prospektiv erhobene Scores auf der 21-item Hamilton Depression Rating Scale (HAMD-21) [34] erhoben. Das Staging der Therapieresistenzlevel wurde nach Thase und Rush durchgeführt [35]. Remission wurde definiert durch einen CGI-I score von 1 (very much improved) oder einem HAMD-21 Score von 9 oder weniger. Response wurde definiert durch einen CGI-I score von 2 (much improved) oder eine HAMD21 Score Reduktion von 50% oder mehr. Scores wurden erhoben bei Baseline, bei Erreichen der Zieldosis und bei Entlassung oder Ende der TCP Behandlung. Die Durchführbarkeit und 8 die subjektive Einschränkung der Diätvorschriften aus Patienten- und Behandlerperspektive erfolgte aus den Krankenakten nach operationalisierten Kriterien. Daten zur Krankengeschichte und Therapieverlauf wurden den Akten entnommen. Die statistsiche Analyse erfolgte mit SPSS Version 12.0. Das Signifikanzlevel wurde auf P ≤ 0.05 gesetzt. Eine detaillierte Beschreibung der statistischen Analysen kann den angefügten Originalarbeiten entnommen werden. Studie 3 Studiendesign: Es wurden 15 unmedizierte Patienten mit MDD sowie 15 nach Alter, Geschlecht und Händigkeit gematchte gesunde Kontrollpersonen in die Studie aufgenommen. Der Schweregrad der depressiven Symptomatik wurde mittels der Hamilton Depression Rating Scale (HRDS) [34] und dem Beck Depression Inventar (BDI) [36] quantifiziert. Mittels fMRT wurde die zerebrale BOLD-Antwort der Teilnehmer gemessen, während sie ein Belohnungsparadigma ausführten. Die Patienten wurden unmediziert und nach 6 Wochen offener Behandlung mit Escitalopram untersucht. Die gesunden Kontrollpersonen wurden entsprechen insgesamt zweimal zu korrespondierenden Zeitpunkten untersucht. Funktionelle Magnetresonanztomographie: Die fMRT-Daten wurden an einem 1,5 Tesla Magnetresonanztomographen (Magnetom VISION®, Siemens AG, Erlangen) erhoben. Belohnungsparadigma: Bei dem Belohnungsparadigma "monetary incentive delay (MID) task“ [28; 29] handelt es sich um ein Geldgewinnspiel, das aus 2 Durchgängen a 72 Runden besteht. Jede Runde beginnt mit der Antizipationsphase, in der dem Probanden ein geometrisches Symbol präsentiert wird, das ihm eine Gewinn-, Verlustoder Neutralrunde ankündigt (Gewinn- \ Verlust- oder Neutralantizipation). Im Folgenden erscheint nach einem variablen Zeitintervall ein Zielstimulus, den der Proband möglichst schnell mit einem Knopfdruck beantworten muss. Danach wird dem Probanden ein Feedback gegeben, indem der Erfolg, bzw. Misserfolg sowie der aktuelle Kontostand angezeigt werden. Nach der Untersuchung wird den Probanden das gewonnene Geld in bar ausgezahlt. Statistische Datenanalyse: Die fMRT-Daten wurden in SPM5 (http://www.fil.ion.ucl.ac.uk/spm) ausgewertet. Im Rahmen des Allgemeinen Linearen Modells wurden die Daten voxelweise zunächst auf Probandenebene analysiert. Danach wurde auf Gruppenebene eine ANOVA mit Messwiederholung gerechnet (mit den Faktoren: „Zeit“ (prä/post) und „Gruppe“ (Patienten/Kontrollen). Als Hauptkontrast wurde die Bedingung „Antizipation Gewinn (+3€) vs. Neutral“ und die „Antizipation Verlust (-3€) vs. Neutral“ gewählt. BDI und HRDS Skalen wurden korreliert mit den extrahierten individuellen BetaWerten unserer Zielregion (VS). 9 4. Ergebnisse Studie 1 Die mittlere DXA Beobachtungsdauer war 53.4 (+ 35.14) Monate und die durchschnittliche Dauer der TSDL war 69.3 (+ 40.07) Monate. Die erste DXA-Messung wurde durchgeführt nachdem Patienten durchschnittlich 15.86 (+ 11.54) Monate TSDL erhalten hatten. Zum Zeitpunkt der ersten und letzten Messung waren die durchschnittlichen Z-Werte im Referenzbereich. Klinische und Daten zu DXA-Messungen können Tabelle 1 und der beigefügten Originalarbeit (dort: Table1 und Supplemental Table) entnommen werden. Es zeigte sich keine signifikante Veränderung der Knochendichte in der Studienpopulation verglichen mit der Referenzpopulation über die Dauer der Behandlung. Die geschätzte nicht signifikante Abnahme des Z-Scores im Vergleich zur Referenzpopulation war: a) Region Lendenwirbelsäule: (L1-4): -0.00069 / Monat (Standardfehler (SE): 0.02283; 95%Confidence-Interval (CI): -0.04811 to 0.04673; p=0.9759). b) Region Z-L1-4 (Lendenwirbelsäule): - 0.01405 / Monat. (SE: 0.01823; 95%-CI: -0.05836 to 0.02942; p=0.4436). Mit dem Ziel potentielle Prädiktoren für eine Veränderung der Knochendichte unter TSDL zu untersuchen haben wir separat für die oben genannten Variablen getestet: In Z-Neck (Oberschenkelhals) and Z-L1-4 (Lendenwirbelsäule) zeigten keine der untersuchten Variablen einen signifikanten Effekt auf die Knochendichte (siehe „Table 2“ in Originalarbeit). In einer geschlechtsspezifischen Analyse zeigte „postmenopausaler Status“ keinen statistisch signifikanten Effekt in beiden Regionen (geschätzte Änderung pro Monat in Z-L14: 0.2042; SE: 0.7714; 95%-CI: -1.4320 to 1.8405; p=0.79; geschätzte Änderung pro Monat in Z-Neck: -0.2232; SE: 0.5575; 95%-CI: -1.4062 to 0.9598; p=0.69). Der individuelle Verlauf der Z-Werte während TSDL von der ersten bis zur letzten Untersuchung zeigt leichte Schwankungen nach oben und unten und keine substantielle Knochendichteminderung im Vergleich zur Referenzpopulation. Die Befundung durch einen Facharzt für Radiologie ergab keine neu aufgetretene Osteopenie, Osteoporose oder Frakturen außer einmalig einer neu diagnostizierten Osteopenie und einmalig einer im Verlauf nicht mehr als Osteopenie klassifizierten Knochendichte (beide Verläufe zeigten keine starken Veränderungen der Ausgangswerte). 10 Studie 2 Soziodemographische Daten: Es konnten 32 Patienten (14 männliche, 18 weiblich, 29 stationär, 3 ambulant) Diagnosen waren unipolare im Alter von 55.1 [range 25-73] identifiziert werden. Depression (n=21), bipolare Depression (n=9) und schizoaffektive Depression (n=2). Vorbehandlung in aktueller Episode: Die Patienten hatten 3.3 (range 1-8) antidepressive Behandlungsversuche vor Beginn mit TCP, das Therapieresistenzlevel war 1.84 (moderates Therapieresistenzlevel). Der häufigste Grund für die Indikationsstellung war Therapieresistenz (84%). Behandlung mit TCP und Comedikation: Die durchschnittliche Dauer der Behandlung war 6.5 (range 1-29) Wochen, die durchschnittliche Dosis war 51.9 (range 20-100) mg / Tag. Comedikation war: Lithiumcarbonat (n=13), atypische Antipsychotica (Olanzapin, Clozapin, Quetiapin, Ziprasidon and Risperidon, n = 17), Benzodiazepine (n=12), Zolpidem oder Zopiclon (n=9), Chloralhydrat (n = 3), typische Antipsychotika (n=9), Stimmungsstabilisierer (Carbamazepin, Lamotrigin, n = 5), weiteres Antidepressivum (Amitriptylin, Trimipramin, Trazodon, n=4). Zwei Patienten erhielten Elektrokonvulsionstherapie (Anaesthesie mit Propofol and Succinylcholin) unter TCP. Sicherheit und tyraminarme Diät: Unter TCP hatten Patienten signifikant weniger schwerwiegende Nebenwirkungen (signifikant oder den Therapieeffekt überwiegend) als während der Vorbehandlung (χ² = 12.5, p ≤ .001; Tabelle 2). Die häufigsten Nebenwirkung waren hypotonieassoziiert (Schwindel, orthostatische Dysregulation, Synkope; n=9; 28.1%), bei drei Patienten waren diese Nebenwirkungen schwer und bei zwei Patienten wurde 11 deshalb die Therapie beendet. Die Durchführbarkeit der Diät wurde in der Selbst- und Fremdbewertung am häufigsten als „gut durchführbar“ im Vergleich zu anderen möglichen Kategorien bewertet (Sebstrating: χ² = 57.39, p ≤ 0.001; Fremdrating: χ² = 19.61, p ≤ 0.001) (Tabelle 3). Die Einschränkung durch die Diät wurden häufiger als „moderat“ (n=18) gewertet als als „keine / minimal“ (n=10; χ² = 10.90, p = 0.004). Die Fremdbewertung der Diätcompliance mit der tyraminarmen Diät wurde als sehr gut (n=2), gut (n=24), niedrig (n=4) oder unbekannt (n=4) eingeschätzt. Effektivität der Behandlung: HAMD und CGI zeigten eine signifikante Symptomreduktion zwischen Baseline, zur Zieldosis und am Ende der Behandlung (Abbildung 1). Neunzehn Patienten (59.4%) remittierten, sieben Patienten (21.9%) respondierten und sechs Patienten (18.7%) zeigten Nonresponse (χ²=9,8; p=.007) (Figure 3). Das Behandlungsergebnis wurde nicht beeinflusst durch den Schweregrad der Depression (p = 0.145), Geschlecht (p=0.558), Alter (p= 0.561) und Therapieresistenzlevel (p = 0.758). Es zeigte sich ein Trend zu einer höheren Dosis bei Therapieresponse (57.4 ± 20.2 mg / day) als bei Nonresponse (43.9 ± 24.4 mg / Tag) (T = − 1.710, p = 0.098). Studie 3 Die Schwere der Depression wurde durch die Therapie mit Escitalopram signifikant reduziert (paired t-test, HRDS t = 11.14 und BDI t = 3.5; gesamt p<0.005). Elf Patienten respondierten auf die Therapie (>50% HRDS-Score Reduktion) vier waren Nonresponder. Die ANOVA mit Messwiederholung ergab einen signifikaten Interaktionseffekt für den Kontrast „Antizipation von Verlust vs. Neutral“ (Abbildung 2a) und im Trend für den Kontrast „Antizipation von Gewinn vs. Neutral“. Die Interaktion war darauf zurückzuführen, dass depressive Patienten gegenüber gesunden Kontrollen eine signifikant verminderte Aktivierungen im VS bei der Antizipation von Gewinn sowie auch Verlust vor Medikation aufwiesen, während nach Behandlung kein Unterschied mehr bestand (Abbildung 2b). Die 12 verminderte Aktivität im VS war mit der Schwere der depressiven Symptomatik, insbesondere Anhedonie assoziiert (Abbildung 2c). 5. Diskussion Levothyroxin-Hochdosis In dieser Langzeitstudie (Behandlungsdauer: 5.8 Jahre; DXA- Beobachtungsperiode: 4.5 Jahre) ergab sich kein Anhalt für eine im Vergleich zur altersgeschlechts- und BMI - gematchten Referenzpopulation gesteigerte Verminderung der Knochendichte und die Dauer der TSDL konnte nicht mit einer Abnahme der Knochendichte in Verbindung gebracht werden. Damit werden Ergebnisse früherer Untersuchungen an Patienten mit affektiven Störungen unter TSDL bestätigt, welche in einer Längsschnittstudie keine signifikanten Unterschiede zwischen der gemessenen und der zu erwartenden Abnahme der Knochendichte in einer 17.3 monatigen Beobachtungszeit [19] zeigten und früheren Querschnittsstudien, die unter TSDL keine signifikanten Unterschiede der Knochendichte im Vergleich zur altersgematchten Referenzpopulation fanden [17; 18]. Eine Limitation dieser Vorgängerstudie war die relativ kurze Beobachtungszeit (durchschnittlich 17.3 Monate) und die kurze Behandlungsdauer mit TSDL (durchschnittlich 37.5 Monate) [19]. Die vorgelegte Studie erweitert die Vorbefunde um eine längere Behandlungsdauer (durchschnittlich 69.3 Monate) und eine längere DXA-Beobachtungsdauer (durchschnittlich 53.4 Monate). Durch die Stabilisierung ihrer schweren therapieresistenten affektiven Störung haben Patienten signifikant von der Behandlung mit TSDL profitiert [10; 37] und der Großteil der Patienten führte die Behandlung nach klinischer Indikation für viele Jahre fort (Behandlungsdauer bis 12 bzw. 14 Jahre). Die Stärke der vorgelegten Studie liegt in dem weltweit einzigartigen Sample von Patienten mit schwerer affektiver Störung, die eine Langzeittherapie mit TSDL erhalten, der longitudinalen Erfassung der Knochendichte, der 13 Kontrolle der Behandlungscompliance durch die TSH-Werte, der hochwertigen Referenzpopulation und der Kombination der statistischen Gruppenanalyse mit einem individuellen Adverse Event Screening durch einen Facharzt für Radiologie. Die Analyse bezüglich potentieller negativer Einflussfaktoren auf die Knochendichte identifizierte keine Risikofaktoren für eine erhöhte Abnahme der Knochendicht unter TSDL in der Studienpopulation. Im Kontrast zu Vorbefunden [19; 18] konnte postmenopausaler Status nicht als Risikofaktor identifiziert werden, was bedingt sein kann durch die kleine Fallzahl und den explorativen Charakter unserer Studie. Trotzdem empfehlen wir unter TSDL besondere Vorsicht bei Patienten mit bekannten Risikofaktoren für Osteoporose. Eine mögliche Erklärung für das Fehlen einer offensichtlichen Knochendichteminderung ist, dass die erhöhte Serumkonzentration von Schilddrüsenhormon nicht zu einer Thyreotoxikose mit klinischen Hyperthyreosezeichen geführt hat. Diese Hypothese wird dadurch gestützt durch, dass die Vitalparameter im Normbereich lagen, dass die Patienten die Behandlung überraschend gut vertragen haben [8; 9 ; 10; 38] und durch Vorbefunde, die zeigen konnten, dass Patienten mit Depression TSDL besser tolerieren als gesunde Kontrollpersonen [39]. Limitationen der Studie sind das Design, welches das Risiko einer Positivselektion von Patienten birgt, die TSDL gut vertragen. Weitere Limitationen sind die Gruppengröße, das Fehlen einer DXA-Messung vor TSDL und einer Kontrollguppe von Patienten mit affektiver Störung, die kein TSDL erhalten sowie die variablen DXA-Intervalle. Aus diesen Gründen müssen die Ergebnisse als vorläufig gewertet werden und weitere Studien sind notwendig. Basierend auf früheren Ergebnissen und der relativ geringen Strahlenbelastung empfehlen wir regelmäßige DXA-Untersuchungen unter TSDL (z.B. jährlich), um Patienten mit Knochendichteminderung zu identifizieren. Die Studie bestärkt, dass TSDL eine gut verträgliche Langzeitbehandlung bei schweren affektiven Störungen ist. Tranylcypromin Intensivbehandlung Die vorgelegte Beobachtungsstudie liefert klinisch relevante Daten über eine Intensivbehandlung mit TCP bei TRD unter modernen Behandlungsbedingungen. TRD ist im beschrieben Sample der häufigste Grund für die Indikationsstellung für die TCP Behandlung. Die Umstellung auf TCP von modernen Antidepressiva wurde bislang nur in 2 weiteren Studien beschrieben [40; 41]. Eine IntensivBehandlung besteht, da die mittlere Dosis mit 51.9mg/die oberhalb des üblichen Bereiches liegt (gemäß deutscher Fachinformation darf eine Behandlung oberhalb von 40mg und bis maximal 60mg nur unter stationären Bedingungen durchgeführt werden) und eine CoMedikation mit anderen Psychopharmaka durchgeführt wird. Wir konnten einen Trend zu höherer Dosierung bei Ansprechen auf die Therapie zeigen, was auf eine DosisWirkungsbeziehung hinweisen könnte, die bereits früher in der Literatur angegeben wurde [40; 42]. Trotz Intensivbehandlung war die Belastung durch Nebenwirkungen relativ gering und das vorwiegende Auftreten von Hypotonie-assoziierten Nebenwirkungen und die Rate 14 schwerer Nebenwirkungen ist in Einklang mit Befunden aus offenen Studien [40; 43; 44]. Die gezeigte bessere Verträglichkeit im Vergleich zur Vorbehandlung, welche vorwiegend mit neuen Antidepressiva der 2. und 3. Generation (mit selektivem Rezeptorprofil) durchgeführt wurde ist plausibel, da TCP selektiv die MAO inhibiert und keine Interaktion mit andern Rezeptorsystemen hat und in der Literatur eine vergleichbare Verträglichkeit zu modernen Antidepressiva beschrieben wird [41; 44; 45]. Kontrollierte Studien mit TCP konnten bislang nur über Benzodiazepine als Comedikation berichten - in der vorgelegten Studie zeigen sich in Einklang mit der bisherigen Datenlage [40; 47; 48; 49; 50; 51; 52; 53] keine zusätzlichen unerwünschten Ereignisse durch Interaktion mit der verordnete psychiatrischen Comedikation. Die ausreichend lange Zeit zum Auswaschen der Vormedikation von stark serotonergen Substanzen (5 Halbwertzeiten) hat wahrscheinlich zu der guten Verträglichkeit in unserer Studie beigetragen. Aufgrund als „moderat“ eingeschätzter Belastung durch die Diät bei „guter Durchführbarkeit“ ist eine ausreichende Therapiemotivation nötig. Die Responserate von 81% und die Remissionsrate von 51% sind höher als in kontrollierten Studien mit TCP beschrieben. Offene Studien fanden Responseraten von 40-75% [40; 54; 55; 56; 57]. Das stationäre Setting, das retrospektive Studiendesign, die hohe TCP Dosis, die intensive psychiatrische Comedikation und die lange Behandlungsdauer können zu diesem sehr guten klinischen Ergebnis beigetragen haben. Hinweise auf eine überlegene Wirksamkeit im Vergleich zu SSRI und Moclobemid geben auch Ergebnisse aus mehreren offenen Studien [44; 58; 59], wobei die Datenlage diesbezüglich nicht einheitlich ist [41]. Hauptlimitation der vorgelegten Studie ist das das retrospektive, nicht kontrollierte Design und die Patientenselektion. In der vorgelegten Studie zeigt sich eine Intensivbehandlung mit TCP bei TRD gut verträglich, gut durchführbar und hochgradig effektiv. Basierend hierauf kann eine Intensivbehandlung mit TCP bei TRD vor Durchführung einer Elektrokonvulsionsbehandlung empfohlen werden. Escitalopram und Belohnungssystem Die dritten Studie zeigt erstmalig eine Hyporesponsivität im ventralen Striatum, einer Hauptregion des Belohnungssystems, während der Antizipation motivationaler Reizen bei unmedizierten Patienten mit unipolarer Depression im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen (Bestätigung von Hypothese 1), welche sich nach sechswöchiger erfolgreicher Therapie mit dem SSRI Escitalopram normalisiert (Bestätigung von Hypothese 2). Die Hyporesponsivität im VS ist dabei mit der Schwere der depressiven Symptomatik, insbesondere mit Anhedonie assoziiert. Unsere Ergebnisse sind in Einklang mit bestehender Literatur, welche eine Hyporesponsivität im VS bei MDD bei der Verarbeitung positiver emotionaler Reize [26; 60; 27] und während Verstärkerlernen [24; 25] zeigen konnten. Sie stehen im Kontrast zu Studien, die ein vergleichbares Belohnungsparadigma benutzten und keine Alterationen im 15 VS bei Patienten mit MDD während der Antizipationsphase zeigen konnten [30; 31]. Gründe hierfür könnten Unterschiede im experimentellen Design oder der untersuchten Stichprobe sein. Die vorgelegte Studie spricht für einen modulierenden Effekt von SSRIs auf Dysfunktionen im Belohnungssystem. Dies wurde auch für andere Therapieverfahren, wie Tiefenhirnstimulation [61; 62] sowie Psychotherapie [63] berichtet. In zukünftigen Studien sollte anhand einer größeren Fallzahl untersucht werden, ob – und zu welchem Zeitpunkt der Therapie - sich anhand der Responsivität des VS Responder und Nonresponder auf die Therapie mit SSRI unterscheiden lassen und ob dieser Effekt SSRI spezifisch ist. Zusammen mit Ergebnissen aus pharmakogentischen Studien zur Responseprädiktion [64; 65; 66] und weiteren Biomarkern z.B. BDNF [67] kann so ein Beitrag zu einer individualisierten Pharmakotherapie der Depression und damit zu einer Verminderung therapieresistenter Verläufe geleistet werden. Schlussfolgerung: Die vorliegenden Arbeiten erweitern die Kenntnis über Strategien zur Therapieeskalation bei therapieresistenten affektiven Störungen durch klinische Daten zur Wirksamkeit, Verträglichkeit, Sicherheit und Anwendbarkeit der Therapie mit Schilddrüsenhormon in supraphysiologischer Dosierung und der Intensivbehandlung mit Tranylcypromin. Eine bessere Kenntnis dieser wirksamen, aber in der Praxis selten angewendeten Strategien kann ggf. zu einem erhöhten Nettoeinsatz und damit insgesamt zur Reduktion therapieresistenter Verläufe führen. Durch die Untersuchung des dopaminergen Belohnungssystems bei Depression und den Befund der Hyporesponsivität des ventralen Striatum, welche sich nach Therapie normalisiert wird ein Erkenntnisgewinn bezüglich der neuronalen Grundlagen der Depression und ihrer Pharmakotherapie erzielt. Dies kann zur Entwicklung eines Biomarkers beitragen, der zukünftig Bestandteil einer effektiven, individualisierten Therapie zur Vermeidung therapieresistenter Verläufe sein könnte. 16 6. Literatutverzeichnis 1. Rush, A.J., Trivedi, M.H., Wisniewski, S.R., Stewart, J.W., Nierenberg, A., Thase, M.E., et al., 2006. Bupropion-SR, sertraline, or venlafaxine-XR following SSRI failure for depression: A STAR*D report. N Engl J Med 354, 1231-1242. 2. 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Reduced brain-derived neurotrophic factor serum concentrations in acute schizophrenic patients increase during antipsychotic treatment. J Clin Psychopharmacol.;31(3):334-6. 20 7. Anteilserklärung Roland Ricken hatte folgenden Anteil an den vorgelegten Publikationen: 1. Ricken, R., Bermpohl, F., Schlattmann, P., Bschor, T., Adli, M., Mönter, N., Bauer, M., 2011. Long-term treatment with supraphysiological doses of thyroid hormone in affective disorders - effects on bone mineral density. J Affect Disord. 2012 Jan;136(1-2):e89-94. Epub 2011 Jul 14. 80%: selbstständige Erarbeitung des Themas unter Supervision von Prof. Dr. Dr. M. Bauer; alleinige Datenerhebung, Erstellung der Datenmatrix und Dateneingabe, selbstständige Erarbeitung der Methode und statistischen Analyse unter Supervision von Prof. Dr. Peter Schlattmann (Msc); Beratungen mit Fachärzten für Radiologie; selbstständiges und alleiniges Verfassen der ersten Version des Manuscrips; Finalisierung des Manuscripts unter Einbeziehung der Anregungen von Coautoren, Editor und Reviewer des Journal of Affective Disorders. 2. Adli, M., Pilhatsch, M., Bauer, M., Köberle, U., Ricken, R., Janssen, G., Ulrich, S., Bschor, T., 2008. Safety of high-intensity treatment with the irreversible monoamine oxidase inhibitor tranylcypromine in patients with treatment-resistant depression. Pharmacopsychiatry; 41(6):252-7. 40%: Patientenbehandlung, Entwicklung von Thema und Methode, Datenerhebung, statistische Auswertung, substantielle Mitwirkung an Entwurf und Anfertigung der Publikation in der vorliegenden Form. 3. Stoy, M., Schlagenhauf, F., Sterzer, P., Bermpohl, F., Hägele, C., Suchotzki, K., Schmack, K., Wrase, J., Ricken, R., Knutson, B., Adli, M., Bauer, M., Heinz, A., Ströhle, A., 2011. Hyporeactivity of ventral striatum towards incentive stimuli in unmedicated depressed patients normalizes after treatment with escitalopram. J Psychopharmacol. 2011 Sep 17. [Epub ahead of print]. 30%: Patientenrekrutierung, Patientenaufklärung und Patientenbehandlung, Blutentnahmen, Vorbereitung von fMRT-Messungen, Entwicklung von Thema und Methode, statistische Auswertung, substantielle Mitwirkung an Entwurf und Anfertigung der Publikation in der vorliegenden Form. Roland Ricken PD Dr. med. Mazda Adli 21 8. Ausgewählte Publikationen 1. Ricken, R., Bermpohl, F., Schlattmann, P., Bschor, T., Adli, M., Mönter, N., Bauer, M., 2011. Long-term treatment with supraphysiological doses of thyroid hormone in affective disorders - effects on bone mineral density. J Affect Disord. 2012 Jan;136(1-2):e89-94. Epub 2011 Jul 14. Impact Factor: 3.740 2. Adli, M., Pilhatsch, M., Bauer, M., Köberle, U., Ricken, R., Janssen, G., Ulrich, S., Bschor, T., 2008. Safety of high-intensity treatment with the irreversible monoamine oxidase inhibitor tranylcypromine in patients with treatment-resistant depression. Pharmacopsychiatry; 41(6):252-7. Impact Factor: 2.203 3. Stoy, M., Schlagenhauf, F., Sterzer, P., Bermpohl, F., Hägele, C., Suchotzki, K., Schmack, K., Wrase, J., Ricken, R., Knutson, B., Adli, M., Bauer, M., Heinz, A., Ströhle, A., 2011. Hyporeactivity of ventral striatum towards incentive stimuli in unmedicated depressed patients normalizes after treatment with escitalopram. J Psychopharmacol. 2011 Sep 17. [Epub ahead of print]. Impact Factor: 3.801 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 9. Lebenslauf Mein Lebenslauf wird aus datenschutzrechtlichen Gründen in der elektronischen Version meiner Arbeit nicht veröffentlicht. 62 10. Komplette Publikationsliste a) peer reviewed 1. Ricken, R., Wiethoff, K., Reinhold, T., Schietsch, K., Stamm, T., Kiermeir, J., Neu, P., Heinz, A., Bauer, M., Adli, M. 2011. .Algorithm-guided treatment of depression reduces treatment costs - Results from the randomized controlled German Algorithm Project (GAPII), Affect Disord. 2011 Nov;134(1-3):249-56. Epub 2011 Jul 14. Impact Factor: 3.740 2. Ricken, R., Bermpohl, F., Schlattmann, P., Bschor, T., Adli, M., Mönter, N., Bauer, M., 2011. Long-term treatment with supraphysiological doses of thyroid hormone in affective disorders - effects on bone mineral density. J Affect Disord. 2012 Jan;136(12):e89-94. Epub 2011 Jul 14. Impact Factor: 3.740 3. Adli, M., Pilhatsch, M., Bauer, M., Köberle, U., Ricken, R., Janssen, G., Ulrich, S., Bschor, T., 2008. Safety of high-intensity treatment with the irreversible monoamine oxidase inhibitor tranylcypromine in patients with treatment-resistant depression. Pharmacopsychiatry; 41(6):252-7. Impact Factor: 2.203 4. Stoy, M., Schlagenhauf, F., Sterzer, P., Bermpohl, F., Hägele, C., Suchotzki, K., Schmack, K., Wrase, J., Ricken, R., Knutson, B., Adli, M., Bauer, M., Heinz, A., Ströhle, A., 2011. Hyporeactivity of ventral striatum towards incentive stimuli in unmedicated depressed patients normalizes after treatment with escitalopram. J Psychopharmacol. 2011 Sep 17. [Epub ahead of print]. Impact Factor: 3.801 5. Bermpohl F, Dalanay U, Kahnt T, Sajonz B, Heimann H, Ricken R, Stoy M, Hägele C, Florian Schlagenhauf, Adli M, Wrase J, Ströhle A, Heinz A, Bauer M (2009). A preliminary study of increased amygdala activation to positive affective stimuli in mania. Bipolar Disorders 2009: 11: 70–75. Impact Factor: 5.221 6. Lee AH, Lange C, Ricken R, Hellweg R, Lang UE., 2011. Reduced brain-derived neurotrophic factor serum concentrations in acute schizophrenic patients increase 63 during antipsychotic treatment. J Clin Psychopharmacol. 2011 Jun;31(3):334-6. Impact Factor: 4.857 7. Bauer M, Kozuch E, Glenn T, P. Grof, Gutzmann C, Kiermeir J, Neuhaus K, Rasgon N, Ricken R, Sasse J, Schmid R, Whybrow PC (2008) Die elektronische Erfassung des longitudinalen Verlaufs bipolarer Störungen. Nervenheilkunde 2008 27 3: 165172. Impact Factor: 0.368 b) sonstige Publikationen: 1. Ricken R, Pilhatsch M, Bauer M (2007) Pharmakotherapie bipolarer Erkrankungen. Psychiatrie und Psychotherapie up2date 1:129-147. 2. Hoffmann AOM, Lee AH, Wertenauer F, Ricken R, Jansen J, Gallinat J, Lang U. Dog assisted activities significantly reduce anxiety in hospitalized patients with major depression; Eur J Integrat Med Volume 1, Issue 3, (October 2009) pages 145-148. 3. Lang UE, Hartmann S, Schulz-Hartmann S, Gudlowski Y, Ricken R, Munk I, von Haebler D, Gallinat J, Heinz A (2010) Do locked doors in psychiatric hospitals prevent patients from absconding? Eur. J. Psychiat. Vol. 24, N.° 4, (199-204). 4. Rentzsch J, Ricken R, Adli M (2011). Akutbehandlung der Manie. Psychiatrie und Psychotherapie up2date. Thieme Verlag (in press) c) Poster (Auswahl) 1. Ricken R, Bermpohl F, Schlattmann P, Adli M, Bauer M., 2010. Bone mineral density during maintenance treatment with supraphysiological doses of levothyroxine in affective disorders: a longitudinal study. DGPPN 2010. 2. Ricken R, Todorova E, Wiethoff K, Heinz A, Bauer M, Adli M (poster) Algorithmguided treatment of depression reduces treatment costs – Results from the German Algorithm Project (GAP3). Posterpreis, AGNP 2009. 3. Ricken R, Wiethoff K, Todorova E, Baghai TC, Fisher R, Möller HJ, Hauth I, Brieger P, Cordes J, Laux G, Heinz A, Bauer M, Adli M (in preparation) Algorithm-guided 64 treatment of Patients with Depression: Single Episode vs. Recurrent differences in the Course of Treatment, Clinical, Psychosocial Episodes Factors – Results from the German Algorithm Project (Poster DGPPN 2008) 4. Ricken R, Adli M, Dembler T, Bermpohl F, Heinz A, Krüger S. Sexualdysfunction in patients with bipolar disorder receiving mono - or combination therapy with atypical antipsychotics – a multi-centre study using a controlled,retrospective, cross section design (7. Dreiländer - Symposium für Biologische Psychiatrie, Göttingen 2008) 5. Adli M, Kühne S, Ricken R (poster) Compliant 2006 – Ergenyl® Chronosphere® in Bipolar Disorder. (CINP 2008) 6. Stamm T, Schlagenhauf F, Ricken R, Bez J, Pilhatsch M, Bschor T, Lewitzka U,, Juckel G, Assion H,Scherk H, Frye M, van Calker D, Whybrow P, Bauer M (poster) L – Thyroxine as addon in bipolar depression. (7. Dreiländer - Symposium für Biologische Psychiatrie, Göttingen 2008) 7. Ricken R, Schietsch K, Wiethoff K, Reinold T, Heinz A, Bauer M, Adli M (poster) Algorithm-guided treatment of depression reduces treatment costs – Results from the German Algorithm Project (GAP2). Hot Topic, AGNP 2007. d) Buchkapitel - Neurobiologie und Therapie bipolarer Erkrankungen (Prof. Dr. rer. nat. Dr. med Michael Bauer). Pharmakotherapie bipolarer Störungen, Kapitel Rezidivprophylaxe, Unimed-Verlag, Göttingen, 2005. e) Auszeichnungen und Preise: - Posterpreis und Vortrag AGNP 2009 (2. Platz von 180 Bewerbern) Ricken R, Todorova E, Wiethoff K, Heinz A, Bauer M, Adli M (poster) treatment of depression reduces treatment costs – Results from Algorithm-guided the German Algorithm Project (GAP3). - Posterpreis und Vortrag AGNP 2007 (Hot Topic) Ricken R, Schietsch K, Wiethoff K, Reinold T, Heinz A, Bauer M, Adli M (poster) Algorithmguided treatment of depression reduces treatment costs – Results from the German Algorithm Project (GAP2). f) Vorträge (Auswahl) - AGNP 2007 und 2009 (s.o.) 65 - AGNP Kongress Oktober2011: Vorsitz des Symposiums Neurobiologie der Therapie mit Lithiumsalzen; eigener Beitrag: Lithiumaugmentation bei Unipolarer Depression: Fokus auf BDNF und den Verlauf der BDNF-Serumspiegel als Responseprädiktor - Vorträg und Konzeption des 2. International Workshop on Major Depression 2010 (Charité Campus Mitte): Sexuelle Dysfunktion bei Depression. - Vortrag im Rathaus Berlin Mitte i.R.d. Aktionswoche zur seelischen Gesundheit in Berlin: „Depression – eine Volkskrankheit“ 66 11. Selbstständigkeitserklärung Ich, Roland Ricken, erkläre, dass ich die vorgelegte Dissertation mit dem Thema „Optimierung der Pharmakotherapie bei therapieresistenter affektiver Störung: über Wirksamkeit und Sicherheit der Hochdosistherapie mit Levothyroxin und Tranylcypromin sowie die Responsivität des dopaminergen Belohnungssystem als Biomarker bei der antidepressiven Therapie mit Escitalopram“ selbst und ohne die unzulässige Hilfe Dritter verfasst, keine anderen als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt und auch in Teilen keine Kopien anderer Arbeiten dargestellt habe. Berlin, 27. Juni 2011 Roland Ricken 67 12. Danksagung • Dem Betreuer dieser Arbeit Herrn Privatdozent Dr. med. Mazda Adli möchte ich für meine klinische und wissenschaftliche Ausbildung, Förderung, Freundschaft und natürlich die Betreuung dieser Arbeit danken. • Professor Dr. rer. nat. Dr. med. Michael Bauer möchte ich für die Unterstützung bei dieser Arbeit danken. • Ich danke der Arbeitsgruppe für Affektive Störungen. • Ich danke meinen Eltern für Ihre Unterstützung bei meiner Ausbildung. • Ich danke meiner Frau Pari für Ihre Liebe. 68