Vorlesung Immunologie 6. Semester Humanmedizin IMMUNDEFEKTE und ÜBERREAKTIONEN 1/11 AUTOIMMUNITÄT, TRANSPLANTATION, TUMOR Vorlesung 8 Grundlagen Der Autoimmunität 1. Definition und Bedeutung Auto-Antikörper und autoreaktive Lymphozyten ¾ Autoimmunität: Reaktivität gegen körpereigene Antigene (Autoantigene) ¾ Aber beachte : Auto-Antikörper und autoreaktive Lymphozyten führen nicht immer zu einer Autoimmunkrankheit. Die meisten Auto-Antikörper sind ohne wesentliche pathogenetische Bedeutung (darauf deuten Transferexperimente). Die sogenannten „natürlichen“ Autoantikörper (IgM anti-Zuckerdeterminanten) sind vielleicht sogar nützlich (evtl. im Zusammenhang mit dem Idiotypen-Netzwerk). Ähnliches trifft für autoreaktive Zellen wohl auch zu. Allerdings können autoreaktive Zellen von gesunden Individuen unter bestimmten Umständen eine Autoimmunkrankheit auslösen. Kontrolle der Autoimmunität ¾ Verschiedene Kontrollmechanismen verhindern normalerweise Vorkommen oder Aktion autoreaktiver B- oder T-Zellen und somit pathologische Autoimmunität. ¾ Gegenüber Autoantigenen besteht zentrale und/oder periphere Toleranz im gesunden System (Deletion, Anergie, Regulation durch T-Zellen) 2. Mechanismen Übersicht 1. Induktion kostimulatorischer Moleküle auf APC (lokale Aktivierung „physiologisch“ autoreaktiver Zellen) 2. molecular mimikry Stimulation durch APC mit kreuzreaktivem mikrobiellem Antigen 3. Freisetzung von sequestriertem Antigen 4. Aberrante MHC-Expression und AG-Präsentation auf nichtprofessionellen APC 5. Polyklonale Aktivierung, z.B. durch Superantigene 6. Regulationsdefekte, wie z.B. überschießende Effektormechanismen bei Virusinfektionen (LCMV), die zur Zerstörung körpereigener Zellen führen Klassifizierung ¾ Aberrante Lymphozytenstimulation ausgelöst durch Antigenmodifikation ¾ Oligoklonale direkte Lymphozytenaktivierung ¾ Aberrante Antigenprozessierung/präsentation und/oder Kostimulation ¾ Regulationsdefekte 3. Prädisponierende Faktoren ¾ Genetische Faktoren MHC Gene Assoziation diverser AI-Krankheiten mit HLA-System TCR Gene? Hinweise in Tiermodellen andere Gene? Kandidaten : C2, C4, TNF, LT im MHC-Locus Emmrich, 2007 Vorlesung Immunologie 6. Semester Humanmedizin IMMUNDEFEKTE und ÜBERREAKTIONEN 2/11 ¾ Geschlecht (hormonelle Einflüsse) Frauen > Männer SLE = 10 : 1 ¾ Alter (Schwächung von immunol. Kontrollsystemen, hormonelle Einflüsse?) alt > jung ¾ Lokale Gewebsschäden (Freisetzung sequestrierter Antigene) z.B. posttraumatische Uveitis oder Orchitis ¾ Virale oder bakterielle Infektionen (als Induktoren) polyklonale Lymphozytenaktivierung, Veränderung von „Selbst“-Antigenen, molecular mimicry, Gewebsschaden Spezielle Autoimmunität 1. Klinische Bilder Charakteristisch für Autoimmunität ist die erbliche Disposition. Unter Umständen wird ein Auslöser (Trigger) benötigt, z.B. eine Infektion. Die genetische Disposition kann sich auf den MHC beziehen (MHC-assoziiert), aber auch Defekte in anderen Genen betreffen (nicht-MHC-assoziiert). Klinische Auffälligkeiten von Autoimmunkrankheiten ¾ Vielgestaltige Gewebeschäden und chronische Entzündungen in Folge von pathologischen Autoantikörpern und autoraktiven Zellen. ¾ Je nach der Hauptausprägung unterscheidet sich das Schadenspotenzial. Es gibt systemische und organspezifische Formen mit vielen Übergängen. ¾ Die Erkrankungen verlaufen meist in Schüben (Exazerbation und Remission wechseln) und progressiv ohne dass die Schübe vorhersagbar sind. ¾ Häufig sind HLA-Assoziationen und diagnostisch verwertbare pathologische Autoantikörper. ¾ Nach wie vor ist die gängige Therapie nur symptomatisch. Handlungsbedarf für Forschung ! Emmrich, 2007 Vorlesung Immunologie 6. Semester Humanmedizin IMMUNDEFEKTE und ÜBERREAKTIONEN 3/11 2. HLA-Assoziation ¾ Erhöhte Anfälligkeit ist bei einigen Krankheiten (nicht nur Autoimmunkrankheiten) mit bestimmten MHC-Allelen assoziiert. Ursächlich sind u.a. Bindungseigenschaften von Antigen-Peptiden an die betreffenden HLA-Allele. Krankheit Ankylosierende Spondylitis (M.Bechterew) Goodpasture-Syndrom Glutensensitive Enteropathie Angeborene Hämochromatose Insulinabhängiger Diabetes mellitus Narkolepsie Reaktive Arthritis (Yersinien, Salmonellen, Gonococcen) Reiter-Syndrom Rheumatoide Arthritis Assoziierte HLA-Allele B27 DR2 DR3 A3/B14 DR4/DR3 DR2 B27 Relatives Risiko * 90 16 12 90 20 40 18 B27 DR4 37 10 *) Das relative Risiko wird berechnet als Quotient der Frequenz der HLA-Allele in der Patientenpopulation geteilt durch die Frequenz in der gesamtem Population. 3.Spezielle Autoantigene Disease IDDM Multiple sclerosis Rheumatoid arthritis Myasthenia gravis Graves’ disease Systemic lupus erythematosus Candidate autoantigens Pancreatic β-cell antigens, insulin, GAD and its isoforms MBP Collagen type II, human Acetylcholine receptor (AChR) Thyroid stimulating factor receptor (TSH-R) Nuclear antigens, DNA IDDM = Insulin dependent Diabetes mellitus, GAD = Glutamatdecarboxylase, MBP = Myelin basic protein Emmrich, 2007 Vorlesung Immunologie 6. Semester Humanmedizin IMMUNDEFEKTE und ÜBERREAKTIONEN 4/11 4. Organspezifität der Autoimmunität Organspezifische AutoimmunNicht – organspezif. AutoimmunKrankheiten Krankheiten (z.B. Thyreoiditis, Gastritis, (z.B. Systemischer Lupus Adrenalitis) erythematodes) Unterschiede Antigene in höheren Antigene nur in geringen Konzentrationen zugänglich Konzentrationen zugänglich Antikörper und Läsionen organspezifisch Antikörper und Läsionen nichtorganspezifisch Klinische und serologische Überlappung SLE, Rheumatoide Überlappung zwischen Thyreoiditis, Arthritis und andere Bindegewebserkrankungen Gastritis und Andrenalitis Familiäre Neigung zu organspezifischer Autoimmunität Familiäre Bindegewebserkrankung Lymphozytäre Invasion, Parenchymzerstörung durch + zellvermittelte Überreaktion + ggf. zusätzlich Antikörper Schädigung durch Ablagerung von Antigen-Antikörper-Komplexen Tendenz zu Tumorerkrankungen des Tendenz zur Entstehung lymphoretikulärer Neoplasien Organs Experimentell schwierig auslösbar 5. Autoantikörper als Hauptsache Schadenspotenziale ¾ autoreaktive B-Zelle > Autoantikörper > Zytolyse (über Komplement) > Rezeptorblockade > ADCC > Zellaktivierung über Immunkomplexe Beispiel : Myasthenia gravis ¾ Autoantigen : Acetylcholinrezeptor (AChR) ¾ Klinik : Muskelschwäche ¾ Pathogenese : Autoantikörper binden an subsynaptische Acetylcholinrezeptoren der neuromuskulären Endplatte und stören die Erregungsübertragung vom Nerv auf den Muskel durch. - Blockade der Bindung an den Rezeptor - sterische Deformierung des Ionenkanals - Induktion von „shedding“ und Internalisierung des Rezeptors - Bindung und Aktivierung von Komplement Emmrich, 2007 Vorlesung Immunologie 6. Semester Humanmedizin IMMUNDEFEKTE und ÜBERREAKTIONEN 5/11 Ausgewählte Krankheiten Krankheit Klinisches Bild Spezifität der Auto-AK Goodpasture-Syndrom (Glomerulonephritis) Nephritis mit Proteinurie, Nierenversagen und Lungenblutungen Hyperthyreose Hämolyse, Anämie Typ IV Kollagen in Basalmembranen Niere Lunge TSH-Rezeptor ErythrozytenmembranProteine Thrombozytenmembranproteine (z.B. gpllb) Morbus Basedow Autoimmune hämolytische Anämie Autoimmune thrombozytopenische Purpura Pemphigus vulgaris Pemphigoid Myasthenia gravis Graves’ disease Insulin-resistenter Diabetes mellitus Perniziöse Anämie Thrombozytopenie, Blutungsneigung intraepitheliale Blasenbildung der Haut, verminderte Keratinozytenadhäsion subepidermale Blasenbildung der Haut, Ablösung epidermaler Zellen Muskelschwäche Hyperthyreoidismus durch vermehrte Produktion von Schilddrüsenhormonen Diabetes mellitus, Resistenz gegenüber Insulintherapie Abnormale Erythropoese wegen Vitamin B12Defekt Nachweis IFT = ImmunFluoreszenz-Technik IFT Hämagglutination IFT Protein der Desmosomen IFT Protein der epidermalen Basalmembran IFT Acetylcholinrezeptor TSH-Rezeptor auf follikulären SchilddrüsenepithelZellen Insulin-Rezeptor Immunpräzipitation Bioassay Intrinsic factor, GastrinRezeptoren der Parietalzellen Bioassay, IFT Hemmung der InsulinBindung in vitro 6. Autoreaktive Zellen als Hauptsache Schadenspotenziale ¾ Th-, Tc-Zellen > Zellkontakt, Zytokine > chronische Entzündung > Zytolyse, Zellschädigung > Sekundär: Autoantikörper CD8+-Tc-Zellen zerstören sukzessiv MHC I+-Zielzellen, die viral oder mikrobiell infiziert sind. Da das Immunsystem nicht zwischen zytopathischen und nichtzytopathischen Infektionen unterscheidet, besteht Gefahr der sekundären Gewebezerstörung (LCMV und Coxsackie B bei Mäusen, Virushepatitis beim Menschen). Beispiel : Multiple Sklerose (MS) ¾ Tiermodell: Experimentelle Autoimmune Encephalitis EAE (sehr gute Übereinstimmung mit MS) ¾ Autoantigen: Basisches Myelinprotein (MBP) = zytoplasmatisches Protein der neuronalen Markscheiden ¾ Klinik: Sörung der Nervenleitfähigkeit mit Parästhesien, Spastiken, Lähmungen ¾ Pathogenese: MBP-spezifische CD4+-T-Zellen dringen in das ZNS ein und führen zur Zerstörung der neuronalen Markscheiden. Neben perivaskulären Infiltraten finden sich in den Entmarkungsherden HLA II+ - Astrozyten. Emmrich, 2007 Vorlesung Immunologie 6. Semester Humanmedizin IMMUNDEFEKTE und ÜBERREAKTIONEN 6/11 Ausgewählte Krankheiten Krankheit Peptide vom Autoantigen Expt. autoimmune Enzephalitis (EAE) Expt. autoimmune Neuritis (EAN) Myasthenia gravis1 MBP Graves’ disease1 Schilddrüsenepithelze llen z.B. Coxsackie Virale Myocarditis P2 Protein des Acetylcholin-Rezeptor T-Zell Isolation aus Patienten Tiermodell T-Zelltransfer im Tiermodell + + + - + + + + + + + + - + + 1) Läsionen werden durch Auto-AK verursacht! Transplantationsimmunologie 1. Grundlagen Klinische Bedeutung ¾ Organ- oder Gewebetransplantate bieten Ersatz für defekte oder zerstörte Organe. Allerdings wird ihr Einsatz durch die immunologisch bedingte Abstoßung begrenzt. ¾ Derzeit etablierte menschliche Transplantations-Therapien : Stammzellen Niere Leber Herz Lunge Pankreas ¾ Privilegierte Organe Bei Kornea, Knorpel, Knochen besteht im allgemeinen kein Zugang für Lymphozyten. Dies ermöglicht Transplantation mit geringem Risiko. Knochen und Arterien sind auch abgestorben als Matrix verwendbar. ¾ Beachte : Grundkrankheit bei Transplantation Eine unbehandelte Grundkrankheit kann auch das Transplantat zerstören (Beispiel : Goodpasture-Syndrom!) ¾ Probleme: Organmangel Jeden Tag sterben in Deutschland drei Menschen weil kein geeignetes SpenderOrgan verfügbar ist, derzeit sind ca. 12.000 Patienten auf der Warteliste. Die Organ-Spendebereitschaft ist unzureichend. Derzeit gilt die „erweiterte Zustimmungslösung“. Diskutiert wird die Widerspruchslösung (Österreich). ¾ Behandlung Sofern nicht zwischen eineiigen Zwillingen transplantiert wird, es sich nicht um privilegierte Organe handelt oder die Immunogenität nicht gering ist, wird die Behandlung der Abstoßung (Rejektion) erforderlich. Emmrich, 2007 Vorlesung Immunologie 6. Semester Humanmedizin IMMUNDEFEKTE und ÜBERREAKTIONEN 7/11 Organspende ¾ In Deutschland gilt die erweiterte Zustimmungslösung. ¾ Bei Vorliegen eines Organspendeausweises können Körperteile entnommen werden. Aber auch Angehörige können einer Entnahme von Körperteilen zustimmen, wenn kein Ausweis vorliegt. ¾ www.transplantation-information.de Terminologie Orthotope oder hererotope Transplantation Einpflanzung am üblichen oder an einem anderen Ort Autotransplantat (autolog, autogen) Gewebe wird dem ursprünglichen Spender übertragen. Isotransplantat Gewebeübertragung zwischen verschiedenen Individuen mit gleicher genetischer Konstitution (eineiige Zwillinge, gleicher Inzuchtstamm) Allotransplantat (allogen) Gewebeübertragung zwischen Individuen der gleichen Spezies mit verschiedener genetischer Konstitution (Mensch zu Mensch) Xenotransplantat (xenogen) Gewebeübertragung zwischen Individuen verschiedener Spezies (Schwein zu Mensch) Entsprechend werden die jeweiligen beteiligten Antigene (z.B. als Isoantigene, Alloantigene, Xenoantigene) bezeichnet. 2. Transplantat-Rejektion Allogene Hauttransplantation ¾ Bei erstmaliger Transplantation wird die Haut zunächst vaskularisiert. Erst nach 3-4 Tage läßt die Durchblutung nach, es folgen Mono/Lymphozyteninfiltrate, und nach 10-14 Tagen wird die Haut abgestoßen. ¾ Bei Zweittransplantation wird das Hauttransplantat rascher abgestoßen (Gedächtnis!), die initiale Gefäßeinsprossung ist nur schwach ausgeprägt. Infiltration durch Granulozyten, mononukleäre Zellen, Plasmazellen setzt rasch ein. Thrombosen und Gewebenekrosen kommen hinzu. Das spezifische immunologische Gedächtnis ist durch T-Zellen übertragbar. Antigenkontakt ¾ Sobald das Transplantat Anschluss an den Empfänger-Organismus gewinnt, wandern über das Wundbett und/oder Gefäßanschlüsse Immunzellen des Empfängers ein (passenger leukocytes). ¾ Gemäß der Verfügbarkeit und Qualität geeigneter APC werden sowohl Th- wie auch Tc-Zellen aktiviert und vermehren sich im Transplantat bzw. in den drainierenden Lymphknoten. ¾ Als Effektorzellen kehren sie in das Transplantat zurück. Alloantigenerkennung ¾ Indirect Allorecognition Empfänger-APC prozessieren und präsentieren Spender-Moleküle aus pagozytierten Spender-Zellen. Emmrich, 2007 Vorlesung Immunologie 6. Semester Humanmedizin IMMUNDEFEKTE und ÜBERREAKTIONEN 8/11 ¾ Direct Allorecognition Kreuzreaktion von T-Zellrezeptoren des Empfängers, die primär für Selbst- und Fremdpeptid selektiert wurden und entweder MHC des Spenders oder Peptid/MHC-Kombinationen des Spenders erkennen. ¾ Die Frequenz direkt allogen stimulierter Empfänger-T-Lymphozyten ist hoch (ca. 1%, u.U. bis 10%). Gewebeschädigung ¾ Th-, Tc-Zelle > Zellkontakt, Zytokine > Entzündung > Zytolyse (Tc, ADCC) > Sekundär: Autoantikörper > ggf. Gerinnung z.B. bei hyperakuter Abstoßung Verlaufsformen der allogenen Rejektion Es gibt Unterschiede in der individuellen Ausprägung der allogenen Rejektion (Beispiel: allogene Nierentransplantation). 1. Hyperakute Abstoßung (Minuten nach der Transplantation) durch Erythrozytenaggregation und Mikrothromben in den Glomerula. 2a. Akute frühe Abstoßung (innerhalb der ersten 10 Tage) durch lymphozytäre Attacken (CMI) verbunden mit dichten zellulären Infiltraten. 2b. Akute Abstoßung (nach dem 11. Tag) bei immunsupprimierten Patienten durch die Bindung von Antikörpern und Komplement an Kapillarwände und nachfolgende Thrombozyten-Aggregation in den Kapillaren. 3. Chronische Abstoßung (nach Wochen) durch subendotheliale Immunglobulin/ Immunkomplex- und C3-Ablagerungen auf der glomerulären Basalmembran. 3. Gewebetypisierung Gewebeformel ¾ Für den MHC und die drei Genorte MHC I (HLA-A,-B,-C) MHC II (HLA-DP,-DR,DQ) kann eine Gewebeformel bestimmt werden. HLA-Typisierung ¾ In Zukunft werden nur noch molekulargenetische Methoden verwendet. ¾ Moderne Formulierung (Beispiel) DRB1*0302 bedeutet: HLA-DR-b-Ketten-Genort Nr.1 mit Haupt-Gensequenz Nr. 3 und Neben-Gensequenzvariante Nr. 2. HLA matching und Transplantatüberleben ¾ Lebendspende ist Postmortem-Spende bei gleichem match überlegen. ¾ Überlebenszeiten verschiedener Organe unterscheiden sich. ¾ Mismatch 2 bedeutet : Fehlende Übereinstimmung in zwei Genorten ¾ Nicht alle Genorte und Alleldifferenzen sind bedeutsam. Emmrich, 2007 Vorlesung Immunologie 6. Semester Humanmedizin IMMUNDEFEKTE und ÜBERREAKTIONEN 9/11 4. Graft-versus-Host (GvH) Reaktion graft versus host disease (GvHD) ¾ Sofern mit dem Transplantat intakte T-Zellen übertragen werden und der Empfänger immunologisch geschwächt ist, kommt es zur Graft-versus-Host Disease (GvHD) Transplantat-gegen-Wirt-Reaktion. ¾ Klinik : Schwere Systemerkrankung. Die T-Zellen des Transplantates reagieren gegen Empfänger-Gewebe. Hauptmanifestationen an Haut, Leber, Darm, Auge. Bei 30-40 % der Empfänger von Stammzelltransplantationen. ¾ Tierexperimentell : runt disease Wachstumshemmung mit Milzschwellung und hämolytischer Anämie. ¾ Graft - versus leukemia Effekt – erwünschte GvH-Variante 5. Therapeutische Ansätze Behandlung der Rejektion ¾ Prinzipien Nicht-antigenspezifische Immunsuppression Zytostatika hemmen Hämatopoese Azathioprin und Methotrexat hemmen die Nukleinsäuresynthese, Cyclophosphamid alkyliert und vernetzt DNA Elimination lymphatischer Zellen anti-CD3, anti-IL-2R+Ricin-A-Kette, anti-CD52, nodale Bestrahlung (des Lymphgewebes) Selektive T-Zell-Immunsuppressiva Cyclosporin A hemmt selektiv die Transkription von Zytokinen (IL-2 mRNA) Antigen-spezifische Immunsuppression Stimulation regulatorischer T-Zellen Antigenspezifisch oder Antigenunspezifisch im TierExperiment demonstrierte Suppression. Antikörper-induzierte Immuntoleranz Verschiedene monoklonale Anti-T-ZellAntikörper, wie anti-CD4 induzieren antigenspezifische Imuntoleranz im Tierexperiment. Antigen in tolerogener Form Autologe Knochenmark-Stammzellen mit transfizierten HLA-Antigenen induzieren Toleranz ¾ Wichtige Forschungsprojekte für die Zukunft der Transplantationsmedizin: - Neue Verfahren der medikamentösen oder zellulären Toleranzinduktion - Entwicklung der Xenotransplantation - Ansätze für künstlichen oder biohybriden Organersatz Xenotransplantation ¾ Xenotransplantation kann das Problem des Organmangels lösen, wenn (a) es gelingt, die hyperakute Transplantat-Abstoßung immunologisch zu beherrschen (b) Risiken neuer Erreger beherrschbar sind (PERV) (c) wenn diese Therapie ethisch akzeptiert wird. Emmrich, 2007 Vorlesung Immunologie 6. Semester Humanmedizin IMMUNDEFEKTE und ÜBERREAKTIONEN 10/11 6. Der Fetus als Allotransplantat Schutzmechanismen ¾ Verschiedene molekulare Barrieren schützen den Fetus vor dem Immunsystem der Mutter ¾ Allerdings gelangt kindliches Material in Form von Molekülen und sogar von kompletten Zellen in den mütterlichen Kreislauf. Tumorimmunologie 1. Immunüberwachung Beobachtungen Hinweise : 1. Immundefiziente Individuen haben erhöhtes Tumorrisiko. 2. Lympozyteninfiltrate um Tumorzellinseln und geschwollene drainierende Lymphknoten korrelieren mit besserer Prognose. 3. Tierexperimentell autolog oder syngen übertragene Tumorzellen werden mitunter abgestoßen. Dieser Effekt kann durch adoptiven Lymphozytentransfer übertragen werden. 4. Zweittransplantate werden beschleunigt abgestoßen (adaptive Immunität). ¾ Das Immunsystem kontrolliert und unterdrückt entartete Zellen (immunosurveillance). (FAZIT : Es sollte Tumor-Assoziierte Antigene (TAA) geben.) ¾ Für die Immunüberwachung von Tumoren sind zytolytische T-Zellen (CTL) des adaptiven Immunsystems von besonderer Bedeutung. Allerdings tragen Zellen der angeborenen Immunität auch in erheblichem Maße hierzu bei (siehe unten). 2. Tumor-Associated Antigens (TAA) Voraussetzung für Tc-Zellen ¾ Voraussetzung für die spezifische Erkennung von TAA und die erfolgreiche Zytolyse der Tumorzelle sind MHC-Moleküle (MHCI für Tc!) und TAA-Peptide auf den Tumorzellen. ¾ Unterschiedliche Mechanismen führen zur Ausprägung von Tumor-spezifischen Transplantations-Antigenen (TSTAs) oder von Tumor-assoziierten Transplantations-Antigenen (TATAs). Prozessierte TAA-Peptide aus zellulären Proteinen werden von körpereigenen MHC Klasse I – Molekülen den Tc-Zellen präsentiert. Emmrich, 2007 Vorlesung Immunologie 6. Semester Humanmedizin IMMUNDEFEKTE und ÜBERREAKTIONEN 11/11 3. Effektormechanismen ¾ Es gibt kein ausschließlich T-Zell-bestimmtes Überwachungssystem, da (thymuslose) Nacktmäuse und immunsupprimierte Patienten im allgemeinen nur ein moderat erhöhtes Risiko für Malignome aufweisen. ¾ Th-, Tc-Zellen > Zellkontakt, Zytokine > Entzündung > sekundär: TAA- Antikörper > Zytolyse durch Tc-Zellen NK-Zellen Makrophagen 4. Escape-Strategien des Tumors Mechanismen, durch die Tumoren der Immunabwehr entgehen geringe Immunogenität antigene Modulation tumorinduzierte Immunsuppression kein Peptid: MHC-Ligand Antikörper gegen von Tumorzellen sezernierte keine Adhäsionsmoleküle Oberflächenantigene der Faktoren (z.B. TGFβ) keine kostimulierenden Tumorzelle können die hemmen T-Zellen entweder Moleküle Endozytose und den Abbau direkt oder aktivieren des Antigens auslösen; T-Suppressorzellen Immunselektion von Varianten, denen das Antigen fehlt ¾ IL-10,6 von Tumorzellen abgegeben > Aktivierung des Stat3 Weges und Aktivierungsblockade in DC, Makrophagen und NK- und T-Zellen 5. Immuntherapeutische Ansätze Stimulation von Effektorzellen ¾ BCG Antikörper mit Spezifität für Tumorzellen ¾ Idiotyp, Wachstumsfaktor-Rezeptor, ¾ TAA mit oder ohne Toxinkopplung, Heterokonjugate Steigerung der Immunogenität ¾ MHC-Moleküle induzieren Adoptive zelluläre Immuntherapie ¾ Lymphokin-aktivierte Killerzellen (LAK) ¾ Tumor-infiltrierende Lymphozyten (TIL) Zytokintherapie ¾ IL-2 ¾ IFNα aktiviert NK-Zellen und CTL (toxisch) Nierenkarzinom (10-15%), Melanom, Lymphome (40- 50%), Haarzellleukämie = 80-90% Tumorregression ¾ IFNγ Hämatopoietische Tumore (wenig Erfolg) ¾ GM-CSF Supportive Hämatopoese-Stimulation Emmrich, 2007