Immunologie und zelluläre Mikrobiologie B

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Immunologie und zelluläre
Mikrobiologie B
(LvNr. 300344)
WS09
Skriptum
GNU General Public License
1 – Allgemeine Prinzipien, Definitionen
Mikroben sind infektiöse Einheiten, meist prokaryotische Organismen (Bacteria), aber auch
eukaryotische Organismen und Viren. Im Vergleich zur Gesamtzahl der bekannten Spezies ist nur
ein verschwindend geringer Anteil davon pathogen.
Ein Pathogen ist eine Mikrobe, die fähig ist, dem Wirt Schaden zuzufügen. Die Definition eines
Pathogens ist nutzlos, wenn darin nicht der Wirt vorkommt. Archaea sind apathogen. Neben
Mikroben können auch Pilze, Flagellaten und Protozoen eine Pathogenese hervorrufen.
Jeder Organismus (in diesem Zusammenhang sinnvollerweise der Mensch), der das Wachstum eines
anderen Organismus durch Bereitstellung des Körpers als Habitat und Bereitstellung von Nahrstoffen unterstützt, kann Wirt für diesen Organismus sein.
Bakterien können für immunkompromittierte und immunkompetente Wirte oder als Ergebnis einer
überhöhten Immunantwort pathogen sein. Man unterscheidet Wechselbeziehungen zwischen Wirt
und Mikrobe: Parasitismus, Commensialismus, Mutualismus. Die Interaktion mit Bakterien ist für
multizelluläre Organismen meist neutral bis vorteilhaft.
Parasitismus. Nachteile für eine Spezies überwiegen (Antibiose).
Commensialismus. Eine Spezies hat Vorteile, die andere keine Nachteile (Probiose).
Mutualismus. Beide Spezies profitieren, sie stehen in Abhängigkeit (Symbiose).
Viele Körperregionen stehen mit der Außenwelt in Kontakt. Dort kolonisiert eine Normalflora die
Oberfläche des Gewebes nach der Geburt. Nicht alle Orte sind gleich gut besiedelbar (Magen: ungünstiger pH-Wert).
Körperregion
Bakterienzahl
Körperregion
Bakterienzahl
Auge/Nase
10<1-2
Dünndarm
105-7
Mund
109
Dickdarm
109-11
Haut
103
Urethra
106-7
Lunge
102
Magen
103-6
Die Normalflora stimuliert das Abwehrsystem zur Sekretion von IgA, verhindert die Kolonisierung
durch Pathogene und ist Ort der Vitaminsynthese und Resorption von Steroiden.
The gut epithelium is on the frontline of interactions with the resident microbiota and is a major
effector of immune tolerance. It induces tolerance by sensing the number of bacteria and their
distance from the epithelial surface using a combination of receptors such as Toll‐like receptors
(TLRs) and NOD‐like receptors (NLRs) that sample pathogen‐associated molecular patterns
(PAMPs). The gut epithelium then integrates this information and strategically responds to
bacterial pathogens with inflammatory signals or to harmless commensals with immune tolerance
signals (Cell, Volume 138, Issue 3, 7 August 2009, Pages 416‐420).
Kommensale Bakterien haben eine verminderte Fähigkeit, dem Mucus von Schleimhäuten zu
entkommen, sowie zur Adhäsion und Invasion der Epithelbarriere. Die geringe Endotoxizität ist das
Ergebnis von penta-acyliertem Lipid A für gram-negative Bakterien.
-1-
Schleimhaut-Epithelien (mucosal epithelia) haben eine verminderte Fähigkeit zur Erkennung von
pattern-associated molecular patterns (PAMPs), mit der Ausnahme von Krypten (crypt cells), da
sie weniger Sensormoleküle exprimieren (TLR2, TLR4, TLR9, MD2, CD14) oder sequestrieren.
Der Verteilung dieser Faktoren auf den Epithelzellen (basolaterale Expression von TLR5, erkennt
Flagellin) wird auch eine immunregulierende Funktion zugesprochen. Schleimhäute enthalten
Alarmsysteme zur Erkennung eindringender Pathogene. Unter dem Druck der Normalflora werden
entzündungshemmende Pathways permanent induziert. Zum Beispiel führt die Aktivierung des
nukleären Rezeptors PPAR-γ (peroxisome proliferator-activated receptor γ) zur Inhibierung des
NF-κB-Pathways.
Die Lamina propria enthält tolerogene dendritische Zellen, Macrophagen und regulatorische TZellen, die entzündungshemmende Cytokine wie Interleukin-10 und transforming growth factor-β
als Antwort auf commensale Bakterien sezernieren.
Im Intestinaltrakt finden sich in der Nähe epithelialer Stammzellen sogenannte Krypten, sackartige
Vertiefungen, in denen sich Paneth-Zellen befinden, TLRs expriminert und normalerweise frei von
Bakterien sind. Treten in eine Krypte Mikroben ein, kommt es zur NOD2-anhängigen Sekretion von
Lysozymen, Peptidasen und Defensinen durch die Paneth-Zellen. Neutrophile Granulocyten
sekretieren CXCL8. Am Eingang zu Krypten befinden sich Becherzellen, einzellige, becherförmige,
Schleim (Mucin) produzierende Drüsen.
Im gut associated lymphoid tissue (GALT) kommen Peyer-Plaques (peyer patches) vor, Aggregate
aus 10-50 Lymphfollikeln. Sie sind mit einem speziellen Epithel bedeckt (M cells), welches
Antigene sammelt und zu basolateralen antigen-präsentierenden Zellen transportiert.
Bacteroides fragilis Polysaccharid A (PSA) schützt vor Colitis hervorgerufen durch das potentielle
Pathogen Heliobacter hepaticus , welches ebenfalls in der Normalflora vorkommt (Nature 453,
2008, 602-604). PSA ist ein Cofaktor für dendritische Zellen. Inder Folge kommt es zu suboptimaler Effektor-T-Zell-Aktivierung und zur Aktivierung regulatorischer T-Zellen. Es existiert
also ein fragiles Gleichgewicht, das von vielen Spezies getragen wird.
-2-
Positive und negative Funktionen der Normalflora:
+
-
Stimulierung des Immunsystems
Kreuzreaktionen
Synthese von Vitaminen und Resorption von
Steroiden
Produktion cancerogener und/oder schädlicher
Substanzen ( Heliobacter pylori )
Verhinderung der Kolonisierung durch
Pathogene
Infektionsquelle ( E.coli, C. difficile, C.
albicans, S. epidermidis )
Die Normalflora ist eine Infektionsquelle, wenn die Epithelbarriere physisch verletzt wird (Wunde,
Verbrennung) und so commensale Bakterien in Bereiche eindringen, die für sie nicht vorgesehen
sind oder Teile der Normalflora durch Antibiotikaeinnahme vernichtet werden. Es werden mehr
Krankheiten durch die Normalflora hervorgerufen als durch echte Pathogene. E. coli wird pathogen
nach Schutzimpfung, C. difficile nach Antibiotikaeinnahme, C. albicans durch Immunsupression
und S. epidermidis infiziert nach physischer Beschädigung des Epithels das Gewebe.
Krankheiten verursacht durch die Normalflora sind Abszesse, Karies, Pharyngitis, Sepsis,
Endocarditis, Lungenentzündung, Gastroenteritis, Peritonitis und urogenitale Entzündungen.
KOCH's Postulate
Wann kann ein Bakterium als Ursache für eine bestimmten Krankheit gehalten werden? Sind sie
immer noch aktuell?
1. Das Bakterium soll in allen erkrankten Personen und Tieren, nicht aber in normalen,
gesunden Individuen, gefunden werden.
– Immunsuprimierte Patienten – niedrige Penetranz – asymptomatischer Zustand
2. Das Bakterium soll aus dem kranken Individuum isoliert und in Reinkultur gehalten
werden können.
– Nicht kultivierbare Mikroorganismen ( Treponema pallidum, Mycobacterium leprae )
– Veränderung der Virulenzfaktoren während der Kultur in vitro
– Polymikrobische Infektionen
3. Die Reinokulierung dieser Reinkultur in gesunden Individuen soll die Symptome der
ursprünglichen Krankheit hervorrufen.
– Ethische Bedenken
– Gleiche Symptome hervorgerufen von unterschiedlichen Bakterien
4. Dasselbe Bakterium sollte aus die nunmehr kranken Individuen isoliert werden und im
Labor kultiviert werden.
– Nicht kultivierbare Mikroorganismen ( Treponema pallidum, Mycobacterium leprae )
– Veränderung der Virulenzfaktoren während der Kultur in vitro
– Polymikrobische Infektionen
Die nächste GENeration - Wann können ein bakterielles Gen bzw. sein Produkt als notwendig für
die Auslösung einer bestimmte Krankheit gehalten werden?
1. Gen bzw. Genprodukt sollen in den virulenten, nicht aber in den avirulenten Bakterienstämmen zu finden sein.
2. Die Zerstörung des Gens sollte die Virulenz des Bakteriums mildern - Die Expression des
Gens bzw. des Genprodukts in avirulenten Stämmen sollte deren Virulenz steigern.
-3-
3. Das Gen soll in vivo im Laufe der Krankheit exprimiert werden.
4. Die gegen das Genprodukt gerichtete Immunantwort sollte vor der Krankheit schützen.
Virulenzfaktoren
Die Virulenz von Bakterien wird in vivo und in vitro gemessen. Dabei wird bestimmt, wie viele
Bakterien notwendig sind, um den Endpunkt (abhängig, welche Wirt-Parasit-Interaktion studiert
werden soll, meistens Tod) zu errreichen. Je weniger Zellen ausreichen, desto virulenter ist ein
Pathogen.
Die in vivo Methode geht über Tierversuche, Tiere werden mit Pathogenen infiziert. Der
Kolonisierung folgen Symptome bis zum Exitus. Es werden verschiedene Mengen verabreicht.
Andere Methoden kommen ohne Tierversuche aus, in vitro Ansätze in Zellkulturen. Nachteilig
wirkt sich aus, dass Zellen im Epithel immer polarisiert vorliegen und mit anderen Zellen wechelwirken, in der Kultur also nur isoliertes Verhalten sichtbar ist. Das versucht man in vitro Systemen
zu umgehen.
In Zellkulturen verändern sich Virulenzfaktoren auf zwei mögliche Arten. Diese Prinzipien werden
zur Identifikation von Virulenzgenen herangezogen:
gain of function – apathogener Organismus wird virulent.
loss of function – Virulenzgen wird zerstört.
In einem gain of funtion approach setzt man E. coli ein. Dazu wird ein apathogener Laborstamm
mit DNA Fragmenten von beipielsweise Salmonella transformiert. Diejenigen E. coli Kolonien, die
nun das Kulturgewebe, auf dem sie wachsen, invadieren, tragen die virulente Eigenschaft von
Salmonella in sich.
Einen loss of function approach führt man durch, wenn man mittels Transposons, die ein
Resistenzgen (QR) enthalten, direkt in Salmonella einbringt. Jede Kolonie trägt nun ein Transposon,
das jeweils an verschiedenen Stellen inseriert hat. Bei Inkubation auf einer Gewebekultur werden
dann eine oder mehrere Kolonien ersichtlich, die nicht mehr virulent sind, in diesen hat das
Transposon das Virulenzgen zerstört.
Oft wird mehr als ein Gen zerstört, daher werden sie einzelen wieder eingeschleust, um das tatsächliche Virulenzgen zu bestimmen. Das neuerliche Einschleusen erfordert, dass man DNAFragmente kloniert hat.
Zur Identifikation von sekretierten Virulenzfaktoren nutzt man PhoA-Fusionsproteine. PhoA, die
alkalische Phosphatase, ist nur aktiv, wenn sie sich an der Zelloberfläche oder im Medium befindet.
Virulenzgene werden vielfach nur in vivo exprimiert, in vivo Bedingungen sind sehr komplex,
Konzentrationen von Spurenelementen (Fe), Wirtsfaktoren, pH-Wert, Temperatur, Osmolarität und
O2-Gehalt aktivieren spezielle Promotoren. Darum wird in vivo expression technology (IVET),
genutzt, um Gene zu finden, die nur im Wirt aktiv sind. Im Originalexperiment nach Mahan et al.
(Mahan, Slauch und Mekalanos, 1993 Science 259:686) wurde der Vector piVET1 hergestellt. Er
enthält eine Ampicillinresistenz, purA und lacZY mit einer BgIII-Schnittstelle upstream. PurA ist
ein essentielles bakterielles Gen, in dessen Abwesenheit kein Adenin produziert werden kann und
das hier als Selektionsmarker genutzt wird. Verdaute Salmonella typhimurium DNA wird in die
Plasmide ligiert und in E. coli eingebracht. Mittels Konjugation erhalten ΔpurA Salmonellen die
Vektoren, die Salmonellen werden auf Amp/Adenin-Medium inkubiert. Zellen, die Plasmid
aufgenommen haben, injiziert man in Mäuse (Adenin arme Umgebung), der Rest geht am
Ampicillin zu Grunde. Zellen mit intakten Promotoren upstream von purA überleben. Nach einigen
Tagen entnimmt man die Milz der Mäuse und plattiert Salmonellen daraus auf X-Gal/Adenin/Amp.
-4-
Welche Kolonien zeigen nun wirtspezifische Promotoren an? Die weißen Kolonien. Alle haben
intakte Promotoren, aber in den weißen Kolonien ist er am Medium nicht aktiv, sodass X-Gal nicht
gespalten wird, im Wirt musste er allerdings aktiv sein, weil die Zelle sonst am Adenin-Mangel zu
Grunde gegangen wäre.
Eine weitere Methode zur Identifikation von Virulenzgenen ist signature-tagged mutagenesis.
Dabei wird ein Pool an DNA signature tags in Transposons eingebracht, die zufällig im Genom
integrieren und dabei die Funktion mancher Virulenzgene stören. Vorraussetzung ist, dass das
Genom im Vorhinein sequenziert ist. Man weiß, welche signatures man einbringt, und vergleicht
diese mit jenen, die man aus infiziertem Gewebe isoliert. Jene signatures, die dabei nicht mehr
aufscheinen, haben mit Virulenzgenen interferiert (Henri L. Saenz and Christoph Dehio, Current
Opinion in Microbiology 2005, 8:612 – 619).
Bei der Begegnung eines Mikroorganismus mit dem Wirt kommt es zur Infektion, das ist aber nicht
das gleiche wie eine Infektionskrankheit, also Symptome, die durch die Anwesenheit des
Organismus entstehen. Ob eine Krankheit ausbricht hängt vom Zustand des Wirts ab. Folgende
Ereignisse treten immer ein:
•
•
•
INFEKTION - Begegnung zwischen Mikroorganismus und Wirt
KOLONISIERUNG
◦ Eintritt des Mikroorganismus in den Wirt
◦ Verbreitung des Mikroorganismus in dem Wirt
◦ Vermehrung des Mikroorganismus im Wirt
Beschädigung des Wirtes durch den Mikroorganismus
-5-
•
Endergebnis
◦ Wirt gewinnt
◦ Wirt und Mikroorganismus koexistieren
◦ Mikroorganismus gewinnt
Man unterscheidet zwischen endogener und exogener Begegnung, endogene Keime stammen aus
der Normalflora, exogene von außerhalb des Körpers. Das Wissen um die Art der Begegnung ist
wichtig für die Ergreifung passender Präventionsmaßnahmen.
Kontaktart
Keim
Quelle
Prävention
Inhalation
Virus
Aerosol
Kontakt meiden
Nahrung
Bakterium
Wasser, Speisen
Hygiene, Minderung des Inokulums
Sex
Virus
Partner
Sozialverhalten, Kontakt meiden
Insektenstich Protozoon
Mücke
Ausrottung des Vektors
Wunde
Normalflora
Aseptische Technik
Bakterium
Weiters unterscheidet man fakultativ intrazelluläre (Salmonella, Shigella, Yersinia), obligat
intrazelluläre (Rickettsia, Chlamydia, Coxiella) und extrazelluläre (Vibrio cholerae, Pseudomonas,
enterotoxische E. coli (ETEC) ) Bakterien.
Wachstum, Verbreitung im Wirt
Bakterielle Keime verfolgen verschiedene Wachstums- und Verbreitungsstrategien. Bei Brucellus
abortus folgt der Verbreitung des Keims im Wirt seine Vermehrung (in Placenta), während sich
Staphylococcus zuerst vermehrt, um sich dann im Wirt auszubreiten. Clostridium tetani überspringt
die Ausbreitungsphase, da es in der anaeroben Umgebung einer bedeckten Wunde bleiben muss, das
Tetanospasmin wird sowieso über das Blut im Körper verbreitet.
Im Zuge einer erfolgreichen Einnistung passen Bakterien ihre Wachstumsgeschwindigkeit an.
Rasches Wachstum findet bei erstem Kontakt mit dem Epithel, um Rezeptoren zu überwinden, die
einen Kontakt blockieren, bei primärer Einnistung im Gewebe, um Verluste auszugleichen, die
durch heftige Immunabwehr entstehen, statt. Akute Symptome sind Folgen des raschen Wachstums.
-6-
Hat der Parasit das richtige Gewebe gefunden (tissue tropism), beginnt er mit dem Aufbau einer
signifikanten Population, das Wachstum verlangsamt sich. Im chronischen Verlauf bleibt die
Population annähernd konstant, die Stimulation des Immunsystems wird schwächer. Der carrier
state ist für einen Parasit sehr vorteilhaft, dabei erreicht er eine resistente stationäre Phase, der Wirt
weiß nicht, dass er infiziert ist.
Am Ort der Infektion kommt es zum Kräftemessen zwischen Mikroorganismus und Immunsystem.
Das Immunsystem versucht die Ausbreitung der Keime durch Blutgerinnung und Rekrutierung
cytotoxischer Zellen zum Infektionsherd zu hemmen, Mikroorganismen setzen fibrinolytische
Stoffe (Collagenasen, Hyaluronidasen), die Blutgerinnsel und extrazelluläre Matrix abbauen, und
Toxine, die gegen Effektorzellen gerichtet sind, indem sie deren Plasmamembranen destabilisieren,
ein (Leukocidine, Hämolysine, Phospholipasen).
Ab jetzt beginnt die Schädigung des Wirts, die Ausschleusung toxischer Metabolite läuft an. Man
unterscheidet bakterielle Toxine nach dem Wirkmechanismus:
•
•
•
•
•
Toxine, welche die Lyse von Wirtszellen verursachen
◦ Lipasen ( Clostridium perfringens α-Toxin )
◦ Porenbildende Toxine ( Staphylococcus aureus α-Toxin, Streptolysin O )
Proteinsynthesehemmende Toxine ( Diphteria Toxin )
Pharmakologisch aktive Toxine ( Cholera Toxin, stürzt Metabolismus der Zelle ins Chaos )
Neurotoxine ( Botulinus-Toxin, Tetanospasmin )
Endotoxine ( Bestandteile der Keime selbst, werden bei Lyse wirksam )
Virulenz
Virulenz kann man nur in Kombination mit dem Wirt beschreiben, ist multifaktoriell und situationsabhängig. Invasivität und Toxizität bestimmen die Virulenz. Invasivität ist die Fähigkeit, sich im
Wirt zu vermehren, Toxizität gibt die Keimzahl an, ab der bereits ein Schaden für den Wirt entsteht.
-7-
Virulenzfaktoren von Salmonella:
• Exo-(Enterotoxine) → sofortige Immunreaktion
• Adhäsionsmoleküle → Bakterien bleiben lange genug im Wirt
• Kapsel, LPS → verhindern Phagocytose und treiben Kolonisieung voran
• Flagellum → Überwindung der Schleimschicht, Kontakt mit Zellen des Darmepithels
• Proteine, die Fe binden ( in vivo limitierend )
Resistenz gegenüber Keimen hängt von vielen Faktoren ab:
• Männer und Frauen haben mit unterschiedlichen Keimen Probleme
• Gesundheitszustand: Leidet man an anderen chronischen oder akuten Krankheiten?
• Immunstatus: Patienten in Chemotherapie, Immunsupression (HIV)
• Extremer Stress
• Genetische Faktoren: Prädisposition oder Resistenz gegenüber Infektionen
◦ Mycobacterium (Prädisposition) → IL12/23, IFN-γ Defizienz
◦ Human Papillomavirus (Prädisposition) → EVER1/EVER2 Defizienz
◦ HIV1 (Resistenz) → CCR5 Defizienz
◦ Norovirus (Resistenz) → FUT2 Defizienz
Auch bei Bakterien bestimmen genetische Faktoren, ob der Wirt gegen sie immun ist. Ein Vorteil ist
allerdings die hohe Plastizität des Genoms und die Geschwindigkeit der Replikation. Bakterien
betreiben rasche Evolution über reduktive Deletionen (black holes), Akquisition neuer Funktionen
mittels horizontalem Gentransfer (HGT), rearrangements oder Mutationen.
Genetische Information für Virulenzfaktoren kann auf dem bakteriellen Chromosom liegen und
über Plasmide, Bakteriophagen oder Transposons (liegen meist auf Plasmiden und inserieren ins
Genom) in die Zelle gelangen. Mobile genetische Elemente führen beispielsweise zur Entstehung
von E. coli Pathotypen.
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Virulente Mikroorganismen verursachen die Zerstörung ihres Wirtes und verlieren somit ihre
Nische. Daher sind erfolgreiche Parasiten solche, die ihren Wirt nicht oder nur gering
beeinträchtigen (Normalflora), aber das Beste für eine Spezies ist nicht notwendiger Weise mit dem
Besten für jedes einzelne Individuum gleichzusetzen (evolutionäre Theorie).
Rapides Wachstum ermöglicht es, schneller als die Immunantwort zu sein, der Grenzwert der T-Zell
Antwort wird schnell erreicht. Langsam wachsende Keime bleiben länger unbemerkt und sobald sie
den Grenzwert erreichen, fällt auch die Immunantwort schwächer aus. Halten sich Immunantwort
und Wachstum die Waage, liegt eine chronische Infektion vor.
Die Transmission schnell wachsender Keime kann nur in einem kleinen Zeitfenster erfolgen, daher
kann man gegen solche effizientere Vaccine herstellen als gegen solche, die langsam wachsen und
den Wirt länger zu einer Infektionsquelle machen.
Direkt übertragene Erreger sind meistens wenig virulent, sie können ohne den Wirt nicht überleben.
Pathogene, die nicht permanent auf den Wirt angewiesen sind, haben höhere Virulenz. Dazu zählen:
•
•
•
•
Vektor-übertragene (Yersinia pestis)
Wasser-übertragene (Vibrio cholerae)
Pathogene, die durch Krankenhaus-Personal übertragen werden (E. coli)
Pathogene, die außerhalb eines Wirts überleben können (Mycobacterium tuberculosis)
HIV ist ein Beispiel für einen wenig virulenten Erreger, der durch replicative fitness eine hohe
Latenz erreicht. Das Virus befällt langlebige CD4+ Zellen, wodurch die Effizienz einer adaptiven
Immunantwort sinkt, die hohe Mutationsrate torpediert zusätzlich die CTL-vermittelte Immunität.
Infektionsroute ist abhängig vom Sozialverhalten, die notwendige direkte Übertragung (vertical
transfer) zeichnet den Erreger als wenig virulent aus.
Pathogenic fitness, viral load und replicative fitness hängen mit der HLA-Diversität zusammen,
von der die Effizienz der CTL-Immunität abhängt. In einem Beispiel sei eine Person A mit HIV
infiziert. Über Jahre sammeln sich Mutationen im HIV-Genom an, sodass die replicative fitness auf
4 steigt (dimensionsloser Index). Nun kommt es zu zwei Transmissionsereignissen. Im ersten wird
eine Person X infiziert, dessen HLA-Allele denen von Person A stark ähneln. Daher ist der Virus
resistenter gegen die CTL-vermittelte Immunität, die viral load steigt, der Erreger ist virulenter geworden (höhere pathogenic fitness). Im zweiten Ereignis wird eine Person B infiziert, dessen HLAAllele stark von denen von Person A abweichen. Die CTL-vermittelte Immunität ist effektiver, es
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können Polymorphismen gegen die neuen Epitope entwickelt werden, der Erreger wird effektiver
bekämpft. Im Vergleich zu Person A müsste die replicative fitness etwa 8 betragen, was aber nicht
so schnell erreicht werden kann, die Virulenz des Erregers ist sehr gering, als Folge sinkt die
pathogenic fitness und die viral load.
Infektionskrankheiten führen auch zur Anpassung humaner Gene, beispielsweise von TRL4, einem
Rezeptor des angeborenen Immunsystems. Die Mutation N299G führt zwar eine Prädisposition zu
septischem Schock ein, vermindert aber das Risiko einer Malaria-Infektion (kommt nur in Afrika
vor). T399I neutralisiert die negativen Auswirkungen von N299G (kommt hauptsächlich bei Europäern vor), steht aber im Verdacht, die Anfälligkeit für Herz- und Nierenerkrankungen zu steigern.
Daraus schließt man, dass das menschliche Immunsystem in der Lage ist, sich langfristig auf
bestimmte Lebensumstände einzustellen.
2 – Infektion, Adhesine als Virulenzfaktoren
Das Substratum für die Adhäsion von Bakterien kann praktisch alles sein, eine Zelle, extrazelluläre
Matrix, Plastik (Implantate!) oder inerte Oberflächen wie Zahnschmelz. Ein Biofilm beginnt zu
entstehen, wenn einzelne Zellen reversibel mit einer Oberfläche assoziieren. Danach wirken
Adhäsionsfaktoren, es kommt zur irreversiblen Adhäsion und Kolonisierung. Mikrokolonien
produzieren hydratisierte Polymere, meist Saccharide, die die Kolonie umhüllen und Schutz vor
Antikörpern und Antibiotika bieten. Im weiteren Reifungsprozess des Biofilms entstehen
Makrokolonien, dreidimensionale Netzwerke, mit Kanälen, um Nährstoffe heran- und Metabolite
wegzuschaffen sowie türmchenartige Strukturen zur Loslösung von Teilen der Kolonie.
Meist coaggregieren mehrere Spezies, dabei kann es sogar zu organisierten Gemeinschaften mit
funktioneller Heterogenität kommen.
Bakterielle Biofilme ermöglichen Wachstum in einer feindlichen Umgebung und fördern die
Propagation planktonischer Zellen.
Einer großen Zahl chronischer bakterieller Infektionen liegen Biofilme zu Grunde, denen durch
konventionelle Antibiotikatherapie nicht Herr zu werden ist. Meist bilden commensale Bakterien
Biofilme.
Biofilme setzen Antigene frei und stimulieren die Produktion von Antikörpern, diese können an die
Verursacher aber nicht heran, vielmehr wird das umliegende gesunde Gewebe geschädigt (Phago-
- 10 -
cyten produzieren ROS wie Hypochlorit und Wasserstoffperoxid, wird in Außenschicht des
Biofilms schneller neutralisiert als es diffundieren kann). Eine zweite Hypothese, die erklärt, warum
Biofilme für antimikrobielle Substanzen wenig empfänglich sind, ist, dass die Zellen in einer
stationären Phase überdauern und wenig Metabolismus haben, so kann zB Penicillin nicht wirken.
Eine der am besten studierten Biofilm bildenden Spezies ist Pseudomonas aerunginosa. Sogenannte
sad-Mutanten (surface attachment defective) zeigen, dass die Typ IV Pili Bedeutung bei der Bildung von Microkolonien haben (twitching). Bei Anhaftung werden die Gene algC, algD und algU
exprimiert, was zur Bildung der Biofilmmatrix, in diesem Fall Alginat, führt. Danach vermitteln die
Zellen ihre Anwesenheit im Quorum sensing mittels Acylhomoserinlacton (AHL) und man vermutet, dass die Differenzierung in reife Biofilme dadurch gestartet oder gesteuert wird. Es werden
zwei Signalsysteme aktiviert: LasR-LasI (Expression extrazellulärer Virulenzfaktoren, Synthese
von 3-Oxododecanoylhomoserinlacton) und RhlR-RhlI (Synthese von Butyrylhomoserinlacton).
Die Dispersion von Einzelzellen oder Kolonieteilen wird vermutlich ebenfalls über ein Expressionsprogramm initiiert, wahrscheinlich wirken dabei Alginasen, ähnlich den cer-Genen von Rhodobacter sphaeroides.
- 11 -
Die Beschaffenheit und Spezifizität bakterieller Adhesine bestimmen:
•
•
•
den Wirt, der befallen wird (Speziestropismus)
das Gewebe, in dem sich der Infektionsprozess abspielen wird (Gewebstropismus)
die Zielzelle des Mikroorganismus (Cytotropismus)
Adhäsion ermöglicht Kolonisierung, stimuliert aber auch die Infiltration und Aktivierung von und
durch Immunzellen sowie Phagocytose. Deswegen laufen die ersten Interaktionen mit dem Wirt mit
einem Sicherheitsabstand ab: Adhesine sind an polymeren Strukturen exprimiert, die aus einer
Schutzschicht herausragen, die Erkennung und Phagocytose durch Immunzellen verhindert (zB
M-Protein von Streptococcus).
Adhesine in gram-negativen Bakterien sind unter anderem Typ1 Pili, P-Pili, TypIV pili und Curli,
ähnliche Strukturen gibt es in gram-positiven. Adhesine vermitteln über Ligandeninteraktion
verschiedene Signale, die die Invasion oder Entzündung des Gewebes beeinflussen. Interaktion mit
Bestandteilen des Serums kann die Komplementanlagerung verhindern.
Typ1 Pili und P-Pili werden in Chaperon/Usher Pathways synthetisiert. Die Translation der
Monomere geschieht im Cytoplasma, es folgt Sekretion ins Periplasma über SecA/YEG und
Bindung an Chaperon, welches die Wechselwirkung mit dem Usher vermittelt. Die tatsächlichen
Adhesine sind Fim1 und PapG.
TypIV Pili entstehen cotranslationell, das ungefaltete Polypeptid wird in statu nascendi ins
Periplasma transloziert, Pre-Pilin-Peptidase spaltet das fertige Protein von einer N-terminalen
Sequenz. Die weitere Assemblierung ist noch unklar, es sind einige Proteine und eine Sekretionspore involviert. Das Adhesin ist PilC.
Curli sind Amyloid-Fibrillen, eine spezielle Quartärstruktur, in der viele β-sheets im rechten
Winkel zur Achse des Fimbriums angeordnet sind. Curli sind Bestandteil der Matrix während dem
sessilen Wachstum und haben keine Ligandenspezifität. Das Monomer CsgA wird von CsgG
transloziert, zusammen mit CsgB bilden sich die Fibrillen.
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Trimeric Autotransporter Adhesine (TAAs) bilden sehr stabile Translokatortrimere in der Außenmembran gram-negativer Bakterien. Sie haben eine head-stalk-anchor Architektur und vermitteln
Kontakt zur ECM oder induzieren die Invasion von Zielzellen.
Im Gegensatz zu Pili gram-negativer Bakterien werden die Untereinheiten von gram-positiven
sortase assembled pili nach Sekretion kovalent durch Sortase (Transpeptidase) verbunden.
Diese Abbildung zeigt die Interaktionen von Adhesinen mit ihren Liganden und Folgen davon.
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P-Pilus Adhesine vermitteln die Anhaftung an Epithelzellen des Urogenitaltrakts (Pyelonephritis
Adhesion Pilus, PAP, von E. coli). Der P-Pilus ist ein flexibler Stab mit helicaler Struktur
bestehend aus verschiedenen Untereinheiten, welche in einem genetischen Cluster codiert sind. Die
Untereinheiten werden Sec‐abhängig ins Periplasma sezerniert und in der korrekten Reihenfolge
eingebaut dank der unterschiedlichen Affinität der Chaperon‐Untereinheit-Komplexe zum Usher.
PapA
PapH
PapC
PapD
PapJ
PapK
PapE
PapF
PapG
Stab, viele PapA bilden zusammen den Pilus-Stab
Stab-Anker
Usher
Chaperon, bindet PapA und bringt es zu PapC
?
Adaptor
Spitze, daran binden PapF und PapG
Adaptor
Adhäsin, mehrere Klassen
PapG erkennt Galabiose (D-Galactose-α(1-4)-D-Galactosid)-hältige Isorezeptoren von Erythrocyten, Nieren- und Blasenepithelien. Diese Isorezeptoren sind Glycosphingolipide, Globoside
(Ceramid), die das Disaccharid Galabiose enthalten.
Klasse I PapG-Adhesin
Klasse II PapG-Adhesin
Klasse III PapG-Adhesin
→ erkennt nur Galabiose auf Isorezeptoren der Gruppe 6
→ erkennt Galabiose auf Isorezeptoren der Gruppe 5 und 6
(humane Pyelonephritis)
→ Galabiose auf Isorezeptoren der Gruppen 5 und 2
(humane Blasenentzündung)
95% der Menschen präsentieren eine Galabiose auf den Erythrozyten sowie den Epithelzellen der
Blase, man spricht von der Blutgruppe P. Die restlichen 5% sind P-negativ und können nicht an
Blasenentzündung erkranken.
Streptococcus befällt unterschiedliche Schichten der Epidermis. Ist viel O2 vorhanden, exprimiert
das Bakterium Adhesin F und bindet an Langerhans'sche Zellen. Findet es eine hohe CO2-Menge
vor, wird Adhesin M exprimiert und Keratinocyten infiziert.
Das Flagellum vereint mehrere Funktionen in sich, es erhöht die Beweglichkeit und das Vorankommen in mucösem Schleim (Vibrio cholerae), es wirkt als Adhesin (Pseudomonas aerunginosa)
oder ermöglicht als Invasin das Eindringen in Wirtszellen (Yersinia enterocolitica). Kommt es zur
Beschädigung oder Verlust des Flagellums entstehen Flagellin-Monomere, die von TRL5 erkannt
werden. TLR5 befindet sich auf Monocyten, neutrophilen Granulocyten und auf Epithelzellen.
Adhesine sind Angriffspunkte antimikrobieller Therapien, die die Anheftung der Keime zu
blockieren suchen. Bei einer normalen Infektion binden bakterielle Lectine an Glykoproteine des
Wirts. Verabreicht man nun ähnliche Substanzen (Glykoside), werden die Lectine damit blockiert,
eine Anhaftung ist inhibiert. Alternativ können auch die Glykoproteine mit freien Lectinen
kompetitiv inhibiert werden.
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3 – Invasion, Verbreitung im Wirt
Ein Mikroorganismus kann seine Aufnahme in eine nicht-phagocytische Zelle erzwingen. Die
Invasion ist ein aktiver Prozess, der vom Bakterium ausgeht, es stimuliert seine Aufnahme in nichtphagocytische Zellen. Das Ziel ist Eintritt in eine geschützte Nische oder das Überqueren von
zellulären Barrieren. Das Bakterium beherrscht die biochemische Sprache der Wirtszelle.
„Bakterien sind die besten Zellbiologen.“ - Stanley Falkow
Dazu tricksen Bakterien die Signaltransduktion der Wirte aus. Signaltransduktion ist der biochemische Prozess, durch den Organismen (1) ihre Umgebung wahrnehmen können, (2) auf ihre
Umgebung reagieren und sich adaptieren können (z.B. durch Veränderung des Genexpressionsmusters). Signaltransduktion wird implementiert durch (1) reversible Modifikation von
Botenproteinen (Bindung eines Liganden oder kovalente Modifikation wie Phosphorylierung und
Methylierung), (2) Bildung von Signaltransduktionskomplexen, (3) Lokalisierung von Signaltransduktionskomplexen.
Zipper Mechanismus
Yersinia pseudotuberculosis und Listeria monocytogenes besitzen Transmembranproteine, die
Liganden der Zelladhäsion nachahmen. Die Interaktion zwischen bakteriellem Ligand und
zellulärem Rezeptor täuschen eine Zell-Matrix-Verankerung vor. Es kommt zur Bildung einer
Membraneinstülpung, die das Bakterium umschließt, was mit einem Rearrangement des Cytoskeletts einhergeht. Der Zipper-Mechanismus gliedert sich in drei Teilschritte:
1. Kontakt zwischen Rezeptor und bakteriellem Ligand. Rezeptor-clustering.
2. Bildung eines phagocytischen Bechers. Aktinpolymerisation und Membranerwerweiterung.
3. Abschnürung des cytosolischen Vesikels mit Bakterium darin. Aktindepolymerisation.
Es sind drei Proteine bekannt, die jeweils eine andere Signalkaskade auslösen. In Yersinia interagiert Invasin mit Integrin, welches an der cytoplasmatischen β1-Kette FAK (focal adhesion kinase)
rekrutiert. Zusammen mit Src, Rac1 und N-WASP sowie Phosphoinositid-3-Kinase (PI 3-K) und
Arf6 kommt es zur Polymerisation von Actinfilamenten bzw. Änderung der Zusammensetzung der
Phospholipide in der Zellmembran.
Internalin, eine LRR-Protein ( lysine rich repeat ) von Listeria bindet an humanes E-Cadherin,
welches normalerweise in homophilem Kontakt mit E-Cadherin einer weiteren Zelle adherens
junctions etabliert. E-Cadherin bindet an seiner cytoplasmatischen Domäne Catenine (α, β, p120),
die eine Rac-abhängige Actinpolymerisation einleiten. Myosin VIIa und sein Ligand Vezatin
scheinen eine Rolle bei der Dynamik des phagocytischen Bechers zu spielen.
InlB, ein LRR-Oberflächenprotein von Listeria, das auch in gelöster Form vorliegen und inlB
Mutanten durch Bindung an die Zellwand das Eindringen in Säugerzellen ermöglichen kann, bindet
an Met, eine Transmembrantyrosinkinase, dessen normaler Ligand HGF (hepatocyte growth factor)
ist. Dadurch kommt es in einer Phosphorylierungskaskade durch PI 3-K zur Bildung von PIP3 aus
PIP2 (Phosphoinositolbiphosphat) an der Kontaktstelle. Aktinpolymerisation wird von Rac-WAVEArp2/3 erledigt. Im Zuge der Phagocytose kommt es zur Akkumulation von Cofilin an die Filamente, welches die Depolymerisation katalysiert, sodass sich die Membran abschnürt.
GTPasen der Rho-Familie (Rac1, Cdc42, RhoA) treiben Reorganisation des Cytoskeletts voran
und haben im inaktiven Zustand GDP gebunden. Durch GEF (Guanidine Exchange Factor) wird
GDP gegen GTP ausgetauscht, es folgt GTP-Hydrolyse mittels GAP (GTPase activating protein).
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Cdc42 (Aktinpolymerisation) → Filopodien
Rac1 (Aktinpolymerisation) → Lamellipodien
RhoA (Filament-Bündelung) → Stressfasern
Die Aktivierung von Integrin, normalerweise durch Interaktion mit extrazellulärer Matrix, führt zur
Aktivierung von FAK und Src, welche GEFs aktivieren. Aktivierung von Rac1 / RhoA / Cdc42 löst
dann die entsprechenden Änderungen des Cytoskeletts aus.
Das Invasin-Gen von Yersinia wurde mit einer E. coli Genbank gefunden (Stanley Faltrow). Dabei
wurde eine E. coli Kultur mit Fragmenten des Yersiniagenoms transformiert und auf Säugerzellen
inkubiert. Säugerzellen wurden gründlich gewaschen, um außen anhaftende Bakterienzellen
entfernen, es folgte eine sanfte Lyse der Säugerzellen. Inhalt wurde ausplattiert, anwachsende
Kolonien stammten von intrazellulären E. coli, welche folglich das Yersinia-Invasin-Gen
bekommen haben, um in die Zelle eindringen zu können.
Trigger Mechanismus
Salmonella und Shigella stellen den Wirt-Parasit-Kontakt über ein TypIII-Sekretionssystem her
(TTSS). Dadurch injizieren die Bakterien Proteine, bakterielle Effektoren, in eukaryotische Zellen,
wo mit Komponenten des Cytoskeletts der Wirtszelle interagieren können. Danach formieren sich
makropinozytische Ausstülpungen (Filopodien, Lamellipodien) und überwachsen das Bakterium.
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Aktindepolymerisation schließt die makropinozytischen Ausstülpungen über dem Bakterium. Der
Trigger-Mechanismus gliedert sich in vier Phasen:
•
•
•
•
pre-initiation stage
◦ Bakterielle Effektoren befinden sich im Cytoplasma des Pathogens, Chaperone verhindern vorzeitige Komplexbildung
◦ TTSS baut sich zusammen
◦ Warten auf Kontakt mit Wirtszelle
interaction stage
Salmonella haftet über verschiedene Adhesine an M-Zellen und CD18-Phagocyten. TTSS
injiziert das SipB/C Translocon in die Membran der Wirtzelle.
Shigella bindet über IpaB an CD44 (Hyaluronsäurerezeptor) des Wirts an diesen. Das
Translocon heißt IpaB/C.
actin rearrangement stage
Das Pathogen erwirkt über lokales, aber massives Aktinrearrangement die Bildung einer
macropinocytischen Tasche. Salmonella und Shigella sind da sehr ähnlich, beide bilden Filound Lamellipodien.
In Shigella depolymerisiert VirA die Mikrotubuli, wodurch RhoA deaktiviert und Rac1 in
Folge aktiviert wird. Actin wird abgebaut. SipC (Salmonella) und IpaC (Shigella)
induzieren die Aktinpolymerisation, der Mechanismus dafür ist unbekannt.
Die Bildung der Eintrittsfoci unterscheidet sich in den beiden Organismen. In Salmonella
haben SopE1/SopE2 GEF-Aktivität auf Cdc42, Rac1 und RhoA. SopB/SopD,
Phosphatidylinositol-Phosphatasen, bewirken die Loslösung der Aktinfilamente von der
Membran. SipA stabilisiert Aktinfilamente.
In Shigella aktiviert IpaC Cdc42 und Rac1, gefolgt von c-src, einer Tyrosinkinase, was zur
Rekrutierung von Cortactin und massiver Aktinpolymerisation durch Arp2/3 führt. IpgD,
ein SopB/SopD Homolog, verstärkt den Prozess.
pocket closing
In Salmonella hat SptP zwei Funktionen, (1) Tyrosinphosphatase-Aktivität auf MAPK, (2)
GAP-Aktivität auf Cdc42 und Rac1 und wirkt somit antagonistisch zu SopE.
In Shigella rekrutiert IpaA Vinculin ( fördert die Bildung von cell adhesion plaques ) und
stimuliert die Actindepolymerisation.
Anhaftung und Injektion finden immer an lipid rafts statt, da dort Rezeptoren (CD44, CD18) dichter
beisammen stehen, die Lipidzusammensetzung stimmt und Signalmoleküle wie zum Beispiel die
Tyrosinkinase Src in größerer Zahl vorhanden sind.
Salmonella trägt zwei pathogenicity islands (PAIs), die Gencluster SPI-1 und SPI-2 (Salmonella
pathogenicity island). PAIs sind durch einen 40%-Gehalt an G-C gekennzeichnet, sehr wenig für
bakterielle DNA.
SPI-1 codiert Gene für Invasion in Epithelzellen und Apoptose von Makrophagen:
• TypIII-Sekretionssystem (TTSS)
• SipA →
stabilisiert Aktinfilamente
• SopE →
GEF-Aktivität für Cdc42 und Rac1
• SopB →
Phosphatidylinositol-Polyphosphatase, stimuliert Aktin-Rearrangement
• SptP →
GAP-Aktivität auf Cdc42 und Rac1, wirkt SopE entgegen, bewirkt AktinDepolymerisation
SPI-2 codiert Gene für das Überleben in Makrophagen, um in Leber und Milz verbreitet zu werden.
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Während der Bildung der makropinocytischen Einbuchtung sind SopE und SopB aktiv. SopE(-)
SopB(-) - Bakterien könnnen Epithelzellen nicht mehr befallen.
SipA und SopE kooperieren in der Neugestaltung des Aktin-Cytoskeletts. SopE bindet T-Plastin und
bringt es zur Invasionsstelle. SipA stabilisiert F‐Aktin und stimuliert die T‐Plastin‐vermittelte
Bildung von Aktinfaser‐Komplexen.
Beim Trigger-Mechanismus setzen Pathogene auch eigene GTPasen ein, die der WxxxE-Familie.
Dazu gehören die Effektorproteine IpgB1 und IpgB2 von Shigella, SifA und SifB von Salmonella
und Map, EspM sowie EspT von EPEC und EHEC. Diese imitieren GTPasen der Rho-Familie.
Map imitiert Cdc42 (Filopodien), IpgB1 imitiert Rac1 (Lamellipodien) und IpgB2 imitert RhoA
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(Stressfasern). Alle sind funktionelle, aber nicht strukturelle Imitate. Sie besitzen targeting
Sequenzen, ähnlich den eukaryotischen PDZ-Domänen, die die Proteine an der Membran
verankern (PDZ is an acronym combining the first letters of three proteins — post synaptic density
protein (PSD95), Drosophila disc large tumor suppressor (DlgA), and zonula occludens-1 protein
(zo-1) — which were first discovered to share the domain).
Die Assemblierung des TypeIII-Sekretionssystems (T3SS, TTSS) gliedert sich in eine secabhängige und eine sec-unabhängige Phase. Die Lokalisierung der Plasmamembran- und
Transperiplasmatischen Komponenten erfolgt sec-abhängig (PrgH, PrgK). An PrgH lagern sich
cytoplasmatische Komponenten (InvA, SpaP, SpaQ, SpaR, SpaS) sowie ATPasen (InvC) an. Durch
den PrgK-Kanal gelangen InvG und InvH zur Außenmembran, das Periplasma ist nun überbrückt,
die sec-Abhängigkeit ist nicht mehr gegeben. Weitere Komponenten (IagB, PrgI, PrgJ, InvJ)
vervollständigen die Struktur.
Um vorzeitiges Durchschleusen von Effektoren zu verhindern, ist die Spitze und der cytoplasmatische Eingang des Kanals des TTSS in Yersinia mit YscP blockiert. Bei Kontakt wird zuerst
YscP sezerniert, danach, das TTSS durchbohrt die Membran der Zielzelle, folgt die Sezernierung
der Effektoren durch InvC. Das Prinzip findet sich auch beim Hook eines Flagellums. Dabei wird
über FliK die Filamentassemblierung zeitlich reguliert.
Regulation von Effektoren am Beispiel der Yop-Sezernierung über den Ysc/Lcr-Kanal in Yersinia.
Im Standbymodus blockiert YopN(LcrE) zusammen mit LcrG den Ysc/Lcr-Kanal. Eine hohe
cytoplasmatische Konzentration an LcrQ(YscM) und LcrH(SycD) reprimieren das Yop-Operon. Bei
Kontakt mit der Wirtszelle, gibt YopN den Kanal frei, LcrQ diffundiert aus der Zelle, das YopOperon wird exprimiert und Yop sezerniert.
Pathogene müssen sich in Geweben, in denen die Nährstoffkonzentration oft limitierend ist,
vermehren können. Dazu synthetisieren sie spezifische Transportsysteme und/oder Rezeptoren.
Beispiel Eisen: Essentiell für das Wachstum eukaryotischer Zellen und Bakterien. Siderophore
werden sowohl vom Wirt als auch vom Bakterium produziert (Pyochelin, Yersiniabactin, Vibriobactin). Manche Bakterien können auch menschliche Siderophore (Hämoglobin, Transferrin,
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Lactoferrin) oder Siderophore, welche von der Normalflora (Enterobactin, Anguibactin, Acinetobactin) produziert werden, binden und zum Eisentransport verwenden.
4 – Exo- und Endotoxine
Toxine sind biologische Waffen, die dem Wirt Schaden zufügen. Man gliedert sie in:
Exotoxine – Das sind extrazelluläre Proteine mit sehr hoher biologischer Aktivität, sie sind durch
Hitze oder Säure denaturierbar, denaturierte Toxine werden als Impfstoff (Toxoide) eingesetz. Die
Spezifität und Toxizität ist hoch.
•
•
•
Membranschädigende Toxine: Lipasen und porenbildende Toxine (α-Toxin, SLO)
AB Toxine: bindungsspezifische und katalytisch aktive Domäne
◦ Proteinsynthese-hemmende Toxine (Diphteria Toxin)
◦ Pharmakologisch aktive Toxine (Cholera Toxin)
◦ Neurotoxine (Tetanospasmin, Botulinus Toxin)
Superantigene
Exotoxine sind auch ohne Bakterien schädlich: Wenn Bakterien, die Exotoxine produziert haben, in
Nahrungsmitteln vorkommen, können die Exotoxine alleine dem Wirt schaden, selbst wenn die
Bakterien den Verdauungstrakt ohne Ansiedelung verlassen.
Exotoxine interferieren mit der Signaltransduktion, Verändern die Permeabilität der Membran und
die Struktur des Cytoskeletts (Zonula adherens disassembly) sowie den intrazellulären Transport.
Endotoxine – sind essentielle Bestandteile (LPS) der Bakterien selbst, diese erlangen bei Lyse
toxische Wirkung. Sie sind nicht denaturierbar (Lipide), dafür haben sie geringe Spezifität und
Toxizität.
Membranschädigende Toxine – S. aureus α-Toxin
Monomer (34 kDa) bindet an die Membran empfindlicher Zellen
(Thrombocyten, Monocyten) durch einen spezifischen, aber noch
nicht identifizierten, α-Toxin-Rezeptor. Die Untereinheiten bilden
dann einen homoheptameren Ring mit einer zentralen Pore, durch
die der Inhalt der Zelle nach außen gelangt. Dies verursacht
wiederum eine entzündliche Reaktion im Gewebe.
Membranschädigende Toxine – C. perfringens α-Toxin
PDB-Code: 2AHL
Spaltet als Phospholipase Phosphatidylcholin (Lecithin), welches
sich in der Membran aller tierischer Zellen befindet. Die Ladung und
Stabilität der Membran geht verloren. Bindet und zerstört in vivo
Leukocyten.
PDB-Code: 1CA1
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AB-Toxine haben mindestens zwei verschiedene Domänen, eine Untereinheit A hat katalytische
Aktivität und ist Effektor des Toxins, eine Untereinheit B sorgt für spezifische Bindung an Zellen.
Man unterscheidet zwischen einfachen AB-Toxinen, bestehend aus je einer A- und B-Untereinheit,
und komplexen AB-Toxinen mit mehreren, möglicherweise unterschiedlichen B-Untereinheiten. So
können mehrere Zelltypen affektiert werden!
Aufnahme von AB-Toxinen wird über Rezeptor-vermittelte Endocytose bewerkstelligt. Die katalytische Untereinheit A ist in Endosom nicht wirksam – A wird ins Cytoplasma ausgeschleust und
bindet dort an das Substrat. Selten wird A ohne Endocytose direkt in die Zelle eingeschleust und B
gar nicht aufgenommen. B-Untereinheiten können als Impfstoff verwendet werden – Produktion
von Anti-B Antikörpern.
Neurotoxine sind Zn-Proteasen, ihre Substrate sind Sekretionsproteine in Synapsen. Neurotoxine
werden als inaktives Zymogen (Proenzym, inaktive Enzymvorstufe) während der Sporen-Keimung
synthetisiert, von bakteriellen oder Gewebsproteasen gespalten und danach endocytotisch aufgenommen.
Neurotoxine sind aus einer schweren oder mehreren schweren Ketten B, zur Bindung an den neurospezifischen Rezeptor, und einer leichten Kette A, die katalytische Funktion hat, aufgebaut. Die
Komponenten sind über Disulfid-Brücken zusammengehalten und werden durch Proteasen
gespalten. Zwei schwere Ketten B binden an den neurospezifischen Rezeptor, es folgt Aufnahme in
ein Endosom. Hier erfolgt Konformationsänderung durch sauren pH der schweren Kette (bildet
Pore), die leichte Kette A wird aus dem Endosom in Cytosol translociert.
Vertreter der Gattung Clostridium produzieren bei der Germination der Sporen starke Neurotoxine
(LD50 0,1-1 ng/kg). Clostridien sind gram-positive, sporenbildende, obligat anaerobe Bakterien, zB.
Clostridium tetani, Clostridium botulinum.
Die Lokalisierung folgt dem vierstufigen Schema der Neurotoxine:
1. Neurospezifische Bindung an lipid rafts, reich an Cholesterol, Sphingolipid und
Polysialogangliosid
2. Internalisierung und sorting (Bewegung der Vesikel über Mikrotubuli)
3. Translokation der leichten Kette mittels der schweren Kette(n)
4. Entfaltung der katalytischen Aktivität
Clostridium-Toxine wirken proteolytisch auf bestimmte Membranproteine der sekretorischen
Vesikel, welche zur Bindung an die synaptische Membran notwendig sind. Daher findet keine
Ausschüttung von Neurotransmittern mehr statt. VAMP, Syntaxin und snap25 gehören zur Gruppe
der SNARE-Proteine und bewerkstelligen die Fusion der Vesikel mit der Zellmembran.
VAMP/Synaptobrevin
Membranprotein acetylcholinhältiger Vesikel, stellt Kontakt zu Syntaxin und snap25 her
Substrat für TeNT, BoNT serotyp B, D, F und G
Syntaxin1
Partnermolekül in der Zellmembran der präsynaptischen Zelle
BoNT serotyp C
snap25
Adapterprotein
Substrat für BoNT serotyp A und E
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AB-Neurotoxine – Botulinus Toxin (BoNT)
BoNT bleibt nach Internalisierung in der neuromuskulären
Synapse hochaktiv, bereits ein Molekül kann alle Substrate
in der Synapse spalten (reversibel)!
Die leichte Kette inhibiert die Ausschüttung von
Acetylcholin aus den synaptischen Vesikeln der Motorneuronen an der neuromuskulären Junction
→ Schlaffe Lähmung (Atemlähmung).
PDB-Code 1F31
AB-Neurotoxine – Tetanus Toxin (TeNT, Tetanospasmin)
TeNT wird nach der Internalisierung rückwärts im Axon des
Motorneurons zu einem inhibitorischen Interneuron
transportiert, wo es zur Transcytose kommt, also Freisetzung
auf der einen und Aufnahme auf der anderen Seite des
synaptischen Spalts. Die leichte Kette inhibiert die
Ausschüttung von inhibitorischen Neurotransmittern aus den
synaptischen Vesikeln der inhibierenden Interneurone
→ keine Inhibierung der Motorneurone → Verkrampfung.
PDB-Code 1A8D
Proteinbiosynthese-hemmende Toxine – Diphteria-Toxin
Diphteriatoxin ist ein Vertreter von AB-Toxinen, das mit GProteinen wechselwirkt. Es entsteht in Corynebacterium
diptheriae, welches das verantwortliche Gen, tox+, aber nicht
von vornherein hat. Der Phage β bringt die genetische
Information ein, das bakterielle dtxR reguliert tox+.
Die Bindung erfolgt an einen HB-EGF (heparin-binding
epidermal growth factor) ähnlichen Rezeptor. Der
katalytische Teil ist ein Enzym, das ein ADP-Ribosyl auf
Diphthamid, ein modifizierter Histidinrest des humanen
Elongationsfaktors EF-2, von NAD überträgt, Nikotinamid
bleibt über. Dadurch ist der Elongationsfaktor inhibiert, es
kann keine RNA-Synthese mehr stattfinden und letztendlich
stirbt die Zelle. Das Diphtherietoxin ist dabei so potent, dass
PDB-Code 1DDT
ein Molekül ausreicht, um eine Zelle zu töten. Es entstehen
pro Stunde etwa 5000 Toxinmoleküle in einem einzigen
Bakterium.
EF2 (Elongationsfaktor 2), ein G-Protein, spaltet GTP in GDP, P i und Energie, die für Translokation der Peptidkette von der A-site zur P-site des Ribosoms genutzt wird.
AB-Pharmakologisch aktive Toxine – Cholera-Toxin (CTX)
Das Cholera-Toxin, produziert von Vibrio cholerae, ist ein 84 kDa Hexamer aus einer A- und 5 BUntereinheiten. Das Bakterium haftet an GM1, ein Gangliosid von Darmepithelzellen des
Dünndarms, und konvertiert mit einer Neuraminidase weitere Ganglioside in GM1.
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Die Untereinheit A wird in A1 und A2 gespalten. A1 wird von
ARF zur basolateralen Membran gebracht, wo es ein
stimulatorisches G-Protein ADP-ribosyliert, was zur Aktivierung
der Adenylatcyclase führt. Damit geht die Erhöhung des cAMPSpiegels einher. PKA wird aktiviert, die Cl–-Sekretion hoch- und
Na+-Resorption in Krypten herunterreguliert, die Na+/Cl– Resorption in Villuszellen herunterreguliert. Als osmotische
Folge treten Unmengen an Wasser in den Dünndarm. Nur 15µg
Choleratoxin reichen für 24 Liter Diarrhoe. Choleratoxin stört
also den normalen Ionenhaushalt.
PDB-Code 1XTC
Die Produktion von Cholera‐Toxin hängt von der Infektion des Bakteriums mit zwei verschiedenen
Phagen in einer bestimmten Reihenfolge ab.
1.
2.
3.
4.
Infektion durch VPIΦ (vibrio pathenicity island phage), Akquirierung von tcpPH und toxT
Ausbildung des toxin coregulated pilus (TCP), dem Rezeptor für den zweiten Phagen
Infektion durch CTXΦ (cholera toxin phage)
Insertion der CTX-Virulenzkassette ins bakterielle Genom und Toxinexpression
CTXΦ bringt eine „Giftkassette“ mit, die neben dem eigentlichen Choleratoxin ctxA/B, noch
andere Endotoxine (ace/zot) und Kolonisierungsfaktoren (cep – core encoding pilus) beinhaltet. Die
ORFs von ctxA und ctxB überlappen, ctxB wird aber effizienter translatiert, so kommt es zum 5:1
Verhältnis im Holoenzym.
AB-Pharmakologisch aktive Toxine – Pertussis-Toxin (PTX)
Bordetella pertussis, ein gram-negativer Coccobacillus, verfolgt zwei andere Strategien, um den
cAMP-Spiegel zu modulieren. Einerseits schwächt es die Wirkung inhibitorischer G-Proteine des
Wirts (im Gegensatz zu Vibrio, welches die Wirkung von stimulierenden G-Proteinen fördert),
andererseits bringt es eine eigene Adenylatcyclase (CyaA) ein, die kein AB-Toxin ist.
PTX ist ein Hexamer aus 5 Untereinheiten, davon haben zwei Affinität zu Epithelzellen sowie
Phagocyten, deren Wachstum durch Erhöhung des cAMP-Spiegels mittels Hemmung
inhibitorischer G-Proteine gehemmt wird, die eukaryotische Adenylatcyclase bleibt als konstitutiv
aktiv.
Dann wird CyaA als inaktives Zymogen synthetisiert, welches durch Palmitoylierung aktiviert wird.
CyaA besteht aus:
1. Katalytische Adenlylatcyclase-Domäne mit Calmodulin binding site
2. Hydrophobem Teil (Transmembran-Domänen)
3. Palmitoylierungsstelle zur Verankerung in die Membran
4. Ca2+ bindender Domäne
5 .Sekretorisches Signalpeptid
- 23 -
Der Rezeptor für CyaA ist β2-Integrin, ein
Adhäsionsmolekül der Leukocyten, CyaA ist
hauptsächlich gegen Makrophagen gerichtet.
Ca2+-Bindung
verursacht
Strukturveränderungen, wodurch die AC-Domaine
durch die Membran in die Zelle
eingeschleust wird. Dort bindet es
Calmodulin, welches die katalytische
Aktivität aktiviert, sodass nur in der Zelle
cAMP produziert wird.
PDB-Code 1YRU
Warum greifen Toxine in den cAMP-Haushalt ein? Ein erhöhter cAMP-Spiegel ist ein ApoptoseSignal, Zellen lysieren. Im Bakterium wird das Wachstum durch cAMP reguliert, sie gedeihen also
in einer cAMP-reichen Umgebung besser.
Superantigene
Die bisherigen toxischen Wirkungen gehen direkt von Bakterien aus, Superantigene stammen zwar
auch von Bakterien, hier bewirkt aber die Handhabung durch das Immunsystem den Schaden.
Normalerweise nehmen APC Antigene auf, prozessieren sie und präsentieren sie an TH-Zellen.
Diese tasten das in der MHCII-Furche liegende Proteinfragment mit α-und β-Einheit des TCR ab
und entscheiden ob fremd oder nicht.
Superantigene binden an der Außenseite des MHCII-Komplexes. TH-Zellen werden bei Interaktion zur IL-2 Ausschüttung angeregt, egal ob ein fremdes Antigen oder überhaupt ein Antigen
gebunden war. Dadurch können im Prinzip all jene TH-Zellen aktiviert werden, die eine passende
βvar-Region am TCR besitzen (etwa 20% aller T-Helfer-Zellen), und nicht nur die wenigen, die sonst
für ein konventionelles Antigen spezifisch wären. Die Folgen ist ein Überschießen der
Immunantwort in Form von:
•
•
•
Aktivierung zu vieler TH-Zellen
Zu starke Proliferation
Toxischer Schock: Fieber, Übelkeit, Erbrechen, Schock
Superantigene können Autoimmunität und Immundepression hervorrufen. APC präsentieren im
Normalfall auch manchmal Selbstantigene, TH-Zellen sprechen darauf dann aber nicht an. Ein
Superantigen stellt jetzt aber eine stabile Verbindung zwischen MHC und TCR her, ob der TCR
zum Antigen spezifisch ist, wird vernachlässigt.
Die übermäßige Beanpruchung der T-Zellen führt nach einiger Zeit zu deren Tod, so stehen sie nicht
mehr zur Bekämpfung späterer Infektionen zur Verfügung (die Immunkompetenz, Diversität an
spezfischen TCRs sinkt), man spricht von Immundepression. Dieser Effekt kann aber Autoimmunität nach einiger Zeit ausgleichen.
Man unterscheidet zwischen exogenen und endogenen Superantigenen. Die meisten Super-Antigene
sind Exotoxine, manche werden aber von Retroviren codiert und werden von APC selbst exprimiert,
man zählt diese dann zu den endogenen Superantigenen.
Beispiele für Superantigene sind Enterotoxine von Staphylococcus (SEA, SEB, SEC1, SEC2,
SEC3, SED, SEE), die im Darm wirksam sind und die Ursache von manchen Lebensmittelvergiftungen sind, toxic-shock-syndrome Toxin (TSS1), exfoliative-dermatitis Toxin (ExFT) oder
pyrogene Exotoxine von Streptococcus (SPE-A, SPE-B, SPE-C, SPE-D → rheumatisches Fieber).
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Endotoxine – LPS
LPS befindet sich auf der Außenmembran von gram-negativen Bakterien, tragen zur strukturellen
Integrität der Bakterien bei und schützen die Membran vor bestimmten Substanzen. LPS wird
während des bakteriellen Wachstums und nach dem Tod des Bakteriums freigesetzt. Der toxische
Teil des Moleküls wird durch das Lipid A dargestellt.
Lipopolysacchariden sind komplexe, amphiphile Moleküle. Ihre chemische Komposition ist hochgradig variabel und kann in Lipid A, inner core, outer core und O-specific chain gegliedert werden
(O-specific chain ist die Basis für die serologische Klassifizierung von Bakterienstämmen).
Endotoxine – Lipoteichonsäure, Glykopeptide
Die Zellwand von gram-positiven Bakterien enthält Glykopeptide sowie Teichonsäure. Diese Stoffe
werden sowohl im Zuge des bakteriellen Wachstums als auch nach dem Tod der Bakteriums
freigesetzt und wirken analog zum LPS.
Die Eigenschaften von Exotoxinen und Endotoxinen im Vergleich:
Eigenschaft
Endotoxin
Exotoxin
Chemische Natur
Lipopolysaccharid (10kDa)
Protein (50-1000kDa)
Lokalisierung
Außenmembran
Extrazellulär, diffundierend
Denaturierung durch Kochen
Nein
Meistens
Antigen
Ja
Ja
Toxoid
Nein
Ja
Effektivität
Gering (>100µg)
Extrem (1µg)
Spezifität
Gering
Hoch
Enzymatische Aktivität
Nein
Meistens
Pyrogenität
Ja
Sporadisch
Reaktion des Immunsystems auf Endotoxine
Gram‐ und Gram+ Endotoxine binden an Rezeptoren auf der Oberfläche immunkompetenter
Zellen. Dadurch können immunkompetente Zellen die Gefahr einer Infektion wahrnehmen.
Toll‐likeRezeptoren (TLR) sind hochkonservierte Sensoren für die Bestandteile pathogener
Mikroorganismen
Die Bindung von Endotoxin an Monocyten und Makrophagen stimuliert die Produktion von
Cytokinen wie TNF‐α, IL‐1, IL‐6 und IL‐8. Diese Stoffe regen wiederum Zielzellen an, deren
normale Funktionen die Verteidigung des Wirts und die Zerstörung des Mikroorganismus sind
(Entzündungsreaktion, Fieber, Immunantwort und Phagozytose). Die massive Freisetzung von
Endotoxin kann wiederum ein Überschießen dieser Antwort verursachen, mit schweren Folgen für
den Wirt (ARDS Acute respiratory disease syndrom, DIC disseminated intravascular clotting,
MOSF multiple organ system failure).
Die Bindung von Endotoxin an Rezeptoren und von IL‐8 an den IL‐8 Rezeptor auf der Oberfläche
von Neutrophilen stimuliert die Freisetzung von Proteasen und toxischen Sauerstoff‐Radikalen.
Diese Reaktion zerstört Bakterien, die sich in der Nähe befinden, sind aber auch für eukaryotische
Zellen toxisch und können zu einer massiven Schädigung des umliegenden Gewebes führen.
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TNF‐α und IL‐1 bewirken die Expression von Selektinen auf Endothelzellen und Spaltenbildung
zwischen den Endothelzellen. Durch diese Spalten kann Diapedese stattfinden, dabei migrieren
Immunzellen durch das Gewebe.
Überdosierte Immunantworten führen zu septischem Schock (hohe Endotoxindosen führen zur
Überproduktion von IL-1 und TNF- α durch Makrophagen) und toxischem Schock (geringe Dosen
an Superantigen-Exotoxinen führen zur unspezifischen Aktivierung von 5 - 25% aller T H-Zellen, die
resultierende Überproduktion von IL-2 führt zur Überstimulation von Makrophagen, die in Folge
zuviel IL-1 und TNF-α produzieren).
5 – Immunantwort des Wirts
Das Immunsystem hat drei Verteidigungslinien gegen Pathogene.
•
•
•
Epithelbarrieren: Haut und Schleimhäute, für rasche Entfernung von konterminiertem
Mucus sorgen Tränenfluss, Urinfluss, Husten, Erbrechen, peristaltische Bewegung und
Cilienschlag.
Angeborenes Immunsystem: Immer in gleicher Intensität vorhanden, schnell, wenig
spezifisch. Lysozyme, Magensäure, commensale Bakterien, Komplementprotein,
Phagocytose.
Adaptives Immunsystem: Langsamere Reaktion, aber spezifischer und zielgerichteter.
Antikörper, Cytokine, Helfer-T-Zellen, cytotoxische T-Zellen, B-Zellen
Komponenten und Zellen, die an einer inflammatorischen Reaktion beteiligt sind.
•
•
•
•
•
•
•
Makrophagen phagocytieren und töten Pathogene in peripheren Organen, produzieren
inflammatorische Cytokine und sind APC, haben daher MHCII-Komplexe
Neutrophile Granulocyten werden zu Entzündungsherden gelockt, phagocytieren und
zerstören Mikroben
Das Komplementsystem erhöht die inflammatorische Reaktion und bewirkt vermehrte
Phagocytose und Lyse von Zellen
Inflammatory Agents wie Bradykinin, Histamin und Prostaglandine wirken auf das Blutgefäßsystem und erhöhen Blutfluss und Durchlässigkeit
Fibrin, aus seratösem Proenzym Fibrinogen hergestellt, sorgt für Gerinnung und lokale
Begrenzung der Mikroorganismen
Antikörper neutralisieren mikrobielle Toxine oder Viren, opsonisieren (bedecken) Pathogene
und markieren sie somit zur Phagocytose
Pyrogene, auch endogene Pyrogene wie IL-1, verursachen Fieber und wirken u.A. auf die
Temperaturregulierung des Körpers (Hypothalamus) ein
Der Effekt einer inflammatorischen Reaktion besteht darin, verschiedene Zellen und Komponenten
zum Ort einer mikrobiellen Invasion zu bringen, welche direkte und indirekte Möglichkeiten bereitstellen, eine wirkungsvolle Verteidigung gegen eindringende Mikroorganismen zu etablieren.
Neutrophile Granulocyten umfließen Fremdstoffe und zerstören sie mittels ROS (reaktive oxygen
species) und anderen Radikalen im Phagolysosom. Makrophagen und Lymphocyten initiieren eine
spezifische Immunantwort. Existierende Antikörper neutralisieren und opsonisieren mikrobielle
Pathogene und/oder deren Toxine. Plasmakomponenten wie Lysozyme, Komplementproteine und
Fibrin haben weitere antimikrobielle Eigenschaften.
Das Komplementsystem macht 15% der Globinfraktion des Serums aus. Es besteht aus Proteinen
- 26 -
und Glykoproteinen, die als inaktive Zymogene von der Leber sezeniert werden und in inaktiver
Form im Serum zirkulieren. Die Funktionen des Komplements sind:
•
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•
•
•
Opsonisierung (Markierung) von Antigenen (C3b)
Anlocken von Phagocyten (C3a, C4a, C5a)
Antigen-Antikörper-Komplexen (Immunkomplexe) entfernen (C3b, C4b)
Aktivierung der inflammatorischen Reaktion: Vasodilatation, Extravasation von
Lymphocyten (C3a, C4a, C5a)
Aktivierung naiver B-Lymphocyten: Degranulation (C3a, C4a, C5a)
Lyse von Zielzellen durch Porenbildung in der Membran von Bakterien oder Wirtszellen mit
viralen Epitopen (MAC)
Die Aktivierung des Komplements findet innerhalb einer regulierten enzymatischen Kaskade
statt. Die Zymogene werden durch Spaltung einer inhibitorischen Domäne aktiviert. Das Zymogen
eines Schritts wird zum Katalysator des nächsten. Die aktivierten Komponenten werden nach kurzer
Zeit inaktiviert. Mindestens 3 Wege führen zur Komplementaktivierung, deren gemeinsames Ziel
die Aktivierung der C5-Konvertase und des MAC (membrane attacking complex), der 70-100 Å
große Poren bildet, sind.
Serum C3 enthält eine labile Thioesterbindung, welche durch die Spaltung von C3a aktiviert wird.
Dadurch kann C3b freie Hydroxyl‐ oder Aminogruppen in Zellmembranen binden. C3b wird von
Sialinsäure, enthalten als Ligand in der Membran von Säugerzellen, inaktiviert. Die Zellwand von
Bakterien und Hefe, sowie die Hülle mancher Viren, enthalten sehr wenig bis keine Sialinsäure.
C3b und C4b werden als Opsonine, C3a, C4a und C5a als Anaphylatoxine bezeichnet.
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Im klassischen Weg der Komplementaktivierung bindet C1 (Komplex aus C1r, C1q und C1s) an
Antikörper-Antigen-Komplexe auf der Zelloberfläche eines Mikroorganismus. Daraufhin binden
C4b und C2a und bilden zusammen die C3 Convertase. Die C3 Convertase spaltet C3 in C3a und
C3b. C3b bindet nun an die antigenbedeckte Oberfläche des Mikroorganismus und opsonisiert sie.
C3b bindet an die C3-Convertase und bildet so die C5-Convertase, die C5 zu C5a und C5b spaltet
und aktiviert so die späten Schritte (C6-9, MAC).
Komplementaktivierung nach dem klassischen Weg findet nur statt, wenn Antikörper an Antigen
gebunden sind, da C1 sonst nicht an Fc binden kann. Frei gelöstes, ungebundenes IgM oder IgG
haben kein für C1 zugängliches Fc.
Vorraussetzung für den alternativen Weg der Komplementaktivierung ist die spontane Spaltung
von C3 in C3a und C3b, was normalerweise im Plasma kontinuierlich mit niedriger Rate passiert.
Wenn das Spaltprodukt C3b aber nicht unmittelbar an eine Mikrobe bindet, wird es inaktiviert. C3b
bindet an die Mikroorganismus-Oberfläche, Faktor B bindet C3b, Faktor D spaltet B zu Bb. Bb und
C3b bilden zusammen die C3-Convertase des alternativen Wegs, was zu verstärkter Spaltung von
C3 zu C3a und C3b durch C3-Konvertase führt. C3b opsonisiert die Oberfläche des Mikroorganismus. C3 bindet an die C3-Convertase (C3bBb) und bildet so die C5-Convertase. Die
Spaltung von C5 in C5a und C5b leitet weitere Schritte ein.
Der alternative Weg ist phyolgenetisch älter, wurde aber später entdeckt.
Der Lektinweg der Komplementaktivierung wird durch mikrobielle Polysaccharide ausgelöst,
mannose-binding lectin (MBL) bindet Polysaccharide und aktiviert das Komplementsystem. MBL
ist C1q strukturell ähnlich, aktiviert C1r/s oder MBP-associated serine esterase – beide spalten C4.
Effektorfunktionen der Komplementaktivierung:
•
•
•
Entzündung wird eingeleitet durch Spaltprodukte C5a, C3a, C4a
Aktivierung der späten Schritte des Komplementsystems durch C5 Convertase: Die C5Convertase spaltet C5 zu C5a und C5b. C5b bindet an C6-C7. C7 verankert den Komplex in
der Membran. C8 kommt hinzu, lagert sich auch in die Membran ein. An diesen Komplex
wird nun aus vielen C9 ein Kanal gebildet und eingelagert. Der gesamte Komplex bildet den
membrane attacking complex (MAC). Durch den Kanal diffundieren Wasser und Ionen in
die Zelle, die osmotische Anschwellung führt zum Platzen der Zelle. Zusätzlich treten Ca2+Ionen ein, eine hohe Ca2+-Konzentration führt zur Apoptose.
Phagozytose der mit C3b opsonisierten Antigene (CR1- und Fc-Rezeptor vermittelt)
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Komplementrezeptoren
Immunstrategien bei verschiedenen Arten von Infektionen, Rolle des Komplementsystems
Invasor
Immunstrategie
Mechanismus
Beispiele
VERMEHRUNG IN GEWEBSZELLEN
Eintritt verhindern
IgM, IgA, IgG
Viren, Rickettsia
Infizierte Zelle töten
TC, NK, ADCC
VERMEHRUNG IN PHAGOCYTEN
Phagocyten aktivieren
Phagocyten töten
Lymphokine
TC, NK, ADCC
VERMEHRUNG EXTRAZELLULÄR
Mikrobe töten
C'-vermittelte Lyse
Opsonisieren,
IgG, IgM, C'
Phagocytieren und Lyse
Toxine neutralisieren
IgG, IgM
Viele Bakterien
VERMEHRUNG EXTRAZELLULÄR,
BINDUNG AN OBERFLÄCHEN
ERFORDERLICH
Anheftung verhindern
Streptococci, E. coli,
Neisseria
IgA
Viren, Mycobacterium
tuberculosis
Neutralisation von Fremdmaterial durch Neutrophile Granulocyten
Neutrophile bilden chemotaktische Pseudopodien, mit
denen Fremdantigene erstastet werden. Bei Kontakt
wird der Fremdstoff (Immunkomplex, Mikroorganismus, Toxin) entweder in ein Phagosom internalisiert, welches mit einem Lysosom verschmilzt,
um ein Phagolysosom zu bilden, oder es kommt zu
extrazellulären Effektormechanismen (typischerweise
bei viralen Epitopen auf Zellen oder bei Infektion von
Zellen mit intrazellulären Mikroben).
Ein Lysosom stellt eine sauerstoffabhängige Tötungsmaschinerie in Form von aggressiven Radikalen
bereit: ROIs (reactive oxygen intermediates) wie O2– (Peroxidanion), HO• (Hydroxylradikal), H2O2
(Wasserstoffperoxid) und ClO– (Hypochloritanion), RNIs (reactive nitrogen intermediates) wie NO
(Stickstoffmonoxid), NO2 (Stickstoffdioxid) und HNO2 (Nitriersäure) und andere wie NH2Cl
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(Monochloramin). Degradiertes Material wird exocytotisch ausgeschieden sowie Teile davon auf
MHCII präsentiert.
Sezernierte Faktoren sind Defensine, TNF-α (nur bei Macrophagen) und hydrolytische Enzyme, die
Fremdkörpern, aber auch dem Gewebe, stark zusetzen.
6 – Reaktion der Pathogene auf die Immunabwehr
Mikrobielle Abwehr der Komplementeffektoren
Viele Mikroorganismen besitzen Kapseln, bestehend aus Proteinen, Polysacchariden und/oder
Glykoproteinen sowie Sialinsäure (Neisseria meningitidis) und Hyaluronsäure, die zur Inhibierung
der C3-Konvertase beitragen. Dazu rekrutieren sie eukaryotische Komplementregulatoren:
•
•
Faktor H inhibiert die Bindung von Faktor B an C3b
Faktor I spaltet membrangebundenes C3b
LPS kann mit Sialinsäure modifiziert (Bordetella, Haemophilus) oder sehr lang sein (E.coli,
Salmonella), beides erschwert oder verhindert die Insertion des MAC in die Membran.
Bakterielle Membranproteine können direkt mit dem MAC interagieren und dessen Membranintegration verhindern (Neisseria gonorrhoe, E.coli).
Mikrobielle Elastase baut Bestandteile des Komplementsystems (C3a und C5a) ab (Pseudomonas
aeruginosa).
Viren, Pilze, Bakterien und Protozoen können Proteine sezernieren, die eukaryotische Komplementregulatoren nachahmen.
Das M-Protein von Streptococcus hat eine konservierte Domäne, die Faktor H bindet, der Faktor B
kompetitiv inhibiert, und als Folge Faktor I, der C3b in inaktives iC3b spaltet, rekrutieren kann. Die
Komplementaktivierung bleibt aus, der räumliche Einfluss des Faktors H an der konservierten
Domäne verhindert die Bindung von vorhandenen Antikörpern gegen die variable Domäne.
Daneben ist der N-Terminus negativ geladen, was eine elektrische Abstoßung der Phagocyten
bewirkt.
Bakterielle Interaktion mit Phagocyten
Kapseln verhindern Phagocytose, da membrangebundenes C3b verdeckt wird und der CR1-Rezeptor
dieses nicht erkennen kann (Streptococcus pneumoniae).
Streptococcus pyogenes hat außerdem das M-Protein
und Hyaluronsäure im Peptidoglykan, wodurch eine
chemotaktische Repulsion für Phagocyten etabliert
wird.
Streptolysin (Streptococcus pyogenes) führt zur Entladung der Lysomen ins Cytoplasma – Phagocyten
gehen zu Grunde.
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Leukocidin (Staphylococcus aureus) hat den gleichen Effekt wie Streptolysin. Protein A , ein
mikrobieller Fc-Rezeptor, bindet in Staphylococcus aureus Immunglobuline an deren Fc-Domäne,
und zwar so, dass spezifische sowie unspezifische Antikörper nutzlos werden. Dadurch wird
außerdem der Zugang von weiteren Antikörpern, die möglicherweise Epitope erkennen, sterisch
versperrt.
Mehrere Bakterien haben Immunglobin-bindende Proteine und umgehen somit die Phagocytose.
Immunglobulin
Spezies
Protein
IgG1, 2, 4 (IgM, A, E) Staphylococcus aureus
Protein A
IgG1, 2, 3, 4
Gruppe C und G Streptococcen
Protein G
IgG1, 2, 3, 4
Gruppe A Streptococcen
Verschiedene, FcRA76, Protein H
IgA1, 2
Gruppe A Streptococcen
Protein Arp
IgA1, 2
Gruppe B Streptococcen (β Antigen) Protein Bac
IgD
Haemophilus influenzae
Protein D
κ
Peptococcus magnus
Protein L
Yersinia klinkt sich in die Signaltransduktion des Wirts ein und kommt durch den Zipper-Mechanismus in M-Zellen (microfold cells) des Dünndarms. M-Zellen fangen Antigene aus dem Lumen
des Dünndarms, um sie via Transcytose an Antigen-präsentierende Zellen auf der anderen Seite
weiterzuleiten. Yersinia nützt ebenfalls den Vorgang der Transcytose, bewirkt via Zipper-Mechanismus Aufnahme in M-Zellen und das Durchschleusen durch die Epithelbarriere.
Auf der anderen Seite trifft das Bakterium auf Makrophagen, in die Yersinia Faktoren zur AktinDepolymerisation injiziert. Der Makrophage hat keine Kontrolle mehr über sein Cytoskelett und
kann das Bakterium nicht umfließen. Die Infektion der Makrophagen führt letzten Endes zur
Apoptose.
• YopE → GAP für Rac1, Cdc42 und RhoA. Unwirksammachung der GTPasen.
• YopH → Phosphatase, die Cas-pY inhibiert. GEFs für Rac1, Cdc42 und RhoA bleiben inaktiv.
• YopT → Wirkt direkt auf RhoA, keine Stressfasern.
Salmonella typhimurium, Shigella flexneri und Legionella pneumophila entkommen der Phagocytose indirekt, da sie sich aus Phagocyten wieder befreien, indem sie den Phagocyten töten. Diese
Pathogene induzieren Caspase-1 Aktivierung, IL1β und IL-18 Ausschüttung sowie raschen Zelltod.
Verschiedene bakterielle Faktoren wie monomeres Flagellin führen zur Oligomerisierung von
inaktivem IPAF zum IPAF-Inflammosom, welches Caspase-1 aktiviert.
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Listeria monocytogenes entkommt aus dem Phagosom bevor dieses mit Lysosom fusioniert.
Listeria lysiert die Phagosom-Membran mithilfe von Phospholipase C, bevor das Phagosom mit
dem Lysosom fusioniert und gelangt mit Hilfe von actA in die nächste Zelle. In aktivierten
Makrophagen fusioniert das Lysosom mit dem Phagosom so schnell, dass das Bakterium schon
getötet wird, bevor es ausbrechen kann.
Die Migration von einer Zelle zur nächsten geschieht durch Einwachsen. Listeria gelangt via Zipper
und Internalin zuerst in die erste Zelle und wandert dann mit Hilfe eines Aktin-Kometen über eine
lange Membranausbuchtung, die in die nächste Zelle hineinragt, in diese und wächst so in die
nächste Zelle hinein. In der neuen Zelle angekommen hat das Bakterium nun eine doppelte
Membran um sich herum, diese Doppelmembran-Vakuole wird durch Lecithinase lysiert. So
gelangt Listeria in andere Zellen, ohne den Interzellulärraum zu passieren.
Die Aktin-Kometen bestehen aus vielen, zu einem langen Strang quervernetzten kurzen Aktinfilamenten. Das polymerisierende Ende ist zum Bakterium gerichtet (positives Ende). Die Polymerisation der Filamente findet an einer bestimmten Stelle auf der Oberfläche des Bakteriums statt.
Das Bakterium wird von den wachsenden Filamenten, die selbst stationär im Cytosol bleiben,
weggeschoben und somit fortbewegt. Das multifunktionelle Protein ActA initiiert die Aktin-Polymerisation. Es hat Sequenzhomologien zu Vinculin und Zyxin.
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Profilin rekrutiert Actinmonomere (Profilaktin), das ActA-Dimer verarbeitet die Monomere in das
wachsende Filament und schiebt somit die Zelle vorwärts. Die Quervernetzung wird mit α-Actinin
und Fimbrin erreicht, die Stabilisierung der Struktur über Cofilin.
Mycobacterium tuberculosis ist ein krummes Stäbchen, das resistent gegen Säure, Lauge und
Austrocknung ist. Die Zellwand enthält komplexe Glycolipide (Lipidoarabinomannan). Es vermehrt
sich in vitro extrem langsam (18-24 Stunden) und kann in Phagocyten überleben, indem es die
Fusion von Phagosom und Lysosom verhindert.
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Mycobacterium stoppt die phagosomale Reifung auf einer frühen Stufe. Phagosomen enthalten in
der Membran die GTPase Rab5. Mycobacterium hält die Ca2+-Konzentration gering, sodass
CaMKII und PI3K (durch Man-LAM inhibiert) nicht aquiriert werden können, die Vorraussetzung
für EEA1 (early endosomal antigen 1) ist. EEA1, ein Rab5-Effektor, ermöglicht die Rekrutierung
von Rab7, eine andere GTPase, aus Fusion mit einem weiteren Endosom, die schlussendlich die
Fusion mit dem Lysosom vermittelt.
(Nature Reviews Microbiology 2/2004, 189-202, doi:10.1038/nrmicro840)
Zusammenfassung der Interaktionen mit Phagocyten
Bakterium
Art der Interaktion
Mechanismus
Streptococcus pyogenes
Entdeckung durch Phagocyten verhindern,
Dem Umfließen widerstehen,
Phagocyten töten,
Chemotaxis der Neutrophilen verhindern
Hyaluronsäurekapsel,
M Protein an Fimbrien,
Streptolysin entleert Lysosomen,
Streptolysin chemotakt. Schreckstoff
Staphylococcus aureus
Opsonisierte Phagocytose verhindern,
Phagocyten töten,
Tötung durch Radikale widerstehen
Protein A blockiert Fc,
Polysaccharidkapsel (manche),
Leokocidin entleer Lysosomen,
Carotinoide, Catalase und SuperoxidDismutase detoxifizieren Radikale
Yersinia spp.
Phagocytose verhindern
Virulenzfaktoren sezerniert durch TTSS
Salmonella typhimurium
Phagocyten töten,
Überleben innerhalb von Phagocyten
Virulenzfaktoren (SPI-1) induzieren
Apoptose,
Resistenz gegen pH, ROS, Defensin (SPI-2)
Listeria monocytogenes
Dem Phagosom entkommen
Listeriolysin, Phospholipase-C lysieren die
Phagosomenmembran
Mycobacteria spp.
Tötung und Verdau widerstehen
Zellwandkomponenten detoxifizieren
aggressive Agentien,
Acidifizierung des Phagolysosoms verhindern
Wozu töten Invasoren Wirtszellen?
Parasit-Wirt-Interaktionen in Bezug auf Zelltod sind sehr komplex. Erfolgreiche Infektionen
erfordern ein sensibles Gleichgewicht an pro- und antiapoptotischen Strategien sowohl von Seiten
des Parasits als auch des Wirts.
Pathogene induzieren den Tod von Immunzellen, um die Abwehrmechanismen des Wirts zu
schwächen, das Töten von Phagocyten verhindert das Entfernen von Mikroben aus dem Gewebe.
Der Tod von epithelialen oder endothelialen Zellen ermöglicht das Eindringen in tiefere Gewebsschichten eines Organs und in den Blutkreislauf. Systemische Infektionen, Sepsis und septischer
Schock sind die Folge.
Andererseits inhibieren manche Mikroben den Zelltod für eine erfolgreiche Infektion. Für obligat
intrazelluläre Parasiten ist ein lebensfähiger Wirt überlebensnotwendig. Rickettsia rickettsii
verhindert Apoptose durch Stimulation des NF-κB-Pathways.
Apoptose – Selbstmordprogramm eukaryotischer Zellen
Apoptose ist ein morphologisch genau definierbarer Prozess, der essentiell für den korrekten Ablauf
der Organbildung sowie immunologischer Reaktionen ist. Es ist eine von vier Varianten des
programmierten Zelltods: Pyroptose, Apoptose, Oncose und Autophagie. Davon muss Necrose klar
abgegrenzt werden, da Necrose nicht vorprogrammiert ist.
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Apoptose geht von Zelle selbst aus, benötigt Energie und folgt einem genau definierten Ablauf:
Chromatin-Kompaktierung und Segregation, Konzentrierung des Cytoplasmas, Schrumpfen der
Zelle, Aufteilung (blobbing) in viele kleine Vesikel (apoptotic bodies), welche von Phagocyten
phagocytiert werden.
Während der Necrose kommt es zu Chromatin-Verklumpung, Anschwellen der Organellen,
Disintegration, Platzen der Zelle sowie Auflösung der Zellmembran und Freiwerden des
intrazellulären Inhalts, was eine inflammatorische Reaktion auslöst.
Cystein‐Aspartat Proteasen (CASPasen), eine Protease-Familie, sind die Effektormoleküle der
Apoptose. Cystein katalysiert im aktiven Zentrum die Proteolyse zwischen Aspartet und einer
Aminosäure X im Substrat. Caspasen liegen im Cytosol als Proenzym vor, man unterscheidet
Initiator- und Effektorcaspasen. Initiatorcaspasen spalten die Precursor der Effektorcaspasen und
aktivieren diese somit nach Kontakt mit zB mikrobiellen Produkten.
Caspasen wirken auch in der Entzündungsregulation: Caspase-1 spaltet pro-Interleukin-1 zu
aktivem Interleukin-1. Caspase-1 ist Effektormolekül der Pathogen-vermittelten Pyroptose und wird
beispielsweise von SipB und IpaB stimuliert. Caspase-1 schädigt die DNA, öffnet Poren in der
Membran, wodurch die Osmoregulation fällt, die Zelle schwillt an, platzt und gibt cytosolische
Komponenten frei.
Mikrobielle Abwehr von IgA
Sekretorische IgAs verhindern die Kolonisierung der Schleimhäute, sie prädominieren in den Körperflüssigkeiten, welche die Schleimhäute benetzen. Sie werden von Plasmazellen im subepithelialen Gewebe in großen Mengen (5‐15g/Tag) produziert.
Sekretorische IgAs enthalten eine sekretorische Komponente (J Kette), mit der sie während des
Transports durch die Epithelzellen der Schleimhäute als Dimer verbunden bleiben. IgA‐Dimere
binden an einen Poly-Ig‐Rezeptor auf der basolateralen Membran der Epithelzelle und werden
durch Rezeptor‐vermittelte Endocytose internalisiert. Der Rezeptor wird nach dem Transport zur
apikalen Membran enzymatisch gespalten, wodurch die sekretorische IgAs ins Lumen freigesetzt
werden können.
Neisseria gonorrhoe, ein gram-negativer Coccobacillus, besiedelt den Genitaltrakt. Es entgeht der
Erkennung durch IgA durch Änderung der Sequenz ihres Pilins mittels Genkonversion (unidirektionale Rekombination) und Synthese einer Protease, die die hinge-Domäne von IgA spaltet.
Bei der Genkonversion rekombiniert das aktuelle Pilin-Gen mit einer promotorlosen silent-Variante.
Streptococcus, gram-positiv, ändert die Sequenz des exponierten N-Terminus seines M-Proteins
durch Deletion, der C-Terminus zeigt wenig Variation.
Trypanosoma brucei, ein Protozoon und Ursache der Schlafkrankheit, stellt periodisch neue
Varianten seines umhüllenden Glykoproteins VSG (variable surface glycoprotein) mittels
Genduplikation und Translokation her. Es existieren viele VSG-Varianten im Genom und rund
jede Woche wird eine neue Variante in die expression site kopiert. Die Antikörperproduktion muss
von neuem anlaufen.
Der Influenza-Virus setzt auf sein hypervariables Haemagglutinin, bedingt durch Punktmutationen
induziert durch seine fehleranfällige RNA-abhängige Polymerase. So kommt es zum antigenic
drift. Wird eine Zelle von zwei Influenza-Stämmen gleichzeitig infiziert, kann zum reassortment,
also einer Neuverteilung der 8 ssRNA-Strängen, also der Genome, kommen. So variieren Antigene
noch stärker.
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Mikrobielle Interaktion mit dem Adaptiven Immunsystem
Mikroben haben sogar Wege gefunden, die T-Zell-vemittelte Immunantwort zu intervenieren.
CTLs (cytotoxic T cells) erkennen MHCI-Komplexe, die fast jede Körperzelle mit Zellkern auf ihrer
Oberfläche trägt. Wird eine somatische Zelle von einem Virus befallen, so exprimiert diese die
viralen Antigene auf dem MHCI-Komplex als Signal, getötet werden zu müssen, um der
Vermehrung des Virus vorzubeugen.
EBV, hCMV und HSV verhindern den Abbau endogener Antigene sowie die Assemblierung mit
dem MHCI.
Adenoviren und hCMV verhindern die MHCI-Synthese und seine Lokalisierung an der
Zellmembran, indem sie die Reifung im ER, Golgi-Apparat oder sekretorischem Vesikel aufhalten.
Daneben exprimiert mCMV ein MHCI-ähnliches Molekül, das kein Antigen bindet, um in einem
Decoy-Mechanismus die Anwesenheit viraler Antigene zu verschleiern.
Adenoviren und EBV exprimieren Apoptose-Inhibitoren, um im Wirt lange unerkannt zu bleiben.
Mikroben sind in der Lage, sich der Kommunikation mittels Cytokinen, lösliche Signale immunkompetenter Zellen, zu bedienen, um die Macrophagen-Aktivierung zu unterbinden Die relative
Konzentration von IL‐12 und IL‐4 in der Anfangsphase einer Infektion bestimmt die Reaktion des
Wirtes.
Inhibition der Makrophagen‐Aktivierung wird durch Eingriff in die Signaltransduktion erreicht, das
Ziel ist, die DTH (delayed type hypersensitivity) zu unterbinden:
•
•
•
EBV produziert ein Homolog des Cytokins IL‐10
Poxviren kodieren für Cytokinrezeptor‐Homologe (IFNγ, TNF-α, und IL‐1)
Bestandteile der Zellwand von Mycobakterien interferieren mit IFNγ
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7 – Friendly Fire
Pathogenese muss nicht immer von Invasoren ausgehen, eine unpassende Immunantwort kann
ebenfalls beträchtlichen Schaden anrichten: Lang anhaltende Entzündungsreaktion führt zu somatischem Zellschaden.
Die von Makrophagen produzierten Cytokine (TNF‐α, IL‐1, IL‐6, IL‐8 und PAF) dienen zur
Verteidigung des Wirts und zur Zerstörung des Mikroorganismus, (Entzündungsreaktion, Fieber,
Immunantwort und Phagocytose). Die massive Freisetzung von LPS kann wiederum ein
Überschiessen dieser Antwort verursachen, mit schweren Folgen für den Wirt (ARDS Acute
respiratory disease syndrom; DIC disseminated intravascular clotting; MOSF multiple organ
system failure).
Eine ernste Gefahr geht vom molecular mimicry seitens der Mikroben aus. Diese Taktik
vermindert die Immunantwort vielleicht nicht, macht aber auch wirtspezifische Strukturen zum
Ziel. Ein Beispiel sind rheumatische Herzerkrankungen in Folge einer Streptokokken-Infektion,
verursacht durch Antikörper gegen Meromyosin, die eine Kreuzreaktion auslösen.
Die Immunantwort auf Superantigene schadet dem Körper mehr als es für ihn Vorteile bringt.
Eine DTH-Reaktion baut sich in zwei Phasen auf, der sensitization phase und der effector phase. In
der ersten Phase, werden TDTH-Zellen, meistens TH1-Zellen oder manchmal CD8+-Zellen, durch APC
wie Macrophagen und Langerhans-Zellen stimuliert. Aktivierte TDTH-Zellen schütten IFNγ und
TNF‐α aus und mobilisieren ruhende Macrophagen, die daraufhin MHCII- und TNF-Rezeptoren
exprimieren sowie Sauerstoffradikale und Stickoxide produzieren.
Zwei Pathogene, die eine DTH-Reaktion hervorrufen, sind Mycobacterium tuberculosis und Mycobacterium leprae. Bei einer Tuberkulose siedeln sich Bakterien in der Lunge an und können auch
in Phagosomen von Macrophagen überleben und sich dort ungestört vermehren. Schließlich stirbt
der Macrophagen, freigesetzte Bakterien werden durch andere Macrophagen aufgenommen.
Infizierte Macrophagen produzieren Cytokine, die andere Phagocyten wie Monocyten, Macrophagen und Neutrophile anlocken. Es kommt zur Bildung eines Granuloms (klassische Tuberkuloseläsion).
In Granulomen werden Mycobakterien von Macrophagen und TDTH-Zellen umstellt, um einer
weiteren Ausbreitung vorzubeugen. In der Mitte befindet sich nekrotisierendes Gewebe, rundherum
aktivierte Macrophagen sowie TDTH-Zellen.
In 90% der Fälle heilen die Granulomen aus und verkalken, in 10% der Fälle wird die Infektion
chronisch oder die Granulomen reißen auf, die Bakterien verbreiten sich im Wirt und es kommt zur
extrapulmonaren Tuberkulose.
Lepra-Patienten zeigen zwei unterschiedliche Krankheitsbilder. Bei Lepra tuberculoides verursacht
eine starke zelluläre Antwort gegen infizierte Macrophagen die Bildung von Granulomen bei
niedriger Anzahl von Mycobakterien. Gute Überlebenschance, beträchtliche Haut- und Nervenschäden. Lepra lepromatosa wird mit einer starken humoralen Immunantwort bekämpft, die
zelluläre Immunantwort ist eher schwach, die Folge ist Hypergammaglobulinämie und geringe
Granuloma-Bildung. Horrende Populationen von Bakterien entgehen den humoralen Antikörpern,
weil sie sich im Inneren der Macrophagen aufhalten. Schlechte Überlebensprognose, Veränderung
von Knochen und Knorpeln, extensive Nervenschäden.
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8 – Übungsfragen
Was sind Pathogene?
Wie entwickeln sich Biofilme am Beispiel von Pseudomonas?
Durch welche Interaktion kann E.coli Pyelonephritis hervorrufen?
Wie gelangen invasive Bakterien in Wirtszellen am Beispiel Salmonella?
Was sind Neurotoxine und wie wirken Neurotoxine aus Clostridium?
In welchen Kreislauf sind GEFs und GAPs involviert, wie funktioniert er, was bewirkt er?
Auf welche Weise wirken BoNT und TeNT?
Welchen Vorteil ziehen Pathogene aus der Regulierung des cAMP-Spiegels, wie machen sie das?
Vergleiche die Eigenschaften von Endo- und Exotoxinen!
Wie bringen Superantigene das Immunsystem aus dem Gleichgewicht?
Wie reagiert das Immunsystem auf Endotoxine?
Wie und wodurch wird das Komplementsystem aktiviert?
Welche bakteriellen Spezies setzen welche Strategien ein, um der Phagocytose zu entgehen?
Wie interagieren Mikroben mit der adaptiven Immunantwort?
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9 – Quellen
1→
War and peace at mucosal surfaces
doi:10.1038/nri1499
http://www.nature.com/nri/journal/v4/n12/full/nri1499.html
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intervention (2008)
doi:10.1038/nrmicro1889
http://www.nature.com/nrmicro/journal/v6/n5/full/nrmicro1889.html
The race between infection and immunity: how do pathogens set the pace? (2009)
doi:10.1016/j.it.2008.11.001
http://www.cell.com/trends/immunology/fulltext/S1471-4906(08)00273-1
Is HIV-1 evolving to a less virulent form in humans? (2007)
doi:10.1038/nrmicro1594
http://www.nature.com/nrmicro/journal/v5/n2/full/nrmicro1594.html
2→
Bacterial Biofilms: A Common Cause of Persistent Infections (1999)
doi:10.1126/science.284.5418.1318
http://www.sciencemag.org/cgi/reprint/284/5418/1318.pdf
Bacterial Adhesins in Host‐Microbe Interactions (2009)
doi:10.1016/j.chom.2009.05.011
http://linkinghub.elsevier.com/retrieve/pii/S1931312809001784
The developmental model of microbial biofilms: ten years of a paradigm up for review
doi:10.1016/j.tim.2008.11.001
http://www.cell.com/trends/microbiology/fulltext/S0966-842X(09)00005-5
3→
Bacterial Invasion: The Paradigms of Enteroinvasive Pathogens
doi:10.1126/science.1090124
http://www.sciencemag.org/cgi/content/full/304/5668/242
Salmonellae interplay with host cells
doi:10.1038/nrmicro1788
http://www.nature.com/nrmicro/journal/v6/n1/full/nrmicro1788.html
Regulation of actin cytoskeleton dynamics by Arf-family GTPases
doi:10.1016/j.tcb.2008.02.002
http://www.cell.com/trends/cell-biology/fulltext/S0962-8924(08)00069-X
Bacterial Guanine Nucleotide Exchange Factors SopE-Like and WxxxE Effectors
doi:10.1128/IAI.01250-09
http://iai.asm.org/cgi/content/full/78/4/1417
Structural insights into host GTPase isoform selection by a family of bacterial GEF mimics
doi:10.1038/nsmb.1647
http://www.nature.com/nsmb/journal/v16/n8/full/nsmb.1647.html
- 39 -
Genetics and Assembly Line Enzymology of Siderophore Biosynthesis in Bacteria
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http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC120789/
4→
The journey of tetanus and botulinum neurotoxins in neurons (2003)
doi:10.1016/S0966-842X(03)00210-5
http://linkinghub.elsevier.com/retrieve/pii/S0966842X03002105
Botulinum neurotoxin B recognizes its protein receptor with high affinity and specificity (2006)
doi:10.1038/nature05387
http://www.nature.com/nature/journal/v444/n7122/full/nature05387.html
5→
The Complement System
doi: http://www.profelis.org/amc/vorlesungen/immunologie/komplementsystem.html
Human complement component 5 (C5)
http://www.bio.davidson.edu/COURSES/Immunology/Students/spring2006/Fiser/C5.html
6→
Inflammasome adaptors and sensors: intracellular regulators of infection and inflammation
doi:10.1038/nri1997
http://www.nature.com/nri/journal/v7/n1/full/nri1997.html
Interplay between mycobacteria and host signalling pathways
doi:10.1038/nrmicro840
http://www.nature.com/nrmicro/journal/v2/n3/full/nrmicro840.html
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Delayed Type Hypersensitivity: Current Theories with an Historic Perspective
doi: http://dermatology.cdlib.org/DOJvol5num1/reviews/black.html
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