salus klinik Friedrichsd orf Depressive Patienten in der stationären Entwöhnungsbehandlung Dr. Dietmar Kramer salus klinik Friedrichsdorf Worum es gehen soll… • Komorbidität Alkoholabhängigkeit – depressive Störung • Komorbid depressive Patienten in der salus klinik • Diagnostik • Beschreibung des Klientels • Therapie und Verlauf • Ergebnisse • Fazit Das Henne – Ei - Problem Komorbidität von Alkoholabhängigkeit und Depression 1. Der Alkoholkonsum kann während primär affektiver Erkrankungen exazerbieren. 2. Alkoholkonsum kann kurzfristige depressive Verstimmungen triggern (Kater). 3. Nach längerem, exzessivem Trinken können depressive Syndrome auftreten. 4. Manche Patienten leiden sowohl an einer affektiven als auch an einer Suchterkrankung. Nach Schuckit, 1986 Komorbidität von Alkoholabhängigkeit und Depression - Häufigkeit Häufigkeit depressiver Symptome bei Alkoholikern: 3 bis 98 % Prävalenzraten werden meist zwischen 30 und 60 % genannt. Primäre depressive Symptome: Prävalenzraten von 2 und 12 % Sekundär depressive Symptome: Prävalenzraten von 12 bis 51%. Soyka, Lieb; 2004 Komorbide psychische Störungen in der stationären Entwöhnung Basisdokumentation FVS: 45,2% der Männer und 54,9% der Frauen weisen eine komorbide FDiagnose auf. (Bachmeier 2012) Depressive Störung (F32, F33, F34.1) bei 25,1% der Patienten. (Weissinger et al., 2013) Mögliche Ursachen sekundär depressiver Symptome • • • • • Toxisch (primäre, direkte Alkoholwirkung) Folge des Alkoholentzugs (Dysbalance der Neurotransmittersysteme) Durch länger dauernden Alkoholkonsum verursachte hirnorganische Störung Traumatisierungen (Schädelhirntrauma) Reaktion auf psychosoziale Probleme (Führerscheinverlust, Arbeitsverlust, Partnerschaftsproblematik…) Beschreibung des Klientels, salus klinik Friedrichsdorf Klientel: Entlassjahrgänge 2010 und 2011 Gesamt: Hauptdiagnosen: F10 F12 F13 F19 andere Alkohol Cannabis Sedativa Multiple Subst. 2002 Patienten (100%) 87,5% 3,0% 2,6% 4,4% 2,5% Davon mit Nebendiagnose „Depression“ 583 Patienten (29,1%) ICD‐10: F31 bipolare affektive Störung F32 depressive Episode F33 rezidivierende depressive Störung F34.1 Dysthymia F43.20 Anpassungsstörung, kurze depressive Reaktion F43.21 Anpassungsstörung, längere depressive Reaktion F43.22 Anpassungsstörung, Angst und depr. Reaktion gemischt Diagnosestellung Primäre depressive Erkrankung: Diagnosestellung nur in alkoholfreien Episoden möglich Diagnosestellung nur anamnestisch möglich Evt. muß weiterer Verlauf abgewartet werden Sekundäre depressive Erkrankung: Werden in der Regel nicht diagnostiziert. Der Verlauf wird abgewartet. Ausnahmen: auch unter mehrmonatiger Abstinenz anhaltende depressive Symptomatik Beschreibung des Klientels (Entlassjahrgänge 2010 und 2011; n=2002) Ohne Depression n=1419 Mit Depression n=583 Alkohol 86,5 89,7 Cannabis 3,5 1,9 Sedativa 1,9 4,5 Multiple Substanzen 5,4 2,1 Hauptdiagnose (%) ** Chi‐Quadrat – Test; * = p <0.05; ** = p < 0,01 Beschreibung des Klientels (Entlassjahrgänge 2010 und 2011; n=2002) Ohne Depression n=1419 Mit Depression n=583 Alter (Jahre) 45,2 47,9 Weiblich (%)** 37,3 53,3 Ledig 40,5 32,9 Verheiratet 23,9 25,7 Geschieden 24,7 29,0 Getrennt 8,3 7,4 Verwitwet 2,5 5,0 Familienstand (%):* Chi‐Quadrat – Test; * = p <0.05; ** = p < 0,01 Beschreibung des Klientels (Entlassjahrgänge 2010 und 2011; n=2002) Ohne Depression n=1419 Mit Depression n=583 Hochschulabschluß 2,1 3,9 Abitur 26,1 29,3 Realschule 35,9 34,9 Hauptschule 31,5 28,0 Arbeitslosigkeit (%)* 46,8 40,1 Arbeitsunfähigkeit bei Aufnahme (%)** 48,2 61,1 Arbeitsunfähigkeit > 6 Monate (%)** 21,0 34,6 Schulbildung (%):* Chi‐Quadrat – Test; * = p <0.05; ** = p < 0,01 Zentrale Module der Depressionsbehandlung Hilfe zur Selbsthilfe Psychotherapie Psychoedukation Identifizierung und kognitive Umstrukturierung dysfunktionaler Gedanken Entwicklung selbstwertfördernder Denkmuster Einzel‐ und Gruppentherapie IG Depression Aktivitätsplanung Tagesstrukturierung Medikation Unterbrechung der „Depressionsspirale“ Antidepressiva Prophylaxe Antipsychotika Sporttherapie, Ergotherapie, Genussgruppe, Freizeitgestaltung ….. Diagnostik Verlauf Ohne Depression (n=1419) Mit Depression (n=583) Behandlungsdauer (Tage)** 78,4 84,0 Teilnahme an der IG Depression (%)** 28,8 71,2 Sportteilnahme (Anzahl KTL/Reha) 30,8 32,6 Reguläre Entlassung (%) 83,5 84,7 Chi‐Quadrat – Test; * = p <0.05; ** = p < 0,01 T‐Test; * = p <0.05; ** = p < 0,01 Verlauf Ohne Depression (n=1419) Mit Depression (n=583) Antidepressiva (bei Aufnahme)** 361 25,4% 433 74,3% Antidepressiva (bei Entlassung)** 193 13,6% 395 67,8% Chi‐Quadrat – Test; * = p <0.05; ** = p < 0,01 39,7% aller aufgenommenen Patienten sind auf Antidepressiva eingestellt (bei Entlassung 29,4%) Ergebnis ADS bei Entlassung* Ohne Depression n=1419 Mit Depression n=583 10,9 14,1 15,9 21,0 17,4 28,6 48,2 61,1 Allgemeine Depressions‐Skala bei Aufnahme** Arbeitsunfähigkeit bei Entlassung (%)* bei Aufnahme** Chi‐Quadrat – Test; * = p <0.05; ** = p < 0,01 T‐Test; * = p <0.05; ** = p < 0,01 Ergebnis Ohne Depression n=1362 Mit Depression n=544 > 6 Std 89,9 82,9 3‐ unter 6 Std 0,5 1,5 < 3 Std 9,5 15,6 > 6 Std 94,0 89,6 3‐ unter 6 Std 0,5 1,3 < 3 Std 5,5 9,1 Leistungsfähigkeit ** letzte berufliche Tätigkeit Leistungsfähigkeit ** allgemeiner Arbeitsmarkt Chi‐Quadrat – Test; * = p <0.05; ** = p < 0,01 T‐Test; * = p <0.05; ** = p < 0,01 Katamnesen Ohne Depression (n=1419) Mit Depression (n=583) Antworter * 58,5% 64,2% Erfolgsquote nach DGSS1 76,7% 76,5% Erfolgsquote nach DGSS4 43,1% 46,9% Chi‐Quadrat – Test; * = p <0.05; ** = p < 0,01 Fazit • Die Diagnose einer komorbiden depressiven Störung sollte sehr genau überprüft werden • Auch bei konservativer Diagnosestellung finden sich bei 29,1% der Patienten komorbide depressive Syndrome • Patienten mit komorbiden depressiven Syndromen sind häufiger weiblich, leben oder lebten häufiger in Beziehungen, sind höher gebildet, sind häufiger im Besitz eines Arbeitsplatzes, sind aber häufiger krank geschrieben. • Die Indikation für eine antidepressive Medikation sollte sehr genau überprüft werden. Kein Antidepressivum bei reversiblen sekundären depressiven Syndromen. • Patienten mit einer komorbiden depressiven Störung haben genau so gute Katamneseergebnisse wie Patienten ohne diese Komorbidität. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!