1.5 kompaktheit und zusammenhang 1.5.1 kompakte topologische r

Werbung
1.5 KOMPAKTHEIT UND ZUSAMMENHANG
1.5.1 KOMPAKTE TOPOLOGISCHE RÄUME
Viele wichtige Aussagen der ANALYSIS I ergaben sich aus der Tatsache, daß jede Folge
in IR einen Berührpunkt besitzt (Bolzano-Weierstraß-Eigenschaft) bzw. eine konvergente
Teilfolge besitzt (Folgenkompaktheit).
In einem beliebigen topologischen oder auch metrischen Raum sind die entsprechenden Aussagen im allgemeinen nicht richtig, jedoch haben hinreichend viele interessante Räume in
der Analysis diese Eigenschaften, so daß ein Studium dieser Konzepte notwendig ist.
Im folgenden sei X ein topologischer Raum mit dem Umgebungssystem U = (Ux )x∈X . Das
zugehörige System der offenen Mengen sei mit O bezeichnet.
Die meisten der folgenden Aussagen beziehen sich auf einen metrischen Raum X.
(1) DEFINITION, SATZ:
(i) Es bezeichne
[FK]
∞
∞
∀ (xn )∞
n=0 Folge in X ∃ (yn )n=0 konvergente Teilfolge von (xn )n=0
[BWE]
∞
∀ (xn )∞
n=0 Folge in X ∃ x ∈ X : x Berührpunkt von (xn )n=0
[CDE]
∀ (An )∞
n=0 mit ∅ 6= An abgeschlossen in X und An+1 ⊂ An gilt
[aK]
∀ (On )∞
n=0 mit On ∈ O und
∞
[
On = X ∃ N ∈ IN mit
n=0
N
[
∞
\
An 6= ∅
n=0
On = X .
n=0
Die Eigenschaft [FK] wird als Folgenkompaktheit, [BWE] als Bolzano-Weierstraß-Eigenschaft,
[CDE] als Cantorsche Durchschnittseigenschaft und schließlich [aK] als abzählbare Kompaktheit von X bezeichnet. Hat X die Eigenschaft [FK] bzw. [aK], so heißt X ”folgenkompakter”
bzw. ”abzählbar kompakter” topologischer Raum.
(ii) In einem beliebigen topologischen Raum X gilt
[FK] ⇒ [BWE] ⇔ [CDE] ⇔ [aK].
Erfüllt X das erste Abzählbarkeitsaxiom, so gilt bekanntlich [BWE] ⇒ [FK], so daß hier
alle vier Begriffe äquivalent sind. Das trifft insbesondere für einen metrischen Raum zu.
Die Eigenschaft [aK] ist verallgemeinerungsfähig. Wir wollen im folgenden eine Verschärfung
dieser Eigenschaft untersuchen.
1
(2) DEFINITION:
[
(i) Ein Mengensystem M ⊂ IP(X), bzw. M ⊂ O mit
M = X wird als ”Überdeckung”,
M ∈M
bzw. als ”offene Überdeckung” von X bezeichnet.
Ein Teilsystem M0 ⊂ M, das ebenfalls Überdeckung von X ist, bezeichnet man als ”Teilüberdeckung”.
(ii) Man bezeichnet einen topologischen Raum mit der Eigenschaft
[K]
∀ M ⊂ O mit
[
M =X
∃ M0 ⊂ M mit M0 endlich und
[
M =X
M ∈M0
M ∈M
als ”kompakt” bzw. als ”kompakten topologischen Raum”. [K] bezeichnet man auch als
Heine-Borel-Eigenschaft.
Die Eigenschaft [K] besagt, daß jede offene Überdeckung von X eine endliche Teilüberdeckung
besitzt. [aK] besagt dagegen nur, daß jede abzählbare offene Überdeckung von X eine
endliche Teilüberdeckung besitzt. Damit gilt offenbar:
[K] ⇒ [aK]. Wir zeigen:
(3) SATZ: Für einen metrischen Raum X ist die Kompaktheit [K] äquivalent zur Folgenkompaktheit [FK] und damit auch zu den übrigen Eigenschaften [BWE], [CDE] und [aK].
Nach der Vorbemerkung genügt es, [aK] ⇒ [K] zu zeigen. Der Beweis erfolgt in mehreren
Schritten.
(4) SATZ, DEFINITION: Ist X abzählbar-kompakter metrischer Raum, so gilt
[TB]
[
∀ ε > 0 ∃ M ⊂ X mit M endlich und
Kε (a) = X.
a∈M
Man bezeichnet einen metrischen Raum X mit der Eigenschaft [TB] als totalbeschränkt.
Offenbar ist jeder totalbeschränkte metrische Raum beschränkt:
∀ a ∈ X ∃ r > 0 mit X ⊂ Kr (a) .
(5) SATZ, DEFINITION: Ist X totalbeschränkter metrischer Raum, so gilt
[S]
∃ M ⊂ X mit M abzählbar und M dicht in X, (d.h. Bp(M ) = X).
Man bezeichnet einen topologischen Raum X mit der Eigenschaft [S] als ”separabel”.
(6) SATZ (LINDELÖFSCHER ÜBERDECKUNGSSATZ):
Es sei X ein separabler metrischer Raum. Dann gilt:
∀ M ⊂ O mit
[
M = X ∃ M0 ⊂ M mit M0 abzählbar und
[
M = X,
M ∈M0
M ∈M
d.h.: Jede offene Überdeckung von X besitzt eine abzählbare Teilüberdeckung.
2
Für metrische Räume ergibt sich aus den bisherigen Überlegungen auch ein Zusammenhang
zwischen Kompaktheit und Vollständigkeit.
(7) SATZ: Für einen metrischen Raum X gilt
X kompakt ⇔ Xtotalbeschränkt und vollständig .
Aus ANALYSIS I ist bekannt, daß IR folgenkompakt ist und damit sämtiche oben diskutierten Eigenschaften für IR gelten.
Wir diskutieren nun die Situation für Teilräume.
(8) DEFINITION, BEMERKUNG. Es sei Y ⊂ X.
(i) Y heißt kompakt, folgenkompakt, abzählbar kompakt, beschränkt, totalbeschränkt, separabel etc. genau dann, wenn Y als Teilraum von X die entsprechende Eigenschaft besitzt.
(ii) Mit der Darstellung der offenen Mengen in Y folgt insbesondere
Y kompakt ⇔ ∀ M ⊂ O mit Y ⊂
[
M
M ∈M
[
∃ M0 ⊂ M mit M0 endlich und Y ⊂
M.
M ∈M0
(iii) Es gilt
XHausdorff-Raum , Y kompakt ⇒ Y abgeschlossen
X kompakt, Y abgeschlossen
⇒ Y kompakt.
Mit der Kompaktheit von IR folgt aus (8), daß für a, b ∈ IR die abgeschlossenen Intervalle [a, b]
kompakt sind. Da IR als Teilmenge von IR nicht abgeschlossen ist, ist IR dementsprechend
nicht kompakt.
Als nächstes diskutieren wir die Situation für Produkträume.
(9) SATZ: Es seien Xi , (i = 1, . . . , n) kompakte metrische Räume.
n
Dann ist auch der entsprechende Produktraum
×X
i=1
i
kompakt.
Nach (9) ist insbesondere für ai , bi ∈ IR mit ai ≤ bi , (i = 1, . . . , n) der abeschlossene Quader
n
IRn ⊃
× [a , b ]
i=1
i
i
kompakt.
Hieraus und mit (8) folgt der wichtige
(10) SATZ: Es seien n ∈ IN∗ und IK = IR oder IK = C
I . Dann gilt für Y ⊂ IKn
Y kompakt ⇔ Y beschränkt und abgeschlossen .
3
Wir untersuchen nun die Kompaktheit in Zusammenhang mit stetigen Abbildungen. Dazu
sei neben X ein weiterer topologischer Raum Y gegeben.
(11) SATZ:
Es seien X und Y topologische Räume und f : X ⊃ Df → Y stetig .
(i) Ist Df kompakt, so ist auch Wf kompakt
(und folglich im Fall, daß Y Hausdorff-Raum ist, auch abgeschlossen).
(ii) Insbesondere gilt im Falle ∅ 6= Df kompakt und Y = IR
∃ x1 , x2 ∈ Df : f (x1 ) = inf Wf , f (x2 ) = sup Wf .
In (11) (i) kann man natürlich Df durch eine beliebige kompakte Menge M ⊂ Df ersetzen
und erhält dann die Kompaktheit von f (M ).
(12) SATZ:
Es seien X und Y topologische Räume und f : X ⊃ Df → Y stetig und injektiv.
Ist Df kompakt, so ist die Umkehrfunktion
f −1 : Y ⊃ Df −1 = Wf → X stetig .
Aus (12) und 1.3.1 (12) (iv) folgt
(13) KOROLAR:
Es seien n ∈ IN∗ und Y normierter Vektorraum über IK = IR oder IK = C
I . Dann gilt:
Jede lineare bijektive Abbildung f : IKn → Y ist ein Isomorphismus.
Hiermit folgt unmittelbar
(14) SATZ: Es sei X endlich-dimensionaler normierter Vektorraum über IK = IR oder IK = C
I
mit dim X =: n ∈ IN∗ . Dann gilt:
(i) X ist isomorph zu IKn ; damit ist X ein B-Raum.
(ii) Jede lineare Abbildung f : X → Y in einen normierten Vektorraum Y ist stetig.
Ist f zudem bijektiv, so ist f ein (topologischer) Isomorphismus.
(iii) Je zwei Normen auf X sind äquivalent.
Schließlich zeigen wir noch den wichtigen
(15) SATZ:
Es seien X und Y metrische Räume und f : X ⊃ Df → Y stetig. Dann gilt:
Ist Df kompakt, so ist sogar f gleichmäßig stetig.
4
1.5.2 ZUSAMMENHANG
Es sei X ein topologischer Raum mit dem Umgebungssystem U = (Ux )x∈X .
Das zugehörige System der offenen Mengen sei mit O bezeichnet.
(16) DEFINITION, BEMERKUNG:
(i) Man definiert bzw. hat
X zusammenhängend (zshd)
:⇐⇒ ∀ M1 , M2 ∈ O mit M1 ∪ M2 = X und M1 ∩ M2 = ∅ ⇒ M1 = ∅ oder M2 = ∅
⇐⇒ ∀ M1 , M2 abgeschlossen in X mit M1 ∪ M2 = X und M1 ∩ M2 = ∅
⇒ M1 = ∅ oder M2 = ∅
⇐⇒ ∀ M ⊂ X mit M offen und abgeschlossen ⇒ M = ∅ oder M = X .
(ii) Man bezeichnet eine Teilmenge Y ⊂ X als zusammenhängend, wenn Y als Teilraum von
X zusammenhängend ist.
Mit der Darstellung der offenen bzw. abgeschlossenen Mengen in Y folgt:
Y zusammenhängend (zshd)
⇐⇒ ∀ M1 , M2 ∈ O ( bzw. abgeschlossen in X) mit Y ⊂ M1 ∪ M2 und Y ∩ M1 ∩ M2 = ∅
⇒ Y ∩ M1 = ∅ oder Y ∩ M2 = ∅ .
(17) BEMERKUNG: Für Y ⊂ IR gilt: Y zusammenhängend ⇔ Y Intervall.
Es sei nun noch ein weiterer topologischer Raum Y gegeben. Eine Verallgemeinerung des
Zwischenwertsatzes ist
(18) SATZ: Es sei f : X ⊃ Df → Y stetig.
Ist dann Df zusammenhängend, so ist auch Wf zusammenhängend.
Im Fall Y = IR ist damit insbesondere Wf ein Intervall.
(19) DEFINITION, BEMERKUNG:
(i) X heißt kurvenzusammenhängend, falls
∀ a, b ∈ X ∃ ϕ : [0, 1] → X stetig mit ϕ(0) = a, ϕ(1) = b.
Eine Funktion ϕ mit diesen Eigenschaften wird als stetige Kurve in X bezeichnet.
(ii) Ist X kurvenzusammenhängend, so ist X auch zusammenhängend.
(20) DEFINITION, BEMERKUNG: Es sei X normierter Vektorraum und Y ⊂ X.
(i) Y heißt konvex ⇐⇒ ∀ a , b ∈ Y ∀ t ∈ [0, 1] : a + t (b − a) ∈ Y .
(ii) Ist Y konvex, so ist Y kurvenzusammenhängend und damit zusammenhängend.
5
Herunterladen