§3 Topologische Gruppen

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Lie Gruppen, SS 2010
Mittwoch 26.05
$Id: topgr.tex,v 1.5 2010/06/08 12:21:29 hk Exp hk $
§3
Topologische Gruppen
Wir beweisen jetzt einige Aussagen, die sich durch recht direkte Anwendungen des
Zusammenhangbegriffs im Kontext topologischer Gruppen ergeben. Wir beginnen mit
einer Aussage über zentrale Normalteiler, und für diese benötigen wir noch eine kleine
Definition.
Definition 3.15: Ein topologischer Raum X heißt total unzusammenhängend, wenn
jede Zusammenhangskomponente von X einelementig ist.
Äquivalent hierzu ist offenbar das für jede zusammenhängende Teilmenge C ⊆ X stets
|C| ≤ 1 ist.
Lemma 3.12 (Total unzusammenhängende Normalteiler)
Sei G eine zusammenhängende topologische Gruppe. Dann gelten:
(a) Jede Konjugiertenklasse von G ist zusammenhängend.
(b) Ist N G ein total unzusammenhängender Normalteiler, so gilt N ⊆ Z(G).
Beweis: (a) Sei a ∈ G. Dann ist die Abbildung f : G → G; x 7→ ax = x−1 ax stetig,
und die Konjugiertenklasse aG = f (G) ist als stetiges Bild eines zusammenhängenden
Raums wieder zusammenhängend.
(b) Sei a ∈ N . Nach (a) ist die Konjugiertenklasse aG ⊆ G zusammenhängend und
wegen N G ist aG ⊆ N . Da N total unzusammenhängend ist, ist aG = {a}, d.h. es
ist x−1 ax = a für alle x ∈ G. Dies zeigt a ∈ Z(G) und somit ist N ⊆ Z(G).
Das eben bewiesene Lemma ist bereits in erstaunlich vielen Situationen nützlich. Wir
wollen es jetzt einmal dazu verwenden eine schon recht erstaunliche Eigenschaft der
Torusgruppen zu beweisen.
Lemma 3.13 (Torusgruppen als Normalteiler)
Seien G eine zusammenhängende, hausdorffsche topologische Gruppe und N G ein
Normalteiler mit N ' T n für ein n ∈ N. Dann ist N ⊆ Z(G).
Beweis: Da N insbesondere abelsch ist, bilden die
N eine Untergruppe T := {a ∈ N |∃(n ∈ N) : an
untergruppe von N . Wir behaupten, dass T total
in N ist. Nach unserer Voraussetzung gibt es ein
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Elemente endlicher Ordnung in
= 1}, die sogenannte Torsionsunzusammenhängend und dicht
n ∈ N mit N ' T n und wir
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wissen bereits, dass auch T n ' Rn /Zn ist. Ist f : Rn /Zn → N ein Isomorphismus topologischer Gruppen, so ist f −1 (T ) die Torsionsuntegruppe von Rn /Zn . Es
reicht zu zeigen, dass f −1 (T ) total unzusammenhängend und dicht in Rn /Zn ist, denn
dann ist auch der zu f −1 (T ) homöomorphe Raum T total unzusammenhängend mit
T = f (Rn /Zn ) = f (f −1 (T )) ⊆ f (f −1 (T )) = T , wobei der Abschluß auf der rechten
Seite in N gebildet wird.
Die Torsionsuntergruppe von Rn /Zn können wir jetzt explizit bestimmen
f −1 (T ) =
=
=
=
{a ∈ Rn /Zn |∃(q ∈ N) : qa = 0}
{u + Zn |u ∈ Rn , ∃(q ∈ N) : qu ∈ Zn }
{u + Zn |u ∈ Qn }
Qn /Zn .
Diese Menge ist total unzusammenhängend. Sei nämlich u ∈ Qn gegeben und bezeichne
C ⊆ Qn /Zn die Zusammenhangskomponente mit u + Zn ∈ C. Angenommen es wäre
|C| > 1, d.h. es gibt ein q ∈ Qn mit q − u ∈
/ Zn und q + Zn ∈ C. Dann existiert
ein 1 ≤ j ≤ n mit qj − uj ∈
/ Z und weiter existiert auch ein 0 < < 1/8 mit
(uj − , uj + ) ∩ (qj + Z) = ∅. Für jedes 1 ≤ i ≤ n gibt es dann irrationale Zahlen αi , βi
mit
ui − < αi < ui < βi < ui + ,
Q
und wir betrachten die Menge U := ni=1 (αi , βi ) ∩ Q ⊆ Qn . Ist p : Rn → Rn /Zn die
Projektion, so erhalten wir p(U ) ⊆ Qn /Zn mit u+Zn ∈ p(U ). Wir behaupten
Qn jetzt, dass
n
n
p(U ) offen und abgeschlossen in Q /Z ist. Zunächst ist die Menge V := i=1 (αi , βi ) ⊆
Rn offen, also ist auch p(V ) ⊆ Rn /Zn offen. Es gilt p(U ) ⊆ p(V ) ∩ (Qn /Zn ). Ist
umgekehrt v ∈ Qn mit p(v) ∈ p(V ), so existieren x ∈ V und w ∈ Zn mit v = x+w, also
ist x = v − w ∈ V ∩ Qn = U und p(v) = p(x) ∈ p(U ). Damit ist p(U ) = p(V ) ∩ (Qn /Zn )
offen in Qn /Zn .
Q
Jetzt betrachten wir die Menge V := ni=1 [αi , βi ] ⊆ Rn . Da αi , βi für alle 1 ≤ i ≤ n
irrational sind, folgt analog zu oben p(U ) = p(V ) ∩ (Qn /Zn ). Weiter ist
"
#
n
Y
[
p−1 (p(v)) = V + Zn =
[αi + k, βi + k]
i=1
k∈Z
abgeschlossen im Rn , also ist p(V ) ⊆ Rn /Zn abgeschlossen, und damit ist auch p(U )
abgeschlossen in Qn /Zn . Damit ist p(U ) eine in Qn /Zn zugleich offene une abgeschlossene Menge, und es folgt C ⊆ p(U ). Nach Wahl von ist aber q + Zn ∈
/ p(U ) im
n
n
Widerspruch zu q + Z ∈ C. Dieser Widerspruch zeigt C = {u + Z }, und damit ist
Qn /Zn total unzusammenhängend.
Weiter ist Qn /Zn auch dicht in Rn /Zn , denn Qn ist dicht in Rn , und die Stetigkeit
von p ergibt somit auch
Rn /Zn = p(Qn ) ⊆ p(Qn ) = Qn /Zn .
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Wie schon bemerkt, ist somit auch T total unzusammenhängend und dicht in N . Weiter
ist auch T G ein Normalteiler von G. Ist nämlich a ∈ G, so ist N a = N und für
jedes x ∈ T ist damit xa ∈ N von endlicher Ordnung, also xa ∈ T , und wir haben
T a ⊆ T . Mit Lemma 12 folgt T ⊆ Z(G). Da das Zentrum Z(G) von G nach Lemma
10 abgeschlossen in G ist, ist damit auch N ⊆ T ⊆ Z(G) = Z(G).
Wir wollen jetzt noch eine weitere wichtige Eigenschaft zusammenhängender Gruppen
herleiten, dass nämlich echte Untergruppen stets leeres Inneres haben.
Lemma 3.14: Sei G eine topologische Gruppe.
(a) Ist H ≤ G eine offene Untergruppe, so ist H ⊆ G auch abgeschlossen in G.
(b) Ist H ≤ G eine Untergruppe mit H ◦ 6= ∅, so ist H ⊆ G offen und abgeschlossen.
(c) Ist G zusammenhängend und H < G eine echte Untergruppe, so gilt H ◦ = ∅.
Beweis: (a) Das Komplement von H in G ist die Vereinigung der von H verschiedenen Rechtsnebenklassen von H, d.h. G\H = H · (G\H) ist offen in G. Damit ist H
abgeschlossen in G.
(b) Zunächst ist H = H · H ◦ offen in G, und nach (a) ist H auch abgeschlossen in G.
(c) Wir zeigen die Kontraposition, so also H ≤ G eine Untergruppe mit H ◦ 6= ∅. Ist
H ◦ 6= ∅, so ist H 6= ∅ nach (b) offen und abgeschlossen in G. Da G zusammenhängend
ist, folgt H = G.
Wir wollen jetzt einen weiteren topologischen Begriff einführen, nämlich die kompakten
topologischen Räume. Den entsprechenden Begriff für metrische Räume kennen Sie aus
den Analysis Vorlesungen, und für allgemeine topologische Räume wird im wesentlichen
dieselbe Definition verwendet.
Definition 3.16: Sei X ein topologischer Raum. Eine offene
S Überdeckung von X ist
eine Familie (Ui )i∈I offener Teilmengen von X mit X = i∈I Ui . Der Raum X heißt
quasikompakt, oder überdeckungskompakt, wenn es für jede
S offene Überdeckung (Ui )i∈I
von X stets eine endliche Teilmenge J ⊆ I mit X = i∈J Ui gibt. Weiter heißt X
kompakt wenn X quasikompakt und hausdorffsch ist.
Die Terminologie ist leider nicht ganz einheitlich. Gelegentlich werden unsere quasikompakten Räume auch als kompakt bezeichnet und unsere kompakten Räume werden dann bikompakt genannt. Diese alternative Sprechweise finden Sie hauptsächlich
in älteren Texten und in Situationen in denen die betrachteten Räume sowieso nicht
hausdorffsch sind, beispielsweise bei den diversen Varianten von Zariski-Topologien.
Vollends durcheinander geht es dann beim Begriff kompakter Teilraum“ in nicht haus”
dorffschen Räumen, hier ist mit einem kompakten Teilraum oftmals in Wahrheit ein
quasikompakter Teilraum gemeint. Nach Definition der Topologie eines Teilraums ist
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ein Teilraum A ⊆ X offenbar genau dann
S quasikompakt, wenn für jede Familie (Ui )i∈I
offener
Teilmengen
von
X
mit
A
⊆
i∈I Ui stets eine endliche Teilmenge J ⊆ I mit
S
A ⊆ i∈J Ui existiert. Wir wollen jetzt einige Grundeigenschaften kompakter Räume
einmal festhalten. Sei im folgenden X ein topologischer Raum.
1. Durch Komplementbildung und Kontraposition ergibt sich sofort, dass X genau
dann quasikompakt
ist, wenn für jede Familie (Ai )i∈I abgeschlossener T
Teilmengen
T
von X mit i∈J Ai 6= ∅ für jede endliche Teilmenge J ⊆ I stets auch i∈I Ai 6= ∅
gilt.
2. Sei (Ai )i∈I eine
T Familie quasikompakter, abgeschlossener Teilmengen von X mit
I 6= ∅ und i∈J Ai 6= ∅ für jede endliche Teilmenge J ⊆ I. Wähle i ∈
T I. Dann
ist (Ai T
∩ Aj )j∈I eine Familie abgeschlossener Teilmengen von Ai mit j∈J (Ai ∩
Aj ) = j∈J∪{i} Aj 6= ∅ für jede endliche Teilmenge J ⊆ I, und nach (1) ist auch
T
T
j∈I Aj =
j∈I (Aj ∩ Ai ) 6= ∅.
3. Ist (An )n∈N eine Folge nicht leerer, abgeschlossener, quasikompakter Teilmengen
von X mit An+1 ⊆ An für alleTn ∈ N, so erfüllt diese Familie die Voraussetzungen
von (2), und damit ist auch ∞
n=1 An 6= ∅.
4. Seien X quasikompakt und A ⊆ X abgeschlossen. Dann ist auch A quasikompakt.
S
Sei nämlich (Ui )i∈I eine Familie offener Teilmengen von X mit A ⊆ i∈I Ui .
Wähle ein ω mit ω ∈
/ I und setze I ∗ := I ∪ {ω} und Uω := X\A. Dann ist
(Ui )i∈I ∗ eine offene
S Überdeckung von X undSdamit existiert eine endliche Menge
J ⊆ I mit X = i∈J∪{ω} Ui , also auch A ⊆ i∈J Ui . Damit ist A quasikompakt.
5. Sind X kompakt und A ⊆ X abgeschlossen, so ist auch A kompakt. Denn nach
(4) ist A quasikompakt und als Teilraums eines Hausdorffraums wieder ein Hausdorffraum.
6. Sind X hausdorffsch, A ⊆ X kompakt und x ∈ X mit x ∈
/ A, so existieren offene
Mengen U, V ⊆ X mit A ⊆ U , x ∈ V und U ∩ V = ∅. Für jedes a ∈ A ist nämlich
a 6= x und da X hausdorffsch ist existieren
offene Mengen Ua , Va ⊆ X mit a ∈ Ua ,
S
x ∈ Va und Ua ∩ Va = ∅. Es ist A ⊆ a∈A
S Ua und da A quasikompakt ist, existiert
eine endliche Menge B ⊆ A mit A ⊆ a∈B Ua . Wir erhalten die offenen Mengen
U :=
[
Ua ⊆ X und V :=
a∈B
\
Va ⊆ X
a∈A
mit A ⊆ U und x ∈ V . Für jedes a ∈ B gilt Ua ∩ V ⊆ Ua ∩ Va = ∅, und somit ist
auch
!
[
[
U ∩V =
Ua ∩ V =
Ua ∩ V = ∅.
a∈B
a∈B
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7. Ist X hausdorffsch und A ⊆ X kompakt, so ist A ⊆ X abgeschlossen in X. Ist
x ∈ X\A, so gibt es nämlich nach (6) offene Mengen U, V ⊆ X mit A ⊆ U ,
x ∈ V und U ∩ V = ∅, also insbesondere V ⊆ X\U ⊆ X\A. Damit ist jedes
x ∈ X\A ein innerer Punkt von X und somit ist X\A ⊆ X offen, d.h. A ⊆ X
ist abgeschlossen.
8. Ist X kompakt, so ist X auch regulär. Sind nämlich A ⊆ X abgeschlossen und
x ∈ X mit x ∈
/ A, so ist A nach (5) kompakt und nach (6) existieren offene
Mengen U, V ⊆ X mit A ⊆ U , x ∈ V und U ∩ V = ∅.
9. Stetige Bilder quasikompakter Mengen sind wieder quasikompakt, d.h. sind A ⊆
X quasikompakt, Y ein weiterer topologischer Raum und f : X → Y stetig, so ist
auch f (A) ⊆ Y quasikompakt.
Sei nämlich (Ui )i∈I eine Familie offener Teilmengen
S
von Y mit fS
(A) ⊆ i∈I Ui . Für jedes i ∈ I ist dann auch f −1 (Ui ) ⊆ X offen, und
es gilt A ⊆ i∈ISf −1 (Ui ). Da A quasikompakt ist, existiert eine endliche Menge
J ⊆ I mit A ⊆ i∈J f −1 (Ui ). Damit ist auch
!
[
[
[
Ui .
f (f −1 (Ui )) ⊆
f (A) ⊆ f
f −1 (Ui ) =
i∈J
i∈J
i∈J
Damit ist f (A) ⊆ Y quasikompakt.
10. Sind Y ein weiterer topologischer Raum und sind X, Y beide quasikompakt,
so ist auch das Produkt X × Y quasikompakt. Sei nämlich (Ui )i∈I eine offene
Überdeckung von X × Y . Sei x ∈ X. Ist y ∈ Y , so existiert ein i(x, y) ∈ I mit
(x, y) ∈ Ui(x,y) und nach Definition der Topologie von X × Y gibt es weiter offene
Mengen Vx,y ⊆ X, Wx,y ⊆ Y mit (x, y) ∈ Vx,y ×Wx,y ⊆ Ui(x,y) . Damit ist (Wx,y )y∈Y
eine offene
Teilmenge Yx ⊆ Y
S Überdeckung von Y , und es existiert eine endliche
T
mit Y = y∈Yx Wx,y . Folglich ist auch die Menge Vx := y∈Yx Vx,y ⊆ X offen mit
x ∈ Vx . Damit ist (Vx )x∈X eine offene Überdeckung
von X und somit existiert
S
auch eine endliche Teilmenge A ⊆ X mit X = x∈A Vx . Wir erhalten die endliche
Menge
J := {i(x, y)|x ∈ A, y ∈ Yx } ⊆ I.
Ist (u, v) ∈ X × Y , so existiert ein x ∈ A mit u ∈ Vx und weiter existiert ein
y ∈ Yx mit v ∈ Wx,y . Damit ist i := i(x, y) ∈ J mit
(u, v) ∈ Vx × Wx,y ⊆ Vx,y × Wx,y ⊆ Ui(x,y) = Ui .
S
Dies zeigt X × Y = i∈J Ui .
11. Sind Y ein weiterer topologischer Raum und sind X, Y beide kompakt, so ist
auch X × Y kompakt. Nach (10) ist X × Y dabei quasikompakt. Es bleibt also
nur zu zeigen, dass X × Y hausdorffsch ist. Seien x1 , x2 ∈ X, y1 , y2 ∈ Y mit
(x1 , y1 ) 6= (x2 , y2 ). Ist x1 6= x2 , so existieren offene Mengen U, V ⊆ X mit x1 ∈ U ,
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x2 ∈ V und U ∩ V = ∅, und damit sind auch U × Y, V × Y ⊆ X × Y offen mit
(x1 , y1 ) ∈ U × Y , (x2 , y2 ) ∈ V × Y und (U × Y ) ∩ (V × Y ) = ∅. Ist y1 6= y2 , so
können wir analog schließen.
12. Ist X 6= ∅ quasikompakt, so ist jede stetige Funktion f : X → R beschränkt
und nimmt Maximum und Minimum an. Dies kann man auf verschiedene Arten
einsehen. Zum einen ist das Bild f (X) ⊆ R nach (9) kompakt, und wie wir aus den
Analysis Vorlesungen wissen ist f (X) damit beschränkt mit sup f (X) ∈ f (X)
und inf f (X) ∈ f (X). Alternativ kann man auch direkt in X argumentieren.
Zunächst ist (f −1 ((−n, n)))n∈N eine offene Überdeckung von X und da diese
Mengen mit n monoton wachsen gibt es ein n ∈ N mit X = f −1 ((−n, n)), d.h.
|f (x)| < n für alle x ∈ X. Setze dann s := sup f (X). Für jedes n ∈ N ist dann
f −1 ((−∞, s−1/n)) ⊆ X offen und wegen s = sup f (X) ist f −1 ((−∞, s−1/n)) 6=
X. Da diese Mengen mit n monoton steigen, ist damit auch f −1 ((−∞, s)) =
S
−1
((−∞, s − 1/n)) 6= X, d.h. es existiert ein x ∈ X mit f (x) = s. Analog
n∈N f
schließt man für das Infimum.
Es gibt aber auch einige Unterschiede zur spezielleren Situation in metrischen Räumen.
Ist X ein metrischer Raum, so ist X bekanntlich genau dann kompakt wenn jede Folge
in X eine konvergente Teilfolge hat. Ist dagegen (xn )n∈N eine Folge in einem allgemeinen
kompakten Raum X, so ergibt die obige Eigenschaft (3) zwar noch
\
{xk |k ≥ n} =
6 ∅,
n∈N
und jedes Element dieser Menge ist ein Häufungspunkt der Folge (xn )n∈N . Jede Folge in einem kompakten Raum hat also Häufungspunkte, aber im Allgemeinen gibt es
keine gegen diese Häufungspunkte konvergenten Teilfolgen. Definiert man einen Hausdorffraum X als folgenkompakt wenn jede Folge in X eine konvergente Teilfolge besitzt,
so gibt es sowohl kompakte Räume die nicht folgenkompakt sind als auch folgenkompakte Räume die nicht kompakt sind. Für metrische Räume ist auch (12) äquivalent
zur Kompaktheit von X, d.h. ein metrischer Raum X für den jede stetige Abbildung
f : X → R beschränkt ist, ist kompakt. Für allgemeine Hausdorffräume ist aber auch
dies falsch.
Eine topologische Gruppe nennt man kompakt wenn sie als topologischer Raum
kompakt ist. Wie in den Übungen gesehen, sind etwa die Torusgruppen T n oder die
orthogonalen Gruppen SO(n) kompakt. Wir interessieren uns jetzt für eine etwas allgemeinere Klasse topologischer Gruppen und Räume, die sogenannten lokalkompakten
topologischen Räume.
Definition 3.17: Ein topologischer Raum X heißt lokalkompakt wenn er hausdorffsch
ist und es für jeden Punkt x ∈ X eine kompakte Umgebung von x in X gibt.
Tatsächlich hat in einem lokalkompakten Raum jeder Punkt nicht nur eine kompakte
Umgebung sondern auch beliebig kleine kompakte Umgebungen, d.h. jede Umgebung
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des Punktes enthält eine kompakte Umgebung. Diese Tatsache wollen wir hier einmal
beweisen.
Lemma 3.15 (Grundeigenschaften lokalkompakter Räume)
Sei X ein lokalkompakter topologischer Raum. Dann gelten:
(a) Der Raum X ist regulär.
(b) Sei x ∈ X und sei U eine Umgebung von x in X. Dann existiert eine offene
Umgebung V von x in X mit x ∈ V ⊆ V ⊆ U so, dass V kompakt ist.
Beweis: (a) Seien A ⊆ X abgeschlossen und x ∈ X mit x ∈
/ A. Da X lokalkompakt ist,
existiert eine kompakte Umgebung C von x in X. Damit ist auch C ∩ A abgeschlossen
in C mit x ∈
/ C ∩ A, und da der kompakte Raum C nach der obigen Aussage (8) für
kompakte Räume regulär ist, existieren in C offene Mengen U 0 , V 0 ⊆ C mit x ∈ U 0 ,
C ∩ A ⊆ V 0 und U 0 ∩ V 0 = ∅. Nach Definition der Topologie von C gibt es weiter offene
Mengen U 00 , V 00 ⊆ X mit U 0 = C ∩ U 00 und V 0 = C ∩ V 00 . Da C ⊆ X nach der obigen
Aussage (7) in X abgeschlossen ist, erhalten wir die beiden in X offenen Mengen
U := C ◦ ∩ U 00 und V := V 00 ∪ (X\C).
Da C eine Umgebung von x ist, ist x ∈ C ◦ und x ∈ U 0 ⊆ U 00 , also auch x ∈ U . Weiter
ist auch A ⊆ V . Sei nämlich x ∈ A gegeben. Ist x ∈
/ C, so haben wir sofort x ∈ V . Ist
dagegen x ∈ C, so gilt x ∈ C ∩ A ⊆ V 0 ⊆ V 00 ⊆ V . Es bleibt also nur noch U ∩ V = ∅
zu zeigen. Nun ist aber U ⊆ C ∩ U 00 = U 0 und C ∩ V = C ∩ V 00 = V 0 , also wegen U ⊆ C
auch
U ∩ V = U ∩ C ∩ V ⊆ U 0 ∩ V 0 = ∅,
also auch U ∩ V = ∅.
(b) Wähle eine kompakte Umgebung C von x in X. Dann ist x ∈ U ◦ ∩ C ◦ , also ist
A := X\(U ◦ ∩ C ◦ ) ⊆ X abgeschlossen mit x ∈
/ A. Nach (a) gibt es offene Mengen
V, W ⊆ X mit x ∈ V , A ⊆ W und V ∩ W = ∅. Wegen V ⊆ X\W , ist auch
V ⊆ X\W ⊆ X\A = U ◦ ∩ C ◦ ⊆ U ∩ C.
Damit ist zum einen x ∈ V ⊆ V ⊆ U und zum anderen ist V ⊆ C und nach der obigen
Eigenschaft (5) ist auch V kompakt.
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