AG 2: Generalisierte Angststörung Generalisierte Angst: Klinisch seit

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24. Symposium der Fachgruppe Klinische Psychologie und Psychotherapie
vom 25. - 27. Mai 2006 in Würzburg
AG 2: Generalisierte Angststö
Angststörung
Jürgen Hoyer et al.
Fachrichtung Psychologie Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie
Fußballturnier am dies academicus
Der Fachschaftsrat hat am 17.05.06 (dies
academicus) ein Fußballturnier organisiert. Es
startet 16 Uhr im Großen Garten in der Jungen
Garde. Die Psychologen spielen gegen die
Physiker. Mitspieler, aber auch Zuschauer sind
herzlich willkommen.
Institut fü
für Klinische Psychologie und Psychotherapie
Generalisierte Angst:
Klinisch seit langem beschrieben
Wandel der GASGAS-Kriterien
GAS-Kriterien
„Eine Frau ... denkt bei jedem Hustenstoß
Hustenstoße ihres ... Mannes an
Influenzapneumonie und sieht im Geiste seinen Leichenzug vorü
vorüberziehen.
Wenn sie auf dem Wege nach Hause zwei Personen vor ihrem Haustor
beisammenstehend sieht, kann sie sich des Gedankens nicht erwehren,
erwehren, daß
daß
eines ihrer Kinder aus dem Fenster gestü
gestürzt sei; ... wä
während doch in allen
diesen Fä
Fällen kein besonderer Anlaß
Anlaß zur Verstä
Verstärkung einer bloß
bloßen
Möglichkeit vorliegt“
vorliegt“ (Freud, 1895/1977, S. 318).
Hoyer et al. (2003)
Probleme des GASGAS-Konzeptes
GAS-Konzeptes
1. Zweifel an klinischer Bedeutsamkeit (Schweregrad? Abgrenzung
Ü
berblick ü
ber den Themenblock
Überblick
über
2. Hohe Komorbiditätsraten (höher als bei anderen Störungen?)
1. Der Status der GAS aus epidemiologischer Perspektive:
Häufigkeit, burden, Validität von thresholds und Kriterien
(Jacobi)
3. Verschiedentlich anzutreffende Sichtweise, die GAS sei
keine eigenständige Diagnose, sondern eher…
2. Komorbidität: Analysen zum Zusammenhang von GAS und
Schmerzen (Beesdo)
von Alltagssorgen?)
•
Prodromalsyndrom für andere Störungen
•
Residualsyndrom
•
Achse-II-Prozess
4. Wissens- und Forschungsdefizite im Vergleich mit anderen
Angststörungen (und auch relativ große Diskrepanz ICD/DSM)
5. Treatments heterogen und weniger erfolgreich als bei
anderen Angststörungen
3. Experimentelle Studie zur Frage, wie (Meta-) Worry
entstehen kann: Verbesserte Wahrnehmung phasischer
physiologischer Aktivierung bei GAS (Andor)
4. Intervention auf Grundlage eines Modells klinisch
relevanter Sorgen: Eine randomisierte Therapiestudie zur
GAS (Beesdo)
1
Ü
berblick
Überblick
24. Symposium der Fachgruppe Klinische Psychologie und Psychotherapie
vom 25. - 27. Mai 2006 in Würzburg
Der Status der Generalisierten Angststö
Angststörung aus
epidemiologischer Perspektive
Hintergrund: Rechtfertigung der GAS-Diagnose?
• Epidemiologie im Sinne des DSM-IV
Frank Jacobi, HansHans-Ulrich Wittchen,
Wittchen, Katja Beesdo & Jü
Jürgen Hoyer
• Validität der diagnostischen Kriterien
• Ausblick: Wissenschaftliche und klinische Diagnosen
Institut fü
für Klinische Psychologie und Psychotherapie
Die GAS: Epidemiologie entsprechend DSMDSM-IV
DSM-IV
Bundesgesundheitssurvey
1998/99 (Zusatzsurvey
„Psychische Störungen“)
• repräsentative Bevölkerungs-
•
stichprobe (18-65)
Deutschland: BGS, EDSP, GAD-P
• N=4181 (CIDI, DSM-IV)
•
• Koppelung mit gesundheitsrelevanten Variablen des
Kernsurveys möglich
Internationale Befundlage:
•
Europa: Review zu „Size and Burden of Mental Disorders“ (Lieb,
Altamura & Becker, 2005; Wittchen & Jacobi, 2005)
•
USA: NCS, NCS-R, NESARC (Wittchen et al., 1994; Kessler et al., 2004a,b;
Grant et al., 2005)
Carter et al. (2001)
Jacobi, Wittchen et al. (2002, 2004a,b)
Wittchen et al. (2000)
1212-Monats12-Monats-Prävalenz
Monats-Prä
Prävalenz
H
äufigkeit der diagnostische Kriterien
Häufigkeit
Bedingte Wahrscheinlichkeit für „worrier“, die unten stehenden Kriterien zu erfüllen:
Total (N=4181)
Diagnose
Männer (N=1913)
Frauen (N=2268)
N
%w
95% CI
N
%w
95% CI
N
%w
95% CI
Sorgen ≥ 1 Monat
373
7.8
7.0-8.7
124
5.7
4.7-6.9
249
10.0*
8.8-11.3
Sorgen ≥ 3 Monate
196
4.1
3.5-4.7
68
3.1
2.4-4.0
128
5.0*
4.2-6.0
Kriterium
%w
95% CI
A Dauer ≥ 6 Monat
18
33.7
21.4-48.7
97
67.1
58.2-74.8
4.0-5.8
B Schwierigkeiten, die Sorgen zu kontrollieren
41
82.7
68.2-91.4
116
79.7
71.7-85.8
C Assoziierte Symptome ≥ 3
47
92.7
81.6-97.3
132
89.4
82.2-94.0
1.5-2.8
E klinisch bedeutsames Leiden oder Beeinträchtigung
42
83.7
69.1-92.2
111
75.0
66.6-81.8
klinisch bedeutsames Leiden
36
74.0
59.1-84.9
78
51.5
42.7-60.2
klinisch bedeutsame Beeinträchtigung
32
61.6
46.1-75.1
95
64.7
55.9-72.6
13
26.4
15.4-41.5
60
41.2
32.8-50.1
Unterschwellige
GAS#
GAS nach DSM-IV
177
3.6
3.1-4.2
53
2.4
1.8-3.2
124
4.9*
73
1.5
1.2-1.9
23
1.0
0.6-1.5
50
2.1*
*: Raten zwischen Männern und Frauen unterscheiden sich signifikant, P<0.5; für Altersunterschiede angepasst
#: unterschwellig: ein Kriterium fehlt
Alter
18-34 Jahre (N=51)
N
Kriterien A, B, C,
Anmerkungen:
E1
1 Personen,
%w
95% CI
35-65 Jahre (N=145)
N
die diese Kriterien erfüllen, erhalten die DSM-V Diagnose GAS
2
Belastung und Beeinträ
ächtigung:
Beeinträchtigung:
Beeintr
Vergleich GAS vs. Depression (MDD)
Belastung und Beeinträ
ächtigung:
Beeinträchtigung:
Beeintr
Vergleich GAS vs. MDD
• Komorbiditä
Komorbidität: vergleichbar (aber: erhö
erhöhte kö
körperliche Komorbiditä
Komorbidität)
•
• GesundheitsGesundheits-bezogene Lebensqualitä
Lebensqualität (SF(SF-36): stä
stärker reduziert bei
GAS
•
•
Komorbiditä
Komorbidität:
vergleichbar (incl.
erhö
erhöhter
körperlicher
Komorbiditä
Komorbidität)
60
55,4
Days lost
Days impaired
50,5
50
GesundheitsGesundheitsbezogene
Lebensqualitä
Lebensqualität
(SF(SF-36): stä
stärker
reduziert bei GAS
40
30,7
30
Beeiträ
Beeiträchtigung
von RollenRollenfunktionen
¼
20
14,9
13
10
6,5
5,4
0,7
Wittchen et al. (2000)
Wittchen et al. (2000)
0
No GAD/No MDD
GAD/No MDE
MDD/No GAD
GAD + MDD
Wann und wie gut erkennt der Hausarzt Generalisierte
Hoyer et al., 2001)
Angststö
örungen und Depessionen?
Angststörungen
Angstst
Depessionen? ((Hoyer
GAS in der hausä
ärztlichen Praxis
hausärztlichen
haus
GADGAD-P-Studie:
Studie:
recognized as case
not recognized
• reprä
repräsentative Hausarztstudie (N=628 Praxen, N=17739 Patienten)
• GASGAS-Q, DSQ
• Stichtagsprä
Stichtagsprävalenzen,
valenzen, ErkennensErkennens- und Behandlungsraten
Männer
Frauen
N
%
N
%
N
%
keine GAS Symptome
12953
73,0
5753
79,1
7200
68,8
nur GAS Symptome
3842
21,7
1223
16,8
2619
25,0
GAS (1-5) Monate
231
1,3
71
1,0
160
1,5
GAS (> 6 Monate)
713
4,0
227
3,1
486
4,6
Gesamtprävalenz GAS
(> 1 Monat)
944
5,3
298
4,1
646
6,2
Total
Kriterium
MDE
correctly diagnosed
not correctly diagnosed
MDE
76,5
GAD+MDE
GAD +
MDE
85,4
0%
25%
50%
43,2
GAD
72,5
GAD
64,3
75%
100%
34,4
0%
25%
50%
75%
100%
Wittchen et al. (2002)
Einbezogene Diagnosen und Lä
änder
Länder
L
GAS: Befundlage in Europa
Diagnosen (DSM-IV/ICD-10):
Das Projekt “Size and Burden of Mental Disorders in Europe”
Europe” (ECNP, EBC)
•
Analyse, Re-Analyse und komplette epidemiologische Abschätzung der
Größenordnung der "disorders of the brain“
•
Angststörungen (PD, AG, SOC, GAD,
SPP, OCD)
•
Alkohol-/Substanzabhängigkeit
•
Affektive Störungen (MDD, BIP)
•
Psychotische Störungen
•
“Bestmögliche Schätzungen” und Konsens-Daten über Prävalenz und Inzidenz
•
[+Somatoforme Störungen,
Essstörungen]
•
Zusammenfassung und umfassende Datenanalyse der assoziierten
Beeinträchtigungen
•
•
Zusammenfassung aller verfügbaren ökonomischen Daten
•
Schätzung von Häufigkeit x Fallkosten
Weitere einbezogene “disorders of
the brain”: Multiple Sklerose,
Demenzen, Parkinsonsche Erkrankung,
Migräne und andere Kopfschmerzen,
Schlaganfall, Epilepsie, Gehirntrauma,
Gehirntumor
•
Forschungslücken aufdecken (Störungen, Regionen)
•
Internationaler und interdisziplinärer Konsens
Wittchen & Jacobi (2005)
Lieb, Altamura & Becker (2005)
EU Mitgliedstaaten (EU-25)
plus Island, Norwegen und die Schweiz
3
Zentrale Ergebnisse (15 Studien)
GAS: 12-Monatsber 15 Studien hinweg (Md, IQR):
12
Monats-Prä
Prävalenz ü
12-Monats-Prävalenz
über
1.7% (0.8-2.2); entspricht ~ 5.8 Mio. Betroffener in der EU
(0.8
(0.8-2.2);
eating disorders
• 12-Monats-Prävalenz (Md, IQR): 1.7% (0.8-2.2)
2,0 Mio (1,4 - 2,1)
2,6 Mio (2,4 - 3,0)
OCD
• Lifetime-Prävalenz (Md, IQR): 3.9% (2.3-6.9)
• Verteilung (Alter, Geschlecht) entspricht meist denen der deutschen Daten
• Varianz über Studien hinweg eher aufgrund methodischer als aufgrund
„echter“ Differenzen (aber: große Forschungslücken)
• stets große Beeinträchtigung erwähnt, aber kaum echte Kosten-Studien
•
1,1 Mio (0,9 - 1,7)
ill. subst. dep.
3,6 Mio (2,8 - 5,3
psychotic disorders
2,4 Mio (1,7 - 2,4)
bipolar disorder
3,9 Mio (3,3 - 4,7)
agoraphobia
GAD
5,8 Mio (5,2 - 6,1)
5,2 Mio (4,3 - 5,3)
panic disorder
6,6 Mio (5,4 - 9,2)
social phobia
7,1 Mio (5,8 - 8,6)
alcohol dependence
somatof. disorders
18.9 Mio. (12.6-21.1)
specific phobias
18.4 Mio. (17.2-19.0)
major depression
18.5 Mio. (14.3-18.6)
0
Lieb, Altamura & Becker (2005)
Zusammenfassung (1)
• 12-Monats-Prävalenz in der Allgemeinbevölkerung ca. 2-3%, LifetimePrävalenz ca. 4-6% (Deutschland, EU; USA: NCS-R, NESARC);
Geschlechtsverteilung: Frauen etwa doppelt so häufig betroffen
• Alter: innerhalb der Angststörungen eher späte Störung (aber dennoch häufig
primäre Störung, wenn komorbid; Rogers et al., 1999); jüngere erfüllen seltener das 6Monats-Kriterium und häufiger das Belastungskriterium
• Komorbidität: hoch, aber vergleichbar mit anderen Störungen (außerdem: auch
1
2
3
4
5
6
7
8
9
Wittchen & Jacobi (2005)
Forts. Zusammenfassung (1)
• chronischer Verlauf („waxing and waning“)
• Belastung und Beeinträchtigung vergleichbar mit Depression
• GAS häufigste Angststörung bei Älteren (Beekmann et al., 2000)
• in primärärztlicher Praxis: zweithäufigste Diagnose (Punktprävalenz: 5-8%),
Erkennens- und Behandlungsraten niedriger als bei Depression
„pure“ Fälle klinisch auffällig und stärker beeinträchtigt als andere „pure“ Diagnosen)
¼ auch mit jetziger, evtl. noch unbefriedigender Definition können viele
psychisch deutlich belastete Fälle gut identifiziert werden
Validitä
ät der diagnostischen Kriterien
Validität
Validit
1. allgemeiner threshold: „unter- vs. überschwellig“
2. Sorgen: unspezifisch/übergreifend, exzessiv, häufig
Validitä
ät der diagnostischen Kriterien
Validit
Validität
1. „„unterunterberschwellig“
unter- vs. ü
überschwellig“
berschwellig“
• bereits das Einstiegs-Kriterium (exzessive Sorgen) ist mit erhöhter
Belastung/Beeinträchtigung assoziiert
• sukzessives Lockern der Kriterien verdoppelt Prävalenzen (bei ähnlichen
soziodemographischen Korrelaten)
3. assoziierte physiologische Symptome
4. Zeitkriterium
• „Dosis-Wirkungs-Beziehung“ (hinsichtlich Schweregrad/Psychopathologie,
Komorbidität, Belastung/Beeinträchtigung, erhöhter Inanspruchnahme):
DSM-IV > „unterschwellig“ > „symptomatisch“
Brown, et al. (1998)
Kessler & Wittchen (2002)
Carter et al. (2001)
Maier et al. (2000)
Hoyer et al. (2001, 2002)
Rogers et al. (1999)
Kessler et al. (2005a,b)
Ruscio et al. (2005)
¼ Besonders die voll ausgeprägte GAS-Diagnose, aber auch
unterschwellige GAS-Syndrome sind klinisch relevant und hinreichend
gut von anderen Störungen differenzierbar!
4
Validitä
ät der diagnostischen Kriterien
Validit
Validität
Validitä
ät der diagnostischen Kriterien
Validit
Validität
2. Sorgen: unspezifisch/ü
übergreifend, exzessiv, hä
äufig
unspezifisch/
unspezifisch/übergreifend,
h
häufig
2. Sorgen: unspezifisch/ü
übergreifend, exzessiv, hä
äufig
unspezifisch/
unspezifisch/übergreifend,
h
häufig
• nicht in ICD-10 (dort: „frei flottierende“ Ängstlichkeit)
• Spezifität von GAS-“Worriers“ gegenüber Sozialphobikern und
Kontrollpersonen (Hoyer, Becker & Roth, 2001):
• Sorgen häufiger
• mehr Sorgenbereiche, bereits bei daily hassles
• weniger Kontollierbarkeit (obwohl mehr Strategien eingesetzt werden)
• mehr Belastung und körperliche Symptome
• mehr Meta-Worry
¾ nicht Sorgen-Inhalt, sondern Sorgen-Prozess ist spezifisch:
niedrigere Schwelle, um mit Sorgen (und ihrer Bekämpfung) zu beginnen;
außerdem: Vermeidung emotionaler Inhalte
NCSNCS-R (Kessler & Merikangas, 2004; Kessler et al., 2005a,b,c; Ruscio et al., 2005)
• Weglassen des Kriteriums „exzessiv“ würde die Prävalenz um
40% erhöhen (vgl. BGS: 30%)
• Diese 40% sind zwar „mildere“, aber dennoch immer noch
klinisch relevante Fälle (hinreichend ähnlich hinsichtlich Schweregrad und
prospektiver Komorbidität)
• Weglassen des Kriteriums würde denjenigen „zur Diagnose
verhelfen“, die „normale“ klinisch bedeutsame Ängste in StressSituationen erleben (bevor sie Panikattacken, Anpassungsstörungen etc.
entwickeln)
Validitä
ät der diagnostischen Kriterien
Validit
Validität
Validitä
ät der diagnostischen Kriterien
Validit
Validität
3. Assoziierte physiologische Symptome
4. Zeitkriterium
• GAS ist mit erhöhter Wahrnehmung physiologischer Symptome
assoziiert (vgl. Beitrag Tandor et al.)
• Variation dieses Kriteriums scheint geringere Bedeutung zu
haben (z.B. kein besonderer Zuwachs, wenn Symptom-Mindestzahl von 3 auf 2
• stellt konsistent den größten „Flaschenhals“ für die GASDiagnose dar (insbesondere für jüngere Betroffene; Carter et al., 2001; Kessler et al.,
2005c)
• große Ähnlichkeit der Fälle mit 1-6 Monaten worry vs. >6 Monate
reduziert würde)
(auch wenn monotoner Zusammenhang mit Outcome besteht)
• aber: diesbezügliche Anpassung von DSM-V und ICD-11 nötig!
(DSM: psychologische, ICD eher
• dieser Befund gilt auch für den primärärztlichen Bereich (Maier et al.,
Zusammenfassung (2)
Versorgung der GAS:
Behandlung selten,
selten, und wenn,
wenn, dann verzö
verzögert
2000; Wittchen et al., 2002)
• sukzessives Lockern der Kriterien verdoppelt Prävalenzen
• unterschwellige Syndrome haben ähnliche soziodemographischen
Korrelate wie DSM-IV GAS
• „Dosis-Wirkungs-Beziehung“ (hinsichtlich Schweregrad/Psychopathologie,
Komorbidität, Belastung/Beeinträchtigung, erhöhter Inanspruchnahme), aber bereits
unterschwellige Syndrome sind mit klinisch relevanter Symptomatik
bzw. ungünstigem Outcome assoziiert
• Hinweise auf spezifische Sorgen-Prozesse, die bereits mit jetziger
Diagnose gut korreliert sind
• insbesondere das Zeit- und das excessive-Kriterium werden
hinterfragt (weil dadurch relevante Fälle ausgeschlossen werden)
Wang et al. (2005)
5
Probleme des GASGAS-Konzeptes
GAS-Konzeptes
1. Zweifel an klinischer Bedeutsamkeit (Schweregrad? Abgrenzung
von Alltagssorgen?)
¼ klinische Bedeutsamkeit gegeben, Sorgen-Prozess spezifisch und
passend zum generischen Modell der Angststörungen
2. Hohe Komorbiditätsraten (höher als bei anderen Störungen?)
¼ nicht höher als bei anderen Störungen (aber substanzielle
Zusammenhänge müssen weiter im Sinne der Diagnose-Optimierung erforscht
werden)
Ausblick: Wissenschaftliche vs. Klinische Diagnosen
• obwohl reliable Diagnosestellung möglich und Validität der Kriterien
gegeben: Schwierigkeiten der Differenzierung in der Praxis (insbes.
bezüglich Depression)
• klinische Argumente für Lockerung der Kriterien (es bleibt aber unklar, ob
bzw. wie sich Lockerung der Kriterien auf Wirksamkeit/Effektivität der Behandlung
auswirken würde)
• Medikamentenstudien: GAS-Behandlung eher effektiv in Bezug auf
akute Symptomatik und weniger hinsichtlich psychologischer
Prozesse, die dieser Symptomatik möglicherweise zu Grunde liegen
(z.B. Probleme mit dem Ertragen von Unsicherheit, ängstliches Temperament)
3. Prodromal- / Residualsyndrom, Achse-II-Prozess?
¼ eher unpassende Konzeptualisierung, da sie nicht zu
Altersverteilung und Befunden zur längsschnittlichen Komorbidität
passt
Literatur
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Association: Washington DC.
American Psychiatric Association. (1987). Diagnostic and statistical manual of mental disorders, 3rd Edition revised. American Psychiatric
Association: Washington DC.
American Psychiatric Association. (1994). Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM-IV), Fourth Edition. American
Psychiatric Association: Washington, DC.
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disorders in the National Comorbidity Survey Replication. Archives of General Psychiatry, 62, 593-602.
¼ insbesondere hier Optionen für psychologische Interventionen?
• „ätiologischere“ Konzeptionalisierung möglich ? (z.B. zugrunde liegende
psychologische oder physiologische Vulnerabilitäten, Berücksichtigung der
Assoziationen zu körperlichen Erkrankungen und Schmerz)
Literatur
Kessler, R. C., Chiu, W. T., Demler, O., Merikangas, K. R. & Walters, E. E. (2005b). Prevalence, severity, and comorbidity of 12-month
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care from a cross-cultural perspective: a valid diagnostic entity? Acta Psychiatrica Scandinavica, 101, 29-36.
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Comparing primary and secondary generalized anxiety disorder in a long-term naturalistic study of anxiety disorders. Depression and
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Ruscio, A. M., Lane, M., Roy-Byrne, P., Stang, P. E., Stein, D. J., Wittchen, H. U. & Kessler, R. C. (2005). Should excessive worry be
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Wittchen, H.-U. & Jacobi, F. (2005). Size and Burden of Mental Disorders in Europe – A critical review and appraisal of 27 studies.
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World Health Organization. (1993). The ICD-10 Classification of Mental and Behavioral Disorders: Diagnostic Criteria for Research. World
Health Organization: Geneva.
Vielen Dank fü
für
für Ihre Aufmerksamkeit!!
6
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