Protein Engineering Markus Wahl 23. Mai 2008 Übersicht • Strategien zur Stabilisierung von Proteinen • Design von Faltungsmustern • Enzym-Design – Selektionsverfahren - Katalytische Antikörper – Einführung neuer Aktivitäten in bekannte Enzyme - Cyproase – De novo Enzym-Design - Kemp-Eliminierung Übersicht • Strategien zur Stabilisierung von Proteinen • Design von Faltungsmustern • Enzym-Design – Selektionsverfahren - Katalytische Antikörper – Einführung neuer Aktivitäten in bekannte Enzyme - Cyproase – De novo Enzym-Design - Kemp-Eliminierung Beispiel 1: Stabilisation über Helix-Dipol Nicholson, W. et al. (1988) Nature 336, 651 Beobachtung: Am N-Terminus von -Helices finden sich oft negativ geladene Reste. Idee: Einführen negativer Reste am N-Terminus einer Helix sollte ein Protein stabilisieren. Beispiel 1: Stabilisation über Helix-Dipol • T4 Lysozym • 11 Helices • 7 haben bereits einen negativ geladenen Rest am N-Terminus • Modellierung an welcher Stelle ein Asp (kleinste geladene Seitenkette) nicht stören würde • Zwei Positionen als Targets Beispiel 1: Stabilisation über Helix-Dipol Doppelmutante Ser38Asp Asn144Asp WT • Produktion der Einzel- und Doppelmutanten • Stabilitätstest über CD (223 nm) vs. T • pH-Abhängigkeit Beispiel 1: Stabilisation über Helix-Dipol • Verifizierung über Kristallstrukturen der Mutanten (sicherstellen, dass durch die Mutationen z.B. keine zusätzlichen Salzbrücken eingeführt wurden) • Einzelne stabilisierende Mutationen verhalten sich additiv (oft beobachtet). • Helix-Stabilisierung als generelle Strategie (viele Proteine besitzen Helices) Beispiel 2: Stabilisation durch Destabilisierung der ungefalteten Form Matthews, B.W. et al. (1987) PNAS 84, 6663 N U • Das Gleichgewicht kann in Richtung N verschoben werden durch – Stabilisierung von N – Destabilisierung von U Beispiel 2: Stabilisation durch Destabilisierung der ungefalteten Form • Glycin hat kein -Kohlenstoffatom. • D.h. Glycin hat mehr konformationelle Flexibilität im Rückgrat als andere Aminosäuren. • D.h. das Rückgrat eines Glyins hat eine größere konformationelle Entropie als das eines anderen Restes. • Daher muss MEHR freie Energie aufgebracht werden, um die Konformation eines Glycins bei der Faltung zu zementieren. • D.h. N sollte durch den Austausch von Glycin gegen einen anderen Rest (relativ) begünstigt werden. Beispiel 2: Stabilisation durch Destabilisierung der ungefalteten Form • Die Seitenkette von Prolin ist mit dem Rückgrat verbunden. • D.h. Prolin hat weniger konformationelle Flexibilität im Rückgrat als andere Aminosäuren. • D.h. das Rückgrat eines Prolins hat eine geringere konformationelle Entropie als das eines anderen Restes. • Daher muss WENIGER freie Energie aufgebracht werden, um die Konformation eines Prolins bei der Faltung zu zementieren. • D.h. N sollte durch den Austausch von einem Rest gegen Prolin (relativ) begünstigt werden. Beispiel 2: Stabilisation durch Destabilisierung der ungefalteten Form T4-Lysozym Gly77Ala Ala82Pro Beispiel 2: Stabilisation durch Destabilisierung der ungefalteten Form Aktivitätsverlust bei 65°C Tm (°C) S (cal/mol K) wt 64.7 - Gly77A 65.6 -18 Ala82Pro 66.8 -22 S - Entropie der Entfaltung S - Differenz in S (wt - Mutante) Weitere Beispiele • Stabilisierung durch Wasserstoffbrücken Alber, T. et al. (1987) Nature 330, 41 • Stabilisierung durch hydrophobe Interaktion Matsumura, M. et al. (1988) Nature 334, 406 • Stabilisierung durch Einführung von Disulfidbrücken Matsumura, M. et al. (1989) PNAS 86, 6562 • Stabilisierung durch Salzbrücken Anderson, D.E. et al. (1990) Biochemistry 29, 2403 Übersicht • Strategien zur Stabilisierung von Proteinen • Design von Faltungsmustern • Enzym-Design – Selektionsverfahren - Katalytische Antikörper – Einführung neuer Aktivitäten in bekannte Enzyme - Cyproase – De novo Enzym-Design - Kemp-Eliminierung Faltungsdesign Lösen des inversen Faltungsproblems • Faltungsproblem: Welche 3D-Struktur nimmt eine bestimmte Aminosäuresequenz an? – In der überwiegenden Zahl der Fälle gibt es eine mögliche Lösung für diese Frage. • Inverses Faltungsproblem: Welche Aminosäuresequenz faltet in eine vorgegebene Struktur? – Auf diese Frage gibt es viele Antworten. • Statistisch sollte das inverse Faltungsproblem leichter zu lösen sein. Durchbrüche beim Faltungsdesign Bekannte Faltungsmuster Neues Faltungsmuster Beispiel: Ein neues Faltungsmotiv Kuhlman, B. et al. (2003) Science 302, 1364 1. Skizze des geplanten Designs (neue Topologie) 2. Identifikation von "Constraints" der Topologie (Pfeile) Beispiel: Ein neues Faltungsmotiv 3. Assemblierung kurzer Fragmente (3-9 Reste) aus der PDB, die mit dem Diagram konsistent sind (172 Rückgrat-Modelle) 4. Dekoration jedes Rückgrat-Modells mit Seitenketten (Rotamer-Bibliothek, Energiefunktion, Oberfläche polar) 5. Zyklische Verfeinerung mit Wechsel zwischen Sequenz-Redesign und RückgratOptimierung Ergebnis: „Top7” Beispiel: Ein neues Faltungsmotiv 6. Charakterisierung von Top7 Top7 ist überaus stabil. Beispiel: Ein neues Faltungsmotiv 6. Charakterisierung von Top7 Top7 ist gefaltet. Beispiel: Ein neues Faltungsmotiv 6. Charakterisierung von Top7 Modell Struktur Molekularer Ersatz mit dem Design funktioniert. Hier: SeMet SAD-Dichte. Top7 entspricht dem Designziel. Beispiel: Ein neues Faltungsmotiv 6. Charakterisierung von Top7 Modell Struktur Top7 entspricht dem Designziel. Übersicht • Strategien zur Stabilisierung von Proteinen • Design von Faltungsmustern • Enzym-Design – Selektionsverfahren - Katalytische Antikörper – Einführung neuer Aktivitäten in bekannte Enzyme - Cyproase – De novo Enzym-Design - Kemp-Eliminierung Ziele des Enzyme-Designs • Verständnis/Überprüfung der Prinzipien der Enzymkatalyse und Proteinchemie • Hinweise auf evolutionäre Prinzipien • Entwicklung neuer Katalysatoren – Nicht-biologische Reaktionen – Aktivität unter extremen Bedingungen Experimentelle Ansätze • Gerichtete Evolution – Randomisierte Mutagenese – Selektion oder Sreening • Rationales Desgin Katalytische Aktivität der Enzyme „Etwas”, das den Übergangszustand bindet, sollte ihn stabilisieren. Übergangszustand (nicht katalysiert) Freie Energie (katalysiert) Substrat Produkt Reaktionsverlauf Katalytische Antikörper Idee: Katalyse durch Stabiliserung des Übergangszustandes Diels-Alder Cycloaddition Analogon des Übergangszustandes Katalytische Antikörper • Katalytische Antikörper = Abzymes • Ester- und Amid-Hydrolyse, Bildung von AmidBindungen, Transesterifizierungen, Decarboxylierungen, ... • Hilvert, D. (2000), Annu. Rev. Biochem. 69, 751 Beispiel 1: Chorismat-Mutase Antikörper Hilvert, D. et al. (1988) PNAS 85, 4953 Tang, Y. et al. (1991) PNAS 88, 8784 Chorismat Prephenat ChorismatMutase Beispiel 1: Chorismat-Mutase Antikörper (KLH - keyhole limpet hemocyanin) Beispiel 1: Chorismat-Mutase Antikörper • Hefestamm YT-4Ca ist Chorismat-Mutase-defizient und exprimiert 1F7 unter Galaktose-Kontrolle • 1F7 komplementiert den Originalstamm nicht. • Nach Mutagenese (Stamm 351m und Antikörper 1F7*) komplementiert der 1F7 Antikörper, den noch immer defizienten 351m Stamm. • Die Komplementation ist abhängig von GalaktoseInduktion. Beispiel 1: Chorismat-Mutase Antikörper • Moderate Beschleunigung (hier ca. 102-fach) im Vergleich zu natürlichen Enzymen • Chorismat-Mutase > 106-fach • Andere natürliche Enzyme beschleunigen die Raten nicht-katalysierter Reaktionen bis zu 1017-fach Beispiel 1: Chorismat-Mutase Antikörper 1F7 ChorismatMutase Bessere Bindung des Übergangszustandes • Antikörper 1F7 bindet das Hapten in ähnlicher Konformation wie Chorismat-Mutase, jedoch über eine weniger komplementäre Bindetasche. Katalytische Antikörper • Substantielle Beschleunigungsraten unter milden, wässrigen Bedingungen • Hohe Regio- und Stereoselektivität • Nachweis des allgemeinen Prinzips der Stabilsation des Übergangszustandes Übersicht • Strategien zur Stabilisierung von Proteinen • Design von Faltungsmustern • Enzym-Design – Selektionsverfahren - Katalytische Antikörper – Einführung neuer Aktivitäten in bekannte Enzyme - Cyproase – De novo Enzym-Design - Kemp-Eliminierung Dinge, die es zu beachten gilt ... • Substrat-Bindungstasche • Katalytische Reste • Interne Molekulardynamik • Wassermoleküle • Abschirmung vom wässrigen Milieu Beispiel 1: Cyproase Quemeneur, E. et al. (1998) Nature 391, 301 Beispiel 1: Cyproase Ziel: Entwicklung einer neuen Protease Startpunkt: Enzym, das bereits eine Bindungstasche für Peptid-Substrate besitzt Cyclophiline - eine Gruppe von Peptidylprolyl cis/trans Isomerasen Grundlage: Kristallstruktur eines Cyclophilins im Komplex mit Ligand Chymotrypsin, eine Serin-Protease Katalytische Triade Alkoxid Ion Beispiel 1: Cyproase Subtilisin-Mutanten zeigen, dass ein adäquat plaziertes Serin für eine rudimentäre Aktivität ausreicht. 1. Kandidaten für das Nukleophil (Serin)? Vier Reste im geeigneten Abstand zum CarbonylSauerstoff. Beispiel 1: Cyproase Katalytische Effizienz kcat/KM [s-1M-1]: wt: < 10-3 Ala91Ser: ~73 Weitere Optimierung basierend auf Ala91Ser Beispiel 1: Cyproase 2. Kandidaten für das Histidin einer katalytischen Diade? Katalytische Effizienz kcat/KM [s-1M-1]: wt: < 10-3 Ala91Ser/Phe104His: ~73 Ala91Ser/Phe104His: ~81 Weitere Optimierung basierend auf Ala91Ser/Phe104His Beispiel 1: Cyproase 3. Kandidaten für das Aspartat einer katalytischen Triade? Katalytische Effizienz kcat/KM [s-1M-1]: wt: < 10-3 Ala91Ser/Phe104His: ~73 Ala91Ser/Phe104His: ~81 Ala91Ser/Phe104His/Asn106Asp: ~1675 Beispiel 1: Cyproase Ist der angepeilte Mechanismus wirklich am Werk (d.h. hat das Design funktioniert)? Eine Gruppe titriert mit pKa ~6.7. Dieser Wert impliziert ein Histidin. Beispiel 1: Cyproase Ist der angepeilte Mechanismus wirklich am Werk (d.h. hat das Design funktioniert)? 4-(2-Aminoethyl)-benzensulfonylfluorid Cyproase wird durch Serinprotease-Hemmer inhibiert. VORSICHT! Es ist essentiell, dass das entworfene Enzym sorgfältig getestet wird. De-novo Design einer TIM Dwyer et al. (2004), Science 304, 1967-1971 De-novo Design einer TIM TIM Ribose-Binding Protein Scaffold Dwyer et al. (2004), Science 304, 1967-1971 Retraction We wish to retract our Report "Computational design of a biologically active enzyme" (1), which describes triose phosphate isomerase activity in a computationally redesigned ribose-binding protein (RBP) from E. coli. Dr. John P. Richard (Department of Chemistry, Department of Biochemistry, The State University of New York at Buffalo), to whom we provided clones encoding the novoTIM activity, has brought to our attention that the triose phosphate isomerase activity observed in our reported preparations can be attributed to a wild-type TIM impurity--seen in preparations that use a continuous rather than stepwise imidazole gradient (as in the original paper) or that add a second sepharose column. Richard's reanalysis has now also been confirmed by others in the Hellinga laboratory. The interpretations in the original report were based on lack of observed activity in mutant, engineered enzyme that bound substrate, but lacked catalytic residues. Variations in expression levels of designed proteins relative to the amount of contaminating endogenous protein might account for the pattern of observed activities that led to our erroneous conclusions. The in vivo experiments have not been reexamined. We deeply regret that our report of a designed enzyme activity does not live up to closer scrutiny. Nevertheless, we remain optimistic that the problem of structure-based design of enzyme activity will be solved and that novel catalysts will be produced in conjunction with computationally based methods. Science, 1. Februar 2008 Retraction We wish to retract our Report "Computational design of a biologically active enzyme" (1), which describes triose phosphate isomerase activity in a computationally redesigned ribose-binding protein (RBP) from E. coli. Dr. John P. Richard (Department of Chemistry, Department of Biochemistry, The State University of New York at Buffalo), to whom we provided clones encoding the novoTIM activity, has brought to our attention that the triose phosphate isomerase activity observed in our reported preparations can be attributed to a wild-type TIM impurity--seen in preparations that use a continuous rather than stepwise imidazole gradient (as in the original paper) or that add a second sepharose column. Richard's reanalysis has now also been confirmed by others in the Hellinga laboratory. The interpretations in the original report were based on lack of observed activity in mutant, engineered enzyme that bound substrate, but lacked catalytic residues. Variations in expression levels of designed proteins relative to the amount of contaminating endogenous protein might account for the pattern of observed activities that led to our erroneous conclusions. The in vivo experiments have not been reexamined. We deeply regret that our report of a designed enzyme activity does not live up to closer scrutiny. Nevertheless, we remain optimistic that the problem of structure-based design of enzyme activity will be solved and that novel catalysts will be produced in conjunction with computationally based methods. Science, 1. Februar 2008