script psychot I - Klinische Psychologie Mainz

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Prof. Dr. Wolfgang Hiller Stichworte aus den gezeigten Folien zur Vorlesung Klinische Psychologie
Thema: Psychotische Störungen I
Schizophrenie: Mögliche Symptome und klinische Kennzeichen
- zerfahren, inkohärent
- Verlust der Realitätskontrolle
- Halluzinationen
- Wahnvorstellungen
- ungewöhnliche Assoziationen
- unangemessener Affekt
- sozialer Rückzug
- Mutismus
- Stimmenhören
- Gedankenabreißen, ~ eingebung, ~ ausbreitung, ~ lautwerden
- Verfolgungsideen
- katatone Unbeweglichkeit
- „gemachte” Gefühle und Handlungen
- Begriffszerfall, Neologismen
- Erregungszustände
- Ambivalenz
- Sprachverarmung
Berühmtes Beispiel einer Schizophrenie
John Forbes Nash jr., erhielt den Nobelpreis für Mathematik 1994
Lebensgeschichte dargestellt im Hollywoodfilm „A Beautiful Mind“ (2001)
Hauptmerkmale der Schizophrenie
Störung der gesamten Person auf vielen Ebenen: massive Beeinträchtigungen des Denkens, Fühlens,
Wahrnehmens und Handelns
Gemeinsames Merkmal: drastischer Abfall des psychosozialen Funktionsniveaus (Schule/Beruf,
Freundschaften, Selbstversorgung) im frühen oder mittleren Erwachsenenalter, ohne dass hierfür gravierende Ursachen zu finden sind (z.B. traumatische Erlebnisse, Gehirnverletzung)
Leitsymptome: keine Symptome oder Syndrome werden als zwingend spezifisch oder notwendig für
die Diagnose angesehen; am häufigsten sind Wahngedanken (bei ~ 75% aller Pat., oft aber nur zeitweilig)
Positiv- vs. Negativsymptomatik: allgemein akzeptierte Differenzierung zwischen produktiven Symptomen (psychische Funktion ist gesteigert oder verzerrt) und defizitären Symptomen
Positive und negative Symptome
Positiv: Denkstörungen; Wahrnehmungsstörungen; schwere psychomotorische (katatone) Symptome
oder bizarres Ausdrucksverhalten
Negativ: emotionale Verflachung/ Affektverarmung; Kontaktmangel, sozialer Rückzug, Aktivitätsminderung; Antriebsarmut/ Initiativemangel, Interessenverlust, sprachliche Verarmung
Prodromal-, akute und residuale Phasen
Prodromalphase: Absinken des Leistungsniveaus, Rückzug, Konzentrationsprobleme, Schlafstörungen, Kommunikation erschwert
Akute (floride) Phase: Positivsymptome
Residualphase: überwiegend Negativsymptome, soziale Zurückgezogenheit, emotionale Verflachung,
Antriebsarmut, Interessensverlust, sprachliche Verarmung
-2 Historische Entwicklung des Schizophrenie-Konzepts
Diagnose/ Definition geprägt durch die Psychiater Emil Kraepelin (1896: “Dementia praecox”), Eugen
Bleuler (1911: “Gruppe der Schizophrenien”) und Kurt Schneider (1946)
nach Bleuler 2 Symptombereiche; Grundsymptome: Denken, Affektivität und Antrieb, Ambivalenz,
Autismus; akzessorische Symptome (d.h. nicht obligatorisch): Wahn, Halluzinationen, katatone Störungen
nach Kurt Schneider Symptome 1. Ranges: Stimmenhören, Illusionen, Gedankenentzug, -eingebung, ausbreitung, -lautwerden, Beeinflussungserlebnisse, gemachte Körpererlebnisse; Symptome 2. Ranges: sonstige Halluzinationen, einfache Wahnphänomene und Wahneinfälle, einfache Eigenbeziehung
neuere Definitionen nach DSM-IV und ICD-10
Unterschiede zwischen dem Schizophrenie-Konzept in New York und dem in Großbritannien
Das britische Konzept ist enger als das in New York, es überlappt sich nicht mit anderen Störungen
(US-UK Cross National Project; nach Cooper et al. 1972)
Diagnostische Kriterien der Schizophrenie
s. DSM-IV-Manual
-3 Subklassifikation der Schizophrenie
DSM-IV
ICD-10
paranoider Typus
paranoide ~
desorganisierter Typus
hebephrene ~
katatoner Typus
katatone ~
undifferenzierter Typus
undifferenzierte ~
residualer Typus
schizophrenes Residuum
--
postschizophrene Depression
Klassifikation des Längsschnittverlaufs
für Schizophrenie nach DSM-IV; s. DSM-IV-Manual
Klassifikation psychotischer Störungen
DSM-IV
ICD-10
Schizophrenie
Schizophrenie
---
Schizophrenia simplex
Schizophreniforme Störung
Vorübergehende akute psychotische Störung
Schizoaffektive Störung
Schizoaffektive Störung
Wahnhafte Störung
Wahnhafte Störung
[Schizotypische Persönlichlichkeitsstörung] Schizotype Störung
Psychotische Störung NNB
Andere/ nicht näher bezeichnete psychotische
Störung
-4 Diagnostik der Schizophrenie: Unterschiede zwischen DSM-IV und ICD-10
Mindestdauer der Symptomatik:
• DSM-IV: 6 Monate kontinuierlich (inkl. prodromaler, florider und residualer Episoden)
• ICD-10: floride Phase fast ständig mind. 1 Monat lang
Differenzialdiagnostische Entscheidungsregeln, falls zusätzlich affektive Syndrome vorliegen:
• DSM-IV: keine oder nur kurzdauernde affektive Episoden gleichzeitig mit den floriden schizophrenen Symptomen (ansonsten schizoaffektive oder affektive Störung)
• ICD-10: keine affektiven Episoden oder Erstauftreten der schizophrenen Symptome vor den affektiven Episoden (ansonsten schizoaffektive oder affektive Störung)
dadurch kommt es zu nicht unerheblichen Diskrepanzen abhängig davon, ob die Schizophrenie nach
DSM-IV oder ICD-10 diagnostiziert wird; ICD-10-Schizophrenien sind deutlich häufiger als DSMIV-Schizophrenien, dagegen wird die schizophreniforme Störung nach DSM-IV häufiger diagnostiziert als ihr ICD-10-Äquivalent (vgl. Hiller, W., Dichtl, G., Hecht, H., Hundt, W., von Zerssen, D.
(1993). An empirical comparison of diagnoses and reliabilities in ICD-10 and DSM-III-R. European
Archives of Psychiatry and Clinical Neuroscience, 242, 209-217)
Differenzialdiagnose der Schizophrenie: Organisch bedingte oder substanzinduzierte Psychosen
Psychotische Störung aufgrund eines medizinischen Krankheitsfaktors: z.B. bei Durchblutungsstörungen des Gehirns, Gehirntumoren, Hirnverletzungen, schweren Epilepsien (wie Temporallappenepilepsie), infektiösen Krankheiten (Fieberdelirien, Syphilis), Mangel- und Fehlernährung, Hormonstörungen (Cushing-Syndrom), Vergiftungen (z.B. Kohlenmonoxydvergiftung), degenerativen Erkrankungen
(wie Chorea Huntington
Substanzinduzierte psychotische Störung: z.B. Amphetamine und Kokain ( Wahnphänomene und
Halluzinationen), Phencyclidin ( Mischung aus positiven und negativen Symptomen), Alkoholmissbrauch ( Halluzinationen); manchmal werden psychotische Symptome durch Substanzkonsum aufrechterhalten oder verschlimmert
Schizophrenie: Komorbidität
ECA-Studie: bei 91% mindestens eine weitere psychische Störung (47% Substanzmissbrauch); Alkolholabhängigkeit oder -missbrauch bei 30-50%; Cannabiskonsum bei 15-25%; Kokainkonsum bei 510%; starker Nikotinkonsum (> 3/4 aller schizophrenen Pat. rauchen Zigaretten)
Diagnostik der Schizophrenie
• seit den 50er Jahren eine Vielzahl von mittlerweile „klassischen“ Fremdbeurteilungsverfahren
entwickelt (z.B. IMPS, BPRS, AMDP)
• später zunehmende Differenzierung und Ausweitung der diagnostisch relevanten Bereiche:
1. Dimensionalität schizophrener Symptomatik:
- Positive Symptomatik (reality distortion)
- Desorganisationsfaktor (disorganization and thought disorder)
- Negative Symptomatik (psychomotor poverty syndrome)
2. Weitere relevante Bereiche:
- Lebensqualität
- Soziale und berufliche Funktionsfähigkeit
- Beeinträchtigungen durch unerwünschte Nebenwirkungen von Medikamenten
-5 Fremdbeurteilungsverfahren zur Erfassung psychotischer Symptomatik
Verfahren
Items und Auswertung
Merkmale
Brief Psychiatric Rating Scale
18 Items (Symptomkomplexe), 5 Sub- „Klassiker“; in großer Zahl
(BPRS) [Overall & Gorham 1962] skalen; 10-Item-Skala für Schizophrenie von Studien verwendet
Inpatient Multidimensional
90 Items, 12 Subskalen; 3 schizophrePsychiatric Scale (IMPS) [Hiller et niespezifische Skalen
al. 1986]
allgemeine und mehrdimensionale Skala
AMDP-System [AMDP 2000]
140 Items, 9 Subskalen; 3 schizophreniespezifische Skalen
allgemeine und mehrdimensionale Skala
Scale for the Assessment of Positive Symptoms / Scale for the Assessment of Negative Symptoms
(SAPS/SANS) [Andreasen 1983,
1984]
SAPS: 4 Bereiche mit 4-13 Items;
speziell für schizophrene StöSANS: 5 Bereiche mit 3-6 Items; ferner rungen entwickelt
jeweils Globalskala
Positive and Negative Syndrome
Scale (PANSS) [Kay 1991]
Plus- und Minusskala mit jeweils 7
speziell für schizophrene StöItems; Psychopathologische Globalskala rungen entwickelt
Bonner Skala für die Beurteilung
von Basissymptomen (BSAB
[Gross et al. 1987]
98 Items; Bereiche: direkte und indirek- kann u.a. für Identifikation
te Minussymptome, Denken, Wahrvon Frühsymptomen eingenehmung, Handlung
setzt werden
Calgary Depression Rating Scale
for Schizophrenia (CDSS)
[Addington et al. 1993]
9 Items, 1 Dimension
depressive Symptomatik bei
Schizophrenie
Intentionalitätsskala (InSka)
[Mundt et al. 1985]
60 Items, Gesamtscore
Schizophrene Residualsymptome
Berliner Lebensqualitätsprofil
(BELP) [Priebe et al. 1995]
152 Items, 8 Dimensionen; Arbeit und
Beschäftigung, Wohnen, Freizeit
Lebensqualität speziell bei
schizophrenen Pat.
Premorbid Adjustment Scale Prämorbide Anpassungsskala
(PAS) [Cannon-Spoor et al. 1995;
Kapfhammer 1995]
4 Bereiche; sexuelle, soziale und beruf- prämorbide Anpassung
liche Anpassung
Disability Assessment Schedule Mannheimer Skala zur Einschätzung sozialer Behinderung (DASM) [Jung et al. 1989]
10 Skalen, 1 Globalskala; Eigenfürsor- soziale Anpassung im außerge, Freizeitgestaltung, Verlangsamung, klinischen sozialen Umfeld
soziale Kompetenz, Mitarbeit im Haushalt, sexuelle Aktivität, Beziehung zu
Freunden, Interesse an Berufstätigkeit,
allgemeine Interessen, Verhaltens in
Krisensituationen
Nurses Observation Scale for Inpa- 30 Items, 3 positive/ 4 negative Fakto- soziale Anpassung im innertient Evaluation (NOSIE) [Honig- ren; Anpassungsfähigkeit, soziales Inklinischen Umfeld
feld et al. 1986]
teresse, Sauberkeit, Reizbarkeit, manifeste Psychose, Retardierung, Depression
-6 Dimensionen psychotischer Symtomatik
Faktorenstruktur nach Varimax-Rotation schizophrener Symptome; Datenbasis: Globale Einstufung
auf SANS/SAPS über 243 konsekutiv aufgenommen Pat. mit schizophrener oder schizophreniformer
Störung (nach Andreasen et al., 1995)
Faktoren
Symptome
Negativ
Desorganisiert
Psychotisch
Antriebsmangel
0,83
0,13
0,17
Anhedonie
0,82
0,18
0,11
Affektverflachung
.0,81
-0,11
0,04
inadäquater Affekt
0,06
0,80
-0,11
Denkstörungen
-0,05
0,75
0,27
bizarres Verhalten
0,43
0,60
0,25
Wahn
0,07
0,18
0,82
Halluzinationen
0,17
0,01
0,75
erklärte Varianz
28%
21%
18%
Selbstbeurteilungsverfahren zur Erfassung psychotischer Symptomatik
Verfahren
Items und Auswertung
Merkmale
Frankfurter Beschwerde-Fragebogen
(FBF) [Süllwold 1991]
98 Items, 10 phänomenologische Basissymptome
Skalen
Frankfurter Befindlichkeits-Skala (FBS)
[Süllwold & Herrlich 1987]
36 Items, Summenwert
Befindlichkeiten
Paranoid-Depressivitäts-Skala (PD-S)
[von Zerssen 1976]
2 Parallelformen mit jeweils 43
Items; 2 Skalen und
Krankheitsverleugnung
depressiv-paranoides
Erleben
Snaith-Hamilton-Pleasure-Scale (SHAPS) 14 Items, Gesamtwert
[Snaith et al. 1995, Franz et al. 1998]
Anhedonie
Subjective Wellbeing Under Neuroleptic
Treatment (SWN) [Naber 1995]
Nebenwirkungen
38 Items, 5 Skalen
Social Functioning Scale (SFS) [Dikkerson
et al. 1997]
soziale Adaptation
Fragebogen zur Erfassung der Familienatmosphäre (FEF) [Feldmann et al. 1995]
Familienatmosphäre
Dysfunctional Working Models
Scale (DWMS) [Perris et al. 1998]
Dysfunktionale Kognitionen
-7 Epidemiologie der Schizophrenie
Lebenszeitprävalenz: 1-1,5%; etwa ein Drittel muss stationär behandelt werden; Anteil in psychiatrischen Kliniken 50-70%
Soziodemographische Merkmale: Männer und Frauen entwickeln die Störung etwa gleichhäufig; Erkrankungsbeginn bei Frauen später; Onsetspitzen bei Männern 20-24 J., bei Frauen 25-29 J.; Onset vor
10. und nach 50. Lj. extrem selten
Sozioökonomischer Status: öfters bei niedrigem Sozialstatus in westlichen Ländern ( DownwardDrift vs. Social-Causation-Hypothese)
Stadt-Land-Verteilung: Prävalenzraten Großstädte > Kleinstädte > ländliche Gebiete; Kinder
von schizophrenen Eltern oder Elternpaaren entwickeln in Großstädten häufiger eine Schizophrenie als
in ländlichen Gemeinden ( Hinweis auf soziokulturelle Einflussfaktoren)
Kulturelle Unterschiede: nicht markant bzgl. Häufigkeit und Erscheinungsform; kommt unter allen
gesellschaftlichen, ethnischen und ökonomischen Bedingungen in ähnlicher Form vor
Verlauf der Schizophrenie
diverse Verlaufsmuster: Beginn akut oder langsam einschleichend, Dauer begrenzt (phasenhaft) oder
chronisch
Verlaufshäufigkeiten: 25% nur 1 Phase; 50% mehrere Phasen mit psychosozialen Beeinträchtigungen;
25% chronischer Verlauf; nach 10-20 Jahren kann es zu deutlichen Besserungen der Symptomatik und
des Wohlbefindens kommen
Verlaufsbesonderheiten bei Frauen: milderer Verlauf, bessere Reaktion auf Neuroleptika, manchmal
Verschlechterung vor Menstruation oder nach einer Geburt; während Schwangerschaft meistens Besserung
Suizidrisiko hoch; etwa 50% aller Betroffenen begeht mindestens 1x im Leben einen Suizidversuch
(keine Geschlechtsunterschiede); Follow-up-Studie nach 20 Jahren: 10-15% an Suizid verstorben
Hauptrisikofaktoren für Suizid: depressive Symptome, junges Alter, hohes prämorbides Funktionsniveau
-8 Die Verlaufsstudien von Häfner und Mitarbeitern
Studien von Häfner et al. (z.B. 1995, 1998, 2000) mit Hilfe eines strukturierten Interviews (IRAOS)
zur retrospektiven Erfassung von Vorläufersymptomen bei schizophrenen Ersterkrankungen
Instrument for the Retrospective Assessment of the Onset of Schizophrenia (IRAOS; Häfner et
al. 1998)
Messdimensionen
Instrumente
Prämorbide Anpassung
Premorbid Adjustment Scale (PAS)
Veränderungen in soziodemographischen Past History and Sociodemographic Description
Variablen
Schedule (WHO, PHSD)
Veränderungen in soziodemographischen Psychiatric and Personal History Schedule (WHO,
Variablen und erste Symptome
PPHS)
Soziale Behinderung
Disability Assessment Schedule (WHO, DAS-M)
Prodromi
Bonn Scale for the Assessment of Basic Symptoms
(BSABS)
Psychopathologie
Present State Examination (PSE)
Negativsymptome
Present State Examination (PSE)
Studie zu Dauer und Form des Frühverlaufs (nach Häfner, 2000)
-9 Onset der Schizophrenie (Häfner 1995)
• häufigste 10 Zeichen/Symptome initialer Erkrankungsmanifestation (verlaufsunabhängig): Unruhe, Depression, Angst, Denk- und Konzentrationsstörungen, Sorgen, mangelndes Selbstvertrauen,
Energieverlust, Verlangsamung/Verschlechterung des Arbeitsverhaltens, sozialer Rückzug mit
Misstrauen bzw. Kommunikationsdefiziten; diese traten im Schnitt 5-7 Jahre vor der Ersthospitalisierung auf
• Art des Erkrankungsbeginns: bei 40% schleichende Entwicklungsverläufe mit Negativsymptomen
im Vordergrund (bei jeglichem Fehlen von initialer Positivsymptomen); bei 40% initiale Positivsymptome; bei 20% Mischsymptomatik
dazu Studie von Häfner zum Onset:
(a) akuter Beginn = Prodromalphase < als 1 Monat, bei 17% der Fall, meist beginnt die Störung direkt mit der Positivsymptomatik ohne Prodromalphase
(b) subakuter Beginn = Prodromalphase 1 Monat - 1 Jahr, bei 18% der Fall
(c) schleichender oder chronischer Beginn = Prodromalphase > als 1 Jahr, bei 65% der Fall
Aufgliederung von Negativsymptomen nach Häfner & Maurer (1991)
Langfristig stabile negative Symptome: stehen mit prämorbiden Persönlichkeitszügen oder kognitiven
Defiziten in Verbindung; sind wahrscheinlich Ausdruck neuropsychologischer Defizite aufgrund von
Hirnentwicklungsstörungen
Veränderliche negative Symptome: direkter Ausdruck eines psychotischen Prozesses, kovariieren mit
der Positivsymptomatik
Residualsymptome: treten erstmals nach einer psychotischen Episode auf und akkumulieren über die
Zeit zu einem Defizitsyndrom
Negativsymptome als (inadäquate) Bewältigungsversuche einer erlebten erhöhten Vulnerabilität: beispielsweise sozialer Rückzug oder Vermeidung intensiver Emotionen als Schutzmechanismus gegen
ein Rückfallrisiko
Institutionalisierungssyndrom: als Folge langfristiger sozialer und emotionaler Unterstimulation im
psychiatrischen Krankenhaus
- 10 Schweizer Langzeit-Verlaufsstudien der Schizophrenie
A: Bleuler (1941), N = 316, Katamnesedauer 10 - 15 J.
B: Bleuler (1972), N = 208, Katamnesedauer 23 J.
C: Ciompi & Müller (1976), N = 218, Katamnesedauer 37 J.
Prognostische Faktoren der Schizophrenie
Bessere Prognose: Frauen, verheiratet, später Onset, offensichtlich erkennbare Auslöser, akutes Einsetzen der Symptomatik, gute prämorbide soziale, sexuelle und berufliche Anpassung, affektive Störungen in der Familienanamnese, guter social support, positive Symptome
Schlechtere Prognose: Männer, alleinstehend, geschieden oder verwitwet, früher Onset, keine Auslöser, langsames Einsetzen, niedriges prämorbides Funktionsniveau, Rückzug, einzelgängerisches Verhalten, Schizophrenie in der Familienanamnese, schlechter social support, negative, Symptome, hebephrener Typus, neurologische Auffälligkeiten, perinatales Trauma in der Vorgeschichte, keine Remission innerhalb von 3 Jahren, viele Rezidive, Vorgeschichte von Gewaltbereitschaft
- 11 Ätiologie der Schizophrenie
Ein einheitliches Modell zur Ätiologie und Pathogenese der Schizophrenie existiert bis heute nicht;
dennoch sind eine Vielzahl von ätiologischen und Risikofaktoren bekannt:
• Genetik
• Biologische Faktoren (z.B. ZNS, Hormonregulation)
• Psychophysiologische Dysregulationen
• Informationsverarbeitung und kognitive Defizite
• Familiäre Interaktion
Ätiologie der Schizophrenie: Genetik
Beteiligung genetischer Faktoren gilt als gesichert (Studien mit verschiedenen Methoden)
Lebenszeitmorbiditätsrisiko: ~ 48% für eineiigen Zwillingspartner eines schizophrenen Pat.; ~ 46%
für Kind bei zwei schizophrenen Elternteilen; ~ 13% für Kind bei einem schizophrenen Elternteil
(McGue & Gottesman 1989)
Genetische und nicht-genetische Faktoren: Adoptierte Kinder von schizophrenen Pat. haben ein erhöhtes Risiko; jedoch entwickelt sich bei “gesunden” seltener als bei “ungesunden” Adoptiveltern eine
Schizophrenie (Studie aus Finnland: Tienari 1991)
Studien zur Genetik der Schizophrenie (I): Prävalenz der Schizophrenie in speziellen Populationen (nach Kaplan et al. 1994)
Population
Prävalenz (%)
Allgemeinbevölkerung
1
Geschwister (Nichtzwilling) eines schizophrenen Patienten
8
Kind mit einem schizophrenen Elternteil
12
Dizygoter Zwilling eines schizophrenen Patienten
12
Kind von zwei schizophrenen Elternteilen
40
Monozygoter Zwilling eines schizophrenen Patienten
47
Studien zur Genetik der Schizophrenie (II): Auf dreierlei Weise definierte Konkordanz bei
ein- und zweieiigen Zwillingen (nach Gottesman & Shields (1972)
Eineiige Zwillinge
(% Konkordanz)
Zweieiige Zwillinge
(% Konkordanz)
1. Hospitalisiert und als schizophren diagnostiziert
42
9
2. Hospitalisiert, jedoch nicht schizophren,
plus diejenigen mit Konkordanz 1. Grades
54
18
3. Nicht hospitalisiert, jedoch abnorm,
plus diejenigen mit Konkordanz 1. und 2. Grades
79
54
Definition der Konkordanz
- 12 Studien zur Genetik der Schizophrenie (III): Inzidenz der Schizophrenie und verwandter Störungen in den biologischen Familien von schizophrenen und Kontroll-Adoptivkindern (nach
Kerry et al. 1976)
sichere
+
Schizophrenie
fragliche
Schizophrenie
+
Schizoide oder
inadäquate Pers.- =
Störung
Spektrum
Gesamt
Biologische Verwandte schizophrener Adoptivkinder
6.4%
+
7.5%
+
7.5%
=
21.4%
Biologische Verwandte gesunder
Adoptivkinder
1.7%
+
1.7%
+
7.5%
=
10.9%
Ätiologie der Schizophrenie: Biologische Faktoren
Hypothesen
Befunde
Interpretation
#1: Störung des
Dopaminsystems
• gesteigerte Aktivität dopaminerger Neurone geht DA-Transmittersystem ist
mit Akutsymptomen (Halluzination, Wahn) einher (Liquor- und Plasmabefunde)
• Amphetamine und andere Substanzen erhöhen
die dopaminerge Aktivität ( Akutsymptome)
• Neuroleptika blockieren postsynaptische Dopaminrezeptoren
• Hinweise für dopaminerge Unterfunktion im
mesokortico-präfrontalen System und Zusammenhang mit Negativsymptomen
sehr komplex, verschiedene
Rezeptortypen sind in unterschiedlichen Hirnregionen
lokalisiert; exakte Zusammenhänge unklar
#2: Hirnanatomische
Veränderungen
• neuroradiologisch am häufigsten Vergrößerung
[1] strukturelle Veränderungen evtl. bereits vorbestehender Risikofaktor
[2] evtl. 2 verschiedene
Formen der Schizophrenie
[3] evtl. gar keine kausalen
Zusammenhänge
#3: Störung des
Immunsystems
• geringfügige Erhöhung der Geburtsraten Schizo- unklar
#4: Hormonelle
Störung
• Erstauftreten bei Frauen durchschnittlich 4.5
Gesteigert 
Positivsymptome
Reduziert 
Negativsymptome
(Atrophie) der Seitenventrikel, auch des 3. und
4. Ventrikels gefunden; z.T. auch geringeres
Volumen im Temporallappen
• Auffälligkeiten nehmen im Verlauf nicht zu
• Auffälligkeiten bestehen nur bei etwa einem
Drittel der Pat.; diese Pat. haben tendenziell
mehr Negativsymptome und schlechteren Verlauf
phrener nach Grippeepidemien
Jahre später (Häfner 1995)
• Spätschizophrenien bei Frauen häufiger
Östrogenproduktion
 antidopaminerge Wirkung; exakte Zusammenhänge unklar
- 13 Hirnanatomische Befunde
Einzelfallvergleich: MRT-Transversalschnitt des Gehirns eines schizophrenen Patienten (links) und
eines geschlechts- und altersparallelisierten Kontroll-Probanden (rechts); deutlich sind bei dem schizophrenen Patienten die Erweiterungen der Seitenventrikel erkennbar
Ätiologie der Schizophrenie:Kognitive Defizite und psychophysiologische Faktoren
allgemein: Störungen des Prozesses der Reizaufnahme und Reizverarbeitung (Informationsverarbeitung)
 Aufmerksamkeits-, Wahrnehmungs- und Denkprozesse nach relevanten und irrelevanten
Merkmalen steuern
 Wahrgenommenes in passende, übergeordnete Zusammenhänge einordnen
 unterschiedliche Gedankengänge vereinheitlichen
 vorhandene Denkschemata flexibel handhaben
Ätiologie der Schizophrenie:Kognitive und psychophysiologische Faktoren
• Orientierungsreaktion: bei Schizophrenen schwächer ausgeprägt als bei Gesunden; allerdings keine Unterschiede mehr, wenn auf ein Signal hin eine Reaktion erfolgen soll (Reaktionsanforderung)
• Aufmerksamkeit und Reizbewertung: Schizophrene differenzieren weniger genau zwischen relevanten und irrelevanten Reizen (nachweisbar auch mittels hirnelektrischer Parameter)
• Reizdifferenzierung: schlechtere Differenzierungsleistungen z.B. im SAT (Span of Apprehension
Test; etwa Asarnow et al. 1978)
• Ablenkbarkeit: Reizselektion bei Schizophrenen offenbar bereits in einem frühen Stadium der
Informationsverarbeitung gestört (Modell des “defekten Filters” nach Broadbent 1958)
• Assoziatives Denken: bei Studien im Rahmen der assoziativen Netzwerktheorie zeigte sich ein
schnellerer Aufbau von assoziativen Verbindungen bei Schizophrenen
Aufmerksamkeitsstörung bei Schizophrenie
Filter-Modell: defekte Selektion bei der Reizaufnahme (z.B. McGhie & Chapman, 1961; Payne, 1966)
Set-Modell: Erwartungshaltung, Reaktionsbereitschaft (Shakow, 1962, 1971)
Informationsverarbeitung bei Schizophrenie
Konkretheitsmodell: reduzierte Fähigkeit zur Abstraktion (Goldstein, 1939; Payne, 1970;
Holm-Hadulla, 1982)
Overinclusion-Modell: mangelhafte Diskrimination (Cameron, 1951)
- 14 Neuropsychologische und leistungsdiagnostische Verfahren zur Erfassung des neurokognitiven
Behinderungsprofils bei Schizophrenie
Bereich
Aufmerksamkeit
- selektive Aufmerksamkeit
Verfahren
Continuous Performance Test (Sensitivitätsindex d’ der
Degraded Stimulus Version); Zahlen-Symbol-Test aus dem
HAWIE-R; Stroop-Test
- Vigilanz und Aufmerksamkeit
Continuous Performance Test (Diskriminationsabfall vom
ersten bis zum letzten Drittel)
- Informationsverarbeitungstempo
Trail-Making-Test A: einfache Reiz-Reaktions-Aufgaben
Wortflüssigkeit (divergentes Denken)
IST-Wortflüssigkeit
Exekutive Steuerungsfunktion
- kognitive Umstellungsfähigkeit, Planung
Wisconsin Card Sorting Test (WCST) Trail-Making-Test B
(TMT B)
Planung
Labyrinth-Test
Tower Tests (z.B. Tower of Hanoi, Tower of London)
Gedächtnis
Logical Memory in der WMS-R (Wechsler Memory Scale
- revised)
Rey Auditory Verbal Learning Test (dt.: Verbaler Lernund Merkfähigkeitstest)
Phonological looping (working memory)
Zahlen nachsprechen - vorwärts (digits forward)
Arbeitsgedächtnis (working memory, executive system)
Letter Number Span (Gold et al. 1997)
Raumvorstellung
Mosaik-Test aus dem HAWIE-R
Ätiologie der Schizophrenie: Psychosoziale Faktoren
Stichworte:
− Verhaltensauffälligkeiten in Kindheit und Schulzeit
− Social-Stress- vs. Social-Selection-Modell
− Soziale Schichtzugehörigkeit
− Lebensverändernde Ereignisse
− Persönlichkeit und Emotionalität der Mutter
− Double Bind (Bateson et al. 1956)
− Expressed Emotion (EE)
− Familiäre Kommunikation (CD)
- 15 Störungen des Sozialverhaltens bei Schizophrenie
Empirisch belegt:
− gestörte Aufnahme und Verarbeitung sozialer Reize (z.B. undifferenzierteres Erkennen von Gesichtern, Fehlbewertung von Mimik, Unsicherheit über den Kontext)
− vermehrte unerwartete und unverständliche soziale Verhaltensweisen (v.a. in sozialen Situationen
mit besonderer emotionaler Bedeutung)
− gestörte Kommunikation und zwischenmenschliche Beziehungen (z.B. unklares Kontaktverhalten
besonders in emotional belastenden Situationen; Schwierigkeiten bei der Aufnahme und Weiterentwicklung persönlicher Beziehungen)
− gestörte verbale Kommunikation (z.B. Sprachverarmung, Zerfahrenheit, Verlieren des “roten Fadens”, schwer nachvollziehbare Logik, bizarre bildhafte Ausdrücke, Umständlichkeit)
Hochrisikostudien zur Schizophrenie
Kopenhagen-Studie (seit 1962):
207 Kinder schizophrener Mütter und 104 Nachkommen normaler Eltern und Großeltern untersucht;
bei Beginn des Projekts alle untersuchten Personen klinisch normal; psychologische und physiologische Tests, Hebammenberichte, Schulberichte über Sozialverhalten u.a. ausgewertet; Nachkommen
nach 5, 10 und 18 Jahren von unabhängigen Psychiatern diagnostiziert (in Schizophrenie, ~ verwandte
Störungen, ungestört)
Nachkommen (%)
Schizophrene
SchizophrenieSpektrum
passive Babies
54
27
geringe Aufmerksamkeitsspanne beim Spiel
50
26
geringe Affektkontrolle in
der Schule
18
4
Variable
Gesunde
7
11
0
Weitere Befunde aus der Kopenhagen-Studie:
(1) Gesunde hatten im Alter von 15 J. eine bessere soziale Kontaktaufnahme und weniger „leichte
formale Denkstörungen“
(2) in einem Konditionierungsexperiment (76 dB Geräusch gepaart mit neutralem Summton auf elektrodermale Aktivität) zeigten Schizophrene seltener eine Habituation und generalisierten stärker
auf ähnliche Reizbedingungen
- 16 Schizophrenie und familiäres Klima
frühere Konzepte der “schizophrenogenen Mutter” (Fromm-Reichmann 1948) oder der charakteristischen “Double-Bind-Konstellation” (z.B. Bateson et al. 1956) gelten heute als empirisch unbelegt.
• Konzept der Communication Deviance (CD) von Wynne & Singer (1963): Muster einer ambivalenten, fragmentierten, z.T. bizarren Kommunikation bei gleichzeitig geringer Aufmerksamkeit
und unklarem Bedeutungsgehalt; gestörter Kommunikationsfluss zwischen den Familienangehörigen
• Konzept des Expressed Emotion (EE) von Brown et al. (aus den 60/70er Jahren): Emotionsausdruck in der Familie gekennzeichnet durch (a) viel persönliche und globale Kritik, (b) Ausdruck
von Feindseligkeit, (c) emotionales Überengagement bzgl. des Pat.
Camberwell Family Interview (CFI) [Brown et al. 1972]
… mit wichtigsten Bezugspersonen des Pat.; halbstandardisiertes Gespräch von 1-2 Std. Dauer; trainierte Rater schätzen verbal und nonverbal ausgedrückte Einstellungen und Gefühle gegenüber Pat.
auf 3 Skalen ein:
• Kritik: Missbilligung, Ärger, Abneigung, Groll gegenüber Pat. (z.B. „Im ganzen Haus lässt sie das
Licht brennen“, „Es ist schlimmer geworden, nichts räumt er auf … er tut überhaupt nichts“)
• Feindseligkeit: generalisierende und persönlich abwertende Einstellungen (z.B. „Der ist einfach
stinkfaul“, „So was Dusseliges und Nichtsnutziges habe ich noch nicht erlebt“)
• Emotionales Überengagement: (a) extreme Sorge oder Fürsorglichkeit (z.B. Abhängigkeit des
eigenen Zustands vom Pat., „Ich denke ständig daran, was aus ihm werden soll“) und (b) Aufopferung (z.B. große persönliche Einschränkungen, „Ich tue alles für ihn, wenn es ihm nur gut geht“)
Anteil als "Hoch-EE" klassifizierter Familien (Jenkins et al. 1986)
am höchsten in Studien in London, Aarhus und bei Anglo-Amerikanern (bei etwa 60% in den Familien Schizophrener), niedriger in Chandigarh und bei Mexico-Amerikanern (20-30%)
Expressed Emotion (EE) und Rückfallquoten in 7 Studien (Liberman et al. 1987)
überall höhere Rückfallquoten in Hoch-EE-Familien
- 17 Rückfälle unter Familienbetreuung vs. Routine-/Einzelbehandlung von schizophrenen Patienten
aus Hoch-EE-Familien bei 9- und 24monatiger Katamnese (Kavanagh 1992)
0 - 9 Monate
Studien
0 - 24 Monate
Familienbetreuung
Routine- und
Einzeltherapie
Familienbetreuung
Routine- und
Einzeltherapie
Leff et al. (1982, 1985)
8%
50%
50%
75%
Falloon et al. (1982,
1985)
6%
44%
17%
83%
Köttgen et al. (1984)
33%
50%
--
--
Hogarty et al. (1986,
1987)
19%
28%
32%
66%
Tarrier et al. (1988,
1989)
12%
48%
33%
59%
Leff et al. (1989, 1990)
8%
--
33%
--
Median
10%
48%
33%
71%
Studie zum Rückfallrisiko schizophrener Patienten (Malla et al. 1990)
Fragestellung: Erhöhen lebensverändernde Ereignisse (LVE) das Risiko eines Rückfalls bei schizophrenen Patienten?
Methode: 21 Pat. mit Schizophrenie (DSM-III-R) wurden nach der Entlassung aus der stationären
Behandlung ein Jahr lang mindestens alle 2 Wochen gesehen
Erhobene Variablen: LVE (symptomabhängig und -unabhängig), kleinere Belastungen, psychotische
Symptomatik [alles standardisiert]
Rückfalldefinition: Wiederauftreten positiver Symptome während mindestens einer Woche
Ergebnisse #1: Mittlere Anzahl LVE bei rückfälligen (N=7) und stabilen Patienten (N=14), bezogen
auf ein Jahr. Größere und kleinere Ereignisse wurden zusammengefasst
Ereignisse
rückfällig
stabil
Signifikanz
unabhängige Ereignisse
6,2
3,5
p < .05
abhängige Ereignisse
1,6
2,5
n.s.
alle Ereignisse zusammen
7,3
5,8
n.s.
Ergebnisse #2: Mittlere Anzahl lebensverändernder Ereignisse a) in den drei Monaten vor einem
Rückfall, b) in den drei anderen Monaten nicht vor einem Rückfall, c) in den drei Vergleichsmonaten
bei den stabilen Patienten
Rückfällige Patienten
Ereignisse
Stabile Patienten
a) vor Rückfall
b) Vergleichszeit
c) Vergleichszeit
größere Ereignisse
1,1
0,6
0,6
kleiner Belastungen
0,8
0,5
0,3
alle Ereignisse
1,9
1,1 (a)
0,9
(a) Vergleich vor Rückfall vs. Vergleichszeit bei rückfälligen Patienten: p < .06
- 18 Zusammenhang zwischen EE und psychophysiologischer Aktivierung
• Annahme: Hoch-EE geht einher mit stärkerer physiologischer Aktivierung
• Studie von Tarrier et al. (1979): bei schizophrenen Pat. (aktuell in Remission) stieg die elektrodermale Aktivität (EDA) beim Eintreten von Angehörigen, die hohe EE-Werte im Interview hatten, an und das Erregungsniveau blieb dann während der gesamten Anwesenheit der Verwandten
hoch; dagegen kam es zu einem Absinken der EDA bei Angehörigen mit niedrigen EE-Werten
Zusammenhang zwischen EE und tatsächlichem Interaktionsverhalten
• Annahme: Hoch-EE geht einher mit negativerer familiärer Interaktion
Studie von Hahlweg et al. (1995): Schizophrene Pat. und ihre Familien wurden gebeten, familiäre
Konflikte zu besprechen
Ergebnisse:
− Hoch-EE-Angehörige mit hohen Kritik-Scores waren nonverbal negativer, kritisierten mehr; auch
die jeweiligen Pat. waren nonverbal negativer, äußerten mehr Rechtfertigungen, lehnten Verantwortung für die diskutierten Probleme ab
− In Hoch-EE-Familien kam es häufiger zu langandauernden verbalen und nonverbalen negativen
Eskalationen
− Pat. mit weniger starker Störung wurden von den Angehörigen mehr für ihre Symptomatik verantwortlich gemacht („böser Wille“, „Faulheit“, „Desinteresse“) als Pat. mit gravierender Störung
Expressed Emotion und Rückfallrisiko
Diagnose
Hoch-EE
Niedrig-EE
Schizophrenie
48%
21%
Depression
64%
11%
Bipolare Störungen
90%
54%
nach: Hahlweg & Dose, 1998
- 19 Vulnerabilitäts-Stress-Modell der Schizophrenie
[Stand: WS 2011/12]
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