Extrazelluläre Cyclophiline in Autoimmunerkrankungen und

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Fischer, Gunter | Extrazelluläre Cyclophiline in Autoimmunerkrankungen und ...
Tätigkeitsbericht 2009/2010
Struktur- und Zellbiologie
Extrazelluläre Cyclophiline in Autoimmunerkrankungen und
chronischen Entzündungen
Fischer, Gunter
Max-Planck-Forschungsstelle für Enzymologie der Proteinfaltung, Halle/Saale
Forschungsbereich – Enzymologie der Proteinfaltung
Korrespondierender Autor
E-Mail: [email protected]
Zusammenfassung
Bei der Suche nach pharmakologischen Wirkstoffen gilt die Verfügbarkeit eines Stoffes im Zellinneren als ein Kriterium für einen erfolgversprechenden Kandidaten. Die Arbeitsgruppe um
Gunter Fischer hat Hemmstoffe für Faltungshelferenzyme vom Typ der Cyclophiline entwickelt, die
ausschließlich die extrazelluläre Fraktion der Enzyme angreifen. Gebunden an die intrazelluläre
Enzymfraktion führt der Hemmstoff zur Verschlechterung des Immunstatus und zu Nierenschäden.
Die Forscher erhoffen sich von dieser ortsspezifischen Wirkung einen Zugang zu nebenwirkungsarmen Therapeutika für allergische Erkrankungen wie Asthma und rheumatische Arthritis.
Abstract
Cell penetration is considered a major precondition for the development of a promising drug
candidate. The Fischer group has designed cell impermeant inhibitors of extracellular cyclophilins, enzymes assisting other proteins in their proper folding. Intracellular cyclophilins remain
enzymatically active if the inhibitors are delivered to an organism. A common warhead capable
of inhibiting cyclophilins will cause immunosuppression and kidney injury when allowed to bind
to the intracellular cyclophilin fraction. A sitespecific extracellular action of the newly developed
inhibitors suggests future agents can lead to improved therapies.
Die pharmakologische Hemmung von krankheitsbedingt erhöhten Enzymaktivitäten im Organismus
führt dann zur schnellen und erfolgreichen Entwicklung von Medikamenten, wenn der Hemmstoff
ausschließlich nur das krankheitsrelevante Enzym und keines seiner nahen Verwandten in seiner
Aktivität beeinflusst und wenn nur diejenige Enzymfraktion im Körper deaktiviert wird, die als
wichtig für das jeweilige Krankheitsgeschehen erkannt worden ist. Das bereits seit Jahren in der
Transplantationsmedizin eingesetzte Medikament Cyclosporin A (CsA) ist nach dieser Definition ein
Breitband-Hemmstoff für die Prolyl-cis/trans-Isomerase-Aktivität der meisten menschlichen Cyclophiline. Cyclosporin A ist zudem nicht ortsspezifisch und bindet bei der medikamentösen Therapie
auch an die Cyclophiline solcher Zelltypen, die für das Krankheitsgeschehen irrelevant sind. Dieses
Verhalten führt zu der Notwendigkeit einer höheren Dosierung, wenn man die gewünschte
Wirkung erhalten will, und damit zwangsläufig auch zu vermehrt auftretenden Nebenwirkungen.
Unsere Strategie zur Hemmung der extrazellulären bei gleichzeitiger Aussparung der Hemmung der
intrazellulären Cyclophiline beruht auf einem modularen Konzept. Dabei gehen wir von der für
Cyclophiline stark inhibitorischen Grundstruktur des Cyclosporin A aus, das in 8-Position substituiert
wurde. Durch die Verwendung der funktionalisierten Seitenkette in diesem Cyclosporin-A-Derivat
lassen sich über eine zentrale Verankerung an einem Trimesinsäure-Amid zusätzlich zwei weitere
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molekulare Funktionen chemisch anheften. Diese beiden Substitutionen dienen zum einen dazu, das
Cyclosporin-Derivat im Zellverband fluoreszenzspektroskopisch zu lokalisieren und zum anderen,
dessen Eintritt in das Zellinnere zu verhindern, um die enzymhemmende Wirkung auf den extrazellulären Raum zu beschränken. Das Bauprinzip dieses Hemmstoffs ist in Abbildung 1 dargestellt
(Miroslav Malesevic, Jan Kühling, Frank Erdmann). Die Synthese dieser Verbindung wurde mit den
Standardmethoden der Peptidchemie vorgenommen und gelang in guten Ausbeuten und in hoher
Reinheit.
Abb. 1: Der zentrale Trimesinsäure-Amid-Baustein trägt neben dem eigentlich inhibitorischen Cyclosporinanalogon ein Rhodaminderivat als Fluoreszenzsonde und einen Oligoglutaminsäureschwanz in der
D-Konfiguration, der das Molekül im extrazellulären Raum fi xiert.
Urheber: Max-Planck-Forschungsstelle für Enzymologie der Proteinfaltung/Malesevic
Untersucht man die Lokalisierung dieser Verbindung, nachdem man Jurkat-Zellen damit inkubiert
hat, so findet man keine Spur einer für den Rhodaminfarbstoff typischen roten Fluoreszenz im
Zellinneren, während eine Verbindung, in der die Glutaminsäureeinheit fehlt, sich sehr gut im Zytosol
und im Zellkern anreichert (Abb. 2). Dieses Ergebnis war überraschend für uns, weil die Anheftung
von Glutaminsäureresten an Peptide normalerweise zu einer erhöhten Neigung der Peptide führt, in
Zellen einzudringen.
Wie Messungen der Enzymaktivität ergaben, stellt das „zellimpermeante“ (nicht zellgängige) Derivat
einen ausgezeichneten Hemmstoff für Cyclophiline dar. In einem speziellen Test mit Lymphozyten,
isoliert aus menschlichem Blut, zeigte es keine immunsuppressiven Eigenschaften, während das
zellgängige Derivat die zelluläre Immunantwort sehr effektiv unterdrücken kann. Aus bereits publizierten Untersuchungen zur Rolle extrazellulärer Cyclophiline in Signaltransduktionsprozessen und
bei der Zelldifferenzierung kann man ableiten, dass diese Enzymfraktion chronische Entzündungsprozesse begünstigt. Cyclophilin 18 gilt daher als chemotaktisches Molekül, das Blutzellen anzulocken
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vermag. In einem Zellmigrationsversuch wurde deshalb in Zusammenarbeit mit einer Gruppe an der
George-Washington-Universität, Washington, USA, untersucht, ob D4-positive T-Zellen isoliert aus
Mausmilz ihr durch Cyclophilin 18 induziertes Wanderungsvermögen in Gegenwart unseres zellimpermeanten Hemmstoffes einbüßen. Das ist in der Tat der Fall. Damit ist bewiesen, dass die intrazelluläre Fraktion der Cyclophiline für die sie induzierte Chemotaxis keine Rolle spielt. Mit diesen
Ergebnissen ist die Voraussetzung dafür geschaffen, die ortsspezifisch wirkenden, niedermolekularen
Hemmstoffe in Tiermodellen für chronische Entzündungen wie Asthma und rheumatische Arthritis
zu prüfen. Erste Ergebnisse von Untersuchungen, bei denen unsere zellimpermeanten Hemmstoffe in
einem Mausmodell für Asthma appliziert wurden, sind vielversprechend.
Abb. 2: Jurkat-Zellen wurden 3 Stunden mit einer 500 nM Lösung des zellgängigen (a-c) oder des
zellimpermeanten Derivates (d-f) inkubiert und mittels konfokaler Laserrastermikroskopie (b,c,e,f)
und Durchlichtmikroskopie (a,d) untersucht. Die Zellkerne wurden mit Hoechst 33342 gefärbt.
Urheber: Max-Planck-Forschungsstelle für Enzymologie der Proteinfaltung/Kühling
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