40 Trends & Leben † Internationaler Hochhaus Preis Höher, grüner, besser Der Internationale Hochhaus Preis hat sich weltweit als Auszeichnung für Architekten und Bauherren etabliert, die höher, grüner und besser bauen. Im November wird er zum vierten Mal vergeben – die Finalisten stehen fest. Erstmals können auch fondsmagazin-Leser ihr Lieblingsobjekt wählen. Fotos: Fritz Philipp, istockphoto/deliormanli Bei der Verleihung des Internationalen Hochhaus Preises 2008 (v. l.): Peter Cachola Schmal, Leitender Direktor des Deutschen Architekturmuseums in Frankfurt am Main; Dr. h. c. Petra Roth, Oberbürgermeisterin der Stadt Frankfurt am Main; Lord Norman Foster, Foster + Partners London; Dr. Matthias Danne, Vorstandsmitglied der DekaBank Entwürfe, Pläne, Präsentationen, Verträge und Rechnungen – die Unterlagen, die sich im Laufe der Planung und Realisierung eines Wolkenkratzers ansammeln, stapeln sich zu einem riesigen Turm – ähnlich wie das Haus selbst. Genau das verkörpert die von dem Berliner Künstler Thomas Demand entworfene Skulptur aus vielen hauchdünnen, übereinandergelegten Titanschichten. Sie ist das Symbol des Internationalen Hochhaus Preises (IHP) und hat für Architekten einen ähnlichen Stellenwert wie der Oscar für Hollywoods Schauspielelite. Als Lord Norman Foster im Jahr 2008 den IHP gewann, wollte er die Statuette gar nicht mehr aus der Hand geben. „Wir hatten eigentlich schon den Transport organisiert, damit die empfindliche Figur sicher in seinem Londoner Büro ankommt“, erinnert sich Silke SchusterMüller, Leiterin Gesellschaftliches Engagement bei der DekaBank. „Aber dazu hatten wir keine Chance. Lord Foster wollte sich nicht mehr von ihr trennen.“ Der Internationale Hochhaus Preis wird seit 2004 alle zwei Jahre von der Stadt Frankfurt am Main ausgelobt. Gesponsert wird er von der DekaBank, die gemeinsam mit dem Deutschen Architekturmuseum (DAM) auch für die Organisation zuständig ist. Neben der Preisstatuette für den Architekten ist der IHP mit 50.000 Euro dotiert. Das Preisgeld bekommt der Bauherr, der es für einen guten Zweck spendet. Größe ist nicht alles Der IHP belohnt die Initiative von Architekten, Bauherren und Investoren, die mit ihren Hochhausbauten Zeichen setzen. Denn Hochhäuser können mehr, als nur möglichst viel Raum auf begrenzter Grundfläche zu schaffen. Sie stehen für den technischen und kulturellen Fortschritt und sind angesichts einer wachsenden Weltbevölkerung auch schlicht und einfach unverzichtbar. „Wir erleben aktuell eine gewaltige Urbanisierungswelle. Deshalb brauchen wir Dichte. Wir brauchen Hochhäuser, die ein grünes, menschenfreundliches Leben in der Höhe ermöglichen“, so Stararchitekt Lord Norman Foster. Um sich im Wettbewerb durchzusetzen, muss ein Wolkenkratzer mindestens 100 Meter hoch sein, durch seine Ästhetik und zukunftsweisende Gestaltung bestechen, sich in seine Umgebung einfügen und in Sachen Nachhaltigkeit, Technik und Wirtschaftlichkeit Maßstäbe setzen. In diesem Jahr erfüllten weltweit 27 Gebäude diese Kriterien. Eine achtköpfige Jury aus renommierten Architekten sowie Vertretern der DekaBank, des DAM und der Stadt Frankfurt diskutierte über Für und Wider jedes einzelnen Objekts und verständigte sich am Ende auf fünf Favoriten, von denen jeder den begehrten Preis verdient hätte. „Beim Voting für die Finalisten waren wir uns schnell einig“, erklärt Peter Cachola Schmal, Direktor des DAM, „denn alle fünf haben ihre ganz eigenen Vorzüge, seien es eine unfassbare Größe, Glanzpunkte in Sachen Design oder ein vorbildlicher Beitrag zum Umweltschutz. Aber letzten Endes kann nur einer gewinnen.“ Wer den IHP 2010 erhält, wird am 5. November im Rahmen eines Festakts in der Frankfurter Paulskirche bekanntgegeben. Britta Nickl Ihre Stimme zählt! Wer ist Ihr persönlicher Favorit? Schreiben Sie uns, welches der fünf vorgestellten Hochhäuser Sie be­ sonders beeindruckt. Unter allen Teilnehmern am Leservotum ver­ lost fondsmagazin eine Reise zur IHP­Preisverleihung nach Frankfurt. Erfahren Sie mehr dazu auf Seite 51. Aqua Tower, Chicago, USA Architekt: Studio Gang Architects Eigentümer: Magellan Development Group Nutzung: Wohnungen, Hotel Höhe: 262 Meter Fotos: Hedrich Blessing/Steve Hall 41 Aqua Tower, Chicago, USA Hier ist der Name Programm: Am Lake­ shore East, wo sich der Chicago River und der Lake Michigan treffen, erhebt sich der Aqua Tower – ein Wolkenkratzer, dessen Fassade wie eine gekräuselte Wasser­ oberfläche wirkt. Je nach Blickwinkel des Betrachters scheint sich die Fassade zu verändern. Die Wellenoptik entsteht durch die auf jeder Etage unterschiedlich geform­ ten Außenterrassen und die raumhoch verglasten Fassaden. Die wellenförmigen Kanten spalten den Windstrom, so dass sich die Bewohner selbst in über 200 Me­ tern Höhe auf einem windstillen Balkon aufhalten können. Gleichzeitig verschatten die Terrassenböden die darunter liegen­ den Glasfronten und schützen die Räume vor direktem Sonneneinfall. Die expressive Form entstand mit Hilfe von Sonnenstudien und Windtunneluntersuchungen. Auf die 82 Etagen verteilen sich Appartements und ein Hotel. Auf der Dachterrasse treffen sich Gäste und Bewohner zum Schwimmen, Laufen, Grillen oder Yoga. Die 7.000 Qua­ dratmeter große Grünfläche auf dem Dach wird mithilfe eines speziellen Drainage­ systems bewässert. Mit dem Aqua Tower haben Bewohner zweifellos einen außerge­ wöhnlichen Lebensraum gewonnen – und die Skyline Chicagos eine neue Attraktion. 3/2010 † fondsmagazin 42 Trends & Leben † Internationaler Hochhaus Preis Fotos: picture­alliance/dpa/Maxppp Liz, picture­alliance/Chang pingtang ­ Imaginechina Shanghai World Financial Center, Shanghai, China Architekt: Kohn Pedersen Fox Associates Eigentümer: Shanghai World Financial Center Corporation Nutzung: Büro, Hotel, Einzelhandel Höhe: 492 Meter Shanghai World Financial Center, Shanghai, China Die Grundsteinlegung für das Shanghai World Financial Center war bereits 1997, der Bau wurde aber im Jahr darauf wegen der asiati­ schen Finanzmarktkrise gestoppt. Erst nach fünfjähriger Pause wuchs der Wolkenkratzer weiter gen Himmel – sogar 32 Meter höher als ursprünglich geplant. Die Herausforderung für das New Yorker Architekturbüro war nun, auf das vorhandene Fundament ein deutlich größeres Gebäude zu bauen, das aber nicht schwerer sein durfte und gleichzeitig der stärkeren Windlast in der Höhe standhalten musste. Die Konstruktion mit vier Mega­ stützen, Diagonalen und tragendem Kern reduzierte das Gewicht des Gebäudes um 10 Prozent und sparte Material, Zeit und Kosten ein. Charakteristisch für das 492 Meter hohe Wohn­ und Geschäftshochhaus ist die trapez­ förmige Öffnung an der Spitze. Im 100. Stock befindet sich die „Sky Arena“ – die höchste öffentliche Aussichtsplattform der Welt. Die schlichte Eleganz des Turms überzeugte die Jury, den Riesen am Jangtse für den IHP zu nominieren: „Er ist der Klassiker unter den Finalisten und hat sich bereits als Sinnbild für Handel und Kultur in der Metropole etabliert.“ 43 Mode Gakuen Cocoon Tower, Tokio, Japan Mode Gakuen Cocoon Tower, Tokio, Japan Architekt: Tange Associates Eigentümer: Mode Gakuen Nutzung: Schule Höhe: 204 Meter Fotos: SS Tokyo/Saiko Wachi Mit etwas über 200 Metern ist der Cocoon Tower in Tokio zwar der Zwerg unter den Finalisten, in der Rangliste der höchsten Schul­ und Hochschul­ gebäude belegt er aber weltweit Platz zwei hinter der Staatlichen Universität Moskau. Er wirkt als Motor für die Ent­ wicklung des Shinjuku­Distrikts in der Tokioter Innenstadt, indem er mehr als 10.000 Studenten sowie Läden und Restaurants beherbergt. Dank seiner elliptischen Form benötigt der Turm wenig Bodenfläche und wird zur Mitte hin Grundriss für Grundriss größer. „Mit dieser Architektur hat das japanische Architekturbüro Tange Associates eine eindrucksvolle Lösung für die effiziente Raumnutzung in dicht besiedelten Ge­ genden gefunden“, so die Jury. Durch die gebogenen Glasflächen gelangt Sonnenlicht in alle Räume, gleichzeitig wird die Wärmeabstrahlung an die Um­ gebung begrenzt. Wie bei einem Kokon ist der Gebäudekern eingesponnen in ein Netz aus stählernen Querstreben und Glas. Diese Struktur verleiht dem Wolkenkratzer größtmögliche Stabilität in der besonders erdbebengefährdeten Stadt. Im Inneren des 50­stöckigen Ge­ bäudes befinden sich Unterrichtsräume von drei verschiedenen Berufsschulen. Dazwischen wurden auf jedem dritten Stockwerk interne „Schulhöfe“ ange­ legt: drei Etagen hohe, offene Atrien mit grandioser Aussicht auf Japans Hauptstadt. In diesen Lounges können sich die Schüler und Studenten ent­ spannen und sich von der Stadt und der kreativen Architektur inspirieren lassen. 3/2010 † fondsmagazin 44 Trends & Leben † Internationaler Hochhaus Preis Dubai, Vereinigte Arabische Emirate Ginge es allein um die Höhe, wäre dem Burj Khalifa im arabischen Dubai die Auszeichnung nicht zu nehmen, denn mit 828 Metern ist er derzeit der höchste Wolkenkratzer der Welt. Dabei ist die Gestaltung des mächtigen Kolosses der grazilen Form einer Wüstenblume nachempfunden. Die Y­förmige Basis sorgt für eine maximale Ausnutzung der Hotel­ und Wohnfläche im unteren Be­ reich des Turms und bietet gleichzeitig eine stabile Plattform für den stützenden Kern, der diese atemberaubende Höhe erst ermöglicht. Ein hochleistungsfähiges äußeres Fassadensystem aus Aluminium, Edelstahlfassadenpaneelen und ent­ spiegeltem Hochleistungsglas soll den extremen Temperaturen während der Sommermonate in Dubai standhalten. Außerdem leistet der Turm einen Beitrag zur Verringerung des CO2­Ausstoßes: „Der Burj Khalifa ist eine überdachte Kleinstadt, in der ein Auto unnötig ist“, stellt die Jury fest. Die elegante, charakter­ starke Form schafft einen neuen Mittel­ punkt in der Region und ein dauerhaftes Symbol für die Stadt Dubai. Fotos: imago/imagebroker Burj Khalifa, Burj Khalifa, Dubai, Vereinigte Arabische Emirate Architekt: Skidmore, Owings & Merrill LLP Eigentümer: EMAAR Properties PJSC Nutzung: Büros, Wohnungen, Hotel Höhe: 828 Meter 45 The Met, Bangkok, Thailand The Met, Bangkok, Thailand Fotos: Pesaro Publishing/Patrick Bingham­Hall, Kirsten Bucher Architekt: WOHA Eigentümer: Pebble Bay Thailand Co. Ltd. Nutzung: Wohnungen Höhe: 230 Meter In den asiatischen Metropolen drängen sich die Menschen dicht an dicht, die Luft ist stickig, Staub und Smog behindern die Sicht. Hier ist das Wohnen in der Höhe vorteilhaft: Die Luftqualität ist besser, die Luftfeuchtigkeit nimmt ab, und es ist ruhi­ ger. „Im The Met in Bangkok können die Bewohner jetzt in und mit der Umwelt wohnen – eine perfekte Symbiose“, urteilt die Jury. Der 230 Meter hohe Wohnturm ermöglicht es, die Klimaanlage auszu­ schalten – zumindest in den gemäßigteren Monaten: dank seiner cleveren Architek­ tur, die auf Querlüftung der Wohnungen ausgerichtet ist und die Höhenbrisen durch die Wohnung und die freien Flächen leitet. Die Struktur ist permeabel – sie kann sozu­ sagen atmen, da sich auch im Inneren des Gebäudes Freiflächen befinden. Die Rund­ umbepflanzung von horizontalen wie ver­ tikalen Flächen ermöglicht ein Wohnen im Grünen. Nahezu alle der 370 Apparte­ ments können von zwei oder mehr Seiten belichtet und belüftet werden. Beim Ent­ wurf des Gebäudes ließen sich die Archi­ tekten aus Singapur von klassischen Thai­ Formen inspirieren. So soll beispielsweise die Fassade mit den versetzt angeordneten Balkonen an überdimensionale Teakholz­ paneele erinnern, und an der Seitenmauer glitzern Kacheln aus poliertem Stahl – eine moderne Interpretation der traditionellen Spiegel in thailändischen Tempeln. Mit seinem eleganten Profil setzt The Met ein grünes Highlight in Bangkoks Skyline. 3/2010 † fondsmagazin