SWR Konzertreihe Mannheim Sa 23. März 2013, 19.30 Uhr Mannheim, Rosengarten SWR Vokalensemble Stuttgart Leitung: Marcus Creed Herausgeber SÜDWESTRUNDFUNK Marketing SWR2/SWR Orchester & Ensembles Chormanagement Cornelia Bend Redaktion Dorothea Bossert Gestaltung SWR Design Stuttgart Internet www.SWR.de/konzertreihe-mannheim Amerika! Aaron Copland 1900 – 1990 John Cage 1912 – 1992 Four Motets Five für fünf Musiker Help us, o Lord! Solisten aus dem SWR Vokalensemble: Thou, o Jehovah Abideth forever Johanna Zimmer, Angelika Lenter, Sophia Maeno, Sabine Czinczel, Ulrike Becker Have Mercy on us, o My Lord Sing Ye Praises To our King Leonard Bernstein Solisten aus dem SWR Vokalensemble: Annette Ruoff (Sopran), Ulrike Koch (Alt), Missa Brevis Rüdiger Linn (Tenor), Philip Niederberger (Bass) Jay Schwartz *1965 Music for six Voices II für gemischten Chor a cappella 1918 – 1990 für Countertenor solo, gemischten Chor und Schlagzeug Kyrie Gloria Sanctus Benedictus Agnus Dei Samuel Barber 1910 – 1981 Dona nobis pacem A stopwatch and an ordnance map für Männerchor und Kesselpauken Solist aus dem SWR Vokalensemble: Alexander Yudenkov (Tenor) Franz Vitzthum Countertenor Franz Bach, Boris Müller Schlagzeug Tomoko Hemmi, Jürgen Kruse Pause Synthesizer SWR Vokalensemble Stuttgart Dirigent: Marcus Creed Steve Reich *1936 Proverb für fünf Solisten, 2 Vibraphone und Synthesizer Solisten aus dem SWR Vokalensemble: Konzerteinführung jeweils 1 Stunde vorher Johanna Zimmer, Kirsten Drope, Kerstin Steube (Sopran) mit Dorothea Bossert und Jay Schwartz Johannes Kaleschke, Julius Pfeifer (Tenor) Sendung am Freitag, 19. April ab 20.03 Uhr in 5.1 Dolby digital 2 3 Amerika! Welch unterschiedliche Wege die amerikanischen Künstler sich dabei suchten, bleibt faszinierend. So setzten Samuel Barber, Leonard Bernstein und größten Teils auch Aaron Copland die althergebrachte Musiktradition ohne Brüche fort. »University composers« wie Elliott Carter oder Milton Babitt entwickelten hingegen den seriellen Stil, in Fortsetzung der Musiksprache Schönbergs, weiter. John Cage wiederum versuchte, mit anderen Künstlern der »New York School« alles »Verbrauchte« hinter sich zu lassen und durch Experimentieren zu ganz neuen ästhetischen Maßstäben zu finden. Anregungen suchte er sich dafür bei einer Vielzahl von Künstlern oder Philosophen, die er später als Lehrer bezeichnete, wobei die asiatischen Traditionen eine beträchtliche Rolle spielten. Der fast Zumindest musikalisch gesehen muss doch Amerika das Land der unbegrenzten Mög- eine Generation jüngere Steve Reich ließ sich hingegen von westafrikanischer und lichkeiten sein, als das es immer wieder ausgerufen wird. Das legen die Werke des heu- balinesischer Musik inspirieren, und wurde zu einem Mitbegründer einer ganz neuen tigen Abends nahe, die von Komponisten geschrieben wurden, wie sie unterschiedlicher Musikrichtung, der Minimal Music. Und der Kalifornier Jay Schwartz, der heutzutage nicht sein könnten. In der Tat hat sich in den USA eine sehr große stilistische Vielfalt Maßstäbe als Komponist setzt, beschäftigte sich schon früh mit traditionellen Kompo- entwickelt, was aus europäischer Sicht eine beneidenswerte Unbefangenheit vermuten nisten wie Schubert und fand durch Erforschung der Klänge zu einem ganz anderen Stil. lässt und schnell an den amerikanischen Traum von Freiheit und Selbstverwirklichung denken lässt. Doch ist das, was es an neuartiger Musiksprache im modernen und post- Was somit im Amerika der europäischen Siedler jahrhundertelang versucht wurde, ist modernen Amerika gibt, nicht in einem Vakuum entstanden. Vielmehr ist es, ähnlich im 20. Jahrhundert mit scheinbarer Leichtigkeit gelungen: Nordamerika ist in seiner wie in Europa, das Ergebnis der Auseinandersetzung mit einem ganz spezifischen musi- Musikkultur einzigartig und ungeheuer reich. Es ist – und das ist aus amerikanischer kalischen Erbe. Sicht eine tröstliche Genugtuung– Europa darin mindestens ebenbürtig. Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts bewegte sich die Kultur der europäischen Siedler in den USA in einem hochsensiblen Spannungsfeld. Da war zum einen der Wunsch, die liebgewonnenen Traditionen des Heimatkontinents fortzuführen und ähnlich Meisterhaftes auch im neuen Land zu etablieren. Zum anderen entstand früh das Bedürfnis, die Aaron Copland neue Identität – das Amerikanische – kulturell auszudrücken und sich damit von Europa Was heute immer noch als »typisch Copland« gilt, sind Werke, von denen der Komponist zu distanzieren. sich in seiner zweiten Lebenshälfte ausdrücklich distanziert hat: Es sind die populären Kompositionen aus den 30er und 40er Jahren, wie »Fanfare Doch erst mit der Moderne – also zu einer Zeit, in der auch in Europa Aufbruchsstim- for the Common Man«, «Billy the Kid« oder «Appalachian mung herrschte – gelang nach und nach in der neuen Welt ein deutlicher Bruch zu den Spring«, die ihn zum Wegbereiter einer ganz neuen amerika- bisher eingeübten Ausdrucksformen. Dass von den 50er Jahren an tatsächlich ganz neue, nischen Klassik gemacht haben, indem er die traditionelle genuin amerikanische Mischungen entstanden, verdankt sich unter anderem der Globa- Musiksprache mit Stilelementen, »borrowed melodies« (ge- lisierung, durch welche die europäische Tradition zu einem Einfluss unter vielen borgte Melodien) seiner Heimat versah. Ab den 50er Jahren schrumpfte. Als feste Bezugsgröße war Europa aber auch jetzt nicht wegzudenken. Sehr wandte er sich stattdessen einer stark von der Zwölftonmusik intensiv setzten sich die Komponisten nach wie vor mit den Strömungen, die vom alten geprägten Kompositionsweise zu, die ihm allerdings viele Kontinent herüberschwappten, auseinander. Arnold Schönberg und Igor Strawinsky Misserfolge einbrachte. wurden in Amerika zu wichtigen Lehrmeistern. Und welcher Komponist versuchte nicht, nach Europa zu gelangen, um dort wichtige Anregungen zu erhalten. Wie Aaron Cop- Geboren wurde Aaron Copland im Jahr 1900 in Brooklyn, als land und Philipp Glass, pilgerten sie etwa in Scharen nach Paris, um mit Hilfe von Nadia Sohn litauisch-jüdischer Einwanderer. Früh wandte er sich aus eigenem Antrieb der Mu- Boulanger ihren eigenen Stil zu finden. sik zu. Im Alter von 15 Jahren beschloß er, Komposition zu studieren. Sechs Jahre später 4 5 hatte er genug Geld gespart, um die ersehnte Reise nach Paris anzutreten und bei Nadia Boulanger zu studieren. Diese Zeit sollte ihn für seine weitere Laufbahn sehr prägen. In Jay Schwartz Paris entstanden, gleich zu Beginn, also im Herbst 1921, seine »Four Motets« (Vier Mo- Wie viele US-amerikanische Komponisten suchte auch Jay Schwartz schon als Student tetten). Er blieb vier Jahre lang bei Nadja Boulanger, die ihm half, seinen ureigenen und den Anschluss an das europäische Musikleben. Geboren wurde er im Jahr 1965 im kalifornischen San Diego. Nach seinem Klavier- und – worauf er Wert legte – amerikanischen Stil zu finden. Kompositions-Studium an der Arizona State UniAuf den Lehrplan hatte Boulanger damals, als eine der traditionellen Werkformen, die versity, wechselte er als Doktorandenstipendiat Motette gesetzt, um ihre Schüler den kontrapunktischen Stil erproben zu lassen. Cop- der Musikwissenschaft an die Universität Tübin- land verwendete dafür biblische Texte, die er in einem a-cappella-Stück vertonte. Vom gen. Von 1992 bis 1995 war er Assistent für die Ergebnis war Boulanger begeistert:» Diese Motetten klingen ganz erstaunlich.« So gerie- Schauspielmusik am Staatstheater Stuttgart. Heu- ten sie auch nicht in Vergessenheit. Im Jahr 1924 wurden sie vom Paris-American-Gar- te lebt er als freischaffender Komponist in Köln genville-Chor in Fountainebleau aufgeführt. Im Februar 1937 dirigierte die Komponistin und hat eine Vielzahl von Werken im Auftrag nam- und Lehrmeisterin sie in der ersten Pariser Aufführung. Darüber hinaus behandelte hafter Ensembles und Festivals geschaffen, wie Boulanger die Motetten regelmäßig in ihren Kompositionsklassen. etwa für das Berliner Sinfonieorchester oder die Donaueschinger Musiktage. Im Jahr 2000 zeich­ Trotz des Erfolgs duldete Copland viel später, im Jahr 1979, nur widerwillig den Erstdruck nete ihn die Stadt Köln mit dem Bernd-Alois-Zimmermann-Preis für Komposition aus. der »Four Motets« aus seiner Pariser Zeit: »Für mich sind das Schülerstücke, die einigen Insgesamt dreimal erhielt er von der Heinrich-Strobel-Stiftung (SWR) ein Stipendium für Einfluss von Mussorgsky aufweisen, den ich damals bewunderte. Ich habe ihrer Veröf- Elektronische Musik. fentlichung mit sehr gemischten Gefühlen zugestimmt. Sie mögen zwar in gewisser Weise die Neugier befriedigen – vielleicht wollen die Menschen wissen, was ich als Student gemacht habe – aber es ist nicht wirklich mein Stil.« Seine Werke betitelt Jay Schwartz serienmäßig und sehr sachlich mit »Musik für ...« und ergänzt die jeweilige Besetzung (»Music for Autosonic Gongs«, »Music for Piano«, »Music for a Bridge«). Neben einigen Orchesterstücken, entstanden so zahlreiche Werke für die Ausgewählt hat Copland hier zwei Gebete um Erbarmen und zwei Lobgesänge, die er unterschiedlichsten Ensemblebesetzungen. In den späten 90er Jahren fand er einen sehr schlicht und geradlinig vertont und die gerade dadurch eindrucksvoll und plastisch neuen kompositorischen Ansatz, den er nun konsequent verfolgt: durch extreme Ver- wirken. Die eher ruhig und meditativ gehaltenen Gebete wechseln sich mit den beiden langsamung des musikalischen Geschehens beleuchtet er, wie ein Klangforscher, die lebhafteren Lobgesängen ab. In ihrem friedlichen, schlichten Gestus erinnern die Motet- Grundsubstanz eines Werkes. Das Entstehen der Töne fasziniert ihn schon seit langem: ten eher an Volksgesänge als an religiöse Musik. In den beiden Gebeten »Help Us, O Lord« »Sehr prägend für mich waren hierbei Tonaufnahmen der klassischen und romantischen und »Have Mercy on Us, O My Lord« stützen sich die Stimmen gegenseitig durch beglei- Kammermusik, vor allem von Schubert. Bei den Aufnahmen, die ich als Kind immer und tendes Summen. Der Lobgesang »Thou, O Jehovah, Abideth Forever« wirkt sehr frisch immer wieder hörte, waren für mich die Stellen zwischen den Themen am faszinie- und wie ein Ausruf durch den Wechsel von Unisonoführung und Mehrstimmigkeit. Die rendsten – jene langsamen, ausgedehnten Kadenzen und Übergänge, in denen man auf Schlussmotette »Sing Ye Praises to Our King« schreitet unbeirrt wie ein lebhafter Marsch den Aufnahmen deutlich das Bogenhaar und das Atmen der Musiker hört, so dass man dahin, wird aber von einem lyrischen Sopransolo unterbrochen, welches die tieferen auf den kommenden Klang, auf das kommende Thema gefesselt wartet.« So versuchte Stimmen wie in einem alten Kirchengesang mit lang ausgehaltenen Grundtönen und Schwartz auch schon früh ganz unbewußt, auf dem Klavier oder der Geige möglichst Terzen begleiten. langsam zu spielen, um der Entstehung des Tones genau nachzuspüren, mit seinen ersten, kaum hörbaren Geräuschen und Schwingungen. Als ihm später klar wurde, warum es ihn nach Langsamkeit verlangte, setzte er es bewusst als Kompositionstechnik ein. »Es ist, als ob ich diese Stellen unter die Lupe nehme und um ein Vielfaches vergrößere, oder besser: Mein Wunsch ist es, mich in diese Stellen hineinzuversenken, um dort in den Räumen zwischen Stille und Klang zu verweilen.« Jeder Werkentstehung geht dabei eine 6 7 intensive Phase des Experimentierens voran, in dem er auch Obertöne, Mikrotonalität Barber wurde im Jahr 1910 in Pennsylvania geboren und komponierte bereits im Alter und das menschliche Erinnerungsvermögen an vergangene Klänge beim Hören in die von sieben Jahren. Zwei Jahre später teilte er seiner Mutter schriftlich mit, dass es seine präzise geschaffenen Klangarchitekturen mit einfließen lässt. Bestimmung sei, Komponist zu werden. Kurz darauf führte er mit seiner Schwester seine erste Oper »The Rose Tree« auf. Studiert hat er später, ebenso wie Leonard Bernstein, »Music für six voices II« ist das zweite von drei Werken, die Schwartz für sechs Stimmen der den acht Jahre älteren Barber sehr bewunderte, am Curtis Institute in Philadelphia. komponiert hat. Dass die Textvorlage aus dem Folksong »The First Time Ever I Saw Your Durch das »Adagio für Streicher«, das Arturo Toscanini im Face« von Ewan MacColl stammt, wird durch die extreme Dehnung der Worte ganz be- Jahr 1938 in der Orchesterfassung aufführte, wurde Barber wußt verschleiert. Die Worte sind dadurch schließlich fast nur noch in Form von Vokalen in kurzer Zeit zu einem der populärsten Klassik-Komponisten wahrnehmbar. Dabei entstehen auch Laute wie »mm« und «ahh«, die, laut Schwartz, der USA. Seine erste Oper »Vanessa wurde im Jahr 1958 an den primitiven, archaischen menschlichen Urlauten entsprechen. Viele Glissandi verlei- der MET uraufgeführt und im selben Jahr als erste amerikani- hen dem Stück einen Hauch von Unwirklichkeit. Gegliedert ist die »Music für six voices sche Oper bei den Salzburger Festspielen inszeniert. Barbers II« in drei Abschnitte. Gleichsam aus dem Nichts entfaltet sich zu Beginn im pianissimo Freund und Lebensgefährte Gian Carlo Menotti hatte das Lib- ein Klanggeschehen noch im Unisono. Auch später bleibt die Harmonik schlicht. In un- retto verfasst. Für diese Oper, ebenso wie für sein Klavierkon- merklichem Übergang beginnt der Mittelteil, der mit der Anweisung »With a little more zert (1962) erhielt Barber den Pulitzer-Preis. motion« etwas bewegter ist und auch dynamisch bis ins fortissimo reicht. Nach einer kurzen Generalpause setzt der wiederum sehr langsame, leise Schlußteil ein, in dem In den Jahren 1939 – 42 arbeitete Barber als Kompositionsleh- lang ausgehaltene Quartintervalle dominieren, die an die mittelalterliche Vokalmusik rer am Curtis Institute in Philadelphia, bevor er das, aus mangelnder Freude am Lehren, denken lassen, nur zwischenzeitlich gestört von einigen scharfen Sekundreibungen in schließlich aufgab. In dieser Zeit leitete er auch den Madrigalchor des Ensembles und den Frauenstimmen. Das Werk verhallt im pianissimo und einem Glissando der Männer- komponierte für dessen Männerstimmen »A stopwatch and an ordnance map«. Als Text- stimmen, das »so lange und langsam wie möglich« auszuführen ist. grundlage wählte er ein Gedicht des Engländers Stephen Spender, das den Tod eines Sol- »Music für six voices II« komponierte Schwartz im Auftrag der »Musik der Jahrhunderte also wenige Monate nach Beginn des 2. Weltkrieges, in dem Barber später selbst als Sol- Stuttgart«. Uraufgeführt wurde das Werk im Jahr 2007 von den Neuen Vocalsolisten dat diente. daten im Spanischen Bürgerkrieg beschreibt. Die Premiere fand im Januar 1940 statt, Stuttgart. Im Vergleich zu anderen Werken Barbers ist »A stopwatch and an ordnance map« in seiner Klangsprache ausgesprochen modern. Gleich in den ersten Takten beginnt, von unheilvoll dröhnenden Kesselpauken eingeleitet, ein düsterer Marsch, in dem die Männerstimmen in gleichförmig dahinstapfendem Sprechgesang die bedrohliche Stimmung Samuel Barber eines Kriegsschauplatzes vermitteln. Ebenso wie bereits im Totenklage-Gedicht von Spender angelegt, läßt Barber den Erzählfluss immer wieder von den, im Marschrhyth- Dass Samuel Barber kein revolutionärer Erneuerer des Musiklebens sein würde, dessen mus herausgeschleuderten Worten »A stopwatch and an ordnance map«, also »Eine war er sich bewußt. »Man sagt, ich hätte überhaupt keinen Stil, doch das macht nichts. Stoppuhr und Generalstabskarte« unterbrechen. Zwischendurch löst sich der Chor dann Ich werde meine Sache genauso weitermachen. Und dazu brauche ich, wie ich glaube, in ein erzählerisch-expressives Stimmgeflecht auf, das auch ganz wehmütige, fast zärt- einen gewissen Mut.« So gilt Barber, ähnlich wie Brahms, als ein Epigone, der jedoch liche Motive kennt, wie etwa in der mehrfachen träumerischen Wiederholung von »un- durch seine ganz eigene, unverwechselbare Handschrift und ein großes Ausdrucksver- der the olive tree«. In der Textzeile »He stayed faithfully in that place« (»Er blieb pflicht- mögen beeindruckte. Im bereits etablierten, spätromantischen Stil schuf er einzigarti- getreu an diesem Ort«) wartet Barber in den Paukenstimmen mit wirkungsvollen, durch ge Meisterwerke und wurde so zu einem der berühmtesten Komponisten des 20. Jahr- das Stimmpedal erzielten Glissandi auf, deren merkwürdig verzogene Klänge der un- hunderts. heilvollen Atmosphäre noch eine unwirkliche Aura geben. 8 9 Steve Reich allerdings auf den britischen Sänger und Dirigent Paul Hillier zurück. Ihm und seinem Ensemble »Theater of Voices« ist das Werk auch gewidmet. Sie brachten das fertige Als einer der Mitbegründer der Minimal Music schuf Steve Reich eine ganz neue, anders- Werk in seiner amerikanischen Premiere und beim Alte Musik-Festival in Utrecht zur artige Klangsprache, die auf sehr subtilen Gestaltungsmitteln beruht. So arbeitet Reich Aufführung. Hillier hatte sich ein Vokalstück mit Perkussionsbegleitung gewünscht. mit der Reduktion des musikalischen Materials, der Wiederholung von Klangmustern Der kurze, aber treffende Titel des Werkes, »Proverb« (»Sprichwort«), geht auf die und verzichtet weitgehend auf den traditionellen, musikalischen Spannungsaufbau zu Textvorlage zurück, für die Reich einen kurzen Ausspruch des Philosophen Ludwig einem Höhepunkt hin. Wie sein Komponistenkollege John Adams kommentierte: »Er hat Wittgenstein wählte: »Welch ein kleiner Gedanke doch ein ganzes Leben füllen kann!«. das Rad nicht neu erfunden, aber er hat uns eine ganz neue Weise gezeigt, wie man da- Hier wird er in seiner englischen Übersetzung gesungen: »How small a thought it mit fahren kann.« Die New York Times nannte Reich »unseren größten lebenden Kompo- takes to fill a whole life«. Da Reich nun für Hillier, also einen Fachmann für Alte Musik nisten.« komponierte und er sich selbst auch sehr dafür interessiert, ließ er sich für dieses Werk von Perotin insprieren. »Proverb« ist somit an die Klangsprache des Mittelalters Als Kind deutsch-jüdisch-stämmiger Eltern wurde Reich im Jahr 1936 in New York City angelehnt, verweist zugleich aber auf ganz subtile Weise auf die heutige Zeit. Das geboren. Auf Wunsch seines Vaters lernte er als Kind Klavier spielen, wechselte als Teen- Stück beginnt mit zweistimmigem Organum, wie es in der Zeit vor Perotin, dem man ager jedoch zum Schlagzeug und nahm später privaten Unterricht beim Jazzmusiker die Einführung der Vierstimmigkeit zuschreibt, üblich war. Die Frauenstimmen erge- Hall Overton. Bevor er Musik studierte, absolvierte er noch ein Studium der Philosophie, hen sich in einem puristischem Gesang aus lang ausgehaltenen Tönen. Die Männer- das er mit einer Arbeit über Ludwig Wittgenstein abschloß. Komposition studierte Reich stimmen setzen mit ebenfalls für das Mittelalter typischem rythmisch prägnantem an der Juilliard School of Music und dem Mills College, unter anderem bei Luciano Berio Organum ein. Beides wird vom Synthesizer durch den Klang einer Barockorgel dezent und Darius Milhaud. Im Rückblick nennt er jedoch Overton begleitet. Durch das Sampling der einzelnen Stimmen greifen diese später immer und dessen Lehrer Vincent Persichetti seine besten Lehrer, da engmaschiger und rhythmischer ineinander. Die fein austarierten Tonwechsel, in sie in der Lage gewesen seien, mit ihm die musikalische Welt gleichmäßigem Rhythmus begleitet von den Vibraphonen, sorgen dafür, dass sich zum Leben zu erwecken, die in ihm selbst schlummerte, statt auch das Ohr des Zuhörers im Laufe des Stückes zunehmend für das Klanggeschehen ihm ihr eigenes Kompositionskonzept überzustülpen. Wert- sensibilisiert und man immer weiter in das Stück hineingezogen wird. volle Anregungen holte sich Reich auch in den Konzerten des Jazz-Saxophonisten John Coltrane, die er als Student mit Begeisterung besuchte. Während er an der Hochschule mit ansah, wie seine Kommilitonen Werke komponierten, die sie selbst nie spielten, erlebte Reich bei Coltrane eine musikalische Authentizität und einen unmittelbaren Ausdruck, die John Cage ihn zutiefst faszinierten. Außerdem prägten ihn aber auch die balinesische Gamelan- John Cage hat nicht nur die Musikgeschichte und das Komponieren im 20. Jahrhundert Musik und die afrikanische Trommelmusik, welche er u.a. in verschiedenen Workshops wie kaum ein anderer beeinflußt. Er verlangte auch eine ganz neue Wahrnehmungswei- erkundete. In den 60er Jahren begann er, davon und durch die Bekanntschaft mit Terry se zuerst der Musik, schließlich aber auch unserer Umwelt. Indem Cage in seinem Werk Riley angeregt, mit Tonbandschleifen zu experimentieren, indem er auf verschiedenen eingeübte und bequem gewordene Hörrituale enttarnte, sensibilisierte er auch dafür, Bandmaschinen abgespielte Aufnahmen, in Phasen verschoben, wiederholte, was ihn wie hinterfragenswert alles andere ist, was wir tagtäglich reflexartig praktizieren. Sei- zur Entwicklung der Minimal Music führte. Im Jahr 1966 gründetet er in New York das nem Publikum wünschte er auf seine humorvolle Art schlicht »happy new ears«. Ensemble »Steve Reich and the Musicians«. John Milton Cage wurde im September 1912 als Sohn eines Erfinders in Los Angeles ge»Proverb« entstand im Auftrag der BBC-Proms, aus Anlass ihres 100-jährigen Jubilä- boren. Musikalisch prägte ihn schon früh Arnold Schönberg, der ihm kostenlosen Privat- ums, und des Festivals für Alte Musik in Utrecht. Es wurde, in einer Arbeitsfassung, unterricht gab, ihm dafür aber das Versprechen abnahm, sein Leben der Musik zu wid- im Jahr 1995 von Peter Eötvös in London uraufgeführt. Die Idee zu diesem Werk geht men. Seit Ende der 30er Jahre arbeitete Cage mit seinem Lebenspartner, dem Choreo- 10 11 graphen Merce Cunningham zusammen, für dessen Tanzensemble viele seiner Werke Ausdruck: eine Gruppe von Individuen sollte auf harmonische Weise und ohne strikte entstanden. Er zog nach New York und stand dort in regem Austausch mit vielen Künst- Regeln so zusammenleben, dass jeder einzelne seinem Selbst noch Ausdruck verleihen lern, auch mit Marcel Duchamp, den er einen seiner Lehrer nannte. kann. Cage widmete »Five« den Wittener Tagen für neue Kammermusik und ihrem Leiter Wilfried Brennecke. 1940 erfand Cage, mit Schlagzeugmusik beschäftigt, das präparierte Klavier. Später inszenierte er mit dem »Untitled Event« das erste Happening der Kunstgeschichte, und prägte mit anderen Künstlern die Fluxus-Bewegung. Er setzte sich intensiv mit asiatischen Philosophien wie dem ZenBuddhismus auseinander, lehrte an der Avantgarde-Künstler- Leonard Bernstein schmiede »Black Mountain College« und schon 1958 bei den Als Leonard Bernstein Mitte der 60er Jahre nach Europa kam, war es ein Leichtes für ihn, Darmstädter Ferienkursen. In den 50er Jahren begann er, Zu- als »Enfant terrible« die Klassikszene gehörig aufzumischen. Unerhört und ungesehen fallsoperationen als Technik beim Komponieren zu verwen- waren die Emotionalität und Extrovertiertheit, mit der er den, als ein Mittel, um die »verbrauchten Klänge« der traditi- Musiker und Publikum anfeuerte – von Luftsprüngen und onellen Kunstmusik hinter sich zu lassen. Am wichtigsten Tanzschritten auf dem Podium bis hin zu Handküssen an die war ihm sein Klavierstück »4’33«, mit dem er ein Zufallspro- Sängerinnen. Im Vergleich dazu umgab seinen Rivalen Kara- dukt erster Güte schuf: der Pianist sitzt still am Klavier (Spiel- jan mehr die Aura eines Heiligen denn eines Superstars. Doch anweisung: »tacet«), ohne auch nur eine einzige Taste zu drü- Bernstein war kein Clown. Bei aller Lebensfreude ließ er spü- cken. Damit warf er die Frage auf, warum wir die Musik, welche unsere Umgebung bie- ren, mit welcher Ernsthaftigkeit und Gründlichkeit er sich sei- tet, wie Verkehrs- oder Publikumsgeräusche, versuchen, auszublenden statt an sie den ner Lebensaufgabe, der Musik, verschrieben hatte, was ihn gleichen ästhetischen Maßstab anzulegen wie an das Bühnengeschehen. Cage sagte für seine Fans wohl umso charismatischer machte. einmal, er beschäftige sich mit Geräuschen lieber als mit Musik, nicht nur weil sie einen höheren ästhetischen Nutzen hätten, sondern vor allem, da ein Komponist letztendlich Im Jahr 1918 wurde »Louis Bernstein« , der sich später nur nur jemand sei, der anderen sagt, was sie zu tun hätten. Stattdessen wollte er lieber eine noch »Leonard« nannte, in Massachusetts, als Kind ukrainisch-jüdischer Einwanderer, soziale Interaktionsmöglichkeit, im Idealfall im anarchischen Sinne, schaffen. geboren. Er studierte an der Harvard University Klavier und Komposition, später am Curtis Institute in Philadelphia. Als Assistant des New York Philharmonic Orchestras sprang »Five«, das im Januar 1988 entstand, war eines der ersten von den insgesamt zweiund- er im Jahr 1943 für den erkrankten Bruno Walter ein und startete so schon als 25-jähri- fünfzig »Number Pieces« (Zahlenstücke). Cage schrieb sie in den letzten sechs Jahren ger in eine äußerst erfolgreiche Dirigentenlaufbahn. Als Komponist gelang es ihm vor seines Lebens. Jedes der Stücke ist nach der Anzahl seiner Akteure benannt. So konzipier- allem mit der »Westside Story« (1957), seinen Anspruch zu verwirklichen, Meisterwerke te Cage »Five« für fünf Musiker, ließ aber offen, welche Instrumente oder Stimmen er- zu schreiben, die amerikanisch klingen und populär sind. Statt der Avantgarde, die für klingen sollen. Was er vorgibt, sind die Tonhöhen und die Dynamik. Ferner erhält jeder Bernstein zu wenig mit dem Leben zu tun hatte, wandte er sich dem Eklektizismus zu, Akteur fünf Zeitfenster (»time brackets«), innerhalb derer er mit seinen Tönen zu begin- dem in seinen Augen die Zukunft gehörte. Für ihn war es vertretbar, darin sämtliche nen bzw. zu enden hat, eine Technik, die Cage schon seit Anfang der 50er Jahre immer Stile, auch der Unterhaltungsmusik mit einzubeziehen, solange sie auf dem tonalen wieder anwendete. Dadurch wollte er die Komposition statt zu einer Struktur zu einem Prinzip beruhen, dass in seinen Augen den kosmischen Harmonien entspricht. Prozess werden lassen: »also von einem Objekt, das Teile hat, hin zu etwas, das man »Wetter« nennen könnte«. Bernstein war eng mit Aaron Copland befreundet, den er auf dessen Geburtstagsfeier im Jahr 1979 »meinen ersten Freund in New York, meinen Meister, mein Vorbild, meinen Jedes der Zeitfenster in »Five« enthält ein bis drei Klänge. Die Stimmen der fünf Musiker Weisen, meinen Therapeuten, meinen Führer, meinen Berater, meinen älteren Bruder, korrespondieren dabei nicht direkt miteinander, sondern überlappen mehr zufällig. Da- meinen geliebten Freund« nannte. rin findet Cages Utopie von einem ganz neuen gesellschaftlichen Miteinander seinen 12 13 Die Missa Brevis ist das einzige a-cappella-Werk, das von Bernstein veröffentlicht wurde. Aus ihr spricht ganz der berühmte Bernstein’sche Esprit. Die Soli des Countertenors, Glocken und Perkussion, geben der Messe eine große szenische Lebendigkeit. Die Messe ent- Aaron Copland Four Motets stand in ihrer jetzigen Form erst im Jahr 1988, also zwei Jahre vor Bernsteins Tod, ihre Wurzeln sind jedoch viel älter. Bereits im Jahr 1955, als Bernstein an »Candide« arbeitete, schrieb er nebenbei eine Chormusik zum Schauspiel »Die Lerche«, das vom Prozess der 1 Help Us, O Lord Hilf uns, o Herr Jeanne d’Arc handelt. Darin wollte er die inneren Stimmen der Jeanne d’Arc hörbar ma- Help us, O Lord. Hilf uns, o Herr. chen, die ihr halfen, ihre Truppen bei Orleans zum Sieg zu führen. Als der Dirigent Robert For with Thee is the fount of life. Denn in Dir ist die Quelle unseres Lebens. Shaw die Musik hörte, riet er Bernstein, die Musik doch zu einer Missas brevis umzu- In Thy light shall we see light. In Deinem Licht werden wir das Licht schauen. schreiben. Dreißig Jahre später fand Bernstein einen Anlass, um diesen Vorschlag in die Let us march and try our ways. Lass uns unsere Wege wagen. Tat umzusetzen: er komponierte die Messe für die Verabschiedung Shaws von seinem Turn to God. Wende dich zu Gott. Amt als künstlerischem Leiter des Atlanta Symphony Orchestras. It is good that man should wait. Es ist gut, dass der Mensch wartet, It is good that man should hope. Es ist gut, dass der Mensch hofft, Um dem Schauspiel über Jeanne d’Arc den passenden musikalischen Hintergrund zu ge- Hope for the salvation of the Lord. hofft auf die Erlösung des Herrn. ben, bettet Bernstein in seine – moderne – Klangsprache immer wieder Bezüge zur Help us, O Lord. Hilf uns, o Herr. ten oder Quinten parallel führt. Besonders tief lässt das »Sanctus« in diese Klangwelt 2 Thou, O Jehovah, Abideth Forever Du, O Jehovah, bestehst für immer eintauchen, in dem Bernstein mit den alten Kirchentonarten Dorisch und Mixolydisch Thou, O Jehovah, abideth forever. Du, O Jehovah, bestehst für immer spielt. Das unbegleitete, mit »frei« überschriebene Countertenor-Solo lässt an einen God reigneth over all men and nations. Gott herrscht über alle Menschen und Nationen. Gregorianischen Choral denken. Bernstein läßt die Messe mit einem tänzerischen Dona His throne doth last Sein Reich bleibt ewig bestehen. nobis pacem enden. and doth guide all the ages. Und leitet durch alle Zeiten. Wherefore willst Thou forsake us ever? Wirst Du uns jemals verlassen? When then willst Thou forget us never? Wirst Du uns jemals vergessen – jemals? And all the length of our days In all unseren Tagen wirst du ewig Will ever be our Savior. unser Heiland sein. Klangwelt des Mittelalters und der Renaissance ein, etwa indem er die Stimmen in Quar- Autorin: Julika Jahnke lebt in Augsburg, studierte Musikwissenschaft und Nordamerikanistik in ihrer Heimat­stadt Berlin und arbeitet seit 1997 als Autorin und Moderatorin für Kulturwellen der ARD (BR Klassik, SWR2 und MDR Figaro). Außerdem betreut sie PR-Projekte für den Veranstalter »Parktheater Göggingen«. 14 3 Have Mercy on Us, O My Lord Erbarme dich unser, o mein Herr Have Mercy on Us, O My Lord Erbarme dich unser, o mein Herr, Be not far from us, O my God. bleibe bei uns, O mein Gott. Give ear unto our humble prayer. Erhöre unser stammelndes Gebet, Attend and judge us in Thy might. Sei mit uns und richte uns in der Allmächtigkeit. Uphold us with Thy guiding hand. Leite uns mit Deiner Hand. Restore us to Thy kindly light. Bring uns zurück in Dein wohltuendes Licht. Have mercy. Sei uns gnädig. Be not far from us, O my God Bleibe bei uns, O mein Gott. O my heart is sorely pained. O meine Seele ist voll von Leid Cast me not away from Thee. Verwirf mich nicht vor Dir. Then we shall trust in Thee, Dann werden wir auf Dich vertrauen, Then we will bear our place. dann werden wir unser Schicksal meistern. 15 4 Sing Ye Praises to Our King Singt unserem König Lobgesänge Sing ye praises to our King. Singt unserem König Lobgesänge. O sing ye praises to our King and Ruler. Singt unserem König und Herrscher Lobgesänge. Come and hear all ye men, Kommt und hört all ihr Menschen, Come and hear my praises. Kommt und hört meine Loblieder. He doth bless all the earth, Er segnet die ganze Erde, bringeth peace and comfort. bringt Frieden und Trost. Shout unto God all ye men. Alle Menschen, jubelt zu Gott. Shout unto God all your praises. Kommt und preist ihn alle Menschen. Jay Schwartz Music for six Voices II für gemischten Chor a cappella nach »The First Time Ever I Saw Your Face« by Ewan MacColl The first time ever I saw your face Bei einer digitalen Extremverlangsamung I thought the sun rose in your eyes des aufgenommenen, gesprochenen Textes And the moon and the stars were the gifts werden Vokale zu lang gedehnten Glissandi. you gave to the dark and the end of the skies Nicht der Text selbst, sondern lediglich die And the first time ever I kissed your mouth Tonhöhen und Tonumfänge des gesproche- I felt the earth move in my hand nen Textes liegen der Komposition als kompo- Like the trembling heart of a captive bird sitorische Bausteine zugrunde. Samuel Barber A Stopwatch and an Ordnance Map Samuel Barber Eine Stoppuhr und eine Generalstabskarte A stopwatch and an ordnance map. Eine Stoppuhr und eine Generalstabskarte. At five a man fell to the ground Um fünf fiel ein Mann zu Boden And the watch flew off his wrist und die Uhr flog ihm vom Arm. Like a moon struck from the earth Wie ein von der Erde geschlagener Mond Marking a blank time that stares zeigt sie bedeutungslos gewordene Zeit an, On the tides of change beneath. im Strom der Veränderung da unten. All under the olive trees. Alles unter den Olivenbäumen. A stopwatch and an ordnance map. Eine Stoppuhr und eine Generalsstabkarte. He stayed faithfully in that place Treu blieb er an jener Stelle, From his living comrade split Von seinem lebendigen Kameraden getrennt. By dividers of the bullet Der Zirkel dieser Kugel Opening wide the distances hat die Dimensionen Of his final loneliness. seiner letzten Einsamkeit weit ausgedehnt. All under the olive trees. Alles unter den Olivenbäumen A stopwatch and an ordnance map. eine Stoppuhr und eine Generalstabskarte And the bones are fixed at five und die Knochen sind fest um fünf Under the moon‘s timelessness; unter der Zeitlosigkeit des Mondes; But another who lives on Doch ein anderer, der noch lebt, Wears within his heart forever trägt für immer in seinem Herzen Space split open by the bullet. den Raum, den die Kugel aufriss. All under the olive trees. Alles unter den Olivenbäumen Stephen Spender That was there at my command, my love And the first time ever I lay with you I felt your heart so close to mine And I knew our joy would fill the earth And last, till the end of time, my love The first time ever I saw your face Your face Your face Your face Ewan Mac Coll 16 17 Steve Reich Proverb »How small a thought it takes to fill a whole life« »Welch ein kleiner Gedanke doch ein ganzes Leben füllen kann« (Ludwig Wittgenstein) John Cage Five für fünf Musiker Vokalisen Leonard Bernstein Missa Brevis Domine Deus, Herr und Gott, Agnus Dei, Filius Patris. Lamm Gottes, Sohn des Vaters! Qui tollis peccata mundi, Du nimmst hinweg die Sünden der Welt: miserere nobis. erbarme dich unser. Qui tollis peccata mundi, Du nimmst hinweg die Sünden der Welt: suscipe deprecationem nostram. nimm unser Flehen gnädig auf. Qui sedes ad dexteram Patris, Du sitzest zur Rechten des Vaters: miserere nobis. erbarme dich unser. Quoniam tu solus sanctus. Denn du allein bist der Heilige, Tu solus Dominus. Du allein der Herr, Tu solus Altissimus, Jesu Christe. Du allein der Höchste, Jesus Christus. Cum Sancto Spiritu, Mit dem Heiligen Geiste, in gloria Dei Patris. in der Herrlichkeit Gottes des Vaters. Amen. Amen. SANCTUS SANCTUS Sanctus, Sanctus, Sanctus Heilig, heilig, heilig Dominus Deus Sabaoth. Herr, Gott der Heerscharen. Pleni sunt coeli et terrae Himmel und Erde sind erfüllt gloriae tuae. von deiner Herrlichkeit. Osanna in excelsis. Hosanna in der Höhe. KYRIE KYRIE Kyrie eleison. Herr, erbarme dich unser. Benedictus BENEDICTUS Christe eleison. Christus, erbarme dich unser. Benedictus qui venit Hochgelobt sei, der da kommt Kyrie eleison. Herr, erbarme dich unser. in nomine Domini. im Namen des Herrn! Osanna in excelsis. Hosanna in der Höhe. GLORIA GLORIA Gloria in excelsis Deo. Ehre sei Gott in der Höhe. AGNUS DEI AGNUS DEI Et in terra pax Und auf Erden Friede Agnus Dei, Lamm Gottes, hominibus bonae voluntatis. den Menschen, die guten Willens sind. qui tollis peccata mundi: du nimmst hinweg die Sünden der Welt: Laudamus te. Wir loben dich. miserere nobis. erbarme dich unser. Benedicimus te. Wir preisen dich. Agnus Dei, Lamm Gottes, Adoramus te. Wir beten dich an. qui tollis peccata mundi: du nimmst hinweg die Sünden der Welt: Glorificamus te. Wir verherrlichen dich. miserere nobis. erbarme dich unser. Gratias agimus tibi Wir sagen dir Dank Agnus Dei, Lamm Gottes, propter magnam gloriam tuam. ob deiner großen Herrlichkeit! qui tollis peccata mundi: du nimmst hinweg die Sünden der Welt: Domine Deus, Rex coelestis, Herr und Gott, König des Himmels, Deus Pater omnipotens. Gott, allmächtiger Vater! DONA NOBIS PACEM DONA NOBIS PACEM Domine Fili unigenite Jesu Christe. Herr Jesus Christus, eingeborener Sohn! dona nobis pacem. gib uns den Frieden. 18 19 Franz Vitzthum, Countertenor SWR Vokalensemble Stuttgart Franz Vitzthum, geboren in der Operpfalz, Das SWR Vokalensemble Stuttgart mit seinen 30 Sängerinnen und Sängern zählt zu den er­hielt seine erste musikalische Ausbildung international führenden Ensembles für die Vokalmusik des 20. Jahrhunderts und der Ge- bei den Regensburger Domspatzen. Sein Ge- genwart. sangsstudium absolvierte er 2007 bei Kai Wessel an der Musikhochschule Köln. Schon Bereits 1947 erfolgte der erste Auftritt bei den Donaueschinger Musiktagen. 1951 kam während seiner Ausbildung erhielt er zahl- mit Hermann Joseph Dahmen ein Chefdirigent, der die Spezialisierung des Chores auf reiche Preise und Stipendien. Die Presse lobt zeitgenössische Vokalmusik entschieden vorantrieb. Zu internationaler Reputation als Franz Vitzthums Stimme als intonations­ Ensemble für Neue Musik gelangte das SWR Vokalensemble dann mit den Chefdirigen- sicheren, linear geführten Countertenor, der ten Marinus Voorberg (1975 – 1981), Klaus-Martin Ziegler (1981 – 1987) und mit Rupert mühelos in die Mezzolage reicht und durch Huber (1990 – 2000). außergewöhnliche Klangschönheit über- zeugt. Es folgten Einladungen zu Solo-Aben- Seit 2003 ist Marcus Creed Chefdirigent. Unter seiner Leitung gründete das Vokalensem- den beim Rheingau Musik Festival, den Hän- ble seine erste eigene Konzertreihe in Stuttgart. Die CD-Produktionen, die unter der Lei- del-Festspielen in Halle, Karlsruhe und Göt- tung Marcus Creeds bisher entstanden sind, wurden mit renommierten Auszeichnun- tingen, zu La Folle Journée in Nantes und dem Bach Festival Philadelpia. Er arbeitete u. a. gen bedacht, darunter Aufnahmen mit nahezu unbekannten Werken von Charles Ives, mit den Dirigenten Nicolas McGegan, Andrew Parrott, Hermann Max, Peter Neumann Elliott Carter und Heitor Villa-Lobos. Für seine Produktion von Bruckners e-Moll-Messe und Christoph Poppen zusammen. Desweiteren hat er bei diversen Opern- und Oratori- und einer Motettenauswahl wurde das SWR Vokalensemble Stuttgart 2009 als »Ensem- enproduktionen mitgewirkt, u. a. bei Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung (Gla- ble des Jahres« sowie 2011 und 2012 für die »Chorproduktion des Jahres« mit dem Echo nert), Jephta und Solomon (Händel), Orfeo (Gluck) und Orlando generoso (Steffani) und Klassik prämiert (2011: Heitor Villa-Lobos, Chorwerke; 2012: György Ligeti, Requiem). Au- zuletzt in Spartaco (Porsile) an der Winteroper in Schwetzingen. Franz Vitzthum ist auch ßerdem wurde es 2011 für seinen wegweisenden Einsatz für zeitgenössische Vokalmusik vielgefragter Kammermusikpartner. So konzertiert er regelmäßig mit dem Lautenisten mit dem »Europäischen Chorpreis« der Kulturstiftung Pro Europa ausgezeichnet. Julian Behr und dem Basler Ensemble Capricornus und singt mit dem von ihm gegründeten Vokalensemble Stimmwerck. Neben ihren vielfältigen Verpflichtungen betreuen die Mitglieder des SWR Vokalensembles Stuttgart mit VE Young CLASSIX ein umfangreiches Kinder- und Jugendprogramm. Diese vielseitige Tätigkeit spiegelt sich in seiner Diskographie wider, die laufend erwei- Darüber hinaus sind Mitglieder des Ensembles in einer selbst verantworteten Kammer- tert wird. Nach seiner Debüt-CD »Ich will in Friede fahren« mit dem Gambenconsort Les musikreihe im Kunstmuseum Stuttgart zu hören. Escapades hat Franz Vitzthum unter dem Titel »Himmels-Lieder« soeben eine weitere Solo-CD mit geistlichen Barockliedern für das Label Christophorus aufgenommen. 20 21 Marcus Creed Der Dirigent ist an der Südküste Englands geboren und aufgewachsen. Er begann sein Studium am King‘s College in Cambridge, wo er Gelegenheit hatte, im berühmten King‘s College Choir zu singen. Weitere Stu­dien führten ihn an die Christ Church in Oxford und die Guildhall School in London. Ab 1977 lebte Marcus Creed in Berlin. Stationen seiner Arbeit waren die Deutsche Oper Berlin, die Hochschule der Künste sowie die Gruppe Neue Musik und das Scharoun Ensemble. Von 1987 bis 2001 war Marcus Creed künstlerischer Leiter des RIAS-Kammerchores. 1998 folgte er einem Ruf auf eine Dirigierprofessur an der Musikhochschule Köln. Seit 2003 ist Marcus Creed künstlerischer Leiter des SWR Vokalensembles Stuttgart. Das Sopran Alt Tenor Bass besondere Anliegen von Marcus Creed gilt mit diesem Ensemble der Wiederaufführung Julika Birke* Ulrike Becker Frank Bossert Bernhard Hartmann herausragender Kompositionen der jüngsten Vergangenheit, darunter z.B. Werke von Barbara van den Boom Sabine Czinczel Johannes Kaleschke Reiner Holthaus Luigi Nono, György Kurtág, Wolfgang Rihm oder Heinz Holliger. Judith Hilger Herbert Klein Achim Jäckel Kirsten Drope Ulrike Koch Rüdiger Linn Torsten Müller Marcus Creed ist regelmäßiger Gast bei internationalen Festivals der Alten und Neuen Eva Kleinheins* Sophia Maeno Hubert Mayer Philip Niederberger Musik und arbeitet regelmäßig mit der Akademie für Alte Musik Berlin, dem Freiburger Andrea Lehment* Sandra Stahlheber* Julius Pfeifer Mikhail Nikiforov Barockorchester und Concerto Köln zusammen. Seine CD-Veröffentlichungen wurden Angelika Lenter* Wiebke Wighardt Wilfried Rombach* Thomas Scharr* für ihre stilsicheren und klangsensiblen Interpretationen mit internationalen Auszei- Annette Ruoff Ute Wille Alexander Yudenkov Mikhail Shashkov Eva-Maria Schappé chungen prämiert, darunter der Preis der deutschen Schallplattenkritik, der Edison Award, der Diapason d’Or, der Cannes Classical Award sowie der Echo Klassik. Kerstin Steube Johanna Zimmer 22 * als Gast 23 Die nächsten Konzerte des SWR Vokalensembles Stuttgart Do 06. Juni 2013, 20 Uhr Speyer, Dom Schwetzinger SWR Festspiele Fr 07. Juni 2013, 19 Uhr Stuttgart, Stiftskirche »Stunde der Kirchenmusik« Fr 19. April 2013, 11 Uhr SWR Young CLASSIX Schulkonzert Stuttgart, Musikhochschule, großer Saal Sindbad der Seefahrer Eine musikalische Geschichte für Sprecher und Stimmen von Gordon Kampe (Uraufführung) Erzähler: Malte Arkona Sindbad: Hubertus Gertzen SWR Vokalensemble Stuttgart Dirigent: Klaas Stok Ein Projekt für Schulklassen 1.-5. Klasse SWR Young CLASSIX bietet dazu Unterrichtsmaterial, Schulbesuche und Coaching www.ve-young classix.de So 26. Mai 2013, 18 Uhr Speyer Dreifaltigkeitskirche Schwetzinger SWR Festspiele Benjamin Britten (1913 – 1976) Hymn to the Virgin Johannes Brahms (1833 – 1897) Zwei Motetten op 29 für fünfstimmigen gemischten Chor a cappella Paul Hindemith (1895 – 1963) Messe für gemischten Chor a cappella Benjamin Britten (1913 – 1976) Sacred and Profane, op. 91. Eight Medieval Lyrics für gemischten Chor a cappella SWR Vokalensemble Stuttgart Dirigent: Marcus Creed 24 Charles Koechlin (1867 – 1950) Choral sur le nom de Fauré für Streichorchester Lili Boulanger (1893 – 1918) Pie Jesu für Singstimme, Streichquartett, Harfe und Orgel Gabriel Fauré (1845 – 1924) Super Flumina Babylonis für Chor und Orchester Francis Poulenc (1899 – 1963) Konzert für Orgel, Pauken und Streicher g-Moll FP93 Gabriel Fauré (1845 – 1924) Requiem für Sopran, Bariton, Chor und Orchester op. 48 Christina Landshamer, Sopran Michael Nagy, Bariton Oliver Latry, Orgel SWR Vokalensemble Stuttgart Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR Dirigent: Stéphane Denève Do 04. Juli 2013, 11 Uhr Rosengarten Mannheim, Musensaal SWR Young CLASSIX Schulkonzert Empfohlen für Grundschulklassen Sa 06. Juli 2013, 11 Uhr Theaterhaus Stuttgart, T1 SWR Young CLASSIX Familienkonzert Empfohlen für Familien mit Kindern im Vor- und Grundschulalter 20.000 Meilen unter dem Meer (Uraufführung) Eine musikalische Erzählung von Henrik Albrecht nach dem Roman von Jules Verne Mit Malte Arkona SWR Vokalensemble Stuttgart Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR Dirigent: Stéphane Denève swryoungclassix.de 25 Sa 13. Juli 2013, 20 Uhr Konzertreihe des SWR Vokalensembles Stuttgart Stuttgart, Ev. Kirche Stuttgart-Gaisburg Konzerteinführung 19 Uhr So 14. Juli 2013, 18 Uhr Sonderkonzert des SWR Vokalensembles Stuttgart zusammen mit seinem 2. Patenchor Stuttgart, Ev. Kirche Stuttgart-Gaisburg Konzerteinführung 17 Uhr Mi 17. Juli 2013, 20 Uhr Festival RheinVokal Koblenz, St. Kastor Fr 19. Juli 2013, 19.30 Uhr Gastkonzert Stadtkirche Schwaigern Russland! Mikhail Glinka (1804 – 1857) Cherubimgesang für 6 Stimmen a cappella Sergej Rachmaninov (1873 – 1943) Gebet der nächtlich wachenden Muttergottes Peter Tschaikowsky (1840 – 1893) Cherubimgesang aus: Liturgie des hl. Johann Chrysostomos Alfred Schnittke (1934 – 1998) Drei geistliche Gesänge Sergei Iwanowitsch Tanejew (1856 – 1915) Chöre nach Jakow Polonski op. 27 Sofia Gubaidulina (*1931) Hommage a Marina Zwetajewa Suite für gemischten Chor a cappella in 5 Sätzen nur am So 14. Juli 2013: Daniel Smutny (1976) Neunstimmige Motette für zwei inneinander verschränkte Chöre (Uraufführung) mit der Evangelischen Jugendkantorei der Pfalz, Leitung Jochen Steuerwald SWR Vokalensemble Stuttgart Dirigent Marcus Creed VO N BUXTE H U DE B IS B OU L ANG E R Geistliche Musik in Speyer Do 16. Mai, 20 Uhr, Dom Musica Fiata La Capella Ducale mit Werken von Buxtehude So 26. Mai, 18 Uhr, Dreifaltigkeitskirche SWR Vokalensemble Stuttgart mit Werken von Britten, Brahms und Hindemith Fr 31. Mai, 20 Uhr, Dreifaltigkeitskirche Capella Cracoviensis mit Werken polnischer Barockkomponisten Do 6. Juni, 20 Uhr, Dom SWR Vokalensemble Stuttgart Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR mit Werken von Koechlin, Boulanger, Fauré und Poulenc 26 Ausführliches Programm: schwetzinger-SWR-festspiele.de Eintrittskarten: SWR2KulturService.de · Tel. 07221-300 200 27