Programmheft zum 14.7.12

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So 14. Juli 2012, 19 und 20 Uhr
Chor-Rezital extra
Evangelische Kirche Stuttgart-Gaisburg
VE Patenchor 2011/12
SWR Vokalensemble Stuttgart
Leitung: Marcus Creed
Herausgeber
SÜDWESTRUNDFUNK
Marketing SWR2/SWR Orchester & Ensembles
Chormanagement
Cornelia Bend
Redaktion
Dorothea Bossert
Gestaltung
SWR Design Stuttgart
19 Uhr Chor-Rezital extra
20 Uhr Rezital
VE-Patenchor 2011/12
SWR Vokalensemble Stuttgart
Damijan Mocnik *1967
Ralph Vaughan Williams 1872 – 1958
Verbum supernum prodiens
Three Shakespeare Songs für vierstimmigen Chor a cappella
Ola Gjeilo *1978
Ubi caritas
Felix Mendelssohn Bartholdy 1809 – 1847
Frohlocket ihr Völker auf Erden
1. Full Fathom Five
2. The Cloud-Capp’d Towers
3. Over Hill, Over Dale
Frank Martin 1890 – 1974
Ariel-Chöre nach Shakespeares »Sturm«
John Joubert *1927
1. Come unto this yellow Sands
There is no rose
2. Full Fathom Five
Jaakko Mäntyjärvi *1963
3. Bevor you can say »Come and go«
aus »Four Shakespeare Songs« for mixed Choir
4. You are three Men of Sin (Alt-Solo: Wiebke Wighardt)
2. Lullaby
5. Where the Bee sucks, there suck I
3. Double double toil and trouble
Hans Werner Henze *1926
Matthew Harris *1956
Orpheus behind the wire für 4 – 12-stimmigen Chor cappella
Tell me where is fancy bred
1. What was Hell like?
2. The Point tob e noted
3. You who survived
Kammerchor des Kopernikus-Gymnasiums Wasseralfingen
4. It was changed
Dirigent: Thomas Baur
5. Orpheus
– Pause –
gemeinsame Uraufführung:
Martin Smolka *1959
»Agnus dei« für zwei gemischte Chöre
Frank Martin
Messe für zwei vierstimmige Chöre
Kompositionsauftrag des SWR und des Vereins der Freunde und Förderer e. V.
Kammerchor des Kopernikus-Gymnasiums Wasseralfingen
SWR Vokalensemble Stuttgart
SWR Vokalensemble Stuttgart
Leitung: Marcus Creed
Leitung: Marcus Creed
Sendung am Mittwoch, 5. September 2012 um 15.05 Uhr in Musikszene SWR
Sendung am Montag, 29. Oktober 2012 um 20.03 Uhr im SWR2 Abendkonzert
Damijan Mocnik
Verbum supernum prodiens
Felix Mendelssohn Bartholdy
Frohlocket ihr Völker auf Erden
Verbum supernum prodiens
Des Allerhöchsten Wort ist einst
Frohlocket, ihr Völker auf Erden und preiset Gott!
a Patre olim exiens,
vom Vater ausgegangen,
Der Heiland ist erschienen, den der Herr verheißen.
qui natus orbi subvenis
dem Erdkreis wurde es zum Heil geboren,
Er hat seine Gerechtigkeit
cursu declivi temporis.
als die Zeit erfüllt war.
der Welt offenbaret, Halleluja!
Illumina nunc pectora
Erleuchte heute unsere Seelen,
tuoque amore concrema;
und entzünde uns mit deiner Liebe.
audita per praeconia
Erfülle nun mit Macht, durch Hören und
sint pulsa tandem lubrica.
Lobpreisen, das Herz mit wahrem Leben.
Laus, honor, virtus, gloria,
Lob, Ehre, Kraft und Herrlichkeit,
Deo Patri et Filio
sei Gott dem Vater und dem Sohn,
Frohlocket, ihr Völker auf Erden, Halleluja!
Sancto simul paraclito
dem Tröster auch, dem Heilgen Geist,
in sempiterna saecula.
von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Amen.
Amen
Ola Gjeilo
Ubi caritas
John Joubert
There is no rose
There is no rose of such virtue
Nie sah man solcher Rose Macht,
As in the rose that bare Jesu :
Als jene die Jesus gebracht.
Alleluia.
Alleluja.
For in this rose contained was
Denn in der Rose kleinem Raum
Heaven and earth in little space :
War Erd und Himmel anzuschaun.
Res Miranda.
Resmiranda.
For by that rose we may well see
Die Rose uns vor Augen malt
There be one God in Persons three :
Den einen Gott in Dreigestalt.
Pares forma.
Paresforma.
Ubi caritas et amor
Wo Güte ist und Liebe,
Deus ibi est.
da ist Gott
Then leave we all this worldly mirth
Den eitlen Frohsinn lass t zurück,
Congregavit nos in unum
Zusammengebracht in eins hat uns
And follow we this joyous birth :
Wir folgen nun dem neuen Glück.
Christi amor
die Liebe Christi
Transeamus.
Transeamus.
exsultemus et in ipso
lasset uns jauchzen und uns
iucundemur.
in ihm freuen
timeamus et amemus
lasset uns fürchten und lieben
Deum vivum
den lebendigen Gott
et ex corde diligamus
und von Herzen uns
nos sincero.
einander lieb haben.
Jaakko Mäntyjärvi
Lullaby
aus »Four Shakespeare Songs« Nr. 2
Jaakko Mäntyjärvi
Double, double toil and trouble
aus »Four Shakespeare Songs« Nr. 3
Lullaby
Wiegenlied
Thrice the brinded cat hath mew‘d.
Dreimal hat die räudige Katze miaut.
You spotted snakes with double tongue,
Bunte Schlangen, zweigezüngt!
Thrice, and once the hedge-pig whin‘d.
Dreimal und einmal hat ein Igel gepfiffen.
Thorny hedgehogs, be not seen;
Igel, Molche, fort von hier!
Harpier cries: ‚Tis time, ‚tis time.
Eine Hexe schreit. Es ist Zeit, es ist Zeit.
Newts and blind-worms, do no wrong;
Dass ihr euren Gift nicht bringt
Round about the cauldron go,
Um den Kessel schließt den Reihn,
Come not near our fairy queen.
In der Königin Revier!
In the poison‘d entrails throw:
Werft die Eingeweid‘ hinein,
Toad that under cold stone
Kröte du, die Nacht und Tag
Philomel, with melody,
Nachtigall, mit Melodei
Days and nights had thirty-one
unterm kalten Steine lag,
Sing in our sweet lullaby;
Sing in unser Eia popei!
Swelter‘d venom, sleeping got,
monatelang das Gift sog ein,
Lulla, lulla, lullaby; lulla, lulla, lullaby!
Eia, popeia! Eia popei!
Boil thou first in the charmed pot.
in den Topf zuerst hinein.
Never harm,
Dass kein Spruch,
Double, double toil and trouble,
Rüstig, rüstig, nimmer müde!
Nor spell nor charm,
Kein Zauberfluch
Fire burn and cauldron bubble.
Feuer brenne! Kessel, siede!
Come our lovely lady nigh;
Der holden Herrin schädlich sei.
Fillet of a fenny snake
Schlangen, die der Sumpf genährt,
So, good night, with lullaby.
Nun gute Nacht mit Eia popei!
In the cauldron boil and bake,
kocht und zischt auf unerem Herd.
Eye of newt and toe of frog,
Froschzehen tun wir auch daran,
Weaving spiders, come not here;
Schwarze Käfer, uns umgebt
Wool of bat and tongue of dog.
Fledermaushaar, Hundezahn,
Hence, you long-legg`d spinners, hence!
Nicht mit Summen! Macht euch fort!
Adder‘s fork and blind-worm‘s sting,
Otterzungen, Stacheligel,
Beetles black, approach not near;
Spinnen, die ihr künstlich webt,
Lizard‘s leg and owlet‘s wing.
Eidechspfoten, Eulenflügel,
Worm nor snail, do no offence.
Webt an einem andern Ort!
For a charm of powerful trouble,
Zaubershalber, wert der Müh‘,
Like a hell-broth boil and bubble.
Sied und koch wie Höllenbrüh‘.
Philomel, with melody,
Nachtigall, mit Melodei usw.
Double, ...
Rüstig, ...
Sing in our sweet lullaby;
Scale of dragon, tooth of wolf,
Tut auch Drachenschuppen dran,
Lulla, lulla, lullaby; lulla, lulla, lullaby!
Witch‘s mummy, maw and gulf
Hexenmumien, Wolfeszahn.
Never harm,
Of the ravin‘d salt-sea shark,
Des gefräß‘gen Seehund Schlund,
Nor spell nor charm,
Root of hemlock,
Schierlingswurz, zur finstern Stund‘
Come our lovely lady nigh;
digg‘d in dark.
ausgegraben überall!
Liver of blaspheming Jew,
Judenleber, Ziegengall,
Gall of goat and slips of yew,
Eibenzweige, abgerissen
Silver‘d in the moon‘s eclipse,
bei des Mondes Finsternissen.
Nose of Turk and Tartar‘s lips,
Türkennasen tut hinein,
Finger of birth-strangl‘d babe,
Tartarenlippen, Fingerlein
Ditch-delivered by a drab.
von bei Geburt erwürgter Knaben,
So, good night, with lullaby.
(Ein Sommernachtstraum, Zweiter Aufzug, 2. Szene)
make the gruel thick and slab.
abgelegt in einem Graben!
Add there to a tiger‘s caudron,
Mischt und rührt es, daß der Brei
For ingredients for our cauldron.
tüchtig, dick und schleimig sei.
Martin Smolka
Agnus Dei
werft auch, dann wird‘s fertig sein,
ein Gekrös vom Tiger drein.
Agnus Dei, qui tollis peccata mundi
Lamm Gottes, der du trägst die Sünden der Welt
Double, ...
Rüstig, ...
dona eis requiem
Gib ihnen Ruhe.
By the pricking of my thumbs,
Juckend sagt mein Daumen mir:
Agnus dei, qui tollis peccata
Lamm Gottes, der du trägst die Sünden
Something wicked this way comes,
Etwas Böses naht sich hier!
dona eis requiem
Gib ihnen Ruhe.
Open, locks, whoever knocks!
Nur herein, wer‘s mag sein
Eh‘ das Mädchen entschlief
es laut noch einmal rief
Dievca umiralo
Este zavolalo
Seid ihr meine lieben
Ci na druhem svete
Burschen auch dort drüben
Seid ihr jenseits
Mladenci bedete
Ci na druhem svete
Burschen
mladenci
Matthew Harris
Tell me where is fancy bred
Agnus Dei, qui tollis peccata mundi
Lamm Gottes, der du trägst die Sünden der Welt
Tell me where is fancy bred
Sagt, woher stammt Liebeslust?
Lux aeterna luceat eis
Ewiges Licht leuchte ihnen
Tell me where is fancy bred,
Sagt, woher stammt Liebeslust?
Domine, quia pius es
Herr, der du gnädig bis
Or in the heart or in the head?
Aus den Sinnen, aus der Brust?
dona eis requiem sempiternam
Gib ihnen ewige Ruhe
How begot, how nourished?
Ist euch ihr Lebenslauf bewusst?
Agnus Dei, Agnus Dei
Lamm Gottes, Lamm Gottes
Reply, reply.
Gebt Bescheid! Gebt Bescheid!
Amen
Amen
It is engender‘d in the eyes,
In den Augen erst gehegt,
With gazing fed; and fancy dies
Wird Liebeslust durch Schaun gepflegt;
In the cradle where it lies.
Stirbt das Kindchen, beigelegt
Let us all ring fancy‘s knell:
In der Wiege, die es trägt,
l‘ll begin it. - Ding, dong, bell.
Läutet Totenglöckchen ihm;
Ding, dong, bell.
Ich beginne: Bim! bim! bim!
The Merchant of Venice, Act III, Scene 2
Der Kaufmann von Venedig, Dritter Aufzug, 2. Szene
Das Patenchorprojekt des SWR Vokalensembles
Der Verein der Freunde und Förderer des SWR Vokalensembles Stuttgart e.V. hatte die
Idee, engagierten Laienmusikern Einblicke in die professionelle Arbeit des SWR Vokal­
ensembles zu ermöglichen und sie über einen längeren Zeitraum hinweg in ihrer musikalischen Entwicklung zu unterstützen. Innerhalb kürzester Zeit wurde aus der Idee ein
Konzept: Seit der Saison 2011/2012 vergibt das SWR Vokalensemble Stuttgart jährlich
eine Chorpatenschaft. Im Mittelpunkt steht dabei die gezielte Förderung an neuer Musik
interessierter Chöre aus Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz.
Aus neun von ihren Verbänden nominierten Chören hat Marcus Creed für die Saison
2011/12 den Kammerchor des Kopernikus-Gymnasiums in Wasseralfingen ausgewählt.
Ein Jahr lang haben die jungen Sängerinnen und Sänger die Arbeit des SWR Vokalensembles aktiv begleitet. Das heutige Konzert mit einer gemeinsamen Uraufführung ist
Höhepunkt und Abschluss der Patenschaft.
Eigens zu diesem Anlass hat der SWR zusammen mit dem Verein der Freunde und Förderer
des SWR Vokalensembles Stuttgart e.V. einen Kompositionsauftrag vergeben, ein Werk für
Der Kammerchor
des Kopernikus-Gymnasiums Wasseralfingen
Seit der Gründung des KGW-Kammerchores im Schuljahr 2005/06 hat der Chor schon
einige viel beachtete Konzerte gegeben. Konzertreisen führten ihn nach England, Frankreich, Ungarn, Tschechien, Sachsen und mehrmals auf die Insel Mainau. Der Chor richtet
sich an besonders motivierte oder begabte Schülerinnen und Schüler der Klassen 9 bis
13, die sich zusätzlich zum bestehenden AG-Angebot gesanglich engagieren möchten.
Im Vordergrund steht die Erarbeitung klassischer a-cappella-Literatur von der Renaissance bis zum 20. und 21. Jahrhundert.
Ausgezeichnet wurde der Chor unter anderem schon mehrmals mit dem 1. und 2. Chorpreis Deutscher Sprache bei den Baden-Württembergischen Schulchortagen (2008, 2010
und 2011) und 2009 mit dem Prädikat »sehr gut« für die Frauen des KGW Kammerchores
bei den Vorausscheidungen zum Landeschorwettbewerb. Aufsehen erregte der Chor
durch eine szenische Aufführung der avantgardistischen »Love Songs« von Claude Vivier
in einem gemeinsamen Konzert mit den »Neuen Vokalsolisten Stuttgart«. Seit seiner
Gründung steht der Chor unter der Leitung von Thomas Baur.
das SWR Vokalensemble Stuttgart und seinen Patenchor zu schreiben. Die Wahl fiel auf
den tschechischen Komponisten Martin Smolka, von dem Markus Creed und das SWR Vokalensemble Stuttgart bereits mehrere Werke uraufgeführt haben. Werke, die mit ihren
Thomas Baur
differenzierten Spektralklägen und einer aus einfachsten Mitteln virtuos gebauten Klangdramaturgie Marcus Creed und das SWR Vokalensemble nachhaltig beeindruckt haben.
Er begann zunächst Musikwissenschaft und Germanistik in Tübingen zu studieren, bevor er zum Studi-
Martin Smolka hat für dieses Konzert ein »Agnus Dei« komponiert, ein »kleines Requi-
um der Schulmusik mit Schwerpunkt Dirigieren an
em« für seinen Vater. Als Zitate hat er diesem Werk tschechische Kinderlieder einge-
die Musikhochschule in Trossingen wechselte. (Chor-
pflanzt, die sein Vater ihm und seiner Schwester häufig gesungen hatte.
leitung: Prof. Manfred Schreier, Orchesterleitung: Prof.
Volker Rhode, Th. Mandel und Veronika Stoerzenbach).
»Kompositorisch begegnen sich in diesem Werk zwei Chöre: ein dominierender und füh-
Meisterkurse bei Prof. Frieder Bernius, Prof. Helmuth
render Chor und ein nahezu ausschließlich homophon singender, das Werk eröffnender
Rilling, Georg Biller, Prof. Eric Ericson und Prof. Richard
und partiell unterstützender Chor, der vor allem gegen Ende der Komposition in seinem
Wistreich vervollständigten seine Ausbildung. Neben
Unisonogesang raffinierte Naivität verströmt. Inmitten dieses »Agnus Dei« wird ein
seinem klassischen Musikstudium hat Thomas Baur Popular- und Jazzmusik mit Trom-
zentral positioniertes Melodiefragment aus Bohuslav Martinu‘s Lied »Zvedavè dievca«
pete und Gesang in Trossingen studiert. Hauptberuflich ist er Musik- und Deutschlehrer
implantiert, das in seiner einfachen Auf-Ab-Linie dem Agnus Dei-Motiv ähnelt. Die für
am Kopernikus-Gymnasium Aalen-Wasseralfingen. Dort leitet er die Unterstufenchöre
Smolka typischen minimalistischen Taktzellen schaffen eine archaische Sinnlichkeit.
und den von ihm gegründeten Kammerchor, der innerhalb kürzester Zeit auf sich auf-
Diese vielfachen Wiederholungen, die dem Werk eingeschrieben sind, erscheinen am
merksam machte und zahlreiche Auszeichnungen erhielt. Außerdem leitet Thomas Baur
Schluss des Werkes wie Säulen auf Wüstensand. Eine einfache und zugleich streng ge-
weitere Chöre wie den Jungen Kammerchor Ostwürttemberg, den Aalener Kammerchor
baute Vokalmusik mit Tiefenwirkung.« (Hans-Peter Jahn)
und den katholischen Kirchenchor St. Maria Rechberg.
Foto: Thomas Müller
Ralph Vaughan Williams
Three Shakespeares Songs
Full fathom Five
Fünf Faden tief
Over hill, over dale,
(The Tempest, Act I, Sc.2)
(Der Sturm I,2)
(A Midsummer Night’s Dream II,1)
Ding, dong, bell
Kling, Klang Glocke,
Over hill, over dale,
Über Täler und Höh‘n,
Full fathom five
Fünf Faden tief
Thorough bush, thorough brier,
Durch Dornen und Steine,
thy father lies;
Liegt dein Vater;
Over park, over pale,
Über Gräben und Zäune,
Of his bones are coral made;
Zu Korallen wird sein Gebein,
Thorough flood, thorough fire
Durch Flammen und Seen,
Those are pearls
Perlen sind die Augen sein
I do wander everywhere.
Wandl‘ ich, schlüpf‘ ich überall,
that were his eyes:
Nichts an ihm, das soll verfallen,
Swifter than the moon‘s sphere;
Schneller als des Mondes Ball.
Nothing of him that doth fade,
das nicht wandelt Meeres-Hut,
And I serve the fairy queen,
Ich dien‘ der Elfenkönigin
But doth suffer a sea-change
in ein reich, seltnes Gut.
To dew her orbs upon the green.
Und tau‘ ihr Ring‘ aufs Grüne hin.
Into something rich and strange.
Kling, klang, Glocke.
The cowslips tall her pensioners be;
Die Primeln sind ihr Hofgeleit;
Sea-nymphs hourly ring his knell:
Nymphen läuten stündlich ihm:
In their gold coats spots you see;
Ihr seht die Fleck‘ am goldnen Kleid:
Hark! now I hear them
Da Horch! Ihr Glöcklein
Those be rubies, fairy favours,
Das sind Rubinen, Feengaben,
Ding-dong bell.
Bim! Bim! Bim!.
In those freckles live their savours:
Wodurch sie süß mit Düften laben.
I must go seek some dewdrops here,
Nun such‘ ich Tropfen Taus hervor,
And hang a pearl in every cowslip‘s ear.
The cloud-capp‘d towers
Die wolkenhohen Türme, die Paläste
(The Tempest IV,1)
The cloud-capp‘d towers,
Die wolkenhohen Türme,
the gorgeous palaces,
die Paläste,
the solemn temples,
Die hehren Tempel,
the great globe itself,
selbst der große Ball,
Yea, all which it inherit, shall dissolve,
Ja, was daran nur Teil hat, wird untergehn
And, like this insubstantial pageant faded,
Und, wie dies leere Schaugepräng‘ erblaßt,
Leave not a rack behind:
Spurlos wird es verschwinden.
We are such stuff as dreams are made on,
Wir sind aus solchem Zeug, wie das der Träume
And our little life is rounded with a sleep.
und dies kleine Leben ist umfasst vom Schlaf.
Über Berg und Höh‘n
Und häng‘ ‚ne Perl‘ in jeder Primel Ohr.
Übersetzt von August Wilhelm Schlegel
Frank Martin
Five Songs of Ariel from Shakespeare’s »Tempest«
Fünf Chöre nach Shakespeares »Sturm«
1 (Act 1, sc.2)
1
Come unto these yellow sands,
Kommt auf diesen gelben Strand!
And then take hands:
Fügt Hand in Hand!
Courtsied when you have, and kiss’d,
Wann ihr euch geküsst, verneigt
The wild waves whist,
(die See nun schweigt)
Foot it featly here and there;
Hier und dort behende springt,
And, sweet sprites, the burthen bear.
und den Chor, ihr Geister singt!
Hark, hark!
Horch! Horch!
The watch-dogs bark;
Es bellt der Hund
Burthen Bowow!
Wau! Wau!
Hark, hark! I hear
Horch! Horch!
the strain of strutting chanticleer
Der Hahn tut seine Wache kund,
Cry: Cock-a-diddle dow.
er kräht; Kikiriki!
2 (Act 1, sc.2)
2
Full fathom five thy father lies,
Fünf Faden tief liegt Vater dein.
Of his bones are coral made;
Sein Gebein wird zu Korallen,
Those are pearls that were his eyes:
Perlen sind die Augen sein.
Nothing of him that doth fade,
Nichts an ihm, das soll verfallen,
But doth suffer a sea-change
Das nicht wandelt Meeres-Hut
Into something rich and strange.
In ein reich und seltnes Gut.
Sea-nymphs hourly ring his knell: Ding-dong.
Nymphen läuten stündlich ihm,
Hark! now I hear them, ding-dong bell.
Da horch! ihr Glöcklein -- Bim! bim! bim!
v3 (Act 4, sc.1)
3
Before you can say, »Come« and »Go«,
Eh‘ du kannst sagen: komm und geh,
And breathe twice, and cry, »So, so,«
Atem holst und rufst: he he, mach ich wie ich
Each one, tripping on his toe,
geh und steh, dass hier jeder auf der Zeh’
Will be here with mop and mow.
sich im Hokuspokus dreh!
Do you love me, master? No?
Liebst du mich, mein Meister? – Ne.
4 (Act 3, sc.3)
4
You are three men of sin, whom destiny,
Ihr seid drei Sündenmänner, die das Schicksal
That hath to instrument this lower world
(das diese niedre Welt und was darinnen,
And what is in‘t, – the never-surfeited sea
als Werkzeug braucht) der nimmersatten See
Hath caused to belch up you; and on this island
geboten auszuspein; und an dies Eiland,
Where man doth not inhabit; you‚ mongst men
von Menschen unbewohnt, weil unter Menschen
Being most unfit to live. I have made you mad:
zu leben ihr nicht taugt. Ich macht‘ euch toll.
And even with such-like valour men hang and drown
Und grad in solchem Mut ersäufen, hängen
Their proper selves. You fools! I and my fellows
sich Menschen selbst. Ihr Toren! Ich und meine Brüder
Are ministers of fate: The elements
sind Diener des Geschicks; die Elemente,
Of whom your swords are tempered may as well
die eure Degen härten, könnten wohl
Wound the loud winds, or with bemocked at stabs
so gut den lauten Wind verwunden oder
Kill the still-closing waters, as diminish
die stets sich schließenden Gewässer töten
One dowl that‘s in my plume;
mit eitlen Streichen, als am Fittich mir
My fellow-ministers
ein Fläumchen kränken. Meine Mitgesandten sind
Are like invulnerable. If you could hurt,
gleich unverwundbar; könntet ihr auch schaden,
Your swords are now to massy for your strengths,
zu schwer sind jetzt für eure Kraft die Degen
And will not be uplifted. But, remember –
und lassen sich nicht heben. Doch bedenkt
For that‘s my business to you, – that you three
(denn das ist meine Botschaft) dass ihr drei
From Milan did supplant good Prospero;
Den guten Prospero verstießt von Mailand,
Exposed unto the sea, which hath requit it,
der See ihn preisgabt (die es nun vergolten)
Him, and his innocent child: for which foul deed
ihn und sein harmlos Kind; für welche Untat
The powers, delaying, not forgetting, have
die Mächte, zögernd, nicht vergessend, jetzt
Incensed the seas and shores, yea, all the creatures,
die See, den Strand, ja alle Kreaturen
Against your peace. Thee of thy son,
empöret gegen euren Frieden. Dich,
Alonso, They have bereft; and do pronounce, by me
Alonso, haben sie des Sohns beraubt,
Ling’ring perdition,
verkünden dir durch mich: ein schleichend Unheil,
– worse than any death Can be at once, –
viel schlimmer als ein Tod, der einmal trifft,
shall step by step attend
soll Schritt vor Schritt auf jedem Weg dir folgen.
You and your ways; whose wraths to guard you from –
Um euch zu schirmen vor derselben Grimm,
Which here, in this most desolate isle, else falls
der sonst in diesem gänzlich öden Eiland aufs Haupt euch fällt, hilft
Upon your heads, – is nothing but heart-sorrow,
nichts als Herzensleid
And a clear life ensuing.
und reines Leben künftig.
5 (Act 5, sc.1)
5
Where the bee sucks there suck I :
Wo die Bien’, saug ich ich mich ein,
In a cowslip‘s bell I lie;
bette mich in Maiglöcklein,
There I couch when owls do cry.
lausche da, wenn Eulen schrein,
On the bat‘s back I do fly
fliege mit der Schwalben Reihn
After summer merrily,
lustig hinterm Sommer drein.
Merrily, merrily shall I live now
Lustiglich, lustiglich leb ich nun gleich
Under the blossom that hangs on the bough.
Unter den Blüten, die hängen am Zweig
Übersetzt von August Wilhelm Schlegel
Hans Werner Henze
Orpheus Behind the Wire
Orpheus hinter dem Stacheldraht
I. What was Hell like?
I. Wie war die Hölle?
We call you do not look up
Wir rufen ihm Er schaut nicht auf gibt
What was hell like?
Wie war die Hölle?
or answer
keine Antwort
I‘d never seen such a place
Er war mir neu solch ein Ort
So urgently are you writing all that you
So drängt‘s ihn zu schreiben alles was er
Music sounded like silence
Musik tönt dort wie Schweigen
have to tell us
zu sagen hat
(That is hard to imagine?)
(Das ist schwer zu begreifen?)
You write it on water
Er schreibt es auf Wasser Kein einz‘ges
Not one word will be read
Wort wird man lesen
What was it like?
Was ging dort vor?
As you end it the beginning has already
Wenn er endet ist der Anfang längst
No echo came from my music
Kein Echo kam von meinen Tönen
been washed away
schon mit der Wellen Lauf dahin
Wind stole it and took it away
Wind stahl es und triebs vor sich her
I do not know where it took it
Und ich weiß nicht wo er‘s hintrug
This is the fate of poets who die by their
Dies ist das Los der Dichter die sterben
For the first time I walked in silence
Und zum ersten Mal ging ich im Schweigen
own hands
von eigener Hand
The ground was strewn with fine ash
Der Boden besät mit feiner Asche
Where were we when you died?
Wo waren wir als du starbst?
Was there no-one to help you?
Kam da niemand dir zur Hilfe?
It was an empty street
Die Straße war gänzlich leer
By these events we too are silenced
Dein Tod läßt uns wie dich verstummen
A secret policeman watched from a
Ein Mann vom Geheimdienst wacht durch ein
And our heritance taken to the grave
Und dein Vermächtnis sinkt mit dir zu Grab
window
Fenster
IV. It was Changed
IV. Nun ist alles anders
II. The Point to be Noted
II. Der Sinn liegt hier
Old now
Alt nun
It was not permitted
Es war nicht gestattet
More strings on this lyre than hairs
Mehr Saiten auf der Leier als Haar auf
That Orpheus and Eurydice
Für Eurydike und Orpheus
on my head
dem Kopf
Rode in the same carriage
Im gleichen Waggon zu reisen
I lean on the tree and sit in the grass
Ich lehne am Baum und sitze im Gras
Both mounted the ramp
Beide bestiegen die Rampe
To look down on the river
Und schau nieder zum Flusse
But at different times
Aber zu ungleicher Zeit
It shines like the scales of a fish
Er glänzt wie die Haut eines Fisches
They last saw each other
Sie sahen sich zuletzt
Passing from childhood to youth
Weitergehn von Kindheit zum Jüngling
Over a frozen wave of wire
Im Anblick einer erstarrten Welle aus Draht
Was difficult
War schwer für mich
Perhaps their ashes mingled
Vielleicht vermischte sich ihre Asche
I needed the surgeon‘s knife
Ich brauchte des Wundarzts Messer
The point to be noted is this
Der Sinn zu beachten liegt hier
When Eurydice had been killed
Als Eurydike getötet war
And her?
Und sie?
They killed Orpheus
Da starb auch Orpheus
Well that passion is gentle now
Nun, dies Leiden ist freundlich nun
Seen through the open doorway
Ich sah‘s durch den offenen Hausgang
III. You Who Survived
III. Du der du die Zeit der Mörder überlebtest
Over the fields of pain
Jenseits der Felder der Pein
You who survived the time of the murderers
Der überlebte die Zeiten der Mörder
Where the sun softly shines
Wo die Sonne mild scheint
Killed yourself – We see you standing up to
Hat sich getötet – Wir sehn ihn stehen bis an
All shadows have even gone
Alle Schatten sind nun vom Flusse
your waist in the Styx
die Brust tief im Styx
from the river
gewichen
But there is still music
Doch noch ist Musik!
And at news too
Wenn wir hören
First it was wild
Erst war sie wild
Of a dictator dead in America
daß ein Diktator tot ist in Amerika
Earth sang in my throat
Erd sang mir im Hals
That somewhere the starving
Daß irgendwo die Armen
Later all sounds came
Später kam Klang mir
have taken bread
nahmen sich Brot
from the ups of my fingers
von der Spitze der Finger
From those who argue
Von denen die streiten sich
Now it has changed again
Nun ist es wieder anders
the moral of guns
um die Moral der Gewehre
I sing with the earth a cappella
Ich singe mit der Erd a cappella
In assemblies guarded by guns
In Kongressen bewacht im Schutz der Gewehre
People come to my door
Leute sprechen vor an meiner Tür
And at a flag that flutters in breeze
Wenn eine Fahne flattert im Wind
For songs at weddings and at births
Sie bitten um Musik für Hochzeit Taufe
Where no poor shiver in rags
Wo kein Bettler in Lumpen mehr zittert
And at buryings
Und Begräbnis
Then I hear music of Orpheus
Ja, da ertönt uns Musik von Orpheus
My music didn’t tame beasts – I don’t
Mein Singen zähmt keine Bestien
Of triumph
Von Sieg
know why men tell such rumours and lies
Ich weiß nicht warum man solche Lügen verbreitet
Of freedom
Von Freiheit
My music is simple
Mein Singen ist einfach
I strike these notes:
Es macht diesen Klang!
That heron (»a broken stick in the river«)
Der Reiher (»zerbrochener Stab in dem Flusse«)
Looks once then goes back to its fishing
Schaut auf und fährt fort mit dem Fischen
But it is true that I went to hell
Doch es trifft zu ich war in der Hölle
And like you I lost Eurydice
Und wie du verlor ich Eurydike
V. Orpheus
V. Orpheus
Pressed by the weight of the world
Schwer bedrückt vom Gewicht unsrer Welt
By others‘ burdens we have not shared
Von andrer Menschen Last die wir nicht geteilt
With sorrow for friends who sold-out to
Mit Trauer um Freunde die sich dem Feinde
their enemy
verkauft
Of dead heroes
Von toten Helden
Of strangers we havent yet warned
Von Fremden die wir nicht gewarnt
I wish for the still music
Da sehnen wir uns nach Musik Sanftmut
of Orpheus
des Orpheus.
Übersetzung: Hans Werner Henze
Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Schott-Verlages
Frank Martin
Messe
Kyrie
Kyrie
Credo
Credo
Kyrie eleison.
Herr, erbarme dich unser.
Credo in unum Deum,
Ich glaube an den einen Gott.
Christe eleison.
Christus, erbarme dich unser.
Patrem omnipotentem,
Den allmächtigen Vater,
Kyrie eleison.
Herr, erbarme dich unser.
factorem coeli et terrae,
Schöpfer des Himmels und der Erde,
visibilium omnium et invisibilium.
aller sichtbaren und unsichtbaren Dinge.
Et in unum Dominum Jesum Christum,
Und an den einen Herrn Jesus Christus,
Gloria
Gloria
Filium Dei unigenitum.
Gottes eingeborenen Sohn.
Gloria in excelsis Deo.
Ehre sei Gott in der Höhe.
Et ex Patre natum ante omnia saecula.
Er ist aus dem Vater geboren vor aller Zeit.
Et in terra pax
Und auf Erden Friede
Deum de Deo, lumen de lumine,
Gott von Gott, Licht vom Lichte,
hominibus bonae voluntatis.
den Menschen, die guten Willens sind.
Deum verum de Deo vero.
wahrer Gott vom wahren Gott;
Laudamus te.
Wir loben dich.
Genitum, non factum,
Gezeugt, nicht geschaffen,
Benedicimus te.
Wir preisen dich.
consubstantialem Patri:
eines Wesens mit dem Vater,
Adoramus te.
Wir beten dich an.
per quem omnia facta sunt.
durch ihn ist alles geschaffen;
Glorificamus te.
Wir verherrlichen dich.
Qui propter nos homines,
Für uns Menschen
Gratias agimus tibi
Wir sagen dir Dank
et propter nostram salutem
und um unsres Heiles willen
propter magnam gloriam tuam.
ob deiner großen Herrlichkeit!
descendit de coelis.
ist er vom Himmel herabgestiegen.
Domine Deus, Rex coelestis,
Herr und Gott, König des Himmels,
Et incarnatus est
Er hat Fleisch angenommen
Deus Pater omnipotens.
Gott, allmächtiger Vater!
de Spiritu Sancto
durch den Heiligen Geist
Domine Fili unigenite Jesu Christe.
Herr Jesus Christus, eingeborener Sohn!
ex Maria Virgine:
aus Maria, der Jungfrau,
Domine Deus,
Herr und Gott,
Et homo factus est.
und ist Mensch geworden.
Agnus Dei, Filius Patris.
Lamm Gottes, Sohn des Vaters!
Crucifixus etiam pro nobis:
Gekreuzigt wurde er sogar für uns;
Qui tollis peccata mundi,
Du nimmst hinweg die Sünden der Welt:
sub Pontio Pilato
unter Pontius Pilatus hat er den Tod erlitten
miserere nobis.
erbarme dich unser.
passus, et sepultus est.
und ist begraben worden;
Qui tollis peccata mundi,
Du nimmst hinweg die Sünden der Welt:
Et resurrexit tertia die,
Er ist auferstanden am dritten Tage,
suscipe deprecationem nostram.
nimm unser Flehen gnädig auf.
secundum Scripturas.
gemäß der Schrift;
Qui sedes ad dexteram Patris,
Du sitzest zur Rechten des Vaters:
Et ascendit in coelum:
Er ist aufgefahren in den Himmel
miserere nobis.
erbarme dich unser.
sedet ad dexteram Patris.
und sitzet zur Rechten Gottes des Vaters;
Quoniam tu solus sanctus.
Denn du allein bist der Heilige,
Et iterum venturus est cum gloria,
Er wird wiederkommen in Herrlichkeit,
Tu solus Dominus.
Du allein der Herr,
judicare vivos et mortuos:
Gericht zu halten über Lebende und Tote,
Tu solus Altissimus, Jesu Christe.
Du allein der Höchste, Jesus Christus.
cujus regni non erit finis.
und seines Reiches wird kein Ende sein.
Cum Sancto Spiritu,
Mit dem Heiligen Geiste,
Et in Spiritum Sanctum,
Ich glaube an den Heiligen Geist,
in gloria Dei Patris.
in der Herrlichkeit Gottes des Vaters.
Dominum, et vivificantem:
den Herrn und Lebensspender,
Amen.
Amen.
qui ex Patre Filioque procedit.
der vom Vater und vom Sohne ausgeht;
Qui cum Patre et Filio
Er wird mit dem Vater und dem Sohne
simul adoratur, et conglorificatur:
zugleich angebetet und verherrlicht;
qui locutus est per Prophetas.
er hat gesprochen durch die Propheten.
Et unam sanctam
Ich glaube an die eine, heilige,
catholicam et apostolicam Ecclesiam.
katholische und apostolische Kirche.
Confiteor unum baptisma
Ich bekenne die eine Taufe
in remissionem peccatorum.
zur Vergebung der Sünden.
Et expecto resurrectionem mortuorum.
Ich erwarte die Auferstehung der Toten.
Et vitam venturi saeculi.
Und das Leben der zukünftigen Welt.
Amen.
Amen.
Sanctus
Sanctus
Sanctus, Sanctus, Sanctus
Heilig, heilig, heilig
Dominus Deus Sabaoth.
Herr, Gott der Heerscharen.
Pleni sunt coeli et terrae
Himmel und Erde sind erfüllt
gloria tua.
von deiner Herrlichkeit.
Hosanna in excelsis.
Hosanna in der Höhe.
Benedictus qui venit
Hochgelobt sei, der da kommt
in nomine Domini.
im Namen des Herrn!
Hosanna in excelsis.
Hosanna in der Höhe.
Ralph Vaughan Williams
Three Shakespeares Songs
Der Komponist Ralph Vaughan Williams (1872 – 1958) firmiert in der Musikgeschichte
Englands als ein Revolutionär der besonderen Art. Geboren als Sohn eines anglikanischen Geistlichen erhielt Vaughan Williams eine fundierte Ausbildung in traditioneller
englischer Kirchen- und Chormusik. Im Verlauf des Studiums in London und Cambridge
ereignete sich jedoch nichts, was die Vermutung zugelassen hätte, dass hier einer auf
dem Weg sein könnte, Englands Kunstmusik wieder in den Konzertsälen des Kontinents
zu etablieren.
Heimatverbundenheit und Nationalstolz blieben auch nach einem Studium bei Max
Bruch in Berlin Vaughan Williams’ hervorstechende Charaktermerkmale. Ein bisschen
Weltläufigkeit wollte er sich dennoch erobern.
So ging er noch als 36-jähriger zu Ravel, um
sich »ein wenig französischen Schliff« zu verschaffen. Zurück in England, zog es ihn jedoch
erneut zur Veredelung der heimatlichen Folkore. Er sollte hierfür eine ganz eigene harmonische Sprache finden, eine von gezähmter Kühnheit, oder wie es Helmut Heißenbüttel in seinem Aufsatz »Versuch der Rekonstruktion einer musikalischen Landschaft: Englische Musik
und Ralph Vaughan Williams« (1977) dargestellt hat. Er ordnet Vaughan Williams nicht in
die Reihe »der erneuernden Erfinder« ein, sondern charakterisiert ihn als einen Kompo-
Agnus Dei
Agnus Dei
Agnus Dei,
Lamm Gottes,
qui tollis peccata mundi:
du nimmst hinweg die Sünden der Welt:
miserere nobis.
erbarme dich unser.
Agnus Dei,
Lamm Gottes,
qui tollis peccata mundi:
du nimmst hinweg die Sünden der Welt:
miserere nobis.
erbarme dich unser.
Agnus Dei,
Lamm Gottes,
qui tollis peccata mundi:
du nimmst hinweg die Sünden der Welt:
dona nobis pacem.
gib uns den Frieden.
nisten, der eine Methode des musikalischen Ausdrucks gefunden hat, »die, noch einmal,
überkommene Mittel zum Äußersten zwingt«.
Die ganz eigenen Qualitäten von Vaughan Williams‘ Musik lassen sich durchaus exemplarisch an den »Three Shakespeare Songs« für gemischten Chor aus dem Jahr 1951 darstellen. Die Entstehungsgeschichte ist erst einmal ein wunderbares Beispiel für die berühmte britische Kauzigkeit. Vaughan Williams wurde von dem Komponisten und Präsidenten der Federation of Music Festivals, C. Armstrong Gibbs, um die Komposition eines
a-cappella-Pflichtstücks für das Festival of Britain gebeten. Vaughan Williams lehnte ab
mit dem Hinweis, man solle doch auf schon Vorhandenes zurückgreifen. Gibbs versuchte
noch einmal sein Glück, erhielt aber keine Antwort. Wenig später jedoch traf ein Umschlag mit dem Manuskript der Shakespeare-Songs bei ihm ein mit einer Notiz des Kom-
musik. Im Gegenteil. Vaughan Williams ging hier noch einmal wagemutig neue Wege.
Frank Martin
Messe
Songs of Ariel from Shakespeare’s »Tempest«
Im ersten Lied »Full Fathom Five«, dem Trauerlied Ariels für Ferdinands Vater (aus Shake-
»Ich bin äußerst empfindlich für die Sprache und habe mich immer gezwungen, trotz
speares »Der Sturm«, erster Akt, zweite Szene) verwendet Vaughan Williams im Mittel-
aller damit verbundenen Schwierigkeiten, mich so nah wie möglich an das Wort zu hal-
teil clusterartige Akkordgebilde um des tonmalerischen Effekts willen. Motivisch sub­
ten, wenn ich Musik schreibe. Man hat mir oft vorgeworfen, »Silbenmusik« zu schreiben,
stantiell für das Lied ist die tonmalerische Darstellung des »Glockengeläuts« der Nym-
das heißt, nicht mehrere Noten auf eine Silbe kommen zu lassen. Aber mein innerer Sinn
phen, das vom vierfach geteilten Sopran, von den Alt- und Tenorstimmen im Tonraum
für die Sprache hält mich davon ab, ihr Zwang
der Oktave ausgeführt wird. Dies gibt die klangliche Folie für den Bass ab, der den Text
anzutun und ihr einen anderen Rhythmus zu
ausführt. Tonal lässt Vaughan Williams dabei alles in der Schwebe.
geben, als den, der ihr eigen ist, wenn sie nor-
ponisten: »Hier sind drei Shakespeare-Vertonungen. Machen Sie damit was Sie wollen.«
Die so schnell hingeworfenen Kompositionen des immerhin schon 79-jährigen Komponisten sind indes kein routiniert zu Papier gebrachtes Machwerk, keine bloße Gebrauchs-
mal gesprochen wird.« (Frank Martin)
Im zweiten Lied »The Cloud-Capp’d Towers«, dem Worte Prosperos (Shakespeare »Der
Sturm«, vierter Akt, erste Szene) zugrunde liegen, arbeitet Vaughan Williams weniger
Frank Martin wird 1890 als zehntes und letztes
mit Klangflächen als mit blockartig gegeneinander verschobenen Akkorden. Begonnen
Kind einer schweizerischen Pfarrersfamilie mit
wird das Lied mit einem fis-Moll-Akkord, beendet wird es mit einem f-Moll-Akkord. Da-
calvinistischem Hintergrund geboren. In der Fa-
zwischen notiert Vaughan Williams harmonische Fixpunkte. Diese werden über harmo-
milie wird viel musiziert. Ohne musiktheoreti-
nische Brücken erreicht, die für Vaughan Williams typisch, aber so in keiner Harmonie-
schen Unterricht genossen zu haben, kompo-
lehre zu finden sind. Der Chor wird bisweilen neunstimmig aufgeteilt. Der Satz bewegt
niert Martin im Alter von neun Jahren sein ers-
sich meist in tiefen Lagen, zur Zeichnung eines düsteren Klangbilds bestimmt. Die zent-
tes Stück, das Kinderlied »Tête de Linotte«. Und
rale Aussage des Lieds befindet sich in der Lesart von Vaughan Williams am Ende, da-
schon in diesem Erstling zeigt sich seine ausgeprägte Sensibilität für den Konnex von
durch kenntlich gemacht, dass die Worte »dreams«, »life« und »sleep« mit besonders
Sprachrhythmus und Klangfarbe.
langen Notenwerten betont sind.
Von 1906 an erhält Martin bei Joseph Lauber Unterricht in Klavier, Harmonielehre, KomIm dritten Lied, »Over Hill, Over Dale« (Shakespeare, »Ein Sommernachtstraum«, zweiter
position und Instrumentation. Bei Lauber, der unter anderem bei Joseph Rheinberger in
Akt, erste Szene) komponiert Vaughan Williams jene Szene, in der die Elfe die Frage Drolls
München studiert hatte, genießt Martin eine Ausbildung, die er Jahrzehnte später in
nach dem Weg beantwortet. Im Gestus ist das Lied nahe an Mendelssohns
seinen »Entretiens sur la musique« (Neuchâtel, 1967) als das Beste feiert, was ihm pas-
»Sommernachtstraum«-Musik. Das ätherische, irgendwie ungreifbare Wesen der Elfe
sieren konnte: »Joseph Lauber gab mir besonders eingehend Harmonielehre, ohne mich
kommt durch den Gebrauch des 6/8- und des 9/8-Takts zum Ausdruck. Und auch hier
allerdings richtige Kontrapunktübungen schreiben zu lassen. Ich weiß nicht warum,
lässt Vaughan Williams die Harmonik absichtlich in der Schwebe, um den Text mit Klang-
aber ich bin froh darüber, weil ich glaube, dass mir der Kontrapunkt wegen seiner akade-
farben malen zu können.
mischen Seite recht widerwärtig gewesen wäre. Er brachte mir in den Harmonielehrübungen eine Stimmführung bei, die immer gut, immer melodisch war, und ich bin ihm
dafür sehr dankbar.«
Obwohl schon im Alter von 16 Jahren davon überzeugt, dass er als Komponist etwas zu
sagen hat, studiert Martin seinen Eltern zuliebe von 1908-1910 Mathematik und Physik
an der Universität Genf. Einen Abschluss macht er nicht. 1910 wird Martin Mitglied des
Schweizer Tonkünstlervereins, im selben Jahr, in dem seine Komposition »Trois poèmes
païens« (Drei heidnische Gedichte) beim Schweizer Tonkünstlerfest in den Konzertplan
me einsetzen. In der Behandlung der melodischen Ebene schließlich verfährt er weitge-
aufgenommen wird. Beflügelt von diesem Erfolg, widmet sich Martin nun ausschließlich
hend nach seiner Maxime, wie er sie in den »Entretiens« formuliert hat. So kommt eine
der Musik. Beim Schweizer Tonkünstlerfest 1918 in Lausanne bringt der Dirigent Ernest
melismatische Gestaltung des Textes nur an wenigen ausgesuchten Stellen vor, wie bei-
Ansermet die »Dithyrambes« von Martin zur Uraufführung. Ernest Ansermet wird in
spielsweise bei den Ausrufen »Kyrie«, »Sanctus« oder »Hosanna«. Dominierend ist der
schon dieser Komposition die Züge entdecken, die den reifen Stil Martins prägen wer-
von Martin stets präferierte natürliche Sprechrhythmus.
den: »Vom Anfang an erwies er sich als Lyriker, nicht als Symphoniker, und zwar als epischer Lyriker, als ein Künstler, dessen Musik vor allem Gesang ist, Gesang mit langem
Songs of Ariel from Shakespeare’s »Tempest«
Atem, der sich in die Weite und in die Tiefe erstreckt.«
Zu Beginn der 1930er Jahre wird Martin als Komponist von lokaler Bedeutung wahrgenommen. Martin ist zu diesem Zeitpunkt auf der Suche nach einer reicheren und zu-
Zwar wird es bis zu der Oper »Le vin herbé‘« (Der Zaubertrank) und damit bis zum eigent-
gleich einfach verständlichen Musiksprache. Er beginnt eine intensive Auseinanderset-
lichen Personalstil Martins noch Jahrzehnte dauern – die Uraufführung der Gesamtfas-
zung mit Schönbergs Zwölftontechnik. Dennoch setzt Martin für seine Arbeit als ver-
sung dieser Oper findet 1942 in Zürich statt – doch Martin gelangt ans Ziel. Manch einer
bindliche Orientierung sein so genanntes »Tonalitätsgefühl«. Damit verknüpft ist eine
würde sagen, auf Umwegen. Genau besehen handelt es sich um ein selbstbewusstes
weitere Maxime Martins, der zufolge Musik stets Ausdruck von Schönheit sein solle.
Erproben diverser Strömungen in der Musik der Zeit. In den 1920er Jahren sammelt Mar-
Martin weiß, dass er damit in Opposition zu Schönberg steht, der von der Kunst verlangt,
tin mit zwei Auftragswerken für die Comédie Genève Erfahrung in der kompositorischen
sie müsse nicht schön, sondern wahr sein. Martins Schönheitsbegriff ist ein religiös-hu-
Übertragung von antiken Versmaßen auf den französischen Sprachrhythmus. In den
manistisch motivierter: »Und auch wenn man getrieben ist, etwas Hässliches auszudrü-
Jahren 1926 bis 1928 studiert Martin rhythmische Probleme bei dem Schweizer Pädago-
cken, sollte die Kunst in sich selbst so schön sein, dass die Häßlichkeit wie umgewandelt
gen Jaques Dalcroze.
ist.« Diese Idee zieht sich durch Martins Werk hindurch wie ein roter Faden, ist auch in
seinen musiktheatralischen Arbeiten präsent.
Messe
In den Jahren 1921 bis 1926 arbeitet Frank Martin an einer katholischen Messe, er, der
So denkt Martin schon geraume Zeit über eine Vertonung von Shakespeares »Sturm«
Sohn einer calvinistischen Pfarrersfamilie. Niemand weiß davon. Martin schreibt ohne
nach, als er 1950 vom Nederlands Kamerkoor und dessen Leiter Felix de Nobel einen
Auftrag, hat auch nicht die Absicht, dieses Werk jemals zu veröffentlichen. Die Messe
Kompositionsauftrag erhält. Martin nutzt die Chance und nähert sich mit fünf Ariel-
wird bis zu ihrer Uraufführung 1963 in Hamburg fast vierzig Jahre in der Schublade lie-
Chören seinem Traumprojekt an. Die Ariel-Chöre spiegeln auf allen Ebenen Martins Rei-
gen. Martin ist sich sicher, dass diese Komposition eine Sache sei »zwischen Gott und
festil wieder, dessen Grundcharakteristikum er selbst so beschreibt: »Die Harmonie
mir, die niemand anderen etwas anging«. Dass er die Messe schließlich doch veröffent-
schreitet in der Zeit, wie die Melodie; wie diese ist sie abhängig vom Zeitfaktor, vom
licht, mag auch mit dem zweiten Vatikanischen Konzil zusammenhängen, das Papst Jo-
Rhythmus. Kein Akkord hat einen Sinn, außerhalb der Stellung, die er in der harmoni-
hannes XXIII zu Beginn der 1960er Jahre mit dem Auftrag zu pastoraler und ökumeni-
schen Bewegung einnimmt:«
scher Erneuerung einberuft.
In den Ariel-Chören manifestiert sich dieses Kompositionsverständnis, indem zum Teil
In der Messe knüpft Martin an die gregorianische Tradition an und komponiert die fünf
nur aus Silben generiert Klangbilder und Geräuschkulissen erzeugt werden, verstärkt
Teile des römischen Ordinariums. Die harmonischen Mittel reduziert Martin, der sich in
durch Rhythmik, wechselnde Tempi und eine ständig changierende Harmonik, wobei der
diesen Jahren auf Anregung Ansermets mit den Arbeiten der Impressionisten Debussy
Text auf vier bis zehn Stimmen verteilt ist.
und Ravel auseinandersetzt, dennoch auf das Äußerste. Große Partien des Werks für Doppelchor a cappella setzt Martin rein modal, das heißt auf der Basis der Kirchentonarten.
Stilistisch geht er dabei ganz eigene Wege, jenseits der liturgischen Tradition. So nimmt
er dem »Gloria« und dem »Sanctus« den ansonsten festlichen Gestus, komponiert eher
mediativ-introspektiv. In beiden Messsätzen lässt er den Chor leise und Stimme für Stim-
Hans Werner Henze
In diese Phalanx der politisch motivierten Arbeiten zählt auch der Chorzyklus »Orpheus
behind the Wire« ebenfalls auf Gedichte von Edward Bond. Die äußeren Bedingungen
beschreibt Henze in seinen Autobiographischen Mitteilungen »Reiselieder mit Böhmi-
»Ich lernte, alles Überflüssige wegzulassen und Strenge und Reinheit in mein Leben zu
schen Quinten«: »Zu Weihnachten war ich wieder im grauen, windzerzausten Marino
bringen. Zwischen meiner Musik und mir gab es keine über die übliche Schizophrenie
und begann endlich mit der Komposition eines ersten a cappella-Satzes für den Or-
hinausgehenden Identifikationsschwierigkeiten. Ich hatte verstanden, dass ich mein
pheus-Zyklus. Bond schrieb eigens ein Gedicht, das sich auf den besonderen Anlass be-
ganzes Leben lang einem Schönheitsbegriff dienen würde, der etwas mit der Idee von
zieht, für den ich den Chorsatz komponierte, nämlich ein von der AIDA (der Internationa-
der Wahrheit, der inneren, der eigenen zu tun hatte, und keinem anderen Denken ver-
len Vereinigung zur Verteidigung verfolgter Künstler überall auf der Welt) organisiertes
pflichtet sein würde als dem meinen – eingeschlossen den sozialen Ungehorsam, den ich
Protestkonzert in der Kölner Hochschule gegen die argentinische Militärregierung, die
für mich beanspruche. (Hans Werner Henze, in: Reiselieder mit böhmischen Quinten. Au-
Menschraub zuließ´, Folter und Mord – mit Uraufführungen von Werken von Allende-
tobiographische Mitteilungen 1926 – 1995)
Blin, Schnebel, Baur, Killmayer, Fritsch, Blume, Medek, Amirkhanian, Nono, Rihm, Jahn,
von Bose, Trojah und Stokes. Es war zugleich eine Solidaritätsadresse an die Frauen und
Der Schönheitsbegriff, den Henze in seinen autobiographischen Mitteilungen formu-
Mütter, die sich in Buenos Aires täglich vor dem Regierungspalast einfanden, mit der
liert, ist sehr viel komplexer, als dies auf den ersten Blick scheinen mag. Es geht darin
Forderung um Auskünfte über ihre verschleppten Männer und Söhne, die sogenannten
nicht um die pure Ästhetik. Henzes Schönheitsbegriff ist
desaparecidos, den Verschwundenen. Heute weiß man, dass die meisten von ihnen nie-
ein eminent politischer. Als Kind und Jugendlicher erlebt
mals zurückgekehrt sind – sie starben alle, wurden beseitigt, wurden lebend von Flug-
der 1926 Geborene die nationalsozialistischen Angriffe
zeugen herab ins offene Meer gestoßen.« (Böhmische Quinten, S. 482).
auf die moderne Musik, Kunst und Literatur. In den ästhetischen Dogmen und Schulen der Nachkriegsrepublik ver-
Die Arbeit an den Chören beendet Henze 1983 während der Sommerkurse in Tangle-
mag sich der Kompositionsstudent von Wolfgang Fortner
wood/USA. Die Uraufführung mit den BBC Singers im September 1985, leitet John Aldis.
und Teilnehmer an den Darmstädter Ferienkursen für
Der Komponist ist überglücklich, denn: »Man konnte alles hören!« Selbstverständlich
neue Musik nicht wieder zu finden. Bedrückt vom politi-
war das nicht, denn diese Partitur ist nichts für kühle Analytiker, die nach einem im me-
schen Muff der 1950er Jahre und im Bewusstsein seiner
chanischen Sinn gefertigten Konstrukt suchen. Diese Partitur will den aufmerksam hö-
geistigen Distanz zur zeitgenössischen Musikszene
renden, nachschaffenden Musiker, der wie Henze, die Klage des modernen Orpheus res-
Deutschlands lässt sich Henze 1953 in Italien nieder. Hen-
pektive Künstlers führt.
ze schreibt ganz und gar unpathetisch im Land, in dem
die Zitronen blühen – gesellschaftskritische Kunstmusik und bedient sich dazu auf seine
Dazu noch einmal Henze in seinen Lebenserinnerungen: »Denn meine Harmonik, oder
Weise aller musikalischen Mittel der abendländischen Tradition.
wie man das nennen will, was da aus den horizontalen Linienbewegungen vertikal hervorkommt als Akkordlichkeit, das war ja ein einziges espressivo, ein expressionistisch
Ansonsten: der Bürger Hans Werner Henze engagiert sich politisch. 1968 tritt er in die
wissender und systematischer Umgang mit der Chromatik, der darauf zielte, die Psyche
Kommunistische Partei Italiens ein. Das sorgt für Schlagzeilen. Die Uraufführung von
meiner Hörer an der richtigen Stelle zu erreichen und zu erregen – deswegen mussten
Henzes Oratorium »Das Floß der Medusa« scheitert 1968 daran, dass Westberliner Mit-
halt diese – dem Entwicklungsgedanken der deutschen Klassik verpflichteten – harmo-
wirkende sich weigern unter einem Porträt von Che Guevara und einer roten Fahne auf-
nischen Forschreitungen und Vorgänge, so gut es nur immer ging, mit- und nachvoll-
zutreten. Zur Jahreswende 1969/70 findet sich Henze erneut in den politischen Schlag-
ziehbar gemacht werden.«
zeilen, als er in Havanna demonstrativ einen Lehrauftrag übernimmt und dort auch seine sechste Sinfonie dirigiert. Das kommunistische Abenteuer beendet Henze bald, ge-
Annette Eckerle studierte Musikwissenschaft, Philosophie und Neuere Literaturwissenschaft in Karlsruhe. Sie ar-
sellschaftskritisch bleibt seine Kunst weiterhin. Mit seiner Oper »We come to the River«
beitet als freie Musikjournalistin in Stuttgart (u.a. für die Stuttgarter Zeitung, die Neue Zeitschrift für Musik, Das
nach einem Text des britischen Dichters Edward Bond im Jahr 1976 setzt Henze seine
musikalische Arbeit gegen das Vergessen fort.
Orchester und diverse andere Tageszeitungen). Von 2007 bis 2010 war sie Mitarbeiterin des SWR Vokalensembles
Stuttgart (Redaktion/Dramaturgie). Im Zentrum ihrer journalistischen Arbeit steht die Musik des 20. Jahrhunderts und die Jetztmusik. Sie ist Jurymitglied des Innovationsfonds Musik der Stadt Stuttgart.
Sopran: Barbara van den Boom
Kirsten Drope
SWR VOKALENSEMBLE STUTTGART
Maria-Regina Gromes
Eva Kleinheins*
Das SWR Vokalensemble Stuttgart mit seinen 32 Sängerinnen und Sängern zählt heute
Joanna Klisowska*
zu den international führenden Ensembles für die Vokalmusik des 20. Jahrhunderts und
Andrea Lehment*
der Gegenwart. Gegründet wurde das SWR Vokalensemble Stuttgart 1946 als »Kammer-
Annette Ruoff
chor von Radio Stuttgart«. Das Repertoire war vielfältig: Vom Choral bis hin zu Operette,
Eva-Maria Schappé
Volksliedabend und Hörspielmusik fand sich nahezu alles auf der Agenda des jungen
Kerstin Steube
Ensembles.
Johanna Zimmer
Bereits 1947 folgte der erste Auftritt bei den Donaueschinger Musiktagen. 1951 kam mit
Alt: Monika Bair-Ivenz*
Hermann Joseph Dahmen ein Chefdirigent, der den Chor zu einem a cappella-Ensemble
Ulrike Becker
von Rang formte. Zu internationaler Reputation gelangte das SWR Vokalensemble dann
Sabine Czinczel
mit den Chefdirigenten Marinus Voorberg (1975 – 1981). Mit Klaus-Martin Ziegler (1981 –
Judith Hilger
1987) und Rupert Huber (1990 – 2000) hatte das SWR Vokalensemble zwei Chefdirigen-
Ulrike Koch
ten in Folge, die nachdrücklich und konsequent die Musik der Gegenwart zum Zentrum
Sophia Maeno
ihrer Arbeit machten. Über 200 Werke hat das SWR Vokalensemble zur Uraufführung
Wiebke Wighardt
gebracht und hat dabei eine kollektive Kompetenz, Erfahrung und technische Brillanz
Ute Wille
erworben, die es zu einem Markenzeichen in der Neuen Musik werden ließ. Insbesondere
der instrumentale Stimmklang, den die Mitglieder des Ensembles pflegen, gehört zu den
Tenor: Frank Bossert
immer wieder hervorgehobenen Qualitäten dieses Chores und ist Voraussetzung für
Johannes Kaleschke
seine hohe stilistische und gesangstechnische Flexibilität.
Herbert Klein
Rüdiger Linn
Seit 2003 ist Marcus Creed Chefdirigent des Chores. In seiner Arbeit baut er auf die
Hubert Mayer
musikalische Intelligenz und stimmliche Souveränität der Ensemblemitglieder und hat
Julius Pfeifer
eine Ensemblekultur entwickelt, bei der jeder einzelne Sänger hohe musikalische Verant-
Wilfried Rombach*
wortung trägt. Mit diesem »denkenden Instrument« entwickelt er seine Interpretationen,
Alexander Yudenkov
die jede Komposition vor allem als Musik begreifen: Als eine Kunst, die ihre Qualität erst
dann zeigen kann, wenn die Interpreten ihre Schwierigkeiten im Schlaf beherrschen und
Bass: Jens Hamann*
im Moment der Aufführung dann alles geben, damit der zündende Funke überspringt.
Bernhard Hartmann
Reiner Holthaus
Die CD-Produktionen, die unter der Leitung Marcus Creeds bisher entstanden sind, wur-
Achim Jäckel
den mit renommierten Auszeichnungen bedacht. Für seine Produktion von Bruckners
Torsten Müller
e-Moll-Messe und einer Motettenauswahl wurde das SWR Vokalensemble Stuttgart 2009
Philip Niederberger
als »Ensemble des Jahres« sowie 2011 für die Produktion der Chorwerke von Heitor Villa
Mikhail Nikiforov
Lobos als »Chorproduktion des Jahres« mit dem Echo Klassik prämiert. Außerdem wurde
Mikhail Shashkov
es 2011 für seinen wegweisenden Einsatz für zeitgenössische Vokalmusik mit dem »Europäischen Chorpreis« der Kulturstiftung Pro Europa ausgezeichnet.
* als Gast
Marcus Creed
Der Dirigent ist an der Südküste Englands geboren und aufgewachsen.
Er begann sein Studium am King‘s College in
Cambridge, wo er Gelegenheit hatte, im berühmten King‘s College Choir zu singen. Weitere Studien führten ihn an die Christ Church in
Oxford und die Guildhall School in London.
Ab 1977 lebte Marcus Creed in Berlin. Stationen seiner Arbeit waren die Deutsche Oper
Berlin, die Hochschule der Künste sowie die
Gruppe Neue Musik und das Scharoun Ensemble. Von 1987 bis 2001 war Marcus Creed
Infos:
07221
300 200
künstlerischer Leiter des RIAS-Kammerchores. 1998 folgte er einem Ruf auf eine Dirigierprofessur an der Musikhochschule Köln.
Seit 2003 ist Marcus Creed künstlerischer Leiter des SWR Vokalensembles Stuttgart. Das
besondere Anliegen von Marcus Creed gilt mit diesem Ensemble der Wiederaufführung
herausragender Kompositionen der jüngsten Vergangenheit, darunter z.B. Werke von
Luigi Nono, György Kurtág, Wolfgang Rihm oder Heinz Holliger.
Marcus Creed ist regelmäßiger Gast bei internationalen Festivals der Alten und Neuen
Musik und arbeitet regelmäßig mit der Akademie für Alte Musik Berlin, dem Freiburger
Barockorchester und Concerto Köln zusammen. Seine CD-Veröffentlichungen wurden
für ihre stilsicheren und klangsensiblen Interpretationen mit internationalen Auszeichungen prämiert, darunter der Preis der deutschen Schallplattenkritik, der Edison
Award, der Diapason d’Or oder der Cannes Classical Award.
SWR2 DAS ANGEBOT
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