1.3 Hormonelle Kontrazeption

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382
D
1.2.4
1.2.4 Methoden der modernen Kontrazeption
Methoden der modernen
Kontrazeption
Man unterscheidet hormonelle und nicht
hormonelle Methoden. Einen Überblick über
die verschiedenen Ansatzpunkte der Kontrazeption zeigt Abb. D-1.2.
⊙ D-1.2
1 Kontrazeption und Familienplanung
Es werden aus praktischen Gründen hormonelle und nicht hormonelle Methoden
der Kontrazeption unterschieden. Bei den nicht hormonellen Methoden wird weiter
zwischen den sog. natürlichen Methoden, den mechanischen und chemischen Barrieremethoden, der intrauterinen Kontrazeption und der chirurgischen Kontrazeption unterschieden. Einen Überblick über die verschiedenen Ansatzpunkte der Kontrazeption zeigt Abb. D-1.2.
⊙ D-1.2
Ansatzpunkte der modernen Kontrazeption
hormonelle
Kontrazeption
chirurgische
Kontrazeption
Intrauterinpessar
Barrieremethoden
– mechanische Barriere
(Portiokappe,
Scheidendiaphragma,
Kondom, Femidom)
– chemische Barriere
(Spermizide)
Billings-Methode
1.3
Hormonelle Kontrazeption
1.3
Hormonelle Kontrazeption
Geschichtlicher Überblick: 1959 wurde die
erste Pille „ENOVID“ von Pincus und Rock auf
den Markt gebracht.
Geschichtlicher Überblick: Die ovulationshemmende Wirkung von Progesteron wurde zuerst von Makepeace (1937) am Kaninchen beschrieben. 1944 zeigten Bickenbach und Paulikovicz die ovulationshemmende Wirkung einer Injektion von 20 mg
Progesteron bei Frauen. Die ovulationshemmende Wirkung der Östrogene wurde
von Kurzrock (1937), Lyons (1943), Albright (1945) und anderen gefunden und untersucht. Ein wichtiger Schritt war die Herstellung oral wirksamer synthetischer Östrogene und Gestagene 1938 durch Hohlweg und Imhoffen. Seit den 50er Jahren befassten sich Arbeiten von Pincus et al. und Goldzieher et al. mit der Anwendung von
Östrogenen und Gestagenen im Hinblick auf deren kontrazeptive Wirkung. 1959
wurde die erste Pille „ENOVID“ von Pincus und Rock in den USA auf den Markt gebracht. Weitere Meilensteine der Entwicklung stellten das Erscheinen der Dreimonatsspritze 1969, der Minipille 1971, der Mikropille 1973 und der Dreistufenpille
1979 dar.
Chemie: Es werden synthetische Derivate
der natürlich vorkommenden weiblichen
Geschlechtshormone verwendet. Als orale
Östrogene werden Ethinylestradiol (EE) und
Estradiolvalerat verwendet.
Chemie: Die in den hormonellen Kontrazeptiva verwendeten Hormone sind synthetische Derivate der natürlich vorkommenden weiblichen Geschlechtshormone. Die
orale Wirksamkeit wird durch Substitution mit Ethinyl- oder Methylgruppen erreicht. Verwendet werden als orale Östrogene das Ethinylestradiol (EE) und neuer-
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symptothermale
Methode
– Basaltemperaturmessungen
D
dings auch das Estradiolvalerat. Ethinylestradiol ist im Gegensatz zum natürlichen
Östrogen außerordentlich stark wirksam, da es in der Leber relativ langsam metabolisiert wird. Mestranol (3-Methyläther des Ethinylestradiols) wird heute nicht mehr
verwendet.
17α-Hydroxyprogesteron-Ester sind Derivate des Progesterons, 19-NortestosteronDerivate leiten sich vom Testosteron ab. Die Nortestosteron-Derivate lassen sich in
die Gruppe des Norethisterons und des Norgestrels unterteilen. Ein Gestagen mit
zusätzlicher antimineralokortikoider Partialwirkung ist das Drospirenon, ein Abkömmling des 17α-Spirolactons. Tab. D-1.3 stellt die wichtigsten synthetischen
Gestagene zusammen, die heute in den gängigen Pillenpräparaten verwendet werden (S. 100).
Am häufigsten verwendete Östrogene und Gestagene in hormonellen Kontrazeptiva
Derivate von Nortestosteron
■
Norethisterongruppe
Derivate von Progesteron
■
Norgestrelgruppe
■
– Levonorgestrel
– Cyproteronazetat
– Norethisteronazetat
– Gestoden
– Chlormadinonazetat
– Lynestrenol
– Desogestrel
– Dienogest
– Norgestimat
■
■
17α-Spirolacton-Derivat
– Drospirenon
19-Norprogesteron-Derivat
– Nomegestrolacetat
Verordnung hormoneller Kontrazeptiva: Hormonelle Kontrazeptiva dürfen über Jahre hinweg eingenommen oder injiziert werden. Indikationsstellung, Verträglichkeit
und Dosierung sollten bei jeder neuen Verschreibung erneut überprüft werden. Pillenpausen zur Feststellung von Ovulationen und Blutungen nach längerer Einnahme
sind inzwischen obsolet, da sie keinen Vorteil erbracht haben, sondern allenfalls zu
unerwünschten Schwangerschaften führten.
Für die Anwendung hormoneller Kontrazeptiva gelten bestimmte Minimalforderungen. Sie sind in Tab. D-1.4 dargestellt.
■
Spirolacton-Derivat
17α-Hydroxyprogesterongruppe
– Norethisteron
≡ D-1.4
Synthetische Gestagene sind Abkömmlinge
des Progesterons (17α-HydroxyprogesteronEster), des Testosterons (19-NortestosteronDerivate) oder des 17α-Spirolactons.
Minimalforderungen für die Verordnung hormoneller Kontrazeptiva
Verordnung hormoneller Kontrazeptiva
(Tab. D-1.4): Hormonelle Kontrazeptiva dürfen über Jahre hinweg eingenommen werden.
Die Pillenpause ist obsolet.
≡ D-1.4
Vor der Behandlung:
1. Ausschluss aller Kontraindikationen durch Anamnese und Befund der körperlichen
Untersuchung
2. Untersuchung des Genitales einschließlich Portiozytologie und Untersuchung der Brust
3. Blutdruckmessung
4. ggf. Blutglukose bzw. oGTT bestimmen, Gerinnungsdiagnostik, Blutfette bestimmen,
Ausschluss einer Schwangerschaft
■
Follow-up:
– alle (3)–6 Monate
Erstverordnung: Bei der Erstverordnung sollte ein bezüglich des Östrogenanteils
möglichst niedrig dosiertes Präparat verwendet werden (20–35 μg Ethinylestradiol).
Dabei orientiert sich die niedrigstmögliche Dosis am Auftreten von Zwischenblutungen von mehr als 2 Tagen Dauer. Nach 3–6-monatiger Einnahme eines Präparates sollten keine Zwischenblutungen mehr auftreten, anderenfalls muss ein bezüglich des Östrogenanteils höher dosiertes Präparat verordnet werden. Eine Ausnahme von dieser Empfehlung stellt die gleichzeitige Einnahme von Medikamenten dar,
die die Sicherheit niedrig dosierter oraler Kontrazeptiva beeinträchtigen (z. B. Antiepileptika, Antibiotika). Als Gestagen wird bei der Erstverordnung bevorzugt Levonorgestrel eingesetzt, da es ein vergleichsweise niedriges Thromboserisiko aufweist.
Die absoluten und relativen Kontraindikationen sind unbedingt zu beachten
(Tab. D-1.7).
Bei neu auf dem Markt verfügbaren Einphasenpräparaten wird die ursprünglich auf
7 Tage konzipierte „Pillen-Einnahmepause“ auf 6, 4 bzw. 2 Tage verkürzt. Ebenso
wird der „Langzyklus“ (Verzicht auf „Pilleneinnahme-Pause“ über einige Monate)
oder die kontinuierliche Langzeiteinnahme ohne Pause propagiert und von vielen
Einnehmerinnen bevorzugt. Dies erspart die Menstruationsblutung und begegnet
gelegentlichen hormonentzugsbedingten Nebenwirkungen.
Erstverordnung: Absolute und relative Kontraindikationen sind unbedingt zu beachten
(Tab. D-1.7).
Bei der Erstverordnung sollte ein Präparat mit
möglichst niedrigem Östrogenanteil verwendet werden (20–35 μg EE). Die niedrigstmögliche Dosis orientiert sich am Auftreten von
Zwischenblutungen (nach 3- bis 6-monatiger
Einnahme sollten keine Zwischenblutungen
mehr auftreten). Als Gestagen wird bei der
Erstverordnung bevorzugt Levonorgestrel eingesetzt.
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≡ D-1.3
383
1.3 Hormonelle Kontrazeption
384
▶ Merke.
D
1 Kontrazeption und Familienplanung
▶ Merke. Bei der Erstverordnung sollte darauf hingewiesen werden, dass mit der
Wiederverordnung: Die Pille kann bei guter
Verträglichkeit so lange verordnet werden,
bis eine Schwangerschaft erwünscht ist. Regelmäßige Kontrolluntersuchungen sind erforderlich. Harmlose Nebenwirkungen können durch Präparatewechsel gebessert werden.
Wiederverordnung: Zunächst kommt die Patientin nach einer Einnahmedauer von
3 Monaten zu einer Kontrolluntersuchung, später alle 6 Monate. Das Auftreten von
Nebenwirkungen kann unter Umständen durch Präparatewechsel gebessert oder
aufgehoben werden. Eine Anpassung der Dosis bei Zwischenblutungen sollte möglichst erst nach einer Einnahmedauer von 6 Monaten durchgeführt werden, da Zwischenblutungen bei längerer Einnahme häufig von selbst aufhören. Bei guter Verträglichkeit kann die Pille so lange eingenommen werden, bis eine Schwangerschaft
erwünscht ist oder bis Risikofaktoren eine Beendigung der Pilleneinnahme erforderlich machen.
Pilleneinnahme über 40: Bei Frauen über
40 Jahren sollte aufgrund des steigenden Risikos vaskulärer Komplikationen die Pille nur
in Ausnahmefällen nach eingehender Beratung verordnet werden (Kontraindikationen
Tab. D-1.7).
Pilleneinnahme über 40: Bei Frauen über 40 Jahren muss die Verordnung der Pille
wegen des ansteigenden Risikos vaskulärer Komplikationen sorgfältig abgewogen
werden, insbesondere, wenn die Patientin Raucherin ist. Wird jedoch eine weitere
Kontrazeption durch die Pille gewünscht, so ist dies nach eingehender Beratung
über die Risiken zu entscheiden. Neben dem Rauchen bilden Übergewicht (BodyMass-Index [BMI] > 30), Diabetes, Gefäßschäden, Thromboseneigung und Störungen
des Fettstoffwechsels eine Kontraindikation (Tab. D-1.7). Die Pille sollte spätestens
im Alter von 50 Jahren abgesetzt werden.
Hormonelle Kontrazeption bei Minderjährigen: Hormonelle Kontrazeptiva dürfen Jugendlichen ab 14 Jahren verschrieben werden. Die Eltern müssen von der Verordnung
nicht unterrichtet werden.
Hormonelle Kontrazeption bei Minderjährigen: Hormonelle Kontrazeptiva dürfen
Jugendlichen ab 14 Jahren verschrieben werden, wenn die Gefahr einer unerwünschten Schwangerschaft besteht. Beratung und Aufklärung müssen besonders
sorgfältig durchgeführt werden. Die ärztlichen Überlegungen, die zur Verordnung
der Pille geführt haben, sind ausführlich zu dokumentieren.
Bei Jugendlichen unter 14 Jahren ist die schriftliche Einwilligung eines Elternteils
erforderlich. Bei Jugendlichen zwischen 14 und 16 Jahren entscheidet der Arzt, in
Abhängigkeit von der mentalen Reife des Jugendlichen, ob die Zustimmung eines Elternteils erforderlich ist.
Die Verordnung und der Bezug hormoneller Kontrazeptiva, ebenso auch von Intrauterinpessaren, einschließlich deren Applikation, sind für Jugendliche bis zur Vollendung des 20. Lebensjahres kostenfrei, wenn sie in einer gesetzlichen Krankenkasse versichert sind.
Bei Jugendlichen unter 14 Jahren muss mindestens ein Elternteil schriftlich einwilligen.
Die Verordnung, der Bezug und die evtl. Applikation von Kontrazeptiva bis zur Vollendung des 20. Lebensjahres ist für gesetzlich
Versicherte kostenfrei.
Postpartale Pilleneinnahme: Die Pilleneinnahme wird während der Laktation nicht
empfohlen, um ein Übergehen von Hormonen in die Muttermilch zu vermeiden. In Ausnahmefällen kann die Minipille gegeben werden.
Postpartale Pilleneinnahme: Nach Entbindungen wird im Allgemeinen erst nach
dem Abstillen wieder mit der Pilleneinnahme begonnen, um die Laktation nicht zu
gefährden und den Übergang von Hormonen auf das Kind zu vermeiden. In Ausnahmefällen kann die Minipille (nur Gestagen) verabfolgt werden, wenn eine frühe zuverlässige Kontrazeption unbedingt erforderlich erscheint.
1.3.1
1.3.1 Kombinationsmethode
Kombinationsmethode
Alle Tabletten enthalten eine konstante Menge Östrogen bzw. Gestagen. Bei den neueren
Mikropillen wurde die Dosierung von 50 μg EE
auf 15–35 μg EE reduziert (s. Abb. D-1.3).
Alle Tabletten enthalten gleiche Mengen Östrogen bzw. Gestagen. Bei den neuen
Präparaten wurde der Östrogenanteil von 50 μg Ethinylestradiol (EE) auf 15–35 μg
EE reduziert (Mikropille). Diese Einphasenmethode (Abb. D-1.3) ist das älteste Verfahren unter den hormonellen Kontrazeptiva und leitet sich von der von Pincus und
Rock eingeführten Pille ab.
Wirkungsweise: Die Wirksamkeit der Kombinationspräparate beruht auf einer zentralen
Ovulationshemmung, einer Viskositätszunahme des Zervixsekrets, einer Tubenmotilitätshemmung und dem „Endometriumeffekt“.
Wirkungsweise: Die kontrazeptive Wirkung der Kombinationspräparate beruht auf
einer zentralen Ovulationshemmung durch verminderte Freisetzung von FSH und
LH (negative Rückkoppelung) sowie auf einer fertilitätshemmenden Wirkung auf
das Endometrium (Atrophie und deziduale Stromaveränderung, wodurch eine Einnistung verhindert wird) und das Zervixsekret (Beeinträchtigung der Spermienaszension durch Viskositätszunahme). Des Weiteren entsteht ein negativer Effekt
auf die Tubenmotilität.
Anwendung: Die Pilleneinnahme sollte, vor
allem bei den niedrig dosierten Präparaten,
etwa zur gleichen Tageszeit erfolgen. Sicherer
Schutz besteht vom Tag der 1. Einnahme an.
Anwendung: Im 1. Zyklus wird mit der Pilleneinnahme am 1. Blutungstag begonnen; es wird täglich eine Pille eingenommen, wobei, vor allem bei den niedrig dosierten Präparaten, die Einnahme zur gleichen Tageszeit erfolgen sollte. Danach wird
alle 28 Tage mit einer neuen Packung begonnen. Ein sicherer Schutz besteht vom
Tag der 1. Einnahme an.
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Pilleneinnahme im 1. Zyklus bereits am 1. Blutungstag begonnen wird.
D
⊙ D-1.3
385
1.3 Hormonelle Kontrazeption
Mögliche Kombinationen der Östrogene und Gestagene bei oraler hormoneller Kontrazeption
⊙ D-1.3
Einphasenpräparat (21 Tage)
Zweistufenpräparat (21 Tage)
Dreistufenpräparat (21 Tage)
Östrogen
Gestagen
Zuverlässigkeit: Die kontrazeptive Sicherheit der Kombinationspräparate ist sehr
hoch, der Pearl-Index wird mit 0,1–0,9 angegeben.
Zuverlässigkeit: Sehr hohe Sicherheit. PearlIndex: 0,1–0,9.
1.3.2 Sequenzmethode
1.3.2
Dieses, auch als Zweiphasenmethode bekannte Verfahren, bei dem in der 1. Phase
nur Östrogen, in der 2. Phase eine Östrogen-Gestagen-Kombination verabreicht
wurde, wurde inzwischen verlassen und durch die Stufenmethode (s. u.) ersetzt.
Die Sequenzmethode wurde mittlerweile verlassen und durch die Stufenmethode (s. u.)
abgelöst.
1.3.3 Stufenmethode
1.3.3
Die Stufenmethode (Zwei-, Dreistufenpräparate) ist eine Modifikation der Sequenzialmethode, wobei zur Erhöhung der kontrazeptiven Sicherheit bereits in der 1. Phase
eine kleine Gestagendosis gegeben wird (Abb. D-1.3). Die Östrogendosis bleibt überwiegend konstant. Bei den Zweistufenpräparaten wird in der 1. Phase von 11 Tagen
eine relativ geringe Dosis von Gestagen gegeben, in der 2. Phase von 10 Tagen wird
die Gestagendosis auf das Doppelte oder mehr erhöht. Es handelt sich somit um eine
Übergangsform zwischen Kombinations- und Sequenzmethode. Eine Weiterentwicklung stellt das Dreistufenkonzept mit variabler Gestagendosis dar, welches dem
natürlichen Zyklus noch mehr angenähert ist. Die Einnahme der Stufenpräparate
entspricht der der Kombinationspräparate.
Bei der Zweistufenmethode wird zur Erhöhung der kontrazeptiven Sicherheit bereits
in der 1. Phase eine kleine Gestagendosis gegeben. Die Dreistufenmethode ist eine Weiterentwicklung der Zweistufenmethode
(Abb. D-1.3). Es wird eine noch bessere Annäherung an den natürlichen Zyklus erreicht.
Wirkungsweise: Durch Zugabe einer kleinen Gestagendosis in der 1. Phase wird im
Unterschied zu den Sequenzpräparaten bei den Stufenpräparaten die Gestagenwirkung auf den Zervixschleim und auf die Spermienpenetration bereits in der 1. Phase
ausgenutzt.
Wirkungsweise: Durch Zugabe von Gestagen in der 1. Phase wird im Gegensatz zu den
Sequenzpräparaten die Gestagenwirkung bereits in der 1. Phase ausgenutzt.
Zuverlässigkeit: Die Wirksamkeit entspricht mit 0,3–0,9 der der Sequenzpräparate.
Zuverlässigkeit: Pearl-Index: 0,3–0,9.
1.3.4 Vaginalring
1.3.4
Der Vaginalring besteht aus transparentem flexiblem Kunststoff, der Ethinylestradiol und Etonogestrel enthält. Es werden täglich 15 μg Ethinylestradiol und 120 μg
Etonogestrel gleichmäßig freigesetzt. Die Hormone werden über die Scheidenwand
aufgenommen und wirken damit systemisch zur Ovulationshemmung. Der Vaginalring wird für 3 Wochen eingelegt (die genaue Position des Vaginalrings in der Scheide spielt dabei keine Rolle), danach folgt eine 1-wöchige Pause, in der die Entzugsblutung eintritt.
Der Vaginalring setzt über 3 Wochen kontinuierlich Ethinylestradiol und Etonogestrel frei.
Die Hormone werden über die Scheidenwand
aufgenommen.
Wirkungsweise: Die Wirkungsweise des Vaginalrings entspricht derjenigen der
Kombinationspräparate.
Wirkungsweise: Entspricht der der Kombinationspräparate.
Zuverlässigkeit: Die kontrazeptive Sicherheit des Vaginalrings entspricht derjenigen
der Kombinationspillen und wird mit 0,65 angegeben.
Zuverlässigkeit: Pearl-Index 0,65.
Sequenzmethode
Stufenmethode
Vaginalring
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Da bei den Kombinationspräparaten schon die 1. „Pille“ ein Gestagen enthält, treten
frühzeitig Veränderungen auf, die sonst erst während der 2. Zyklushälfte nachweisbar sind. Diese Nebeneffekte sind zum Teil unerwünscht, andererseits aber auch
von antikonzeptioneller Bedeutung.
386
D
1.3.5
1.3.5 Kontrazeptionspflaster
Das Kontrazeptionspflaster wird für jeweils
1 Woche auf die Haut geklebt und setzt Ethinylestradiol und Norelgestromin frei. Die Hormone werden über die Haut aufgenommen.
Das Kontrazeptionspflaster ist ein Matrixpflaster, in das die Wirkstoffe Ethinylestradiol und Norelgestromin eingelassen sind. Es wird für jeweils 1 Woche auf die Haut
an Oberarm, Rücken, Bauch oder Gesäß geklebt und setzt täglich 20 μg Ethinylestradiol und 150 μg Norelgestromin frei. Die Hormone werden über die Haut aufgenommen und wirken damit systemisch zur Ovulationshemmung. Es wird 3 Wochen lang
jeweils ein Pflaster für 1 Woche aufgeklebt, danach folgt eine 1-wöchige Pause, in
der die Entzugsblutung eintritt.
Wirkungsweise: Entspricht der der Kombinationspräparate.
Wirkungsweise: Die Wirkungsweise des Kontrazeptionspflasters entspricht der der
Kombinationspräparate.
Zuverlässigkeit: Pearl-Index 0,9.
Zuverlässigkeit: Die kontrazeptive Sicherheit des Kontrazeptionspflasters entspricht
derjenigen der Kombinationspillen und wird mit 0,9 angegeben.
1.3.6
Kombinationspräparate mit
„natürlichen“ Östrogenen
1.3.6 Kombinationspräparate mit „natürlichen“
Östrogenen
Bei oralen Kontrazeptiva mit „natürlichen“ Östrogenen (17β-Estradiol oder dessen Valerat)
werden diese, im Vergleich zu Ethinylestradiol
(EE), in höherer Dosierung verabreicht, um
vergleichbare kontrazeptive Sicherheit zu haben. Als Gestagene sind Dienogest in „dynamischer“ Dosierung oder 1,5 mg Nomegestrolacetat enthalten.
Anstelle des Ethinylestradiols (EE) wurde in kürzlich zugelassenen Präparaten das unveränderte Östrogen 17β-Estradiol bzw. dessen Valerat (17β-Estradiolvalerat) eingesetzt mit dem Ziel, sich besondere Eigenschaften dieser natürlichen Östrogene zunutze zu machen, wie die stärkere osteoprotektive Wirkung, stärkere Reduktion vasovegetativer Ereignisse wie Hitzewallungen, stärkere Wirkung auf das Vaginalepithel, geringere ovarielle Suppression, geringeres Risiko gestagenbedingter Vasokonstriktion
und geringere Auswirkung auf den Blutdruck bei vergleichbarer kontrazeptiver Sicherheit. Da diese „natürlichen“ Östrogene im Körper schneller abgebaut werden,
sind höhere Dosierungen notwendig. Die Dosierung des 17β-Estradiols bzw. des 17βEstradiolvalerats beträgt zwischen 1 und 3 mg/d. Als Gestagene enthalten diese Präparate Dienogest in „dynamischer Dosierung“ oder 1,5 mg Nomegestrolacetat.
1.3.7
1.3.7 Östrogenfreier Ovulationshemmer
Östrogenfreier Ovulationshemmer
Es handelt sich um eine rein gestagenhaltige
Pille.
Es handelt sich um eine rein gestagenhaltige Pille, die im Unterschied zu den ebenfalls auf dem Markt befindlichen Minipillen eine wirksame Ovulationshemmung herbeiführt. Der östrogenfreie Ovulationshemmer muss wie die Minipillen täglich ohne
Pause eingenommen werden. Der Vorteil ist die hohe kontrazeptive Wirksamkeit
ohne Östrogenwirkung. Die Problematik in Bezug auf häufiger auftretende Zwischenund Durchbruchblutungen entspricht derjenigen der herkömmlichen Minipillen.
Wirkungsweise: Es kommt zur Ovulationshemmung sowie Zervikalschleimverdickung.
Wirkungsweise: Wirkt über eine Ovulationshemmung sowie über eine Zervikalschleimverdickung.
Zuverlässigkeit: Pearl-Index 0,14.
Zuverlässigkeit: Die kontrazeptive Sicherheit ist hoch. Der Pearl-Index wird mit 0,14
angegeben.
1.3.8
1.3.8 Minipille
Minipille
Die Minipille ist ein reines niedrig dosiertes
Gestagenpräparat.
Die Minipille besteht ausschließlich aus niedrig dosiertem Gestagen. Durch den Verzicht auf Östrogenzugabe ist die Minipille auch für Frauen mit Kontraindikationen
gegen eine Östrogeneinnahme bzw. bei Östrogenunverträglichkeit geeignet.
Wirkungsweise: Die Minipille bewirkt eine
Verminderung der Viskosität des Mukus und
eine Penetrationshemmung für Spermien. Die
Ovulation selbst wird nicht gehemmt.
Wirkungsweise: Die Wirkung der Minipille beruht auf einer Verminderung der Viskosität des Mukus und somit einer Penetrationshemmung für Spermien im Zervixschleim sowie auf der Beeinträchtigung eines für die Implantation optimalen Endometriumaufbaus. Wahrscheinlich wird auch die Tubenfunktion durch Veränderung
deren Peristaltik gestört. Es kommt oft zur Lutealinsuffizienz. Die Ovulation selbst
wird in der Regel nicht gehemmt, da mit der Minipille die Ovulationshemmdosis
nicht erreicht wird.
Anwendung: Die Minipille muss kontinuierlich und immer zur gleichen Tageszeit eingenommen werden. Die fehlende Östrogenzugabe führt häufig zu Blutungsanomalien.
Hauptanwendungsgebiet ist die hormonelle
Kontrazeption bei absoluter Kontraindikation
gegen Östrogene.
Anwendung: Mit der Einnahme wird am 1. Tag der Menstruation begonnen. Es wird
fortlaufend jeden Tag eine Tablette eingenommen. Die Einnahme darf nicht, wie bei
den Kombinationspräparaten üblich, unterbrochen werden, da sonst der kontrazeptive Schutz nicht gewährleistet ist. Die regelmäßige, zuverlässige Einnahme zur gleichen Tageszeit ist sehr wichtig. Bereits eine Abweichung von 2–3 Stunden kann ein
Versagen zur Folge haben. Die fehlende Östrogenzugabe verursacht häufige inter-
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Kontrazeptionspflaster
1 Kontrazeption und Familienplanung
D
387
1.3 Hormonelle Kontrazeption
menstruelle Durchbruch- und Schmierblutungen. Sie kann auch zum Ausbleiben
der Menstruation führen. Trotz gutem kontrazeptivem Effekt wird die Minipille daher heute nur wenig verordnet, und zwar meist dann, wenn Östrogene absolut
kontraindiziert sind.
▶ Merke. Bewährtes Vorgehen bei Einnahmefehlern:
Zuverlässigkeit: Pearl-Index: 0,5–3,0.
▶ Merke.
1 Pille entweder in der ersten oder zweiten Zyklushälfte vergessen – die vergessene
Pilleneinnahme innerhalb 24 h nachholen und den Rest der Packung weiter nach
Vorschrift einnehmen, um eine Abbruchblutung zu verhindern. Die kontrazeptive
Wirksamkeit ist nicht oder nur geringfügig eingeschränkt.
2 oder mehr Pillen in der ersten oder zweiten Zyklushälfte vergessen – zusätzliche
Maßnahmen sinnvoll z. B. Kondom, Diaphragma und/oder Spermizid. In der ersten
Zyklushälfte kann eine Abbruchblutung durch Pille danach, in der zweiten Zyklushälfte durch Weglassen der restlichen Pillen induziert werden, wenn eine Interzeption gewünscht ist. Mit der neuen Packung wird nach einem einnahmefreien Intervall von 7 Tagen begonnen.
Vergessen – zusätzliche Maßnahmen sind sinnvoll. Interzeption durch Postkoitalpille, wenn dies gewünscht wird.
Verhalten bei Erbrechen – bei Erbrechen innerhalb von 3–4 Stunden nach der Pilleneinnahme ist die vollständige Resorption nicht gewährleistet. Es sollte wie beim
Vergessen einer Pille verfahren werden.
Verhalten bei länger dauernden gastrointestinalen Störungen – zusätzliche Maßnahmen wie beim Vergessen von 2 oder mehr Pillen sind sinnvoll.
1.3.9 Hormonimplantat
1.3.9
Es handelt sich um ein Kunststoffstäbchen von 4 cm Länge und 2 mm Durchmesser.
Es enthält nur Gestagen in Form von kristallinem dispersem Etonogestrel (3-Ketodesogestrel). Das Gestagen wird kontinuierlich freigesetzt, die Freisetzungsrate
nimmt über die Liegedauer allmählich ab. Das Stäbchen hat eine Wirkdauer von insgesamt drei Jahren. Es wird subdermal an der Innenseite des Oberarms implantiert
und muss nach spätestens 3 Jahren wieder entfernt werden.
Es handelt sich um ein gestagenenthaltendes
Kunststoffstäbchen. Es wird am Oberarm implantiert und setzt über 3 Jahre kontinuierlich
Gestagen frei.
Wirkungsweise: Wirkt über eine Ovulationshemmung sowie eine Zervikalschleimverdickung.
Wirkungsweise: Es kommt zur Ovulationshemmung sowie Zervikalschleimverdickung.
Zuverlässigkeit: Die kontrazeptive Sicherheit ist sehr hoch, da Anwendungsfehler
entfallen. Der Pearl-Index wird mit 0–0,08 angegeben.
Zuverlässigkeit: Pearl-Index 0–0,08.
1.3.10 Depotpräparate
1.3.10 Depotpräparate
Seit Langem bekannt ist die Injektion von Gestagenen, auch bekannt als Dreimonatsspritze. In bestimmten Situationen (z. B. bei wenig zuverlässiger Einnahme
oder in Entwicklungsländern, wo Pillenpräparate nicht immer zugänglich sind),
kann diese Darreichung vorteilhaft sein. Ein großer Nachteil ist jedoch, dass beim
Auftreten von Nebenwirkungen die „Behandlung“ nicht abgebrochen werden kann.
Nebenwirkungen bei fortgesetzter Behandlung wie Gewichtszunahme, Müdigkeit,
Libidoverlust, Kopfschmerzen und Neigung zu Depressionen sind häufig. Daneben
schränken Begleiterscheinungen wie unregelmäßige Durchbruchblutungen, Dauerschmierblutungen und Metrorrhagien den Einsatzbereich von Depotpräparaten ein.
Nach mehrfacher Anwendung tritt häufig eine lang dauernde Amenorrhö auf. Bei
jungen Frauen ist diese Methode daher weniger geeignet.
Es handelt sich um eine Gestageninjektion
mit lang anhaltender kontrazeptiver Wirkung.
Nebenwirkungen sind häufig. Die „Behandlung“ kann nicht abgebrochen werden.
Wirkungsweise: Die Gestagengabe bewirkt eine anhaltende Ovulationshemmung,
eine Beeinträchtigung der Tubenfunktion (Motilität und Sekretion) und eine konzeptionshemmende Beeinflussung durch Veränderung des Zervikalsekrets sowie
des Endometriums.
Wirkungsweise: Die Gestagengabe bewirkt
eine anhaltende Ovulationshemmung, eine
Beeinträchtigung der Tubenfunktion und eine
Veränderung des Zervikalsekrets sowie des
Endometriums.
Zuverlässigkeit: Pearl-Index: 0,3–1,4.
Zuverlässigkeit: Der Pearl-Index für Depotpräparate liegt bei 0,3–1,4.
Hormonimplantat
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Zuverlässigkeit: Die Wirksamkeit liegt etwas unter der der Kombinations- und Stufenpräparate, der Pearl-Index wird mit 0,5–3,0 angegeben.
388
D
1.3.11 „Pille danach“
1.3.11 „Pille danach“
Die „Pille danach“ verhindert als Interzeptivum die Implantation. Sie enthält den Progesteronrezeptormodulator Ulipristalacetat
(30 mg). Die Einmaldosis sollte innerhalb der
ersten 120 Stunden nach dem Geschlechtsverkehr erfolgen.
Nebenwirkungen: Übelkeit, Erbrechen,
Schmierblutung.
Sie ist kein Kontrazeptivum im engeren Sinne, sondern wirkt überwiegend interzeptiv, indem sie die Implantation verhindert. Heute hat sich die Einmaleinnahme
des Progesteronrezeptormodulators Ulipristalacetat (30 mg innerhalb der ersten
120 Stunden nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr) durchgesetzt. Die Wirksamkeit nimmt bei späterer Einnahme ab. Daher ist es günstig, die „Pille danach“ möglichst innerhalb der ersten 24–48 Stunden nach dem ungeschützten Verkehr einzunehmen. Eine weitere Möglichkeit, allerdings mit geringerer Sicherheit, ist die
Einnahme von 1,5 mg Levonorgestrel innerhalb der ersten 72 Stunden.
Nebenwirkungen wie Übelkeit und Erbrechen sind möglich. Der Einnahme folgt üblicherweise eine kurzfristige Schmierblutung.
Wirkungsweise: Durch eine vorzeitige Umwandlung des Endometriums und eine anschließende Entzugsblutung wird die Implantation verhindert.
Zuverlässigkeit: Bei richtiger und rechtzeitiger Anwendung ca. 98 %.
Wirkungsweise: Vorzeitige Umwandlung des Endometriums und im Anschluss daran schwache Entzugsblutung, wodurch die Einnistung der Eizelle verhindert wird.
1.3.12 Nebenwirkungen der hormonellen
Kontrazeptiva
Sowohl Östrogene wie Gestagene können
spezifische Nebenwirkungen aufweisen
(Tab. D-1.5). Tab. D-1.6 führt die entsprechenden Gegenmaßnahmen auf.
1.3.12 Nebenwirkungen der hormonellen Kontrazeptiva
≡ D-1.5
Zuverlässigkeit: Die Sicherheit von Ulipristalacetat beträgt bei richtiger und rechtzeitiger Anwendung ca. 98 %.
Die Einnahme hormoneller Kontrazeptiva kann zu einer Reihe von unerwünschten
Nebenwirkungen führen. Diese können z. T. auf die Östrogene, z. T. auf die Gestagene zurückgeführt werden. Tab. D-1.5 listet die häufigsten östrogen- bzw. gestagenbedingten Nebenwirkungen auf; Tab. D-1.6 die entsprechenden Gegenmaßnahmen.
Absolute und relative Kontraindikationen für die Verordnung hormoneller Kontrazeptiva sind in Tab. D-1.7 zusammengestellt.
≡ D-1.5
Östrogen- und gestagenbedingte Nebenwirkungen
östrogenbedingt
gestagenbedingt
■
Übelkeit
■
Appetitsteigerung – Gewicht
■
Erbrechen
■
Müdigkeit
■
Ödeme durch Natrium- und Wasserretention – Gewicht
■
depressive Verstimmung
■
Libidoverlust
■
Mastodynie
■
trockene Scheide
■
Kopfschmerzen
■
Hypo- u. Amenorrhö bei höheren Dosen
■
Wadenkrämpfe
■
Hyperpigmentierung (Chloasma)
■
Varizenbeschwerden
■
bei Nortestosteronderivaten zusätzlich
■
zervikale Hypersekretion
– Akne, Seborrhö
– Hypertrichose
– Haarausfall
Wirkungen auf den Kohlenhydratstoffwechsel: Häufig ist eine herabgesetzte Glukosetoleranz, die bei gesunden Frauen reversibel ist. Bei bestehendem Diabetes kann der
Insulinbedarf steigen, bei Diabetes mit Gefäßkomplikationen müssen Vor- und Nachteile
hormoneller Kontrazeptiva sorgfältig abgewogen werden.
Wirkungen auf den Kohlenhydratstoffwechsel: Unter Einnahme hormoneller Kontrazeptiva kann es zu einer Verminderung der Glukosetoleranz kommen. Es findet
sich bei normalen Nüchternglukose- und Insulinspiegeln eine leicht erhöhte Insulinkonzentration im oralen Glukosetoleranztest. Diese Veränderungen sind in aller Regel reversibel. Bei Frauen mit vorbestehendem Diabetes mellitus kann unter Pilleneinnahme der Insulinbedarf steigen. Bei fortgeschrittenen Stadien des Diabetes mit
Gefäßbeteiligung muss die Verordnung hormoneller Kontrazeptiva sorgfältig abgewogen werden, da eine erhöhte Gefahr vaskulärer Komplikationen besteht.
Wirkungen auf den Fettstoffwechsel: Östrogene und Gestagene verändern periphere
Parameter des Fettstoffwechsels. Bei Fettstoffwechselstörungen muss die Pillenverordnung sorgfältig abgewogen werden.
Wirkungen auf den Fettstoffwechsel: Die Einnahme von Östrogenen und Gestagenen führt zu einer Veränderung peripherer Parameter des Fettstoffwechsels. Östrogene stimulieren die Synthese der Apolipoproteine in der Leber und steigern die Bildung von Rezeptoren, vor allem für Apoprotein B und E. Hierdurch kommt es zu
einer beschleunigten Elimination von LDL. Durch Hemmung der Aktivität der hepatischen Triglyceridhydrolase bewirken Östrogene eine Steigerung der Konzentrationen zirkulierender HDL. Sie haben außerdem einen stark positiven Effekt auf die Triglycerid- und VLDL-Spiegel. Gestagene wirken einer Erhöhung der Triglycerid- und
VLDL-Spiegel entgegen und erniedrigen HDL vor allem durch eine Aktivitätssteige-
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Absolute und relative Kontraindikation für die
Verordnung hormoneller Kontrazeptiva sind
in Tab. D-1.7 zusammengefasst.
1 Kontrazeption und Familienplanung
D
≡ D-1.6
389
1.3 Hormonelle Kontrazeption
Maßnahmen bei Nebenwirkungen unter hormoneller Kontrazeption
Nebenwirkungen
praktisches Vorgehen
Chloasma
■
In den Sommermonaten Einnahme der Pille in den Abendstunden, damit die höchsten
Steroidspiegel während der Nacht auftreten, evtl. Anwendung einer Sonnencreme mit
Lichtschutzfaktor.
■
Reduktion des Gestagenanteils
■
niedrig dosierte Pille verordnen
■
parenterale Kontrazeption
■
Einnahme von Estradiol zur Vermeidung eines zu starken Hormonabfalls
■
kontinuierliche Pilleneinnahme ohne Pause (Langzyklus)
■
abendliche Einnahme der Pille nach dem Essen
■
parenterale Kontrazeption
■
Verordnung eines niedrig dosierten Präparates; Gewichtsschwankungen von 2–3 kg sind
reversibel.
Kopfschmerzen
■
■
unter der Pille
in der Pillenpause
Übelkeit
Gewichtszunahme
■
prämenstruell
■
Verordnung einer östrogenbetonten Pille
■
mittzyklisch
■
20–40 μg Ethinylestradiol vom 12.–18. Zyklustag
■
postmenstruell
■
Verordnung eines höher dosierten Präparates
■
höher dosiertes östrogenhaltiges Präparat oder Dreistufenpille
■
Wechsel des Gestagens
■
bei Kinderwunsch: Ovulationsinduktion durch Antiöstrogene
■
ohne Kinderwunsch: keine spezifische Therapie erforderlich, Kontrolle des Östradiolspiegels
Hypermenorrhö
■
Verordnung einer Kombinationspille
vaginaler Ausfluss
■
Verordnung einer gestagenbetonten Pille
Brustspannen
■
Verordnung einer gestagenbetonten Pille
Libidoabnahme
■
Verordnung einer östrogenbetonten Pille
Pillenamenorrhö
„Post-Pill-Amenorrhö“
rung der hepatischen Triglyceridhydrolase. Die meisten Wirkungen auf die peripheren Lipoproteinspiegel werden mit zunehmender Anwendungsdauer geringer und
gleichen sich wieder prätherapeutischen Werten an. Eine etwaige arteriosklerosefördernde Wirkung oraler Kontrazeptiva (aufgrund ihres Einflusses auf den Fettstoffwechsel) konnte weder durch epidemiologische Erhebungen noch durch angiografische Untersuchungen nachgewiesen werden. Bei bestehenden Fettstoffwechselstörungen muss die Pillenverordnung sorgfältig abgewogen werden.
Wirkungen auf den Eiweißstoffwechsel: Bei Einnahme oraler Kontrazeptiva kommt
es zu geringen Verschiebungen im Serumalbumin-Globulin-Quotienten und zu
einem Anstieg des α1-Trypsin-Inhibitors. Diese Veränderungen findet man auch in
der Schwangerschaft, sie sind nicht als pathologisch anzusehen.
Wirkungen auf die Leberfunktion: Orale Kontrazeptiva bewirken eine Enzyminduktion sowie eine Stimulation der hepatischen Proteinsynthese (SHBG, CBG, TBG, Angiotensinogen). Die Veränderungen von Leberenzymen (Transaminasen, γ-GT, GOT,
GPT) sind meist reversibel und bewegen sich innerhalb des physiologischen Normbereiches. Mäßige Erhöhungen der Leberenzyme, vor allem der Transaminasen,
können durch eine ovulationshemmerinduzierte, nicht entzündliche Hepatose verursacht sein. Im Einzelfall muss die hormonale Kontrazeption abgesetzt werden.
Eine virale Hepatitis wird nach heutigem Kenntnisstand durch orale Kontrazeptiva
nicht ungünstig beeinflusst. Daher können orale Kontrazeptiva nach Normalisierung
der Leberwerte wieder eingesetzt werden. Bei Persistenz pathologischer Leberwerte
nach durchgemachter Hepatitis können orale Kontrazeptiva möglicherweise nachteilig sein.
Östrogene können zu einer Verringerung der Bilirubinkonjugierung und -ausscheidung führen. Hierdurch wird das Auftreten von Gallensteinen begünstigt. Patientinnen mit Schwangerschaftscholestase in der Anamnese zeigen meist auch bei An-
Wirkungen auf den Eiweißstoffwechsel: Es
kommt zu einer nicht pathologischen Verschiebung des Serumalbumin-Globulin-Quotienten und zu einem Anstieg des α1-TrypsinInhibitors.
Wirkungen auf die Leberfunktion: Orale
Kontrazeptiva bewirken eine Enzyminduktion,
eine Stimulation der hepatischen Proteinsynthese und eine Verringerung der Bilirubinkonjugierung und -ausscheidung. Bei bestehenden oder vorausgegangenen Lebererkrankungen muss die Verordnung hormonaler Kontrazeptiva je nach Sachlage entschieden werden.
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Zwischenblutungen
390
D
1 Kontrazeption und Familienplanung
Wirkungen auf den Blutdruck: Unter der Einnahme hormoneller Kontrazeptiva kann
es zu einem reversiblen Anstieg des systolischen und diastolischen Blutdrucks um
1–5 mmHg kommen. Dies ist auf eine Störung des Renin-Angiotensin-AldosteronSystems zurückzuführen. Es kommt zu einer vermehrten Bildung von Angiotensinogen, einer verstärkten Natrium- und Wasserretention und einem erhöhten Plasmaund Herzminutenvolumen. Bei besonders prädisponierten Frauen mit familiärer Belastung kann sich eine Hypertonie mit Blutdruckwerten von über 140/90 mmHg
entwickeln, die hinsichtlich der hormonell verursachten Komponente reversibel ist.
Bei Frauen mit manifester Hypertonie bringt die hormonelle Kontrazeption ein erhöhtes Risiko für vaskuläre Komplikationen mit sich.
Bei leichtem Hypertonus bis zu 160/95 mmHg können nach Risikoabwägung niedrig
dosierte Ovulationshemmer bzw. Gestagen-Monopräparate verordnet werden. Bei
schwereren Hypertonien sollte auf hormonelle Kontrazeptiva verzichtet werden.
Wirkungen auf den Blutdruck: Es kann zu
einem reversiblen Anstieg des systolischen
und diastolischen Blutdrucks um 1–5 mmHg
kommen. Bei prädisponierten Frauen kann
sich eine echte Hypertonie entwickeln. Bei
schwerem Hypertonus (> 160/95 mmHg) sollte eine andere Methode angewendet werden.
≡ D-1.7
Absolute und relative Kontraindikationen für die Verordnung hormoneller Kontrazeptiva
absolute Kontraindikationen
kardiovaskuläre Erkrankungen
relative Kontraindikationen
■
vorausgegangene Thrombosen oder
Thromboembolien
■
Zustand nach oberflächlicher Beinvenenthrombose
■
pulmonale Hypertonie
■
Thrombophlebitis
■
Hypertonie > 160/95 mmHg
■
starke Varikosis
■
Frauen > 35 Jahre, die mehr als 20 Zigaretten täglich rauchen
■
Frauen > 40 Jahre
■
Migräne (unkompliziert)
■
Herzerkrankungen (z. B. Mitralklappenfehler)
■
schwere Migräne (migraine accompagneé)
Erkrankungen des Gerinnungssystems
■
Gerinnungsstörungen (z. B. Mangel an Antithrombin III, Protein C, Protein S)
Erkrankungen des Lipidstoffwechsels
■
Hyperlipidämie mit Gefäßkomplikationen
■
Hypercholesterinämie
■
extreme Adipositas
(BMI ≥ 40)
■
Hypertriglyzeridämie
■
Hypertonie > 160/95 mmHg
■
Otosklerose
■
Adipositas (BMI ≤ 39,9)
■
insulinpflichtiger Diabetes mellitus (Blutzuckerkontrolle, evtl. Neueinstellung)
Erkrankungen des Kohlenhydratstoffwechsels
Leberstoffwechselstörung
■
schwer einstellbarer Diabetes mellitus
■
akute Erkrankungen des Pankreas
■
Diabetes mellitus mit Gefäßkomplikationen
■
Zustand nach Gestationsdiabetes
■
akute Lebererkrankungen (z. B. Hepatitis)
■
Porphyrie
■
Lebertumoren und schwerer Leberschaden
■
familiäres Auftreten von Gallensteinen
■
akute Erkrankungen der Gallenblase
■
Enzymopathien der Leber (selten)
■
schwere Oligomenorrhö bei jungen Patientinnen (Abklärung vor Verordnung des
Präparates)
■
Epilepsie
– Dubin-Johnson-Syndrom
– Rotor-Syndrom
Wachstumsstimulierung von hormonabhängigen Geweben
■
Schwangerschaftsikterus in der Anamnese
■
wiederkehrender cholestatischer Ikterus
■
östrogenabhängige Tumoren
– Hypophysentumoren (?)
– Mammakarzinom
Verschiedenes
■
Frühgravidität
■
geplante größere Operationen
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wendung hormonaler Kontrazeptiva eine intrahepatische Cholestase. Enzymopathien, die zu einer Ausscheidungsstörung von Bilirubin führen (Dubin-JohnsonSyndrom, Rotor-Syndrom) werden durch orale Kontrazeptiva verschlechtert.
Orale Kontrazeptiva können über die Hemmung der Zytochrom-P450-abhängigen
Monooxygenasen zu einer Vermehrung der Porphyrinogene führen. Bei Porphyrie
ist eine mögliche Verordnung in Abhängigkeit vom Typ der Erkrankung abzuwägen.
Wirkung auf das Gerinnungssystem: Die hormonellen Kontrazeptiva erhöhen in
quantitativ geringem Ausmaß das Risiko einer thromboembolischen Erkrankung, in
schweren Fällen (Zerebralthrombose, Lungenembolie) unter Umständen mit Todesfolge. Die Häufigkeit tödlicher thromboembolischer Komplikationen steigt mit zunehmendem Alter. Starke Raucherinnen sind zusätzlich gefährdet.
Östrogene führen zu einer überphysiologischen Synthesesteigerung von Gerinnungsfaktoren – wie auch von fibrinolytischen Faktoren – der Leber. Zusätzlich
kommt es zu einer Aggregationsförderung der Thrombozyten sowie zu einer vermehrten Thrombinbildung. Der Nettoeffekt der Veränderung sämtlicher Faktoren
führt zu einer Verschiebung des Gerinnungspotenzials im Sinne der Hyperkoagulabilität. In den meisten Fällen wird diese jedoch offensichtlich kompensiert. Komplikationen treten zumeist bei prädisponierten Frauen auf. Eine genaue Erhebung der
Anamnese bezüglich früher durchgemachter Thrombosen oder einer familiären Belastung ist daher besonders wichtig. Bei der Verordnung hormoneller Kontrazeptiva
sollte niedrig dosierten Präparaten der Vorzug gegeben werden, da hier das Thromboserisiko geringer zu sein scheint. Bei Frauen mit belasteter Anamnese sollte eine
andere Verhütungsmethode gewählt werden. Krampfadern stellen keine Kontraindikation dar, bei Zunahme der Stauungsbeschwerden sollte jedoch ebenfalls eine
andere Methode erwogen werden.
Bei Sichelzellerkrankungen kommt es häufig zu rezidivierenden Vasookklusionen
mit Gewebezerstörung in fast allen Organen. Es gibt jedoch keine Hinweise für ein
erhöhtes Thromboserisiko bei dieser Patientengruppe. Daher ist die Anwendung
hormonaler Kontrazeptiva hier nicht absolut kontraindiziert.
Aus den Nebenwirkungen ergeben sich die wichtigsten Warnhinweise, die zum Absetzen des Präparates führen sollten (Tab. D-1.8).
Von wichtiger präventiver Bedeutung ist die regelmäßige Durchführung der Krebsvorsorgeuntersuchung.
≡ D-1.8
391
1.3 Hormonelle Kontrazeption
Warnhinweise, die zum Absetzen der Pille führen sollten
■
Erkrankungen
tiefe Beinvenenthrombose
Myokardinfarkt
Gallenblasenkoliken
Pankreatitis
■
Symptome
Beinschmerzen
Ikterus
epileptische Reaktionen
akute Sehstörungen
heftige ungewohnte Kopfschmerzen
starker Blutdruckanstieg
Wirkung auf das Gerinnungssystem: Das Risiko einer thromboembolischen Erkrankung,
unter Umständen mit Todesfolge (Zerebralthrombose, Lungenembolie), ist erhöht. Die
Häufigkeit steigt mit zunehmendem Alter, besonders gefährdet sind Raucherinnen.
Eine genaue Eigen- und Familienanamnese ist
wichtig. Bei der Verordnung sollte niedrig dosierten Präparaten der Vorzug gegeben werden, da sie ein geringeres Thromboserisiko zu
haben scheinen.
Tab. D-1.8 fasst die wichtigsten Warnhinweise zusammen, die zum Absetzen des Präparates führen sollten.
≡ D-1.8
Weiterhin sollte die Pille 6 Wochen vor einer geplanten Operation oder bei längerer
Immobilisierung abgesetzt werden.
Kokarzinogenese: Die karzinogene Wirkung der oralen Kontrazeptiva wurde in
mehreren Langzeitstudien untersucht. Man ist derzeit der Ansicht, dass das Risiko
der Entstehung eines Zervixkarzinoms leicht erhöht ist. Es ist jedoch nicht völlig geklärt, ob diese Erhöhung auf ein verändertes Sexualverhalten mit größerer sexueller
Freiheit wegen der Möglichkeit einer sicheren Kontrazeption zurückzuführen ist. So
wird auch die Übertragung von karzinomassoziierten humanen Papillomaviren begünstigt, von denen bestimmte Gruppen (HPV 16, 18, 31, 33, 35) als Kofaktoren für
die Karzinomentstehung eine Rolle spielen.
Die bisher zur Frage der Risikoerhöhung für das Auftreten eines Mammakarzinoms
durchgeführten Studien konnten keinen Zusammenhang mit der Einnahme oraler
Kontrazeptiva nachweisen. Eine geringe Erhöhung des Risikos bei längerer Einnahme der Pille vor dem 25. Lebensjahr vor der ersten ausgetragenen Schwangerschaft
wird weiterhin diskutiert. Gesichert ist die Abnahme der Häufigkeit von Endometriumkarzinomen und Ovarialkarzinomen um ca. 50 % nach langjähriger Einnahme
kombinierter oraler Kontrazeptiva.
Die Entstehung von Leberzelladenomen und Leberzellkarzinomen unter der Pille
wurde bisher nur in Fallberichten und Fallkontrollstudien erwähnt. Größere Studien, die ein erhöhtes Risiko sichern, wurden bisher nicht durchgeführt.
Kokarzinogenese: Die Einnahme hormoneller Kontrazeptiva scheint das Risiko eines Zervixkarzinoms gering zu erhöhen. Das Risiko
für ein Mammakarzinom ist generell nicht erhöht.
Das Risiko von Endometriumkarzinomen und
Ovarialkarzinomen ist nach langjähriger Einnahme oraler Kontrazeptiva deutlich erniedrigt.
Die Entstehung von Leberzelladenomen und
-karzinomen ist aus Fallberichten bekannt.
Größere Studien zur Risikosicherung wurden
bisher nicht durchgeführt.
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D
Teratogenität: Orale Kontrazeptiva erhöhen
das Fehlbildungsrisiko beim Embryo oder Fetus nicht.
▶ Merke.
D
1 Kontrazeption und Familienplanung
Teratogenität: Orale Kontrazeptiva erhöhen das Fehlbildungsrisiko beim Embryo
oder Fetus nicht. Ein Schwangerschaftsabbruch aus medizinischer Indikation bei
versehentlicher Einnahme oraler Kontrazeptiva in der Frühschwangerschaft ist
nicht gerechtfertigt. Auch bei Anwendung von niedrig dosierten antiandrogen wirksamen oralen Kontrazeptiva wurde eine Fehlbildung im Sinne einer Verweiblichung
männlicher Feten nicht beobachtet. Bei Einnahme hoher Dosen antiandrogen wirksamer Substanzen (Cyproteronacetat), von Androgenen oder Anabolika muss das Risiko im Einzelfall durch eine genetische Beratungsstelle beurteilt werden.
▶ Merke. Die meisten ernsthaften Komplikationen, die die Einnahme von Ovula-
tionshemmern mit sich bringt, gehen vom Gefäßsystem aus!
Sie erhöhen das Risiko
■ eines Myokardinfarkts
■ thromboembolischer Erkrankungen
■ eines zerebralen Insultes (ischämisch oder hämorrhagisch)!
Risikofaktoren sind:
■ Alter über 35 Jahre
■ Rauchen
■ RR ↑
■ Hyperlipidämie
■ Nierenerkrankungen
■ Diabetes mellitus
Liegen einer oder mehrere dieser Risikofaktoren vor, wobei dem Rauchen und dem
Alter die größte Bedeutung zukommt, ist die betroffene Frau besonders gefährdet.
Subjektive Begleiterscheinungen sind häufig.
Subjektive Begleiterscheinungen: Sie sind bei Pilleneinnahme häufig und wurden
vielfach auch in Plazebogruppen beobachtet.
Günstige Eigenschaften: Zu den günstigen
Eigenschaften der Ovulationshemmer zählen
die Besserung von Dysmenorrhö, Hypermenorrhö, Mittelschmerz und dem prämenstruellen Syndrom. Einer Zystenbildung des
Ovars wird vorgebeugt. Der Uterus myomatosus, die Endometriose und die Mastopathie
können durch Gestagene behandelt werden.
Die Zahl gutartiger Brusterkrankungen nimmt
ab. Präparate mit antiandrogener Komponente bessern Akne, Seborrhö und Hirsutismus.
Eine weitere günstige Eigenschaft ist die Verminderung der Häufigkeit bestimmter Karzinome.
Günstige Eigenschaften: Die Ovulationshemmer zeigen eine Reihe günstiger Begleiteigenschaften, die sich gezielt therapeutisch einsetzen lassen. Dazu gehört die Behandlung von Dysmenorrhö, Mittelschmerz und dem prämenstruellen Syndrom.
Die Hypermenorrhö wird insbesondere durch gestagenbetonte Präparate vermindert. Gestagenbetonte Präparate oder Gestagene allein können für die Behandlung
des Uterus myomatosus, der Endometriose oder der Mastopathie herangezogen
werden. Es ist hier zu beachten, dass Östrogene bei diesen Erkrankungen relativ
kontraindiziert sind. Die Zahl gutartiger Brustveränderungen nimmt unter der Einnahme von kombinierten oralen Kontrazeptiva ab. Östrogene/Gestagene können
auch einer Zystenbildung der Ovarien vorbeugen oder zur Behandlung ovarieller
Funktionszysten dienen. Östrogen-Antiandrogen-Kombinationspräparate bessern
die Erscheinungen bei Akne, Seborrhö, androgenetischem Haarausfall und Hirsutismus. Hingewiesen sei außerdem auf die Verminderung der Häufigkeit bestimmter
Karzinome.
1.3.13 Wechselwirkungen zwischen oralen
Kontrazeptiva und anderen
Medikamenten
Enzyminduktoren beschleunigen den Abbau
der oralen Kontrazeptiva.
1.3.13 Wechselwirkungen zwischen oralen Kontrazeptiva
und anderen Medikamenten
▶ Merke.
Durch Enzyminduktion kommt es zu einem beschleunigten Abbau der Steroide und
somit zu einer Gefährdung der Kontrazeption. Zu den wichtigen Enzyminduktoren
gehören Rifampicin, Penizilline, Sulfonamide, Diazepam, Barbiturate, Phenobarbital
und Phenylbutazon. Arzneimittelinteraktionen spielen auch für Hormonimplantate,
die sog. Minipille und für den Vaginalring eine Rolle.
▶ Merke. Medikamente wie Rifampicin, Phenobarbital, Penizilline und Sulfonamide
können durch Enzyminduktion die Kontrazeption gefährden.
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392
D
▶ Klinischer Fall. Eine 30-jährige Patientin kommt in die Sprechstunde. Die letzte Schwangerschaft ist trotz liegendem IUP eingetreten. Die Patientin hat jetzt 3 Kinder. Ihr Kinderwunsch ist
damit abgeschlossen. Risikofaktoren, die gegen die Einnahme von Ovulationshemmern sprechen würden, bestehen nicht.
Wir raten der Patientin zur Verhütung durch Ovulationshemmer. Damit wird dem nun größeren Sicherheitsbedürfnis der Patientin entsprochen, da bereits einmal trotz liegender Spirale
eine Schwangerschaft eingetreten ist. Von einer endgültigen operativen Empfängnisverhütung
(z. B. Tubenligatur) würden wir angesichts des Alters der Patientin abraten, da sich die Lebenssituation der Patientin in den nächsten Jahren durchaus ändern könnte und ein erneuter Kinderwunsch nicht ausgeschlossen ist.
1.3.14 Heute auf dem Markt befindliche orale Kontrazeptiva
Eine Übersicht zeigt Tab. D-1.9.
1.3.14 Heute auf dem Markt befindliche
orale Kontrazeptiva
Siehe Tab. D-1.9
Heute auf dem Markt befindliche orale Kontrazeptiva
17α-Hydroxyprogesteron (mg)
Ethinyl-19-Nortestosteron (mg)
Gestoden
Kombinationspräparate
▶ Klinischer Fall.
Desogestrel
15 EE + 0,06 20 EE + 0,15
30 EE
30 EE + 0,15
+ 0,075
Zweistufenpräparate
1.–7. Tag
40 EE + 0,025
8.–22. Tag
30 EE + 0,125
Dreistufenpräparate
1.–7. Tag
35 EE + 0,05
8.–14. Tag
30 EE + 0,1
15.–21. Tag
30 EE + 0,15
Levonorgestrel
Norgestimat
Norgestrel
(NG)
35 EE + 0,25
20 EE + 0,1
30 EE + 0,125
30 EE + 0,15
50 EE + 0,125
19Norprogesteron
(mg)
Norethisteron
Dienogest
NomeChlormadi- Cyprotegestrolnonacetat ronacetat
acetat
20 EE + 0,5
30 EE + 0,5
30 EE + 2
30 EE + 2
35 EE + 2 a
17αSpirolacton
(mg)
Drospirenon
20 EE + 3
30 EE + 3
1.–11. Tag
50 EE + 1
12.–22. Tag
50 EE + 2
1.–7. Tag
35 EE + 0,18
8.–14. Tag
35 EE + 0,215
15.–21. Tag
30 EE + 0,25
1.–6. Tag
30 EE + 0,05
7.–11. Tag
40 EE + 0,075
12.–21. Tag
30 EE + 0,125
1.–7. Tag
35 EE + 0,5
8.–14. Tag
35 EE + 0,75
15.–21. Tag
35 EE + 1,0
1.–7. Tag
35 EE + 0,5
8.–16. Tag
35 EE + 1,0
17.–21. Tag
35 EE + 0,5
OC mit
natürlichem
Estrogen
Minipillen
3/2/2/1/0
E2 +
0/2/3/0/0
0,075
b
1,5 E2-Val
+ 2,5
0,03
Die hormonelle Zusammensetzung der Präparate ist angegeben als μg Ethinylestradiol (EE) bzw. mg Estradiol (E2)/Estradiolvalerat (E2-Val) + mg des jeweiligen
Gestagens
a Indikation: Aknetherapie, Androgenisierung
b östrogenfreier Ovulationshemmer
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≡ D-1.9
393
1.3 Hormonelle Kontrazeption
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