,Aus der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Direktor: Prof. Dr. J. Kornhuber Analyse psychiatrischer Konsultationen durch somatische Disziplinen am Beispiel einer Universitätsklinik Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde der Medizinischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg vorgelegt von Regina Theresa Schmid aus Burghausen 2011 Gedruckt mit Erlaubnis der Medizinischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Dekan: Prof. Dr. med. Dr. h.c. Jürgen Schüttler Referent: Prof. Dr. med. Wolfgang Sperling Korreferent: Prof. Dr. med. Norbert Thürauf Tag der mündlichen Prüfung: 18.06.2012 Für meine Eltern INHALTSVERZEICHNIS Zusammenfassung/Summary ....................................................................................................... 1 1 EINLEITUNG........................................................................................................................... 4 2 PATIENTEN UND METHODEN .......................................................................................... 11 2.1 Rahmenbedingungen ............................................................................................................ 11 2.2 Patienten............................................................................................................................... 11 2.3 Diagnostik und Dokumentation ............................................................................................ 11 2.4 Datenerfassung und Auswertung .......................................................................................... 12 3 ERGEBNISSE ........................................................................................................................ 15 3.1 Studienpopulation ................................................................................................................ 15 3.2 Alter und Geschlecht ............................................................................................................ 15 3.3 Inanspruchnahme des psychiatrischen Konsiliardienstes ..................................................... 16 3.3.1 Absolute Inanspruchnahme ............................................................................................... 16 3.3.2 Relative Inanspruchnahme ................................................................................................ 18 3.4 Somatische Hauptdiagnosen der Konsilpatienten ................................................................. 19 3.5 Psychiatrische Morbidität, Suizidalität, Verdachtsdiagnosen und Vorbehandlung ............... 21 3.5.1 Psychiatrische Morbidität .................................................................................................. 21 3.5.2 Suizidalität ........................................................................................................................ 23 3.5.3 Verdachtsdiagnosen der Somatiker und Übereinstimmung ............................................... 23 3.5.4 Vorbehandlung .................................................................................................................. 25 3.6 Gründe für die Konsilanforderung ....................................................................................... 25 3.7 Konsiliarische Empfehlungen zum weiteren Prozedere ....................................................... 26 3.8 Konsiliarische Medikationsempfehlungen ........................................................................... 27 3.9 Psychiatrische Komorbidität bei somatischen Hauptdiagnosen ............................................ 29 4 DISKUSSION ......................................................................................................................... 32 4.1 Soziodemographische Daten ................................................................................................ 32 4.2 Inanspruchnahme des Konsiliardienstes ............................................................................... 32 4.3 Psychiatrische Morbidität im Konsiliardienst....................................................................... 35 4.4 Verdachtsdiagnose der Somatiker ........................................................................................ 37 4.5 Vorbehandlung ..................................................................................................................... 38 4.6. Konsilanforderungsgründe .................................................................................................. 38 4.7 Konsiliarische Empfehlungen .............................................................................................. 39 4.8 Psychiatrische Morbidität bei somatischen Hauptdiagnosen ................................................ 40 4.8.1 Somatische Morbidität ...................................................................................................... 40 4.8.2 Psychiatrische Komorbidität ............................................................................................. 41 4.9 Ausblick: Perspektiven und zukünftige Aufgaben der Konsiliarpsychiatrie ......................... 42 4.10 Visionen für die Zukunft .................................................................................................... 44 5 LITERATURVERZEICHNIS................................................................................................. 46 6 TABELLEN UND ABBILDUNGSVERZEICHNIS .............................................................. 52 Danksagung ............................................................................................................................... 54 Lebenslauf .................................................................................................................................. 55 1 ______________________________________________________________________ Zusammenfassung 1. Hintergrund und Ziele Das Fachgebiet der Konsiliarpsychiatrie und die Bedeutung der Integration von psychiatrischen Versorgungsmöglichkeiten in somatische Fachabteilungen gewinnt in Zukunft an Wichtigkeit. Am Universitätsklinikum Erlangen wurde in den letzten Jahren eine starke Zunahme der konsiliarischen Aktivität beobachtet. Da bisher aber noch keine systematische Untersuchung diesbezüglich erfolgte, war Intention dieser Arbeit, diese Tätigkeit zu analysieren, das konsiliarisch gesehene Patientenkollektiv zu charakterisieren und Besonderheiten im Hinblick auf mögliche Optimierungsmöglichkeiten herauszuarbeiten. Untersucht wurde das psychiatrische Konsilaufkommen eines Jahres hinsichtlich folgender Hauptgesichtspunkte: Bedarf der einzelnen somatischen Teilkliniken, Anforderungsgründe sowie psychiatrische und somatische Diagnosen der Patienten. 2. Methoden Es wurden die Durchschläge aller Konsilscheine (n=637) des Jahres 2008, die zentral im Sekretariat der psychiatrischen Ambulanz archiviert waren, herangezogen und retrospektiv ausgewertet. Entsprechend der Fragestellungen wurden überwiegend Methoden der darstellenden Statistik gewählt. 3. Ergebnisse und Beobachtungen Das Durchschnittsalter der dem Konsildienst vorgestellten Patienten betrug 53 Jahre. Die größte Gruppe der Studienpatienten war zwischen 40 und 45 Jahre alt. Das Verhältnis von Männern und Frauen war wider Erwarten weitgehend ausgeglichen. Die Prävalenzzahl psychiatrischer Konsile betrug für das gesamte Universitätsklinikum 0,9%. Damit wurde weniger als jeder hundertste Patient des Klinikums konsiliarpsychiatrisch mitbetreut, dies war - verglichen mit der Literatur - gering. Der Konsildienst der Psychiatrischen Klinik wurde hauptsächlich von der Neurologie (35,7%) und der Inneren Medizin (32,8%) in Anspruch genommen, während die Chirurgie und die Frauenklinik eine auffällig geringe relative Inanspruchnahme von 0,5% aufwiesen. Die drei häufigsten psychiatrischen Diagnosen waren entsprechend der Literatur die Neurotischen, Anpassungs- und Somatoformen Störungen (27,8%), die Hirnorganischen Störungen (17,5%) und die Affektiven Störungen (16,2%). Die im Konsildienst betreuten Patienten befanden sich am häufigsten wegen Tumor- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, sowie der Epilepsie in stationärer Behandlung. Mit der Literatur übereinstimmend waren in dieser Studie die am weitaus häufigsten Gründe für die Anforderung eines psychiatrischen Konsils akute psychiatrische Symptome (43%), körperliche Symptome die organisch nicht zu erklären waren (15,3%), sowie der Verdacht auf eine akute Suizidalität (14,2%). Die häufigsten konsiliarischen Empfehlungen waren die Behandlung mit einem Psychopharmakon (37,5%) und 2 ______________________________________________________________________ die Aufnahme auf eine psychiatrische Station (11%). Auffällig war in dieser Studie, dass 132 von 607 Patienten - dies entspricht etwa jedem fünften Patienten - keine psychiatrische Diagnose erhalten hatten. Dies war weitaus häufiger, verglichen mit den in der Literatur angegebenen Zahlen. 4. Praktische Schlussfolgerungen Es kann demnach gefolgert werden, dass dem psychiatrischen Konsildienst vermehrt Patienten zugewiesen werden, welche die Kriterien für eine psychische Störung nicht erfüllen, das heißt in der Regel nur leichte psychische Beeinträchtigungen aufweisen. Daraus ergibt sich die Vermutung, dass bei einem großen Teil der Konsile hauptsächlich Fragen der Krankheitsbewältigung sowie das Bedürfnis nach einem entlastenden Gespräch im Vordergrund stehen. In diesem Zusammenhang halten wir die stärkere Miteinbeziehung von nicht-ärztlichen Berufsgruppen wie der klinischen Psychologie in die Betreuung von somatisch Kranken mit psychischer Komorbidität für gerechtfertigt. Summary 1. Background and aims Consultation psychiatry and the need for psychiatric services among inpatients of somatic hospital departments will gain importance in the future. In the University Hospital of Erlangen an increasing number of consultation activities has been observed in recent years. Up to now, no systematic study concerning this matter has been made. The aim of this study was to analyze and describe these activities, and to characterize the patient population, as well as to develop ways to improve. We investigated consultations during the course of one year with special regard to: the frequency of need and utilization by the various somatic departments, reasons for referral, and the somatic and psychiatric diagnoses of the referred patients. 2. Methods This study was based on an evaluation of copies of all consultation forms (n=637) for the year 2008, archived in the records of the Psychiatric Outpatients Department. Based on the types of questions, methods of representative statistics were primarily the ones chosen. 3. Results The average age of patients referred to the Consultation Service was 53 years, most of them between the ages of 40 and 45. The proportion of men and women was almost equal. The prevalence of psychiatric consultation services for the entire hospital was 0.9% in total. The need for consultation was highest among neurology patients (35.7%) and patients from internal medical wards (32.8%), while the need for consultation among patients coming from surgical 3 ______________________________________________________________________ and gynecological wards was remarkably low. The three most frequent psychiatric diagnoses corresponded with the literature: neurotic-, adjustment-, and somatization disorder (27.8%), organic mental disorder (17.5%) and affective disorder (16.2%). The majority of patients in consultation were suffering from cancer, cardio-vascular disease or epilepsy. Reasons for referral to a psychiatrist were mainly acute psychiatric symptoms, symptoms which could not be explained by somatic reasons, and suicidal tendencies. The most frequent recommendation was psychopharmacological treatment or admission to a psychiatric ward. It is remarkable that consultations were held among 132 of 607 patients who did not get a psychiatric diagnosis during this process. This was a lot higher compared to the rates found in literature. 4. Conclusion Accordingly, it can be concluded that 20% of all patients who were seen by a consultation psychiatrist did not fulfill criteria for any mental disorder, which means that they suffered from less severe mental distress. Therefore, one can presume that in a large number of consultations, the most prevalent issues encountered were those of coping with the sickness as well as the need for therapeutic dialog. It seems to make sense to integrate non-medical professionals, such as clinical psychologists, in the treatment of somatically ill patients having a comorbid mental disorder. 4 ______________________________________________________________________ 1 EINLEITUNG Das Konsil in der Medizin ist definitionsgemäß die Hinzuziehung eines spezialisierten Kollegen durch einen anderen Arzt bei der Behandlung eines Patienten im Krankenhaus. Ein Konsil wird meist dann angefordert, wenn der Stationsarzt bei therapeutischen oder diagnostischen Fragen, die seinen Patienten betreffen, nicht weiter weiß, und den Rat eines meist erfahreneren, und auf das Fachgebiet spezialisierten Kollegen zu Rate ziehen möchte. Ein Konsil hat somit in erster Linie die Optimierung der Behandlung des Patienten zum Ziel, die durch eine Zusammenarbeit zwischen dem Stationsarzt - der die ganzheitliche Patientenbetreuung garantiert - und einem Spezialisten auf dem die Frage betreffenden Fachgebiet erreicht werden soll. Der fachliche Austausch zwischen Kollegen unterschiedlicher Fachrichtungen, der im Rahmen eines Konsils stattfindet, ist somit zum einen für den Patienten von essentieller Bedeutung, zum anderen dient er auch der Qualität der Ausbildung von Ärzten und damit dem intellektuellen Niveau der Klinik (Krapf 2005). Trotz des auf den ersten Blick scheinbar geringen Bedarfs an der Kompetenz des psychiatrischen Konsiliardienstes, der sich im Rahmen von etwa 1% bewegt (Diefenbacher & Arolt 2004, Huyse et al. 2001), steigen die Konsiliaraktivitäten in den letzten Jahren beachtlich an, und die Konsiliartätigkeit macht einen immer größeren Bestandteil der Tätigkeit im Psychiatrischen Fachgebiet aus (Ebel 2006). Als Beispiel hierfür nennt Ebel das Klinikum Ludwigsburg, wo die Anzahl an psychiatrischen Konsilen von 579 im Jahre 1996 auf 1409 im Jahre 2003 anstieg, und sich damit das Konsilaufkommen in einem Zeitraum von sieben Jahren mehr als verdoppelte. Doch was sind die Gründe für diesen steigenden Bedarf an psychiatrischer Mitbetreuung im Krankenhaus seitens der somatischen Fachgebiete? Wie Hengeveld bereits 1987 postuliert, hängt die Entscheidung darüber, einen Patienten an einen psychiatrischen Konsildienst zu überweisen, von weit mehr ab, als von der Stärke der Psychopathologie, die der Patienten aufweist (Hengeveld et al. 1987). So kann die Zunahme an Konsilen vor dem Hintergrund einer zunehmenden Akzeptanz der Konsiliar-Liaisonpsychiatrie (CL-Psychiatrie) gesehen werden (Arolt et al. 1995a). Auch sind eine stärkere Differenzierung der medizinischen Fachgebiete sowie eine größere Bereitschaft zu Kooperation und Wissensaustausch mögliche Faktoren. Die steigende Spezialisierung und Differenzierung der medizinischen Fachgebiete trägt oftmals zu der Einstellung bei, dass - falls das identifizierte gestörte Organsystem nicht im eigenen Zuständigkeitsbereich liegt - die Diagnostik und Behandlung des Krankheitsbildes an den dafür zuständigen Spezialisten deligiert werden kann. Im Hinblick auf psychische Beeinträchtigungen könnte dies ebenfalls Grund für die zunehmende Bereitschaft sein, ein psychiatrisches Konsil anzufordern. So wird nach Delius und Mitarbeitern, der in einer Arbeit die Indikation 5 ______________________________________________________________________ psychiatrische Konsile analysierte, der psychiatrische Kollege häufig hinzugezogen, weil der Patient Gesprächsbedarf hat, den somatischen Kollegen aber die Zeit dafür fehlt. Zudem werden Konsile häufig angefordert, um Konflikte aus der eigenen somatischen Fachabteilung hinauszuverlagern, indem man sie an den zuständigen Experten delegiert (Delius et al. 1993). Weiterhin lässt die fortschreitende Verkürzung der Krankenhausverweildauer, durch den DRG bedingten Entlassungsdruck, eine künftige Zunahme der Konsilanforderungen erwarten (Diefenbacher & Arolt 2004). In Zusammenhang mit der beobachteten generellen Zunahme von psychischen Störungen in der Bevölkerung wird dem tiefgreifenden Wandel von Gesellschaft und Arbeitswelt als möglicher Auslöser bzw. manifestationsfördernder Faktor, eine große Bedeutung zugeschrieben. So finden sich Menschen im 21. Jahrhundert zunehmend in unsicheren sozialen und emotionalen Beziehungen in Partnerschaft und Familie vor. Eine als bedrohlich erlebte Krankenhaussituation und eine beängstigende Diagnose kann so oftmals die Anpassungsleistung der Patienten überfordern und depressive Syndrome auslösen (Weber et al. 2006). Das Risiko diesbezüglich steigt bei allein lebenden, chronisch kranken, älteren oder durch Migration entwurzelten Menschen, insbesondere wenn gleichzeitig soziale Unterstützung bei der Krankheitsbewältigung fehlt (Pontzen 2005). Nicht zuletzt aufgrund des medizinischen Fortschritts bei der Therapie von lebensbedrohlichen Erkrankungen, die tendenziell eine längere Anpassungsleistung erfordern, werden in der Krankenhausversorgung tätige Ärzte in zunehmendem Maße mit Problemen konfrontiert, die sich nicht mehr alleine mittels ihres medizinischen (somatischen) Fachwissens lösen lassen (Bauer & Vollmann 2004). Diese Entwicklungen sind ein weiterer Grund dafür, warum der Bedarf an psychiatrischpsychotherapeutischer Diagnostik und Therapie in Zukunft weiter steigen und sich auch auf die Zahl der Konsilanforderungen auswirken wird (Pontzen 2005). Die Konsiliar-Liaison Psychiatrie (CL-Psychiatrie) ist der Bereich der Psychiatrie, der sich speziell mit der Diagnostik und Therapie von Psychischen Störungen bei somatisch kranken Patienten auseinandersetzt und damit als Schnittstelle zwischen somatischer und psychiatrischpsychosomatischer Medizin fungiert. Für die Integration von psychiatrischen und psychosomatischen Diensten in somatische Funktionsbereiche existieren im Wesentlichen zwei verschieden Modelle: das Modell der Konsultation und das Modell der Liaison (Kapfhammer 2008). Innerhalb des Modells der Konsultation konsultiert ein nicht-psychiatrisch spezialisierter Arzt einer somatischen Abteilung einen Psychiater, wenn er bei einem seiner Patienten eine psychiatrische Erkrankung vermutet. Wesentlich ist, dass die Verantwortung für den Patienten in der Hand des somatischen Arztes verbleibt, und der Psychiater lediglich beratend hinzugezogen wird. Es obliegt somit der Entscheidung des somatischen Arztes, ob und inwieweit er die Empfehlungen des Konsiliarius umsetzt. Der Psychiater wird nicht selbständig 6 ______________________________________________________________________ tätig, sondern nur dann, wenn der somatische Kollege ein Konsil für indiziert erachtet. Die Aufgabe des Konsilpsychiaters ist es, psychiatrische Komorbidiät zu beurteilen, somatische Symptome als Ausdruck einer psychiatrischen Erkrankung zu erkennen und eine Empfehlung zur weiteren Behandlung auszusprechen. Selbstverständlich gilt, dass die Einwilligung des Patienten zur Durchführung eines Konsils vorliegen muss (Herzig 2005). Grundlegende Voraussetzung für das Funktionieren dieses Modells ist jedoch das Vorhandensein einer gewissen Sensibilität bei somatisch tätigen Ärzten, ein psychiatrisch- oder psychosomatisches Problem beim Patienten überhaupt wahrzunehmen, und die Bereitschaft ein Konsil anzufordern (Kapfhammer 2008). An der Tatsache, dass viele psychische Störungen unerkannt bleiben und der Psychiater oft nur spät oder in Notfällen hinzugezogen wird, sieht man, dass dies jedoch nicht immer die Regel ist (Diefenbacher & Arolt 2004, Grubich et al. 2007, Huyse et al. 2001). Ein weiterer Nachteil dieses Modells ist der erfahrungsgemäße nur einmalig staffindende Kontakt des Psychiaters mit dem Patienten. Bei komplexen Psychiatrischen Störungen erweist sich das Konsiliarmodell somit oft als nicht ausreichend (Ebel 2006). Dessen ungeachtet überwiegt in der deutschen und europäischen Praxis das klassische Modell der Konsultation (Huyse et al. 2001). Im Rahmen des Liaisonmodells ist ein Psychiater dauerhaft in den Stationsalltag einer somatischen Station integriert. Er nimmt an Visiten und Stationsbesprechungen teil und wird selbstständig und ohne Aufforderung tätig, wenn er psychiatrische, psychologische oder psychosoziale Faktoren als wesentliche Krankheitsfaktoren bei einem Patienten vermutet (Grubich et al. 2007). Er sieht grundsätzlich alle Patienten seiner Station und ist direkt an deren Behandlung beteiligt (Ebel 2006). Durch Früherkennung und eine frühzeitige Intervention sollen psychische Krisen möglichst verhindert werden. Neben diesen patientenbezogenen Tätigkeiten des Liaisonpsychiaters gehört auch die Schulung und Sensibilisierung des Behandlungsteams für psychosoziale Probleme somatisch erkrankter Patienten, in Form von z.B. Balint Gruppen oder Schulungen zur Gesprächsführung. Eine Unterstützung und Unterweisung des nicht-psychiatrischen Behandlungsteams einer Station ist somit ein weiterer zentraler Bestandteil liaisonpsychiatrischer Tätigkeit. Vorteile dieses Modells liegen in der hohen personellen Kontinuität und der sofortigen Verfügbarkeit psychiatrischer Leistungen (Ebel 2006). Da das Liaisonmodell sowohl personal- als auch kostenintensiv ist, existiert dieses Versorgungsmodell meist nur in medizinischen Settings, in denen Patienten und Personal erfahrungsgemäß schweren psychischen Stresssituationen ausgesetzt sind und deshalb eine Präventivbetreuung von Nutzen ist. Ein noch weiterführendes Modell, das vor allem in den USA propagiert wird, sind medizinischpsychiatrische Behandlungseinheiten, sogenannte medical psychiatric units (Diefenbacher 7 ______________________________________________________________________ 2007). Diese interdisziplinär-integrativen Stationen sind speziell für psychisch Kranke mit erheblichen körperlichen Erkrankungen ausgerichtet, bei denen eine adäquate Mitversorgung durch einen Konsiliararzt aufgrund struktureller oder personeller Probleme oder aber der Schwere der Erkrankung nicht möglich ist. Ein multiprofessionelles Behandlungsteam gewährleistet die frühzeitige, differenzialdiagnostische Abklärung und die Behandlung komplexer Krankheitsbilder (Ebel 2006). In Deutschland ist dieses Modell bisher nur vereinzelt verwirklicht (Lederbogen et al. 2008), könnte aber im Zuge der demografischen Entwicklung und seiner Eignung im geriatrisch-gerontopsychiatrischen Bereich in Zukunft eine wichtige Rolle einnehmen (Diefenbacher 2007). Wirft man einen Blick auf die Entwicklung der Konsiliar-Liaisonpsychiatrie in Deutschland, so fällt auf, dass durch die bis in die 1970er-Jahre hineinreichende ideologische Trennung der Psychiatrie von den anderen medizinischen Fächern die Etablierung der CL-Psychiatrie erst erheblich später erfolgte als in den USA (Diefenbacher 2002). Das Arbeitsfeld der psychoreaktiven Erkrankungen und der Konsiliartätigkeit wurde aus oben genannten Gründen zunächst von der Psychosomatischen Medizin aufgegriffen, die sich aus dem Überschneidungsgebiet von Psychiatrie und Innerer Medizin zu einem selbständigen Bereich entwickelte (Diefenbacher & Arolt 2004). Erst als 1975 die Psychiatrie Enqûete schwere Mängel in der Versorgung psychisch Kranker in Deutschland offenbarte, empfahl die Sachverständigenkommission explizit die Einrichtung ständiger psychiatrischer Konsiliardienste an jedem größeren Krankenhaus (Diefenbacher 2002). Aufgrund dieser historischen Entwicklung besteht in Deutschland bis heute eine Doppelversorgung durch psychiatrische und psychosomatische CL-Dienste. Da diese Tatsache sowohl bei Patienten als auch unter Ärzten immer wieder für Verwirrung sorgt, fordert Diefenbacher den Zusammenschluss beider Dienste unter einer gemeinsamen Bezeichnung (Diefenbacher 2005). Nachdem sich das Konsiliarwesen in Deutschland erst relativ spät etablierte und zunächst kaum Gegenstand wissenschaftlichen Interesses war, nahm seit den 1990er-Jahren die Zahl an wissenschaftlichen Publikationen zu diesem Themengebiet zu. So erschienen Mitte der 1990erJahre eine Reihe von Veröffentlichungen zu psychiatrischen Konsiliardiensten in Deutschland (Arolt et al. 1995a, Deister 1994, Fiebiger et al. 1997, Kapfhammer 1992, Saupe & Diefenbacher 1995). In diesen Studien wurden Überweisungsraten, Diagnoseverteilung, Art der Therapieempfehlungen und Gründe für eine Konsilanforderung untersucht. 2001 erschien eine internationale Studie, die sich der Lage der Konsiliarpsychiatrie in Europa widmete (Huyse et al. 2001). Innerhalb eines Jahres wurden Daten von 56 CL-Diensten aus elf europäischen Ländern gesammelt und hinsichtlich ihrer Organisation, der Besonderheiten und des Diagnoseverhaltens ausgewertet. Affektive- und organische psychische Störungen waren in dieser Studie die häufigsten Krankheitsbilder. Die Gründe für eine Konsultation waren mit 8 ______________________________________________________________________ absteigender Häufigkeit akute psychiatrische Symptome, unerklärliche somatische Beschwerden, selbstschädigendes Verhalten und Substanzmissbrauch. Des Weiteren wurde festgehalten, dass die CL-Psychiatrie in Europa den Charakter einer Notfallpsychiatrie hat. In der Literatur wird übereinstimmend über eine Konsilanforderungsrate von 1- 2% berichtet (Diefenbacher & Arolt 2004, Huyse et al. 2001). Dem steht gegenüber, dass in der Literatur die Prävalenz psychischer Störungen unter Krankenhauspatienten reproduzierbar auf 20-40% geschätzt wird (Wancata et al. 1996, Silverstone 1996, Hansen et al. 2001, Krautgartner et al. 2006), sodass man heute von einer durchschnittlichen Prävalenz von etwa 30% ausgeht (Arolt 2004). Über noch höhere Prävalenzraten wird unter neurologischen Patienten berichtet. So werden Häufigkeiten von 35 % und 51% angegeben (Fritzsche et al. 2003, Fink et al. 2003). Damit kann davon ausgegangen werden, dass die Prävalenzrate psychischer Störungen auf neurologischen Stationen wesentlich höher ist als auf internistischen und auf 30-50% geschätzt werden kann (Arolt 2004). Diese Diskrepanz zwischen Anforderung von psychiatrischen Konsilen und der Prävalenz psychischer Störungen unter Krankenhauspatienten wird von den Autoren als deutlicher Hinweis dafür interpretiert, dass weite Teile somatischer Fachabteilungen psychiatrisch unterversorgt sind und die Hinzuziehung eines psychiatrischen Konsiliardienstes bisher noch viel zu selektiv genutzt wird (Arolt et al.1997). Angesichts der steigenden Wichtigkeit der Berücksichtigung von ökomischen Faktoren in der Medizin erschienen in den letzten Jahren zunehmend Studien, die Effizienz und Nutzen psychiatrischer Konsiliardienste in den Mittelpunkt des Interesses rückten: Der Bedeutung psychiatrischer Konsiliar- und Liaisondienste liegt die Erkenntnis zu Grunde, dass psychologische und soziale Faktoren den Beginn, die Exazerbation und den Verlauf von somatischen Erkrankungen bestimmen und komplizieren können (Kapfhammer 2008). Dies wiederum ist von beträchtlicher klinischer und gesundheitspolitischer Relevanz: in zahlreichen Studien konnte bisher gezeigt werden, dass nicht erkannte oder nicht behandelte psychiatrische Komorbidität zu erhöhter Inanspruchnahme medizinischer Leistungen, zu unangemessener Diagnostik und Therapie, sowie zu längeren Liegezeiten im Krankenhaus und damit zu einer erheblichen Belastung des Gesundheitssystems führen (Klesse et al. 2008, Saravay & Lavin 1994, Creed et al. 2002). Neben erhöhten Behandlungskosten (Baumeister et al. 2005) stellt somatopsychische Komorbidität nicht nur einen unabhängigen Risikofaktor für die Morbidität im Bereich von kardiologischen Erkrankungen dar, sie erhöht sogar die Mortalität (Barth et al. 2004). Nicht zu vergessen sind die weitreichenden sozialen Folgen psychiatrischer Erkrankungen für die Solidargemeinschaft wie krankheitsbedingte Fehlzeiten, ein damit verbundener Arbeitsplatzverlust, Frühberentung und die daraus resultierende Belastung der Sozialkassen (Weber et al. 2006). Es wurde der Versuch unternommen zu zeigen, dass integrierte psychiatrische Versorgungsmodelle nicht nur einen Nutzen für die Patienten und das 9 ______________________________________________________________________ Gesundheitssystem haben, sondern auch einen ökonomischen Nutzen für die betreffende Klinik. Da komorbide psychische Störungen bei Patienten mit einer somatischen Erkrankung über die DRG (diagnoses related groups) vergütet werden, kann das Nichtkodieren von FNebendiagnosen zu einer anderen DRG Gruppierung, und damit zu einer nicht unerheblichen Erlösdifferenz für die Klinik führen (Burgmer et al. 2004). Für das Jahr 2002 konnten Burgmer und Mitarbeiter beispielsweise einen fiktiven Mindererlös von 170 000 Euro für ein Universitätsklinikum nachweisen (Burgmer et al. 2004). Neben diesen ökonomischen Überlegungen sind es jedoch vor allem die nachgewiesene Verbesserung der Lebensqualität (Baumeister et al. 2005) der Patienten und die Linderung von seelischem Leid, die zu den grundlegenden Aufgaben ärztlicher Tätigkeit gehören und damit die Existenz und die weitere Etablierung von CL-Diensten unabhängig von ökonomischen Faktoren rechtfertigen. Das Fachgebiet der Konsiliarpsychiatrie und die Bedeutung der Integration von psychiatrischen Versorgungsmöglichkeiten in somatischen Fachabteilungen gewinnt, wie aus bisherigen Ausführungen ersichtlich, in Zukunft an Wichtigkeit. Am Universitätsklinikum Erlangen konnte in den letzten Jahren eine steigende konsiliarische Aktivität beobachtet werden und die Anzahl der zu bewältigenden Konsilleistungen nimmt von Jahr zu Jahr weiter zu. Dies steht in Diskrepanz dazu, dass das Tätigkeitsfeld der Konsiliarpsychiatrie an der Universitätsklinik bisher noch nicht systematisch untersucht wurde. Ziel und Zweck folgender Arbeit soll es demnach sein, diese Lücke zu schließen und den aktuellen Stand der psychiatrischen Konsiliartätigkeit - unter besonderer Berücksichtigung des Sonderstatus der Universitätsklinik als ein Krankenhaus der Maximalversorgung - zu untersuchen. Dabei sollen die abgeleisteten Konsile hinsichtlich Bedarf, Anforderungsgrund, gestellten Diagnosen, Weiterbehandlung und angeordneter Medikation untersucht, sowie Besonderheiten herausgearbeitet werden. Welche somatischen Hauptdiagnosen die konsiliarisch gesehenen Patienten hatten und welche psychiatrisch Diagnosen vom Konsilarius gleichzeitig gestellt wurden, soll ebenfalls von zentraler Bedeutung sein. Anhand der gewonnenen Daten sollen folgende Fragestellungen untersucht werden: 1. Wie hoch ist die Inanspruchnahme des psychiatrischen Konsiliardienstes durch die einzelnen Teilkliniken? Wie hoch sind die Konsilanforderungsraten der Teilkliniken bezogen auf die Gesamtfallzahl der jeweiligen somatischen Abteilung? 10 ______________________________________________________________________ 2. Wie gestalten sich die Verteilungsmuster der psychiatrischen und somatischen Diagnosen (ICD 10) der im Konsil gesehenen Patienten? 3. Was sind die häufigsten Gründe der verschiedenen somatischen Disziplinen für die Anforderung eines psychiatrischen Konsils? Welche Rolle spielt dabei insbesondere das Thema Suizidalität? 4. Welche Verdachtsdiagnosen werden am häufigsten von nicht-psychiatrischen Ärzten gestellt, und stimmen diese mit der im Rahmen des Konsils gestellten Diagnose der Patienten überein? 5. Für wie viele Patienten führte das Konsil zu einem Erstkontakt mit einem Psychiater? 6. Welche Empfehlungen zur weiteren Behandlung der Patienten wurden von den Konsilpsychiatern am häufigsten ausgesprochen? 7. Welche Medikamente wurden am häufigsten angeordnet? 11 ______________________________________________________________________ 2 PATIENTEN UND METHODEN 2.1 Rahmenbedingungen Vorliegende Studie wurde am Universitätsklinikum Erlangen durchgeführt. Dieses ist ein Klinikum der Maximalversorgungsstufe und neben dem Waldkrankenhaus St. Marien und dem Klinikum am Europakanal eines von drei Krankenhäusern in Erlangen. Mit seinen an die Fachabteilungen angeschlossenen Polikliniken nimmt es auch die Aufgaben eines Stadtkrankenhauses wahr. Das Klinikum umfasst 24 Teilkliniken und 16 Abteilungen, welche sich in unmittelbarer Nähe zueinander befinden. Im Untersuchungszeitraum verfügte die Klinik über 1302 Betten, davon 85 psychiatrische Betten und 16 tagesklinische Plätze. Im Jahr 2008 wurden insgesamt 65 660 Patienten vollstationär behandelt, darunter 1067 Patienten in der Psychiatrischen Klinik des Universitätsklinikums. Der psychiatrische Konsiliardienst versorgt ausnahmslos alle Abteilungen der Universitätsklinik und wurde im Untersuchungszeitraum von den Oberärzten der Psychiatrischen Klinik ausgeführt. Da das Waldkrankenhaus St. Marien über keine eigene Psychiatrie verfügt, wird es durch den Konsildienst des Universitätsklinikums mitversorgt. 2.2 Patienten Im Jahr 2008 wurden durch den psychiatrischen Konsildienst insgesamt n=637 Konsile bei n=607 verschiedenen Patienten durchgeführt, wovon n=348 ambulant und n=289 direkt am Krankenbett stattfanden. Die überwiegende Mehrheit der Konsile (n=627) fand dabei in 17 somatischen Teilkliniken der Universitätsklinik, sowie der Intensivstation und des Schmerzzentrums statt, während die übrigen n=10 Konsile im Waldkrankenhaus St. Marien erfolgten. Die vorliegende Studie erfasst die Daten aller Patienten bei denen im Jahr 2008 ein psychiatrisches Konsil stattfand. Die Daten dieser Konsilpatienten wurden retrospektiv so, wie sie auf den 607 Konsilscheinen dokumentiert waren, hinsichtlich der in der Einleitung dargestellten Fragestellungen ausgewertet. Bei Patienten, bei denen im Untersuchungszeitraum mehrere Konsile erfolgten, wurden bei der Auswertung nur die Daten des ersten Konsils berücksichtigt. 2.3 Diagnostik und Dokumentation Zur Anforderung eines psychiatrischen Konsils stehen am Universitätsklinikum Erlangen halbstandardisierte Anforderungsformulare zur Verfügung, auf denen von konsilanfordernder Seite einige Angaben obligatorisch und überwiegend in handschriftlicher Form auszufüllen sind. Dazu gehören Informationen über: 12 ______________________________________________________________________ a) Patientendaten: Name, Geburtsdatum, Aufnahmedatum b) Anfordernder Arzt c) Anfordernde Klinik/Station d) Ambulant oder am Bett e) Unterschrift und Datum der Anforderung Freitextfeld: f) Somatische Anamnese und Befund des Patienten g) Gezielte Fragestellung h) evtl. psychiatrische Verdachtsdiagnose Der untere Teil des Formulars enthält ein Freitextfeld und ist von der konsilerbringenden Seite in freier Schriftform auszufüllen. Der Konsiliarius dokumentiert darin die psychiatrische Anamnese, den psychopathologischen Befund, die Diagnose(n) und eine Therapieempfehlung bzw. Angaben zum weiteren Prozedere. Durch Datum und Unterschrift bestätigt er Zeitpunkt und Durchführung des Konsils. Die psychiatrischen Diagnosen der untersuchten Patienten wurden im Konsildienst routinemäßig gemäß der diagnostischen Kriterien des ICD 10 gestellt. In den seltenen Fällen in denen die Klassifizierung nach dem ICD 10 nicht durch den ausfüllenden Arzt auf dem Konsilschein erfolgt war, konnten diese anhand der deskriptiven Befunde im Freitextfeld post hoc ergänzt werden. Dies gilt sowohl für die psychiatrischen als auch für die somatischen ICD 10 Diagnosen. 2.4 Datenerfassung und Auswertung Für die Auswertung wurden die Durchschläge aller Konsilscheine, die zentral im Sekretariat der psychiatrischen Ambulanz archiviert waren, herangezogen und ausgewertet. Der anonymisierte Name, Alter, Geschlecht und die anfordernde Klinik konnten dem Schein direkt entnommen werden. Auf der Grundlage der ermittelten Konsilanzahl pro Teilklinik wurde die absolute und relative Inanspruchnahme (bezogen auf die stationäre Gesamtfallzahl) des psychiatrischen Konsildienstes durch die einzelnen Kliniken ermittelt. Insgesamt wurden durch die Konsiliarpsychiater 31 spezifische psychiatrische Diagnosen gestellt die, um eine Auswertbarkeit der Daten zu gewährleisten, in vierzehn Diagnosegruppen erfasst wurden. Diese orientierten sich an der Einteilung des ICD 10 : 13 ______________________________________________________________________ a) keine Diagnose b) Demenzen (F00-F03) c) Hirnorganische Störung (F04-F07) d) Störungen durch Alkohol (F10) e) Störungen durch illegale Drogen und Medikamente (F11-F19) f) Schizophrenie (F20-F25) g) Affektive Störungen (F30-34) h) Angst, Zwang (F40-42) i) Anpassungsstörung, Belastungsreaktion (F43) j) Konversions- und Somatoforme Störung (F44, F45) k) Verhaltensaufälligkeiten mit körperlichen Störungen und Faktoren (F50-F53) l) Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen (F60, F68.1) m) Intelligenzminderung (F70) n) Andere Ursache o) Unklar Pro Patienten wurden bis zu drei psychiatrische Diagnosen gestellt. In einem weiteren Schritt wurden die Diagnosen nach den Hauptgruppen des ICD 10 für psychische Störungen eingeteilt, um ein spezifischeres und damit aussagekräftigeres Abbild der im Konsildienst vorkommenden Störungen zu erhalten. In diesem Zusammenhang wurde auch das Merkmal Suizidalität als eigenständige Kategorie erfasst. Die Dokumentation der somatischen Diagnosen erfolgte nach den Hauptgruppen des ICD 10. Aus Gründen der Übersichtlichkeit wurden als somatische Diagnosen nur die Gruppen der erkrankten Organsysteme A-R (ausgenommen P und Q) verwendet. Wies eine Person mehr als eine somatische Erkrankung auf, wurde diese als multimorbide klassifiziert. Ausnahmen innerhalb dieser Einteilung wurden nur für die Grunderkrankung Epilepsie und Tumorerkrankungen des ZNS vorgenommen. Die Erkrankungskategorie Epilepsie wurde aufgrund der hohen Vorkommenshäufigkeit als eine gesonderte Gruppe geführt. In der Diagnosegruppe der Tumorerkrankungen schien eine gesonderte Betrachtung von Patienten mit Tumorerkrankungen des ZNS sinnvoll. Die Anforderungsgründe auf den Konsilscheinen wurden in neun unterschiedliche Gruppen eingeordnet. Weiterhin wurde erfasst, ob der anfordernde somatische Arzt bereits eine psychiatrische Verdachtsdiagnose auf dem Konsilschein vermerkt hatte, welche Diagnose angegeben wurde und ob diese mit der endgültigen Diagnose des Konsilarztes übereinstimmte. Dabei war aus den Daten retrospektiv nicht ersichtlich, ob der somatische Kollege diese Verdachtsdiagnose anhand der 14 ______________________________________________________________________ psychiatrischen Symptome des Patienten selbstständig stellte, oder ob in der Vorgeschichte des Patienten bereits eine psychiatrische Diagnose bekannt war und diese dann als Verdachtsdiagnose angegeben wurde. Anhand der psychiatrischen Anamnese, wie sie in schriftlicher Form auf dem Konsilschein vorgefunden wurde, war ersichtlich, ob der konsiliarisch gesehene Patient schon einmal in psychiatrischer Behandlung war, oder ob das Konsil einen Erstkontakt mit einem Psychiater darstellte. Darüber hinaus wurden Therapieempfehlungen bzw. Empfehlungen zum weiteren Prozedere und angeordnete Medikamente erfasst. Die 23 verschiedenen Medikamente, welche angeordnet wurden, wurden dabei zehn Wirkstoffgruppen zugeordnet. Aufgrund von fehlenden Daten ergaben sich bei den einzelnen Auswertungen zum Teil unterschiedliche Stichprobenumfänge, auf die im Ergebnisteil hingewiesen wird. Um bei der statistischen Auswertung der Diagnoseverteilungen Überschneidungen bei Patienten mit mehr als einer psychiatrischen bzw. somatischen Diagnose zu verhindern wurde die Zuordnung dieser Patienten in die Kategorie multimorbide bzw. mehrere Diagnosen vorgenommen. Bei Medikationsempfehlungen und Konsiliarische Empfehlungen kam es in vielen Fällen zu Mehrfachnennungen, weshalb die statistische Auswertung dieser Häufigkeiten unabhängig von der Grundgesamtheit der Konsile erfolgte. Die statistische Auswertung der Daten erfolgte mittels Microsoft Excel wobei Häufigkeitsauszählungen im Mittelpunkt standen. Zur Beschreibung der Stichprobe wurden auch einfache statistische Tests durchgeführt. Die vorliegende Untersuchung hat deskriptiven Charakter - sie dient weniger der Überprüfung von Hypothesen -, dementsprechend wurden überwiegend Methoden der darstellenden Statistik gewählt. 15 ______________________________________________________________________ 3 ERGEBNISSE 3.1 Studienpopulation Im Zeitraum vom 01.01.2008 bis zum 31.12.2008 wurden durch den psychiatrischen Konsiliardienst der Universitätsklinik Erlangen insgesamt n=637 Konsile, bei n=607 verschiedenen Patienten durchgeführt. Davon fanden n=627 Konsile am Universitätsklinikum statt und n=10 am Waldkrankenhaus Erlangen, das durch den Konsiliardienst der Universitätsklinik mitversorgt wird. Von der Gesamtfallzahl n=637 wurden die Daten von 30 Konsilen ausgeschlossen, da diese Patienten betrafen, die innerhalb des Untersuchungszeitraums mehrmals konsiliarisch gesehen wurden. Hier flossen nur die Daten aus dem jeweils ersten stattgefundenen Konsil in die Auswertung mit ein. 3.2 Alter und Geschlecht Das Durchschnittsalter der Patienten betrug 53,2 Jahre mit einer Standardabweichung von 19,06 bei einer Altersspanne von 18 bis 103 Jahren. Der Median ergab 53 Jahre. Von den 607 Patienten waren 292 männlich und 315 weiblich. Es ergaben sich keine statistisch signifikanten Unterschiede hinsichtlich Alter oder Geschlecht. Ein t-Test auf geschlechts- oder altersspezifische Unterschiede ergab dementsprechend einen p-Wert von 0,55. In den Abbildungen 1a und 1b ist die Altersverteilung der Konsilpatienten mittels Boxplots graphisch dargestellt: Wie Abbildung 1a zeigt, waren 25% der Patienten ≤39 Jahre und 50% der Patienten ≤53 Jahre alt. Abbildung 1b charakterisiert die Altersverteilung der Stichprobe differenziert nach weiblichen und männlichen Geschlecht (0=männliches Geschlecht, 1=weibliches Geschlecht). Dabei ergeben sich mit Ausnahme der Altersspanne nur geringfügige Unterschiede zwischen Männern und Frauen. In Abbildung 1c ist zu sehen, dass die größte Gruppe der konsiliarisch gesehenen Patienten zwischen 40 und 45 Jahre alt war. Abb. 1a: Alter der Patienten 16 ______________________________________________________________________ Abb. 1b: Alter der Patienten in Abhängigkeit des Geschlechts (0=männliches Geschlecht, 1=weibliches Geschlecht) Abb. 1c: Histogramm: Alter der Patienten * *Wie Abbildung 1c zeigt, war die größte Gruppe der konsiliarisch gesehenen Patienten zwischen 40 und 45 Jahre alt. 3.3 Inanspruchnahme des psychiatrischen Konsiliardienstes 3.3.1 Absolute Inanspruchnahme Bei der konsiliarischen Vorstellung durch die unterschiedlichen somatischen Teilkliniken kamen über ein Drittel (35,7%) aller Patienten aus der Neurologie. Am zweithäufigsten, nämlich 17,1% der Konsile, wurden von der Medizinischen Klinik 1 (Gastroenterologie, 17 ______________________________________________________________________ Pneumologie, Endokrinologie) angefordert. Damit überwies diese mehr Patienten an den Konsildienst als die übrigen Teilgebiete der Inneren Medizin (Kardiologie, Rheumatologie, Nephrologie, Hämato-Onkologie) zusammen. An dritter und vierter Stelle folgten die Chirurgie mit 8,4% und die Kardiologie (Medizinische Klinik 2) mit 7,3% aller Konsilanforderungen. Ähnlich hohen Bedarf an psychiatrischer Mitbetreuung wie die Kardiologie hatte auch die neurochirurgische Abteilung (siehe Abb.2). Eine sehr geringe Anforderungszahl hatten die Psychosomatik (n=1), die Kinderklinik (n=2), die Hautklinik (n=3) und die Intensivstation (n=5). Die absolute Anzahl an Konsilen je Teilklinik, sowie die prozentuale Verteilung der Konsilanforderungen unter den einzelnen Teilkliniken des Universitätsklinikums im Jahr 2008 sind in Tabelle 1 dargestellt: Tabelle 1: Anfordernde Kliniken und Anfoderungsraten Klinik Anzahl Konsile Neurologie Neurochirurgie Gastroenterologie Kardiologie Rheumatologie Nephrologie Hämato-Onkologie Chirurgie Psychosomatik Intentsiv Augenklinik Kinderklinik Frauenklinik HNO Hautklinik Schmerzambulanz Strahlenklinik Waldkrankenhaus MKG Chirurgie Gesamt % 217 43 104 44 13 26 13 51 1 5 22 2 12 16 3 6 9 10 10 607 Stationäre Gesamtfallzahl 35,7% 7,1% 17,1% 7,2% 2,1% 4,3% 2,1% 8,4% 0,2% 0,8% 3,6% 0,3% 2,0% 2,6% 0,5% 1,0% 1,5% 1,6% 1,6% 100,0% Anfoderungsrate 4586 2477 4998 4325 654 1541 947 10783 141 6334 8208 4846 2236 1856 1129 65660 4,7% 1,7% 2,1% 1,0% 2,0% 1,7% 1,4% 0,5% 0,7% 0,3% 0,1% 0,3% 0,1% 0,5% 0,9% 0,9% *Gesamtfallzahl 2008 bei Intensivstation, Kinderklinik, Waldkrankenhaus und Schmerzambulanz unbekannt Zusammenfassend ist zu sagen, dass sich die die Anforderungen von psychiatrischen Konsilen zu je einem Drittel auf die Neurologie, die Innere Medizin und die übrigen Fachgebiete aufteilten. Abbildung 2 veranschaulicht noch einmal die im Vergleich zu den übrigen Teilkliniken hohen Anforderungsraten seitens der Neurologie und der Gastroenterologie. 3.3.2 Relative Inanspruchnahme Um den tatsächlichen Bedarf an psychiatrischer Mitbetreuung von Patienten in unterschiedlichen somatischen Fachgebieten zu eruieren, wurde die Anzahl der abgeleisteten 18 ______________________________________________________________________ Konsile auf die stationäre Gesamtfallzahl betreffender Teilklinik des Jahres 2008 bezogen. Dabei ergaben sich folgende relativen Konsilanforderungsraten (siehe Tabelle 1): Die Teilkliniken mit den höchsten Anforderungsraten waren auch hier die Neurologie mit 4,7% und die Gastroenterologie mit 2,1%. An dritter und vierter Stelle lagen die Fachgebiete der Inneren Medizin, die Rheumatologie und die Nephrologie. Lässt man die einzelnen Teilgebiete der Inneren Medizin unberücksichtigt, so liegt die Neurochirurgie mit einer Anforderungsrate von 1,7% noch vor der Inneren Medizin, die dann auf eine Rate von 1,6% kommt. Wie Abbildung 3 illustriert, liegt die Chirurgische Klinik mit einer Konsilanforderungsrate von nur 0,5% weit hinter der Neurologie und den Teilgebieten der Inneren Medizin. Die Haut– und die Frauenklinik forderten von allem somatischen Teilkliniken am seltensten ein psychiatrisches Konsil an. So hielten sie nur bei etwa jedem 1000. Patienten ein psychiatrisches Konsil für indiziert. Abb. 2: Absolute Inanspruchnahme des Konisiliardienstes durch die einzelnen Teilkliniken im Jahr 2008 MKG Chirurgie 1,6% Waldkrankenhaus 1,6% Strahlenklinik 1,5% Schmerzambulanz 1,0% Abb.2: Anfordernde Kliniken 0,5% Hautklinik 2,6% HNO 2,0% Frauenklinik Kinderklinik 0,3% 3,6% Augenklinik 0,8% Intentsiv 0,2% Psychosomatik 8,4% Chirurgie 2,1% Hämato-Onkologie Nephrologie 4,3% 2,1% Rheumatologie Kardiologie 7,2% 17,1% Gastroenterologie Neurochirurgie 7,1% 35,7% Neurologie 0,0% 10,0% 20,0% 30,0% 40,0% Im Jahr 2008 wurden am Universitätsklinikum Erlangen insgesamt 65 660 Patienten stationär behandelt und im gleichen Zeitraum 607 Konsile erbracht. Die Prävalenzzahl Psychiatrischer 19 ______________________________________________________________________ Konsile betrug somit für das gesamte Universitätsklinikum 0,9%. Es wurde also weniger als jeder hundertste Patient des Klinikums konsiliarpsychiatrisch mitbetreut. Abb. 3: Relative Inanspruchnahme des Konsiliardienstes durch die somatischen Teilkliniken im Jahr 2008 Abb.3: Konsilanfoderungsraten 0,9% MKG Chirurgie Waldkrankenhaus 0,0% 0,5% Strahlenklinik 0,0% Schmerzambulanz 0,1% Hautklinik 0,3% HNO 0,1% Frauenklinik Kinderklinik 0,0% 0,3% Augenklinik Intentsiv 0,0% 0,7% Psychosomatik Chirurgie 0,5% 1,4% Hämato-Onkologie 1,7% Nephrologie 2,0% Rheumatologie Kardiologie 1,0% 2,1% Gastroenterologie 1,7% Neurochirurgie 4,7% Neurologie 0,0% 1,0% 2,0% 3,0% 4,0% 5,0% 3.4 Somatische Hauptdiagnosen der Konsilpatienten Die somatischen Hauptdiagnosen der Studienpatienten wurden den Konsilscheinen entnommen so wie sie von konsilanfordernder Seite eingetragen waren. Da bei n=22 Personen die somatische Diagnose fehlte, wurden diese hier ausgeschlossen. Aus Gründen der Übersichtlichkeit wurden nur die erkrankten Organsysteme erfasst, wobei Personen mit Erkrankung mehrerer Organsysteme zu einer eigenständigen Gruppe (multimorbide) zusammengefasst wurden. Dies war bei n=35 von n=607 Patienten der Fall. Die überwiegende Mehrheit der Patienten hatte während des Krankenhausaufenthalts eine somatische Diagnose erhalten. In 3,8% der Fälle konnte kein somatischer Befund erhoben werden. Bei den 20 ______________________________________________________________________ ambulanten Konsilen fand sich auch eine relativ große Gruppe an Patienten (16%) mit dem ICD 10 Schlüssel R Symptome und abnorme Befunde, bei denen folglich keine eindeutige somatische Diagnose gestellt werden konnte. Des Weiteren gab es eine Häufung an Patienten (11,9%), die die somatische Diagnose Verletzung oder Vergiftung erhalten hatte. Die relativ große Diagnosegruppe Epilepsie erklärt sich daraus, dass ein psychiatrisches Konsil zur Basisdiagnostik im Rahmen einer Behandlung im Epilepsiezentrum gehört. Am häufigsten litten die Patienten unter Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Tumoren und Erkrankungen mehrerer Organsysteme. Erkrankungen der Haut (n=4), des Atmungssystems (n=6) und Infektionserkrankungen (n=6), kamen am seltensten vor. Tabelle 2 zeigt die absolute Anzahl sowie die prozentuale Verteilung der somatischen Hauptdiagnosen der Konsilpatienten. Abbildung 4 illustriert die vier am häufigsten vorkommenden somatischen Diagnosen der Konsilpatienten: Symptome und abnorme Befunde, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Verletzungen und Vergiftungen und die Epilepsie. Erkrankungen der Atmung, der Haut und Infektionserkrankungen spielten hingegen eine untergeordnete Rolle. 21 ______________________________________________________________________ Abb. 4: Somatische Hauptdiagnosen der Konsilpatienten 3.5 Psychiatrische Morbidität, Suizidalität, Verdachtsdiagnosen und Vorbehandlung 3.5.1 Psychiatrische Morbidität Bei allen Patienten, die im Rahmen eines Konsils von einem Psychiater untersucht wurden konnte in rund 80% eine eindeutige psychiatrische Diagnose gestellt werden, darunter bei 14% mehrere Diagnosen und bei 65,2% nur eine Diagnose. In den rund 20% der Fällen, in denen keine Diagnose gestellt wurde, lag das entweder daran, dass, der Patient die Kriterien für eine psychiatrische Diagnose nach ICD 10 nicht erfüllte (18,3%) oder, dass für den Zustand des Patienten andere Ursachen, wie Medikamenteninteraktion, Überdosierungen von Medikamenten, endokrine Ursachen, Exsikose usw. (3,5%). verantwortlich waren. Außerdem kam es vor, dass eine sinnvolle Durchführung des Konsils aufgrund der Bewusstseinslage des betreffenden Patienten nicht möglich war. Wie Tabelle 3 zeigt, war die im psychiatrischen Konsil am häufigsten gestellte Diagnose die Anpassungsstörung mit nahezu 15%. Ebenfalls häufig stellte der Konsiliarius eine Hirnorganische Störung (12,2%) oder eine Affektive Störung (11,9%) fest. Andere 22 ______________________________________________________________________ Störungsbilder spielten eine eher untergeordnete Rolle. Abbildung 5a zeigt, dass bei beachtlichen 21,7% der Patienten keine psychiatrische Diagnose gestellt wurde. Tabelle 3: Psychiatrische Diagnosen im Konsildienst Psychiatrische ICD 10 Diagnosen keine Diagnose/anderes abs. % 132 21,7% Demenz 29 4,8% Hirnorganisch 74 12,2% Alkohol 26 4,3% Störung durch illegale Drogen 10 1,6% Schizophrenie/Psychose 17 2,8% Affektive Störung 72 11,9% Angst/Zwang 32 5,3% Anpassungsstörung 90 14,8% Somatoforme Störung 12 2,0% 8 1,3% 15 2,5% F5 Persönlichkeitsstörung Intelligenzminderung mehrere Diagnosen Gesamt 5 0,8% 85 607 14,0% 100,0% Abb. 5a: Psychiatrische Diagnosen im Konsiliardienst Teilt man die Psychiatrischen Diagnosen nach Hauptgruppen des ICD 10 ein und lässt Mehrfachnennungen zu (siehe Tabelle 4), so bleiben die oben genannten drei Diagnosen weiterhin die am häufigsten gestellten. 23 ______________________________________________________________________ Tabelle 4: Psychiatrische Diagosen im Konsildienst 2* Psychiatrische Diagnosen abs. % 119 57 26 110 189 10 29 8 132 680 F0 F1 F2 F3 F4 F5 F6 F7 keine Diagnose/ anderes Gesamt 17,5% 8,4% 3,8% 16,2% 27,8% 1,5% 4,3% 1,2% 19,4% 100,0% * Mehrfachnennungen möglich Abb. 5b: Psychiatrische Diagnosen im Konsiliardienst nach den Hauptgruppen des ICD 10 (F0-F7) in % 3.5.2 Suizidalität In Anbetracht der Tatsache, dass das Thema Tabelle 5: Suizidalität Suizidalität ein häufiges Motiv für die Hinzuziehung eines Psychiaters ist, wurde dieses Merkmal gesondert untersucht. Von 607 Patienten stellte der Konsiliarius bei 22 Suizidalität vorhanden abs. % 22 3,6% nicht vorhanden 585 96,4% Gesamt 607 100,0% Personen – dies entspricht 3,6% - eine akute Suizidalität fest. 3.5.3 Verdachtsdiagnosen der Somatiker und Übereinstimmung Der somatische Kollege vermerkte bei etwa zwei Drittel der Patienten eine oder mehrere konkrete psychiatrische Verdachtsdiagnose auf dem Konsilschein. Wie in Abbildung 6 24 ______________________________________________________________________ dargestellt, war die am häufigsten vermutete Diagnose die Affektive Störung (17,6%), gefolgt von Angst/Zwang (8,4%), Hirnorganische Störungen (7,9%) und Störungen durch Alkohol (5,3%). Die Anpassungsstörung wurde hingegen nur in 4,9% der Fälle genannt. Tabelle 6 zeigt die am häufigsten genannten psychiatrischen Verdachtsdiagnosen der Konsilanforderer: Tabelle 6: Psychiatrische Verdachtsdiagnosen der Somatiker* Verdachtsdiagnosen keine Verdachtsdiagnose Demenz Hirnorganisch Alkohol Störung durch illegale Drogen Schizophrenie/Psychose Affektive Störung Angst/Zwang Anpassungsstörung Somatoforme Störung F5 Persönlichkeitsstörung Gesamt abs. % 183 27 54 44 22 31 129 67 32 36 9 16 650 * Mehrfachnennungen möglich Abb. 6: Psychiatrische Verdachtsdiagnosen der Somatiker 28,2% 4,2% 8,3% 6,8% 3,4% 4,8% 19,8% 10,3% 4,9% 5,5% 1,4% 2,5% 100,0% 25 ______________________________________________________________________ Eine Übereinstimmung von vermuteter und vom Psychiater tatsächlich gestellter Diagnose lag in 33,9% vor, keine Übereinstimmung in 35,9%. In 30,1% wurde von konsilanfordernder Seite keine Verdachtsdiagose oder eine Vermutung zum zu Grunde liegendem Störungsbild des Patienten angegeben. Tabelle 7: Übereinstimmung von Verdachtsdiagnose und tatsächlicher Diagnose Übereinstimmung abs. kein Verdacht keine Übereinstimmung Übereinstimmung Gesamt rel. 183 218 206 607 30,1% 35,9% 33,9% 100,0% 3.5.4 Vorbehandlung Wie Abbildung 7 verdeutlicht, hatten 37,1 % Abb.7: Erstkontakt mit einem Psychiater der konsiliarisch gesehenen Patienten bereits eine vorbekannte psychiatrische Diagnose, oder waren schon einmal in psychiatrischer Behandlung gewesen. Für die Hälfte (50,4%) der Patienten war das Psychiatrische Konsil während ihres Krankenhausaufenthalts der erste Kontakt mit einem Psychiater. In 12,5% blieb der Vorbehandlungsstatus unklar. 3.6 Gründe für die Konsilanforderung Grund für eine Konsilanforderung waren in der überwiegenden Mehrheit der Fälle akute psychiatrische Symptome (43,3%) des betreffenden Patienten. Der zweithäufigste Beweggrund der Somatiker für die Anforderung eines psychiatrischen Konsils war der Fall, dass ein Patient körperliche Symptome zeigte, die organisch nicht zu klären waren (15,3%). Auch die Befürchtung einer akuten Suizidalität war mit 14,2% ein häufiges Motiv. Die Basisdiagnostik vor Transplantationen oder neurochirurgischen Eingriffen machten 7,7% aus. Eine geringe Rolle spielten Wünsche zur Einschätzung der Geschäftsfähigkeit (2,3%) eines Patienten oder Complianceprobleme (3,1%), wie etwa die Verweigerung eines Eingriffs. Tabelle 8 und Abbildung 8 zeigen eine Übersicht über genannte Gründe für die Anforderung eines psychiatrischen Konsils: 26 ______________________________________________________________________ Abb. 8: Gründe für eine Konsilanforderung in% Tabelle 8: Konsilanforderungsgrund Grund der Konsilanforderung abs. rel. akute psychiatrische Symptome 263 43,3% Suizidalität 86 14,2% Sucht/Entzug 45 7,4% körperliche Symptome org. 93 15,3% Complianceprobleme 19 3,2% Basisdiagnostik 47 7,7% anderes 18 3,0% Geschäftsfähigkeit 14 2,3% keine Angabe 22 3,6% Gesamt 607 100,0% nicht zu erklären 3.7 Konsiliarische Empfehlungen zum weiteren Prozedere Am häufigsten empfahl der Psychiater den Beginn einer Pharmakotherapie (37,4%), Psychotherapie alleine (2,9%) oder die Pharmakopsychotherapie (6,4%) hingegen spielten eine untergeordnete Rolle. In 11,0% hielt der Psychiater die Übernahme des Konsilpatienten auf eine 27 ______________________________________________________________________ psychiatrische Station für indiziert, oder er riet zu weiteren diagnostischen Maßnahmen (10,0%). Eine Übersicht über weitere konsiliarische Empfehlungen zeigt Tabelle 9: Tabelle 9: Konsiliarische Empfehlungen* Empfehlung abs. rel. 120 269 21 46 45 79 72 67 719 keine Therapie Pharmakotherapie Psychotherapie Pharmakopsychotherapie anderes Stationäre Aufnahme weitere Diagnostik Ambulante Versorgung Gesamt % 0,16689847 0,374130737 0,029207232 0,063977747 0,062586926 0,109874826 0,100139082 0,093184979 1 16,7% 37,4% 2,9% 6,4% 6,3% 11,0% 10,0% 9,3% 100,0% * Mehrfachnennungen möglich Wie Abbildung 9 verdeutlicht waren die Empfehlung einer Pharmakotherapie oder die Übernahme des Patienten auf eine psychiatrische Station die am häufigsten angeordneten Maßnahmen: Abb.9: Konsiliarische Empfehlungen zum weiteren Procedere 9,3% 16,7% 10,0% keine Therapie Pharmakotherapie Psychotherapie 11,0% Pharmakopsychotherapie anderes 6,3% 37,4% 6,4% Stationäre Aufnahme weitere Diagnostik Ambulante Versorgung 2,9% Abb.9: Konsiliarische Empfehlungen zum weiteren Procedere 3.8 Konsiliarische Medikationsempfehlungen Bei 43% aller Patienten empfahl der Konsilpsychiater die Behandlung mit einem Pharmakon. Lässt man jene Fälle unberücksichtigt, in denen entweder keine Diagnose gestellt wurde oder eine sofortige stationäre Übernahme für indiziert erachtet wurde (n=54) so hielt der Psychiater in 75,1% (411 von 547 Patienten) aller Fälle eine Pharmakotherapie für angezeigt. Dies war in 34,4% der Fälle die Behandlung mit einem Antidepressivum, wobei meist eine Einstellung auf 28 ______________________________________________________________________ ein SSRI (selective serotonin reuptake inhibitor) wie Citalopram oder ein NaSSA (noradrenergic and specific serotonergic antidepressant) wie Mirtazapin angeordnet wurde. In 20% der Fälle wurde die Behandlung mit einem Neuroleptikum empfohlen. Auch schlafanstoßende Medikamente wie Benzodiazepine (10,6%) und den Benzodiazepinen ähnliche Substanzen wie Zolpidem (3,1%) wurden häufig empfohlen. In 24,9% der Fälle, in denen der Patient eine psychiatrische Diagnose erhalten hatte, erachtet der Psychiater eine Medikation für nicht notwendig. Tabelle 10 und Abbildung 10 zeigen die Häufigkeitsverteilung der angeordneten Substanzen. In Tabelle 10 sind nur Personen abgebildet, die eine Diagnose erhalten hatten. Patienten die entweder keine Diagnose erhalten hatten oder aber stationär aufgenommen wurden sind hier nicht berücksichtigt: Tabelle 10: Konsiliarische Medikationsempfehlungen* Medikationsempfehlung keine Trizyklische AD SSRI SNRI NassA Atyp. Neuroleptika Klass. Neuroleptika Antikonvulsiva Benzodiaz. Ähnliche Subs. Benzodiazepine Antidementiva andere Gesamt abs. rel. 136 16 84 20 68 48 61 23 17 58 5 11 547 0,248628885 0,029250457 0,153564899 0,036563071 0,124314442 0,087751371 0,111517367 0,042047532 0,031078611 0,106032907 0,009140768 0,020109689 1 * Mehrfachnennungen möglich Abb.10: Konsiliarische Medikationsempfehlungen % 24,9% 2,9% 15,4% 3,7% 12,4% 8,8% 11,2% 4,2% 3,1% 10,6% 0,9% 2,0% 100,00% 29 ______________________________________________________________________ 3.9 Psychiatrische Komorbidität bei somatischen Hauptdiagnosen Es wurde weiterhin untersucht welche Krankheitskonstellationen zwischen somatischen Erkrankungen und psychischen Störungen besonders häufig auftraten. Kritisch anzumerken ist in diesem Zusammenhang - die trotz hoher Gesamtfallzahl - große Anzahl an untersuchten Merkmalen (somatische und psychiatrische Diagnosen) und die daraus resultierende multiplen Kombinationsmöglichkeiten dieser Merkmale. Dies führt zwangsläufig zu bisweilen sehr geringen Fallzahlen einzelner Kombinationen, was wiederum in einer beschränkten statistischen Aussagekraft resultiert. Dies war bei dem somatischen Diagnosen Infektion n=6, endokrine Störung n=8, Atmung n=6, Urologie n=9, und Haut n=4 der Fall, weshalb an dieser Stelle nicht weiter darauf eingegangen wird. Tabelle 11 Psychische Erkrankungen in Abhängigkeit der somatischen Hauptdiagnosen zeigt die aufgetretenen somato-psychischen Kombinationen. Häufige Kombinationen sind dabei farblich hervorgehoben. Tabelle 11: Psychische Erkrankungen in Abhängigkeit der somatischen Hauptdiagnose Somatische Erkrankung Infektion Tumor Tumor ZNS Erkrankungen des Blutes Endokrin Nervensystem Herz- Kreislauf Atmung Verdauung Urologie Schwangerschaft Haut Muskuloskelettal Auge und Ohr Verletzung/ Vergiftung Symptome und abnorme Befunde keine Angabe Multimorbide Epilepsie F0 0,0% 21,6% 57,9% 63,6% 0,0% 10,7% 32,5% 40,0% 36,4% 55,6% 0,0% 33,3% 23,8% 18,2% 12,7% 5,6% 25,0% 27,8% 18,4% F1 16,7% 10,8% 0,0% 0,0% 16,7% 7,1% 6,5% 20,0% 45,5% 0,0% 0,0% 0,0% 0,0% 6,1% 23,9% 13,5% 8,3% 9,3% 0,0% F2 0,0% 2,7% 0,0% 0,0% 16,7% 3,6% 3,9% 20,0% 9,1% 0,0% 0,0% 0,0% 0,0% 9,1% 4,2% 5,6% 16,7% 3,7% 2,6% F3 16,7% 27,0% 5,3% 0,0% 16,7% 21,4% 22,1% 20,0% 0,0% 11,1% 0,0% 0,0% 14,3% 27,3% 19,7% 22,5% 20,8% 22,2% 23,7% F4 50,0% 35,1% 26,3% 36,4% 50,0% 53,6% 32,5% 0,0% 9,1% 33,3% 16,7% 33,3% 52,4% 30,3% 19,7% 48,3% 25,0% 29,6% 39,5% F5 16,7% 0,0% 5,3% 0,0% 0,0% 3,6% 0,0% 0,0% 0,0% 0,0% 83,3% 0,0% 0,0% 3,0% 0,0% 0,0% 0,0% 1,9% 0,0% F6 0,0% 0,0% 0,0% 0,0% 0,0% 0,0% 2,6% 0,0% 0,0% 0,0% 0,0% 33,3% 9,5% 3,0% 19,7% 4,5% 4,2% 5,6% 2,6% F7 0,0% 2,7% 5,3% 0,0% 0,0% 0,0% 0,0% 0,0% 0,0% 0,0% 0,0% 0,0% 0,0% 3,0% 0,0% 0,0% 0,0% 0,0% 13,2% Gesamt 100,0% 100,0% 100,0% 100,0% 100,0% 100,0% 100,0% 100,0% 100,0% 100,0% 100,0% 100,0% 100,0% 100,0% 100,0% 100,0% 100,0% 100,0% 100,0% Legende: F0: Hirnorganische Störung F1: Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen F2: Schizophrenie, schizotype und wahnhafte Störung F3: Affektive Störung F4: Neurotische-, Belastungs-, und somatoforme Störung F5: Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Störungen und Faktoren F6: Persönlichkeits- und Verhaltensstörung F7: Intelligenzminderung Bei Patienten mit Tumorerkrankungen lag am häufigsten (35,1%) gleichzeitig eine psychische Störung aus dem F4 Formenkreis der Neurotischen- Belastungs- und Somatoformen Störungen vor. Betraf die Tumorerkrankung das ZNS, so lag in über der Hälfte der Fälle (57,9%) ein Hirnorganische Störung vor. Störungen aus dem F4 Formenkreis traten besonders häufig bei 30 ______________________________________________________________________ Patienten mit Erkrankungen des Nervensystems (53,6%), der Epilepsie (39,5%), bei Symptomen und abnormen Befunden (48,3%) und bei Patienten mit muskuloskelettalen Beschwerden (52,4%). Bei Herz-Kreislauf-Patienten verteilte sich das Diagnosespektrum relativ homogen auf die Störungsbilder F0 (32,5%), F4 (32,5%), und F3 (22,1%), während die anderen Störungsgruppen eine untergeordnete Rolle spielten. Bei schwangeren Patientinnen war die häufigste psychiatrische Diagnose die Postpartum Depression, eine Störung aus dem F5 Formenkreis (83,3%). Patienten mit Erkrankungen des Verdauungssystems wiesen gleichzeitig am häufigsten eine substanzbezogene (45,5%) oder eine Hirnorganische Störung (36,4%) auf, während die bei anderen Krankheitsbildern relativ häufigen Störungen F3 und F4 nicht, bzw. nur in 9,3% der Fälle vorkamen. Erkrankungen von Auge und Ohr waren relativ homogen mit F0, F3 und F4 assoziiert. Bei Verletzung und Vergiftung war die substanzbezogenen Störungen häufig (23,9%) aber auch die bei den übrigen Erkrankungen seltene Persönlichkeitsstörung war mit 19,7% häufig vertreten. In Abbildung 11 sind die psychiatrischen Diagnosen in Abhängigkeit der somatischen Hauptdiagnosen der Konsilpatienten dargestellt. Die Abszisse zeigt dabei die somatischen Diagnosen: In Abbildung 11 sind die psychiatrischen Diagnosen in Abhängigkeit der Somatischen Hauptdiagnosen der Patienten dargestellt. Die Abszisse (Nummer 1-20 inkl. 40) gibt die somatischen Diagnosen an, die Ordinate zeigt die prozentualen Häufigkeiten der psychiatrische Diagnosen F0-F7 je nach somatischer Grunderkrankung an. Legende: 1: Infektion 2: Tumor 3: Tumor ZNS 4: Erkrankungen des Blutes 5: Endokrin 6: Nervensystem 7: Herz-Kreislauf-Erkrankungen 8: Atmung 9: Verdauung 10: Urologie 11: Schwangerschaft 12: Haut 13: Muskuloskelettal 14: Auge und Ohr 16:Verletzung/Vergiftung 18: Symptome und abnorme Befunde 19: keine Angabe 20: multimorbide 40: Epilepsie 31 ______________________________________________________________________ Abb.11: Psychiatrische Diagnosen in Abhängigkeit der somatischen Hauptdiagnosen * 32 ______________________________________________________________________ 4 DISKUSSION 4.1 Soziodemographische Daten In vorliegender Arbeit wurde der psychiatrische Konsiliardienst des Universitätsklinikums Erlangen hinsichtlich psychiatrischer und somatischer Morbidität der Konsilpatienten, Anforderungsgründen und Therapieempfehlung untersucht. Das Durchschnittsalter der dem Konsildienst vorgestellten Patienten betrug 53 Jahre, die größte Gruppe der Studienpatienten war zwischen 40 und 45 Jahre alt. 25% der Patienten waren 68 Jahre oder älter. Der Grund für das hohe Durchschnittsalter von 53 Jahren ist am ehesten darin begründet, dass dem psychiatrischen Konsiliardienst Patienten mit körperlichen Erkrankungen vorgestellt werden, und diese im Alter zunehmen. Da in der Literatur die Altersverteilung des gesamten Patientenkollektivs eines Krankenhauses oft unberücksichtigt bleibt, sind Studienergebnisse zur Altersstruktur von Konsilpatienten oft inhomogen und schwer miteinander vergleichbar. Ungeachtet dessen beläuft sich, ähnlich zu hier vorgefundenen Zahlen, der Anteil an älteren Patienten (≥ 65 Jahre) in einer Studie von Huyse et al. auf 30% (Huyse et al. 2001). Obwohl etwas mehr Frauen als Männer überwiesen wurden (51,9 vs. 48.1%), war das Verhältnis von Männern und Frauen mit 1:1,07 weitgehend ausgeglichen, wohingegen in der Literatur einhellig darüber berichtet wird, dass mehr Frauen als Männer überwiesen werden und auch der prozentuale Unterschied eine größere Spanne aufweist (Hengeveld et al. 1984). So kann aus vorliegendem Ergebnis geschlossen werden, dass Männer und Frauen mit somatischen körperlichen Erkrankungen am Universitätsklinikum in gleichem Maße als psychiatrisch auffällig eingeschätzt und in etwa gleich oft an einen psychiatrischen Konsiliardienst überwiesen werden. 4.2 Inanspruchnahme des Konsiliardienstes Betrachtet man die absolute Inanspruchnahme des psychiatrischen Konsiliardienstes, so fällt auf, dass sich diese zu je einem Drittel auf die Neurologie (35,7%) und die Innere Medizin (32,8%) aufteilt, diese somatischen Fachgebiete somit den größten Bedarf an psychiatrischer Mitbetreuung haben. Dieses Ergebnis passt zu Studienergebnissen, die übereinstimmend über eine hohe Vorkommenshäufigkeit psychiatrischer Komorbidität unter internistischen (Arolt 2004) und neurologischen Patienten berichten (Schofield & Duane 1987, Fink et al. 2003, Fritzsche et al. 2003). Über den Anteil an Konsilen in der Inneren Medizin existieren Zahlen unterschiedlicher Studien, die zwischen 23–58% variieren (Arolt et al. 1995, Deister 1994, Kapfhammer 1992, Fiebiger et al. 1997, Hengeveld et al. 1984). Das Ergebnis vorliegender Studie liegt somit im unteren Mittelfeld. Über den Anteil an Patienten aus der Neurologie werden in der Literatur geringere Häufigkeiten zwischen 20-25% genannt (Deister 1994, Kapfhammer 1992). 33 ______________________________________________________________________ Unter den Teilgebieten der Inneren Medizin nimmt in dieser Studie die Gastroenterologie/Pneumologie/Endokrinologie mit 17,1% den Konsildienst weitaus häufiger in Anspruch, als die anderen Teilgebiet der Inneren Medizin (Kardiologie, Nephrologie, Rheumatologie und Hämato-Onkologie). Dass dies hauptsächlich in der höheren stationären Gesamtfallzahl der Gastroenterologie/Pneumologie/Endokrinologie begründet ist, zeigt ein Blick auf die relative Inanspruchnahme, wonach sich mit Ausnahme der Kardiologie und der Hämato-Onkologie ein recht homogenes Bild zeigt. Da Patienten mit Tumorerkrankungen häufig komorbide psychischen Störungen entwickeln, (Singer et al. 2007, Krauß et al. 2007) erscheint der Anteil an Konsilen, der seitens der Hämato-Onkologie angefordert wird mit 2% absoluter und 1,4% relativer Inanspruchnahme gering. Grund für den niedrigen Bedarf könnte sein, dass ein psychosoziales Betreuungsangebot speziell für Tumorpatienten, bei denen oftmals akute Belastungsreaktionen im Mittelpunkt stehen, auch durch andere Dienste existiert, wie zum Beispiel den Psychoonkologischen Dienst. In diesem Zusammenhang könnte sich auch die sehr geringe absolute und relative Inanspruchnahme des psychiatrischen Konsildienstes durch die Frauenklinik erklären, die als zertifiziertes Brustzentrum über einen eigenständigen Psychologischen Dienst verfügt. Zudem wird die Inanspruchnahme des Konisiliardienst bei Patientinnen von gynäkologischen Stationen in der Literatur, bezogen auf das Gesamtaufkommen, ohnehin als gering angegeben. Bei Hengeveld et al. machen gynäkologische Patientinnen beispielsweise nur 1,3% aller konsiliarisch gesehenen Patienten aus (Hengeveld et al. 1984). Für die ebenfalls sehr geringe absolute und relative Inanspruchnahme der Hautklinik könnte die räumliche Distanz zur Psychiatrischen Klinik eine Rolle spielen. Die Hypothese von Maguire et al., dass geringe Überweisungsraten an einen psychiatrischen Konsildienst hauptsächlich in einem geringen Interesse an psychiatrischen Erkrankungen begründet sind und demnach nur die auffälligsten Patienten überwiesen werden, kann in diesem Zusammenhang nicht überprüft werden. Möglicherweise könnten auch die unterschiedlichen psychiatrischen Fähigkeiten oder eine unterschiedliche Sensibilität gegenüber psychosozialer Probleme der Patienten unter den nicht-psychiatrischen Ärzten das unterschiedliche Anforderungsverhalten der verschiedenen Teilkliniken beeinflusst haben. In den operativen Fächern wie der Chirurgie (8,4%), der Neurochirurgie (7,1%), und der MundKiefer-Gesichts-Chirurgie (1,6%) fanden 17,1% aller Konsultationen statt. Der Anteil chirurgischer Fächer am Gesamtaufkommen wird in der Literatur mit etwa 30% angegeben (Arolt et al. 1995, Deister 1994). Betrachtet man die Anzahl der Konsilanforderungen bezogen auf die stationären Fallzahlen dieser Fachdisziplinen im Jahr 2008, so weist die Chirurgie eine relative Inanspruchnahme von lediglich 0,5% auf und liegt damit deutlich unter dem Gesamtdurchschnitt aller somatischen Fachdisziplinen, der bei 0,9% liegt, aber auch deutlich hinter der Neurochirurgie, die 1,7% all ihrer stationären Behandlungsfälle an den Konsildienst 34 ______________________________________________________________________ überweist. Die geringe Inanspruchnahme psychiatrischer Konsilleistungen durch die Chirurgie steht der hohen Prävalenz von komorbiden psychischen Störungen unter Patienten auf chirurgischen Stationen gegenüber, die sich in einem ähnlich hohen Bereich wie auf internistischen Stationen bewegt (Wancata et al. 1996). Die Zuweisung zum Konsildienst erfolgt hier aber weitaus seltener (Hengeveld et al. 1984). Diese, in der Literatur bekannte Tatsache, wurde durch unterschiedliche Autoren reflektiert. So wurde unter anderem disskutiert, dass Internisten sensibler auf psychopathologisches Verhalten ihrer Patienten reagieren würden, während Chirurgen diesbezüglich toleranter wären - dies auch vor dem Hintergrund eines längeren Krankenhausaufenthalts internistischer gegenüber chirurgischer Patienten. Des Weiteren wurde vermutet, dass Internisten öfter mit diagnostischen Problemen konfrontiert wären als Chirurgen und deshalb den Konsildienst öfter als andere somatische Fachgebiete zu Rate ziehen würden (nach Hengeveld et al. 1984). Betrachtet man die in der Literatur berichteten Überweisungsraten von 1-2% (Arolt 2004), erscheint in dieser Studie die Inanspruchnahme des psychiatrischen Konsiliardienstes mit 0,9% vergleichsweise gering. In Anbetracht der Häufigkeit von psychischen Störungen bei Patienten im Allgemeinkrankenhaus, die - wie bereits erwähnt - auf 30% geschätzt wird (Arolt 2004), könnte sich der Meinung angeschlossen werden, dass eine adäquate Psychosoziale Versorgung, für die nach Diefenbacher und Arolt eine Mindestkonsilrate von 5% notwendig ist (Diefenbacher & Arolt 2004), nicht verwirklicht ist. Ausnahme bildet hier die Neurologie mit einer Anforderungsrate von 4,7%, und somit die postulierte Mindestrate annähernd erreicht. Berücksichtigt werden muss jedoch, dass das Vorhandensein psychischer Beeinträchtigungen bei Krankenhauspatienten zwar auf einen prinzipiellen Behandlungsbedarf hinweist, es kann jedoch nicht grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass auch all diese Patienten behandlungsbedürftig sind (Arolt et al. 1997). So ist zum einen der Bedarf und die Notwendigkeit einer Zuweisung und Mitbetreuung durch einen Konsiliarpsychiater oftmals geringer, als die Vorkommenshäufigkeiten der dedektierten psychischen Störungen (Wancata et al. 1996, Diefenbacher 2002, Krautgartner et al. 2006, Hansen et al. 2001). Zum anderen sind an der Betreuung von psychisch beeinträchtigten Patienten innerhalb des Universitätsklinikums auch andere medizinische Fachgebiete, wie der psychosomatische-psychotherapeutisch Konsiliardienst, und der Arbeitsbereich der klinischen Psychologie (im speziellen der Psychoonkologische Dienst) beteiligt. Hinsichtlich dieser diversen Angebote besteht ein erheblicher Unterschied zwischen der Versorgungsstruktur eines Universitätsklinikums und Krankenhäusern der Grundversorgung. Zur Beurteilung der psychosozialen Versorgungs(gesamt)situation, müsste man somit auch die Angebote und Leistungen anderer medizinischer Arbeitsbereiche miteinbeziehen. 35 ______________________________________________________________________ 4.3 Psychiatrische Morbidität im Konsiliardienst Kritisch anzumerken ist zunächst – untersucht man psychiatrische Morbidität anhand der Diagnosen, die im Rahmen eines Konsils gestellt wurden - das Problem der diagnostischen Unsicherheit. Der persönliche Eindruck, den der Konsilarzt bei dem meist einmaligen Kontakt mit dem Patienten gewinnt, ist nur bedingt repräsentativ, da das psychische Befinden oft starken Schwankungen unterliegt. So stellt ein Konsil eine Querschnittsuntersuchung dar (Herzig 2005), unter der - verglichen mit der Längsschnittdimension der Befunderhebung im stationären Setting - die Diagnosefindung mit einer gewissen Unsicherheit behaftet ist. Ferner kann sich die Diagnostik einer psychischen Störung bei einem somatisch kranken Patienten aufgrund der häufigen Überlappung psychischer und somatischer Symptome schwierig gestalten (Härter 2000). Letztlich stellt die posthoc ICD 10 Verschlüsselung der deskriptiven Diagnosen des Konsilscheins eine methodische Fehlerquelle dieser Arbeit dar. Diese Überlegungen vorangestellt, waren die drei häufigsten im Konsildienst gestellten psychiatrischen Diagnosen die Neurotischen, Anpassungs- und Somatoformen Störungen (F4) mit 27,8%, gefolgt von den Hirnorganischen Störungen (F0) mit 17,5% und den Affektiven Störungen (F3) mit 16,2%. Diese Ergebnisse stimmen mit der Literatur überein, in der diese Störungsbilder als die drei häufigsten im Konsildienst gestellten Diagnosen, genannt werden (Kapfhammer 1992, Fiebiger et al.1997, Silverstone 1996). Allerdings berichten auch einige Studien über die Störungen durch psychotrope Substanzen als eine der drei häufigsten Diagnosen (Arolt et al. 1995b, Saupe & Diefenbacher 1996, Deister 1994). Die hier aufgetretene prozentuale Häufung der Affektiven Störung (16,3%) stimmt mit früheren Untersuchungen überein, die diese mit einer Häufigkeit zwischen 13,9% und 16,9 % angeben (Kapfhammer 1992, Saupe & Diefenbacher 1996, Fiebiger et al 1997), die Prävalenz der Hirnorganischen Störung ist mit den Ergebnissen aus der Lübecker Studie vergleichbar (Arolt et al. 1995ab). Zu der am häufigsten vorkommenden Diagnosegruppe der Neurotischen, Anpassungs- und Somatoformen Störungen (F4), sind die in bisherigen Studien ermittelten Prävalenzahlen sehr inhomogen und liegen abhängig von der Erhebungsmethode zwischen 13,2 und 63,6% (Arolt et al. 1995a, Saupe & Diefenbacher 1996, Deister 1994, Kapfhammer 1992, Fiebiger et al.1997). Die hier ermittelte Häufigkeit von 27,8% ist jedoch mit den Ergebnissen von Fiebiger vergleichbar, der eine Vorkommenshäufigkeit von 32,3% feststellte (Fiebiger et al. 1997). Die Anpassungsstörung war mit 14,8% die am häufigsten gestellte Diagnose der F4 Gruppe, und damit in einem ähnlichen Bereich wie in der Studie von Silverstone, in der diese Diagnose mit 13,7% am häufigsten auftrat (Silverstone 1996). Über substanzbezogende Störungen, und insbesondere Störungen durch Alkohol unter Patienten im Allgemeinkrankenhaus ist vielfach berichtet worden. Arolt konnte zeigen, dass in internistischen und chirurgischen Abteilungen bei jedem vierten bis fünften Mann eine 36 ______________________________________________________________________ Alkoholabhängigkeit vorlag (Arolt 2004). Von den Ergebnissen der Lübecker Studie abweichend, in der die substanzbezogene Störung ein Viertel aller Diagnosen ausmachte, trat diese hier nur mit einer Häufigkeit von 8,4% auf. Allerdings werden in der Literatur auch geringere Häufigkeiten genannt (Krautgartner et al. 2006, Kapfhammer 1992). Andere als die bisher genannten psychiatrische Diagnosen (Schizophrenie, Persönlichkeitsstörung, Störungen des F5 und F7 Formenkreises) machten zusammen 10,8% aus und stimmen damit mit früheren Beobachtungen überein (Arolt et al. 1997). Auffällig war, dass beachtliche 132 von 607 Patienten (21,7%), die an den psychiatrischen Konsildienst überwiesen wurden, keine Diagnose erhalten hatten. Diefenbacher gibt an, dass in 5-10% aller psychiatrischen Konsile der Konsiliarius keinen Therapievorschlag macht oder keine Diagnose stellt (Diefenbacher 2007). Demnach kann gefolgert werden, dass hier dem Konsildienst vermehrt Patienten zugewiesen werden, die die Kriterien für eine psychische Störung nicht erfüllen. Dies könnte an dem hohen Aufkommen von Konsilen liegen, die zur Basisdiagnostik vor neurochirurgischen Eingriffen oder Organtransplantationen gehören, verdachtsunabhängig angeordnet werden und somit eher eine Screeningfunktion erfüllen bzw. zur juristischen Absicherung durchgeführt werden. Darüber hinaus könnte ein weiterer Grund für dieses Ergebnis sein, dass der Konsilpsychiater vor einer endgültigen Diagnose noch weitere diagnostische Schritte für indiziert erachtete, was in 10% aller Fälle vorkam. Weiterhin könnte eine allgemeine Verdrossenheit und Demoralisierung eines Patienten über den Krankenhausaufenthalt oder die ängstliche Reaktion auf eine Diagnose, vom somatischen Arzt als eine psychische Störung (beispielsweise eine Depression) fehlgedeutet werden, und die Hinzuziehung des Konsilpsychiaters zur Folge haben (Grubich 2007). Ein Blick auf die Verdachtsdiagnosen der Somatiker scheint diese These zu bestätigen. Am häufigsten, nämlich in 19,8% der Fälle, wurde hier als Verdachtsdiagnose die Depression genannt. Die Diagnose der Anpassungsstörung, welche in dieser Studie am häufigsten vorkam, ist in der Konsiliarpsychiatrie aufgrund fehlender operationalisierter Kriterien umstritten (Grubich et al. 2007). Sie wird oftmals in den Fällen vergeben, in denen die Anzahl erforderlicher Symptome für die Diagnose einer depressiven Störung nicht ausreichend ist (Grubich et al. 2007), und wird somit oft als eine Art Restkategorie verwendet (Sonnemoser 2007). Dieser Trend zur Anpassungsstörung, und die Tatsache, dass bei jedem fünften Patienten, der an den Konsildienst überwiesen wurde, keine psychiatrische Erkrankung festgestellt wurde, könnte darauf hinweisen, dass auf konsilanfordernder Seite oft Zweifel bestehen ob einer entsprechenden Beobachtung (bei einem Patienten) auch Krankheitswert zukommt bzw. ob eine Behandlungsentscheidung getroffen werden muss. Vorliegendes Ergebnis wirft dann die Frage auf ob die Indikation für eine psychiatrisches Konsil in manchen Fällen sehr großzügig gestellt wird, bzw. welche Motivation hinter dem Wunsch nach einem Konsil steht. Delius, der in seiner 37 ______________________________________________________________________ Arbeit die Indikation psychiatrischer Konsile untersuchte, kam beispielsweise zu dem Ergebnis, dass der Psychiater oft gerufen wird, weil der Patient ein simples Gesprächbedürfnis hat (Delius et al. 1993). So könnte, trotz der durch zahlreiche Autoren beklagten zweifelsfreien konsiliarpsychiatrischen Unterversorgung (Diefenbacher & Arolt 2004), durch eine zu großzügige Delegation psychisch beeinträchtigter Patienten an die Psychiatrie die ungünstige Konstellation entstehen, dass sich somatisch behandelnde Ärzte nicht mehr ausreichend verantwortlich für die psychische Gesundheit ihrer Patienten fühlen und sich deshalb nicht auf die notwendige empathische Kommunikation mit diesen einlassen. Wie bereits erwähnt, sollte ein Konsil zur Optimierung der Behandlung des Patienten beitragen, nicht aber den Charakter eines Alibis haben. Neben den psychiatrischen Diagnosen wurde als eigenständiges Merkmal auch die Suizidalität erfasst, welche ein häufiger Grund für die Anordnung eines psychiatrischen Konsils ist. Obwohl in dieser Studie bei n=86 Patienten der Verdacht auf eine akute Suizidalität bzw. Zustand nach Suizidversuch (zweithäufigster) Anlass der Konsilanfordernung war, wurde durch den Konsiliararzt nur bei jedem vierten Patienten (n=22) diese auch bestätigt. In der Literatur wird oftmals über schnelle Distanzierungs- und Bagatellisierungstendenzen bei Patienten nach einem mißglückten Suizidversuch berichtet, die im Sinne einer Abwehr des suizidauslösenden Konflikts geschehen (Bron 2000). Allerdings ist die Anforderung eines Konsils aufgrund eines vermuteten Suizidrisikos zur eigenen Absicherung des behandelnden Arztes, und der damit verbundenen Delegation der Verantwortung an die Psychiatrie, ein in der Literatur beschriebenes und häufiges Motiv (Georgescu & Caduff 2002). 4.4 Verdachtsdiagnose der Somatiker Auf annähernd jedem dritten Konsilschein wurde von den somatischen Konsilanforderern keine konkrete psychiatrische Verdachtsdiagnose vermerkt. Wurde ein Verdacht geäußert, so war dies am weitaus häufigsten eine Affektive Störung (in den meisten Fällen eine Depression) mit 19,8%. Die Verdachtsdiagnose der Angst- und Zwangsstörung, wurde mehr als doppelt so häufig genannt (n=67) wie sie in Wirklichkeit zutraf (n=32). Grund dafür könnte sein, dass von nicht-psychiatrisch tätigen Ärzten eine ängstliche Reaktion häufig nicht als Symptom eines depressiven Syndroms, sondern als eigenständige Diagnose gedeutet wurde. Die Anpassungsstörung - der Spitzenreiter unter den tatsächlichen Diagnosen - wurde hingegen in nur ca. 5% auf dem Konsilschein als Verdachtsdiagnose genannt. Dies vermutlich aufgrund der bereits angedeuteten Schwierigkeit in der Diagnostik und weil dieses Störungsbild NichtPsychiatern oft nicht geläufig ist. Gute Übereinstimmung in der Häufigkeit waren bei den Störungen zu beobachten, die eher selten vorkamen, wie die Persönlichkeitsstörung F6 (n=16 vs. n=15), die Verhaltensaufälligkeit mit körperlichen Störungen F5 (n=9 vs. n=8) und der 38 ______________________________________________________________________ Demenz F0 (n=27 vs. n=29). Im Falle der Demenz könnte dies an der relativ eindeutigen Symptomatik der Erkrankung liegen. Bei den anderen beiden sehr spezifischen Störungen ist denkbar, dass diese Diagnosen bereits im Vorfeld bekannt waren. Aufgrund der retrospektiven Methode der Arbeit ist festzuhalten, dass über die psychiatrischen Fähigkeiten der Konsilanfoderer mit diesen Ergebnissen nur sehr eingeschränkte Aussagen getroffen werden können. 4.5 Vorbehandlung Ferner wurde in dieser Studie erfasst, ob der im psychiatrischen Konsil stattgefundene Kontakt für den Patienten einen Erstkontakt mit der Psychiatrie darstellte, oder ob dem Konsildienst überwiegend Patienten mit vorbekannten psychiatrischen Erkrankungen vorgestellt wurden. Für 50,4% aller Patienten handelte es sich um einen Erstkontakt, während dies für 37,1% nicht der Fall war. Leider blieb bei 12,5% der Patienten der Vorbehandlungsstatus unklar. Bei De Jonge hatten 50% aller zum psychiatrischen Konsildienst überwiesenen Patienten von n=100 keine psychiatrische Vorgeschichte (De Jonge et al. 2000). In einer Studie von Hansen et al. unter internistischen Patienten - allerdings mittels eines standardisierten Fragebogens - war ein größerer Anteil an Patienten (82,6%) mit dedektierten psychischen Störungen nicht in psychiatrischer Vorbehandlung (Hansen et al. 2001). Es kann vermutet werden, dass viele der konsiliarisch gesehenen Patienten keine psychiatrische Hilfe in Anspruch genommen hätten, wären sie nicht dem psychiatrischen Konsildienst vorgestellt worden. Hinzu kommt, dass für diese Patienten ein stigmatisierender Aufenthalt in einer Psychiatrischen Klinik nicht notwendig war. Der Ansicht, dass der psychiatrische Konsiliardienst eine Filterfunktion zur Erkennung psychischer Störungen bei Patienten, die sich aufgrund einer somatischen Erkrankung in Behandlung befinden, darstellt (Diefenbacher 2005) und, dass sich dadurch Möglichkeiten zur Sekundärprävention psychiatrischer Erkrankungen ergeben, kann sich somit angeschlossen werden (Arolt 2004). 4.6 Konsilanforderungsgründe Mit der Literatur übereinstimmend war in dieser Studie der am weitaus häufigsten genannte Grund für die Anforderung eines Konsils akute psychiatrische Symptome (43%) und die Frage nach deren Diagnostik (Saupe & Diefenbacher 1996, Fiebiger et al. 1997). Auf Platz zwei und drei lagen körperliche Symptome organisch nicht zu erklären (15,3%) und, wie bereits erwähnt, der Verdacht auf das Vorliegen einer akuten Suizidalität (14,2%), beide mit vergleichbaren prozentualen Häufigkeiten. Zum Teil werden in der Literatur suizidale Tendenzen häufiger, nämlich zwischen 25-30% (Hengeveld et al. 1987, Arolt et al. 1995a) als Anforderungsgrund angegeben. Hierzu finden sich Studien mit ähnlichen Ergebnissen (Kapfhammer 1992). Zu den 39 ______________________________________________________________________ prozentualen Häufigkeiten für körperliche Symptome organisch nicht zu erklären finden sich in der Literatur ähnlich hohe Zahlen, zum Beispiel 17,8% bei Hengeveld (Hengeveld et al. 1984). Die hohe Zahl an Überweisungen aufgrund somatischer Beschwerden ohne organisches Korrelat geht mit der These einher, dass sich beispielsweise depressive Syndrome - im Sinne einer larvierten Depression - hinter körperlichen Beschwerden verbergen können. So berichten einer internationalen Studie zufolge bei Vorliegen einer Depression 45-95% aller Patienten ausschließlich somatische Symptome (Simon et al. 1999). Denkbar wäre auch, dass hinter der großen Patientengruppe mit organisch nicht erklärbaren Symptomen Somatisierungssyndrome stehen könnten. Ein Blick auf die psychiatrische Morbidität diesbezüglich zeigt aber, dass diese nur in 2% der Fälle vorkamen. Obwohl die Alkoholabhängigkeit eine häufige komorbide Störung unter Krankenhauspatienten ist (Arolt 2004), war in der Studie Sucht und Entzug (7,4%) ein vergleichbar seltener Anlass zur Anordnung eines Konsils. Allerdings fanden sich ähnliche Ergebnisse in der Literatur (Hengeveld et al. 1984). Grubich stellt diesbezüglich fest, dass Patienten mit Suchtproblematik nur selten einem Konsiliarpsychiater zugeführt werden, und meist auch nur dann, wenn eine Behandlungssunterstützung bei akut intoxikierten oder deliranten Patienten gewünscht wird (Grubich et al. 2007). Nach Diefenbacher hat dies hauptsächlich damit zu tun, dass Substanzmissbrauch häufig mehr als ein moralisches als ein medizinisches Problem angesehen wird (Diefenbacher 2007). Zu begrüßen ist, dass in dieser Studie konkrete Angaben zum Grund für die Konsilanforderungen nur auf 3,6% aller Konsilscheine fehlten. Unklare oder fehlende Angaben über die Motivation zur Hinzuziehung eines Psychiaters können nach Hengeveld et al. Hinweise für Interaktionsprobleme zwischen Patient und Behandlungsteam sein, oder auf Kommunikationsprobleme innerhalb des Teams hindeuten (Hengeveld et al.1987, Hengeveld & Rooymans 1987). Gollinger und Mitarbeiter untersuchten den Zusammenhang zwischen unklaren Angaben zum Grund der Konsilanforderung und der Schwere der Psychopathologie des Patienten. In den Fällen, in denen die Motivation für die Konsilanforderung unklar blieb, hatten 61% eine schwere psychische Störung (Delir, Demenz, Schizophrenie), während bei klaren Fragestellungen/Anforderungsgründen dies auf nur halb so viele Patienten zutraf. Er folgerte daraus, dass je schwerer die Psychopathologie des Patienten ist, umso unklarer auch die Fragestellung des Anforderers ausfällt (Gollinger et al.1985). 4.7 Konsiliarische Empfehlungen Irgendeine Form der Behandlung, zu der auch die Einschaltung sozialer Dienste oder Beratungsstellen zählte, war bei 80,1% aller Patienten indiziert, und stimmt damit weitgehend mit den Zahlen der Lübecker Studie überein. Bei 487 der 607 Patienten wurde somit ein Behandlungsbedarf festgestellt. Dies war am häufigsten (37,5%) die Behandlung mit einem Psychopharmakon. In einer Literaturübersicht über acht Artikel von Hengeveld und 40 ______________________________________________________________________ Mitarbeitern, liegt der Median für die Verschreibung eines Psychopharmakons bei 37,8%. Dieser stimmt sehr gut mit den hier vorgefundenen Zahlen überein. Die Empfehlung einer stationären Übernahme auf eine psychiatrische Station in 11% der Fälle, geht mit den Ergebnissen anderer Studien einher (Krautgartner et al. 2006, Hengeveld et al. 1987), es existieren jedoch auch Berichte über höhere Überweisungsraten (Arolt et al. 1995ab). Eine Pharmakopsychotherapie wurde in 6,4% empfohlen. Eine Psychotherapie alleine bildet mit 2,9% das Schlusslicht unter den für indiziert erachteten Interventionen. Diese Zahl erscheint sehr niedrig, betrachtet man die Lübecker Studie, in der mit 19,1% die Indikation für eine supportive Psychotherapie sehr viel häufiger gesehen wurde (Arolt et al 1995ab), und psychotherapeutische Interventionen besonders bei Patienten mit körperlichen Erkrankungen und einer psychischen Komorbidität effektiv sind (Grubich 2007). Es ist offensichtlich, dass die CL-Psychiatrie nur dann effektiv sein kann, wenn die Vorschläge des Konsiliarpsychiaters vom Konsilanforderer auch umgesetzt werden, was als Konkordanz bezeichnet wird. Huyse et al. stellten bezüglich der Konkordanz im stationären Setting fest, dass kommunikationsintensive Empfehlungen und Maßnahmen, und solche die wiederholt umgesetzt werden müssen, eine niedrige Konkordanz (≤50%) aufweisen. Medikamentengaben haben hingegen eine hohe Konkordanzrate (≥95%), da diese leicht umzusetzen sind, und zum Alltagsrepertoire von somatischen Mediziner gehören (Huyse et al. 1990). Vor diesem Hintergrund, und da die Compliance somatischer Ärzte mit den Empfehlungen des Konsiliarius ohnehin niedrig ist (Diefenbacher 2007), ist es nachvollziehbar, dass in den Konsilen vornehmlich solche Empfehlung ausgesprochen werden, die im Anschluss an das Konsil die höchste Wahrscheinlichkeit haben auch umgesetzt zu werden. Diese Gründe könnten für die seltene Anordnung psychotherapeutische Maßnahmen, die besonders zeit- und kommunikationsintensiv sind, verantwortlich sein. 4.8 Psychiatrische Morbidität bei somatischen Hauptdiagnosen 4.8.1 Somatische Morbidität Abgesehen von der Diagnose Symptome und abnormen Befunde (16,0%) waren Tumorerkrankungen inklusive Tumoren des ZNS (13,3%), Herz-Kreislauf-Erkrankungen (12,4%), Verletzung und Vergiftungen (11,9%) und die Epilepsie (11,2 %) die vier häufigsten körperlichen Erkrankungen der konsiliarisch gesehenen Patienten. Bei kardiovaskulären Patienten kann inzwischen eine erhöhte Auftretensrate psychischer Störungen als gesichert angesehen werden (Deuschle et al. 2002, Barth et al. 2004, Carney et al. 2002, Jacobi 2007), und auch über hohe Komorbiditätsraten unter Tumorpatienten wird berichtet (Krauß et al. 2007, Singer et al. 2007). Der große Anteil an Patienten mit der Diagnose Epilepsie erklärt sich durch das Epilepsiezentrum des Universitätsklinikums und der dadurch bedingten, generell hohen Vorkommenshäufigkeit dieser Diagnose. Der enge Zusammenhang der Epilepsie mit 41 ______________________________________________________________________ komorbiden psychischen Störungen, insbesondere mit der Depression, ist in der Wissenschaft bekannt (Kanner 2003, Ganz et al. 2003, Schmitz 2004). Eine Studie von Wancata und Mitarbeitern ermittelte die Auftretenshäufigkeit, Verteilung und die Art psychiatrischer Erkrankungen in einer Stichprobe von n=724 Patienten mit somatischen Erkrankungen. Eine erhöhte Rate an psychiatrischer Komorbidität lag bei Patienten mit einer neurologischen Erkrankung, einer Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Tumorerkrankung vor, und geht damit mit den hier gefundenen Ergebnissen einher. Abweichend davon fand Wancata auch bei Patienten mit endokrinen Erkrankungen gehäuft psychische Störungen (Wancata et al. 1996). Wie bereits erwähnt schließt die Diagnosegruppe Verletzung und Vergiftung vor allem Patienten ein, die nach einem Suizidversuch ins Krankenhaus gekommen waren, aber auch solche mit Alkoholintoxikation oder Verletzungen und Brüche als Folge von Stürzen aber auch selbstzugefügten Verletzungen bei zu Grunde liegenden Persönlichkeitsstörungen. 4.8.2 Psychiatrische Komorbidität Der Forschungsbereich der Konsiliarpsychiatrie lenkt den Blick zwangsläufig auf das Phänomen der Komorbidität, denn das Besondere in diesem Fachgebiet ist das gleichzeitige Vorliegen einer körperlichen Erkrankung und eines psychischen Leidens bei der gleichen Person. Es bietet sich somit an zu betrachten, bei welchen spezifischen somatischen Patientengruppen häufiger als bei anderen, ein Psychiater hinzugezogen wird, und ob sich hinsichtlich des Diagnosespektrums Unterschiede ergeben. Dabei ist aber immer das bereits beschriebene methodische Defizit der Diagnosefindung im Konsildienst zu berücksichtigen. Folgende Ergebnisse sind somit rein deskriptiver Natur. Aufgrund der Anzahl der beobachteten somatischen Diagnosen (n=19) waren bei einigen Konstellationen von somatischer und psychischer Diagnose die Fallzahlen zu gering, um eine gültige Aussage zu treffen, weshalb an dieser Stelle nur auf die wichtigsten Ergebnisse eingegangen wird. Unter den Patienten mit Tumorerkrankungen waren die Neurotischen, Anpassungs- und Somatoformen Störungen (F4) mit 35,4% die am häufigsten gestellte Diagnose. Die Hirnorganische Störung und die Affektive Störung kamen mit 21,6% an zweiter Stelle. Dass die Diagnose Krebs im Sinne eines critical life event für das Entstehen von depressiven Syndromen und Belastungsreaktionen verantwortlich sein kann, ist gut nachvollziehbar. Betraf der Tumor das ZNS, so war eine Hirnorganische Störung in 57,9% - ebenfalls gut nachvollziehbar - die häufigste Diagnose. Die Literatur berichtet übereinstimmend, dass Störungen aus dem F4 und F3 Formenkreis unter Patienten mit einer Tumorerkrankung am häufigsten auftreten (Singer et al. 2007, Krauß et al. 2007). In einer Studie von Krauß et al. kamen Störungen des F4 Formenkreises mit einer zu hier vorgefundenen sehr ähnlichen Häufigkeit (34,2%) vor (Krauß et al. 2007). Allerdings werden in 42 ______________________________________________________________________ der Literatur geringere Häufigkeiten für das Auftreten einer Affektiven Störung bei Tumorpatienten genannt. Dies könnte zum einen an Schwierigkeiten in der Diagnostik einer Depression bei Tumorpatienten liegen, denn die Symptome einer Krebserkrankung und die Nebenwirkungen der Behandlung können Symptome einer Depression imitieren (Spiegel&Giese-Davis 2003). Andererseits ist die Art der psychischen Störung bei Tumorpatienten sehr stark von Faktoren wie dem Zeitpunkt und dem Stadium dieser potenziell lebensbedrohlichen Erkrankung abhängig (Singer et al. 2007), was eine Vergleichbarkeit unterschiedlicher Studienergebnisse erschwert. Die Diagnose der Hirnorganischen Störung kommt in den Studien von Krauß und Singer überhaupt nicht vor, allerdings wird über ein gehäuftes Auftreten organisch bedingter psychischer Störungen unter einer onkologischen Behandlung ausgelöst durch eine tumortoxisch assoziierte metabolische Entgleisung oder durch medikamentöse Nebenwirkungen der Chemotherapie berichtet (Nothdurfter 2009). Bei Patienten mit neurologischen Erkrankungen waren in über der Hälfte der Fälle (53,6%) von einer F4-Störung betroffen. Dies ist konform zu Studienergebnissen, wonach 55,6% eines neurologischen Patientengutes unter Somatoformen Störungen oder Angststörungen litten (Fink et al. 2003). Die Lifte-Time-Prävalenz einer Depression wird in der Literatur für EpilepsiePatienten mit 30% angegeben, und gilt als die häufigste komorbide psychische Störung dieser Erkrankung (Kanner 2003). Abweichend davon war in vorliegender Studie unter EpilepsiePatienten die Neurotischen, Anpassungs- und Somatoformen Störungen (F4) die am häufigsten diagnostizierte Störung, während die Affektive Störung (F3) auf Platz zwei folgte. Auch bei den Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die eine überzufällig häufige Komorbidität mit der Depression aufweisen - was in fast ausnahmslos allen Studien die seit den 1970iger Jahren prospektiv, über einen langen Zeitraum und an einem großen Kollektiv, gezeigt werden konnte (Deuschle et al. 2002) - lagen die Neurotischen, Anpassungs- und Somatoformen Störungen (F4) gemeinsam mit den Hirnorganischen Störungen (F0) an der Spitze, und nicht wie erwartet die Affektiven Störungen (F3). Allerdings treten neueren Studien zufolge Herz-KreislaufErkrankungen auch in Verbindung mit Angststörungen gehäuft auf (Härter et al. 2007, Jacobi 2007). Durch die Fokussierung auf den Zusammenhang zwischen Depressionen und kardiovaskulären Erkrankungen in der Vergangenheit wurde die systematische Untersuchung anderer psychiatrischer Erkrankungen in diesem Patientenkollektiv vernachlässigt (Jacobi 2007). 4.9 Ausblick: Perspektiven und zukünftige Aufgaben der Konsiliarpsychiatrie Aus zu Beginn dieser Arbeit geschilderten Gründen wird die Nachfrage an konsiliarpsychiatrischen Leistungen in Zukunft steigen (Ebel 2006, Pontzen 2005). Angesichts dieser Situation stellt sich die Frage nach weiteren Perspektiven und 43 ______________________________________________________________________ Optimierungsmöglichkeiten dieser psychiatrischen Subspezialität. Dabei steht zunächst die aus historischen Gründen bestehende Koexistenz von psychiatrischen und psychosomatischen CLDiensten zunehmend in der Kritik. Da sich in Studien abzeichnete, dass psychiatrische Konsiliardienste etwa gleich viele Überweisungen aufgrund von organisch nicht zu erklärenden Symptomen erhalten, wie ihre Kollegen der psychosomatischen Medizin, schlussfolgern Diefenbacher und Arolt, dass es für den Konsilanforderer kaum ersichtlich ist, nach welchen Kriterien er sich für den einen, oder anderen Dienst entscheiden soll. Die Notwendigkeit zweier parallel existierender CL-Dienste sehen sie somit nur dann gegeben, wenn sich eine eindeutige fachliche Aufgabenteilung nachweisen lässt, und fordern die Entwicklung von multidisziplinären Konsildiensten (Diefenbacher & Arolt 2004). Dies hält auch Ebel, angesichts der zum Teil erheblichen Überschneidungen im Diagnosespektrum beider Dienste, für dringend geboten und schlägt die Einführung speziell qualifizierter Konsiliardienste im Bereich der Onkologie, der Gynäkologie und der Schmerztherapie vor (Ebel 2006). Ferner sollte die Bedeutung nicht-ärztlicher Berufe, wie die der medizinischen Psychologie und die der Sozialdienste, im Hinblick auf die immer komplexeren psychosozialen Probleme von körperlich Kranken, weiter vorangetrieben werden (Ebel 2006, Diefenbacher & Arolt 2004). Weniger schwere psychische Störungen, die vorwiegend Probleme in der Krankheitsbewältigung betreffen, könnten verstärkt in den Zuständigkeitsbereich von anderen Berufsgruppen, wie den medizinischen Psychologen und Sozialarbeitern fallen - dies jedoch unter qualifizierter psychiatrischer, oder psychosomatischer Supervision (Söllner et al. 2005). Da sich der CL-Psychiater zunehmend in einem Feld bewegt, indem auch rechtliche und medizinethische Faktoren an Priorität gewinnen, und bisweilen die psychiatrische Fragestellung in den Hintergrund rückt, könnte - als Reaktion auf den steigenden ethischen Erklärungs- und Entscheidungsbedarf in medizinischen Konfliktsituationen - der klinischen Bioethik in Zukunft ebenfalls eine wichtigere Rolle zugeschrieben werden (Bauer & Vollmann 2004). Durch eine genauere Definition des Zuständigkeitsbereichs der CL-Psychiatrie, und eine Klärung der Erwartung bezüglich deren Leistungen seitens der somatischen Kollegen, soll eine größere Effizienz der Konsilleistungen erreicht werden (Ebel 2006). In diesem Zusammenhang gibt es bereits Entwürfe zur Standardisierung der Konsilanfrage. Mittels eines standardisierten Formulars in Form einer Checkliste, der psychiatric consultation checklist, könnte der somatische Mediziner bei der Erstellung einer effektiven Konsilanfrage unterstützt werden (Zigun 1990). Mit einem Minimum an extra Aufwand und Zeit könnte somit mehr strukturierte medizinische Information über den Patienten an den Konsiliarius übermittelt werden. Weiterhin fordern Diefenbacher und Arolt aufgrund der demografischen Entwicklung insbesondere die weitere Implementierung von Liaisonmodellen in geriatrische und gerontopsychiatrische Fachabteilungen (Diefenbacher & Arolt 2004). 44 ______________________________________________________________________ Wie bereits angesprochen, sind CL-Leistungen nur dann wirksam, wenn die Vorschläge des Konsiliarpsychiaters vom Konsilanforderer auch umgesetzt werden (= Konkordanz). Bisher gibt es nur wenige Studien zur Konkordanz bezüglich konsiliarischer Empfehlungen und welche Faktoren Einfluss auf die therapeutische Compliance haben. In den wenigen Studien zu diesem Aspekt wurden die Verschreibung von Psychopharmaka und die Durchführung des Konsils durch einen Ober- oder einen Facharzt als compliancefördernd erkannt (Leentjens et al. 2010). Mit der Identifizierung weiterer solcher Faktoren, die durch den Konsiliarius beeinflusst werden können und eine Verbesserung der Konkordanz zur Folge haben, bietet sich die Chance zu einer effizienteren CL-Psychiatrie und einer Optimierung der Versorgung von psychisch beeinträchtigten Patienten in somatischen Fachabteilungen. 4.10 Visionen für die Zukunft Welche Schlussfolgerungen lassen sich aus der systematischen Untersuchung der Konsiliartätigkeit ziehen und wie könnte in Zukunft eine optimale Versorgung von somatisch Kranken mit psychischer Komorbidität aussehen? 1. Einstellung von eigenen klinischen Psychologen Beobachtet wurde, dass die Anzahl an Konsilanfragen von Jahr zu Jahr steigt, und bei bestehender personeller Ausstattung in Zukunft von der Psychiatrischen Klinik kaum zu bewältigen sein wird. Um die Patientenversorgung zu gewährleisten, ergibt sich die Notwendigkeit zur Einbeziehung anderer, nicht-ärztlicher Berufsgruppen - wie die Einstellung von eigenen klinischen Psychologen und/oder der Erweiterung der Befugnisse des Sozialdienstes - in die Versorgung von psychisch beeinträchtigen Patienten im Krankenhaus. Da vorliegende Untersuchung ergab, dass es sich bei den erbrachten Konsilleistungen größtenteils um das Management weniger schwerer psychischer Störungen handelt, erscheint dies gerechtfertigt. An dieser Stelle sei daran erinnert, dass bei rund 20% der konsiliarisch gesehenen Patienten keine Diagnose gestellt wurde, bzw. eine Anpassungsstörung die am häufigsten gestellte Diagnose war. Es ist somit anzunehmen, dass bei einem großen Teil der Konsile hauptsächlich das Bedürfnis nach einem entlastenden Gespräch im Vordergrund der 'Therapie' steht. Dies trifft insbesondere für Patienten mit chronischen Erkrankungen, sowie jene, die sich in einer palliativen Situation befinden, zu. Diese Fälle gilt es zu sondieren und deren Betreuung in Zukunft verstärkt auch an andere Dienste zu übertragen. 2. Frühzeitiges psychosomatisches Management An der Schnittstelle zwischen somatischer und psychiatrischer Versorgung könnte in Zukunft ein Fallmanager – ein relativ neues Berufsbild im Gesundheitswesen - bei der Koordination der Konsilanforderungen mitwirken und, entsprechend den gesundheitlichen Bedürfnissen des 45 ______________________________________________________________________ Patienten, eine frühzeitige adäquate psychiatrische Mitbetreuung einleiten. Durch das hohe Maß an Arbeitsteilung im Krankenhaus ist die Anzahl an Fehlerquellen bzw. an Verzögerungen und Versäumnissen im Behandlungsablauf hoch, gerade wenn ein Patient Erkrankungen mehrerer Organsysteme vereint und durch unterschiedliche Fachdisziplinen behandelt wird. Ursache dafür sind häufig Kommunikationsprobleme zwischen den behandelnden Ärzten. Umso mehr könnte ein Fallmanager als übergeordnete Instanz durch das Hinzuziehen des richtigen Dienstes zum richtigen Zeitpunkt zu einer verbesserten, effizienteren Behandlung von Patienten, die sowohl psychiatrisch als auch somatisch beeinträchtigt sind, beitragen. 3. Intensivierung der interdisziplinären Zusammenarbeit Die hohe Koinzidenz von psychiatrischen Störungen bei somatisch Kranken macht schließlich die weitere Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen somatischem und psychiatrischem Fachgebiet notwendig. Dabei stellt vor allem die Schaffung von interdisziplinären Ambulanzen speziell für Patienten, die unter einer chronischen somatischen Erkrankung mit psychiatrischer Relevanz leiden, einen wichtigen Fortschritt zu einer effizienteren Versorgung dar. Durch die Vorstellung dieser Patienten in interdisziplinär ausgerichteten Ambulanzen mit ebenso ausgebildeten Ärzten könnten beispielsweise Hospitalisierungen vermieden werden, die in der Vergangenheit allein aufgrund von Schwierigkeiten in der diagnostischen Einschätzung der dargebotenen Symptome dieser Patientengruppe erfolgten, aber eher auf psychische Ursachen zurückzuführen waren (Beispiel Somatisierung). Da psychische Störungen zudem zu einer Verschlimmerung der bestehenden chronischen Erkrankung beitragen können, könnten dort auch durch rechtzeitiges Erkennen und Behandeln, Komplikationen im therapeutischen Management der somatischen Erkrankung sowie stationären Einweisungen vorgebeugt werden. Als Vorbild für diesen Behandlungsansatz sind hier die bereits bestehenden multimodalen Therapiekonzepte bei chronischem Schmerz zu nennen, die erfolgreich angewandt werden. Weiterhin muss die Vertiefung wissenschaftlicher Kooperationen zwischen beiden Fachgebieten vorangetrieben werden, zumal noch zahlreiche Fragen bezüglich der genauen biologischen Mechanismen, die eine psychische Erkrankung auslösen können offen sind. Dies gilt insbesondere für endokrinologische, gynäkologische und onkologische Erkrankungen. 46 ______________________________________________________________________ 5 LITERATURVERZEICHNIS 1. Arolt V, Gehrmann A, John U, Dilling H (1995a): Psychiatrischer Konsiliardienst an einem Universitätsklinikum. Eine empirische Untersuchung zur Leistungscharakteristik. Nervenarzt 66: 347-54 2. Arolt V, Driessen M, Neubauer H, Schürmann A, Seibert W (1995b): Psychische Störungen bei internistischen und chirurgischen Krankenhauspatienten. Prävalenz und Behandlungsbedarf. 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Herrn Professor Dr. Johannes Kornhuber danke ich sehr dafür, dass ich diese Arbeit an der Psychiatrischen und Psychotherapeutischen Klinik des Universitätsklinikums der FriedrichAlexander-Universität Erlangen-Nürnberg durchführen konnte. Außerdem möchte ich mich herzlich bei Frau Elisabeth Waldmann bedanken, die mir wertvolle Hinweise bei der statistischen Bearbeitung des Datenmaterials gab. Nicht zuletzt gilt mein Dank Frau Veronika Kreitlmeier, sowie Heidi und Mike Henson, die mich in der formalen Gestaltung der Arbeit unterstützt haben.