Zur Differentialdiagnose der

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Klages: Zur Differentialdiagnose der Körpermißempfindungen
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Aus der Psychiatrischen Klinik der Medizinischen Akademie Düsseldorf und dem Rheinischen Landeskrankenhaus Düsseldorf
(Direktor: Prof. Dr. Fr. Panse)
Zur Differentialdiagnose der Körpermißempfindungen
Von Wolfgang Klages
In allen Fachdisziplinen der klinischen Medizin steht man
immer wieder Patienten gegenüber, die eigentümlich anmutende Körpermißempfindungen vorbringen, ohne daß ein
krankhafter organischer Befund erhoben werden kann. Wir
möchten in diesem Beitrag darauf aufmerksam machen, daß
sich nicht selten hinter solchen Beschwerden neuropsychiatrisdae Krankheitsbilder verbergen, deren Klärung manche Fehldiagnose und manchen vergeblichen therapeutischen Eingriff
verhindern kann.
Während man den Phänomenen des Schmerzes in allen
Fachgebieten große Beáchtung geschenkt hat, sind die Körpermißempfindungen meist vernachlässigt worden; selbst in der
Psychiatrie gehen sie häufig in Begriffen wie Psychopathie,
Hysterie oder Pseudodemenz unter. Es ist uns deshalb ein
Anliegen, das Interesse auf diese Körpermißempfindungen
und ihren Stellenwert in der medizinischen Diagnostik zu
richten.
Wenn wir im folgenden von Körpermißempfindungen
sprechen, so meinen wir dabei Störungen der Körperempfindung in einzelnen Organen, Körperteilen oder im gesamten
Organismus, die auch bei eingehender internistischer Untersuchung einer faßbaren organischen Grundlage entbehren.
Wir fassen diesen Begriff der Körpermißempfindungen sehr
weit und verstehen darunter keineswegs nur solche mit
subjektiv unangenehmer Note, sondern ganz allgemein
Körperfehlempfindungen, wozu wir auch die Körperschemastörungen rechnen.
Vorbemerkungen
Um die Körpermißempfindungen unter neuropsydñatrischem
Aspekt besser verstehen zu können, sind einige Vorbemerkungen
über das afferente sensible System notwendig, das heißt also über
das System, das von den peripheren Rezeptoren über die spinalen
Bahnen und die vorderen und seitlichen Thalamusanteile zu der
postzentralen Rinde (Parietaihirn) führt, und das sozusagen das
hirnpathologische Substrat für die psychopathologischen Bilder darstellt, soweit sie zerebralorganisch begründet sind.
Gerade in den letzten Jahren sind unsere Kenntnisse nicht nur
von neuroanatomischer Seite (Hassler, Grünthal, Simma, Feremutsth), sondern auch von neurophysiologischer Seite sehr bereichèrt worden. Nach den Untersuchungen von Monnier, der im Verlauf neurochirurgisdier Eingriffe systematische elektroenzephalographische Untersuchungen am menschlichen Thalamus durchführte,
sind es vor allen Dingen die neueren neurophysiologisdien Beobachtungen mit Mikroelektroden. Es werden die elektrischen Potentiale im Thalamus, die nach Berührungsreizen der Körperoberfläche
entstehen, gemessen (Marshall u. a.). Auf diese Weise wird versucht, nähere Einblicke in die somatotopische Lokalisation peripherer Reize im ventralen und lateralen Thalamuskerngebiet zu erhalten.
Nach dem heutigen Stand der Forschung läßt sich folgendes Bild
über die Physiologie des afferenten sensiblen Systems im Hinblick
äuf Physiologie und Pathologie der Körpermißempfindungen entwerfen:
Die afferenten Bahnen leiten die peripheren Sinnesreize von der
Körperoberfläthe und den Muskeln sowie von den Eingeweiden
(Penfield, Boldrey) zum größten der drei ventralen Kernmassen des
seitlichen Thalamus, zum Nucleus ventralis posterior. Alle afferenten Bahnen der verschiedenen Sinnesqualitäten treffen hier in einer
vorher festgelegten Anordnung ein. Kritische anatomische und
neurophysiologische Studien sprechen dafür, daß die exterorezep-
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Nr. 4, 26. Januar 1962
Klages: Zur Differentialdiagnose der Körpermißempfindungen
tiven Reize im Thalamus etwas schärfer lokalisiert sind, während
die Tiefensensibilität im ventralen Thalamus starke tlberschneidungen zeigt. Immerhin kann man auf Grund von Reizversuchen
auch für den Thalamus Repräsentationsfelder für Gesicht, Arm und
Bein aufstellen, die auch bereits in Form einer graphischen Darstellung als ,,Homunculus' in der Literatur ihren Niederschlag gefunden haben (Penfield und Jasper). Die Funktion des Thalamus besteht
in der Verarbeitung, Regulierung und Bremsung aller afferenten
Reize, die zum Großhirn wollen. Vom Nucleus ventralis posterior
zieht das Hauptkontingent der Fasern als thalamocorticale Fasern
in die hintere Zentralwindung (Area 3-l-2, Polyak, Walker). Stellt
man die Repräsentationen der Fasern auf der hinteren Zentralwindung zeichnerisch dar (Penfield, Rasmussen), so ergibt sich die
immer wieder eindru&svolle und für unsere späteren Uberlegungen
wichtige Figur eines auf dem Kopf stehenden Männchens mit sehr
großem Kopf sowie einer starken karikaturhaften Betonung der
Zunge, der Hände und Füße. Von der hinteren Zentralwindung
ziehen auch Fasern als efferente corticothalamische Faserverbindungen wieder zurück zum Thalamus (Dusser de Barenne, Hira-
Dtsch. med. Wschr., 87. Jg.
satorische Aussagen machen kann. Wir geben jeweils die
wörtlichen Schilderungen der körperlichen Mißempfindungen
bei den nachfolgenden Modelifällen wieder.
Körpermißempfindungen bei primären Thalamussdiädigungen
Fall 1 : Der 36 Jahre alte Patient schildert: Es zieht sich der Hals
und dann der Kopf zusammen. Der Hals ist wie ein Strich, ich bekomme keine Luft mehr, als wenn mir eir Bindfaden den Hals
zuschnüren würde. Der ganze Körper ist dabei schließlich wie
zusammengezogen. Idi finde, ich bin dann auch ganz leicht, ich
fliege. Die linke Körperhälfte ist manchmal gar nicht mehr da. Es
kommt mir alles dabei ganz fremd vor. Ich habe auch häufig das
Gefühl, daß die beiden Körperhälften über die Körpermitte übereinander verschoben werden. Ganz selten wird der Kopf auch einmal ganz groß, wie ein Ballon. Dann habe ich richtig Angst, irgendwo
anzustoßen. Besonders lästig ist, wenn der Kopf sich ständig in
seinem Umfang ändert. Das ist nicht nur ein Gefühl, sondern es ist
sawa, Kariya, Lewiri).
wirklich so."
Die Intaktheit dieses ganzen Systems, das man als eine Funktionseinheit beträchten darf, ist eine wesentliche Voraussetzung
der normalen Körperempfindung. Nur dann ist eine Aufarbeitung
der Oberflächen- und Tiefensensibilität sowie der Eingeweideempfindung gewährleistet und wird das Gefühl der Körpereinheit her-
Es handelte sich bei diesem Patienten um eine schwere
dienzephale Schädigung nach Typhusenzephalitis. Für die
Lokalisation sprach neben den deutlich thalamisch gefärbten
vorgerufen und bewahrt (Head, Holmes, Schilder, Pötzl). Auf diese
matik: Periodische Zustände von Gehemmtheit und Ent-
Weise hat jeder Mensch ein gewisses Raumbild von sich selbst.
Normalerweise habe wir keine bewußt erlebten Körperempfindun-
Körpermißempfindungen noch die hypothalamische Sympto-
Wird nun aber dieses System an irgendeiner Stelle gestört, so
kann es zu einer Körpermißempfindung kommen. Es wäre natürlich eine extrem mechanistische und letztlich unbiologische Auffas-
hemmtheit, Polydipsie, periodischer Wechsel von Heißhunger
und Appetitlosigkeit, poriomane Zustände, dienzephale Stoffwechsel- und Regulationsstörungen. Der 3. Ventrikel war im
Pneumenzephalogramm hochgradig spindelförmig aufgetrieben. Es fanden sid ferner neurologische Halbseitenstörungen
sensibler Art.
Das Sich-zusammenziehen des Halses, Kopfes und schließ-
sung, wollte man aus der Art der Körpermißempfindung eine scharfe
lokalisatorisdie Folgerung auf den Sitz der Schädigung ziehen. Da-
lich des ganzen Körpers, sowie andererseits das Größer-
gegen sprechen einmal die physiologischen Erfahrungen über die
Geschlossenheit des gesamten sensibel-afferenten Funktionssystems
und zum anderen die starken subjektiven, persönlidikeitseigenen
Momente, mit denen ein Patient jeweils seine Körpermißempfindungen erlebt, verarbeitet oder auch überwertet. Die eingehende
Beobachtung lehrt jedoch, daß sich trotz dieser Einschränkungen aus
der Art der Körpermißempfindung klinisch brauchbare Hinweise
ergeben, die etwas über den Sitz der Läsion im afferenten sensiblen
System auszusagen vermögen.
werden eines Körperteiles sind Störungen des Körperschemas,
wie sie sehr häufig bei anatomisch gesicherten Thalamus-
gen. Der Körper lebt in seiner Gesamtheit unbetont im Bewußtsein.
Die zahllosen Körperempfindungen wie Lage- und Gleichgewichtsempfindungen erreichen den Spiegel des Bewußtseins unter normalen Verhältnissen nicht.
Das Syndrom der Körpermißempfindungen
Dem Syndrom der Körperinißempfintlung begegnen wir auf
unserem Fachgebiet bei sehr verschiedenartigen Krankheitsbildern, und zwar bei solchen, deren zerebralorganische Natur
uns faßbar und bekannt ist, sowie bei anderen, deren Genese
trotz intensiver hirnpathologisdier Forschung noch umstritten
ist. Wir erwähnen nur die klar herausgestellten Körpermißempfindungen bei Thalamuskranken (Head, Holmes, Pötzl)
und bei Intoxikationen des Gehirns (Buehler, Szepesi), weiter
die Körpermißempfindungen bei einer Gruppe von Schizophrenen, besonders den Spätsdiizophrenen (W. Klages), und
bei hypochondrisch gefärbten Zuständen im Rahmen hirnatrophischer Prozesse oder depressiver Bilder.
Die klinische Erfahrung hat uns nun auf Grund jahrelanger
schäden gefunden werden (Pötzl, Hoff, y. Pap, Simma) Gerade
der Wiener Schule unter Pötzl verdanken wir hier wichtige
hirnpathologische Grundlagen der Psychopathologie des Thalamus. - Ferner gibt unser Patient an, daß die beiden Körperhälften über die Körpermitte übereinander verschoben würden. Solche Ausdrucksweise wurde schon von Pötzl und Hoff
bei einem Fall eines Glioms im Bereich des linken Thalamus
veröffentlicht und später von Pötzl noch einmal bei einem
anderen Fall beschrieben, bei dem es apoplektiform im ventro-
kaudalen Gebiet des linken Thalamus zu einer Blutung gekommen war. Es ergab sich dabei die Auffassung, daß es mit
zu den physiologischen Leistungen der Thalamus-Rindenkorrelation gehört, die Körpermediane als Bezugsebene zu
sichern. Die Körpermediane stellt eine Art Koordinationsebene des Körperbildes dar. Bei den oben beschriebenen Mißempfindungen kommt es zu einer Denaturierung dieser Bezugsebene, die damit ihre trennenden Eigenschaften für die beiden
Körperhälften verliert. Es können im übrigen auch quälende
Eingeweidesensationen an dieser Störung der Körpermediane
teilhaben.
Weiter weist unser Patient (Fall 1) das Gefühl der Levitation
Studien gezeigt, daß wir aus der Art der Schilderung der
auf. Es muß dabei an eine Störung in der Verarbeitung der
Körpermißempfindungen, - oft schon allein aus der sprachlichen Formulierung -, aus dem Betroffensein einzelner Organe, Körperteile oder des gesamten Organismus, sowie aus
dem die Beschwerden begleitenden Affekt wesentliche Rückschlüsse auf die Zugehörigkeit zu bestimmten neuropsychiatrischen Krankheitsbildern ziehen könñen. Unsere Ausfüh-
rungen belegen wir jeweils durch einige Modellfälle aus
propriozeptiven Signale gedacht werden, die dauernd im Thalamus einströmen und nun die Thalamus-Rindenkorrelation
nicht in normaler Weise durchlaufen können. Letztlich liegt
hier eine Störung der Relation Körperschema-Körpergewicht
vor und wir finden bei Thalamuskranken ebenso häufig auch
abnorme Gefühle der Schwere eines Gliedes oder einer Körperhälfte (Gravitation).
unserem Erfahrungsgut und zeigen hieran die Möglichkeiten
auf, wie man bei aller Zurückhaltung doch gewisse hirnlokali-
Es ist von Interesse, daß die Vergrößerungen des Körperschemas
- und das trifft für alle von uns untersuchten klinisch oder anato-
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Klages: Zur Differentialdiagnose der Körpermißempfindungen
misth gesicherten Thalamuskranken zu - den Kopf, die Hände
oder die Füße betreffen. Diese Körperteile haben ja, wie oben
angeführt, auf der postzentralen (parietalen) Hirnrinde besonders
große Repräsentationsfelder. Audi die Körpersdiemastörungen, die
künstlich erzeugt sind durch Mescalin- oder Lysergsäure-Vergiftungen, zeigen die Schwerpunkte der Veränderungen entsprechend der
sensiblen Repräsentation auf der Hirnrinde. Die Versuchspersonen
klagen über einen riesengroßen Kopf, eine überdimensionale Mund-
partie, Betonung der Akren, sehr große Hände und Füße, in oft
unmittelbarer Verbindung zu einem birnenförmigen Leib (Arnold,
Hoff).
Körpermißempfindungen bei sekundären Thalamusaffektionen
Die Kenntnis dieser Körpermißempfindungen thalamischer
Genese gewinnt für den klinischen Gebrauch immer mehr an
Bedeutung, weil es bei einer ganzen Reihe neurologischer
Erkrankungen zu einer Irritation des Thalamus kommt, ohne
daß dieser primär erkrankt zu sein braucht. So kann es bei
einem ständigen peripheren Schmerzreiz zu einem Hereinspielen des Thalamus kommen, so daß jetzt Haibseitenstörungen und Körpermißempfindungen auftreten, die nur
durch funktionelle Irritation des Thalamus. zu erklären sind.
Bei einer solchen sekundären Thalamusreizung kann es zu
einem klinischen Bild kommen, das sich von den klassischen
Fällen der Literatur über organische Thalaniusaffektionen verschiedener Ursache (Tumor, Entzündung, Erweichungsherd)
kaum unterscheidet.
Fall 2: Der 42 Jahre alte Patient berichtet.,, Als wenn mir einer
schwer die Hand auf die rechte Schulter legt oder als wenn mir der
Hosenträger rechts rutscht. In der ganzen rechten Seite kribbelt es.
Die rechte Seite ist manchmal leichter, ein ganz eigentümliches
Gefühl der Leichtigkeit, als würde ich schweben. Besonders komisch
ist es, wenn ich die Treppe hinaufgehe, ich fliege fast hinauf, die
Füße laufen wie bei einer Marionette.
Es handelt sich um eine Polyneuritis bei Porphyrie. Die
halbseitigen Körpermißempfindungen, die hier das Körperschema und das natürliche Schweregefühl betreffen, müssen
als Ausdruck einer Erregungssteigerung des Thalamus infolge
der ständigen sensiblen Reize aus der Peripherie bewertet
werden. Trostdorf schildert eine 36 Jahre alte Kinderärztin
mit akuter Porphyrie, die eine das Körperschema betreffende
Mißempfindung auf der Höhe ihrer Erkrankung wie folgt darstellt:
In der Kreuzbeingegend fühle ich einen großen, ungestalteten
Auswuths, ich werde ständig von dem Gefühl geplagt, darauf liegen
und entsprechend balancieren zu müssen.'
Diese Beobachtung, daß der Thalamus sekundär aus der
Peripherie her durch ständige sensible Reize irritiert wird
und nun eine Erregbarkeitssteigerung erfährt, ist uns auch
sonst geläufig. Wir können dieselben Körpermißempfindungen von thalamisthem Charakter bei der Kausalgie antreffen,
wir finden sie aber auch als Störungen des Körperbildes bei
Rückenmarksverletzten.
Interessanterweise handelt es sich nach Ewald bei den
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vollen Befunde aufmerksam gemacht. Wir glaubten nach unse-
ren Studien annehmen zu können, daß den schizophrenen
Körpermißempfindungen echte Mißempfindungen zu Grunde
liegen, wobei diese dann durch die den Schizophrenen eigene,
qualitativ veränderte Erlebensweise ihre spezifische Formung
erhalten.
Wir lassen auch hier zur Veranschaulichung zunächst einige
Beispiele folgen.
Fall 3: Der 49 Jahre alte Patient erzählt .,, Im Hals ist etwas, mit
dem Zäpfchen, als ob es abgedreht würde. Die Gurgel knactt beim
Essen. . . . Gefühl, wie ein talergroßes Loch an der linken Seite. Nach
dem Essen oder Trinken von Flüssigkeit plätschert mir das Gehirn.
Ich bekomme Schmerzen im Kreuz, wenn man mir ins Auge sieht.
Fett steigt in mir rechts und links im Bauch hoch, von da aus läuft
es mir in die Stirnhöhle. Die rechte Gesichtshälfte ist verflüssigt, die
linke ist noch gut. Die rechte Körperseite ist länger, dies kommt
durch eine gewohnheitsmäßig beim Schlafen eingenommene Lage
und ist nur eine üble Sensation."
Es handelt sich bei dem Patienten um eine paranoid-halluzinatorische Schizophrenie (3. Schub). Die neurologische Untersuchung ergab konstant Haibseitendifferenzen (Herabsetzung
der epikritischen Sensibilität auf der rechten Seite).
Fall 4: Der 42 Jahre alte Patient klagt .,, Jede Bewegung empfinde ich vergrößert. Es durchzudcen mich elektrische Ströme. Es
bewegt sich nur in der linken Körperhälfte. Der linke Arm ist cntzündlicher als der rechte. Mit dem linken Bein gehe ich schlechter als
mit dem rechten, wie durch einen Brei. Das rechte Auge ist kleiner
und liegt weiter zurück. Es flimmert in der rechten Kopfhälfte wie
Strom." Nach einigen Wochen: ,,Mir ist, als wäre noch einmal ein
Körper in meinem, ein fremder, mehr mechanischer. Ich spüre, wie
die Elektrizität von der Wirbelsäule in das Gehirn läuft. Das Gehirn ist gespalten und um seine Achse verschoben. Die Schläfen
beugen sich nach außen. Manchmal habe ich das Gefühl, 2 Meter
herunterzufallen. Idi sehe auch die Gegenstände manchmal plötzlich ganz groß und dann wieder ganz klein."
Auch bei diesem Patienten mit einer paranoid-halluzinatorischen
Schizophrenie (1. Schub) ließ sich bei der neurologischen Untersuchung eine halbseitige Hypästhesie nachweisen.
Wenn man sich die wörtlichen Formulierungen der Schizophrenen mit Körpermißempfindungen genau einstellt und da-
bei ihre sekundären Deutungen und Erlebnisweisen außer
Acht läßt, so sind häufig Kriterien zu erkennen, die wir auch
bei zerebralorganisch gesicherten Thalamuskranken finden
und die nach dem heutigen Stand der klinisch-hirnpathologischen Forschung - lokalisatorisch gesehen - weitgehend auf
den Thalamus zu beziehen sind: Betonte Halbseitigkeit der
Beschwerden, Vergrößerung und Verkleinerung einer Körperhälfte oder eines Körperteiles, Verschiebung der Körperachse
und der Körpermediane, Levitations- und Gravitationserlebfisse, Mikropsie und Makropsie.
Wir wollen zur weiteren Verdeutlichung einmal die Schilderung eines Thalamuskranken und eines Schizophrenen über
die Empfindung von Vergrößerung des Körpersdiemas nebeneinander stellen:
Im wachen Zustand habe idi oft rechts eine Riesenfaust. Wenn
Kausalgikern meist um von jeher überempfindsame Naturen ich auf dem Bett liege, wächst plötzlich die rechte Hand und wird so
(,Menschen mit Basalganglienführung") und Becker hebt bei groß wie das ganze Bett, dann wie das ganze Zimmer und schließden Rückenmarksverletzten mit Störungen des Körperbildes lich wächst sie bis ins Gigantische und wird dabei viele Zentner
hervor, daß gerade von Haus aus sthizothyme Persönlich- schwer, so daß ich dann die ganze Stadt T. mit der Hand zudecken
und mit einem Schlag erschlagen könnte."
keiten hierbei besonders betroffen sind.
Es handelt sich um ein linksseitiges Thalamussyndrom bei einem
Körpermlßempfindungen bei Sdiizophreme
Im Anschluß an däs oben Gesagte ist es nun von besonderem Interesse, daß wir in den Außerungei Schizophrener über
ihre Körpermißempfindungen häufig Bruchstücke finden können, the den thalamischen Körpermißempfindungen sehr ähn-
Steckschuß im linken Parietalhirn, der die thalamocorticalen Verbindungen zum Parietalhirn weitgehend blockiert, Klinisch bestehen
Parästhesien und Hypästhesien durchgehend in der rechten Körperhälfte, enzephalographisdi ist der 3. Ventrikel stark erweitert.
Im folgenden geben wir die Schilderungen eines schizophrenen Patienten wieder:
Wenn ich im Bett liege, bekomme ich schon nach kurzer Zeit das
lick sind. Wir haben schon 1953 auf diese sehr eindrucks- Gefühl, daß die Beine unheimlich lang sind, 100 km." Einige Wochen
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Nr. 4, 26. Januar 1962
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Kiages: Zur Differentialdiagnose der Körpermißempfindungen
später: Ith habe mich nun noch mehr körperlich ausgedehnt, zum
Fenster hin und nach rückwärts, bis schließlich der ganze Raum ausgefüllt wurde. Idi meine, ich sei endlos." Weitere Tage später: ,Icti
habe mich ausgedehnt wie ein Gott, der ja überall hin kann.'
Das vorgenannte Beispiel matht die oft fast fließenden
tJbergänge zwischen Thalamussyndrom und Schizophrenie
deutlich und erklart auch die nicht seltene klinische Erfahrung,
daß ein unter der Diagnose Schizophrenie eingewiesener Patient sich bei subtiler Untersuchung und Beobachtung als Thalamussyndrom herausstellt. Die erste Äußerung unseres oben
angeführten Schizophrenen mutet wie eine thalamische Miß-
Dtsch. med. Wsdir., 87. Jg.
Gewisse Sonderfälle schizophrener Körpennißempfindungen stellen die chronisch taktilen Halluzinosen - teilweise
auch Dermatozoonwahn genannt - dar, deren Einordnung
von denAutoren bisher in verschiedene psythotische Bereiche
erfolgte. Ganz isolierte Formen sollten jedoch immer an eine
mögliche organische Genese denken lassen.
Das hat erst wieder in jüngster Zeit der Fall eines unter der Diagnose ,Schizophrenie" mehrfach gesthodcten Patienten mit einem
Dermatozoonwahn überzeugend gezeigt, dessen Sektion ein isoliert
den- Thalamus zerstörendes, chromophobes Hypophysen-Adenom
ergab (Liebaldt und Kiages).
dann in typisch schizophrene Richtung weisen und das Phänomen zeigen, das wir psychopathologisch als Verschwimmen
der Ich-Grenzen" zu bezeichnen pflegen.
Panse hat in seiner Monographie über die Erbchorea bereits
darauf hingewiesen, daß bei Choreatikern gelegentlich passa-
gere schizophrenieähnliche Syndrome zur Beobachtung gelangen. Hinter den hierbei in bizarren Formulierungen vorgebrachten und nicht selten wahnhaft gedeuteten Körpermißempfindungen vermutet er eine thalamische Mitbeteiligung.
Der auffallende Tatbestand, daß wir bei den schizophrenen
Körpermißempfindungen immer wieder Bruchstücke erkennen,
wie wir sie bei den Kärpermißempfindungen im Rahmen der
Psychopathologie des Thalamus zu sehen gewohnt sind, läßt
die Vermutung aufkommen, daß auch bei den Schizophrenen
echte Mißempfindungen vorliegen, die lediglich durch die
andersartige Erlebensweise dieser Kranken verformt erscheinen. Man ist versucht anzunehmen, daß die schizophrenen
Körpermißempfindungen Symptome sind, die dem somatischen
Pol der Schizophreniegruppe besonders nahe stehen. Diesen
Uberlegungen könnte man einen Schritt näher gekommen
sein, nachdem G. Huber (1957) bei Schizophrenen, deren Körpermißempfindungen in der Symptomatik führend waren,
Veränderungen im Pneumoenzephalogramm im Sinne einer
Erweiterung des 3. Ventrikels fand. Dies wäre ein weiterer
Baustein für die Annahme, daß das Zwischenhirn in seiner
Funktion für die Erlebensvorgänge bei der Schizophrenie von
wesentlicher Bedeutung ist. Damit wird das Forschungsgebiet
der zerebralorganisch ausgerichteten Psychiater wie Ewald,
Borreguerro, Guiraud um eine weitere, bisher schwer zu verankernde psychopathologische Symptomatik erweitert.
Neben den Ähnlichkeiten schizophrener und thalamischer
Körpermißempfindungen gilt es aber für differentialdiagnostische Zwecke auch die Kriterien herauszustellen, die der jeweiligen Symptomatik eine spezifische Färbung geben. Es
ergeben sich zunächst Unterschiede, was den Bereich des Erlebens angeht. Die Thalamuskranken machen kaum Versuche,
die eigenartigen und ihnen ungewohnten Phänomene zu deuten. Bei deh Schizophrenen dagegen ist gerade ihre Bereitschaft, den Einbruch von Mißempfindungen zu erklären bzw.
die vermeintliche Ursache in die Außenwelt zu projizieren
das Auffallende. Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal liefert
uns die Affektivität. Von den Schizophrenen werden selbst
ganz groteske Empfindungen mit häufig mattem Affekt und
innerlich unbeteiligt vorgebracht, jedenfalls kaum der Schilderung adäquat. Beim Thalamuskranken steht hingegen gerade
die starke Ich-Nähe der Empfindungen im Vordergrund, die in
dem hohen Realitätswert und in der intensiven Aufmerksamkeitszuwendung ihren Niederschlag findet. Der Thalamuskranke ist ganz absorbiert von seinen Mißenipfindungen, die
fast immer von dem Gefühl de Quälend-Unangenehmen begleitet sind.
Hypochondrisdie Körpermißempfindungen bei Depressionen
und hirnatrophisdien Prozessen
Es interessiert nun vor allem noch die Abgrenzung der oben
geschilderten thalamischen und schizophrenen Körpermißempfindungen gegen das große Gebiet dér Hypochondrie.
Wir meinen damit die hypochondrische Symptomatik, wie
sie uns im Rahmen endogener Depressionen und hirnatrophischer Prozesse begegnet. Wenn die Zahl der verschiedenen
lästigen Körpergefühle bei diesen Kranken auch zunächst un-
übersehbar erscheint, so lassen sich doch einige Kriterien
herausheben, die uns das Erkennen hypochondrischer Körpermißempfindungen erleichtern.
Zunächst nimmt die Bereitschaft zur hypochondrischen Symptomatik mit dem Lebensalter zu. Die hypochondrische Ent-
gleisungslinie ist - entwicklungspsychologisch gesehen
ebenso eine altersspezifische Gegebenheit wie die Zunahme
paranoider Verhaltensweisen im Alter. Reine hypochondrische Körpermißempfindungen in den ersten Lebensjahrzehnten sind deshalb äußerst selten.
Was die inhaltliche Seite betrifft, so liegt der Akzent auf
Mißempfindungen allgemeiner Art, die unscharf begrenzt sind
und die Körperhöhlen bevorzugen. Der Mangel an Präzision
und Lokalisation der hypochondristhen Körpermißempfindungen ist ein Charakteristikum, über das sich alle Autoren einig sind. Wir fanden in Ubereinstimmung mit Jahrreiß
und Sattes ganz überwiegend multiple und nicht präzise lokalisierbare Beschwerden, hingegen nur in wenigen Fällen auf
ein Oigan konzentrierte hypochondrische Körpermißempfindungen; letzteres meist bei Fällen, wo man dem Gesamtaspekt
nach eher an ein hirnorganisches Bild, z. B. einen hirnatrophischen Prozeß denken mußte. Insbesondere ist die Seltenheit
isolierter peripherer Körpermißempfindungen in den Gliedern
und im Rücken zu betonen. Das wird aus einer übersichtlichen
Tabelle deutlich, die Sattes bei hypochondrisch Depressiven
aufgestellt hat. Es führen als Sitz der Beschwerden" mit Abstand Magen und Kopf.
Schmerzempfindungen stehen hinter den Körpermißempfindungen bei den hypochondrischen Bildern ganz zurück; es
ist ja auch eine alte klinische Erfahrung, daß gerade heftige
Schmerzen sowie ernsthafte Erkrankungen selten zur Quelle
hypochoridrischer Befürchtungen werden.
Nicht nur die Vielzahl und schlechte Lokalisierbarkeit der
hypochondrischen Körpermißempfindungen, sondern auch der
Wechsel der Beschwerden ist für den hypochondrischen Patienten charakteristisch. Die Beschwerden verlagern sich sehr
oft in das gerade untersuchte Gebiet, nach dem sich der Arzt
erkundigt. Sie können sozusagen unter der palpierenden
Hand jeden Augenblick die Stellung wechseln. Wir sprechen
dann von einer Irradiation der Beschwerden in das gefragte
oder untersuchte Gebiet.
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empfindung an, während jedoch die späteren Äußerungen
Kiages: Zur Differentialdiagnose der Körpermißempfindungen
Was die Erlebnisseite angeht, so werden die hypochondrischen Körpermißempfindungen mit starkem Affekt erlebt. Der
Hypochonder fällt gewissermaßen seinem eigenenLeidenzum
Opfer. Man hat ihn mit Recht als Virtuosen des Gefühis" be-
zeichnet und das stellt am besten das Gegensätzliche zum
affektiven Verhalten des schizophrenen Patienten, aber auch
des Tha1amuskrarken heraus. Diese Stärke im Erleben kommt
auch in der sprachlichen Wiedergabe zum Ausdruck. Die hypochondrischen Körpermißempfindungen werden - häufig unter
bildhaften Vergleichen - meist in quantitativen Steigerungen
dargestellt, zum Beispiel Kopfbeschwerden wie von tausend
Nadeln", ,,wie wenn ein glühender Stab durch denKopf fährt".
Der hypochondrische Patient ist mit dem ständigen Verar-
beiten seiner zahlreichen Körpermißempfindungen voll beschäftigt. Er hat dabei ein starkes Erklärungsbedürfnis. Für
alle hypochondrischen Zustandsbilder Ist es kennzeichnend,
daß von dem Kranken eine Ursache gesucht wird, der dann
die Schuld an den Körpermißempfindungen zugeschrieben
wird. Meist werden körperliche Uberlastungen oder das Versagen eines Organsystems, zum Beispiel beim ,Stuhlhypochonder,als vermeintliche Ursache angeführt. Dieses Erklären von
Innen", das heißt aus der eigenen Körperlichkeit, ist für hypochondrische Bilder typisch. Es steht im Gegensatz zu der Tendenz einer Erklärung von Außen" (magische Fernwirkungen,
Beeinflussungen etc.) bei Schizophrenen mit Körpermißemp-
findungen und zu der Bedürfnislosigkeit der Thalamuskranken, ihre Körpermißempfindungen zu deuten.
Wir führen nochmals zur Verdeutlichung ein Beispiel an:
Fall 5: Die 63 Jahre alte Patientin klagt: Alles lebt und webt in
meinem Körper, hauptsächlich im Leib. Idi habe keinen Stuhigang
mehr, die Gedärme sind verschlossen. Idi habe ein Reißen im Kopf
und Kribbeln in der Kopfhaut. Es zwidct und kribbelt im Kopf und
im Gesicht, an allen Ecken zwidct es und ist lebendig, wie lauter
Disteln ist es in meinem Leib."
Es handelt sich um eine Patientin mit einem hypochondrisch-
depressiv gefärbten Zustandsbild. Pneumenzephalographisch
bestand eine Hirnatrophie.
Erinnern wir uns jetzt unserer Vorbemerkungen über das
afferente sensible System, so ist es nicht ohne Bedeutung,
daß Kehrer bei Patienten mit hypochondrischen Symptomen
häufig im Pneumenzephalogramm Hinweise für hirnatrophische Veränderungen, insbesondere des Parietallappens, fand.
Die bevorzugte Lokalisation der Atrophie im Parietalhirn
könnte darauf hinweisen, daß eine Störung in der zentralen
Vertretung der Körperfühlsphäre vorliegt. Bei Reizversuchen
an der hinteren Zentralwindung (Förster, Penfield, Boldrey)
werden von den Kranken hauptsächlich Angaben über Kribbeln, Ameisenlaufen, Schwirren, Vibrieren, Kitzeln, Brennen
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Es wäre eine Ubertreibung hirnlokalisatorischer Gesichtspunkte, wollte man zwischen thalamisdien und kortikaleri
Körpermißempfindungen unterscheiden. Doch lehrt die klinische Erfahrung, daß - cum grano salis - ausgesprochen plastische Körpermißempfindungen meist dem Hirnstamm näher
stehen, währertd diffuse und weniger scharf lokalisierte Kör-
permißempfindungeri eher den parietalen Abschnitten der
Hirnrinde zuzuordnen sind.
Die in der vorliegenden Studie geschilderten Körpermißempfindungen gehören zwar in den Bereich des Neurologen
und Psychiaters, werden aber verständlicherweise in anderen
Fachdisziplinen leicht verkannt. Fehldiagnosen dieser Art
finden sich auf internistischem Gebiet vor allen Dingen bei
beginnenden Spätschizophrenien mit ihrem hohen Prozentsatz an Körpermißempfindungen (W. Klages) und bei beginnenden Hirnatrophien mit hypochondrisch-depressiven Bildern. Im Bereich des Dermatologen können die häufig mit
Juckreiz angegebenen Körpermißempfindungen auf und in der
Haut gelegentlich über hypochondrische Bilder hinwegtäuschen. Der Gynäkologe wird häufig irritiert durch seltsame
klimakterische Beschwerden", hinter denen sich dann eine
hypochondrische Depression verbirgt. Im Aktionsradius des
Chirurgen handelt es sich bei ,,operationssüchtigen" Patienten
nicht selten um Schizophrene mit hartnäckigen Körpermiß-
empfindungen. - Gerade unter diesem Gesichtspunkt der
differentialdiagnostischen Schwierigkeiten schien uns eine
Bearbeitung der Körpermißempfindungen unter neuropsychiatrischen Aspekt von allgemeinem Interesse.
Zusammenfassung
Wir gingen dem uns bei verschiedenen Krankheitsbildern in der
Neurologie und Psychiatrie begegnenden Syndrom der Körpermißempfindungen nach und berücksichtigten dabei die großen Schwierigkeiten, denen man bei der Beurteilung der Körpermißempfindungen
in allen Fadidisziplinen ausgesetzt ist. Unser Anliegen war, einen
Einblick in die Struktur der Körpermißempfindungen im Hinblick
auf den jetzigen Stand der hirnpathologischen Forschung und auf
Grund unserer eigenen Untersuchungen zu geben. In einleitenden
Vorbemerkungen wurde auf die neurophysiologischen und neuroanatomischen Grundlagen des afferenten sensiblen Nervensystems
als des wesentlichen hirnorganischen Substrats der Körpermißempfindungen eingegangen. Es wurde versucht, aus der Art der sprachlichen Formulierung, der Analyse des Inhalts und der affektiven
Einstellung zu den Körpermißempflndungen Rückschlüsse auf den
Sitz der Schädigung im Bereich des afferenten sensiblen Nervensystems zu ziehen. Durch eine Reihe klinisch oder anatomisch gesicherter Fälle belegten wir unsere Ausführungen. Unser besonderes
Interesse galt den Körpermißempfindungen bei Affektionen des
Thalamus, bei Schizophrenien sowie bei hypochondrischen Zustandsbildern im Rahmen von Depressionen und hirnatrophisdien Prozessen. Wir stellten die auffallenden gemeinsamen Züge bei Thalamus-
kranken und Schizophrenen heraus und betonten, daß die schizo-
usw. gemacht - ein Vokabular also, das wir gerade von phrenen Körpermißempfindungen wahrscheinlich als Symptome zu
unseren hypochondrischen Patienten zu hören gewohnt sind.
Für die Möglichkeit, daß diese kortikalen Abschnitte im
Parietalbereich für die hypochondrischen Körpermißempfindungen nicht ohne Bedeutung sind, könnte klinisch die subjektiv schlechte Lokalisierbarkeit der Körpermißempfindungen
sprechen, von der wir oben hörten. Denn das feinere Unterscfieidungsvermögen (Diskrimination), die bewußte Empfindung und Aufarbeitung der einzelnen afferenten Reize, ist
wahrscheinlich gerade eine der Leistungen, die an die Intakt-
werten sind, die im Rahmen der gesamten schizophrenen Symptomatik einem anzunehmenden somatischen Pol besonders nahe stehen.
Abschließend wurden die hypochondrisdien Körpermißempfindungen differentialdiagnóstisch von den thalamischen und schizophrenen
Körpermißempfindungen abgegrenzt.
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