Nicht Fisch, nicht Fleisch

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Münchner Merkur Nr. 188 | Freitag, 16. August 2013
MEIN KÜCHENGEHEIMNIS
Leben
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Nicht Fisch, nicht Fleisch
NEU AUF DEM
BUCHMARKT
Habemus Pasta –
Die Nudelbibel
In unserer Freitags-Serie verraten Leser ihr
Küchengeheimnis. Heute kocht der Vegetarier
Sebastian Copien (32)
aus Eching (Landkreis
Freising) im Einklang
mit der Natur. Er tischt
zum Mittagessen eine
knusprige Farinata aus
Kichererbsenmehl auf.
Mit seidigem Stoffeinband, Lesebändchen und
Goldschnitt. So kunstvoll
ausgestattet ist normalerweise nur die Bibel, nicht
aber ein Kochbuch. Bei
der Nudelbibel ist das etwas anderes. Sie kommt
ungewöhnlich edel daher. Schon die Aufmachung ist vielversprechend, erst recht aber der
Inhalt: Die Gerichte tragen Namen wie „Der Teufel trägt Pasta“ oder „Bibelfest mit Opferlamm“,
wobei es sich bei Letzterem um eine Lammschulter mit Frühlingsgemüse
handelt. Zahlreiche kulinarische Bibelanspielungen führen den Kochbuchleser in Verführung.
Da möchte man der Aufforderung „Lasset uns
kneten! So macht man
Nudelteig...“ am liebsten
gleich folgen. Die Rezepte hat Manuel Weyer, Leiter der Johann-LaferKochschule,
kreiert.
Herrlich in Szene gesetzt
von Ansgar Pudenz. „Habemus Pasta“ ist ein äußerst freches Kochbuch.
Kurz: Einfach zum Niederknien.
se
Habemus Pasta – die
Nudelbibel. Von Rainer
Schillings (Text), Manuel Weyer (Rezepte) und
Ansgar Pudenz (Fotos).
108 Seiten. 120 Fotos.
Erschienen im 99PagesVerlag. 26 Euro.
VON STEPHANIE EBNER
Es gab Zeiten im Leben von
Sebastian Copien, da bestand sein Leben nur aus Arbeit. 80-Stunden-Woche als
Finanzberater, drei Tage Urlaub in drei Jahren. Das
konnte auf die Dauer nicht
gut gehen – Sebastian Copien wurde krank, hatte einen Burnout. Mit Mitte
zwanzig. Das war die Zeit,
in der sich der gebürtige
Münchner mit der Frage
auseinandersetzte: „Was soll
ich mit meinem Leben anfangen? Was mache ich
jetzt?“ Die Antwort: Sebastian Copien kocht und erfindet neue Rezepte. Für sich
und andere.
„Seit ich 16 Jahre alt bin,
koche ich gerne“, stellte der
junge Mann während seiner
Sinnsuche fest. Die Mutter,
eine berufstätige Frau und
selbst eine gute Köchin, hatte ihn oft am Herd arbeiten
lassen. Einen Kochkurs hat
der junge Mann nie besucht.
„Hin und wieder habe ich
mir mal Kochsendungen angeschaut.“
Sebastian Copien ließ Finanzwesen und 80-StundenWoche nach einem Jahr
Pause hinter sich und sattelte um: Er machte seine Leidenschaft zum Beruf. Heute
kreiert er Rezepte mit dem
gewissen Etwas. Er gibt
Kochkurse und Seminare
und bringt Menschen die
Freude am bewussten Kochen nahe.
Seine Rezepte entstehen im
Kopf, viele Anregungen holt
er sich auf Reisen.
Sebastian Copien ist kein
Dogmat. Er geht mit Freude
an die Arbeit, strahlt beim
Kochen regelrecht übers
ganze Gesicht. Seine Devise:
„Liebe zum Kochen gehört
dazu. Wenn ich gelassen
bin,
wird’s
automatisch
noch mal besser.“
So geht er auch heute ans
Werk. Er hat sich eine knusprige Farinata vorgenommen.
„Das Schöne an diesem Gericht ist, dass man es unendlich variieren kann.“ Heute
hat sich Sebastian Copien für
rote und gelbe Paprika entschieden. „Die schmecken
nicht nur, sondern schauen
auch toll in der Farinata aus.“
Copiens Spezialgebiet ist
die neue vegetarische und
pflanzliche Küche. Darüber
hat er gerade ein Buch geschrieben. Es heißt „Grün in
allen Farben“ und enthält 48
leicht nachkochbare vegetarische Rezepte, raffiniert, originell und bunt. Das Besondere: Für jedes vegetarische
Gericht gibt es eine kreative
vegane Variante.
Seit zwei Jahren lebt Sebastian Copien ausschließlich vegetarisch. Noch kann
er sich nicht vorstellen, auch
vegan zu leben – „dazu esse
ich einfach noch zu gerne
Käse“.
Sebastian Copien kocht
nur mit biologischen Lebensmitteln und welchen, die er
selbst in seinem 70 Quadratmeter großen Garten in
Eching gezogen hat. Nur Limetten wachsen in seinem
artenreichen Garten nicht,
das bedauert der Koch sehr.
„Die brauchen einfach ein
anderes Klima.“
Auch das Saatgut kauft er
bewusst, bei der Arche Noah.
Das ist ein Verein, der sich
für die Erhaltung der Kultur-
19
Sebastian Copien lebt für die
kreative Küche: In seinem Garten in Eching wachsen rund 50
verschiedene Gemüse, Kräuter
und Obstsorten. Er liebt es, seine Lebensmittel selbst zu ziehen. Heute kocht er eine
knusprige Farinata aus Kichererbsenmehl. Dazu serviert er
der 32-Jährige einen Pflücksalat mit Nektarinen sowie einem Minzjoghurt. Ob die Farinata fertig ist, testet Sebastian
Copien mit einem Holzstab.
Dann darf nichts mehr hängen
bleiben.
FOTOS: OLIVER BODMER
Knusprige Farinata mit Sommergemüse
Zutaten für 2 bis 3 Personen
Saisonale und frische Zutaten: 200 g
Lauch. Es kann aber auch jedes Saisongemüse verwendet werden. Zucchini,
Paprika und Fenchel eigenen sich besonders gut.
Basiszutaten: 200 g Kichererbsenmehl
2 Zehen Knoblauch (geschält)
Frische Kräuter: 4 Zweige frische Petersilie, 1 Zwei frischer Rosmarin, 2 Zweige frischer Thymian, 4 Salbeiblätter
Gewürze: 600 ml Gemüsebrühe, natürliches Salz,
frisch gemahlener Pfeffer
Olivenöl
Zubereitung:
1. Rosmarinnadeln und Thymianblätter
vom Zweig ziehen und zusammen mit
dem Salbei und der Petersilie klein
schneiden.
2. Das Kichererbsenmehl in einer beschichteten Pfanne kurz anrösten. Jetzt
mit 600 ml Gemüsebrühe, den Kräutern und 4 EL Olivenöl mit einem
blech mit Backpapier
Schneebesen
auslegen, 5 EL Olivenöl
anrühren
und
darin verstreichen, den
mindestens 30
Teig gut umrühren und
Minuten ziehen
dann maximal 1 Zentilassen (optimameter dick hineingielerweise
über
ßen. Das Gemüse mit
Nacht).
Den
dem Knoblauch gleichLauch in dünne
mäßig einstreuen, soRinge
schneidass alles einigermaden.
ßen mit Teig bedeckt
3. Den Knobist. Etwas Olivenöl dalauch
schälen
rüberträufeln und das
und in Würfel
Ganze für circa 30 Mischneiden. Den
nuten bei 250 Grad ins
Ofen auf minRohr schieben.
destens
250
5. Das Blech nach MögGrad Ober- und
lichkeit regelmäßig
Unterhitze vordrehen. Wenn die Fariheizen.
nata leicht angebräunt
4. Nach der Ruund der Teig fest gehephase
den
worden ist, aus dem
flüssigen
Teig
Ofen nehmen und 5
mit Salz und Farinata mit Sommergemüse.
Minuten ziehen lassen.
Pfeffer
abschmecken. Jetzt ein Back- oder Pizza- 6. Jetzt in Stücke schneiden, etwas fri-
Bei der Ernte: In Sebastian Copiens kleinem Garten wachsen rund 50 verschieden Gemüse und Kräuter.
pflanzenvielfalt
einsetzt:
Und so wachsen in Copiens
kleinem Garten rund 50 verschiedene Gemüse, Kräuter
und Obstsorten. Selbst essbare Blüten wie beispielsweise die Kapuzinerkresse zieht
der 32-Jährige selbst.
Viel Arbeit, möchte man
meinen, besonderes heuer
bei diesem heißen Sommer.
„Mitnichten“, sagt der Gärtner – „man muss seine Pflan-
zen nur daran gewöhnen,
dass sie wenig Wasser brauchen.“
Permakultur heißt man
diese Vorgehensweise in der
Fachsprache.
Als die Farinata im Ofen
ist, bereitet der Echinger den
Salat zu, den er zuvor im
Garten geerntet hat. Er
mischt die Vinaigrette an und
gibt dabei nebenbei Tipps
wie: „Niemals die Salatsauce
Essbare Blüten gibt’s zum
Pflücksalat.
pur probieren. Dazu immer
ein Blatt Salat nehmen, sonst
schmeckt die Sauce zu intensiv.“ Oder: Wer den Anisgeschmack von Fenchel oder
Sellerie nicht mag, gibt einfach eine Prise Zimt in die
Salatsauce. Denn: „Der Zimt
deckelt
den
Anisgeschmack.“
Sein Menü geht nicht nur
schnell, es schmeckt auch
hervorragend: Immer wieder
sches Olivenöl darüberträufeln, nach
Belieben mit einem einfachen Salat
oder Minzjoghurt servieren.
Dazu schmeckt Minzjoghurt.
Zutaten:
200 g Joghurt
10 fein gehackte Minzblätter
1 TL gemahlenen Kreuzkümmel
Salz und Pfeffer
1 Apfel
Zubereitung:
Für den Minzjoghurt 200 g Joghurt mit
10 fein gehackten Minzblättern, 1 TL
gemahlener Kreuzkümmel, 1 guten
Prise Salz und Pfeffer sowie einem fein
geraspelten Apfel vermengen. Fertig.
Tipp:
Die Farinata schmeckt auf kalt super,
also immer gleich etwas mehr machen
– beispielsweise für das Mittagessen
am nächsten Tag.
Vom Garten auf den Tisch: Sebastian Copien stößt mit Redakteurin Stephanie Ebner auf das Essen an.
hat der Gaumen eine neue
Geschmacksrichtung zu entdecken. „Der größte Trick
der vegetarischen Küche ist,
dass man mit so vielen verschiedenen Geschmäckern
arbeitet“, sagt der Fachmann.
Da kommt man gar nicht
auf die Idee, dass was
(Fleisch) fehlt. Eine Weisheit, die sich der Koch von
der indischen Küche abgeschaut hat.
Mein Küchengeheimnis
Haben auch Sie ein Rezept, das
Sie uns gerne verraten wollen?
Oder haben Sie im Urlaub kulinarisch geschwelgt und ein landestypisches Rezept von der Reise
mitgebracht?
Dann melden Sie sich bei uns.
Per E-mail unter [email protected]. oder rufen Sie
uns
unter
Telefon
(089)
5306-420 an.
Wir freuen uns auf Sie.
Natürlich
hausgemacht
Selbermachen liegt voll im
Trend. Auch in der Küche.
Heute ist es nicht mehr die
Notwendigkeit, sondern
die pure Freude und das
Interesse an hochwertigen
Produkten, die die Menschen ihre Basics wieder
vermehrt selbst herstellen
lässt. Weil nicht jeder
mehr über das Wissen von
Großmutters Küchengeheimnisse verfügt, hat Erika Bänziger alles Wissenswerte in ihrem Buch „Natürlich hausgemacht!“ zusammengeschrieben.
In
ihrem Buch finden sich die
althergebrachten und bewährten Methoden für die
Herstellung und Haltbarmachung von saisonalen
Ernteüberschüssen ebenso
wie zahlreiche Neukreationen. 300 Rezepte von
der Salzbutter über diverse
Bouillon-Konzentrate, bis
hin zu Teemischungen, Sirups und Chutneys. So
schmeckt die Natur. Garantiert ohne Zusätze. se
Natürlich hausgemacht.
Von Erika Bänziger. Erschienen im Fona-Verlag.
29,90 Euro.
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