Europäisches Parlament 2014–2019 Ausschuss für konstitutionelle Fragen 2016/2008(INI) 5.10.2016 ENTWURF EINES BERICHTS über E-Demokratie in der Europäischen Union: Potenzial und Herausforderungen (2016/2008(INI)) Ausschuss für konstitutionelle Fragen Berichterstatter: Ramón Jáuregui Atondo PR\1106162DE.docx DE PE589.225v02-00 In Vielfalt geeint DE PR_INI INHALT Seite ENTWURF EINER ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS ............ 3 PE589.225v02-00 DE 2/6 PR\1106162DE.docx ENTWURF EINER ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS zur E-Demokratie in der Europäischen Union: Potenzial und Herausforderungen (2016/2008(INI)) Das Europäische Parlament, – unter Hinweis auf die Empfehlung CM/Rec(2009)1 des Europarates über elektronische Demokratie (E-Demokratie), die vom Ministerkomitee am 18. Februar 2009 als erstes internationales Rechtsinstrument zur Festlegung von Standards im Bereich der EDemokratie angenommen wurde, – unter Hinweis auf seine Entschließung vom 28. Oktober 2015 zur europäischen Bürgerinitiative1, – unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen mit dem Titel „EU-eGovernment-Aktionsplan 2016–2020 – Beschleunigung der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung“ (COM(2016)0179), – unter Hinweis auf die drei von seiner Fachabteilung C im Jahr 2016 herausgegebenen Studien mit den Titeln „Potential and challenges of e-participation in the European Union“, „Potential and challenges of e-voting in the European Union“ und „The legal and political context for setting up a European identity document“, – gestützt auf Artikel 52 seiner Geschäftsordnung, – unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für konstitutionelle Fragen sowie die Stellungnahme des Ausschusses für Kultur und Bildung (A8-0000/2016), A. in der Erwägung, dass die einzelnen Mitgliedstaaten wie auch die Union in ihrer Gesamtheit stark von den jüngsten Krisen im wirtschaftlichen, politischen und sozialen Bereich getroffen wurden und sich das Verhältnis der Bürger zur Politik in der Folge zunehmend verschlechterte, da sich die Bevölkerung nicht angemessen vertreten fühlt; in der Erwägung, dass die Mitwirkung der Bürger und der Zivilgesellschaft am demokratischen Geschehen und ihre Einbindung in dieses entscheidend für das Funktionieren der Demokratie sowie für die Legitimität und Rechenschaftspflicht der Vertretungssysteme auf einzelstaatlicher und EU-weiter Ebene ist; B. in der Erwägung, dass das Wiederherstellen des Vertrauens und Interesses der Bürger in Bezug auf das europäische Projekt von wesentlicher Bedeutung ist und dies durch eine bessere Beteiligung an und höhere Transparenz in der Beschlussfassung, eine Stärkung der Mechanismen der demokratischen Kontrolle, eine vermehrten Öffnung der Parteien sowie die Umsetzung von Wahlreformen, mit denen die Bürger stärker an diesen Prozessen beteiligt werden, erreicht werden soll; C. in der Erwägung, dass die Demokratie an die Veränderungen angepasst werden sollte, die das neue technologische Zeitalter mit sich bringt, und technologischer Fortschritt als 1 Angenommene Texte, P8_TA(2015)0382. PR\1106162DE.docx 3/6 PE589.225v02-00 DE öffentliches Gut betrachtet werden sollte, das bei richtiger Nutzung zu einer transparenteren und partizipativeren Demokratie führen könnte; D. in der Erwägung, dass der Boom der neuen Instrumente der digitalen Kommunikation und der offenen Kooperationsplattformen kreative Lösungswege aufzeigen könnte, mit denen der Unzufriedenheit der Bürger mit den politischen Organen entgegengewirkt und das Vertrauen in das demokratische System gestärkt werden könnte; E. in der Erwägung, dass E-Demokratie eine alternative Form der Mitwirkung darstellen könnte, durch die eine Lösung für die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der traditionellen Politik gefunden und der gesellschaftliche Rückhalt für die EU-Politik erhöht werden könnte; Potenzial und Herausforderungen 1. begrüßt die Einführung der E-Demokratie, die als Unterstützung und Weiterentwicklung der traditionellen Demokratie mittels Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) definiert wird und demokratische Prozesse durch Elemente der Bürgerbeteiligung ergänzen soll, indem sie durch verschiedene Onlineaktivitäten wie E-Government, E-Governance, E-Beteiligung und EStimmabgabe erweitert werden; 2. hebt hervor, dass die Mitgliedstaaten in der Empfehlung CM/Rec(2009)1 des Europarates aufgefordert werden, mit der E-Demokratie die Transparenz, die Rechenschaftspflicht, die Reaktionsfähigkeit, die Beteiligung, die Beschlussfassung, die Inklusion, die Barrierefreiheit, die Teilhabe, die Subsidiarität und den sozialen Zusammenhalt zu fördern, zu gewährleisten und zu verbessern; 3. betont, dass die E-Demokratie zur Erleichterung der demokratischen Praxis dienen soll und nicht zur Schaffung eines alternativen demokratischen Systems oder zur Förderung einer bestimmten Art der Demokratie; 4. unterstützt die Nutzung der E-Beteiligung und betont, dass sie ein entscheidendes Merkmal der E-Demokratie darstellt, wobei sie drei Formen der Interaktion zwischen Regierungen und Bürgern umfasst, nämlich E-Information, E-Beratung und EBeschlussfassung; nimmt zur Kenntnis, dass viele nationale, regionale und lokale Beispiele von E-Beteiligung als Vorbilder für den Einsatz von IKT in einer partizipativen Demokratie dienen können; 5. hebt hervor, dass die E-Stimmabgabe ein System mit vielen potenziellen Vorteilen darstellt und ihr daher insbesondere im Hinblick auf junge Menschen, Personen mit eingeschränkter Mobilität und Personen, die in einem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht besitzen, oder einem Drittland leben oder arbeiten, große Bedeutung zukommt; 6. weist auf Estland als positives Beispiel hin, das 2005 bei einer rechtlich verbindlichen Wahl die E-Stimmabgabe erfolgreich umsetzte, aber hält fest, dass es für die erfolgreiche europaweite Einführung der E-Stimmabgabe erforderlich sein wird, die Kosten, Nutzen und Auswirkungen unterschiedlicher oder abweichender technologischer Lösungen zu bewerten; PE589.225v02-00 DE 4/6 PR\1106162DE.docx 7. betont, dass demokratische Prozesse eine ausführliche Debatte sowie Kontrolle und Reflexion voraussetzen, um faire und sachliche Beratungen zu fördern, dass dies jedoch durch bestimmte sektorale Interessen, zu deren Durchsetzung der Einfluss der IKT missbraucht wird, überschattet werden könnte; Vorschläge 8. fordert die Mitgliedstaaten und die EU auf, zur Erhöhung der IKT-Kompetenz und zur Verbesserung des digitalen Zugangs Mittel in den Bereichen der Bildung und Technologie bereitzustellen, um so die digitale Kluft zu überwinden (E-Inklusion) und schlussendlich die Demokratie zu fördern; legt den Mitgliedstaaten nahe, den Erwerb digitaler Fertigkeiten in die Lehrpläne der Schulen aufzunehmen, und unterstützt die Errichtung von Netzwerken mit Universitäten und Bildungseinrichtungen, durch die die Erforschung und Umsetzung neuer Beteiligungsinstrumente gefördert werden soll; 9. fordert nachdrücklich, dass die Mitgliedstaaten und die EU eine erschwingliche und schnelle digitale Infrastruktur schaffen, insbesondere in abgelegenen Regionen sowie in ländlichen und weniger entwickelten Gebieten, und dabei die Gleichstellung der Bürger gewährleisten; empfiehlt, dass öffentliche Bibliotheken und Schulen mit entsprechenden Ressourcen ausgestattet werden und dass alle Bürger Zugang zur IT-Infrastruktur erhalten; 10. hält die Mitgliedstaaten und die EU zur Bekanntmachung und Förderung von Mechanismen an, die die Teilhabe der Bevölkerung und ihre Interaktion mit Regierungen und EU-Organen ermöglichen; hebt hervor, dass mithilfe der IKT der Zugang zu Informationen, die Transparenz, aktives Zuhören und Diskussionen zur Verbesserung der Beschlussfassung erleichtert werden sollten; 11. fordert die Kommission auf, das Potenzial der europäischen Bürgerinitiative mittels einer breiteren Nutzung der IKT vollständig zu nutzen, um die Benutzerfreundlichkeit und Bekanntheit dieses wichtigen Instrumentes zu erhöhen; vertritt die Auffassung, dass insbesondere die Online-Sammlung von Unterschriften durch den Einsatz neuer Technologien verbessert werden könnte; 12. betont, dass mehrere Verfahren der Kommission, darunter öffentliche OnlineKonsultationen, Aktivitäten zur E-Beteiligung und Folgenabschätzungen, von einer stärkeren Nutzung neuer Technologien profitieren könnten, da durch sie die Beteiligung der Öffentlichkeit und die Transparenz der EU-Organe erhöht sowie die europäischen Entscheidungsstrukturen verbessert werden könnten; 13. fordert die Kommission auf, die E-Beteiligung im Rahmen der Strategie für einen digitalen Binnenmarkt auszubauen und weiterzuentwickeln; 14. hebt hervor, dass die Weiterentwicklung der E-Verwaltung eine Priorität für die Mitgliedstaaten und EU-Organe darstellen sollte, und begrüßt den ehrgeizigen und umfassenden eGovernment-Aktionsplan der Kommission, dessen ordnungsgemäße Umsetzung auf einzelstaatlicher Ebene von maßgeblicher Bedeutung ist; 15. fordert eine stärkere Zusammenarbeit auf EU-Ebene und empfiehlt, sich über bewährte Vorgehensweisen bei E-Demokratie-Projekten auszutauschen, um die Entwicklung hin PR\1106162DE.docx 5/6 PE589.225v02-00 DE zu einer partizipativeren und deliberativeren Form der Demokratie zu ermöglichen, in der die Wünsche und Interessen der Bevölkerung berücksichtigt werden; fordert die Kommission auf, bis Ende 2017 und somit rechtzeitig vor der nächsten Wahl zum Europäischen Parlament 2019 eine Beurteilung möglicher Modelle der OnlineStimmangabe durchzuführen, die anschließend den Mitgliedstaaten vorgelegt wird; 16. betont, dass die Privatsphäre und persönliche Daten beim Einsatz von E-DemokratieInstrumenten geschützt werden müssen und die Internetsicherheit verbessert werden muss, in erster Linie mit Blick auf den Schutz von Informationen und Daten, die Einrichtung sicherer digitaler öffentlicher Datenbanken und die Verifizierung elektronischer Signaturen, damit es nicht zu betrügerischen Mehrfachinteraktionen kommt; hebt hervor, dass Sicherheitsprobleme nicht zu einem Hindernis für die Einbeziehung von Personen und Gruppen in die demokratischen Prozesse werden dürfen; 17. hält öffentliche Vertreter an, sich aktiv an den bestehenden Diskussionsforen zu beteiligen, damit die Debatte und der Austausch von Standpunkten und Anregungen mit den Bürgern vorangebracht werden (E-Parlament); 18. fordert seine Mitglieder auf, insbesondere in Anbetracht der derzeitigen schwierigen politischen Begleitumstände mehr Transparenz in ihrer Tätigkeit an den Tag zu legen, und ersucht seine Verwaltung, die Möglichkeit der Einrichtung digitaler Plattformen mit modernen IT-Instrumenten zu prüfen, damit die Mitglieder effizient mit ihren Wählern und mit Interessenvertretern kommunizieren und diese so über die Aktivitäten der EU und des Parlaments informieren, politische Entscheidungsprozesse einleiten und das Bewusstsein für die europäische Demokratie schärfen können; 19. begrüßt seine Initiativen im Bereich der E-Beteiligung und seine Vorreiterrolle auf diesem Gebiet; unterstützt die kontinuierlichen Bemühungen zur Stärkung seines repräsentativen Charakters und hält seine Mitglieder zur umfangreicheren Nutzung neuer Technologien an, damit diese ihr volles Potenzial entfalten können; 20. ruft Parteien auf EU-weiter und einzelstaatlicher Ebene auf, die innerparteiliche Demokratie auf neue Weisen zu fördern und somit die Kommunikation mit ihren Mitgliedern und Anhängern sowie mit der Zivilgesellschaft zu verbessern; 21. fordert die EU und ihre Organe auf, sowohl auf EU-weiter als auch auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene mehr Offenheit für das Austesten neuer Methoden der EBeteiligung wie beispielsweise der Schwarmauslagerung an den Tag zu legen; ° °° 22. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln. PE589.225v02-00 DE 6/6 PR\1106162DE.docx