Page 1 Drucksache Nr.: 00898-15 öffentlich Fachbereich Dezernent

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 Drucksache Nr.: 00898-15
öffentlich
Fachbereich
Dezernent(in) / Geschäftsführer
Datum
61/2-4
StR Wilde
02.04.2015
verantwortlich
Telefon
Dringlichkeit
Dr. Henriette Brink-Kloke
24299
Beratungsfolge
Beratungstermine
Zuständigkeit
Bezirksvertretung Hombruch
Bezirksvertretung Innenstadt-West
Ausschuss für Umwelt, Stadtgestaltung und Wohnen
Hauptausschuss und Ältestenrat
Rat der Stadt
28.04.2015
29.04.2015
29.04.2015
07.05.2015
07.05.2015
Kenntnisnahme
Kenntnisnahme
Kenntnisnahme
Kenntnisnahme
Kenntnisnahme
Tagesordnungspunkt
11. Nachtrag zur Denkmalliste
Beschlussvorschlag
Der Rat der Stadt Dortmund nimmt den 11. Nachtrag zur Denkmalliste zur Kenntnis.
Finanzielle Auswirkungen
Mit dem Nachtrag zur Denkmalliste sind keine finanziellen Auswirkungen verbunden.
Ullrich Sierau
Oberbürgermeister
Ludger Wilde
Stadtrat
Begründung
In den Stadtbezirken Hombruch und Innenstadt-West wurde nach der Untersuchung von zwei
Bodendenkmälern sowie vier Baudenkmälern deren Denkmaleigenschaft festgestellt. Die
Entscheidung erfolgte jeweils in Abstimmung mit dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe.
Zuständigkeit
Der Rat der Stadt Dortmund hat am 08.11.2007 die Vorlage „Zuständigkeit für die Erfüllung
von Aufgaben nach dem Denkmalschutzgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen“
beschlossen. Danach werden den politischen Gremien Bau-, Boden- und bewegliche
Denkmäler vor Eintragung in die Denkmalliste zur Kenntnisnahme vorgelegt.
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Sachverhalt
Die Verwaltung wird auf Grundlage des 11. Nachtrages
2 Bodendenkmäler
4 Baudenkmäler
in die Denkmalliste der Stadt Dortmund eintragen.
Die zur Eintragung vorgesehenen Objekte wurden unter der gesetzlich vorgeschriebenen
Beteiligung des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe, LWL-Archäologie für Westfalen
(Bodendenkmäler) sowie LWL-Denkmalpflege, Landschafts- und Baukultur in Westfalen
(Baudenkmäler) auf den Denkmalwert hin überprüft
1. Nachtrag zur Denkmalliste
Lfd. Nr.
Straße
Hs-Nr.
Stadtbezirk
Gebäudetyp/ Anlage
Bezeichnung
1
Zillestraße
Hombruch
Bodendenkmal
Lichtlöcher der Zeche Christine &
Schöndelle
Kirche St. Marien und
Marienkirchhof
ehemaliges Postscheckamt
2
Marienkirchhof 1
In-West
Bodendenkmal
3
Hoher Wall
9-11
In-West
Baudenkmal
4
Königswall
29
In-West
Baudenkmal
5
Lindemannstraße
18
In-West
Baudenkmal
Verwaltungsgebäude der
Emschergenossenschaft
Wohnhaus
6
Marienkirchhof
1
In-West
Baudenkmal
Evangelisches Gemeindehaus
2. Begründung der Denkmaleigenschaft
2.1 Bodendenkmal „Lichtlöcher der Zeche Christine & Schöndelle, Dortmund-Hacheney“,
Hombruch
In den Waldflächen östlich angrenzend an den Dortmunder Zoo befinden sich vier hohe
Erdhügel, bei denen es sich um die Auswurfhalden von Lichtlöchern und die Schächte der
Lichtlöcher für den Erbstollen der Stollenzeche Christine & Schöndelle handelt. Sie gehören
zum zwischen 1746 und 1800 angelegten, 1,120 km langen und gut 20 m tiefen Erbstollen der
Zeche, der unter dem heutigen Zoo, dem östlich angrenzenden Waldstück und der Zillestraße
bis zum Schacht Caroline an der Straße Heideblick verlief. Die Lichtlöcher (Luftschächte)
dienten der Bewetterung des Stollens, nebenbei auch der Förderung der angetroffenen
Kohleschichten.
Der Erbstollen wurde an der Schondelle in unmittelbarer Nähe des heutigen
Zoohaupteingangs an der Mergelteichstraße angesetzt (Mundloch). Der Vortrieb nach
Südosten erfolgte mit leichter Steigung, um den Abfluss des Grubenwassers nach Nordwesten
in die Schondelle zu ermöglichen. Der Stollen war noch bis 1893 für die Wellinghofer
Tiefbauzeche Crone in Betrieb, sein Mundloch wurde erst um 1955 zugemauert.
Der Denkmalumfang orientiert sich am Umfang der vier, heute noch im Gelände sichtbaren
Halden nördlich der Zillestraße. Derartig hoch erhaltene Schachthalden des frühen
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Kohlebergbaus entlang der Ruhr sind sehr selten geworden. Nur in Waldgebieten konnten
sich überhaupt obertätige Überreste von Pingen und Luftschächten erhalten, die ehemals
überall in großer Anzahl vorhanden gewesen sein müssen. Die hoch aufgetürmten Halden
zeugen eindrucksvoll für die harte und mühevolle Arbeit der frühen Bergleute, aber auch für
die bergmännische Ingenieursleistung, einen derartigen Stollen zielbringend planen und
anlegen zu können.
Bei den vier Schachthalden um die Lichtlöcher der Stollenzeche Christine & Schöndelle
handelt es sich um Bodendenkmäler nach dem Denkmalschutzgesetz NRW. Sie sind
bedeutend für die Geschichte des Menschen in der Region. Für die Erhaltung des ortsfesten
Bodendenkmals sprechen wissenschaftliche Gründe, denn es stellt eine für die historische
Forschung wichtige Urkunde dar.
Wie bei anderen vergleichbaren Bergbaurelikten ist auch hier der Hinweis unerlässlich, dass
die Halden aufgrund von Einsturzgefahr nicht betreten werden dürfen.
2.2 Bodendenkmal „Kirche St. Marien und Marienkirchhof, Marienkirchhof 1, In-West“
Die Marienkirche am Hellweg wird im 14. Jahrhundert als „capella regis“ (Königskapelle)
bezeichnet, später ist sie als Gerichts- bzw. Ratskirche, seit 1232 als Pfarrkirche bezeugt.
Das heutige Kirchengebäude St. Marien in Dortmund-Innenstadt entstand in der zweiten
Hälfte des 12. Jahrhunderts als romanische Basilika. Archäologische Baubeobachtungen
lassen mehrere Vorgängerbauten, darunter ein dreischiffiges Gebäude vermuten. Bislang
ungeklärt blieb die Frage nach der ersten Gründung.
Die romanische Kirche erfuhr ebenfalls bauliche Veränderungen, die in wesentlichen Teilen
in das 14. Jahrhundert zurückgehen. So wurden beispielsweise der romanische Chor und die
Apsis des südlichen Seitenschiffes durch eine hochgotische Anlage ersetzt, weitere Umbauten
betrafen die Außenwände der Seitenschiffe, die Apsis des nördlichen Seitenschiffes sowie die
Westfront.
Ein zur Kirche gehöriger Friedhof ist spätestens durch die Stadtansicht von Detmar Mulher
aus dem Jahr 1611 bekannt. Sie zeigt nur das südlich der Kirche gelegene Bestattungsareal,
während ein Belegungsplan von 1794 die Grabstellen des 18. Jahrhunderts rund um die
Kirche mit Friedhofsmauern und Wegeführungen erfasst. Viele Namen der dort bezeichneten
Grabstellen gehören bekannten Familien der Mariengemeinde. Sie stellten Ratsmitglieder und
zählten zum Kaufmanns- oder gehobenen Handwerkerstand. Genannt seien hier die Namen
Overbeck, Bürgermeister Brügmann, Berswordt, Küpfer, Wenker auf dem Markt und die
Wirts- und Brauerfamilie der Krone am Markt. Nach dem napoleonischen Dekret Anfang des
19. Jahrhunderts wurde der Friedhof geschlossen, aber nie überbaut, lediglich im Süden und
Osten erfolgten in den 60er Jahren Zerstörungen durch die Errichtung eines unterkellerten
Gemeindehauses mit Anbindung an das Kirchengebäude und am Nordrand die Einbringung
von Versorgungsleitungen in der Straßentrasse des Hellweg.
Die Kirche St. Marien ist als Baudenkmal in die Denkmalliste der Stadt Dortmund
eingetragen. Zusätzlich ist jetzt beabsichtig, die Flächen des Kircheninneren und den
Marienfriedhof als Bodendenkmal nach dem Denkmalschutzgesetz NRW zu schützen. Es ist
mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass sich im Innern der
Kirche Reste weiterer Kirchenbauten und Bestattungen sowie in den nicht überbauten Flächen
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des Friedhofes eine dichte Belegung mit mittelalterlichen und neuzeitlichen Gräbern erhalten
hat.
Das Bodendenkmal stellt ein bedeutendes Zeugnis für die Geschichte des Menschen in der
Region dar. Seine Eintragung als Denkmal soll aus wissenschaftlichen Gründen erfolgen, da
es sich um eine für die historische Forschung wichtige Urkunde handelt.
2.3 Baudenkmal Hoher Wall 9 – 11, In-West, ehemaliges Postscheckamt
Zwischen 1951 bis 1953 wurde das ehemalige Postscheckamt, das aus einem 8-geschossigen
Baukörper quer zur Straße Hoher Wall, einem 5-geschossigen Bauteil parallel zum Hohen
Wall und zwei an der Rückseite anschließenden 3- und 4-geschossigen Baukörpern besteht,
gebaut. Der rückwärtige Hof wird von einer geschwungenen Mauer abgeschlossen. Auf der
Frei- und Grünfläche vor dem Gebäude parallel zur Straße Hoher Wall befindet sich ein 1955
errichtetes Brunnenbecken mit Pferdeskulpturen.
Bereits 1921 wurde in Dortmund ein erstes Postscheckamt eingerichtet, das für die Gebiete
Dortmund und Münster (ohne Minden) zuständig war. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde
das Postscheckamt ungefähr an der Stelle der kriegszerstörten Ober-Realschule errichtet. An
dieser Stelle bestand bereits vor dem Zweiten Weltkrieg eine platzartige Erweiterung des
Walls mit Grünanlagen, die sich parallel zum Wall Richtung Osten ausstreckte und vom
Schauspielhaus abgeschlossen wurde. In dem Umlegungsplan der Dortmunder Innenstadt
nach dem Zweiten Weltkrieg ist dies - wenn auch in Reduzierung auf den Bereich des
Postscheckamtes und der Thierbrauerei - eine seltene Übernahme der Vorkriegssituation. Der
Bereich am Hohen Wall wurde nach der Kriegszerstörung sehr schnell wiederaufgebaut. In
unmittelbarer Nachbarschaft zum Postscheckamt entstand wenig später das
Verwaltungsgebäude der Thierbrauerei und gegenüber die Landeszentralbank.
Die Oberpostdirektion Dortmund als Bauherr beauftragte den Postbaurat Schineis von der
Oberpostdirektion Dortmund mit der Planung. Am 18.4.1951 wurden die Baupläne
eingereicht und die Grundsteinlegung fand im Juli 1951 statt. Die Gebrauchsabnahme erfolgte
am 12.4.1953 sowie die Betriebsaufnahme am 13.4.1953.
Der 8-geschossige Hauptbaukörper im rechten Winkel zum Wall wurde als Stahlskelettbau
errichtet. Er wurde als letzter Teil der Gesamtanlage innerhalb weniger Wochen aufgebaut
und mit Backstein verkleidet. Ebenso wie der Hauptbaukörper sind der 5-geschossige Bauteil
parallel zum Wall und die dazu quer gestellten Baukörper auf der Rückseite nach Norden mit
flach geneigten Satteldächern überfangen.
Trotz des Konstruktionsunterschiedes der Bauteile wurde durch die Verkleidung mit einem
lebhaften roten Handstrichziegel und die sich wiederholende Dachform ein einheitliches
Erscheinungsbild erzielt. Ebenso tragen die außenbündig in die Fassade eingelassenen Fenster
mit weißen Rahmen zu einem homogenen Gesamteindruck bei und geben diesem frühen
1950erJahre-Bau eine moderne, sehr sachliche Gestaltung. Lediglich das leicht profilierte
Natursteingesims verweist auf traditionalistischere Tendenzen und lässt Rückschlüsse auf die
frühe Entstehungszeit zu.
Die zwei Pferde darstellende Skulptur aus Granit mit den Maßen 2,5 x 4 x 2 m wurde 1955
nach Entwurf und Ausführung durch den Künstler Willy Meller in einem Brunnenbecken mit
kleiner Fontäne aufgestellt. Auftraggeber war die Bundespost. Die Skulptur besteht aus fünf
Granitblöcken. Die parallel zueinander, leicht versetzt stehenden Pferde sind
zusammenhängend gearbeitet.
Das ehem. Postscheckamt ist durch seine Gestaltung ein Vertreter der modernen, sachlichen
Architektur der 1950er Jahre und ist ein seltenes Beispiel innerhalb der Dortmunder
Innenstadt für die Wiederaufnahme der städtebaulichen Vorkriegssituation.
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Das Gebäude zeigt für einen frühen 1950er-Jahre-Bau eine sehr moderne und sachliche
Gestaltung der Fassaden, die auf die sonst üblichen traditionalistischen Tendenzen fast
vollständig verzichtet. Das Objekt wurde in die Publikation „Bauten in Westfalen 1945-1957"
(Nr. 145-146) aufgenommen, was erkennen lässt, dass dem Gebäude bereits von
zeitgenössischen Fachleuten eine architektonische Qualität zuerkannt wurde. Reine
Stahlskelettbauten, wie beim Hauptbaukörper des Postscheckamtes als Hochhaus, sind in
Deutschland im Verwaltungsbau dieser Zeit selten. Die Vorteile der Stahlskelettbauweise
liegen in der kurzen Bauzeit, dem geringen Eigengewicht, das große Geschosszahlen
ermöglicht, und den weitgespannten Geschossdecken über stützenfreien Räumen, die für die
Nutzung als Postscheckamt (Buchungssaal, Schalterhalle, Großraumbüros und Lagerräume)
günstig waren.
Das Dortmunder Postscheckamt ist zudem ein Zeugnis der Geschichte des Postscheckwesens.
Nach den ersten Einrichtungen von Postscheckämtern im Rahmen der Eröffnung des
Postscheckverkehrs 1909 wurde das Dortmunder Postscheckamt 1921 vor dem Hintergrund
der Ausweitung des Postscheckverkehrs eröffnet. Mit dem Postscheckverkehr wurde erstmals
flächendeckend ein bargeldloser Zahlungsverkehr eingeführt. Das Dortmunder Postscheckamt
war mit den Bereichen Dortmund und Münster (mit Ausnahme des Bereichs Minden) für
ganz Westfalen zuständig.
Der Eigentümer des Gebäudekomplexes hat einen Antrag auf Eintragung in die Denkmalliste
bei der Stadt Dortmund gestellt.
2.4 Baudenkmal Königswall 29, In-West, Verwaltungsgebäude der Emschergenossenschaft
Am 30. Juni 1922 wurden die Bauzeichnungen zusammen mit einer Baubeschreibung für den
Neubau „eines Bürohauses für die Emschergenossenschaft“ bei der Stadt Dortmund
eingereicht. Gefertigt hatte sie der bekannte Essener Architekt Prof. Alfred Fischer. Am 8.
November 1922 erhielt die Emschergenossenschaft den Bauschein. Bereits am 16. Februar
1923 erfolgte die Rohbauabnahme. Das Gebäude mit einer fünfgeschossigen,
backsteinsichtigen Straßenfassade und einem steilen Satteldach, das expressive
Architekturelemente besitzt, wurde im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt und in den
Folgejahren in mehreren Etappen wieder aufgebaut, wobei man sich sehr eng an die Pläne
von Fischer hielt. Besonders auffällig für den Betrachter ist der in der Mittelachse liegende
Hauszugang, der von einer Reliefplastik, Poseidon mit dem Dreizack darstellend, bekrönt
wird. Insbesondere hier lassen sich die expressiven Züge nachvollziehen.
Das Gebäude der Emschergenossenschaft dokumentiert in besonderer Weise zusammen mit
dem direkt benachbarten Verwaltungsgebäude der AOK (Königswall 25 - 27, Architeken:
Flerus und Konert) die städtebauliche Entwicklung Dortmunds in den 1920er und darüber
hinaus in den 1950er Jahren.
Die besondere städtebauliche Anlage, die durch die geschwungene Fassade des
Emschergenossenschaftsgebäudes im Zusammenspiel mit dem benachbarten AOK-Gebäudes
entsteht, geht auf städtebauliche Planungen der 1910er und 1920er Jahre zurück und spiegelt
die Bemühungen der Stadtverwaltung wider, Dortmund zu einer modernen Großstadt
umzubauen. Der Fassadenschwung der beiden Verwaltungsgebäude am Königswall schafft in
diesem Bereich ein geschlossenes, qualitätvolles Stadtbild. Bemerkenswert ist auch, dass
dieser Bereich trotz der sehr fortschrittlichen Wiederaufbauplanungen in der Dortmunder
Innenstadt nach dem 2. Weltkrieg nahezu unverändert bestehen blieb. Durch den Abriss der
Vorkriegsbebauung im Bereich der ehem. Lindenstraße und des ehem. Königswall entstand
nach dem 2. Weltkrieg eine völlig neue Quartiersstruktur, die jedoch die Lage des AOK-
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Gebäudes und der Emschergenossenschaft städtebaulich aufwertete und einen Hinweis darauf
gibt, dass die Planung der 1920er Jahre auch im Wiederaufbau geschätzt wurde. Die
Beibehaltung des Schwungs der Gebäudefassaden und die Umbenennung der
Schmiedingstraße in Königswall könnte als formaler Bezug der Wiederaufbauplanung auf die
mittelalterliche Wallanlage der Stadt gedeutet werden.
2.5 Baudenkmal Lindemannstraße 18, In-West, Wohnhaus
Der Architekt Wilhelm van Koten erwarb von der Stadt Dortmund mehrere Flurstücke an der
Lindemannstraße, um sie in der Folgezeit mit Einfamilienhäusern nach eigenen Entwürfen zu
bebauen. Als Bauherr trat der Architekt ebenfalls auf. Nach Fertigstellung der Häuser wurden
diese dann veräußert. Sowohl in der Ausstattung als auch in der Grundrissaufteilung besitzen
die Gebäude starke Übereinstimmungen.
In die Denkmalliste der Stadt Dortmund sind die Gebäude Lindemannstraße 20, 22, 24, 28, 30
und 32 eingetragen. Das Haus Nr. 26 ist wegen des Veränderungsgrades hiervon
ausgenommen.
Van Koten reichte am 1. Oktober 1903 die Unterlagen für den Bau eines Wohnhauses in der
Lindemannstraße 18 bei der Stadt Dortmund ein. Geplant war ein zweigeschossiges
Wohnhaus mit Keller und ausgebautem Dachgeschoss. Die Reihenhausbebauung an der
Lindemannstraße stellt eine städtebauliche Besonderheit dar. Die umliegende Bebauung an
dieser wichtigen Verkehrsachse wurde als drei- bis viergeschossige, geschlossene
Blockrandbebauung errichtet. Zeitlich entstanden diese Mietshäuser mit teilweiser
Geschäftsunterlagerung nach den kleinen Einfamilienhäusern. Mehrheitlich wurden sie um
1910 in der Formensprache der sogenannten Reformarchitektur gebaut. Dennoch wirken die
Einfamilienhäuser nicht wie ein Fremdkörper, sondern stellen eine abwechslungsreiche
Spielform im großzügigen Straßenbild dar. Dies wird zudem durch die Anlage der kleinen
Vorgärten unterstützt.
Obwohl der Architekt die Häuser nahezu typenhaft im Grundriss konzipierte, gab er den
Häusern an der Straßenfassade ein abwechslungsreiches, individuelles Gepräge. Das
Typenhafte fand auch im Innern der Häuser seinen Niederschlag. Die Verwendung
bestimmter Materialien und ihrer gestalterischen Ausprägung wiederholt sich in den
Innenräumen. Vermutlich wurden hierfür auch dieselben Handwerker beschäftigt.
Der Eigentümer des Wohnhauses hat einen Antrag auf Eintragung in die Denkmalliste bei der
Stadt Dortmund gestellt.
2.6 Baudenkmal Marienkirchhof 1, In-West, Evangelisches Gemeindehaus
Nach den starken Kriegszerstörungen begannen im August 1948 die Instandsetzungs/Wiederaufbauarbeiten der Marienkirche unter der Leitung des Architekten Hermann
Kessemeier. Am 2. Juni 1957 fand die Wiedereinweihung der Kirche statt. Frühzeitig setzte
sich die Gemeinde auch mit dem Gedanken zum Bau eines Gemeindehauses auseinander und
verband dies mit der Idee, das Gemeindhaus mit einem Geschäftshaus zu kombinieren. Mit
der Planung dafür wurde ebenfalls der Architekt Kessemeier beauftragt. Die
Planungsüberlegungen wurden begleitet von intensiven Gesprächen mit der
Planungsverwaltung und dem Landeskonservator. Am 29. Januar 1960 reichte der Pfarrer
Lorenz im Auftrage des Presbyteriums der Kirchengemeinde einen Bauantrag zu Bau eines
Gemeindehauses mit Geschäftsunterlagerung und vier Wohnungen ein. Am 7. Februar 1963
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wurde die Gebrauchsabnahme des L-förmigen Baukörpers durchgeführt, der südöstlich an die
Kirche und nach Süden einen dreigeschossigen, mit Naturstein verkleideten Baukörper
ausbildet.
Mit der weitreichenden Zerstörung der Dortmunder City im Zweiten Weltkrieg entschlossen
sich die Verantwortlichen der Stadt zu einer Neuordnung der Innenstadt.
Bis zum Zweiten Weltkrieg war die Marienkirche dicht, insbesondere im Chorbereich, von
einer Bebauung umschlossen. Freigehalten davon war lediglich der sich ehemals südlich der
Kirche erstreckende hochmittelalterliche Friedhof. Mit der Neuordnung des Citybereiches
entsprach Dortmund dem städtebaulichen Leitbild der 50er Jahre nach einer gegliederten und
aufgelockerten sowie autogerechten Stadt. Dabei entwickelte sich die Kleppingstraße von
einer schmalen, verwundenen Gasse zu einer breiten Magistrale als neue Nord-Südachse in
der Innenstadt. Die hochgotischen Choranlagen von St. Reinoldi und St. Marien besaßen mit
der Freistellung ein anderes Gewicht im öffentlichen Straßenraum und auch im öffentlichen
Bewusstsein.
In der Baubeschreibung zu seinem zweiten, deutlich von der ersten Planung abweichenden
Entwurf (1960) äußerte sich der Architekt Kessemeier zur städtebaulichen Bedeutung:
„Das dreigeschossige Hauptgebäude grenzt an seiner Südseite unmittelbar an den
vorgesehenen Parkplatz und an die geplante Nachbarbebauung. Der Marienkirchplatz ist als
Einstellfläche für den Zubringerverkehr vom Schuhhof her vorgesehen, soll im Übrigen aber
eine Verbindung zwischen dem alten Markt und der Kleppingstraße und ein ruhiger Platz zum
Verweilen sein.“ In der architektonischen Durchbildung seines L-förmigen Bauköpers
berücksichtigte er diesen Anspruch. Sein Verbindungsbau von der Sakristei zum 3geschossigen Hauptbau wird optisch als eine Art Brückenelement wahrgenommen. Mit der
gefundenen Form für das Gemeindehaus erfüllte Kessemeier zugleich die Forderungen nach:
 Durchlässigkeit vom Markt über den Marienkirchhof zur Kleppingstraße,
 bei gleichzeitigem Schaffen eines Riegels zur Platzabgrenzung,
 Schaffung eines ruhigen Platzes zum Verweilen, ohne dabei den Zubringerverkehr
auszuschließen,
 die gute Einsehbarkeit der Marienkirche von der Kleppingstraße.
In Würdigung der Zusammenführung von öffentlichen, gemeindlichen und privaten Belangen
entwickelte der Architekt Kessemeier eine gelungene städtebauliche Lösung, bei der die
gewünschten städtebaulichen Ziele der Stadt Dortmund Berücksichtigung fanden. Es entstand
eine kleine, scheinbar in sich geschlossene und doch nach mehreren Seiten offene Platzanlage
auf dem geschichtsträchtigen Boden eines hochmittelalterlichen Friedhofes. Für den Bau des
Gemeindehauses nutzte er eine angemessene, konsequente und zeittypische
Architektursprache.
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