Projekt 05 Effizienz in Silbergrau Hauptzentrale der KfW in Frankfurt Nicht spektakulär, sondern ökologisch vernünftig kommt die komplett modernisierte Zentrale der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) in Frankfurts Westend daher. Das Ensemble aus vier Türmen erhielt ein neues, dezent graues Kleid. Material und Struktur des Fassadengewandes sollen höchsten Ansprüchen an Energieeffizienz und Nutzerkomfort gerecht werden. 01 02 34 Metamorphose 03/07 Bürotürme Autor Ursula Kleefisch-Jobst 01+ 02 Bei der Modernisierung blieb nur der Rohbau bestehen: Die Fassaden wurden erneuert und mit beweglichen Glas-Streckmetall-Elementen als Sonnenschutz ausgestattet. 03 Die Pfosten-Riegel-Fassade ragt jeweils nach oben über die Baukörper hinaus und schafft windgeschützte Dachterrassen, die als Mitarbeiter- und Raucherbereiche sowie als Austritt aus dem so genannten „Kaminzimmer“ des Vorstandes dienen. Frankfurts erste Hochhausgenerationen sind in die Jahre gekommen. Die vier Türme der KfW, jeweils um die Tiefe einer Bürozelle gegeneinander verschoben und in ihren Höhen gestaffelt, gehören der zweiten Generation von Frankfurts Hochhäusern an. Das Ensemble am Palmengarten entstand zwischen 1964 und 1968. Mit einer maximalen Höhe von circa 62 Metern war es auch zu seiner Zeit kein besonders hohes Gebäude mehr in der Stadt. Charakteristisch für diese Hochhausgeneration ist jedoch der annähernd quadratische Grundriss der Türme mit einem zentralen Erschließungskern. Diese Disposition ermöglicht eine flexible Nutzung mit unterschiedlichen Bürostrukturen. Das ursprüngliche Erscheinungsbild der Türme wurde geprägt durch schmale Balkone und deren filigrane Brüstungen. Im Schatten der Balkone reihten sich über einer hohen Brüstung Senkklappfenster aneinander. In die Jahre gekommen, entsprachen – wie viele der Hochhäuser der ersten Generationen – auch die Türme der KfW-Zentrale weder den heutigen Brandschutzvorschriften noch den Möglichkeiten, Energie zu sparen, und schon lange nicht mehr dem geänderten Selbstbewusstsein der Nutzer. So entschied sich auch die KfW für eine Modernisierung, bei der nur noch das tragende Skelett des Ursprungsbaus erhalten blieb. Den Auftrag erhielt 2002 das Düsseldorfer Architekturbüro Rhode Kellermann Wawrowsky. Auch den beschränkten Wettbewerb für die Innengestaltung konnte die Innenarchitekturabteilung von RKW für sich entscheiden, so dass ein stimmiges Gesamtkonzept verfolgt werden konnte. Auf dem Weg zum intelligenten Hochhaus Die Möglichkeiten, den Gebäudekomplex zu erweitern, waren äußerst eingeschränkt. Auf der Nordseite befindet sich alter Baumbestand, der einen sanften Übergang zum angrenzenden Palmengarten schafft. An der Südseite schließt ein Arkadenbau aus den 80er Jahren, ebenfalls im Besitz der KfW, unmittelbar an das Turmensemble an. Erweiterungsmöglichkeiten ergaben sich somit im wesentlichen nur auf der Westseite, wo bis vor kurzem noch die Deutsche Bibliothek gestanden hat. Hier wurde den beiden südlichen Türmen eine Veranstaltungs- und Ausstellungshalle vorgelagert. Der dritte Turm erhielt eine Erweiterung um einen zweigeschossigen Konferenzraum. Lediglich den niedrigsten der Türme – er zeigt nach Norden zum Palmengarten – stockte man um drei Vollgeschosse auf, um dort die Vorstandsetagen einzurichten. Die Aufstockung schafft eine abwechslungsreichere Silhouette als die des Ursprungsensembles, das sich ab dem zweiten Turm linear abtreppte. Die Überhöhung des Ensembles mit einer transparenten Fassadenkrone trägt zu einer optischen Verschlankung bei. Die ursprünglichen Balkone an den Türmen wurden entfernt, um das Tageslicht effizienter zu nutzen. Übrig blieb nur noch die tragende Rohbaustruktur, die mit einem Netz aus Fassadenelementen von 1,25 Metern Breite und vier Metern Höhe überzogen wurde. Vor der Fassade, im Bereich der Brüstungen, sind innovative Sonnenschutzschilder geparkt, die aus einer Kombination aus Glas-Streckmetall-Glas bestehen. Diese Elemente lassen sich in der Vertikalen auf- und abfahren und sind gleichzeitig auch klappbar. Der Sonnenschutz kann sowohl zentral wie auch individuell von den Nutzern gesteuert werden. Das Streckmetall lässt Tageslicht durch und ermöglicht ferner eine schemenhafte Wahrnehmung der Außenwelt. Dieser Sonnenschutzschild verhindert nicht nur eine Aufheizung des Gebäudes, sondern trägt wesentlich zur Belebung der Fassaden bei. Die bündige Fassadenhaut mit ihrem, wenn auch durch den wechselnden Lichteinfall leicht changierenden, Grauton wirkt von der Ferne etwas monoton. Erst beim Nähertreten beleben sich die Fassaden durch die Sonnenschutzelemente. > 03 www.meta-mag.de Bürotürme Metamorphose 03/07 35 Projekt 05 GR 3 OG_1000.eps 04 10 1 Haupteingang mit Foyer und Palmengarten 2 Lobby mit Sitzgruppen 3 kleine Konferenzräume 4 großer Konferenzraum 5 Ausstellungshalle 61Haupteingang Südarkade mit Foyer und 7Palmengarten Direktoren mit Sitzgruppen 82Lobby Vorstände 93kleine KücheKonferenzräume und Speisezimmer 4 großer Konferenzraum 10 Kaminzimmer 5 Ausstellungshalle 11 Beginn Aufstockung 6 Südarkade 7 Direktoren 8 Vorstände 9 Küche und Speisezimmer 10 Kaminzimmer 11 Beginn Aufstockung 3. Obergeschoss M 1:1000 Neubau Altbau engarten 9 9 11 8 8 8 7 7 4 7 6 5 3 2 2 1 Erdgeschoss M 1:1000 36 Metamorphose 03/07 Bürotürme GR EG_1000.eps 7 7 1 Vertikalschnitt M 1:500 04 Das „Wandarbeit Alu“ benannte Werk des Künstlers Thomas Bayrle prägt Innere Qualitäten Kommt das Gebäudeensemble außen eher unscheinbar daher, so entwickelt sich im Inneren eine zurückhaltende Eleganz. Auch hier dominieren graue Farbtöne, gepaart mit dem warmen Braun des Spitzahorns an den Wänden. Der Hauptzugang erfolgt über die vorgebaute zweigeschossige Eingangshalle an der Ostseite. Hier fällt dem Besucher eine große Wandarbeit aus Aluminium von textiler Anmutung ins Auge, ein Werk von Thomas Bayrle. Diese Arbeit befindet sich am zentralen Erschließungskern für das gesamte Ensemble und hat ein Pendant im Ausstellungsbereich auf der Westseite. Seitlich des Erschließungskerns verlaufen schmale Korridore über die ganze Länge des Gebäudes. Diese Blickachsen, die auch in den Büroetagen konsequent durchgehalten sind, erleichtern die Orientierung beträchtlich. Die Lobbyzonen sind mit minimalistisch gestalteten Sitzmöbeln ausgestattet. Den großen Konferenzraum beherrscht ein ovaler Tisch – eine Aluminiumkonstruktion, mit hellgrauem Leder überzogen – der zusammen mit dem ovalen Leuchter in dem rechteckigen Raum eine skulpturale Wirkung entfaltet. Die Dächer der beiden äußeren Türme sind begrünt und dienen als Dachterrassen mit einem herrlichen Blick in den Palmengarten und einer ungewöhnlichen Aussicht auf die Hochhaustürme der Stadt. Die Dachbegrünung gehört ebenso wie die Fassadenhaut zu einer Vielzahl von Maßnahmen, die zu einer Primärenergieeinsparung von circa 46 Prozent führen sollen (siehe Seite 39). Ein Erfolg, der den Begriff vom „intelligenten Hochhaus“ nicht zu einem Schlagwort verkommen lässt und zeigt, dass Modernisierungen der ersten Hochhausgenerationen mehr bedeuten als nur ein neues maßgeschneidertes Gewand. die Empfangshalle, in die der Besucher über den zentralen Eingang auf der Ostseite des Gebäudes gelangt. 05 Die mit Kunst geschmückte Lobby dient nicht nur als Wartebereich, sondern lässt sich auch für Mitarbei­ terversammlungen, Vorträge, Presse­ konferenzen oder Gästebewirtungen nutzen. 05 www.meta-mag.de Bürotürme Metamorphose 03/07 37 Projekt kWh / (m2 NGF a) 05 250 Zuluft Kunstlicht 225 Diverse Technik 200 Heizwärme Kälte Luftförderung Blendschutz Kälte 175 Wärme Warmwasser 134 Zuluft 150 Sonnenschutz125 100 35 Kälte „Schild“ Blendschutz Durchblick Wärme 65 75 Zuluft 28 50 Sonnenschutz- 34 29 4 25 18 14 5 0 Bestand (Schätzung) Primärenergiebedarf 06 „Schild“ Kälte 6 3 Blendschutz Wärme Ausblick Prognose (Stand 2006) Systemschnitt 06 Die Steuerung der Sonnenschutz schilder erfolgt über eine zentrale LON-Bus-Technik, kann aber auch individuell geregelt werden. 07 Vierzig Jahre der Nutzung hinterlassen ihre Spuren: das Gebäude vor der Sanierung. 38 Metamorphose 03/07 Bürotürme Der Altbau war schon vor der Sanierung ein Hochhaus mit relativ geringem Heizenergiebedarf. Ab Mitte der 90er Jahre übernahm ein Blockheizkraftwerk die Wärmeversorgung der KfW-Liegenschaften. Die Abwärme dieser Anlage wird nun von Absorptionskältemaschinen zur Erzeugung von kühler Luft genutzt, zusätzlich sorgen Kompressionskältemaschinen für die Abdeckung der Spitzenkühllast in dem vor der Sanierung nur in wenigen Teilbereichen klimatisierten Gebäude. In einigen Bereichen musste die aus Architekten, Maschinenbauern und Physikern zusammengesetzte Ingenieurpartnerschaft ip5 bei ihrem Energiekonzept Kompromisse eingehen: Ein Altbau lässt schließlich nicht alles mit sich machen. Ein gravierendes Hindernis stellte die Konstruktion der Betondecke dar, die eigentlich freigelegt werden sollte, um als Speichermasse für die Nachtauskühlung der Räume zu dienen. Statisch unverzichtbare Unterzüge sowie der hohe Trittschallpegel, verursacht durch die relativ dünne Ausführung der Rohdecke, machten eine Deckenverkleidung unverzichtbar und sorgten dafür, dass die Raumtemperierung nun doch von abgehängten Kühldecken übernommen wird. Ein wichtiges Instrument, um die Kühllasten möglichst gering zu halten, ist die individuell regelbare Fassade mit ihren Sonnenschutzschilden, die die Architekten zusammen mit den Ingenieuren von ip5 entwickelt haben. In den Bürogeschossen hätte eine energieeffiziente Zu- und Abluftanlage aufgrund der niedrigen Deckenhöhen und der zahlreichen Unterzüge nicht verwirklicht werden können, ohne den tragenden Bauteilen zu schaden. Außer im Foyer, im Konferenzsaal und in den Vorstandsbereichen beschränkte man sich deshalb auf ein reines Abluftsystem, bei dem die Zuluft durch einen motorisch gesteuerten Zuluftspalt, der im Oberlichtbereich der Fassade angeordnet ist, in den Raum gezogen wird. Andernorts kam das Gebäude den Energieplanern bei der Suche nach energieeffizienten Lösungen jedoch entgegen: So zwang der Altbau mit seinen circa ein Meter hohen, tragenden Brüstungen dazu, kleine Fensterformate zu wählen, was energetisch und thermisch für optimale Bedingungen sorgt, da eine sommerliche Überhitzung durch zu große Glasflächen vermieden wird. Der Tageslichteinfall leidet – entgegen nahe liegender Befürchtungen – bei einer solchen Fensterproportionierung übrigens kaum: Alle Öffnungen, die sich unterhalb der Schreibtischhöhe befinden, tragen nicht wesentlich zur Tageslichtversorgung der Räume bei, erklärt Klaus Rohlffs von ip5. Da sich bei der primärenergetischen Analyse des Altbaus die Beleuchtung als die größte „Energieschleuder“ im Bereich der Gebäudetechnik herausstellte, sind die Nutzung von Tageslicht und eine dem Bedarf angepasste künstliche Beleuchtung von großer Bedeutung für den Energieverbrauch. Die Lösung der Energieplaner bestand in einer situationsangepassten Regelung: Ein intelligentes System mit Präsenzmelder und Tageslichtsensor „beobachtet“, ob die Mitarbeiter anwesend sind und ergänzt das einfallende Tageslicht an den Arbeitsplätzen bei Bedarf auf die vom Nutzer gewünschte Beleuchtungsstärke. Technik Energiekonzept Autor Claudia Hildner 07 Projekt Fassadenplanung Haupthaus der KfW Bankengruppe, Frankfurt a. M. FBM Erich Mosbacher, Friedrichshafen www.mosbacher-plan.de Bauherr Sonnenglasschildentwicklung KfW Bankengruppe INGLAS GmbH & Co. KG, Friedrichshafen www.inglas.de Generalplanung Architektur RKW Rhode Kellermann Wawrowsky www.rkw-as.de Fassadenarbeit Projektsteuerung Firma Dobler, Norderstedt www.dobler-metallbau.com WBM Weber Baumanagement GmbH, Mainz www.wbm-weber.de Produkte Architekturkoordination Aktive Kühldecken Architekten Theiss Planungsgesellschaft mbH www.architekten-theiss.de Energiekonzept IP 5 Ingenieurpartnerschaft, Karlsruhe www.ip5.de Barcol Air, Reichenbach www.barcol-air.nl in Zusammenarbeit mit Schmid Innenausbau, Simmerberg/Allgäu www.schmidgmbh.de Tragwerksplanung BGS Ingenieursozietät, Frankfurt a. M. www.bgs-ing.de www.meta-mag.de Bürotürme Metamorphose 03/07 39