Wettbewerb BG/BRG Sillgasse, Innsbruck Kennzahl: 504418

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Wettbewerb BG/BRG Sillgasse, Innsbruck
Kennzahl: 504418
Städtebau, Gestalt und Prägung
Man kann die Gebäudeform des neuen Gymnasiums an der Sillgasse als Solitär bezeichnen. Das
Kreissegment löst sich signifikant von den angrenzenden Bauten ab, um seine Singulär-Stellung zu
betonen. Es gibt zwei Seiten. Die äußere konvexe Seite der Schale tritt optisch nach vorn, mit steter
Selbstbehauptung; sie fordert auf, dort an den wenigen Stellen der Spalten und Lücken und des
Rückeingangs Schutz zu suchen. Die innere Schale hingegen weicht zurück, umschließt den Raum,
umschmeichelt die Apsis des Konservatoriums, lädt ein, betont mit kongenialem Habitus die Idee vom Kreis,
bietet Raum für eine zum Platz sich dehnende Passage vor dem neuen Haupteingang der Schule. Durch
das Abrücken von den Bestandsbauten der Blockrandbebauung ergeben sich unerwartete Einblicke zum
Innenhof. Es finden sich Durchwege, Zugänge, Abkürzungen, Umwegungen entlang des
Gebäudeschwunges; diese stellen Verknüpfungen mit den unterschiedlichen hochwertigen Bereichen und
markanten Gebäuden der Umgebung her. Die Korrespondenz mit dem Museum, der Musikakademie, dem
Kindergarten, vor allem mit dem Akademischen Gymnasium ist gleichermaßen attraktiv und interessant in
der einen Richtung wie entgegengesetzt die Erreichbarkeit aus allen denkbaren Richtungen der Stadt zum
ruhigen, geschützten Innenhof vor dem Haupteingang des neuen Gymnasiums.
Die neue Adresse der Schule ist geprägt durch ein introvertiertes Vorfeld, beherrscht von Ruhe und
Erhabenheit der geschlossenen Apsis des Konservatoriums und, ihr gegenüber, völlig gegensätzlich, die
zum Außenraum durch Glasflächen abgetrennten Lern- und Aufenthaltsbereiche der Schule, die sich im
Platzbereich fortzusetzen scheinen und von der Noblesse des Point de vue profitieren.
Im Erdgeschoss dehnt sich optisch der Schulvorhof in die Veranstaltungsbereiche des Mehrzweckraumes
aus. Übergänge von Außenraum und Innenraum sind fließend.
Hier bietet auch das Gebäude wichtige Kulminationspunkte und großzügige Sichtbezüge über eine offene
Geschoßverbindung zur Galerie des Lehrerzimmers und prägt somit auf beeindruckende Weise das Entré
der Schule. Es drückt dem Gebäude den Stempel auf, eines lichtdurchfluteten, durchlässigen, modernen
Gebäudes, welches in gebauter Form im übertragenen Sinne die abstrakten pädagogischen Konzepte
ermöglicht und in konkrete Bildhaftigkeit übersetzt.
So ist es selbstverständlich, dass im Eingangsgeschoss durch die großzügig durch Glasflächen unterteilten
Bereiche der Bibliothek, des Bewegungsraumes, mit den zugehörigen Speiseräumen als Bereiche der
Nachmittagsbetreuung, sowie des Mehrzweckraumes mit zuschaltbaren Musikräumen für Veranstaltungen
und Feste der Schule die Identität und das Image der Schule bestimmt wird. Dieser erste positive Eindruck
setzt sich in den drei oberen Ebenen des Gebäudes fort.
Hier wird die Tragfähigkeit der Idee von der konvex/konkaven Gebäudefigur für das pädagogische Konzept
der Clusterbildung in seiner Reinform dargestellt. Die Stammklassen umhüllen die offenen, ineinander
fließenden freien Lernbereiche und Pausenflächen, die den Klassen vorgelagert sind und sich dem ruhigen
Innenhof und dem schönen Ausblick zuwenden.
Die geometrisch ruhige Grundform der Schule findet sich wieder in der Dachterrasse als große
zusammenhängende, hochgelegene Pausenfläche. Über den Dächern von Innsbruck schweift der Blick vom
Schulhof auf das grandiose Bergpanorama ringsumher.
Innerstädtische Flächenkonzentration auf knapp bemessenem Grund führt dazu, dass mit der Dachterrasse
eine Schule auf acht Ebenen entsteht, die intensiv bespielt werden. Zwei Geschosse liegen unter Erdgleiche
und nehmen die hohen Turnsäle mit Umkleiden und Lüftungstechnikflächen auf, sowie die Werkräume, die
unter Ausnutzung des leichten Gefälles an einer abgesenkten, ruhigen Gartenfläche gelegen sind und
Tageslicht erhalten. So entsteht eine kompakte Kubatur, die sich mühelos in den städtebaulichen Kontext
einfügt.
Zugunsten der homogenen, konsequent ausgeprägten und wirtschaftlichen Baustruktur ist auf
Bestandserhaltung verzichtet worden.
Konstruktionsbeschreibung
Das Schulgebäude wird als Stahlbetonskelettbau geplant. Die Vertikallasten werden in den Obergeschossen
über bis 38 cm starke, punktgestützte Platten aufgenommen und im Wesentlichen über durchgehende
Stahlbetonstützen und Stahlbetonwände abgetragen. Zur Reduzierung der Eigenlasten der Decken werden
in diese Hohlkörper eingelegt. Die Decken der Untergeschosse sind linienförmig gelagert und ca. 28 cm
stark. Für große stützenfreie Räume im 1. Obergeschoss und Erdgeschoss werden einzelne Stützen mit
Überzügen und Wandscheiben abgefangen.
Die Aufnahme der Wind- und Stabilisierungslasten erfolgt über die Deckenscheiben sowie die
aussteifenden Wände und Kerne.
Die beiden Untergeschosse bilden einen steifen Kellerkasten, bestehend aus 30 bis 50 cm starken
Kelleraußenwänden und einer ca. 100 cm starken Stahlbetonsohlplatte. Alle erdberührten Bauteile werden
gegen Bodenfeuchtigkeit und Sickerwasser wasserundurchlässig mit einer zusätzlichen Außenabdichtung
mittels Frischbetonverbundfolie ausgebildet. Die aussteifenden Bauteile der Obergeschosse werden in den
Kellerkasten eingespannt. Ein Teil des Schulgebäudes steht auf den unterirdischen Turnsälen. Zur Aufnahme
und Verteilung der großen Auflasten wird ein ca. 1,50 m hoher Trägerrost mit Spannbetonbalken
angeordnet.
Baugrube
Das Gebäude wurde auf dem Grundstück so platziert, dass mindestens 6 Meter Abstand zwischen der
Verbauwand und den Nachbargebäuden eingehalten werden. Damit sind keine Unterfangungsarbeiten an
den Nachbargebäuden notwendig. Die Baugrubensohle liegt ca. 8 m unter Geländeoberkante und hat
damit einen sicheren Abstand zum Grundwasserhorizont. Für die Verbauwände ist eine Kombination aus
Bohrpfahl- und Trägerbohlwänden geplant. Vor den Nachbargebäuden sollen die verformungsarmen
Bohrpfalwände, an allen anderen Rändern der Baugrube Trägerbohlwände eingesetzt werden. Um geringe
Verformungen zu erhalten, ist geplant, alle Verbauwände unter Berücksichtigung von Leitungen und
vorhandenen Kellern und Fundamenten zweifach zu verankern.
Material
Holz-Aluminium-Pfostenriegelkonstruktionen mit hochwärmegedämmter Dreifach-Verglasung ergeben im
Wechsel mit geschlossenen Brüstungsbändern und Wandscheiben mit sandfarbener Ziegelverblendung die
Außenfassaden.
Estrichböden und Hohlböden werden mit Kautschukbelägen versehen. Eingangshalle und Treppenhäuser
erhalten einen Natursteinbelag.
Die Decken werden überwiegend mit schallabsorbierenden Lochblechkassetten verkleidet. Die inneren
Raumtrennwände sind Metallständerwände mit doppelter Gipsfaserplatten-Beplankung, Eingangselemente
zu den Klassenräumen sind verglast. Flexibilität der Raumaufteilung innerhalb des konstruktiven Rahmens
ist dadurch gewährleistet.
Die Dachfläche ist mit Schaumglas gedämmt und mit Polyfinbahnen gedichtet. Die Dachterrasse wird mit
begehbaren Solar-Thermie-Elementen ausgelegt; damit ist der Heizenergiebedarf der Schule abgedeckt.
Einzelne Photovoltaikschirme demonstrieren darüber hinaus die Vorbildfunktion des energetischen
Gesamtkonzepts, auch im Zusammenhang mit sichtbarer Wärmepumpenanlage im Untergeschoß.
Energiekonzept
Das Ziel des Energiekonzepts ist ein Gebäude das durch seine Nutzung keinen „CO2 Footprint“ hinterlässt
und somit den Schülern die Energiewende als Generationsaufgabe und Weg in eine sichere und
umweltverträgliche Zukunft aufzeigt. Um dies für die Schüler erlebbar zu machen wird die eingesetzte
Technik sichtbar gemacht.
Das Konzept basiert dabei auf 2 Säulen.
Zum einen auf dem effizienten Umgang mit Energie.
Zum anderen auf den Einsatz erneuerbarer Energien.
Energieeffizienz:
Das Gebäude wird über lüftungstechnischen Anlagen mit hocheffizienten
Wärmerückgewinnungssystemen sowie über Flächenheizsystemen erwärmt und kann ggf. in
Teilbereichen auch gekühlt werden.
Ein zentrales Element bilden dabei die Klasseraumlüftungen, die ohne den Einsatz von zusätzlicher
Energie die Unterrichtsräume mit Frischluft versorgen. Dabei wird neben dem Aspekt der Energieeffizienz
auch die Schallproblematik des öffentlichen Verkehrs und die Frischluftbereitstellung über den
Unterrichtszeitraum sichergestellt. Sichtbar gemacht wir dies über eine CO2-Ampel die den Schülern und
Lehrern mit grün gelb und rot den Frischluftanteil visualisiert, sowie die Fensteröffnung ohne energetische
Verluste signalisiert.
Für die Frischluftversorgung der beiden Turnhallen werden ebenfalls lüftungstechnische Anlagen mit
Wärmebereitstellungsgarden von über 90 % eingesetzt, die ohne zusätzliche Energie auskommen. Für die
Grundlasterwärmung und aus Behaglichkeitsaspekten wird eine Fußbodenheizung in den Sporthallen
vorgesehen.
Die Beleuchtung des Gebäudes erfolgt komplett über LED-Technik, die nur einen sehr geringen
Energiebedarf erfordert. Zusätzlich werden die Räume über eine tageslichtabhängige Steuerung nur bei
Bedarf beleuchtet.
Erneuerbare Energien
Die Wärmeerzeugung erfolgt überwiegend über Solarthermie. Diese besteht aus einer Kombination von
Kollektor und Absorberflächen die sichtbar auf dem Dach des Gebäudes angeordnet werden. Da sich dort
auch der Pausenhof befindet wird der Energieertrag für die Schüler über LED-Anzeigen visualisiert.
Bei ausreichendem Energieertrag wird die mittels Solarthermie erzeugte Wärme direkt in die
niedertemperaturigen Flächenheizsysteme eingespeist, im Bedarfsfall erfolgt die Temperaturanhebung
aus den Absorberflächen über eine Wärmepumpe. Die Wärmepumpe wird in einem von außen
einzusehenden Raum aufgestellt und die Erträge über eine LED-Anzeige dargestellt.
Auf dem Dach werden neben der Solarhermie auch Photovoltaikelemente aufgestellt, die analog zur
Solarthermie auch die Erträge direkt für die Schüler sichtbar macht. Im Kellergeschoß werden LithiumIonen Batterien für die Speicherung des erzeugten Solarstroms aufgestellt, die die Effizienz der
Photovoltaik erhöhen. Auch diese werden einsehbar gemacht.
Im Gebäude werden, an exponierten Stellen, Schautafeln aufgestellt, die die Funktionsweise der technischen
Anlagen im Zusammenspiel mit der Nutzung des Gebäudes darstellen und erlebbar machen.
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