Hauptvorlesung Psychiatrie und Psychotherapie 5: Schizophrenie I Professor Dr. Joachim Klosterkötter Hauptvorlesung 4: Organische mentale Störungen Lernziele erreicht? Aufgabe für die Vorlesung am 17.04. 1. Benennen Sie die drei Schweregrade der Bewusstseinstrübung. 2. Welche psychischen Funktionen sind bei Bewusstseinstrübung gestört? 3. Bewusstseinsstörung ist der wichtigste psychopathologische Indikator (Leitsyndrom) für bestimmte Krankheitsbilder: Welche? 4. Was versteht man unter formale Denkstörungen? Seite 2 Psychiatrie und Psychotherapie - Hauptvorlesung SS 14 - 5. Schizophrenie I | Prof. Dr. J. Klosterkötter SCHIZOPHRENIE I Lernziele 1) Diagnostische Kriterien der Schizophrenie nach ICD-10 (WHO) 2) Vorkommen und gesundheitspolitischer Stellenwert 3) Ätiopathogenese: was wissen wir heute über die Entwicklung schizophrener Erkrankungen? Seite 3 Psychiatrie und Psychotherapie - Hauptvorlesung SS 14 - 5. Schizophrenie I | Prof. Dr. J. Klosterkötter Seite 4 Psychiatrie und Psychotherapie - Hauptvorlesung SS 14 - 5. Schizophrenie I | Prof. Dr. J. Klosterkötter Symptome 1. und 2. Ranges der Schizophrenie nach K. SCHNEIDER (bezüglich der Symptome 2. Ranges von G. Huber modifiziert) Seite 5 Abnorme Erlebnisweisen Symptome 1. Ranges Symptome 2. Ranges Akustische Halluzinationen Dialogische Stimmen Kommentierende Stimmen Imperative Stimmen Gedankenlautwerden Sonstige akustische Halluzinationen Leibhalluzinationen Leibliche BeeinflussungsErlebnisse Coenästhesien im eigentlichen Sinne Halluzinationen auf anderen Sinnesgebieten - Optische Halluzinationen Olfaktorische Halluzinationen Gustatorische Halluzinationen Schizophrene Ich-Störungen Gedankeneingebung Gedankenentzug Willensbeeinflussung - Wahn Wahnwahrnehmung Einfache Eigenbeziehung Wahneinfall Psychiatrie und Psychotherapie - Hauptvorlesung SS 14 - 5. Schizophrenie I | Prof. Dr. J. Klosterkötter Diagnostik der Schizophrenie Operationalisierte Klassifikation nach ICD-10 (WHO) Diagnostische Leitlinien der Schizophrenie (nach ICD-10) 1. Gedankenlautwerden, -eingebung, -entzug, -ausbreitung 2. Kontroll- und Beeinflussungswahn, Gefühl des Gemachten bzgl. Körperbewegungen, Gedanken, Tätigkeiten oder Empfindungen, Wahnwahrnehmungen 3. Kommentierende oder dialogische Stimmen 4. Anhaltender, kulturell unangemessener und völlig unrealistischer Wahn 5. 6. 7. 8. Anhaltende Halluzinationen jeder Sinnesmodalität Gedankenabreißen oder -einschiebungen Katatone Symptome Negative Symptome (Apathie, Sprachverarmung, verflachte oder inadäquate Affekte) Dilling H, Mombour W, Schmidt MH (Hrsg.) Internationale Klassifikation psychischer Störungen (ICD-10), WHO, Verlag Hans Huber, 2011 Seite 6 Psychiatrie und Psychotherapie - Hauptvorlesung SS 14 - 5. Schizophrenie I | Prof. Dr. J. Klosterkötter Diagnostik der Schizophrenie Operationalisierte Klassifikation nach ICD-10 (WHO) Diagnostische Leitlinien der Schizophrenie (nach ICD-10) 1. Gedankenlautwerden, -eingebung, -entzug, -ausbreitung 2. Kontroll- und Beeinflussungswahn, Gefühl des Gemachten bzgl. Körperbewegungen, Gedanken, Tätigkeiten oder Empfindungen, Wahnwahrnehmungen 3. Kommentierende oder dialogische Stimmen 4. Anhaltender, kulturell unangemessener und völlig unrealistischer Wahn mindestens 1 Symptom 5. 6. 7. 8. Anhaltende Halluzinationen jeder Sinnesmodalität Gedankenabreißen oder -einschiebungen Katatone Symptome Negative Symptome (Apathie, Sprachverarmung, verflachte oder inadäquate Affekte) Dilling H, Mombour W, Schmidt MH (Hrsg.) Internationale Klassifikation psychischer Störungen (ICD-10), WHO, Verlag Hans Huber, 2011 Seite 7 Psychiatrie und Psychotherapie - Hauptvorlesung SS 14 - 5. Schizophrenie I | Prof. Dr. J. Klosterkötter Diagnostik der Schizophrenie Operationalisierte Klassifikation nach ICD-10 (WHO) Diagnostische Leitlinien der Schizophrenie (nach ICD-10) 1. Gedankenlautwerden, -eingebung, -entzug, -ausbreitung 2. Kontroll- und Beeinflussungswahn, Gefühl des Gemachten bzgl. Körperbewegungen, Gedanken, Tätigkeiten oder Empfindungen, Wahnwahrnehmungen 3. Kommentierende oder dialogische Stimmen 4. Anhaltender, kulturell unangemessener und völlig unrealistischer Wahn mindestens 1 Symptom 5. 6. 7. 8. Anhaltende Halluzinationen jeder Sinnesmodalität Gedankenabreißen oder -einschiebungen Katatone Symptome Negative Symptome (Apathie, Sprachverarmung, verflachte oder inadäquate Affekte) oder mindestens 2 Symptome Dilling H, Mombour W, Schmidt MH (Hrsg.) Internationale Klassifikation psychischer Störungen (ICD-10), WHO, Verlag Hans Huber, 2011 Seite 8 Psychiatrie und Psychotherapie - Hauptvorlesung SS 14 - 5. Schizophrenie I | Prof. Dr. J. Klosterkötter Diagnostik der Schizophrenie Operationalisierte Klassifikation nach ICD-10 (WHO) Diagnostische Leitlinien der Schizophrenie (nach ICD-10) 1. Gedankenlautwerden, -eingebung, -entzug, -ausbreitung 2. Kontroll- und Beeinflussungswahn, Gefühl des Gemachten bzgl. Körperbewegungen, Gedanken, Tätigkeiten oder Empfindungen, Wahnwahrnehmungen 3. Kommentierende oder dialogische Stimmen 4. Anhaltender, kulturell unangemessener und völlig unrealistischer Wahn mindestens 1 Symptom 5. 6. 7. 8. Anhaltende Halluzinationen jeder Sinnesmodalität Gedankenabreißen oder -einschiebungen Katatone Symptome Negative Symptome (Apathie, Sprachverarmung, verflachte oder inadäquate Affekte) oder mindestens 2 Symptome über mindestens 4 Wochen Dilling H, Mombour W, Schmidt MH (Hrsg.) Internationale Klassifikation psychischer Störungen (ICD-10), WHO, Verlag Hans Huber, 2011 Seite 9 Psychiatrie und Psychotherapie - Hauptvorlesung SS 14 - 5. Schizophrenie I | Prof. Dr. J. Klosterkötter Diagnostik der Schizophrenie Operationalisierte Klassifikation nach ICD-10 (WHO) F20 Schizophrenie F20.0 paranoide Schizophrenie F20.1 hebephrene Schizophrenie F20.2 katatone Schizophrenie F20.3 undifferenzierte Schizophrenie F20.4 postschizophrene Depression F20.5 schizophrenes Residuum F20.6 Schizophrenia simplex F20.8 andere F20.9 nicht näher bezeichnete F21 schizotype Störung F22 anhaltende wahnhafte Störung F23 vorübergehende akute psychotische Störungen F24 induzierte wahnhafte Störung F25 schizoaffektive Störung F28 andere nichtorganische psychotische Störungen F29 nicht näher bezeichnete nichtorganische Psychosen Dilling H, Mombour W, Schmidt MH (Hrsg.) Internationale Klassifikation psychischer Störungen (ICD-10), WHO, Verlag Hans Huber, 2011 Seite 10 Psychiatrie und Psychotherapie - Hauptvorlesung SS 14 - 5. Schizophrenie I | Prof. Dr. J. Klosterkötter Diagnostik der Schizophrenie Operationalisierte Klassifikation nach ICD-10 (WHO) F20 Schizophrenie F20.0 paranoide Schizophrenie - etwa 60-70% der Patienten - Wahnvorstellungen verschiedenster Art - akustische Halluzinationen - Störungen des formalen Denkens, der Stimmung, des Antriebs, der Sprache eher im Hintergrund Dilling H, Mombour W, Schmidt MH (Hrsg.) Internationale Klassifikation psychischer Störungen (ICD-10), WHO, Verlag Hans Huber, 2011 Seite 11 Psychiatrie und Psychotherapie - Hauptvorlesung SS 14 - 5. Schizophrenie I | Prof. Dr. J. Klosterkötter Diagnostik der Schizophrenie Operationalisierte Klassifikation nach ICD-10 (WHO) F20 Schizophrenie F20.1 hebephrene Schizophrenie - vorwiegend Affekt- Antriebs- und formale Denkstörungen - Wahnvorstellungen und Halluzinationen flüchtig - früher Krankheitsbeginn (15. - 25. Lebensjahr) - ungünstige Prognose Dilling H, Mombour W, Schmidt MH (Hrsg.) Internationale Klassifikation psychischer Störungen (ICD-10), WHO, Verlag Hans Huber, 2011 Seite 12 Psychiatrie und Psychotherapie - Hauptvorlesung SS 14 - 5. Schizophrenie I | Prof. Dr. J. Klosterkötter Diagnostik der Schizophrenie Operationalisierte Klassifikation nach ICD-10 (WHO) F20 Schizophrenie F20.2 katatone Schizophrenie - psychomotorische Störungen zwischen Erregung und Stupor - Erfüllung diagnostischer Kriterien der Schizophrenie und zusätzliches Vorliegen katatoner Symptome, z. B. Stupor, Mutismus, Erregung, Haltungsstereotypien, Negativismus, Rigidität, Flexibilitas cerea, … Dilling H, Mombour W, Schmidt MH (Hrsg.) Internationale Klassifikation psychischer Störungen (ICD-10), WHO, Verlag Hans Huber, 2011 Seite 13 Psychiatrie und Psychotherapie - Hauptvorlesung SS 14 - 5. Schizophrenie I | Prof. Dr. J. Klosterkötter Flexibilitas cerea Klinische Abbildungen by H. Curschmann (http://www.artandmedicine.com/cursch1/plates/Plate32.html) Seite 14 Psychiatrie und Psychotherapie - Hauptvorlesung SS 14 - 5. Schizophrenie I | Prof. Dr. J. Klosterkötter Diagnostik der Schizophrenie Verteilung der Subtypen Seite 15 Psychiatrie und Psychotherapie - Hauptvorlesung SS 14 - 5. Schizophrenie I | Prof. Dr. J. Klosterkötter Epidemiologische Daten zu schizophrenen Störungen Seite 16 Lebenszeitprävalenz 0,5-1% 400.000 bis 800.000 Bundesbürger erkranken mindestens einmal im Leben Beginn Zwischen dem 18. und dem 35. Lebensjahr. Vorher durchschnittlich 5 Jahre Prodrom Geschlechtsdifferenz Bei Frauen späterer Erkrankungsbeginn Suizidalität 10% der Patienten suizidieren sich innerhalb der ersten 10 Jahre Soziale Behinderung Bei 35% bis 40%, höchster Anteil (85%) der dauerhaft hospitalisierten Kranken Erwerbstätigkeit Ca. 200.000 bis 300.000 Menschen in der BRD bereits in jungen Jahren erwerbsunfähig Direkte und indirekte Kosten BRD: ca. 5 Mrd. € USA: ca. 30 Mrd. Dollar Psychiatrie und Psychotherapie - Hauptvorlesung SS 14 - 5. Schizophrenie I | Prof. Dr. J. Klosterkötter Erkrankungswahrscheinlichkeit und Verwandtschaftsgrad Allgemeinbevölkerung Onkel, Tanten Neffen, Nichten Enkel Geschwister Kinder DZ Zwillinge Eltern MZ Zwillinge Beide Eltern schizoph. 0 Seite 18 20 40 1% 2% 4% 5% 9% 13 % 17 % 6% 48 % 46 % 60 % Psychiatrie und Psychotherapie - Hauptvorlesung SS 14 - 5. Schizophrenie I | Prof. Dr. J. Klosterkötter (Häfner et al 1991 ) Seite 19 Psychiatrie und Psychotherapie - Hauptvorlesung SS 14 - 5. Schizophrenie I | Prof. Dr. J. Klosterkötter Seite 20 Psychiatrie und Psychotherapie - Hauptvorlesung SS 14 - 5. Schizophrenie I | Prof. Dr. J. Klosterkötter Lokale statistische Maxima im Muster der Hirnaktivität bei schizophrenietypischen Verbalhalluzinationen Z-Score Rechter Thalamus Rechtes Putamen Linker Gyrus parahippocampalis Linker Thalamus Rechtes Caudatum (corpus) Linkes Cerebellum (vermis) Rechter anteriorer Gyrus cinguli Linker Gyrus subcallosi Rechter Gyrus parahippocampalis 5.76 5.68 4.91 4.63 3.84 3.79 3.78 3.60 3.10 Die Regionen mit Aktivitätsmaxima im Gyrus parahippocampalis schließen den benachbarten Hippokampus und die Regionen mit Aktivitätsmaxima im rechten ventralen Putamen den benachbarten nucleus accumbens ein. Z-Score > 3.09 = p > 0.001 Z- Score > 3.72 = p > 0.0001 Silbersweig et. al, Nature, 1996 Seite 21 Psychiatrie und Psychotherapie - Hauptvorlesung SS 14 - 5. Schizophrenie I | Prof. Dr. J. Klosterkötter Hauptvorlesung 5: Schizophrenie I Lernziele erreicht? Aufgaben für die Vorlesung am 22.04. 1. Welche Symptome einer Schizophrenie müssen mindestens einmal vorkommen? Welche Symptome einer Schizophrenie müssen mindestens zweimal vorkommen? Über welchen Zeitraum müssen die Symptome mindestens auftreten? 2. Wie ist die Lebenszeitprävalenz bei schizophrenen Erkrankungen? 3. Wie sind die gesundheitspolitischen Auswirkungen in Bezug auf Erwerbstätigkeit? Seite 22 Psychiatrie und Psychotherapie - Hauptvorlesung SS 14 - 5. Schizophrenie I | Prof. Dr. J. Klosterkötter