Herztumoren – Diagnostik und chirurgische Therapie

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ÜBERSICHTSARBEIT
Herztumoren – Diagnostik und
chirurgische Therapie
Andreas Hoffmeier, Jürgen R. Sindermann, Hans H. Scheld, Sven Martens
ZUSAMMENFASSUNG
Hintergrund: Primäre Herztumoren stellen auch in großen
herzchirurgischen Zentren eine Rarität dar, das optimale
Therapieregime insbesondere bei bösartigen Tumoren ist
bislang aufgrund der geringen Fallzahlen nicht evidenzbasiert.
Methode: Selektive Literaturrecherche in PubMed mit folgenden Suchbegriffen: cardiac tumor, heart tumor, cardiac
myxoma, cardiac sarcoma. Zusätzlich stellen die Autoren
operative Techniken und Langzeitergebnisse von 181 Patienten vor.
Ergebnisse: Patienten mit Herztumoren haben meistens
unspezifische Symptome, die von der Lokalisation und Infiltration abhängen. Neben der Anamnese stützen in der
Regel Echokardiographie und gegebenenfalls Computerund Magnetresonanztomograhie die Diagnose. Basierend
auf Autopsiestudien beträgt die Häufigkeit von Herztumoren 0,02 %, hiervon sind 75 % benigne und 25 % maligne.
Myxome sind mit 50–70 % die häufigsten benignen
Tumoren, und Angiosarkome sind mit 30 % die häufigsten
malignen Neoplasien, gefolgt von Rhabdomyosarkomen
(20 %). Etwa 10 % aller Tumorpatienten entwickeln Herzmetastasen, die aber selten klinisch in Erscheinung treten.
Von 1989 bis 2012 wurden in der Klinik der Autoren 181
Patienten mit Herztumoren operiert. Die 5-Jahresüberlebensrate bei benignen Tumoren (n = 139) betrug 83 %, bei
malignen Tumoren (n = 26) 30 % und bei Metastasen
(n = 16) 26 %.
Schlussfolgerung: Patienten mit Herztumoren müssen
rasch in einem spezialisierten Zentrum operiert werden.
Dies gilt auch für die gutartigen Tumoren und insbesondere
die Myxome, die durch Embolisation schwerwiegende
Sekundärkomplikationen für den Patienten nach sich
ziehen können.
►Zitierweise
Hoffmeier A, Sindermann JR, Scheld HH, Martens S:
Cardiac tumors—diagnosis and surgical treatment.
Dtsch Arztebl Int 2014; 111(12): 205–11.
DOI: 10.3238/arztebl.2014.0205
Department für Herz-Thoraxchirurgie, Klinik für Herzchirurgie, Universitätsklinikum Münster, Westfälische Wilhelms-Universität Münster: Prof. Dr. med.
Hoffmeier, Prof. Dr. med. Sindermann, Prof. Dr. med. Scheld, Prof. Dr. med.
Martens
Deutsches Ärzteblatt | Jg. 111 | Heft 12 | 21. März 2014
bwohl das Vorkommen von Herztumoren seit
dem Mittelalter bekannt ist (1), stellen sie auch
heute oftmals ein diagnostisches Chamäleon und eine
therapeutische Herausforderung dar. Seit der ersten erfolgreichen Resektion eines Myxoms unter Anwendung der Herzlungenmaschine durch Crafoord 1954 (2)
wurden die herzchirurgischen Techniken weiterentwickelt, so dass auch die Resektion maligner Tumoren
möglich wurde. Es liegen keine großen Studien zur optimalen Therapie insbesondere der malignen Formen
vor, häufig finden sich nur Einzelfallberichte. Die komplette Resektion in Kombination mit Chemo-/Radiotherapie ist mit Ausnahme der Lymphome die Therapie
der Wahl. Basierend auf großen Autopsieserien beträgt
die Häufigkeit der Herztumore 0,02 % (3). 75 % der
Tumore sind benigne, 25 % maligne (3). Metastasen
werden mit über 10 % bei Tumorerkrankten am Sektionstisch wesentlich häufiger als primäre Neubildungen
des Herzens diagnostiziert. Das Vorhofmyxom ist der
häufigste primäre kardiale Tumor des Erwachsenen.
Bei Kindern tritt überwiegend das Rhabdomyosarkom
auf (3, 4). Die Erfahrungen der Autoren aus 23 Jahren
fasst die Grafik zusammen.
O
Klinisches Bild
Die Symptome präsentieren sich unspezifisch in Abhängigkeit von der Lokalisation, der Infiltration und
unabhängig von der Tumorart. Die Sekundärkomplikationen zeigen, dass nach Diagnosestellung eines Herztumors immer eine dringliche Operationsindikation besteht, auch dann, wenn es sich um einen gutartigen Tumor handelt (5–7).
Allgemeinsymptome
Häufig manifestieren sich Herztumore – insbesondere
Lymphome – durch subfebrile Temperaturen, Gewichtsverlust, Abgeschlagenheit, Myalgien, Nachtschweiß, Husten oder eine Leukozytose (7, 8). Bei malignen Tumoren findet sich häufig ein blutiger
Perikarderguss (6).
Obstruktion
Tumoren im Bereich der Vorhöfe oder Atrioventrikularklappen können eine Einengung der Einflussbahn verursachen und so das Bild einer Mitral- beziehungsweise
Trikuspidalklappenstenose hervorrufen. Mobile, gestielte Neoplasien führen in der Regel zu einer paroxysmalen Herzinsuffizienz beziehungsweise Dyspnoe in
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GRAFIK
116
Myxom
13
Metastasen anderer Tumoren
11
Fibroelastom
7
Angiosarkom
7
Sarkom, gering differenziert
9%
4
Nierenzellkarzinom
lipomatöse Hyertrophie
3
Fibrom
3
Lymphom
3
Rhabdomyosarkom
2
Rhabdomyom
2
14 %
n = 181
1989–2012
2
Liposarkom
Leiomyosarkom
1
Osteosarkom
1
Lipom
1
Hämangiom
1
Fibrosarkom
1
malignes Phäochromozytom
1
Paragangliom
1
neuroendokrin
1
0
77 %
benigne
20
maligne
40
60
Anzahl
Metastasen
80
100
120
Inzidenz der Herztumoren, die im Zeitraum von 1989–2012 in der Klinik für Herzchirurgie des Universitätsklinikums Münster diagnostiziert
und behandelt wurden.
Abhängigkeit von der Körperhaltung (8–10). Bei
wandinfiltrierendem Wachstum kann das Bild einer hypertrophen oder restriktiven Kardiomyopathie entstehen. Klinisch imponiert das Bild einer Herzinsuffizienz
(6). Durch ein Einwachsen in die obere Hohlvene kann
auch ein Vena-Cava-superior-Syndrom ausgelöst werden.
Arrhythmien
Herzrhythmusstörungen und insbesondere AV-Blockierungen können durch tumoröse Infiltration der Leitungsbahnen beziehungsweise des Myokards entstehen.
Dies gilt insbesondere für Fibrome. Manchmal manifestiert sich ein Herztumor klinisch erstmalig als plötzlicher Herztod (5).
Embolisation
Häufig werden Herztumoren erst nach einem Schlaganfall, einer Embolie in periphere Gefäße oder einer Lungenarterienembolie diagnostiziert, die durch abgelöste
Tumoranteile beziehungsweise Mobilisation von
thrombotischen Auflagerungen verursacht werden. Dabei ist auch an gekreuzte Embolien zu denken (5). Deshalb sollten alle im Rahmen einer therapeutischen Maßnahme gewonnenen Emboliefragmente histologisch untersucht werden. Insbesondere Myxome neigen durch
ihren gallertartigen Aufbau zur Embolisation (5, 10).
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Diagnostik
Bei Verdacht auf einen Herztumor muss differenzialdiagnostisch zunächst ein Thrombus oder eine Vegetation ausgeschlossen werden. Im Rahmen der Anamnese
sollte auch an die myxomatoiden Syndrome gedacht
werden. Nach der Anamnese stellt die Echokardiographie das erste diagnostische Verfahren dar (Abbildung
1) (11). Kann ein Herztumor mit Hilfe der Echokardiographie nicht bestätigt werden, kommen weiterführende Verfahren wie die Computertomographie (Abbildung 2) oder die Magnetresonanztomographie zum
Einsatz (8, 12). Mit Hilfe der 18F-FluordeoxyglukosePositronenemissionstomographie/Computertomographie-(FDG/PET-CT-)Untersuchung war es den Autoren
möglich, mit einer Sensitivität von über 90 % zwischen
benignen und malignen Prozessen zu unterscheiden
(Abbildung 3) (13). Wird im Rahmen dieser Untersuchungen der Verdacht auf ein Malignom bestätigt, muss
eine weiterführende Diagnostik erfolgen. Lässt sich
kein Tumor in einem anderen Organ finden, ist von einem primär malignen Herztumor auszugehen. Besteht
der Verdacht auf ein Lymphom, sollte dieser rasch mit
einer Biopsie histologisch gesichert werden, um im Anschluss eine Behandlung mit Chemo- und/oder Strahlentherapie einzuleiten (14). Bestehen Risikofaktoren
für eine koronare Herzerkrankung, sollte die Diagnostik um eine Koronarangiographie oder CT-KoronarDeutsches Ärzteblatt | Jg. 111 | Heft 12 | 21. März 2014
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angiographie ergänzt werden, um im Rahmen der Herztumoroperation auch bestehende Koronarstenosen mit
einem Bypass zu versorgen. Eine Angiographie ist auch
manchmal hilfreich, um die Ausdehnung von stark vaskularisierten Tumoren – zum Beispiel Angiosarkome –
zu bestimmen. Primäre Herztumoren müssen dann –
wenn möglich – zeitnah komplett reseziert werden (Abbildung 4).
Benigne Tumoren
Myxome
Epidemiologie – Unter den primären Herztumoren beträgt der Anteil der Myxome je nach Publikation
50–70 %, Grafik (4, 9, 10, 15, 16). Die Myxome treten
häufig im mittleren Lebensalter auf und betreffen Frauen häufiger als Männer. Auch im Kindesalter kommen
Myxome vor. Sie machen in dieser Altersgruppe jedoch
nur 10 % der benignen Tumoren aus (3, 6).
Makropathologie – Etwa 75 % aller Myxome entstehen im linken Vorhof, etwa 18 % sind rechtsatrial lokalisiert. Ein Auftreten in den Ventrikeln ist selten.
Meistens wachsen Myxome polypartig gestielt in die
betroffene Herzhöhle hinein und können diese im Extremfall ausfüllen. Während der Diastole ist auch ein
Prolaps des Tumors in Richtung des Ventrikels möglich. Ihr Ursprung liegt meistens im Bereich der Fossa
ovalis, selten entspringen sie dem subendokardialen
Gewebe der Vorhofwände oder der Herzklappen. Der
Tumor hat in der Regel eine weiche und gelatinöse
Konsistenz, die Oberfläche ist meist spiegelnd-glatt und
oft thrombotisch bedeckt. Myxome haben einen durchschnittlichen Durchmesser von 5 bis 6 cm (Abbildung
5), können aber auch bis zu 15 cm groß werden (17).
Histopathologie – Es handelt sich um Neoplasien
multipotenter Mesenchymzellen im subendokardialen
Gewebe. Der exakte histogenetische Ursprung ist nicht
endgültig identifiziert (18). Das histologische Bild ist
geprägt von sogenannten Myxomzellen. Diese polygonalen und gelegentlich mehrkernigen Zellen haben ein
eosinophiles Zytoplasma und sind von einem myxoiden Stroma umgeben. Degenerative Veränderungen
wie zystische Formationen, Hämorrhagien, Fibrosierungen und Verkalkungen sowie Drüsenformationen
kommen vor (Lithomyxome) (17).
Myxomatoide Syndrome – Mehr als 90 % aller
Myxome treten sporadisch auf und rezidivieren bei
vollständiger Resektion selten (3, 6, 16). Dagegen entstehen etwa 10 % der Myxome familiär gehäuft im
Rahmen des seltenen Carney-Syndroms. Dies bezeichnet die Kombination aus kardialen und kutanen Myxomen, endokriner Überfunktion (19) (Nebenniere, Hypophyse, Schilddrüse, Sertoli-Zellen) und Hyperpigmentierung der Haut in Form einer Lentiginose (20).
Die Akronyme NAME (Nävi, atriale Myxome, myxoide Neurofibrome, Epheliden) und LAMB (Lentiginose,
atriale Myxome, mukokutane Myxome und blaue Nävi)
bezeichnen die Kombination gemeinsam auftretender
Befunde und werden als Unterformen des Carney-Syndroms angesehen (21, 22). Als Ursache dieser Syndrome ist eine genetisch heterogene Mutation des TumorDeutsches Ärzteblatt | Jg. 111 | Heft 12 | 21. März 2014
Abbildung 1: Transösophageale Echokardiographie (circa 50 Grad) bei Myxom im rechten
Vorhof. (TU, Myxom; RA, rechter Vorhof; AK, Aortenklappe; S, Vorhofseptum)
Abbildung 2: Computertomographie Sarkom rechter Vorhof und Ventrikel (TU, Tumor; RV,
rechter Ventrikel; LV, linker Ventrikel; LA, linker Vorhof; VCS, Vena Cava Superior)
suppressorgens PRKAR1A (protein kinase A regulatory
subunit-1-alpha gene) auf Chromosom 17q22–24 nachgewiesen (23). Charakteristisch sind das Auftreten der
Myxome schon in jungen Jahren mit einem Häufigkeitsgipfel in der dritten Lebensdekade und eine Neigung zu Rezidiven auch nach vollständiger Resektion.
Außerdem treten diese Myxome häufiger multizentrisch auf und zeigen oft eine atypische Lokalisation.
Weitere gutartige Tumoren
Alle weiteren benignen Herztumoren stellen Raritäten
dar und werden nur kurz vorgestellt:
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tum. Lipome sind im Gegensatz zur LHIS meistens von
einer Kapsel umhüllt (25).
Rhabdomyom – Rhabdomyome stellen mit etwa
40–60 % die häufigsten primären Herztumoren im Kindesalter dar (26). Im Erwachsenenalter sind sie eine Rarität. Sie entsprechen einer fokalen hamartomatösen Ansammlung der quergestreiften Kardiomyozyten und stellen im engeren Sinn keine Neoplasien dar (25). Am häufigsten entstehen Rhabdomyome im Myokard des linken
Ventrikels oder im interventrikulären Septum (25). Etwa
die Hälfte aller Rhabdomyome sind mit der tuberösen
Sklerose assoziiert und auch bei angeborenen Herzfehlern
können begleitend Rhabdomyome auftreten (26). Makroskopisch erscheint der Tumor als einzelner oder häufiger
multiple umschriebene, weißliche, in der Regel intramurale Knoten, die meist eine Größe von wenigen Zentimetern
haben (25). Ein typisches Merkmal ist die Tendenz zur
spontanen Rückbildung bei 50 % der Patienten (26).
Abbildung 3: Positronenemissionstomographie/Computertomographie (PET-CT) kugeliges
Sarkomrezidiv (TU, Tumor)
Maligne Tumoren
Die verschiedenen Sarkomformen haben an den malignen Herztumoren einen Anteil von bis zu 75 % und
kommen in jeder Herzhöhle vor (Abbildung 6). Ihr Ursprung liegt jedoch häufig im rechten Vorhof. Unbehandelt überleben die Tumorpatienten nur wenige Monate (7, 16, 17).
Angiosarkome
Die infiltrierend wachsenden Angiosarkome (Abbildung 6) stellen mit 30 % die häufigste Form maligner
Herztumoren dar. Sie entstehen aus mesenchymalen
Angioblasten und treten gehäuft bei Männern im mittleren Lebensalter auf (3, 15, 27). Ihre Histologie zeigt
eine Infiltration des Myokards mit Spindelzellen, die
häufig hyperchromatine Kerne und mitotische Figuren
in unterschiedlichen Stadien aufweisen. Auch Riesenzellen und ausgeprägte Nekrosen kommen vor. Die malignen Endothelzellen bilden vaskuläre Strukturen (15).
Abbildung 4: Explantiertes Herz nach Ex-Situ-Resektion eines Sarkoms und bereits ersetzter Mitralklappe (MK) vor Reimplantation ( LA, Resektionsrand linker Vorhof; Ao, Aorta; PA,
Pulmonalarterie; Pfeil, Kardioplegiekatheter)
Papilläres Fibroelastom (endokardiales Papillom) – Das papilläre Fibroelastom ist ein seltener (5 %)
gutartiger Tumor des (valvulären) Endokards. Es ist für
drei Viertel aller Tumoren der Herzklappen verantwortlich (24). Das durchschnittliche Alter der betroffenen
Patienten liegt bei 60 Jahren (24). Makroskopisch handelt es sich um weiße, gelatinöse im Blutstrom flottierende Gebilde, die an eine Seeanemone erinnern. Der
Tumor ist meist 1–2 cm groß (6, 17, 24).
Lipomatöse Hypertrophie (LHIS) und Lipom –
Lipome und die LHIS entstehen durch eine gutartige,
neoplastische Proliferation von reifen Adipozyten. Die
lipomatöse Hypertrophie betrifft das interatriale Sep-
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Rhabdomyosarkome
Sie entstehen aus der quergestreiften Muskulatur des
Herzens und stellen mit 20 % die zweithäufigste primäre maligne Herzerkrankung dar (3, 17). Beide Geschlechter sind gleich häufig betroffen. Rhabdomyosarkome können in jeder Herzkammer und auch multipel
auftreten, sie wachsen invasiv. Makroskopisch erscheinen sie als weiche Knoten mit einer zentralen Nekrose,
die auch die Herzklappen infiltrieren können (3). Diese
aggressive Tumorart kann auch auf die umgebenden
Organe übergreifen und das Perikard, die Pleura oder
das Mediastinum infiltrieren.
Fibrosarkome
Sie machen circa 10 % aller malignen Formen aus und
entstehen aus den Fibroblasten des Herzbindegewebes.
Im Gegensatz zu den Fibromen kommen sie bevorzugt
im Erwachsenenalter vor und können auch multipel
auftreten (17). Dieser knotige, infiltrierend wachsende
graue Tumor mit seiner festen Konsistenz entwickelt
sich häufig im rechten Vorhof und wächst intrakavitär,
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aber auch das Perikard kann infiltriert werden. Histologisch sind gebündelte Spindelzellen ein Charakteristikum (27).
Leiomyosarkome
Diese aggressiv wachsenden Tumoren gehen von der
glatten Muskulatur des Herzens aus und haben einen
Anteil von 9 % an den primären malignen Herztumoren
(28). Sie kommen in jedem Lebensalter vor und sind
auf beide Geschlechter gleich häufig verteilt. Makroskopisch imponieren sie als weiche Masse, die über die
Grenzen des Herzens hinaus wachsen. Histologisch findet man elongierte, eng gelagerte Spindelzellen. Dazwischen existieren Zonen zellarmer Areale (29).
Li-Fraumeni-Syndrom
Insbesondere bei jungen Herztumor-Patienten unter 45
Jahren mit bereits durchgemachten Tumorerkrankungen muss differenzialdiagnostisch an das autosomaldominant vererbte Li-Fraumeni-Syndrom gedacht werden. Als Entstehungsursache wird heute eine Mutation
des TP53 Gens auf Chromosom 17p13.1 angenommen
(30).
Abbildung 5: Exzidiertes Myxom mit Basis
Metastasen
Durch hämatogene oder lymphogene Streuung können
periphere Tumoren auch am Herzen zu Absiedlungen
führen (26, 31). Die exakte Inzidenz bei Tumorpatienten ist unbekannt, die Angaben dazu stammen in der
Regel aus großen Autopsiestudien. Mit über 10 % werden Herzmetastasen bei Tumorerkrankten am Sektionstisch wesentlich häufiger als primäre Neubildungen des
Herzens diagnostiziert (26, 31). Klinisch treten sie jedoch viel seltener in Erscheinung, weil die Symptome
der Primärerkrankung das klinische Bild beherrschen
und die Prognose bestimmen (26). Makroskopisch sind
kardiale Metastasen in der Regel solide, klein und können multipel vorkommen. Eine chirurgische Versorgung ist in der Regel kritisch zu sehen, da die Metastasen häufig nicht solitär und nicht nur im Herz auftreten.
In Einzelfällen ohne weiteren Organbefall ist jedoch
durchaus eine Resektion zu diskutieren, wenn der Befund komplett entfernt werden kann (32).
Abbildung 6: Explantiertes Herz im Schnitt, Hämangiosarkom des linken Ventrikels (TU)
Therapie
Sobald die Diagnose eines Herztumors gestellt worden
ist, sollte der Patient in einem interdisziplinär arbeitenden Zentrum behandelt werden. Entscheidend ist, dass
das Vorgehen zwischen Onkologen, Strahlentherapeuten und Chirurgen eng abgestimmt wird.
Insbesondere für Herzchirurgen stellen Herztumoren
eine besondere Herausforderung dar, weil ein weites chirurgisches Spektrum beherrscht werden muss. Das behandelnde Herzzentrum muss daher die gesamte Palette
der Herzchirurgie mit Erwachsenen- Kinder- und Rhythmuschirurgie sowie die Transplantation und die Kunstherzimplantation vorhalten. Das optimale Therapieregime insbesondere bei bösartigen Tumoren ist bislang
aufgrund der geringen Fallzahlen nicht evidenzbasiert
festgelegt.
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Einfache Tumorresektion
Sie wird in der Regel bei gutartigen Tumoren wie Myxomen durchgeführt. Dabei muss der Anschluss der
Herz-Lungenmaschine vorsichtig erfolgen, um kein
Tumormaterial abzulösen. Deshalb eröffnen die Autoren bei der Operation beide Vorhöfe von der rechten
oberen Pulmonalvene aus, ohne den Tumor oder seine
Basis zu verletzen. Es gelingt dann, den Tumor mitsamt seiner Wurzel komplett aus dem Septum zu entfernen. Immer schließt sich die Inspektion aller Herzhöhlen zum Ausschluss weiterer Tumoren an (16). Der
entstandene Defekt wird mit Patchmaterial rekonstruiert. Neben den üblichen Risiken eines Eingriffs mit
Herz-Lungenmaschine ist dieser Eingriff komplikationsarm.
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TABELLE
Übersicht über die aktuellen Erfahrungen und Langzeitergebnisse nach
chirurgischer Therapie am Universitätsklinikum Münster*
Alter des Patienten zum Operationstermin (Median Jahre)
Geschlecht m/w (%)
Häufigste Lokalisationen (%)
Liegedauer postoperativ
(Median Tage)
Benigne
(n = 139)
Maligne
(n = 26)
Metastase
(n = 16)
60,7 +/– 17,4
54,5 +/– 19,4
51,2 +/– 18,7
46/54
63/27
35/36
Li-Vorhof (70)
Re-Vorhof (14)
Re-Vorhof (39) Re-Vorhof (50)
Li-Vorhof (35) Re-Ventrikel (50)
Septum (37)
7,0 +/– 7,2
13,0 +/– 9,7
7,0 +/– 8,7
1-Jahres-ÜLR (%)
95
47
56
5-Jahres-ÜLR (%)
83
30
26
10-Jahres-ÜLR (%)
75
22
26
*korrespondierend zur Grafik, retrospektive Analyse (Stand: 01/ 2013); ÜLR, Überlebensrate;
Li, links; Re, rechts
Komplexe Tumorresektion
Diese ist möglich, wenn sich die Geschwulst auf das
Herz beschränkt und bei bösartigen Tumoren die umgebenden Gewebe nicht infiltriert hat.
Bei fortgeschrittenen Tumorstadien mit Befall des
rechten Herzens kann die gesamte rechte Herzhälfte reseziert werden. Die Lungendurchblutung wird dann mit
der aus der Kinderherzchirurgie bekannten Fontan-Zirkulation sichergestellt (16, 33). Eine chronische
Rechtsherzinsuffizienz kann die Folge sein.
Ex-Situ-Resektion
Wenn die Hinterwand des linken Vorhofes oder auch die
großen Gefäße dorsal in den Tumorprozess mit einbezogen sind, kann man das Herz zur sicheren Tumor-resektion auch aus dem Thorax herausnehmen, um die Tumoroperation präzise durchführen zu können. Versucht
man in solchen Situationen, den Tumor konventionell zu
resezieren, führt die ungenügende Tumoreinsicht zur inkompletten Resektion und damit zu ungünstigen Langzeitergebnissen. Nimmt man stattdessen das Herz aus
KERNAUSSAGEN
● Patienten mit Herztumoren leiden oft unter unspezifischen Symptomen wie Gewichtsverlust, Abgeschlagenheit, Herzinsuffizienz, Arrhythmien und Embolisationen.
● Die Häufigkeit von Herztumoren beträgt in Autopsiestudien 0,02 %.
● 75 % der Tumoren sind benigne, wobei Myxome am häufigsten sind, und 25 %
sind maligne Neoplasien, hier dominieren Angiosarkome und Rhabdomyosarkome.
● In der Klinik für Herzchirurgie des Universitätsklinikums Münster wurden von
1989 bis 2012 insgesamt 181 Patienten mit Herztumoren operiert.
● Die 5-Jahresüberlebensrate bei benignen Tumoren betrug 83 %, bei malignen
dem Körper heraus, kann man alle Strukturen durch
Drehung optimal einsehbar machen. Die Herzanatomie
wird anschließend mit Kunststoffmaterial (Prothesen,
Patches, Klappen) oder biologischem Gewebe wiederhergestellt und das so behandelte Herz reimplantiert
(Abbildung 4) (34–37). Je nach Größe der resezierten
Herzanteile kann eine Links- und/oder Rechtsherzinsuffizienz als Sekundärkomplikation resultieren.
Implantation eines Kunstherzens (Total Artificial Heart [TAH])
Liegen keine Tochtergeschwülste vor und hat der Tumor das linke Herz mit befallen, so kann man auch als
letzten Ausweg – insbesondere bei jüngeren Patienten –
die Anwendung eines Kunstherzens in Betracht ziehen.
Als Komplikationen nach erfolgreicher Implantation
sind insbesondere Blutungen, Thrombosen, Infektionen
und Embolien unter dem notwendigen Antikoagulationsregime erwähnenswert (38).
Herztransplantation (HTx)
Als letzte Möglichkeit kann in Einzelfällen auch eine
Herztransplantation in Betracht kommen, wenn Fernmetastasen ausgeschlossen sind (39). Auch die Autoren
haben dieses Verfahren bei 2 Patienten erfolgreich realisieren können. Eine besondere Gefahr für die Patienten besteht darin, dass zum Transplantationszeitpunkt
nicht bekannte Mikrometastasen unter der notwendigen
Immunsuppression in der Regel exazerbieren.
Ergebnisse
Die Ergebnisse der Autoren sowie auch die der Literatur weisen auf (8), dass die chirurgische Therapie der
gutartigen Herztumoren in jedem Lebensalter ausgezeichnet ist und Rezidive äußerst selten sind. Im Langzeitverlauf ist die Tumorerkrankung nur selten Todesursache. In der Literatur zeigen die Langzeitergebnisse,
dass die Prognose bei malignen Tumoren des Herzens
ausgesprochen schlecht ist. Für das Überleben nach
Diagnosestellung werden Zeiträume von sieben Monaten bis maximal zwei Jahren angegeben (8, 16, 17, 40).
Die Mehrzahl der Patienten verstirbt im Langzeitverlauf im Rahmen einer Fernmetastasierung (16, 35, 40).
Bei rein konservativer Behandlung mit Chemo- und
Strahlentherapie ist mit einer Überlebensdauer von
knapp einem Jahr zu rechnen (8, 40).
Die einfache, nicht vollständige Resektion (Debulking) kann das Überleben nur kurzfristig um wenige
Monate verlängern (8, 40).
Überfuhr et al. berichteten im Jahr 2002 von vier Patienten, die aufgrund eines Herztumors transplantiert
und prä- beziehungsweise postoperativ Chemotherapie
erhielten. Mit dieser Methode konnte eine mittlere
Überlebensdauer von 18 Monaten erreicht werden, ein
Patient überlebte 37 Monate (39).
Mit der radikal durchgeführten Resektion – unter
Umständen in Kombination mit einer postoperativen
Chemotherapie – gelingt es, die Langzeitergebnisse bei
guter Lebensqualität zu verbessern Tabelle (16).
Neubildungen 30 % und bei Metastasen 26 %.
Die Arbeit wurde durch die DFG-Förderung HO 4295/2–1 unterstützt.
210
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Interessenkonflikt
Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Manuskriptdaten
eingereicht: 2. 8. 2013, revidierte Fassung angenommen: 3. 2. 2014
LITERATUR
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Deutsches Ärzteblatt | Jg. 111 | Heft 12 | 21. März 2014
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Anschrift für die Verfasser
Prof. Dr. med. Andreas Hoffmeier
Department für Herz- und Thoraxchirurgie, Klinik für Herzchirurgie
Universitätsklinikum Münster
Albert-Schweitzer-Campus 1
48149 Münster
[email protected]
Zitierweise
Hoffmeier A, Sindermann JR, Scheld HH, Martens S: Cardiac tumors—
diagnosis and surgical treatment. Dtsch Arztebl Int 2014; 111(12): 205–11.
DOI: 10.3238/arztebl.2014.0205
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The English version of this article is available online:
www.aerzteblatt-international.de
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