Arbeitsmethoden in der Organischen Chemie Zusammenfassung Organisches Praktikum OC I für Studierende der Lehrämter Chemie und der Biologie Trennung und Reinigung von Substanzen Ausnutzung der unterschiedlichen physikalischen Eigenschaften von Substanzen Löslichkeit ¾ Extraktion ¾ Umkristallisation Siedepunkt bzw. Dampfdruck ¾ Destillation ¾ Sublimation [A]Solv.1 [A]Solv.2 c2 c1 k Extraktion Prinzip: „similia similibus solvuntur“ oder: Polare Substanzen lösen sich besser in polaren Lösungsmitteln, unpolare Substanzen besser in unpolaren Lösungsmitteln Bei zwei unterschiedlich polaren und miteinander nicht mischbaren Lösungsmitteln reichern sich Stoffe in den beiden Phasen mit verschiedenen Konzentrationen an. Quantitatives Maß: Verteilungskoeffizient k [A]Solv.1 [A]Solv.2 c2 c1 k Häufig eingesetzte Lösungsmittelgemische: ¾ Polares LM: Wasser ¾ Unpolares LM: Alkane, Ether, Ester, halogenierte KW Extraktion – Mit Scheidetrichter Der Scheidetrichter erlaubt die gründliche Durchmischung von zwei flüssigen Phasen. Durch die konische Form wird die Phasentrennung beschleunigt und die Abtrennung der beiden Phasen erleichtert. Wichtig: Beim Schütteln Stopfen festhalten, häufig belüften, immer zur Prallwand des Abzugs „zielen“ Extraktion – Mehrfache Extraktion Die mehrmalige Extraktion mit kleinen Lösungsmittelmengen ist effektiver als die einmalige Extraktion mit viel Lösungsmittel: Rechenbeispiel: 10 g einer Substanz A in 100 ml Wasser sollen mit Cyclohexan extrahiert werden, k = 10: Die 1. Extraktion mit 100 ml Cyclohexan holt etwa 9,1 g (91%) in die org. Phase. Die 2. Extraktion der verbleibenden wässr. Phase (0.9 g/ 100 ml) mit 100ml Cyclohexan holt wieder 91% (ca. 0.8g) in die org. Phase. > Insgesamt sind 9.9 g von A in 200 ml Cyclohexan. Bei einmaliger Extraktion wären 1400 ml Cyclohexan notwendig! Extraktion – die Chemie machts.. Die Polarität (und damit die Löslichkeit) von Säuren und Basen ist pH-abhängig: Der „organische Trennungsgang“ Gegeben: Mischung einer org. Base, einer Säure und einer Neutralverbindung, gelöst in Ether: • Extraktion mit 2 M Salzsäure • Wässrige Phase (Protonierte Base): Abtrennen, mit 2 M NaOH alkalisch machen, Rückextraktion mit Ether, LM abdestillieren. • Organische Phase (Neutralverbindung und Säure): Extraktion mit 2 M NaOH • Wässrige Phase (deprotonierte Säure): Abtrennen, mit 2 M Salzsäure ansäuern, Rückextraktion mit Ether, LM abdestillieren • Organische Phase (Neutralverbindung): LM abdestillieren. Extraktion – Spezialfall Die (feste) Substanzmischung enthält auch Feststoffe, die sich im gewählten Lösungsmittel nicht lösen Digerieren: Die Mischung wird mit einem geeigneten Lösungsmittel kräftig gerührt, danach abdekantiert (= vorsichtiges abgießen) oder filtriert. Bei Bedarf wird der Vorgang wiederholt. Verwendung: • Einfache Trennprobleme • Grobe Trennung komplexer Mischungen nach Substanzgruppen (z.B. Naturstoffisolierung aus Pflanzen) Kontinuierliche Heißdampf-/SoxhletExtraktion Soxhlet Heißdampf 1) 2) 3) 4) 5) 6) 7) Lösungsmittel Extraktionsrohr Extraktionsgut Rückflusskühler Glasdornen Steigrohr Überlauf (Syphon) Umkristallisation Ziel: Feste Substanzen sollen durch Lösen und nachfolgende Kristallisation von Verunreinigungen befreit werden. Problemlösung: Gesucht wird ein Lösungsmittel, in dem die zu reinigende Substanz • in der Kälte gar nicht oder schlecht • In der Hitze (bei Rückfluss) sehr gut löslich ist (starke Temperaturabhängigkeit der Löslichkeit). Nebenbedingung: Alle Verunreinigungen bleiben in Lösung oder lösen sich überhaupt nicht. Bei unbekannten Proben: Vorversuche mit verschiedenen Lösungsmitteln (Mischungen) mit kleinen Substanzmengen. Umkristallisation Standarapparatur Immer mit Rückflusskühler (die meisten org. Lösungsmittel sind leicht entzündlich!) Ein Teil der benötigten Lösungsmittelmenge wir mit der Substanzmenge im Kolben vorgelegt und zum Sieden erhitzt. Falls notwendig wird weiteres Lösungsmittel über den Rückflusskühler zugegeben. Wenn sich alles gelöst hat: Heizung abschalten, langsam abkühlen (evtl. im Kühlbad), danach absaugen und trocknen. Umkristallisation - Probleme Produkt kristallisiert nicht aus: Manche Substanzen kristallisieren nur langsam und neigen zur Bildung von übersättigten Lösungen. Lösung: eine kleine Menge der festen Substanz zugeben oder an der Innenwand des Kolbens mit einem Glasstab kratzen. Die Kristallisation setzt häufig spontan ein. Zu wenig Produkt erhalten: Zu viel Lösungsmittel verwendet: Das Filtrat („Mutterlauge“) am Rotationsverdampfer einengen (LM fast vollständig abdestillieren) und den Rückstand nochmals umkristallisieren. Umkristallisation - Probleme Es löst sich nicht alles: Noch etwas mehr Lösungsmittel zugeben. Einen Trichter im Trockenschrank vorwärmen und die heiße Suspension abfiltrieren (im Abzug!!). Den Trichter dabei mit einem Uhrglas abdecken, um Verdampfungsverluste zu verringern. Nach dem Abkühlen: Evtl. kristallisierte Substanz absaugen, trocknen und Reinheitskontrolle. Das Filtrat („Mutterlauge“) am Rotationsverdampfer einengen (LM fast vollständig abdestillieren) und den Rückstand nochmals umkristallisieren. Das Phasendiagramm: Ein wenig physikalische Chemie.. Das Phasendiagramm: Ein wenig physikalische Chemie.. Schmelzen Destillation Sublimation Reinigung von Flüssigkeiten - Destillation Prinzip: Eine Flüssigkeit wird verdampft (unter Erhitzen) und wieder kondensiert (durch Abkühlen). Die Trennung verschiedener Flüssigkeiten erfolgt nach den Siedepunkten Probleme: •Eine einfache Destillation kann nur Flüssigkeiten trennen, die sich im Siedepunkt um mindestens 80 °C unterscheiden. •Manche Flüssigkeiten besitzen sehr hohe Siedepunkte -> Vakuumdestillation •Manche Mischungen von Flüssigkeiten bilden Azeotrope -> Vollständige Trennung durch Destillation nicht möglich. Reinigung von Flüssigkeiten - Destillation Standard-Apparatur Mit Spinne Optional: Vakuum-Anschluss Vakuum Reinigung von Flüssigkeiten - Destillation Destillation bei vermindertem Druck (Vakuumdestillation) Der Siedepunkt einer Substanz ist druckabhängig: 1 TSdp # log p Const. Siedepunkt in Kelvin!!! Faustregel: Absenkung des Drucks auf die Hälfte erniedrigt den Siedepunkt um etwa 15°. Bei 20 mbar (Membranpumpe): Erniedrigung um 100 ° Bei 0.01 mbar („Ölpumpe“): Erniedrigung um 150-170 ° Sublimation Prinzip: Wenn man den Druck des „Tripelpunktes“ unterschreitet, können Substanzen direkt vom festen in den gasförmigen Zustand wechseln (und zurück), ohne den flüssigen Zustand zu erreichen. Der Tripelpunkt liegt bei den meisten Substanzen so niedrig, dass er nur schwer erreicht werden kann. Anwendungen: z.B. Gefriertrocknung (Lyophilisierung) = „wegsublimieren von Wasser“ Sublimation 2) Kühlfinger 8) Substanz 9) Sublimat Die Substanz darf auf keinen Fall soweit erhitzt werden, dass sie schmilzt! Wenn eine Sublimation möglich ist, ist es eine sehr einfache und effektive Reinigungsmethode. Durchführung eines Versuchs • • • • • Versuchsplanung Vorbereitung (Chemikalien, Geräte…) Durchführung der Reaktion Aufarbeitung und Reinigung Interpretation der Ergebnisse und Folgerungen Versuchsplanung • • • • Stöchiometrische Reaktionsgleichung (Vermuteter) Reaktionsmechanismus Mögliche Nebenreaktionen Können die Nebenreaktionen durch die Versuchsführung beeinflusst werden? • Falls Ja: Welche Bedingungen sind für den gewünschten Reaktionsablauf optimal? Einfluss der Reaktionbedingungen • Temperatur (typischer Bereich: -78 bis 200 °C) • Reaktionsdauer (zu kurze Reaktionszeit führt zu unvollständiger Reaktion, zu lange Reaktionszeit möglicherweise zur Weitereaktion des gewünschten Produkts) • Lösungsmittel (polar protisch, polar aprotisch, unpolar) • Wahl der Reagentien (Base ist nicht gleich Base) • Arbeitstechnik z.B.: Kann das Produkt aus dem Gleichgewicht entfernt werden? Ein Beispiel: Gewünschte Reaktion: Br CH3 Base, LM CH2 " - HBr" (Sdp. ca. 210 °C) (Sdp. 146 °C) • Temperatur Eliminierungen verlaufen bei höheren Temperaturen besser. Aber: Produkt (Styrol neigt zu Polymerisierung) • Wahl der Reagentien (hier Base) (Basizität ist nicht sehr kritisch, aber: Die Base darf kein gutes Nucleophil sein! NaOMe ist schlecht, KOtBu ist besser, evtl auch tert. Amin. • Lösungsmittel Polar aprotisch (Protische Lösungsmittel reagieren evtl. mit Base, das deprotonierte Lösungsmittel wirkt als Nucleophil • Arbeitstechnik Der hohe Siedepunkt macht das Abdestillieren des Produkts (Styrol) schwierig Versuchsvorbereitung • Verfügbarkeit aller Chemikalien (und Hilfsstoffe) • Eigenschaften aller Chemikalien Sicherheitsinformationen, Entsorgung, evtl. Deaktivierung von Resten reaktiver Chemikalien; Müssen Reagentien vorher gereinigt werden? • Verfügbarkeit der benötigten Geräte • Zeitplan!! Wo kann die Reaktion unterbrochen werden? Durchführung der Reaktion • Alles protokollieren! Mengen, Zeiten der einzelnen Schritte, Temperaturen und: Genau beobachten: Farbänderungen, Temperaturänderungen, fällt im Verlauf der Reaktion etwas aus oder löst sich was, Gasentwicklung….. • Falls von der Vorschrift abgewichen wurde: Warum? Jedes Detail kann wichtig sein, wenn die Reaktion nicht so will wie sie soll!! Aufarbeitung und Reinigung • Immer noch: Alles protokollieren! • Besonders wichtig bei jedem Schritt: Kontrolle der Massenbilanz Habe ich noch so viel Masse wie erwartet? Falls nein: bei welchen Schritt habe ich das Produkt (teilweise) verloren? Kann ich es noch „retten“? Interpretation und Ergebnisse • Stimmen die analytischen Daten mit dem erwarteten Produkt überein? • Bestätigt das Experiment die Erwartungen (Mechanismus)? • Gab es während der Versuchsdurchführung Probleme und wie könnte man die beim nächsten Mal umgehen?