4 Diskussion 4.1 Inhibition von JNK und anderen MAPK in der CED Therapie Trotz langjähriger Forschung auf dem Gebiet der chronisch entzündlichen Darmerkrankungen ist die Pathophysiologie noch unzureichend aufgeklärt. Unbestritten ist die multifaktorielle Genese der CED. Nach dem aktuellen Stand der Forschung umfassen die pathogenetischen Faktoren sowohl genetische, als auch immunlogische, mikrobielle und umweltbedingte Einflüsse. Die gegenwärtigen Theorien gehen von einer Dysregulation der angeborenen Immunität des Gastrointestinaltraktes mit einer konsekutiven überschießenden immunologischen Reaktion auf bestimmte intestinale Antigene, wie z. B. mukosale Antigene und antigene Determinanten von Nahrungsbestandteilen oder der enteralen Mikroflora aus [78, 94, 101, 103]. Im Mittelpunkt unserer Arbeitsgruppe steht die Erforschung der zur Familie der mitogen aktivierten Proteinkinasen (MAPKs) gehörende c-Jun-N-terminale Kinase (JNK), die mit ihren beiden ubiquitär exprimierten Isoformen JNK1 und JNK2 bei intestinalen Entzündungsvorgängen eine entscheidende Rolle spielt. Neben ihrer Beteiligung an apoptotischen und inflammatorischen Signaltransduktionswegen sind JNKs- und auch andere MAPKs- an der Regulation der angeborenen Immunität beteiligt [92]. Somit stellen MAPK und insbesondere die JNKs einen möglichen Angriffspunkt in der Behandlung der CED dar. Einige aktuelle Studien haben bereits viel versprechende Ergebnisse beim tierexperimentellen Einsatz der MAPK Inhibitoren geliefert [43, 44]. Jedoch ist die Verwendung der momentan verfügbaren MAPK Inhibitoren viel zu unspezifisch mit der Folge, dass gleich mehrere Isoformen der MAPK gehemmt werden [12]. So kommt es z. B. nach Applikation von MAPK-Inhibitor CNI-1493, der bereits erfolgreich bei Patienten mit MC im Rahmen von klinischen Studien eingesetzt wurde, zur Hemmung aller JNK-Isoformen sowie p38-Inhibition [43, 44]. Diese Arbeit hat aber auch Hinweise ergeben, dass gerade die Hemmung der JNK einen positiven klinischen Effekt ergeben hat. Es ist jedoch unklar, welche der drei Isoformen (JNK1, JNK2 oder JNK3) dafür verantwortlich ist. In weiteren Studien wurde der Einsatz eines anderen (relativ) spezifischen JNK-Inhibitors SP600125 erprobt [5]. Der Einsatz in der akuten Colitis der Maus und der Ratte zeigt einen signifikanten positiven antiinflammatorischen Effekt auf klinischer und histologischer Ebene [5, 68]. Aber auch 43 hierbei handelt es sich um einen „Pan-JNK-Inhibitor“ mit einer geringen Affinität für andere MAPKs, wie p38 und ERK und die übergeordneten Kinasen MKK4 und MKK7. Es ist also nach wie vor ungeklärt, welche der drei JNK-Isoformen den optimalen Angriffspunkt für die Inhibition mit dem besten therapeutischen „outcome“ darstellen. Unsere Forschungsgruppe hat bereits einige Arbeiten zur Isoform-spezifischen Untersuchung der JNK-Funktion mit Hilfe von entsprechenden knock out Mäusen durchgeführt [22]. Dort konnte überraschenderweise gezeigt werden, dass die Inaktivierung der JNK2 eine hoch dosierte chronische Colitis nicht abmildert, sondern im Gegenteil deutlich aggraviert. Die genetische Inaktivierung der JNK1 führte zu keinem relevanten Einfluss auf die Entzündungsaktivität im Mausmodell [22]. Aufgrund einer hohen Mortalitätsrate während der Studie, die in der JNK2-/- DSS Gruppe 75% und in der korrespondierende JNK +/+ DSS 33% betrug, konnten die Unterschiede in der histologischen Auswertung nicht auf Signifikanz getestet werden. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Untersuchung der JNK1 und JNK2 Funktion in Bezug auf die Immunregulation bei einer chronischen niedrig dosierten (1%) DSS-Colitis im Mausmodell. 4.2 DSS-Colitis als Tiermodell In den vergangenen Jahren wurden zahlreiche neue Tiermodelle beschrieben, denen ein Teil des Fortschritts in der Erforschung der CED zu verdanken ist. Das ideale Tiermodell sollte möglichst alle Paradigmen der CED Pathophysiologie des Menschen so exakt wie möglich in sich vereinen und die Entzündung präzise wiedergeben, um Rückschlüsse über die genetische und immunologische Fundamente der Erkrankung zu ermöglichen. Je genauer die klinisch und histologische Analogie zur menschlichen CED desto wahrscheinlicher eine Verbesserung der Therapiekonzepte und kausaler Behandlungsmöglichkeiten. Als Tiermodell für die vorliegende Arbeit haben wir das in unserer Arbeitsgruppe bereits erprobtes DSS-Colitis Modell der Maus gewählt. Die DSS Colitis ist ein häufig verwendetes Tiermodell. Die Vorteile dieses Modells liegen einerseits in einer sehr guten Verfügbarkeit und Reproduktivität andererseits in seiner guten Homologie und Vergleichbarkeit mit der humanen Colitis, da es den morphologischen Veränderungen im menschlichen Darm im Rahmen der CED sehr nahe kommt [91]. Aus diesen 44 Gründen haben wir uns bei dieser wie auch bei den vorausgegangenen Studien für dieses Modell entschieden. Das oral aufgenommene DSS führt zu einer Entzündung des gesamten Colons mit klinischen Symptomen wie Gewichtsverlust und teils blutigen Diarrhöen [73]. Histologisches Kennzeichen dieses Modells sind Schädigung von Epithelzellen, Verlust von Beherzellen und Krypten, Erosionen, Dysplasien und Leukozyteninfiltrationen [73]. Das histologische Bild im Mausmodell korreliert mit dem endoskopischen Bild der humanen Colitis Die Wirkung der DSS beruht auf einer Konzentrations- und Zeit-abhängigen Toxizität gegen epitheliale Barrierefunktion. Die intestinale, mikrobielle Flora ist für die Inflammation und Krankheitsverlauf der CED von ausschlaggebender Bedeutung [85]. Experimentelle Studien konnten zeigen, dass in keimfreier Umgebung keine DSSColitis entsteht [52]. 4.3 Zusammenfassung eigener Ergebnisse Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Fragestellung inwiefern die unterschiedlichen JNK-Isoformen die Immunantwort bei der chronischen niedrig dosierten DSS-Colitis Versuchsvorhabens beeinflussen stehen bzw. modulieren. Im Mittelpunkt des entzündliche Signaltransduktionswege der JNK in Enterozyten und inflammatorischen Zellen. Die verwendeten JNK1 und JNK2 knock out Mäuse sowie die entsprechenden Wildtyp-Kotrollen ermöglichen eine Isoformspezifische Untersuchung der Funktion der beiden ubiquitär exprimierten JNKIsoformen JNK1 und JNK2 im Kontext der interstinalen Entzündung. Die immunhistochemischen Färbungen sollen Einblick in die CD4 und CD8 Expression und mögliche Zusammenhänge zwischen der T-Zell-Differenzierung und JNK-Induktion gewähren. Wie bereits in den Vorstudien unserer Forschungsgruppe gezeigt, zeigte es sich auch in dieser Studie, dass die Inaktivierung der JNK2 Isoform die chronische Colitis aggraviert und nicht abmindert. Die JNK2-/-Gruppe hat im Vergleich zum Wildtyp (JNK2+/+) sowohl in der klinischen (DAI) als auch in der histologischen Auswertung (CDS) eine signifikant höhere Entzündungsaktivität. Die dabei am meisten betroffenen Darmabschnitte sind Colon mediale und Colon distale. Diese beiden Regionen zeigen am ausgeprägtesten die Entzündung mit entsprechend hohem CDS. Es zeigte sich, dass 45 die JNK2ko-Gruppe sowohl klinisch als auch histologisch von der DSS induzierten Colitis am meisten betroffen ist. Die JNK1ko-Gruppe zeigte weder klinisch noch histologisch eine signifikant höhere Entzündungsaktivität im Vergleich zu dem JNK1+/+ (Wildtyp). Es ließ sich somit in JNK1-/- Mäusen nach DSS-Applikation in niedriger Dosierung verglichen mit H2O Gabe keine Colitis induzieren. Das bedeutet, dass die Inaktivierung der JNK1 Isoform, zumindest in dem chronischen, niedrig dosiertem Modell, weder Vor- noch Nachteile im Bezug auf den klinischen Verlauf nach sich zieht. Die Auswertung der Histologie in der JNK1-Gruppe ergab, dass, ähnlich wie bei der JNK2-Gruppe, Colon mediale und Colon distale die Abschnitte mit der tendenziell höchsten Entzündung sind, ohne statistische Signifikanz zu erlangen. Jedoch darf bei der Beurteilung der JNK1 Tiere nicht die hohe Mortalität vernachlässigt werden (1/9 in der JNK1-/- Gruppe, 3/9 in der JNK1+/+ Gruppe). Es sind also insgesamt 4 von 18 Tieren verstorben. Man muss diesem Umstand insofern Beachtung schenken, als dass die verstorbenen Tiere eine Selektivität bei den Überlebenden bewirkt haben, mit der möglichen Folge der fehlenden Signifikanz in der darauf folgenden Auswertung. In der Auswertung der Immunfluoreszenz zeigte sich, dass die CD8 Zellen in den Darmabschnitten mit der höchsten Entzündung am stärksten exprimiert werden. Die Expression der CD4 Zellen folgt zwar einem prinzipiell ähnlichen Verteilungsmuster mit der maximalen Anhäufung im distalen und mittlerem Colon, doch ist einerseits die Dichte der CD4 positiven Zellen geringer als die der CD8 Zellen und andererseits keine Signifikanz beim Vergleich JNK2-/-DSS vs. JNK2+/+ zu verzeichnen. Die maximale Dichte der CD8 Zellen findet man in der JNK2-/- DSS Gruppe, signifikant höher als beim Wildtyp (JNK2+/+ DSS) und in der mit H2O behandelten Kontroll-Gruppe. Die Verteilung der Entzündungszellen korreliert eindeutig mit der histologischen Auswertung mittels CDS. Die Tiere mit den höchsten DAI-Werten zeigen auch die maximale Ausprägung der CD8-Zellen. Die Verteilung der CD8 positiven Zellen in den Gruppen JNK2+/+ H2O, JNK2+/+ DSS und JNK2-/- H2O ist untereinander nicht signifikant und insgesamt eher gering. Auch bei dieser Verteilung sieht man eine Parallelität zu der DAI Auswertung. In der CD4 Expression erkennt man eine ähnliche Verteilungstendenz mit der maximalen Dichte in der Gruppe JNK2-/- DSS. Allerdings ist der Vergleich zum Wildtyp (JNK2+/+ DSS) nicht signifikant. Die höchste CD4Expression findet sich, wie auch bei der CD8-Verteilung, in der Gruppe, mit den höchsten DAI-Werten. Die WT2 DSS-, JNK2 H2O- und WT2 H2O Gruppen haben alle 46 eine gleich niedrige CD4-Expressionsrate und sind untereinander nicht signifikant. Die Ergebnisse korrelieren erneut mit der DAI-Auswertung der Gruppen untereinander. Aus den Resultaten der Arbeit lässt sich die Schlussfolgerung ziehen, dass der Verteilungsmuster der CD8 und CD4 Zellen die Entzündung widerspiegelt. Ein unerwartet neuartiges Resultat liefert diese Arbeit insofern als das bei dieser niedrig dosierten DSS-Colitis die CD8 positiven Zellen in dem Entzündungsinfiltrat überwiegen. Bisher wurde in mehreren Studien die Aktivierung der CD4+Lymphozyten und deren Differenzierung zu Th1 und Th2 Zellen als ein immunologisches Kennzeichen der CED dargestellt. Das Zytokin-Sekretionsmuster entspricht in der akuten Phase unter Einfluss von IL-18 einer Th1-Antwort mit erhöhter Expression von IFNγ, IL-12, und IL-1 [33, 90] Darüber hinaus kommt es auch zu einer Zunahme von IL-10, das eher der Th2-Antwort zugeordnet wird [33]. In der chronischen Phase der Colitis scheint die Th2-Antwort mehr Gewicht zu bekommen, so dass Th1 und Th2 typische Zytokine (IL-4) gleichermaßen exprimiert werden [29, 71]. In unserer Studie konnten wir überraschenderweise zeigen, dass in der niedrig dosierten (1%) chronischen DSS-Colitis die CD8+Lymphozytenpopulation überwiegt. Die Dichte der CD8+ Lymphozyten korreliert signifikant mit dem CDS. Die Verteilung der CD4+Lymphozyten zeigt tendenziell eine ähnliche Verteilung wie die Vergleichspopulation CD8, doch sind die Vergleiche unter JNK2-/- und JNK2+/+ Gruppen und entsprechenden H2O-Kontrollen nicht signifikant. 4.4 Analyse eigener Ergebnisse vor dem Hintergrund aktueller Studien Trotz langjähriger intensiver Erforschung der JNK Signalweges zeichnet sich dieser aufgrund einer Vielzahl aktivierender Stimuli und Vorhandensein der zehn JNK Isoformen durch eine fast unüberschaubare Komplexität aus. In unserer Arbeit haben wir uns zur Beurteilung der Entzündungsaktivität auf die Verteilung der CD4+ und CD8+ Zellen in JNK1 und JNK2 ko Mäusen samt ihrer Wildtyp- Kontrollen konzentriert. Beide Strukturen sind sog. Ko-Rezeptoren auf der Oberfläche der T-Lymphozyten, die in Kooperation mit dem T-Zell-Antigenrezeptor das individuelle Antigen, das an ein MHC-Molekül gebunden ist, erkennen. Diese Oberflächenproteine, CD4 und CD8, entscheiden darüber hinaus, ob sich der 47 Lymphozyt an MHC-I- oder- II-Moleküle anlagert, da CD4 nur an Klasse II und CD8 nur an Klasse I bindet. Durch die Korezeptoren wird die Empfindlichkeit von TLymphozyten für das präsentierte Antigen um den Faktor 100 erhöht. Die Differenzierung der beiden T-Lymphozyten-Populationen verläuft unterschiedlich. Während CD8-Lymphozyten nur zu zytotoxischen Lymphozyten differenzieren, können sich die CD4-T-Lymphozyten zu inflammatorischen (Th1) oder Helfer (Th2)Effektorzellen entwickeln [59, 66]. Die unterschiedlichen Isoformen der JNKs werden von insgesamt drei Genen kodiert. Dabei werden JNK1 und JNK2 ubiquitär exprimiert, während JNK3 hauptsächlich im Gehirn, sowie im Herzen und den Hoden vorkommt [27]. Durch alternatives Splicen werden aus diesen drei Genen zehn verschiedene Isoformen generiert [39]. Die Deletion von JNK1 oder JNK2 oder JNK3 in Mäusen führt zu keinen offensichtlichen phänotypischen Veränderungen oder morphologischen Abnormitäten. Die Untersuchungen an den doppelt ko Mäusen haben Folgendes ergeben: JNK1/-/ JNK3-/ko Mäuse sind ebenso wie JNK2-/-/ JNK3-/- ko Mäuse überlebensfähig [27], während JNK1-/-/ JNK2-/- ko Mäuse in einem frühen embryonalen Stadium aufgrund von neuronalen Defekten sterben [53, 83, 84]. Experimentelle Forschungen an JNK1-/- und JNK2-/- zeigen, dass diesen Genen eine entscheidende Funktion in der T-Zell Immunantwort zukommt. So sind JNK1 und JNK2 für die Differenzierung von CD4+Zellen in Th1 – oder Th2 -Effektorzellen (T-Helfer-Zellen) essentiell. CD4+ T-Zellen, denen JNK1 oder JNK2 fehlen, differenzieren bevorzugt in Th2 Zellen, die die humorale Immunität gegen Parasiten vermitteln [31, 32, 102]. Darüber hinaus ist die Expansion von CD8+ Zellen, die defizient in JNK1 sind, stark reduziert, während JNK2 einen negativen Effekt in diesen Zellen auszuüben scheint, da JNK2-/- CD8+ Zellen stark erhöhte Mengen an IL-2 und IFN- gamma exprimieren. [3, 23]. In zahlreichen Geweben wird durch die JNK2 die zelluläre Apoptose ausgelöst [15, 30, 50, 53]. Es wurde gezeigt, dass Lymphozyten ohne JNK2 resistent gegenüber Apoptose sind [84]. Eine reduzierte T-Zellapoptose im Rahmen der CED wird durch IL-6 mit STAT-3 Aktivierung und konsekutiver Expression von anti-apoptotischen Proteinen, wie den JNK-regulierten Bcl-2 und Bcl-xL vermittelt [67]. Umgekehrt führte die Hemmung der STAT-3 Kaskade durch Blockade von IL-6 zu einer Suppression der T-Zellapoptose [7]. Die Untersuchung an JNK3 ko Mäusen erfolgte besonders im Hinblick auf das zentrale Nervensystem, diese Mäuse sind im Gegensatz zu JNK1-ko-Mäusen und JNK2 ko Mäusen resistent gegen Kanainsäure-induzierte (ein Glutamatagonist) neuronale 48 Apoptose [97, 102]. In einer anderen Studie von Kuan et al., 2007 konnte mittels eines Inhibitors der Tat JNK binding domain, die, ausgelöst durch Ischämie in der hippokampalen CA1 Region, die Phosphorylierung der JNK3 und die Expression des Fas- Liganden induziert, eine neuroprotektive Wirkung der JNK3 Hemmung nachgewiesen werden [53, 67]. Die Ergebnisse aus unserer Studie liefern neue Aussagen über die inflammatorischen Vorgänge in der CED- Pathophysiologie. Anders als bisher kam es bei diesem niedrig dosierten DSS-Colitis Modell zu einer erhöhten Expression an CD8 Zellen im Entzündungsinfiltrat der untersuchten Zellen. Es liegen signifikant mehr CD8+ T-Zellen in der JNK2-/- DSS-Gruppe als im Wildtyp2 DSS und in der JNK2-/- H2O Gruppe vor. Die Expression der CD4+ T-Zellen folgt tendenziell ähnlichem Verteilungsmuster, doch insgesamt überwiegt der Anteil der CD8 im Vergleich zu den CD4+ T-Zellen, sowohl bei den JNK1-/- als auch bei den JNK2-/- Gruppen. Wie bereits die Vorarbeiten unserer Forschungsgruppe, zeigt auch diese Arbeit, dass die JNK2-/- die Entzündung aggraviert, während die Inaktivierung der JNK1 praktisch keinen Einfluss auf die Entzündungsaktivität ausübt. Anhand dieser Ergebnisse lässt sich folgende Hypothese als Erklärungsansatz für die beobachteten pro-inflammatorischen Phänomene des JNK2-/- aufstellen: die Hemmung der JNK2 induzierten Apoptose und somit eines natürlichen, programmierten Zelltodes, protrahiert die Aktivität von Immunzellen. Dadurch nimmt die proinflammatorische Aktivität dieser Zellen zu, mit der Folge einer vermehrten Sekretion der Entzündungsmediatoren, wie z.B. IL-1, IL-6 und TNF alpha. Die durch IL-6 vermittelte Aktivierung von STAT-3 führt zur Expression von antiapoptotischen Proteinen, die wiederum für die Aufrechterhaltung der proinflammatorischen T-Zellen verantwortlich sind. Aktivierte T-Lymphozyten unterhalten ihrerseits die Inflammation im Rahmen der CED. Korrelierend dazu konnte in einer Studie von Atreya et al. die Colitisaktivität abgeschwächt werden, durch die Inhibition des IL-6 und des STAT-Weges und somit durch eine T-Zell-Suppression [7]. Möglicherweise liegt aber die Erklärung für die gesteigerte Entzündung beim JNK2-/Typ in der anti-inflammatorischen Potenz der JNK2-Isoform, die bei den knock out Tieren gehemmt wurde [3, 23]. Beim JNK1 knock out zeigte sich kein Unterschied zum Wildtyp. Die JNK1 unterhält über die TAK1 (transforming growth factor-beta-associated kinase 1) die antiapoptotische Signaltransduktion von IAP- Molekülen (Inhibitoren der Apoptose) [86]. Die vergleichsweise stark ausgeprägte Entzündungsreaktion bei den JNK1-/- DSS 49 Tieren in den Colon mediale und distale könnte daher auf eine Inhibition dieses antiapoptotischen Signaltransduktiosweges zurückzuführen sein. JNK 1 und JNK2 sind beide an der angeborenen Immunantwort beteiligt [98], so dass letztendlich davon ausgegangen werden kann, dass eine Ausschaltung der JNKs zu einer Imbalance zwischen den pro- und ani- apoptotischen Wegen und folglich einer Schwächung des Immunssystems führt. 4.5 Zusammenfassung In der vorliegenden Arbeit haben wir uns mit der Funktion unterschiedlicher JNKIsoformen bei der chronischen niedrig dosierten DSS-Colitis hinsichtlich der Ausprägung der Immunantwort, gemessen als klinische und histologische Entzündungsaktivität, beschäftigt. Der klinische Schwererad der Colitis wurde mittels DAI (Disease Activity Index) bestimmt. Der histologische Schweregrad des mukosalen Schadens und Architekturverlustes wurde mit Hilfe des Crypt Damage Score (CDS) nach Egger ermittelt. Anschließend wurden die Abschnitte mit der höchsten Entzündungsreaktion mittels Immunfluoreszenz markiert und ausgewertet. Dabei erhoffen wir uns eine detailliertere Einsicht in die Immunmodulation bei CED, insbesondere in Bezug auf die Modulation der Lymphozytenpopulationen. Bisher wurde in mehreren Studien die Aktivierung der CD4+Lymphozyten und deren Differenzierung zu Th1 und Th2 Zellen als ein immunologisches Kennzeichen der CED dargestellt. In unserer Studie konnten wir überraschenderweise zeigen, dass in der niedrig dosierten (1%) chronischen DSS-Colitis die CD8+Lymphozytenpopulation überwiegt. Die Dichte der CD8+ Lymphozyten korreliert signifikant mit dem CDS. Die Verteilung der CD4+Lymphozyten zeigt tendenziell eine ähnliche Verteilung wie die Vergleichspopulation CD8, doch sind die Vergleiche unter JNK2-/- und JNK2+/+ Gruppen und entsprechenden H2O-Kontrollen nicht signifikant. Wie bereits in den Voruntersuchungen unserer Arbeitsgruppe demonstriert, zeigt sich auch in dieser Arbeit, dass die Inaktivierung der JNK2 die chronische DSS Colitis aggraviert, während die Inaktivierung von JNK1 keinen Einfluss auf die Entzündungsaktivität im Mausmodell hat. [22]. Die Ergebnisse aus der hoch dosierten DSS Colitis (1,7%) werden dadurch zum Teil bestätigt. JNK2 knock out verschlimmert die DSS Colitis bzw. ermöglicht in dieser niedrigen DSS Dosis erst überhaupt das Entstehen einer Colitis. Die entsprechenden Wildtyp Tiere (WT2) werden praktisch gar nicht krank. Das 50 Maximum der Entzündung liegt im distalen und mittleren Colon. Hier sind auch die Unterschiede im Crypt Damage Score signifikant. Beim JNK1 knock out zeigt sich kein signifikanter Unterschied zum Wildtyp (WT1). Im zweiten Teil der Arbeit haben wir uns auf die Verteilung der Lymphozytenpopulationen CD4 und CD8 konzentriert. Anders als in den vorausgegangenen Studien zeigte sich hierbei eine stärkere Beteilung auf der Seite der CD8-Population. Signifikante Aussagen lassen sich jedoch nur für die JNK2 machen. Die CD8 Expression ist bei der JNK2-/- Gruppe im Vergleich zur JNK2+/+ Kontrolle signifikant höher. Die CD4 Expression beim JNK2-/- Typ ist zwar höher als beim Wildtyp doch sind die Ergebnisse nicht signifikant. Rückblickend auf die Ergebnisse der Arbeit lässt sich die bereits in der Diskussion ausgesprochene Hypothese als Erklärungsansatz für die beobachteten Phänomene aufstellen: Die Inaktivierung der JNK2 Isoform führt möglicherweise durch die Ausschaltung der apoptotischen Transduktionskaskaden zu einer verstärkten Entzündung. Möglicherweise liegt aber die Erklärung für die gesteigerte Entzündung beim JNK2-/- Typ in der antiinflammatorischen Potenz der JNK2-Isoform, die bei den knock out Tieren gehemmt wurde. Nicht zuletzt sollte man aber die Komplexität der Signaltransduktionskaskaden, die durch die MAPKs und im einzelnen durch die JNK-Isoformen reguliert werden, beachten, so dass sie möglicherweise an beiden Regulationsmechanismen beteiligt sind. Eindeutig ist jedenfalls, dass diese Ergebnisse neue Fragestellungen in der Grundlagenforschung der chronisch entzündlichen Darmerkrankungen aufkommen lassen, die zu ihrer Beantwortung in der Hoffnung neuer, möglichst kausaler Therapiestrategien noch zahlreiche weitere Untersuchungen nach sich ziehen. 51