Signaltransduktion von Cytokin-Rezeptoren und die

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Signaltransduktion von Cytokin-Rezeptoren und die Spezifität
zellulärer Reaktionen
Karlheinz Friedrich, Friedrich-Schiller-Universität Jena, Abt. Chirurgie, Forschungslabor, Jena
Cytokine sind kleine helicale Proteine, die als Mediatoren der Kommunikation zwischen Zellen im
Säugerorganismus fungieren. Sie werden von Leukocyten, häufig aber auch von anderen Zelltypen
sezerniert. Von zentraler Bedeutung ist die Rolle von Cytokinen bei der Steuerung der Aktivität des
hämatopoietischen und des Immunsystems. So kontrollieren sie die Reifung von Blutzellen aus
pluripotenten Stammzellen, regulieren die Immunantwort durch Induktion der Proliferation und
Differenzierung von T- und B-Lymphocyten und koordinieren Entzündungsreaktionen, z.B. durch die
Aktivierung von phagocytierenden Zellen [1]. Aufgrund der strukturellen Verwandtschaft der hämatopoietischen Cytokine und ihrer funktionellen Redundanz und Pleiotropie überraschte es nicht, daß
auch der Signalauslösung und Weiterleitung in den Effektorzellen vergleichbare molekulare Mechanismen zugrunde liegen. Tatsächlich bilden die hämatopoietischen Cytokin-Rezeptoren eine Superfamilie mit strukturell hochkonservierter ligandenbindender Domäne sowie mit charakteristischen
Abläufen der Aktivierung und Signaltransduktion [2]. Cytokine lösen eine bemerkenswerte Vielfalt
zellulärer Reaktionen aus, die zudem für ein gegebenes Cytokin in unterschiedlichen Effektorzellen
noch äußerst verschiedenartig sein können. Wie kann eine solche Flexibilität mit einem begrenzten
Repertoire an molekularen Mechanismen der Signaltransduktion verwirklicht werden? Die Antwort
fällt vielschichtig aus, da offenbar auf mehreren Ebenen zwischen der Zellmembran und der DNA der
Signalfluß in seiner Qualität modulierbar ist.
Signaltransduktion von
Cytokin-Rezeptoren
쑺 Der erste Schritt der zellulären Signalauslösung durch Cyto-
kine besteht in der ligandeninduzierten Dimerisierung (oder Oligomerisierung) von Rezeptorketten (Abb. 1). Ein aktivierter Rezeptorkomplex kann identische
Abb. 1: Signaltransduktion von Cytokin-Rezeptoren über den JAK/STATSignalweg. Gleichartige oder unterschiedliche Rezeptor-Untereinheiten
werden durch bivalente Ligandenbindung zusammengeführt (1). Im
aktivierten Rezeptorkomplex tyrosinphosphorylieren Janus-Kinasen (JAKs)
die Rezeptorketten (2) sowie STAT-Proteine, die via SH2-Domänen andocken
(3). STAT-Proteine dimerisieren über intermolekulare Bindungen zwischen
Phosphotyrosinen und SH2-Domänen und verlassen den Rezeptorkomplex
(4). STAT-Dimere translozieren in den Zellkern und binden an spezifische
DNA-Erkennungssequenzen in den Promoterregionen von Cyokin-Zielgenen
(5). Die Transkription spezifischer Gene wird moduliert (6).
oder unterschiedliche Rezeptoruntereinheiten enthalten. An der
cytoplasmatischen Seite werden
die intrazellulären Anteile der
Rezeptorketten in unmittelbare
Nachbarschaft zueinander gebracht. Es kommt hierdurch zur
Aktivierung von Tyrosin-Kinasen, die mit den Rezeptormolekülen in Kontakt stehen oder treten und damit zur schnellen Tyrosinphosphorylierung zellulärer
Proteine. Rezeptorassoziierte Kinasen der JAK („Janus Kinase“)Familie phosphorylieren und aktivieren sich am dimerisierten
Rezeptor gegenseitig und sind
essentiell für die Signaltransduktion von Cytokin-Rezeptoren:
Phosphorylierungs-Substrate der
JAKs sind neben den Rezeptorketten u.a. Transkriptionsfaktoren aus der Gruppe der STATs
(„Signal transducers and activators of transcription“). Diese cytoplasmatischen Proteine werden
nach Rekrutierung in den Rezeptorkomplex und Tyrosin-Phosphorylierung in dimerer Form
kerngängig und modulieren dort
durch Bindung an spezifische
DNA-Sequenzelemente die
Transkription cytokinregulierter
Gene.
Die Ansteuerung des JAK/
STAT-Signalweges ist ein besonders typisches Charakteristikum
der Cytokin-Rezeptor-Familie.
Daneben induzieren viele Cyto-
kine jedoch auch Signalkaskaden
des „Mitogen-Activatated Protein Kinase Pathway“ und treten in
Kontakt mit unterschiedlichen
Regulator- und Adapter-Proteinen wie z.B. Tyrosin-Phosphatasen, Tyrosin-Kinasen der srcFamilie und spezifischen Inhibitoren. Es gibt Hinweise dafür,
daß cytokininduzierte Signalprozesse über gemeinsam beeinflußte Mediatoren auch mit anderweitig regulierten Reaktionsabläufen interferieren.
Variationen von RezeptorExpression und -Zusammensetzung
Die Wechselwirkung zwischen Cytokin-Rezeptoren und
ihren Liganden ist hochspezifisch. Daher liegt nahe, daß Regulationsmechanismen für Cytokinwirkungen auf der Ebene der
Rezeptoraktivierung eingreifen
können. So kann etwa die Rezeptorexpression zelltyp- oder situationsabhängig gesteuert oder die
Untereinheiten-Zusammensetzung von Rezeptorkomplexen im
Verlauf von ZelldifferenzierungsVorgängen abgewandelt werden.
Beispielsweise kommt es zur
Reaktivität von Zellen der hämatopoietischen Reihe auf Erythropoietin durch zellstadienspezifische Expression des EPO-Rezeptors [3], oder es erfolgt eine
Adaptation der T-Zellantwort auf
Interleukin-2 durch Expressionsregulation der α-Kette des IL-2
Rezeptors [4]. Interessanterweise gibt es Fälle, in denen das
identische Cytokin unterschiedlich zusammengesetzte Rezeptorformationen aktivieren kann.
Darin liegt das Potential eines
regulatorischen Mechanismus.
Hier seien die beiden Versionen
des Interleukin-4-Rezeptors angesprochen, von denen der Typ
I aus der IL-4-Rezeptor-α-Kette und der „common γ-“ (γc-)
Kette besteht und der Typ II die
a-Kette des IL-4- und die α-Kette des IL-13 Rezeptors enthält
[5]. Diese beiden Formationen
scheinen differentiell an Genregulationsvorgängen beteiligt zu
sein: Während der Entwicklung
von Monocyten zu Macrophagen wird die Expression von γc
beendet und damit wahrscheinlich die Ausbildung des IL-4-
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Abb. 2: Differenzielle Signaltransduktion durch variierte Zusammensetzung
eines Cytokinrezeptorkomplexes. In Monocyten und Macrophagen supprimiert Interleukin-4 die Lipopolysaccharid-induzierte Expression von
Entzündungsmediatoren. Bei der Entwicklung von Macrophagen aus
Monocyten ändert sich die Zusammensetzung des IL-4 Rezeptorkomplexes,
da die Expression der γc-Untereinheit zurückgeht. Gleichzeitig ändert sich
das Reaktionsmuster der Zellen auf IL-4, denn die Suppression von TNFα
und IL-10 unterbleibt in Macrophagen [6]. Die zugrundeliegenden molekularen Abläufe sind noch ungeklärt.
Rezeptors vom Typ II begünstigt. Gleichzeitig ändert sich
das Muster IL-4-induzierter
Entzündungsmediatoren wie
Tumornekrosefaktor α und IL1β, IL-12 und IL-10 in charakteristischer Weise (Abb. 2) [6].
Obwohl der formale Beweis
noch aussteht, ist hiermit wahrscheinlich ein Fall identifiziert,
bei dem die Veränderung der
Rezeptorkomposition die Cytokinwirkung moduliert.
Variation cytoplasmatischer
Wechselwirkungen von Signalproteinen
Die Aktivierung von Cytokin-Rezeptoren induziert ein
komplexes Netzwerk von Protein-Protein-Wechselwirkungen im
Cytoplasma. Ein großer Anteil
der Spezifität in diesem Geflecht
wird den Kontakten zwischen Sequenzmotiven mit phosphorylierten Tyrosinen und Proteinmodulen mit hoher Affinität für diese
Bindungsstellen (SH2- oder
PTB-Domänen) beigemessen.
So beruht die Aktivierung der
STAT-Proteine durch den Rezeptorkomplex weitgehend auf
dem spezifischen Andocken der
SH2-Domänen von STATs an
entsprechende Regionen der Rezeptorketten, die zuvor von Janus-Kinasen an Tyrosinen phosphoryliert wurden [7]. Wie die
Phänotypen von Mäusen zeigen,
in denen einzelne der insgesamt
sieben bekannten Säuger-STATs
genetisch ausgeschaltet wurden,
sind tatsächlich die Wirkungsspektren einiger Cytokine nahezu komplett durch die Funktion
individueller STATs determiniert. Dies trifft etwa für die antiviralen Aktivitäten von Interferon γ zu, die weitestgehend über
STAT1 vermittelt werden [8]
oder für die STAT6-abhängigen
Differenzierung von Lymphocyten im Zuge der Interleukin4-getragenen humoralen Immunantwort [9]. Die meisten STATProteine und andere Signalmediatoren werden jedoch von verschiedenen Cytokin-Rezeptoren
angesprochen. Einige Mechanismen sind beschrieben worden,
die möglicherweise spezifitätsmodulierend in den Signalfluß
einbezogen sind, ohne das die
funktionellen Zusammenhänge
im einzelnen verstanden wären:
STATs können auch unabhängig
von der Tyrosinphosphorylierung
der Rezeptorketten aktiviert werden, indem sie direkt mit JanusKinasen assoziieren. Diese Kontakte werden jedoch offenbar ihrerseits durch den Phosphorylierungsstatus der Bindungspartner
reguliert [10, 11].
Zudem unterliegen STAT-Proteine nicht nur einer Tyrosin-,
sondern auch einer Serin-Phos-
phorylierung durch noch nicht
definierte Kinasen. Mehrere
Klassen cytoplasmatischer Inhibitoren wie die SOCS- und PIASProteine [12] sind an der negativen Regulation von Cytokin-Signalen beteiligt. Phosphatasen
limitieren nicht nur Signale, sondern können auch, wie die Tyrosin-Phosphatase PTP1D im Kontext des Prolactin-Rezeptorkomplexes, als aktivierende Adaptorproteine wirken [13]. Sehr wahrscheinlich wird das bei der Koordination verzweigter MAP-Kinase-Signalwege verwirklichte
Prinzip der „Scaffold-Proteine“,
welche situationsabhängig Signalproteine zusammenführen
können, auch bei der Signaltransduktion von Cytokin-Rezeptoren
eine Rolle spielen.
Variationen der Genregulation
Von Cytokinen ausgelöste Signalprozesse münden letztlich in
die Beeinflussung der Aktivität
von Zielgenen ein. Maßgeblich
sind hierfür die STAT-Proteine,
die nach Phosphorylierung, Dimerisierung und Kerntranslokation Erkennungssequenzen in
den Promoterregionen der cytokinregulierten Gene binden. Alle
STAT-Faktoren erkennen Bindungselemente vom Typ TTC
N3-4GAA, was die Frage nach
möglichen Mechanismen individueller Gensteuerung aufwirft.
Systematische Studien ergaben
Präferenzen der individuellen
STATs für distinkte Versionen
des Consensus-Bindungungsmotivs [14]. Diese Affinitätsunterschiede sind jedoch gradueller
Natur, lediglich STAT6 zeichnet
sich als einziges Mitglied der Proteinfamilie durch seine Bevorzugung von Sequenzelementen mit
einem Abstand von vier Basenpaaren zwischen den beiden
Hälften des Consensus-Bindungspalindroms aus. Es ist daher relativ leicht erklärbar, wie
STAT6 die selektive Aktivierung
Interleukin-4-regulierter Gene
wie CD23 oder MHC II vermitteln kann. Zusätzliche Abläufe
müssen bei der Regulation von
Zielgenen anderer STATs eingreifen (Abb. 3). Es gibt Hinweise darauf, daß durch Serin-Phosphorylierung von STATs das
Transaktivierungspotential der
Proteine moderiert wird. Die
Ausbildung von Heterodimeren
aus unterschiedlichen STATs sowie die koope-rative Bindung
benachbarter DNA-Motive
durch tetramerisierte STAT-Proteine sind Mechanismen, die
möglicherweise zur Spezifizierung der Genexpression beitragen [15]. Auch natürlich vorkommende dominant-negative Varianten von STAT-Proteinen [16]
könnten in kontrollierter Weise
die STAT-vermittelte Transkriptionsaktivität beeinflussen. Von
entscheidender Bedeutung für
das Verständnis cytokinabhängiger Genregulation ist jedoch
zweifellos die Wechselwirkung
von STATs mit anderen Komponenten des Transkriptionsapparates. Als Beispiel sei die direkte
Assoziation und der transkriptionelle Synergismus von STAT5
und dem Glucocorticoid-Rezeptor bei der Steuerung von Milchprotein-Genen durch Prolactin
genannt [17].
Cytokin-Signale und die
Kontrolle von Proliferation,
Differenzierung und Apoptose
Wie werden Cytokin-Signale in langfristige zelluläre Reaktionen umgesetzt? Viele CytokinRezeptoren wie z.B. der Interleukin-2-Rezeptor sind über die cytoplasmatischen Mediatoren ras
und raf an den zwischenzeitlich
gut charakterisierten „MAP-Kinase-Pathway“ angekoppelt und
steuern so allgemeine Transkriptionsfaktoren wie jun und fos.
Inzwischen sind jedoch auch
funktionelle Verknüpfungen zwischen dem JAK/STAT-Signalweg
und Mediatoren der Zellzykluskontrolle aufgedeckt worden:
Cycline und Cyclin-abhängige
Kinasen (CDKs) sind Zielgene
für STATs. Besonders deutlich ist
die Rolle von STAT5 bei der cytokinabhängigen Zellproliferations herausgearbeitet worden:
STAT5 erwies sich als essentiell
für die IL-2-getriebene Proliferation aktivierter T Zellen und die
damit einhergehende Expressionsregulation von Cyclin A, D
und E sowie von CDK6 [18]. In
vielen Situationen wirken Cytokine dem apoptotischen Zelltod
entgegen. Ein zugrundeliegender Mechanismus liegt offenbar
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in der Transkriptionsregulation
antiapoptotischer Gene durch
STAT-Faktoren. So wurde kürzlich gezeigt, daß bcl-xL ein Zielgen von STAT5 ist und über diese Verknüpfung das Interleukin3-abhängige Überleben von proB-Zellen gewährleistet wird [19].
Dutzende von STAT-regulierten
Genen sind identifiziert worden,
deren Expressionskontrolle mit
Zelldifferenzierungsvorgängen
assoziiert ist. Darunter fallen
Gene für Cytokine, Cytokin-Rezeptoren, Signalmediatoren sowie Enzyme, Akutphase-Proteine, Milchproteine, Immunglobuline und andere. Trotz der Fortschritte im Verständnis cytokininduzierter Signaltransduktion
bleiben noch viele offene Fragen
zur spezifischen Auslösung und
Koordination dieser zellphysiologischen Abläufe.
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Korrespondenzadresse
PD Dr. Karlheinz Friedrich
Friedrich-Schiller-Universität Jena,
Abt. Chirurgie, Forschungslabor,
Bachstraße 18
D-07740 Jena
Tel.: 03641-934609
Fax: 03641-933606
eMail: [email protected]
Abb. 3: Bekannte und postulierte Mechanismen der Modulation cytokininduzierter Genregulation über STATProteine. Der Grundvorgang ist die Transkriptions-Steuerung eines Cytokin-Zielgens (roter Pfeil) durch das rot
eingeboxte, tyrosinphosphorylierte und kerngängige STAT-Dimer. DNA-Bindungs-, Transaktivierungs, Tetramerisierungs- und phosphotyrosinbindende SH2-Domänen sind angedeutet. 1: STATs unterliegen nucleärem Import und
Export, die molekularen Details sind noch unklar. 2: STATs werden in ihrem Transaktivierungspotential durch SerinPhosphorylierung beeinflußt, möglicherweise sind hieran Kinasen aus dem „MAP-Kinase-Pathway“ regulatorisch
beteiligt. 3: STAT-Heterodimere können spezifische transkriptionelle Eigenschaften haben. 4: Es gibt subtile
Präferenzen individueller STATs für DNA-Elemente. 5: Die Tetramerisierung von STATs ermöglicht die Einbeziehung
zweier DNA-Motive in die Erkennungs-Spezifität. 6: STATs gehen Bindungen mit anderen Transkriptionsfaktoren und
regulatorischen Proteinen ein. 7.: Natürlich vorkommende STAT-Isoformen mit dominant-negativen Eigenschaften
können STAT-Aktivitäten spezifisch inhibieren.
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