Quantitative Untersuchungen zur Spaltung des Kollagens mit

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HOPPE-SEYLER'S Z. PHYSIOL. CHEM.
Bd. 349, S. 148-152, Februar 1968
Quantitative Untersuchungen zur Spaltung des Kollagens
mit Bromcyan
Von ARNOLD NORDWIG und WOLFHARD BANDLOW
Aus dem Max-Planck-Institut für Eiweiß- und Lederforschung, München*
(Der Schriftleitung zugegangen am 29. November 1967)
Herrn Professor Dr. W. Graßmann in Dankbarkeit zu seinem 70. Geburtstag
Zusammenfassung: Denaturiertes Kalbshautkollagen wurde in saurer Lösung mit Bromcyan abgebaut. Die kinetische Verfolgung der Reaktion
durch quantitative Aminosäureanalysen bzw. Endgruppenbestimmungen ergab, daß bei pH l und 2
die Umsetzung des Methionins zu Homoserin und
die Spaltung der entsprechenden Peptidbindungen
innerhalb weniger Stunden vollständig ist. Unter
sonst identischen Bedingungen beträgt aber die
Spaltungsausbeute bei pH 2,5 nur etwa 50 %. Das
Ausmaß der unspezifischen Spaltung von Peptidbindungen des Kollagens durch Säurehydrolyse ist
beträchtlich.
Summary: The degradation of denatured but unfractionated calf skin collagen with cyanogen
bromide in acidic solution was followed kinetically.
The cleavage of pep tide bonds involving methionine
is completed within a few hours at pH l and 2 as
monitored either by quantitative amino acid analysis or end group estimation. Under otherwise identical conditions, at pH 2,5, the yield of cleavage is
only in the range of 50%. Unspecific cleavage by
the solvent in appreciable amounts is observed.
Eine Voraussetzung für die Sequenzanalytik von
Proteinen ist die Spaltung der Makromoleküle in
definierte, der Isolierung zugängliche Bruchstücke.
Nicht immer reichen hierfür die herkömmlichen
enzymatischen Methoden aus, denn die Anzahl der
verfügbaren proteolytischen Enzyme mit genügend
scharf ausgeprägter Spezifität ist sehr gering. Außerdem erhält man durch Enzymeinwirkung gelegentlich unlösliche, sog. Core-Peptide, die auch mit
anderen Proteasen nicht mehr in Lösung gebracht
werden können.
Deshalb hat die organische Chemie in letzter Zeit
Methoden zur selektiven Spaltung von Peptidbindungen entwickelt, an denen seltener vorkommende
Aminosäuren beteiligt sind. Von diesen nicht-enzymatischen Spaltungsreaktionen hat sich die Umsetzung von Peptiden und Proteinen mit Brom-
cyan1»2 besonders gut eingeführt. Sie betrifft ausschließlich Bindungen des Methionins, verläuft mit
hoher Ausbeute und praktisch ohne Nebenreaktionen. Aus einer Reihe wichtiger Anwendungsbeispiele seien Primärstruktur-Arbeiten über Myoglobin3, Subtilisin4, über das -Protein der Tryptophan-Synthetase5 sowie ß-Lactoglobulin6 erwähnt.
* Postanschrift: Dr. A. NORDWIG, 8 München 15,
Schillerstraße 46.
1
E. GROSS u. B. WITKOP, J. Amer. ehem. Soc. 83, 1510
[1961].
2
E. GROSS u. B. WITKOP, J. biol. Chemistry 237, 1856
[1962].
3
A. B. EDMUNDSON, Nature [London] 198, 354 [1963].
4
E. L. SMITH, F. S. MARKLAND, C. B. KASPER, R. J.
DELANGE, M. LANDON u. W. H. EVANS, J. biol. Chemistry 241, 5974 [1966].
5
C. YANOFSKY, G. R. DRAPEAU, J. R. GUEST u. B. C.
CARLTON, Proc. nat. Acad. Sei. USA 57, 296 [1967].
6
G. FRANK u. G. BRAUNITZER, diese Z. 348, 1691
[1967].
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Bd. 349 (1968)
Spaltung des Kollagens mit Bromcyan
149
Kollagen, das wichtigste Protein des Bindegewebes, besteht aus drei jeweils etwa 1000 Aminosäuren langen Untereinheiten, den sog. -Ketten.
Es ist auf enzymatischem Wege weder in seiner
nativen Tripelhelix-Konfiguration (wenn man von
ganz speziellen Bedingungen des Kollagenase-Abbaus absieht7) noch denaturiert so spaltbar, daß
Aussicht auf eine erfolgreiche Trennung der Spaltstücke besteht: das denaturierte Makromolekül
wird auch von Proteasen mit sehr eng gefaßter
Spezifität, z. B. Trypsin8, zu einer Vielzahl kleiner
Fragmente gespalten. Dagegen enthält das Kollagen von Säugetieren je nach Herkunft nur 5—7 Mol
Methionin pro 1000 Mol Aminosäuren und sollte
deswegen bei Behandlung mit Bromcyan eine überschaubare Anzahl von Peptiden mittlerer Kettenlänge liefern.
Erstaunlicherweise ist Kollagen aber im nativen Zustand gegen Bromcyan selbst noch bei pH l praktisch beständig9. Die Methionin-Spaltung gelingt
dagegen glatt und vollständig, wenn man wärmedenaturiertes Kollagen mit Bromcyan behandelt9'10.
Das bedeutet offenbar, daß die Methionin-Reste
des nativen Kollagens in einem Zustand vorliegen,
der in der englischen Literatur als „buried" bezeichnet wird und eine Umsetzung mit Bromcyan
nicht zuläßt. Dieses Verhalten hat eine Parallele in
der weitgehenden Resistenz von nativem Kollagen
gegenüber proteolytischen Enzymen. Jedoch ist
mit Bromcyan ebenso wie mit Chymotrypsin und
Trypsin die Abspaltung eines kurzen, 15 Aminosäuren langen Peptids von den nicht zur Tripelhelix verdrillten Aminoenden auch des nativen
Moleküls möglich, wie PJEZ und Mitarbeiter zeigen
konnten11»12.
Bei unseren eigenen Versuchen zur Auftrennung der
bei pH 2 erhaltenen Abbauprodükte säurelöslichen
Kalbshaut-Kollagens haben wir den Eindruck gewonnen, daß mehr Spaltstücke entstehen, als man
bei spezifischer Spaltung allein am Methionin er-
rechnet (nämlich etwa 6—7 Peptide pro -Kette,
also etwa 18—21 pro Molekül bei einem Methionin-Gehalt von 0,56 Mol- %). Auch Fraktionen, die
nach anderweitiger Reinigung durch Trennung an
Carboxymethyl-Sephadex C-50 als scharfe Gipfel
erhalten worden waren, erwiesen sich als weitgehend uneinheitlich. Der Verdacht richtete sich
auf eine unspezifische Hydrolyse des Proteinmoleküls durch das saure Milieu des Spaltungsansatzes.
Aus diesem Grunde haben wir den Abbauvorgang
bei verschiedenen Bedingungen kinetisch untersucht, mit dem Ziele, die spezifische Spaltung an
Methioninresten von einer unspezifischen Säurehydrolyse zu unterscheiden.
7
Spaltung mit Bromcyan: Die Lösungen I, II und III
wurden sodann nochmals halbiert (Bezeichnungen: IA,
IB usw.). Die Ansätze IA, IIA und
wurden mit
festem Bromcyan (destilliert; Firma Schuchardt, München) versetzt, und zwar mit einem lOOfachen molaren
Überschuß, berechnet auf die vorhandenen Methioninreste. Das entspricht einem ungefähren Gewichtsverhältnis von Kollagen:Bromcyan = 2:1. Die Reaktionsgemische wurden in festverschlossenen Kolben in Wasserbädern bei den oben angegebenen Temperaturen während der ganzen Reaktionszeit magnetisch gerührt. Zu
K. KÜHN, Vortrag VII. Internat. Kongr. f. Biochemie,
Tokio, August 1967.
8
W. GRASSMANN, K. HANNIG u. M. SCHLEYER, diese Z.
322, 71 [I960].
9
A. NORDWIG u. Y. P. DICK, Biochim. biophysica
Acta [Amsterdam] 97, 179 [1965].
10
P. BORNSTEIN u. K. A. PIEZ, Science [Washington]
14», 1353 [1965].
11
P. BORNSTEIN, A. H. KANG u. K. A. PIEZ, Biochemistry 5, 3803 [1966].
12
A. H. KANG, P. BORNSTEIN u. K. A. PIEZ, Biochemistry 6, 788 [1967].
Beschreibung der Versuche
Kollagen: Kalbshaut wurde mit Citratpuffer (pH 3,7)
extrahiert. Die Reinigung der Lösung erfolgte durch
wiederholte Fällungsoperationen (Dialyse gegen fließendes Leitungswasser sowie Präzipitation im isoelektrischen Bereich mit Natriumchlorid13). Das gereinigte
Kollagen wurde schließlich in Citratpuffer gelöst und
tiefgefroren aufbewahrt.
Denaturierung: Aufgetaute Lösungen (Konzentration
etwa 2,6 mg/m/) wurden 72 Std. lang bei 4°C gegen
Essigsäure (0,05%; pH 3,45) dialysiert. Disk-elektrophoretisch konnten in diesem Material neben den für
denaturiertes Kollagen spezifischen Banden keine aus
Verunreinigungen oder einem eventuellen Abbau herrührenden Bruchstücke nachgewiesen werden. Zur Denaturierung wurden 890 m/ der dialysierten Lösung
15 Min. auf 45 °C erhitzt. Die spezif. optische Drehung
[<x]405 sank unter den Bedingungen des Versuchs innerhalb dieser Zeit auf den für denaturiertes Kollagen
charakteristischen Wert von —360°. Die Lösung
wurde in drei Teile geteilt, die mit I, II und III bezeichnet und auf genau 30°C (I) bzw. 32°C (II und III)
abgekühlt wurden. Durch Zugabe von 3N HC1 wurde
anschließend die Lösung I auf pH l gebracht (Glaselektrode) und in derselben Weise bei II pH 2,0 und bei
III pH 2,5 eingestellt.
13
R. HAFTER u. H. HÖRMANN, diese Z. 330, 169 [1963].
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A. NORD WIG und W. BANDLOW
den in den Diagrammen angegebenen Zeiten wurden
aliquote Teile entnommen, sofort tiefgefroren und anschließend gefriergetrocknet. Die mit IB, IIB und IIIB
bezeichneten Lösungen dienten als Kontrollen, wurden
also nicht mit Bromcyan versetzt, aber sonst völlig
identisch behandelt.
Analytische Verfahren: Der Zuwachs an Aminoendgruppen wurde kolorimetrisch mit der NinhydrinMethode bestimmt14; die entsprechenden Zahlen sind
in den Abbildungen als Leucinäquivalente ausgedrückt.
Der Wert für unbehandeltes Kollagen wurde jeweils abgezogen; er stimmt ausgezeichnet mit dem Wert überein, den man aus dem Gehalt des Kollagens an Lysin
und Hydroxylysin unter Berücksichtigung der entsprechenden Ninhydrin-Anfärbefaktoren berechnen kann.
3—4 mg der gefriergetrockneten Aliquote wurden
24 Std. in ON HC1 unter Stickstoff hydrolysiert. Die
Aminosäureanalysen wurden mit dem Gerät Aminomat
der Firma Bender & Hobein, München, durchgeführt.
Da nach dieser Methode die Flächenwerte der getrennten Aminosäuregipfel planimetrisch ermittelt werden, mußte man die während der Spaltungsreaktion
immer kleiner werdenden Werte für Methionin aus
Gründen der Genauigkeit schließlich aus bis zu
100 Planimeter-Werten pro Analyse mittein.
Bd. 349 (1968)
Ergebnisse
Die Umsetzung des Methionins im Kollagen der
Reaktionsansätze I A, II A und IIIA mit Bromcyan wurde durch Aminosäureanalyse der entnommenen Aliquote verfolgt. Die gefundenen
Werte für Methionin in den jeweiligen Proteinhydrolysaten sind in Abb. l a gegen die Reaktionszeit aufgetragen. Bei pH l und 2 verläuft die Spaltung innerhalb weniger Stunden quantitativ oder
doch fast quantitativ, und zwar bei pH l trotz der
niedrigeren Reaktionstemperatur etwas rascher als
bei pH 2. Dagegen beträgt die Spaltung bei pH 2,5
und 32 °C, also bei Bedingungen, die nur wenig verschieden von denen des Ansatzes II sind, auch bei
einer um ein Vielfaches verlängerten Reaktionsdauer nur etwa 50%. Es gelingt in keinem Fall,
unsere Meßpunkte einer einfachen Reaktionskinetik zuzuordnen, was aufgrund des vorgeschlagenen, aus mehreren Stufen unterschiedlicher Geschwindigkeit zusammengesetztenReaktionsmechanismus2 auch zu erwarten ist.
Die Peptidbindung des Methionins wird im Zuge
der Reaktion mit Bromcyan gelöst, unter gleich-
b)
15
30
Abb. 1. Bromcyan-Spaltung von denaturiertem Kollagen.
a) Zeitliche Abnahme des Methionin-Gehalts, bestimmt durch Aminosäureanalyse.
b) Zeitliche Zunahme der Spaltstellen pro Mol Kollagen, berechnet unter Zugrundelegung der in Abb. l a dargestellten Werte für den Methionin-Gehalt und eines Mol.-Gew. von 320000 für das unbehandelte Material.
Ansatz I: pH l, 30°C; Ansatz II: pH 2, 32°C; Ansatz III: pH 2,5, 32°C.
14
S. MOORE u. W. H, STEIN, J. biol. Chemistry 176, 367 [1948]; zur Ausführung vgl. W. GRASSMANN u. A. NORDWIG, diese Z. 322, 267 [I960].
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Bd. 349 (1968)
Spaltung des Kollagens mit Bromcyan
zeitiger Umwandlung des Methioninrestes in carboxylendständiges Homoserin bzw. dessen Lacton2.
Aus dem Verschwinden des Methionins lassen sich
also auch die Spaltstellen pro Mol Kollagen berechnen. Trägt man diese Werte wiederum gegen
die Reaktionszeit auf (Abb. Ib), so erhält man
Kurven für die Spaltungskinetiken bei den verschiedenen pH-Bedingungen, die mit den Messungen des durch Bromcyan bewirkten Endgruppenzuwachses in Übereinstimmung stehen sollten.
Daß dies tatsächlich der Fall ist, zeigt Abb. 2. Die
Endwerte der Kurven A—B, deren Verlauf als
Differenz der Gesamtspaltung A und der mit den
Blindproben B gemessenen Spaltungsrate berechnet
werden kann, stimmen mit den theoretischen Voraussagen (etwa 18—21 Spaltstellen pro Mol Kollagen) ebensogut überein, wie mit den aus der Aminosäureanalyse abgeleiteten Ergebnissen (Abb. Ib).
Die mit völlig verschiedenen Methoden erhaltenen
Meßwerte bestätigen sich also gegenseitig. Aller-
151
dings überrascht der mit den Ansätzen B gemessene hohe Anteil der unspezif. Peptidspaltung
durch Säurehydrolyse; er beträgt nach 48 Std. bei
pH 2 und 32 °C 65 % der Gesamtspaltung, bei pH l
und 30 °C sogar über 80% der Gesamtspaltung.
In beiden Fällen verläuft zwar die Umsetzung des
Kollagens mit Bromcyan rascher als die unspezifische Säurehydrolyse, jedoch ist der Unterschied
der Reaktionsgeschwindigkeiten zu gering, um
hieraus Nutzen zugunsten der spezifischen Methionin-Spaltung ziehen zu können.
Diskussion
Unsere Ergebnisse erklären, warum wir bei der
Spaltung denaturierten Kollagens mit Bromcyan in
früheren Versuchen stets eine größere Anzahl von
Fragmenten gefunden hatten, als aufgrund des
Methionin-Gehaltes des Moleküls erwartet werden
konnte. Die geschilderten Befunde werden durch
Abb. 2. Bromcyan-Spaltung von denaturiertem Kollagen: Zeitliche Verfolgung des Zuwachses an Aminoendgruppen, gemessen durch quantitative Ninhydrin-Bestimmung; ein Blindwert für das Ausgangsmaterial ist dabei
jeweils berücksichtigt.
Kurven A: Ansatz mit 100fächern molarem Überschuß an Bromcyan, berechnet auf Methioninreste pro Mol
Kollagen; Kurven B: gleichbehandelte Ansätze ohne Bromcyan (Blindproben); Kurven A—B: durch Subtraktion
gewonnene Werte für die methionin-spezifische Bromcyan-Spaltung.
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A. NORDWIG und W. BANDLOW
Endgruppenbestimmungen unterstützt. So werden
im Abbaugemisch N-terminal nach der DNPMethode viele Aminosäuren nachgewiesen, von
denen Asp, Glu, Ser und Gly überwiegen; das ist
allerdings wenig beweiskräftig, da man die Bindungspartner des Methionins im Proteinverband
nicht kennt. Der Wert des durch quantitative
DNP-Endgruppenbestimmung ermittelten mittleren Mol.-Gew. des Peptidgemisches liegt aber mit
5100 i 200 beträchtlich unter dem theoretischen
(ca. 15000). Auch die Bestimmung der C-terminalen Aminosäuren nach AKABORI läßt erkennen,
daß außer dem erwarteten Homoserin (etwa zu
30 % vorhanden) auch Glycin (ebenfalls etwa 30 %),
basische Aminosäuren sowie viele andere Aminosäuren vorliegen. Das spricht eindeutig dafür, daß
wir zusätzlich zur spezifischen Methionin-Spaltung
eine unspezifische Hydrolyse von Peptidbindungen
des Kollagens messen und schließt z. B. aus, daß
der im Verlauf der Reaktion ansteigende Ninhydrin-Titer durch Desamidierung von Säureamiden verursacht werden könnte. Andererseits beobachtet man unter den Bedingungen des Versuchs
eine teilweise Zerstörung von Tyrosin (in 48 Std.
bei Ansatz II etwa 30 % vom Wert) und Serin
(10%), was das Entstehen unspezifischer Spaltstellen teilweise erklären könnte. Eine unspezifische
Spaltung ist auch von PIEZ und Mitarbeitern bei
ihren Arbeiten beobachtet worden15.
Die durch Acetylierung maskierten Endgruppen im
Kollagenmolekül, die von HÖRMANN und JOSEPH16
nachgewiesen werden konnten, sind bei unseren
Versuchsbedingungen stabil; ein Beitrag von auf
solche Weise freigesetzten Aminogruppen zur Ninhydrinanfärbung ist also zumindest unwahrscheinlich. Auch die Peptidbindungen der nicht-helicalen
Telopeptide des Kollagens17 dürften kaum säurelabiler als die des Moleküls selbst sein.
Völlig ungeklärt ist zur Zeit noch die in unseren
Versuchen gefundene, besonders oberhalb pH 2
stark ausgeprägte pH-Abhängigkeit der Reaktion.
GROSS und WiTKOP2 geben an, daß die Bromcyan15
K. A. PIEZ, persönliche Mitteilung.
H. HÖRMANN u. K. T. JOSEPH, Biochim. biophysica
Acta [Amsterdam] 100, 598 [1965].
16
Bd. 349 (1968)
Reaktion prinzipiell, z. B. mit kurzkettigen Peptiden, auch bei pH 6 durchgeführt werden kann. Sie
benötigen aber pH-Werte von l oder 2 für eine vollständige Spaltung derMethioninreste in Ribonuclease und führen das auf die Notwendigkeit zurück,
die native Form des Moleküls zu zerstören. Diese
Interpretation — Denaturierung des Proteins als
Voraussetzung für eine erfolgreiche Spaltung mit
Bromcyan — haben wir für den Fall des Kollagens
zwar voll und ganz bestätigen können9, finden nun
aber eine deutliche pH-Abhängigkeit der Spaltungsreaktion auch für das denaturierte Kollagen..
In Zusatzversuchen konnte durch Verfolgung der
optischen Drehung der Proteinlösung ausgeschlossen werden, daß bei pH 2,5 und 32°C innerhalb der
von uns gewählten Reaktionszeit eine nennenswerte Renaturierung, also Rückbildung der für
Bromcyan unspaltbaren Konformation, erfolgt.
Das bedeutet, daß der gefundene Effekt wohl nicht
von der Proteinseite her erklärt werden kann. Andererseits benötigt aber auch der für die Reaktion
entscheidende Eliminierungsschritt des vorgeschlagenen Mechanismus2 keine H®-Ionen.
PIEZ et al. ist es inzwischen gelungen, die Bromcyan-Spaltungsprodukte von reinen al-Ketten, also
von Untereinheiten des Kollagens, auf chromatographischem Wege zu isolieren18'19. Da die oc2Kette im sauren pH-Bereich wesentlich labiler als
l ist, erscheint es denkbar, daß die von uns beobachteten Nebenprodukte wenigstens teilweise aus
einem unspezifischen Abbau dieser Kette herrühren,
mit anderen Worten, daß unfraktioniertes Kollagen selbst im denaturierten Zustand kein günstiges
Ausgangsmaterial für die Bromcyan-Spaltung zur
Gewinnung definierter Bruchstücke darstellt.
Für ihre gewissenhafte technische Mitarbeit 'sei Frau
U. KÜHN herzlich gedankt.
17
A. L. RUBIN, M. P. DRAKE, P. F. DAVISON, D. PFAHL,
P. T. SPEAKMAN u. F. O. SCHMITT, Biochemistry 4, 181
[1965].
18
P. BORNSTEIN u. K. A. PIEZ, Biochemistry 5, 3460
[1966].
19
K. A. PIEZ, W. T. BUTLER u. P. BORNSTEIN, Vortrag
Sympos. „Chemistry of Collagen", Hachioji bei Tokyo,
Aug. 1967.
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