PRESSEMITTEILUNG 06/2014, Berlin, 12. Juni 2014 98. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Pathologie e.V. Neue Therapien dank pathologischer Diagnostik und Forschung Berlin. Juni 2014 – Die komplexen Beziehungen zwischen Entzündung und Krebs werden zunehmend aufgeklärt. Schlüssel zur Entwicklung neuer Behandlungsstrategien und innovativer Therapien sind die Ergebnisse aus molekularbiologischen Forschungen. In den letzten Jahren wurden immer spezifischere und wirkungsvollere entzündungshemmende Medikamente entwickelt. Für die Zukunft sind Substanzen zu erwarten, die distinkte Zytokine (spezialisierte Proteine, die das Wachstum und die Differenzierung von Zellen regulieren) spezifisch hemmen – mit dem Resultat, dass ein fortschreitender Entzündungsprozess aufgehalten und damit das TumorWachstum reduziert werden kann. So wird sich das Spektrum selektiv wirkender Medikamente zur Behandlung maligner Tumoren kontinuierlich erweitern lassen. Nachfolgend sind chronische Entzündungen und damit verbundene KrebsErkrankungen gegenübergestellt. Im Anschluss folgen beispielhafte Erläuterungen zu einzelnen Krebs-Erkrankungen. Überblick Chronische Entzündung als Ursache von Krebserkrankungen Infektion/ Entzündung Korrespondierende Krebserkrankung Chronische Gastritis/H.pylori-Infektion Magenkarzinom Chronische Pankreatitis Pankreaskarzinom Chronische Prostatitis Prostatakarzinom Speiseröhrenentzündung/ Barrett`s Metaplasie Speiseröhrenkarzinom Chronisch-entzündliche Darmerkrankung Kolorektales Karzinom Infektion mit Hepatitis Virus B und C Hepatozelluläres Karzinom 1 Chronische Cholezystitis Gallenblasenkarzinom Primäre chronische Gallengangsentzündung Gallengangskarzinom Diese Krebserkrankungen entwickeln sich aus den Entzündungen über Vorstadien, die nur vom Pathologen mit dem Mikroskop korrekt erfasst und in ihrem Potenzial, Krebs zu entwickeln, bewertet werden können. Auch der definitive Übergang in eine manifeste Krebserkrankung kann nur vom Pathologen diagnostiziert werden. Andere vergleichbar aussagekräftige Methoden als die mikroskopische Untersuchung durch den Pathologen gibt es bislang nicht. In der Diagnostik für den Patienten nimmt der Pathologe hier also eine Schlüsselstellung ein. Beispiel 1: Chronische Helicobacter pylori induzierte Gastritis und Magenkarzinom Ein Zusammenhang zwischen der Infektion des Magens mit Helicobacter pylori und chronischer Entzündung der Magenschleimhaut (Gastritis), welche die Karzinomentstehung begünstigen kann, wurde 1983 von Marshall und Waren postuliert. Sie erhielten für diese Erkenntnis 2005 den Nobelpreis. Heute weiß man, dass Helicobacter pylori nicht nur Karzinome, sondern auch maligne Lymphome im Magen hervorrufen kann. Diese Entdeckung hat die Erkenntnis gesichert, dass neben den Viren auch Bakterien als Karzinogene wirken können. Bereits 1994 wurde daher Helicobacter pylori von der WHO als Karzinogen erster Ordnung klassifiziert. Das Genom von Helicobacter pylori enthält eine „Pathogenitätsinsel (PAI)“. Darauf befinden sich auch Gene, die für ein spezielles Sekretionssystem kodieren. Das stellt man sich am besten vor wie eine winzige Kanüle, mit der der Keim bestimmte Proteine in die Epithelzellen des Magens injizieren kann. 2 Diese Proteine werden im Zytoplasma der Epithelzellen durch Phosphorylierung aktiviert und entwickeln spezielle Signalwirkungen, die zu einer vermehrten Proliferation und Motilität der Epithelzellen führen. Diese beiden Eigenschaften von Helicobacter pylori begünstigen die Krebsentstehung. Tierversuche beweisen die karzinogene Wirkung von Helicobacter pylori: Bei Wüstenrennmäusen wurde ausschließlich mittels Infektion durch Helicobacter pylori Magenkrebs erzeugt. Beispiel 2: Barrett`s Karzinogenese Ösophaguskarzinom Die gastroösophageale Reflux-Krankheit geht mit einer chronischen Entzündung der distalen Speiseröhre einher. Sie führt dort zur Bildung einer pathologischen Schleimhaut, der sogenannten Barrett-Metaplasie. Diese stellt einen erheblichen Risikofaktor für die Entwicklung eines Ösophagus-Karzinoms dar. Man stellt sich den molekularen Mechanismus so vor, dass die chronische Entzündung zu DNA-Schäden führt und zu einer veränderten Expression von Genen. Es handelt sich dabei auch um für die Krebsentstehung kritische Gene. Die sind insbesondere Gene, welche die Zellproliferation regulieren und für die Zuweisung der Zellen zum programmierten Zelltod verantwortlich sind. Beispiel 3: Chronisch entzündliche Darmerkrankung – kolorektales Karzinom Patienten mit einer lange bestehenden chronisch entzündlichen Darmerkrankung haben ein erhöhtes Risiko für die Entstehung eines kolorektalen Karzinoms. Insgesamt ist zwar nur bei ein bis zwei Prozent der Patienten das kolorektale Karzinom auf eine chronisch entzündliche Darmerkrankung zurückzuführen. Patienten mit lange bestehender chronisch entzündlicher Darmerkrankung haben aber ein erhebliches Krebsrisiko. Die molekularen Mechanismen dieser Krebsentstehung sind noch Gegenstand der Forschung. Der Zusammenhang zwischen Entzündung und Krebs wird gerade bei Patienten mit kolorektalem Karzinom dadurch besonders 3 erkennbar, dass entzündungshemmende nicht steroidale Medikamente hier die Krebsentstehung verhindern bzw. verzögern können. Pressekontakt: Geschäftsstelle Deutsche Gesellschaft für Pathologie e.V. Jörg Maas, Generalsekretär; Beatrix Hesse, Assistentin des Generalsekretärs Robert-Koch-Platz 9, 10115 Berlin Telefon: +49 (0)30 25 76 07-27, -28; E-Mail: [email protected] www.pathologie-dgp.de 4