Enzyme: Grundlegende Konzepte und Kinetik

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Enzyme: Grundlegende Konzepte
und Kinetik
• Enzyme sind Katalysatoren biologischer Systeme
• Wichtigste Eigenschaften: katalytische Stärke und
Spezifität
• Nahezu alle bekannten Enzyme sind Proteine, es gibt
aber auch RNA-Moleküle die katalytische Aktivität
haben
• Im Prinzip katalysieren Enzyme Reaktionen durch
Stabilisierung des jeweiligen Übergangszustands,
dem energiereichsten Spezies im
Reaktionsmechanismus
1
Enzyme sind leistungsstarke und
(hoch)spezifische Katalysatoren
2
Carboanhydrasereaktion
Selbst eine so einfache Reaktion wie die Hydratisierung von CO2
wird durch ein Enzym katalysiert. Tatsächlich ist die
Carboanhydrase eines der schnellsten aller bekannten Enzyme;
jedes Enzymmolekül kann pro Sekunde 106 Moleküle CO2
hydratisieren; d.h. die katalysierte Reaktion ist ca. 107-mal
schneller als die unkatalysierte
3
Beispiel: proteolytische Enzyme
• Subtilisin (aus Bakterien) unterscheidet fast gar nicht zwischen den
Seitenketten (R1, R2)
4
Beispiel: proteolytische Enzyme
• Trypsin (Verdauungsenzym) spaltet
nur Peptidbindungen auf der
Carboxylseite von Lysin- oder
Argininresten
• Thrombin (Blutgerinnung) katalysiert
nur die Hydrolyse von Arg-GlyBindungen in ganz spezifischen
Peptidsequenzen
5
Viele Enzyme benötigen Cofaktoren
Apoenzym + Cofaktor
Holoenzym
• Zwei Gruppen: kleine organische Moleküle und Metalle
• Cofaktoren, die kleine organische Moleküle sind, werden
als Coenzyme bezeichnet. Sie leiten sich oft von
Vitaminen ab und können entweder fest oder lose an das
Enzym gebunden sein
• Sind sie fest gebunden, nennt man sie prosthetische
Gruppe
• Lose gebundene Cofaktoren verhalten sich eher wie
Cosubstrate, da sie sich genauso wie Substrate und
Produkte an das Enzym binden und freigesetzt werden
6
Wozu Cofaktoren?
Enzyme sind meist Proteine
Proteine enthalten:
• Saure Gruppen (COOH)
• Basische Gruppen (NH2)
• Hydroxylgruppen (OH)
Redoxvorgänge können von Proteinen praktisch
nicht katalysiert werden.
7
Wozu Cofaktoren?
• Redoxvorgänge  Redoxcofaktoren
• Fixieren von Hxdroxyl- und Carboxylgruppen
 Metallkationen
8
Cofaktoren
R
R
R
R
R
(R)
R
R
9
Vitamine und Cofaktoren
10
Strukturen einiger wasserlöslicher
Vitamine
11
Klassifizierung von Enzymen
• Viele Enzyme haben allgemeine Namen, die keine Information
über die Reaktion liefern, die sie katalysieren (z.B. Trypsin)
• Die meisten Enzyme werden nach den Substraten und
Reaktionen genannt, die sie katalysieren
• 1964 wurde die Enzyme Commission gegründet, um eine
einheitliche Nomenklatur zu entwickeln
• Sie unterteilten die Reaktionen in 6 Hauptklassen, die von 1 bis 6
durchnummeriert sind.
• Diese Gruppen untergliederten sie immer weiter, so dass eine
vierstellige Zahl, der die Buchstaben EC vorangestellt sind, alle
Enzyme genau identifiziert
12
Klassifizierung von Enzymen
Siehe auch: http://www.chem.qmul.ac.uk/iubmb/enzyme/
13
Thermodynamik der Katalyse
• Die Gibbs-Energie (G) (ab und zu noch freie Enthalpie
genannt) ist eine wichtige thermodynamische Funktion
zum Verständnis von Enzymreaktionen.
Zu beachten:
 rG  
K




 J J (T ) 
J=A
K



G
 J J (T ) 
J=A
K
Voraussetzung:
 B
J A
J
J
K




G
 J f J (T )
J=A
0
14
Kinetik der Katalyse
• Die Aktivierungs-Gibbsenergie rG°‡ (oft als G‡ bezeichnet) ist meist nicht direkt zugänglich.
• Messbar sind die Arrhenius-Aktivierungsenergien (Ea)
via Temperaturabhängigkeit der Geschwindigkeitskonstante.
15
REP
Thermodynamik der Katalyse
• rG liefert Informationen über die Spontaneität einer
Reaktion.
• Eine Reaktion ist spontan, falls rG < 0 (exergonisch).
• Ein System ist im Gleichgewicht, wenn rG = 0.
• Eine Reaktion mit rG > 0 nennt man endergonisch. Damit eine solche Reaktion vollständig abläuft, muss
Energie zugeführt werden.
16
REP
Thermodynamik der Katalyse
• Die G-Funktion ist eine Zustandsfunktion. Der
numerische Wert von rG hängt nicht vom Reaktionsweg
ab (d.h. ist vom molekularen Reaktionsmechanismus
unabhängig!).
• rG sagt nichts über die Geschwindigkeit einer Reaktion
aus!
• Die Reaktionsgeschwindigkeit ist von rG‡ (bzw. Ea)
abhängig. Es gibt keine Korrelationen zwischen rG und
rG‡ (ausser in gewissen Modellen!).
17
REP
Thermodynamik der Katalyse
aA  bB  cC    nN  oO  pP  
 rG   rG   RT ln Q
a   a   a 

Q
a   a   a 
n
N
A
a
o
O
B
b
p
P
C
c


18
Thermodynamik der Katalyse
cJ
aJ   J  c   J  
c

J
Bei gelösten Stoffen:
a   a   a 

Q
a   a   a 
n
N
o
O
a
A
p
P
b
B
c
C


                 




c   c   c             
c   c   c   

Q
(alle  = 1)
c   c   c   
cN

A
n
cO
a

N

A

B
n
a
o
cP
b

O

B

C
o
b
p
n
N
c
A

P

C
a
o
O
p
P
b
B
c
C
p
c
J
19
Thermodynamik der Katalyse
Konvention:
d.h.
c

H
'

 rG :  rG (pH  7)
7
 10 M
alle übrigen c° sind 1 M
20
2 H + + 2 e = H 2
Beispiel
Eo´ := ? V
Eo := 0 V
R T
0.0592 V

EE 
 ln Q  E 
 log Q
zF
z

Q
pH 2
aH 2
a   a 
2
H
e
2
1
1
14




10
2
14
7 2

10
 cH   1 10  1
R T
E E 
 ln10  log Q
zF
0.0592 V
 0
 14  0.414 V
2
'

21
Thermodynamik der Katalyse
 rG  '   RT ln K '  2.303  RT log K '
K'e
 rG '

RT
 10
(pH = 7)
 rG  '

RT ln10
Bei Raumtemperatur (298.16 K) gilt:
K '  10
 rG  '  kJ mol1 



5.71  kJ mol1 


22
Thermodynamik der Katalyse
Eine Änderung von K‘ um
einen Faktor 10 entspricht
einer Änderung von
rG‘ um 5.71 kJ mol-1
23
Enzyme können nur die
Reaktionsgeschwindigkeit, aber nicht
das Reaktionsgleichgewicht
verschieben
• Ein Enzym kann die Gesetze der Thermodynamik nicht
verändern und folglich auch nicht das Gleichgewicht einer
Reaktion verschieben. Das heisst, ein Enzym beschleunigt die
Hin- und die Rückreaktion um genau denselben Faktor.
• Enzyme beschleunigen die Einstellung des Gleichgewichts,
verschieben es jedoch nicht nach irgendeiner Seite.
24
Übergangszustand
Eine chemische Umwandlung des Substrats S in
das Produkt P verläuft
über den Übergangszustand S‡, der eine höhere
Gibbs-Energie besitzt als
das Substrat.
G
25
Übergangszustand
• Es besteht ein Gleichgewicht zwischen
Grundzustand und Übergangszustand.
• Alle Übergangszustände zerfallen bei gleicher
Temperatur gleich schnell.
K‡
kx
S S P
‡
‡
K 
c ‡
S
cS
26
Übergangszustand
K‡
kx
S  S‡  P
‡
K 
dc P
 v  kx  cS
dt
kB T
kx 
h
c

‡
S
cS

 rG ‡

e RT
 rG ‡

 e RT
Bei 25°C: kx = 6.61012 s-1
27
Übergangszustand
‡
Annahmen:  rG  28.5 kJ mol
cS  1M, T  298 K

cS‡
cS
 105
1
 v = 6.6107 Ms-1
‡
K 
c

‡
S
cS

 rG ‡

e RT
28
Übergangszustand
• Enzyme beschleunigen Reaktionen durch Erniedrigung von rG‡,
der Aktivierungs-Gibbsenergie.
• Die Verbindung von Substrat und Enzym schafft einen neuen
Reaktionsweg, dessen Übergangszustand eine niedrigere Energie
aufweist als der ohne Enzym ablaufenden Reaktion
• Die Erniedrigung der Aktivierungsenergie hat zur Folge, dass mehr
Moleküle die erforderliche Energie besitzen, um den
Übergangszustand zu erreichen
• Das Wesen der Katalyse besteht in der spezifischen Bindung
und Stabilisierung des Übergangszustands
29
Enzym Substratkomplexe
• Die Substrate werden in günstiger räumlicher Ausrichtung zu Enzym-SubstratKomplexen zusammengeführt. Dabei werden die Substrate an eine spezifische
Region des Enzyms gebunden, die man als aktives Zentrum bezeichnet
• Indirekter Beweis durch Sättigungskinetik: Bei genügend hohen
Substratkonzentrationen sind alle katalytischen Zentren besetzt
30
Struktur eines Enzym-SubstratKomplexes
Cytochrom-P450-Oxidase ist mit seinem gebundenen Substrat Campher
31
dargestellt
Aktive Zentren haben gemeinsame
Eigenschaften
1. Das aktive Zentrum ist eine dreidimensionale Spalte, die von
vielen Gruppen aus verschiedenen Abschnitten der
Aminosäuresequenz gebildet wird
2. Das aktive Zentrum stellt nur einen relativ kleinen Teil des
Gesamtenzyms dar
3. Aktive Zentren sind höhlen- oder spaltenförmig
4. Substrate werden durch viele schwache Kräfte an das Enzym
gebunden
5. Die Bindungsaffinität ist von der definierten Anordnung der
Atome im aktiven Zentrum abhängig
32
Aktive Zentren können weit voneinander
entfernte Reste enthalten
33
Wasserstoffbrücken zwischen einem
Enzym und einem Substrat
34
Schloss-Schlüssel-Modell der
Enzym-Substrat-Bindung
35
Modell des induced fit der EnzymSubstrat-Bindung
36
Übergangszustand
37
Michaelis-Menten-Kinetik
38
Bestimmung der
Anfangsgeschwindigkeit
39
Steady state Bedingungen
k1
k2
E  S  ES  E  P
k 1
Annahme:
dcES
0
dt
 cES  konstant
40
Steady state Bedingungen
41
Michaelis-Menten-Gleichung
k1
k2
E  S  ES  E  P
k 1
k1  k2
KM 
k1
S

V0  k2 E T
S  K M
Die Maximalgeschwindigkeit Vmax wird erreicht, wenn alle
Bindungsstellen am Enzym mit Substrat gesättigt sind – wenn also
[ES] = [E]T ist
Vmax  k2 E T
S

V0  Vmax
S  K M
42
KM-Werte
43
Übung Enzyme
A)
In zwei verschiedenen Zellextrakten, Extrakt A und Extrakt B, wird
die Aktivität des Enzyms Aldolase mit gleichen Enzymassays
gemessen.
Die Aktivität der Aldolase (ausgedrückt als Mol umgesetztes
Substrat pro Gramm Extrakt) ist unter verschiedenen
Bedingungen im Extrakt A immer 5 mal höher als im Extrakt B.
Was ist die einfachste Erklärung für diese Beobachtung?
B)
Sie messen nun in einem der Extrakte die Aktivität der Aldolase in
Abhängigkeite der Substratkonzentration. Bei einer
Substratkonzentration von 0.04 mM messen Sie eine Aktivität, die
80% von Vmax entspricht.
44
Wie gross ist KM für diese Aldolase?
KM-Werte
V0  Vmax
S

K M  S
0.8 Vmax  Vmax
 0.04 

K M   0.04 
K M  0.01mM
45
Wechselzahl, turnover number
Aus Vmax ergibt sich die Wechselzahl eines Enzyms, d.h. die Anzahl
Substratmoleküle, die – bei vollständige Sättigung des Enzyms mit
Substrat – pro Zeiteinheit in das Produkt umgewandelt werden
Die Wechselzahl entspricht der
kinetischen Konstante k2, die auch als
kkat bezeichnet wird
Vmax  k2 E T
Vmax
k2 
E T
46
Das kinetische Optimum der enzymatischen Katalyse: das kkat/KM-Kriterium
• Unter physiologischen Bedingungen liegt das Verhältnis [S]/KM
meistens zwischen 0.01 und 1, d.h die enzymatische
Geschwindigkeit liegt weit unter kkat, weil die meisten aktiven
Zentren bei [S] << KM unbesetzt sind
• Geeigneter Parameter zur Charakterisierung der Enzymkinetik
unter diesen Bedingungen:
V0 
kkat
S E 
KM
kkat
V0 
S E T
KM
(folgt aus steady state Annahme)
Für [S] << KM
47
k1
k2
E  S  ES  E  P
k 1
d  ES
 k1   E   S  (k1  k2 )   ES
dt
d  ES
0
Steady state:
dt
d  ES
 k1   E   S  (k1  k2 )   ES  0
dt
k1
1
  ES 
  E   S 
  E   S
k1  k2
KM
d P
k2
 V0  k2   ES 
  E    S
dt
KM
48
Substratpräferenzen von
Chymotrypsin
49
Wie effizient kann ein Enzym sein?
Gibt es physikalische Grenzen für den Wert von kkat/KM?
kkat
kkat
kkat


k1  k1
K M k1  kkat k1  kkat
k1
• Der Wert von kkat/KM wird letztlich von k1 begrenzt, der
Bildungsgeschwindigkeit des Enzym-Substrat-Komplexes.
• Diese Geschwindigkeit kann nicht grösser werden als die
Geschwindigkeit der diffusionsbedingten Begegnung von Enzym und
Substrat
• Die Diffusion beschränkt den Wert so dass er 108 bis 109 s-1 M-1 nicht
übersteigen kann
50
Kinetische Perfektion
Die Katalysegeschwindigkeit von kinetisch perfekten Enzymen wird nur
durch die Geschwindigkeit begrenzt, mit der sie in Lösung ihrem Substrat
51
begegnen.
REP
Michaelis-Menten-Gleichung
k1
k2
E  S  ES  E  P
k 1
k1  k2
KM 
k1
S

V0  k2 E T
S  K M
Die Maximalgeschwindigkeit Vmax wird erreicht, wenn alle
Bindungsstellen am Enzym mit Substrat gesättigt sind – wenn also
[ES] = [E]T ist
Vmax  k2 E T
S

V0  Vmax
S  K M
52
Lineweaver-Burk-Diagramm
1 KM 1
1



V0 Vmax S Vmax
53
Reversible Enzym-Hemmung
54
Kompetitive Hemmung
Ein kompetitiver Inhibitor vermindert
die Katalysegeschwindigkeit, indem
er den Anteil der Enzymmoleküle
mit gebundenem Substrat
verringert.
Das Kennzeichen der kompetitiven
Hemmung besteht darin, dass sie
durch eine ausreichend hohe
Substratkonzentration überwunden
werden kann.
In Gegenwart eines kompetitiven
Inhibitors ist Vmax unverändert, dafür
K
app
M
 KM
I

)
(1 
Ki
55
Kompetitive Hemmung
1
1
KM


V0 Vmax Vmax
1/ KM
  I  1
 1   
 K i  S
1/Vmax
56
Nichtkompetitive Hemmung
Bei nichtkompetitiver Hemmung
kann das Substrat immer noch
an den Enzym-Inhibitor-Komplex
binden, aus dem EnzymSubstrat-Inhibitor-Komplex kann
aber kein Produkt gebildet
werden.
Vmax nimmt ab, KM bleibt
unverändert, weil sich das
verbleibende Enzym wie eine
verdünnte Lösung verhält.
Lässt sich nicht durch eine
Erhöhung der Substratkonzentration ausschalten
57
Nichtkompetitive Hemmung
app
max
V
Vmax

I

1
Ki
58
Nichtkompetitive Hemmung




1
1  1   KM 


  1 

V0 Vmax   I    S 
 1 K 

i 
1/ KM
1/Vmax
59
Analoga des Übergangszustandes
sind starke Enzyminhibitoren
Isomerisierung von L- zu D-Prolin verläuft über einen planaren
Übergangszustand
60
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