Telefon: 233-2 66 48 233-2 87 85 Telefax: 233-2 15 23 Referat für Stadtplanung und Bauordnung Stadtsanierung und Wohnungsbau PLAN HA III/21, HA III/22 Evaluation des Ökologischen Kriterienkataloges Modellvorhaben an der Friedenspromenade und in der Messestadt Riem „Ökologischer Wohnungsbau – kostenvergleichende Bauvarianten – nachhaltiges Wohnen“ Anlagen: 1. Formblatt Checkliste Ökologischer Kriterienkatalog 2. Kurzfassungen der Studien a) Begleitende Energieberatung, Sollner Institut, Stand Januar 2005 b) Ökologische und Ökonomische Bewertung, EMPA, Stand Januar 2005 Sitzungsvorlagen Nr. 02 – 08 / V 06177 Bekanntgabe in der Sitzung des Ausschusses für Stadtplanung und Bauordnung vom 08.06.2005 Öffentliche Sitzung I. Vortrag der Referentin A Evaluation des Ökologischen Kriterienkataloges Nachdem der ökologische Kriterienkatalog seit nunmehr 10 Jahren besteht, wurde das Planungsreferat bei der letzten Fortschreibung des ökologischen Kriterienkataloges mit Beschluss der Vollversammlung des Stadtrates vom 17.03.2004 u.a. beauftragt, einen Erfahrungsbericht über den derzeit gültigen Kriterienkatalog sowie über die in der Messestadt Riem gemachten Erfahrungen (ÖB I-III) vorzulegen. Dabei ist Bilanz zu ziehen, inwieweit die Anforderungen des ökologischen Kriterienkataloges auf die Bauvorhaben auf städtischen Grundstücken Einfluss genommen haben bzw. inwieweit man dem Ziel eines umweltgerechten, energiebewussten und nachhaltigen Bauens durch den ökologischen Kriterienkatalog und die Ökologischen Bausteine I-III in der Messestadt Riem näher gekommen ist. Über die Messestadt Riem wurde vom Planungsreferat dem Riem-Ausschuss am 19.05.2004 ein Erfahrungsbericht vorgelegt, in dem eine Konzeption und Vorgehensweise zur Evaluierung der Nachhaltigkeit in der Messestadt Riem vorgestellt wurde. Dabei wurde festgestellt, dass der gesamte Stadtteil zu einem festgelegten Zeitpunkt bewertet werden soll und die Evaluierung sich gleichrangig mit Umweltthemen sowie gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Aspekten des Stadtteils befassen soll. Dies entspricht dem Begriff der Nachhaltigkeit, wie er auf der Konferenz für Umwelt und Entwicklung 1992 in Rio geprägt und seither weiterentwickelt worden ist. Auf Grund der knappen Personalressourcen konnte solch eine umfassende Evaluation vom Planungsreferat nur unter Einbeziehung eines externen Büros erfolgen. Die Ergebnisse der Evaluierung der Messestadt Riem wurden dem Stadtrat zwischenzeitlich am 27.04.2005 in dem gemeinsamen Riem-Ausschuss und Planungsausschuss im Rahmen der Bekanntgabe „Evaluierung der Messestadt Riem – Bekanntgabe des Nachhaltigkeitsberichts“ zur Kenntnis gegeben. Seite 2 Der Erfahrungsbericht über den Ökologischen Kriterienkatalog kann nicht wie beim Bericht über die Messestadt Riem auf einen räumlich klar abgegrenzten Bereich beschränkt werden, da die in Frage kommenden Bauvorhaben auf städtischen Grundstücken über das ganze Stadtgebiet verteilt sind. Insoweit ist eine ganzheitliche Evaluierung wie für den Bereich Messestadt Riem nicht möglich. Im Einzelnen kann aber vom Planungsreferat zum Erfahrungsbericht über den Ökologischen Kriterienkatalog folgendes festgestellt werden: 1 Städtische Initiativen für ökologisches Bauen 1.1 Ökologischer Kriterienkatalog Das Planungsreferat hat im Jahr 1998 unter Mitwirkung der beteiligten Referate den „Kriterienkatalog für ökologisches Bauen auf städtischen Grundstücken“ (Ökologischer Kriterienkatalog) herausgebracht. Der abgestimmte „Ökologische Kriterienkatalog“ wurde im Ausschuss für Stadtplanung und Bauordnung (03.12.1997), im Umweltschutzausschuss (15.01.1998) und im Kommunalausschuss (10.02.1998) bekanntgegeben. Im Anschluss an die Bekanntgaben wurde der „Kriterienkatalog für ökologisches Bauen auf städtischen Grundstücken“ in einer großen Runde, bestehend aus Landeshauptstadt München, Industrie- und Handelskammer, den Innungen der Handwerkskammer und den SWM, vorgestellt und diskutiert. Im Ergebnis wurde der Wunsch der Industrie- und Handelskammer IHK hinsichtlich einer künftigen Beteiligung bei der Fortschreibung des ”Kriterienkatalog für ökologisches Bauen auf städtischen Grundstücken” positiv bewertet und ein entsprechendes Verfahren zugesichert. Nachdem die Erkenntnisse und technischen Entwicklungen im Bereich des Klima- und Umweltschutzes einem raschen Wandel unterliegen, wurde der Ökologische Kriterienkatalog im Jahr 2004 fortgeschrieben. Diese Fortschreibung fand unter Federführung des Planungsreferates in intensiver Zusammenarbeit mit dem Referat für Gesundheit und Umwelt, dem Referat für Arbeit und Wirtschaft, dem Kommunalreferat und dem Baureferat sowie unter Einbindung des Revisionsamtes statt. Nach eingehenden Diskussionen zwischen den Referaten sowie Vertreterinnen und Vertretern von Interessenverbänden der Bau- und Wohnungswirtschaft, insbesondere der Industrie- und Handelskammer, der Handwerkskammer, den städtischen Wohnungsbaugesellschaften und den Stadtwerken wurden nach sorgfältiger Abwägung unter Berücksichtigung neuester ökologischer Erkenntnisse die einzelnen Punkte des Kriterienkataloges dem heutigen Stand der Technik angepasst und in der Vollversammlung des Stadtrates am 17.03.2004 beschlossen. Dieser gemeinsame Katalog ist für alle Neubauten auf städtischen Grundstücken gültig, sowohl für Gewerbe- und Industriebauten als auch für freifinanzierten und geförderten Wohnungsbau. Ein Ziel des Kataloges ist es, durch überlegte Planung und gezielte Auswahl von Material und Technik umweltbewusstes Bauen zu erreichen und zu fördern, wobei dies nicht notwendigerweise mit höheren Baukosten verbunden sein muss. Es geht darum, mit den vorhandenen Rohstoffen und Energien sparsam umzugehen und bestehende Ressourcen zu schonen, die Umweltbelastungen zu reduzieren, gesunde Wohnverhältnisse zu schaffen und dabei dennoch günstige Bau- und Betriebskosten zu erreichen. Der Ökologische Kriterienkatalog wird als Anlage zum Grundstückskaufvertrag auf privatrechtlicher Basis vereinbart. Bereits die Auseinandersetzung mit den ökologischen Auflagen in den Vertragsverhandlungen sensibilisiert die Bauherren für ökologische Baumassnahmen beim jeweiligen Bauvorhaben und fördert das Bewusstsein für nachhaltiges Bauen. Die im Vortrag dargestellte Evaluation legt ihren Schwerpunkt auf die Auswirkungen des Ökologischen Kriterienkatalogs auf den Wohnungsbau. Aber auch im gewerblichen Bereich führt der Ökologische Kriterienkatalog zu einer verstärkten Auseinandersetzung der Bauherren mit ökologischen Bauweisen und in der Folge zu nachhaltigeren Bauweisen. So führt zum Beispiel das Verbot von Klimaanlagen mit hohem Primärenergiever- Seite 3 brauch zu alternativen Techniken für Kühlung und Lüftung gewerblicher Nutzungen wie beispielsweise mit Hilfe von Grundwasserkühlung und Bauteilaktivierung sowie natürlicher Be- und Entlüftung. Diese Techniken sorgen für Energieeinsparung bei annähernd gleichen Qualitätsstandards. 1.2 Vollzug und Evaluation Ökologischer Kriterienkatalog Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass die Auflagen des Ökologischen Kriterienkataloges von den Bauherren eingehalten werden. Bei allen Bauvorhaben stimmt der Bauherr das ökologische Konzept mit dem Planungsreferat vor Einreichen der Bauvorlage ab. Nach Fertigstellung des Bauvorhabens legt der Bauherr erneut eine Erklärung über die Einhaltung der Anforderungen des ökologischen Kriterienkataloges gegenüber der Verwaltung, wie auch gegenüber den Käufern bzw. Mietern vor. Im Bereich des geförderten Wohnungsbaus wird die Einhaltung sowohl bei der Vorlage des ökologischen Konzeptes im Rahmen der Planberatungen durch das Planungsreferat als auch später bei den Baustellenbesuchen zur Ratenauszahlung überprüft. An dieser Stelle muss jedoch einschränkend angemerkt werden, dass die verbauten Materialien durch die Verteilung der Bauvorhaben über das ganze Stadtgebiet und den in der Regel raschen Baufortschritt von der Verwaltung nur kursorisch überprüft werden können. Eine umfassende Prüfung wäre nur bei ständiger Anwesenheit des Prüfpersonals auf der Baustelle möglich. Dies ist jedoch aus personellen Gründen nicht darstellbar. Dass die Erklärungen der Bauherrn kritisch von den Käufern und Mietern überprüft werden, zeigt sich immer wieder an Nachfragen ökologisch interessierter Käufer und Mieter beim Planungsreferat. Zusätzlich sichert das Kommunalreferat die Einhaltung der Auflagen bei der Vertragsgestaltung durch die Aufnahme von Vertragsstrafen, die dann bei Verstößen geltend gemacht werden können. An der geringen Anzahl angefallener Vertragstrafen zeigt sich, dass nur in sehr seltenen Fällen gegen die Auflagen verstoßen wird und das Instrumentarium zum Vollzug des Ökologischen Kriterienkatalogs in der Summe ausreichend ist. Um den Vollzug des „Öko-Kataloges“ bürgerfreundlich zu gestalten, hat das Planungsreferat im Anschluss an die Fortschreibung 2004 ein Formblatt als Checkliste (Anlage 1) entwickelt, das dem Bauherrn mit dem Ökologischen Kriterienkatalog im Rahmen der Vertragsverhandlungen vom Kommunalreferat ausgehändigt wird. Der Bauherr wird damit frühzeitig auf die Notwendigkeit der Einhaltung der Auflagen aufmerksam gemacht und auf die erforderliche Abstimmung des ökologischen Konzeptes des Bauvorhabens mit dem Planungsreferat vorbereitet. Das Formblatt ist übersichtlich anhand der Gliederung des Ökologischen Kriterienkatalogs aufgebaut und kann nutzerfreundlich im Internet ausgefüllt werden. 1.3 Niedrigenergiebauweise auf städtischen Grundstücken Im Beschluss der Vollversammlung vom 06.10.1999 „Niedrigenergiebauweise“ wurde unter Antragsziffer 2. die Verwaltung beauftragt, bei der Vergabe von städtischen Grundstücken im Wohnungsbau diejenigen Bauträgerinnen und Bauträger zu bevorzugen, die sich bereit erklären, bei vertretbarem Preisniveau gegenüber anderen Bieterinnen und Bietern Niedrigenergiebauweise – wo sinnvoll mit Solaranlage – durchzuführen. Mit diesem Stadtratsauftrag hat die Landeshauptstadt München erreicht, dass seit 1999 Bieterinnen und Bieter bei Bewerbungsverfahren für städtische Grundstücke in der Regel Niedrigenergiebauweise angeboten haben. Das Angebot zur Durchführung der Niedrigenergiebauweise seitens der Bieter erfolgte seither auf freiwilliger Basis. Damit hat sich gezeigt, dass sich auch ohne zwingende Bestimmungen - im Wettbewerb und auf freiwilliger Basis - erhebliche Erfolge bei der Förderung des energieeffizienten Bauens erreichen lassen. Die ökologischen Auswirkungen der Niedrigenergiebauweise seit 1999 auf städtischen Flächen für Wohnungsbau bzw. seit Inkrafttreten der Energieeinsparverordnung (EnEV) am 01.02.2002 werden im Folgenden noch hinsichtlich ihrer CO2-Einsparung genauer dargestellt. Seite 4 2 Evaluationsmöglichkeiten Der Begriff der Nachhaltigkeit gilt seit einigen Jahren als Leitbild für eine zukunftsfähige Entwicklung – „sustainable development“ – der Menschheit. Insbesondere die Agenda 21 und die lokale Agenda 21, mit der sich der Stadtrat und die Stadtverwaltung der Landeshauptstadt München in den letzten Jahren intensiv beschäftigt haben, setzen zur Lösung gegenwärtiger und zukünftiger Umweltprobleme auf das Prinzip der Nachhaltigkeit. Der vom Planungsreferat entwickelte Ökologische Kriterienkatalog soll zur Erreichung dieses Ziels beitragen. Um aber beurteilen zu können, ob die gesteckten Ziele auch erreicht wurden, ist man auf Beurteilungskriterien und ein Instrument zur Messung der Erfüllung dieser Kriterien angewiesen. Im konkreten Fall bedeutet dies, dass eine solche Evaluierung alle Phasen eines Bauvorhabens, also von den vorbereitenden Planungen, über den Bau und die Fertigstellung hin bis zum Betrieb des bewohnten Gebäudes erfasst und auswertet. Wichtig dabei ist, dass alle Phasen genau begleitet und dokumentiert werden. Dies ist aber immer mit erheblichen zusätzlichen Kosten und zusätzlichem Personaleinsatz verbunden und im Rahmen der vorgegebenen Fahrten im Rahmen der Baukontrolle vom Planungsreferat wie bereits dargestellt nicht annähernd darstellbar. Das Planungsreferat hat daher zwei Schwerpunkte für die Evaluation des „Ökologischen Kriterienkatalogs“ ausgewählt: Vermeidung von Problemmüll durch PVC-Verbot CO2 – Einsparung durch Niedrigenergiebauweise 2.1 Wissenschaftliche Begleitforschungen Eine vertiefende Begleitung aller Bauphasen eines Gebäudes kann nur im Rahmen von Modellprojekten bei externer wissenschaftlicher Begleitung erfolgen, wie dies bereits in der Vergangenheit bei verschiedenen Fällen erfolgreich praktiziert wurde. Als Beispiel ist hier das Modellprojekt Niedrigenergiehaus Baumgartner-/Ganghoferstraße der GWG mit 79 Wohnungen und Kindergarten zu nennen, dessen Ergebnisse in einer Broschüre vom Bauherren veröffentlicht wurden. Die Bauvorhaben Passivhaus in Riem der NEST GmbH sowie die ökologische Sanierung der GWG-Siedlung an der Hinterbärenbadstraße mit Blockheizkraftwerk sind ebenfalls Projekte, die bei der Planung und Umsetzung wissenschaftlich begleitet wurden. Nach dem ersten Bauabschnitt der Bebauung am Ackermannbogen, das in Zusammenarbeit mit der Obersten Baubehörde unter dem Thema „ Siedlungsmodelle – Neue Wege zu preiswertem, ökologischen und sozialen Wohnen in Bayern“ mit ca. 650 Wohnungen durchgeführt wurde, wird nun im zweiten Bauabschnitt das Modellprojekt „Solare Nahwärme“ unter wissenschaftlicher Begleitung des Bayerischen Zentrums für angewandte Energieforschung e.V. (ZAE Bayern) und der Solar- und Wärmetechnik Stuttgart (SWT Stuttgart) realisiert. Am Beispiel des Modellbauvorhabens Friedenspromenade der GEWOFAG, das unter Teil B der Bekanntgabe noch ausführlich erläutert wird, wurde festgestellt, dass für die zusätzliche Begleitforschung bzw. die Evaluierung durch das EMPA-Institut in Dübendorf (CH) und das Sollner Institut von Prof. Jochen Benecke Kosten in Höhe von ca. 1% der Gesamtherstellungskosten angefallen sind. Auf den ersten Blick scheint dieser Prozentsatz nicht hoch zu sein. Bei näherer Betrachtung entspricht dieser Betrag nach Angaben des Bauherren jedoch der Summe, die in der Regel als Eigenkapital für 5 öffentlich geförderte Wohnungen (EOF) eingesetzt wird. Rechnet man die Mehrkosten auf den m²-Preis der Wohnfläche um, so belaufen sich diese auf mehr als 20 €/m² Wohnfläche. Bezogen auf die nach Angaben des Kommunalreferates im Jahr 2003 verkauften städtischen Grundstücke mit einem Baurecht von 137.957 m² und einer umgerechneten Wohnfläche von rd. 100.000 m² (137.957 m² x 0,75), ergäben sich also Mehrkosten in Höhe von rund 2 Millionen € für eine flächendeckende Evaluierung. In diesem Zusammenhang muss erwähnt werden, dass auch im geförderten Wohnungsbau diese Mehrkosten zu 100 % zu Seite 5 Lasten der Bauherren gehen würden. Neben dieser finanziellen Mehrbelastung des Bauherren käme ein zusätzlicher, zeitlich aufwendiger Koordinierungsaufwand im in der Regel straff terminierten Bauablauf hinzu, da die Einschaltung zusätzlicher Fachbüros unerlässlich wäre. All diese Faktoren würden sich letztlich bei der derzeit ohnehin schon schwierigen Lage auf dem Bausektor investitionshemmend auf die Wohnungsbautätigkeit auswirken. Auch eine Verpflichtung der Bauherren zur Evaluierung des Ökologischen Kriterienkatalogs schon beim Grunderwerb ist nicht zielführend, da dies zwangsläufig zu einer Minderung des zu erzielenden Grundstückspreises führen müsste. Grundsätzlich muss an dieser Stelle angemerkt werden, dass fundierte Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitung von Modellprojekten in der Regel frühestens 2 bis 3 Jahre nach Bezug der Gebäude und nach Vorliegen gemessener Werte aus mehreren Heizperioden erstellt und vorgelegt werden können. Erst wenn die Messergebnisse ausgewertet und aufbereitet sind, können verlässliche Aussagen getroffen und die Ergebnisse veröffentlicht werden. Insgesamt muss daher im Schnitt von einem Zeitraum von vier bis fünf Jahren vom Baubeginn bis zur endgültigen Auswertung der Ergebnisse eines Modellprojekts ausgegangen werden. 2.2 Entlastung der Umwelt durch PVC-Einsparung Auch wenn aufgrund der vorgegebenen Rahmenbedingungen bei den Bauvorhaben, die unter der Maßgabe des Ökologischen Kriterienkataloges errichtet wurden, eine Evaluierung nicht möglich war, lassen sich aus Sicht des Planungsreferates dennoch in Teilbereichen Schätzungen anstellen, die eine Quantifizierung der wesentlichen Beiträge des Ökologischen Kriterienkatalogs zum Umweltschutz ermöglichen. Ein gutes Beispiel hierfür ist das im ökologischen Kriterienkatalog verankerte PVC-Verbot. PVC ist ein Material, das unter anwendungstechnischen und kostenrelevanten Gesichtspunkten sehr viele Vorteile aufweist. Das erklärt seine Beliebtheit und große Verbreitung auch auf dem Bausektor, speziell bei den Fenstern. PVC ist dennoch kein unproblematischer Kunststoff und gehört nach wie vor zu den stark umweltbelastenden Baustoffen. Der Ökologische Kriterienkatalog in der Fassung von Frühjahr 1998 schrieb vor, dass PVChaltige Kunststoffbauteile wie Fenster, Bodenbeläge usw. nicht zulässig sind. Alternative, halogenfreie Kunststoffprodukte sind jedoch zulässig. Obwohl es aufgrund fehlender Daten in der Praxis nicht möglich ist, die effektive Einsparung von PVC zu ermitteln, kann man anhand von Schätzungen relativ genau ermitteln wie viel PVC tatsächlich eingespart wurde. So wurden von Oktober 1999 bis einschließlich Dezember 2003 nach Angaben des Kommunalreferates städtische Grundstücke mit einem Baurecht von 460.190 m² verkauft. Dies entspricht einer Wohnfläche von insgesamt ca. 345.000 m² (460.190 m² x 0,75) für den geförderten und den freifinanzierten Wohnungsbau. Geht man davon aus, dass ca. 20 % dieser Wohnfläche der internen Erschließung dienen, so kann über die sich dann ergebende Fläche von ca. 276.000 m² der Fensteranteil näherungsweise ermittelt werden. Gemäß Art. 45 Abs.4 der Bayerischen Bauordnung muss das lichte Maß der Fensteröffnungen von Aufenthaltsräumen mindestens ein Achtel der Nutzfläche des Raumes betragen. In diesem Fall würde sich als Minimalansatz eine anteilige Fensterfläche von ca. 34.500 m² errechnen. Bei einem Fenster von einem m² Fläche kann nach Rückfrage bei Kunststofffensterherstellern ein Rahmenanteil von ca. 30% herangezogen werden. Für diesen Rahmenanteil ist pro m² Fensterfläche ein Gewicht von ca. 9,5 kg PVC anzusetzen. Auf eine Fensterfläche von 34.500 m² bezogen, würde unter diesen Voraussetzungen der Anteil an PVC ca. 328.000 kg betragen. Tabelle 1: Einsparung PVC - Fenster Geförderter / Freifinanzierter Wohnfläche auf städtischen Grundstücken 1999 – 2003 in m² Fensterflächen (Anteil in m²) PVC - Einsparung (9,5 kg / m² Fenster) 345.000 m2 34.500 m2 328.000 kg Seite 6 Wohnungsbau Ebenso kann man den eingesparten Anteil von PVC bei den Fußbodenbelägen hochrechnen. Nach Angaben eines PVC-Bodenherstellers wiegt ein m² PVC-Fußboden ca. 3 kg. Der Anteil von PVC schwankt dabei zwischen 20% und 55%, was eine Menge von 0,60 kg bis 1,65 kg/m² bedeutet. Geht man davon aus, dass im geförderten Wohnungsbau wie bis zu diesem Zeitpunkt üblich, in der Regel PVC-haltige Kunststoffböden verlegt worden wären, so kann man nun sagen, dass durch den PVC-Verzicht bei ca. 190.000 m² (2.977 WE mit durchschnittlich 64 m²) geförderter Wohnfläche, die im Zeitraum von Oktober 1999 und Dezember 2003 erstellt wurde, zwischen 114.000 kg und 313.500 kg PVC eingespart wurden. Im freifinanzierten Wohnungsbau muss von einem anderen Standard (Parkettfußböden / Fliesen) ausgegangen werden, sodass in diesem Bereich die PVC Einsparung wohl geringer ausfallen würde und deshalb hier vernachlässigt werden soll. Tabelle 2: Einsparung PVC - Böden Wohnfläche auf städtischen Grundstücken 1999 – 2003 in m² Geförderter Wohnungsbau 190.000 Gesamteinsparung PVC in kg Minimalwert Mittelwert 0,60 kg / m² 1,12 kg / m² Maximalwert 1,65 kg / m² 114.000 313.500 212.800 Auf Grund der zuvor geschilderten Rahmenbedingungen und der in den Tabellen 1 und 2 dargestellten Werte kann man grob geschätzt von einer Einsparung von ca. 550.000 kg oder 550 t PVC im Zeitraum 1999 – 2003 ausgehen. Abschließend kann festgestellt werden, dass durch den im Ökologischen Kriterienkatalog verankerten PVC-Verzicht ein wichtiger Beitrag zur Vermeidung einer erheblichen Menge von Problemmüll geleistet wurde, dessen Entsorgung nach wie vor große Probleme bereitet. 2.3 Verringerung des CO2-Ausstoßes durch Niedrigenergiebauweise im Wohnungsbau Auch im Bereich der Energieeinsparung konnten durch den „Öko-Katalog“ und den ergänzenden „Niedrigenergiehaus-Beschluss“ ein wesentlicher Beitrag zum Umweltschutz geleistet werden. So wurde im Ökologischen Kriterienkatalog 1998 unter Punkt 3 Wärmeschutz festgeschrieben, dass über die damals bestehende Wärmeschutzverordnung 95 (WschVo 95) hinaus eine bessere Energiebilanz in Richtung Niedrigenergiehaus angestrebt werden soll, soweit dies wirtschaftlich vertretbar ist. Des Weiteren wurde darauf hingewiesen, dass für Wärmeschutzmaßnahmen im freifinanzierten Wohnungsbau, die die Anforderungen der damals gültigen Wärmeschutzverordnung 95 (WschVo 95) um 25 % unterschreiten, im Rahmen des Förderprogramms Energieeinsparung der Landeshauptstadt München ein Zuschuss beantragt werden kann. Wie bereits erwähnt hat der „Niedrigenergiehaus-Beschluss“ (Vollversammlung des Stadtrates vom 06.10.1999) zu einem Wettbewerb der Bewerber bei der Vergabe städtischer Grundstücke geführt. In der Folgezeit enthielten seit 1999 nahezu sämtliche Angebote für städtische Wohnungsbaugrundstücke Niedrigenergiebauweise auf freiwilliger Basis der Bieter. Dies zeigt, dass auch auf freiwilliger Basis und ohne vertraglichen Zwang erhebliche Erfolge auf dem Gebiet des energiesparenden Bauens zu verzeichnen sind. Seite 7 Man kann daher davon ausgehen, dass auch durch diese Maßnahmen sowohl im geförderten wie auch im freifinanzierten Wohnungsbau ein maßgeblicher Beitrag zur Verringerung des CO2- Ausstoßes geleistet wurde. So wurden wie bereits dargestellt von Oktober 1999 bis einschließlich Dezember 2003 allein im Bereich des geförderten Wohnungsbaues städtische Grundstücke mit einem Baurecht von ca. 190.000 m² Wohnfläche bebaut. Hier wurde die Maßgabe des Ökologischen Kriterienkataloges, die bestehende Wärmeschutzverordnung 95 um 25 % zu unterschreiten, in der Regel eingehalten. Mit Hilfe von in der Wärmeschutzverordnung 95 (WschVo 95) vorgegebenen Richtwerten über die maximalen Werte des auf das beheizte Bauwerksvolumen oder die Gebäudenutzfläche AN bezogenen Jahres-Heizwärmebedarf in Abhängigkeit vom Verhältnis A/V (wärmeübertragende Umfassungsfläche A / Bauwerksvolumen V ) lässt sich für diese Bauvorhaben nun ermitteln, welche CO2- Einsparungen in etwa erreicht wurden. Ausgegangen wurde dabei für den Bereich des geförderten Wohnungsbaus von einem A/V-Verhältnis von 0,4. Dieser Wert war bereits als Grenzwert in den „Ökologischen Bausteinen Teil II - Gebäude und Freiraum“ der Messestadt Riem vorgegeben und wurde auch bei dem Modellprojekt an der Friedenspromenade in etwa erreicht. Bei dem angenommenen, relativ günstigen A/V-Verhältnis von 0,4 ergibt sich ein maximaler spezifischer Jahresheizwärmebedarf von ca. 65 kWh/(m² .a). Unterschreitet man diese Werte um 25%, so würde sich eine Einsparung von 16,2 kWh/(m² .a) ergeben, was bei ca. 190.000 m² Wohnfläche eine Einsparung von ca. 3.087.500 kWh/.a bedeuten würde. Verfährt man für die Flächen des freifinanzierten Wohnungsbaus von ca. 155.000 m2 analog, so ergäbe sich eine zusätzliche Einsparung von ca. 2.511.000 kWh pro Jahr. Tabelle 3: Einsparung Heizenergie durch Niedrigenergiestandard Wohnfläche auf städt. Grundstücken 1999 – 2003 in m² Wohnflächen geförderter 190.000 m2 Wohnungsbau Wohnflächen freifinanzierter 155.000 m2 Wohnungsbau Spez. Heizwärmebedarf gesamt in kWh/a WschVo 95 (65 kWh/m²a) WschVo 95 - 25% (48,8 kWh/m²a) Einsparung in kWh / a (gesamt) 12.350.000 9.272.000 3.078.000 10.075.000 7.564.000 2.511.000 Hinsichtlich des CO2 - Ausstoßes ist eine genaue Bewertung dieser Zahlen schwierig, da der CO2 - Ausstoß sehr stark von dem verwendeten Energieträger abhängt. Gesammelte Daten über die Art der Beheizung der Gebäude die an die Richtlinien des Ökologischen Kriterienkatalogs gebunden sind, liegen nicht vor. Um sich dennoch ein Bild über die mögliche Größenordnung der Einsparungen an CO2 zu machen, wurden für die beiden häufigsten Energieträger Gas und Fernwärme alternativ zwei Beispielrechnungen durchgeführt. Die Berechnung erfolgte angelehnt an die auf Basis der mit GEMIS 4.0 (Globales Emissions-Modell integrierter Systeme) berechneten CO2-Emmissionsfaktoren für verschiedene Energieträger. Die CO2-Emmissionsfaktoren betragen hierbei für Gas 250 g CO2 / kWh und für Fernwärme 150 g CO2 / kWh. Tabelle 4: Reduzierung CO2-Ausstoß (bei Annahme Energieträger Gas) Seite 8 Wohnfläche geförderter Wohnungsbau Wohnfläche freifinanzierter Wohnungsbau Wohnfläche auf städt. Grundstücken 1999 – 2003 in m² Heizwärmebedarf WschVo 95 (65 kWh/m²a) Heizwärmebedarf WschVo 95 - 25% (48,8 kWh/m²a) Einsparung CO2 in t / Jahr (250 g CO2/kWh) 190.000 12.350.000 9.272.000 770 155.000 10.075.000 7.564.000 628 Würden sämtliche Gebäude mit Gas beheizt, würde sich eine CO2 - Einsparung von ca. 770 t CO2 pro Jahr errechnen. Verfährt man nun beim freifinanzierten Wohnungsbau auf städtischen Grundstücken, der sich in dem oben angegebenen Zeitraum auf rd. 155.000 m² Wohnfläche belief, analog zum geförderten Wohnungsbau, so würde sich hier eine Reduzierung des CO2 - Ausstoßes um ca. 628 t im Jahr ergeben. Tabelle 5: Reduzierung CO2-Ausstoß (bei Annahme Fernwärmeversorgung mit KWK) Wohnfläche geförderter Wohnungsbau Wohnfläche freifinanzierter Wohnungsbau Wohnfläche auf städt. Grundstücken 1999 – 2003 in m² Heizwärmebedarf WschVo 95 (65 kWh/m²a) Heizwärmebedarf WschVo 95 – 25% (48,8 kWh/m²a) Einsparung CO2 in t / Jahr (150 g CO2/kWh) 190.000 12.350.000 9.272.000 462 155.000 10.075.000 7.564.000 377 Würden sämtliche Gebäude mit Fernwärme beheizt, würde sich eine CO2 - Einsparung von ca. 462 t CO2 pro Jahr errechnen. Verfährt man nun beim freifinanzierten Wohnungsbau auf städtischen Grundstücken, der sich in dem oben angegebenen Zeitraum auf 155.000 m² Wohnfläche belief, analog zum geförderten Wohnungsbau, so würde sich hier eine Reduzierung des CO2 - Ausstoßes um ca. 377 t im Jahr ergeben. Insgesamt wäre in den über vier Jahren von Oktober 1999 bis einschließlich Dezember 2003 der CO2 - Ausstoß in Abhängigkeit vom Energieträger im geförderten Wohnungsbau um ca. 1.960 t bis ca. 3.280 t und im freifinanzierten Wohnungsbau um ca. 1.600 t bis ca. 2.670 t verringert worden. In der Summe wäre bei den oben getroffenen Annahmen der CO2 - Ausstoß um ca. 3.500 t bis 6.000 t reduziert worden. Neben der dargestellten Unschärfe hinsichtlich der Auswahl des Energieträgers darf auch nicht vergessen werden, dass die vorstehenden Berechnungen nur über den geförderten und freifinanzierten Wohnungsbau erstellt wurden. Über Einsparungen, die bei Gewerbebauten erzielt wurden, liegen dem Planungsreferat keine Erkenntnisse vor, es darf jedoch davon ausgegangen werden dass auch hier durch die Auflagen des Ökologischen Kriterienkataloges nicht unwesentliche CO2-Einsparungen erreicht wurden. 3 Erfahrungen der Wohnungsbaugesellschaften mit dem Ökologischen Kriterienkatalog Im Großen und Ganzen wird der Ökologische Kriterienkatalog bei den städtischen und privaten Wohnungsbaugesellschaften positiv aufgenommen. Einige Punkte werden von den städtischen Wohnungsbaugesellschaften, die zu dieser Beschlussvorlage stellvertretend Seite 9 für alle Bauherren nochmals zum Ökologischen Kriterienkatalog befragt wurden, allerdings immer wieder stark kritisiert. Besonders hervorzuheben ist dabei das PVC-Verbot. Nach Ansicht einiger Wohnungsbaugesellschaften führt das PVC-Verbot nach wie vor zu Mehrkosten im Bereich der Bau- und Unterhaltskosten, da sich der erhoffte Markt von ökologischen Alternativprodukten gerade auf diesem Sektor nicht im gewünschten Umfang entwickelt hat. Wirtschaftlich sinnvolle Alternativen zum PVC sind nach Meinung der Gesellschaften nach wie vor nicht gegeben. Nach den Erfahrungen der Wohnungsbaugesellschaften sind zum Beispiel Holzfenster bzw. halogenfreie Kunststofffenster um bis zu 50 % teurer, im Bereich der Fußbodenbeläge beträgt die Verteuerung z.B. bei Linoleum gegenüber PVC-Böden bis zu 100 %. Die ökologischen Auflagen stehen daher aus ihrer Sicht in diesem Punkt im Widerspruch zu einer wirtschaftlichen Bauweise. Zu dem PVC-Verzicht muss allerdings von Seiten des Planungsreferates festgestellt werden, dass es sich bei dem Verzicht von PVC-Kunststoffbauteilen im Ökologischen Kriterienkatalog keineswegs um ein generelles Verbot des Baustoffes PVC handelt. Vielmehr soll, wie in der Stadtratsvorlage zum Beschluss der Fortschreibung des ökologischen Kriterienkataloges vom 17.03.2004 ausführlich dargestellt, in den Bereichen, in denen es wirtschaftlich vertretbare Alternativen zu PVC gibt, auf den Einsatz des umstrittenen Stoffes verzichtet werden. Halogenfreie Kunststoffe, wie sie z.B. für Fensterrahmen verfügbar sind, sind ohnehin zulässig. Man darf jedoch bei aller Wirtschaftlichkeit und Wartungsfreiheit von Kunststoffprodukten nicht die Entsorgung von Kunststoffprodukten vergessen. Die stoffliche Wiederverwertung von Kunststoffbauteilen ist zwar möglich, aus ökonomischer Sicht lohnt sich das Recycling von Kunststoffen derzeit jedoch noch nicht. Die Kosten für den separaten Ausbau, das Konditionieren und für den Transport sind im Vergleich zu den üblichen Entsorgungskosten verhältnismäßig hoch, sodass erfahrungsgemäß vom PVC-Recycling nur wenig Gebrauch gemacht wird und Alt-PVC bevorzugt verbrannt oder deponiert wird. Deshalb haben sich bei der Fortschreibung des Ökologischen Kriterienkataloges die Referate nach Abwägung aller Vor- und Nachteile entschlossen den PVC-Verzicht zunächst weiterhin aufrecht zu erhalten. Die zuvor dargestellten Schätzungen bestätigen das Ergebnis der Abwägung. Nach Ansicht der Wohnungsbaugesellschaften liegt die Umsetzung des ökologischen Kriterienkataloges nicht nur in der Verantwortung der Bauherren allein, sondern müsste auch von den Bewohnern mitgetragen werden. Dies hat sich zum Beispiel bei den Modellvorhaben in der Baumgartner -/Ganghoferstraße oder bei der Friedenspromenade gezeigt. Man kann zwar ein Gebäude als Niedrigenergiehaus planen und technisch ausführen, alle diese Bemühungen werden jedoch relativiert, wenn sich die Bewohner nicht an die Regeln eines Niedrigenergiehauses halten. Bei den Modellprojekten hat sich in Summe dennoch gezeigt, dass insgesamt Verbesserungen eingetreten sind. Abschließend lässt sich feststellen, dass der Erfolg des Ökologischen Kriterienkataloges trotz alledem in hohem Maß vom Nutzerverhalten und dem Bewusstsein der Bewohner abhängt. 4. Fazit Der Erfolg des Ökologischen Kriterienkatalogs besteht seit seiner Einführung im Jahr 1998 aus einer Summe sowohl messbarer als auch nicht messbarer Faktoren. Im Sinne einer nicht abschließenden Liste seien hier als Beispiele genannt: die Bewusstseinsbildung für die Notwendigkeit nachhaltiger Bauweisen bei den Käufern städtischer Grundstücke durch den Ökologischen Kriterienkatalog als Vertragsbestandteil des Grundstückskaufvertrages die Förderung und Stärkung regenerativer Energieformen durch das obligatorische Beratungsgespräch beim Bauzentrum München die Einsparung von Problemmüll durch das im Ökologischen Kriterienkatalog verankerte PVC-Verbot in einer Größenordnung von ca. 550 t im Zeitraum zwischen 1999 und 2003 Seite 10 die Verringerung des CO2-Ausstoßes im selben Zeitraum in einer Größenordnung von ca. 3.500 – 6.000 t Die Erfahrung der letzten Jahre hat gezeigt, dass nachhaltiges und umweltfreundliches Bauen nicht zwingend mit höheren Baukosten verbunden ist, wenn die einzelnen Maßnahmen sorgfältig ausgewählt und aufeinander abgestimmt werden. Die Fortführung und Fortschreibung des Ökologischen Kriterienkatalogs stellt daher aus Sicht des Planungsreferates einen wichtigen Beitrag zur weiteren Stärkung nachhaltiger Bauweisen dar. Seite 11 B Modellvorhaben an der Friedenspromenade und in der Messestadt Riem „Ökologischer Wohnungsbau – kostenvergleichende Bauvarianten – nachhaltiges Wohnen“ 1 Modellprojekt der GEWOFAG 1.1 Ökologische Nachhaltigkeit im Wohnungsbau Der sorgsame Umgang mit den knappen Ressourcen gehört auch im Bereich des Bauens und Wohnens zu den vorrangigen Zielen der kommunalen Planungs- und Umweltpolitik. Die Landeshauptstadt München leistet auch beim geförderten Wohnungsbau durch neue ökologische Wege einen wesentlichen Beitrag zum Schutz des Klimas, der Biosphäre und damit letztlich zum Schutz der menschlichen Gesundheit. Gerade der Geschosswohnungsbau als der überwiegend städtischen Wohnform in München nimmt eine besondere Rolle ein, wenn die Ziele und Anforderungen einer energieund ressourcenbewussten Stadtentwicklung realisiert werden sollen. In dem Zusammenhang sollen zur Umsetzung des städtischen CO2 -Reduktionsprogramms alle Möglichkeiten ausgelotet werden, die unter Berücksichtigung der örtlichen Randbedingungen und finanziellen Voraussetzungen in eine zukunftsfähige Bau- und Wohnqualität mit einer deutlich verbesserten Energiebilanz münden. Die Chance, jenem anspruchsvollen Ziel einen Schritt näher zu kommen, bot sich auf einem städtischen Grundstück in dem Baugebiet an der Friedenspromenade. Der rechtsverbindliche Bebauungsplan setzt dort fünf völlig identische Bauräume fest, die die Möglichkeit eröffnen, einen unmittelbaren Vergleich mit verschiedenen baulichen und energetischen Konzepten durchzuführen. Das Planungsreferat hat diese idealen Voraussetzungen genutzt, um zusammen mit der Obersten Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern im Rahmen des „Experimentellen Wohnungsbaus“ das Modellvorhaben „Ökologischer Wohnungsbau – kostenvergleichende Bauvarianten – nachhaltiges Wohnen“ zu entwickeln und zu realisieren. Das Projekt wurde mit Mitteln des Bundes, des Landes und der Stadt finanziert. Zusätzliche Mittel stellte der Freistaat Bayern für die wissenschaftliche Begleitung zur Verfügung. Das Projekt besteht aus folgenden Teilen: - fünf Wohnhäuser an der Friedenspromenade Wohngebäude in Holzbauweise in der Messestadt Riem (1. BA, WA 10) Die städtische Wohnungsbaugesellschaft GEWOFAG übernahm die Realisierung des Projekts. Insgesamt wurden an der Friedenspromenade fünf energetisch optimierte Wohngebäude in Niedrigenergiestandard mit 102 geförderten Mietwohnungen gebaut. Das Holzhaus in der Messestadt Riem, das eine ähnliche Gebäudegröße umfasst, und den Niedrigenergiestandard nochmals deutlich unterschreiten sollte, wurde in die vergleichende Betrachtung einbezogen. Den unterschiedlichen Gebäudekonzepten der fünf Neubauten an der Friedenspromenade und des Holzhauses in Riem wurden an beiden Standorten zwei konventionelle Referenzobjekte anderer Bauherren, die dem Standard der Wärmeschutzverordnung 95 entsprachen, gegenübergestellt. Die Referenzgebäude waren in Lage, Ausrichtung und Größe mit den Modellvorhaben vergleichbar. Aufgrund der gleichen Rahmenbedingungen lag nun eine optimale Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Planungskonzepte unter ökologischen und ökonomischen Gesichtspunkten vor. Projektziele und Projektablauf Die GEWOFAG hat verschiedene Münchner Architekturbüros mit dem Entwurf und der Planung der Gebäude beauftragt, differenzierte Lösungen hinsichtlich Gebäudeerschließung, Grundrisskonzeption, Materialien und Haustechnik zu entwickeln. Durch die Beauftragung von unterschiedlichen Architekten wurde zudem die gewünschte gestalterische Seite 12 Vielfalt erreicht. Die Anforderungen des geförderten Wohnungsbaus waren dabei zu berücksichtigen. Ziel des Modellprojektes war es, unter Einhaltung der förderfähigen Kostenobergrenzen einen preiswerten Wohnungsbau zu realisieren, der auf unterschiedliche Weise den Niedrigenergiestandard erfüllt. Für das Projekt wurde der Niedrigenergiestandard als eine ca. 25%ige Unterschreitung des Anforderungsniveaus der seinerzeit gültigen Wärmeschutzverordnung 95 (WschVo) definiert. Die angestrebte Energieeinsparung war dabei weitgehend durch bauliche Maßnahmen und nur zu einem geringen und untergeordneten Anteil durch Maßnahmen bei der Haustechnik zu erreichen. Aus der Realisierung der Modellprojekte sollten für künftige Projekte fundierte Kenntnisse über die kostengünstige und energiewirtschaftlich optimale Umsetzung des Niedrigenergiestandards noch im Vorgriff der EnEV im Geschosswohnungsbau gewonnen werden. Zwei Fachinstitute waren beauftragt, das Modellprojekt wissenschaftlich zu begleiten. Das „Sollner Institut“ von Prof. Benecke führte die „begleitende Energieberatung“ durch. Die Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (EMPA) erstellte eine „ökologische Gesamtbilanz“, sie zeigt die Auswirkungen eines Produktes auf die Umwelt, von der Herstellung über die Nutzungsphase bis zur Verwertung und Ende der Nutzungsdauer, einbezogen werden auch alle Transporte. Zusätzlich unterstützte eine Koordinierungsrunde aus Vertreterinnen und Vertretern des Planungsreferats und der Obersten Baubehörde das Projekt, so dass auch die fördertechnischen Belange frühzeitig in die Planung miteinbezogen werden konnten. Die GEWOFAG hat im November 2000 erste Zwischenergebnisse der Planungen im Rahmen einer Informationsveranstaltung einem interessierten Fachpublikum vorgestellt. Mit dem Bau der Gebäude an der Friedenspromenade wurde schließlich nach einer zweijährigen Vorbereitungs- und Planungsphase im Juni/August 2000, mit dem Holzhaus im Mai 2001 begonnen. Die Bauvorhaben wurden im Jahr 2002 fertiggestellt und bezogen. Mittlerweile können aus einer zweijährigen Betriebsphase Erkenntnisse gewonnen und vorgestellt werden. Das Planungsreferat legt mit dieser Bekanntgabe die Ergebnisse der gesamtenergetischen Untersuchungen durch das EMPA-Institut über die Wohngebäude an der Friedenspromenade und in der Messestadt Riem dem Stadtrat vor und greift somit den Auftrag aus Antragsziffer 3. des Beschlusses „Workshop ökologisches Bauen“ des Ausschusses für Stadtplanung und Bauordnung vom 25.09.2002 auf. 1.2 Friedenspromenade, Felicitas-Füss-Straße 7-15 Im April 1998 wurde die GEWOFAG als Bauträgerin für das Bauvorhaben an der Friedenspromenade auf den städtischen Grundstücken an der Felicitas-Füss-Straße ausgewählt. Die beauftragten Architekturbüros waren mit der Entwicklung der Gebäudekonzepte und dem Entwurf und der Planung der Modellgebäude beauftragt. Noch im selben Jahr entstanden erste Planungskonzepte und Lösungsansätze. Die Baumaßnahme umfasst fünf Wohngebäude mit insgesamt 102 geförderte Mietwohnungen. Die Planung sieht eine 5-geschossige Bebauung vor, alle mit gleicher Gebäudeabmessung und einer Gebäudeorientierung nach Nordwesten und Südosten. Zwischen Haus 1 und Haus 2 befindet sich die Tiefgarage mit 41 Stellplätzen. Zusätzlich sind 44 Stellplätze oberirdisch untergebracht. Gebäude Architekturbüro Haus 1 Felicitas-Füss-Str. 7 Färbinger, Steiner, Rossmy Wohneinheiten 21 Seite 13 Haus 2 Felicitas-Füss-Str. 9 Haus 3 Felicitas-Füss-Str. 11 Haus 4 Felicitas-Füss-Str. 13 Haus 5 Felicitas-Füss-Str. 15 Felix + Jonas 18 Schutz-Brauns & Reinhart 23 Arbeitsgemeinschaft Oerter, Katikaridis, Hempel Ackermann und Partner 18 22 Bauweise Wie erwähnt sollten bei den fünf Häusern auf unterschiedliche Bauweisen der Niedrigenergiestandard erreicht werden. Insbesondere kamen fünf verschiedene Außenwandkonstruktionen zur Ausführung. Alle Gebäude sind massiv und überwiegend aus mineralischen Baumaterialien errichtet. Als Außenmauerwerk wurden verschiedene Baustoffe wie Porenbeton, Ziegel, Kalksandstein und Stahlbeton in der jeweils erforderlichen Kombination mit entsprechender Wärmedämmung eingesetzt. Die haustechnische Ausstattung in den Wohnungen spielte bei der Erreichung des Niedrigenergiestandards eine wesentliche Rolle. Die Gebäudetechnik sollte aus einfachen und gut handhabbaren Standards bestehen, um die Bedienerfreundlichkeit sicherzustellen und den größtmöglichen Effekt zur Energieeinsparung zu erreichen. Es wurden aber auch besondere Ausstattungen, wie z.B. Einzelraum-Temperaturregelungen oder funkgesteuerte Ableseeinrichtungen erprobt. In folgender Tabelle sind die verschiedenen Außenwandkonstruktionen und die haustechnischen Ausstattungen im Überblick aufgelistet: Gebäude Haus 1 Felicitas-Füss-Str. 7 Haus 2 Felicitas-Füss-Str. 9 Außenwand-Konstruktion Porenbeton 36,5 cm Ziegel 24 cm Mineralwolle 12 cm Haus 3 Kalksandstein 17,5 Felicitas-Füss-Str. 11 cm Mineralwolle 16 cm Haus 4 Ziegel 24 cm Felicitas-Füss-Str. 13 Mineralwolle 12 cm Haus 5 Ziegel 17,5 cm Felicitas-Füss-Str. 15 Mineralwolle 16 cm haustechnische Ausstattung elektronische Einzelraum- Temperaturregelung, ventilatorgestützte Wohnungslüftung (Abluftanlage) mit Außenluftdurchlasselementen elektronische Einzelraum- Temperaturregelung, ventilatorgestützte Abluft in Küche, Bad, WC (Einzelgeräte) mit Feuchtesensoren, Fensterlüftung Heizzentrale mit Solaranlage zur Heizungsunterstützung ventilatorgestützte Wohnungslüftung (Abluftanlage) mit Außenluftdurchlasselementen elektronische Einzelraum- Temperaturregelung, ventilatorgestützte Abluft in Küche, Bad, WC (Einzelgeräte) mit Feuchtesensoren, Fensterlüftung elektronische Einzelraum- Temperaturregelung, ventilatorgestützte Wohnungslüftung (Abluftanlage) mit Außenluftdurchlasselementen Energieversorgungskonzept mit Solaranlage Die Heizzentrale zur Wärmeversorgung und Trinkwassererwärmung der Gebäude ist zentral in Haus 3 untergebracht und besteht aus einem optimal aufeinander abgestimmten System aus einem Gas-Brennwertkessel und einer thermischen Solaranlage auf dem Dach. Die Solaranlage umfasst eine Nettofläche von insgesamt 70 m². Die flach auf dem Dach einzeln liegenden Röhrenkollektorelemente bieten, im Gegensatz zu Flachkollektoren mit einer geschlossenen Oberfläche, wenig Windangriffsfläche und sie verschatten sich auch nicht gegenseitig. Die Kollektoren sind auf Betonplatten befestigt, die flach auf dem Dach Seite 14 über der wasserführenden Dachdeckung liegen, kritische Dachhautdurchdringungen zur Befestigung werden vermieden, lediglich für die Zuleitung zu den Kollektoren sind Durchdringungen nötig. Die Heizanlage verfügt über einen Schichtenpufferspeicher zur Warmwasserbereitung und Versorgung des Heizkreislaufes. Der Schichtenpufferspeicher puffert effizient sowohl die von den Sonnenkollektoren aufgefangene Energie als auch die Heizkesselwärme. Genügt die über die Solaranlage erhaltene Wärme nicht, schaltet sich die konventionelle Heizungsanlage mit Brennwertkessel zu. Gebäudeerschließung Für die Gebäudeerschließung wurden unterschiedliche Konzepte gewählt. Die Treppenhäuser sind als 4- oder 5-Spänner konzipiert, d. h. ein Treppenhaus erschließt vier oder fünf Wohnungen pro Geschoss. Bei den Häusern 2, 4 und 5 liegen die Treppenhäuser an der Außenfassade, bei Haus 1 zentral in der Gebäudemitte. Diesen beiden Erschließungsarten ist im Haus 3 eine Laubenganglösung gegenüber gestellt. Über ein zwar kaltes, doch wettergeschütztes Treppenhaus und einen offenen Laubengang an der Nordwest Seite des Gebäudes sind pro Geschoss fünf Kleinwohnungen erreichbar. Die fünf Gebäude an der Friedenspromenade besitzen zwar unterschiedliche Außenwandkonstruktionen und haustechnische Ausstattungen, der bauliche Standard der fünf Gebäude ist jedoch in etwa vergleichbar. Somit trägt zum Baukostenunterschied im wesentlichen das Erschließungskonzept bei. Die unterschiedlichen Konzepte für die Erschließung wurden hinsichtlich ihrer Kostenanteile pro m² Wohnfläche gegenübergestellt. Es zeigte sich, dass sich das kompakte Treppenhaus an der Fassade im Haus 4 aufgrund der geringsten Erschließungsfläche am kostengünstigsten umsetzen ließ. Der offene Laubengang bei Haus 3 ist bei diesem Vergleich die teuerste Erschließungsart. Er erschließt zwar mit fünf Wohnungen pro Geschoss dieselbe Anzahl von Wohnungen wie die „konventionellen“ Treppenhäuser (4-5 WE/ Geschoss), verbraucht jedoch mehr Geschossfläche. Der Vorteil eines Laubenganges, nämlich die Erschließung einer größeren Anzahl an Wohnungen je Etage, zugleich bei einer barrierefreien Verbindung der Wohnungen untereinander, kommt bei einem Gebäude dieser Größenordnung nicht zum Tragen. Laubengänge werden erst bei größeren Bauvorhaben wirtschaftlich, wo sie mehrere erforderliche Treppenhäuser und Aufzüge zur Gebäudeerschließung ersetzen. Bei richtiger Dimensionierung kann ein Laubengang durchaus Nutzungsqualität aufweisen und ein Ort der Begegnung sein. Dabei ist allerdings besonders zu beachten, dass die Aufenthaltsräume in den Wohnungen in ihrer Privatsphäre geschützt bleiben. Schlafräume, die am Laubengang liegen, müssen deshalb wie bei Haus 3 mit einer ausreichenden Distanz vor Einblicken bewahrt werden. Deshalb ist vor den Schlafräumen der Kleinwohnungen der Laubengang abgerückt. Diese zusätzlichen baukonstruktiven Maßnahmen, zusätzliche Geländer sowie wärmegedämmte Wohnungstüren führten hier zu Mehrkosten. In folgender Tabelle sind die Kosten für Baukonstruktion der Kostengruppe 300 nach DIN 276 pro Quadratmeter Wohnfläche der fünf Häuser und des jeweiligen Erschließungskonzeptes gegenübergestellt. Zu beachten ist, dass zur besseren Vergleichbarkeit der Erschließungsarten nur die Kostengruppe 300 (Kosten Baukonstruktion) aufgeführt ist. Die Kostengruppe 400 (Kosten Technische Anlagen) ist hier nicht enthalten. Diese Kostenangabe ist nicht mit der im geförderten Wohnungsbau üblichen Kostenangabe der „Reinen Baukosten“ der Kostengruppen 300 + 400 zu vergleichen. Gebäude Erschließungsart Haus 1 Felicitas-Füss-Str. 7 Haus 2 Felicitas-Füss-Str. 9 Innenliegendes Treppenhaus Treppenhaus kompakt an der Fassade Kostengruppe 300 Baukonstruktion pro m² Wohnfläche 1.008.- € / m² WF 939.- € / m² WF Seite 15 Haus 3 Felicitas-Füss-Str. 11 Haus 4 Felicitas-Füss-Str. 13 Haus 5 Felicitas-Füss-Str. 15 Offener Laubengang, kaltes Treppenhaus Treppenhaus kompakt an der Fassade 1.104.- € / m² WF Treppenhaus querliegend zur Fassade 940.- € / m² WF 804.- € / m² WF 1.3 Holzhaus in der Messestadt Riem, Georg-Kerschensteiner-Straße 12 Das 3-geschossige Gebäude beinhaltet neun Eigentumswohnungen, davon sind sieben Wohnungen im München Modell gefördert. Im Erdgeschoss befinden sich drei Familienwohnungen mit einem großzügigen Gartenanteil. Im 1. und 2. Obergeschoss sind sechs Maisonette-Wohnungen untergebracht. Die Maisonette-Wohnungen sind über eine wettergeschützte Treppe und einen offenen Laubengang an der Nordseite erreichbar. Die durchgesteckten Wohnungen orientieren sich nach Norden und Süden. Die Konstruktion des Gebäudes ist aus vorgefertigten Modulen in einer „Holzskelett-Tafelbauweise“ hergestellt. Die Außenwand-Module bestehen aus Holzmehrschichtplatten mit vertikalen Holzständern. Zwischen den Holzständern ist eine Dämmschicht aus einer 26 cm starken Zellulosefaserdämmung eingebracht. Das Gebäude ist konventionell unterkellert. Gerade bei Holzbauten ist aufgrund der leichten Bauweise der Schallschutz von besonderer Bedeutung. Luft- und Trittschallschutz wurden bei dem Holzhaus auf aufwändige baukonstruktive Weise sichergestellt: Der Gebäudeschallschutz wird durch schwere Deckenelemente erreicht. Die Wohnungstrennwände in Trockenbauweise bestehen aus zwei schalltechnisch voneinander entkoppelten Schalen, die teilweise zusätzliche Aussteifungsfunktion übernehmen. Sie sind gedämmt und beidseitig doppelt beplankt. Die wohnungsinternen Wände sind nur einfach mit einer Gipsfaserplatte verkleidet. Die Balkone und der Laubengang stehen frei vor der Fassade um die Übertragung von Trittschall zu vermeiden. Das Holzhaus ist an das Nahwärmenetz in der Messestadt Riem angeschlossen. Daneben wurden passive Fassadenelemente („Trombe-Wand-Elemente“) zur Solarenergienutzung realisiert. Das Gebäude ist zur Aufnahme einer thermischen Solaranlage zur Warmwasserbereitung und Heizungsunterstützung vorgerüstet. Die Südfassade enthält 28 Trombe-Wand-Elemente. Die Trombe-Wand ist eine Konstruktion aus einer Verbindung von Speicherwänden und transparenten Bauteilen. Die Wandkonstruktion ist so aufgebaut, dass die Nutzung von Sonnenenergie möglich ist. Im Zwischenraum der außenliegenden Verglasung und der innenliegenden dunklen Wand entsteht wie in einem Treibhaus warme Luft. Die Warmluft kann über Öffnungen direkt durch Konvektion in die Räume des Gebäudes geleitet werden. Die in der Massivwand gespeicherte Wärme wird zeitlich verschoben zu kühleren Tageszeiten als Strahlungswärme abgegeben. Für das Holzhaus wurde ein Jahresheizwärmebedarf angestrebt, der deutlich unter dem der Gebäude an der Friedenspromenade liegt. Der niedrige Heizenergiebedarf ermittelt sich neben der guten Wärmedämmung auch aus dem Eintrag über die großen Fensterflächen im Süden. Das Grundrisskonzept ist so aufgebaut, dass die Maisonette-Wohnungen im 1. Obergeschoss auf der Südseite sogenannte „Sonnenräume“ erhalten, über die besonders viel Wärme eingefangen werden kann. Der Sonnenraum kann bei Bedarf mit einer Glasschiebewand vom angrenzenden Wohn- und Essraum abgetrennt werden. Da das Gebäude wegen der leichten Innenbauteile aus Gipskarton eine geringe Wärmespeicherfähigkeit besitzt, war der sommerliche Wärmeschutz besonders zu berücksichtigen. Hierfür wurden ein außenliegender Sonnenschutz und spezielle Lüftungsmethoden entwickelt. Seite 16 Das Holzhaus in Riem wird über eine ventilatorgestützte Wohnungslüftung (Be- und Entlüftungsanlage) mit Wärmerückgewinnung beheizt. Konventionelle Heizkörper sind in diesen Wohnungen nur im Bad installiert. Durch die Wärmerückgewinnung können Lüftungswärmeverluste halbiert werden. Voraussetzung hierfür ist eine hohe Luftdichtheit der Gebäudehülle und ein leistungsfähiger Wärmetauscher. Die Luftdichtigkeit der Gebäudehülle wurde mit dem Blower-Door-Test, einem Differenzdruckverfahren, geprüft und sichergestellt. 1.4 Referenzgebäude in der Friedenspromenade und Messestadt Riem Das Referenzgebäude in der Friedenspromenade besitzt 22 Wohnungen und ist nach den Anforderungen der WschVo 95 geplant. Die Außenwandkonstruktion besteht aus 20 cm Stahlbeton bzw. 24 cm Ziegel und einem Wärmedämmverbundsystem (WDVS) mit 8 cm Polystyrol als Dämmstoff. Das Referenzgebäude in der Messestadt Riem besitzt 18 Wohnungen und ist ebenfalls nach WschVo 95 mit einer Außenwandkonstruktion aus 24 cm Ziegel mit 8 cm Polystyrol WDVS ausgestattet. Besondere haustechnische Ausstattungen bzw. alternative Energieversorgungskonzepte bestehen bei beiden Referenzgebäuden nicht. 2 Begleitforschung Die wissenschaftliche Begleitforschung war wesentlicher Bestandteil des Modellprojektes. Mit der Begleitforschung sollten für alle Häuser zukunftsfähige Gebäudekonzepte entwickelt werden, die heutigen Ansprüchen, wie Energieeffizienz, Umweltfreundlichkeit und Kostenoptimierung genügen. Darüber hinaus galt es fundierte Erkenntnisse für die Umsetzung energiesparender Bauweisen bei zukünftigen Bauvorhaben zu gewinnen. Aufgabe des Forschungsauftrages war es, die Gebäude in Planung und Ausführung wärmetechnisch zu optimieren und Bauherrin und Architekten durch fachliche Beratungsgespräche in der Umsetzung dieser Ziele zu unterstützen. Es sollten bereits im Entwurf durch eine sorgfältige Detailplanung und Ausführung potentielle Schwachpunkte in der Gebäudehülle vermieden werden. Für die Konstruktion und die Wandaufbauten sowie die technische Ausstattungen wurden unterschiedliche Lösungen gewählt, die miteinander verglichen werden können. 2.1 Energieberatung Das Sollner Institut war mit der begleitenden Energieberatung und der Erstellung von Energiebedarfsnachweisen nach der Wärmeschutzverordnung 95 (WschVo 95), später Energieeinsparverordnung (EnEV) beauftragt. Ziel der Energieberatung war es, für jedes einzelne Gebäude ökologische Komponenten zu empfehlen, die sich gegenseitig ergänzen und ein sinnvolles Gesamtkonzept ergeben. Speziell für das Holzhaus hat das Sollner Institut im Rahmen des Modellprojektes eine „transiente Simulation“ (Beschreibung siehe Ziffer 3.3.4) der zu erwarteten raumklimatischen Verhältnisse im Holzhaus erstellt. Es wurde angenommen, dass im Sommer in einigen Räumen an der verglasten Gebäudesüdseite unangenehm hohe Raumtemperaturen entstehen könnten. Da die nachträgliche Kompensation solcher Schwachstellen, z.B. durch die Installation eines Sonnenschutzes, meist teuer ist, sollten mit diesem präzisen Werkzeug derartige Probleme bereits im Planungsprozess vermieden werden. Anlage 2a beschreibt in Kurzfassung die Vorgehensweise der Begleitenden Energieberatung durch das Sollner Institut. Im Überblick sind die Beratungsergebnisse zu den Themen „Lüftungssysteme“, „Temperaturregelung“, „Wärmeschutz“, „Energiebedarf“, und „Transiente Simulation der Raumtemperaturen“ dargestellt. 2.2 Lebenszyklusanalyse, Ökologische Gesamtbilanz Eine ökologische Gesamtbilanz untersucht Umweltaspekte und potentielle Umweltwirkungen im Verlauf des Lebensweges eines Produktes (von der „Wiege“ bis zur „Bahre“). Die Seite 17 Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (EMPA) in Dübendorf (CH) war mit der Erstellung einer Ökologischen Gesamtbilanz für die fünf Gebäude an der Friedenspromenade, dem Holzhaus in Riem und der beiden Referenzobjekte beauftragt. Aufgabe der EMPA war es, die Bauwerke unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit zu beurteilen und die Energie- und Stoffströme hinsichtlich ihrer Wirkungen auf die Umwelt zu beschreiben. Hierfür wurde ein Betrachtungszeitraum von 50 Jahren gewählt. Die unterschiedlichen wärmeschutzrelevanten Außenhüllen der Gebäude wurden unter ökologischen und ökonomischen Gesichtspunkten verglichen. Die Betrachtung umfasst die heizwärmebedarfsrelevanten Bauteile, den Vergleich der typischen Außenwände und die Systembewertung in Bezug auf den Primärenergiebedarf, die CO2 -Emissionen, die anfallende Abfallmenge und die Investitions-, Betriebs- und Entsorgungskosten. Als Außenbauteile wurden die Wände und Abseitenwände, Fenster, Dächer/Decken und die Bauteile der Grundflächen herangezogen. Bei der Entsorgung wurde das Recycling der Wertstoffe ebenso berücksichtigt, wie mögliche Umweltbelastungen durch Deponierung oder Verbrennung. Um einen Zusammenhang zwischen den baustofflichen und den finanziellen Aufwendungen herzustellen, wurden auch die Investitionskosten, die Betriebskosten und die Entsorgungskosten untersucht. Die Fragestellung war, ob sich der Mehraufwand an Material zur Erfüllung des Wärmeschutzes durch die Einsparungen im Heizwärmebedarf im Hinblick der Lebenszyklusbetrachtung rechtfertigen lässt. Die EMPA hat als Grundlage für die ökologische Bewertung möglichst objektive Vergleichseinheiten herangezogen, welche die Auswirkungen der Stoff- und Energieflüsse auf die Umwelt wiedergeben und es erlauben, alternative Materialien in funktionsgleichen Anwendungen zu bilanzieren. In der Anlage 2b sind im Überblick die Ergebnisse der ökologischen und ökonomischen Untersuchung der Wohngebäude an der Friedenspromenade und des Holzhauses zusammengefasst. Die Kurzfassung der Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (EMPA) stellt die Resultate in Form von Diagrammen dar, unterteilt in die Gruppen Primärenergiebedarf, CO2- Emissionen, Umweltbelastungspunkte, Entsorgungsmasse und Kosten. Die Langfassungen der Forschungsberichte können über die GEWOFAG bezogen werden. 3 Erfahrungen und Konsequenzen aus dem Modellprojekt Die Gebäude an der Friedenspromenade und das Holzhaus in der Messestadt Riem sind seit 2002 fertiggestellt und bezogen. Das Planungsreferat hat die Stellungnahme der GEWOFAG über ihre Erfahrungen und Konsequenzen für zukünftige Projekte im Folgenden dargestellt. 3.1 Nutzerverhalten Das Nutzerverhalten bestimmt nach Ansicht der GEWOFAG als entscheidende Größe, ob eine ökologische Maßnahme zur Wirkung kommt. Allein durch eine bewusste Nutzung von Strom, Heizung und Wasser kann der Energieverbrauch und die Kosten ohne große Investitionen reduziert werden, sofern die Bewohner zur Mitwirkung bereit sind und sich mit dem Energiesparen und der neuen Technik auseinandersetzen. Die langjährige Erfahrung der GEWOFAG zeigt, dass technische Einbauten, die eine ungewohnt aktive Mitwirkung der Mieter verlangen, von vorneherein zum Scheitern verurteilt sind. Auch stoßen bei den Mietern Einbauten, die noch nicht betriebssicher laufen, auf keine Akzeptanz und sind daher grundsätzlich zu vermeiden. Aus diesem Grund war es Ziel des Modellprojekts, die angestrebte Energieeinsparung weitgehend durch bauliche Maßnahmen und nur zu einem geringen Anteil durch die Verwendung von Haustechnik zu Seite 18 erreichen. Sofern technische Einrichtungen erforderlich waren, wurde auf eine einfach handhabbare und robuste Technik gesetzt. Diese Verfahrensweise hat sich für die GEWOFAG bei dem Modellprojekt bewährt. Allerdings muss nach Auskunft der GEWOFAG das Nutzerverhalten von Mietern und Wohnungseigentümern differenziert betrachtet werden. Hier sei zu beachten, dass die GEWOFAG Mieterinnen und Mieter mit Wohnungen versorgt, denen beispielsweise auf Grund mangelnder Sprachkenntnisse der Umgang mit moderner Heiztechnik schwer fällt oder denen es auf Grund ihrer Herkunft aus klimatisch warmen Ländern an der Sensibilität über die Notwendigkeit zur Einsparung von Heizenergie mangelt. Nach Einschätzung der GEWOFAG sei sicherlich die Akzeptanz von modernen haustechnischen Einrichtungen, mit denen Energie gespart werden kann, in anderen Mieterschichten oder bei Eigentümern anders gelagert. Als Beispiel führt die GEWOFAG die Eigentümergemeinschaft der Wohnungen im Holzhaus an, die sehr stark daran interessiert sind, die Wohnungen mit möglichst wenig Energieeinsatz zu beheizen. 3.2 Bauweise Aufgrund der Erfahrungen aus dem Modellprojekt kommt die GEWOFAG zur Überlegung, dass es zur Erreichung ökologischer Ziele nicht immer erforderlich ist, spektakuläre Maßnahmen anzuwenden. Oft genügen geringfügige Konstruktionsänderungen bei konventionellen Baustoffen um die angestrebten Zielwerte, beispielsweise zur Energieeinsparung, zu erreichen. Als ein Ergebnis der EMPA Studie sowie aus Erfahrung mit Neubaumaßnahmen der letzten Jahre und des großen Wohnungsbestandes hat sich die GEWOFAG entschieden, wo immer es möglich ist, monolithisches Mauerwerk für die Außenhaut zu verwenden. Ziel ist es, Gebäude mit langfristig hohem Wohnwert zu errichten. Das monolithische Mauerwerk, wie es früher traditionell üblich war, ist nach Ansicht der GEWOFAG auch heute noch eine der besten Bauweisen. Wie kaum ein anderer Baustoff sonst ermöglicht der Ziegel ein ganzheitliches massives Bauen – vom der Kellerdecke bis zum Dach. Vorteil der monolithischen Bauweise ist aus Sicht der GEWOFAG im wesentlichen, dass sie unkompliziert ist, da sie mit wenigen Ausführungsdetails auskommt und deshalb auf Dauer viel weniger schadensanfällig ist als kombinierte Mauerwerk-Verbundsysteme. Dank der Langlebigkeit des gebrannten Baustoffs sind praktisch keine Reparaturkosten zu erwarten. Dies ist besonders bei dem großen Wohnungsbestand der GEWOFAG bei eigener Vermietung von Bedeutung. Gegenüber zwei- oder mehrschaligen Außenwandkonstruktionen ist der Primärenergiebedarf aus Herstellung, Ersatz und Entsorgung der monolithischen Außenhaut am geringsten. Monolithische Konstruktionen sind leichter zu entsorgen, da keine Verbundmaterialien aufwendig getrennt oder als Sondermüll behandelt werden müssen. Die GEWOFAG verwendet derzeit bei ihren Bauvorgaben monolithisches Mauerwerk aus Porenbeton oder Ziegel, mit welchen die Anforderungen der Energieeinsparverordnung (EnEV) eingehalten werden können. Nach Erfahrung der GEWOFAG wiegt der vermietbzw. vermarktbare Wohnflächengewinn durch dünnere Außenwandkonstruktionen, wie z.B. Kalksandstein mit Wärmedämmverbundsystem, gegenüber stärkeren monolithischen Konstruktionen nicht die Kosten für die Erstinvestition und den Bauunterhalt zumindest bei eigener Vermietung auf. Nennenswerte ökologische und energetische Vorteile werden durch diese nach Ansicht der GEWOFAG ebenfalls nicht erzielt. 3.3 Energieversorgungskonzepte - Haustechnik 3.3.1 Heizwärmeverbrauch der Betriebsphase Mittlerweile liegen für das Jahr 2003 anhand der Heizkostenabrechnungen Aussagen über den tatsächlichen Heizwärmeverbrauch aller Gebäude vor. Seite 19 Nach Auskunft der GEWOFAG können für die Gebäude an der Friedenspromenade die errechneten Bedarfswerte pro m² Gebäudenutzfläche bestätigt werden. Im Durchschnitt über alle Gebäude wurden Verbräuche in Höhe von ca. 50,83 kWh/a pro m² Nutzfläche gemessen. Dies ist besonders bemerkenswert, wenn bedacht wird, dass bei Neubauten in der Regel in den ersten beiden Heizperioden ein erhöhter Heizenergieverbrauch vorliegt, da es etwa zwei ganze Jahre dauert, bis die Baufeuchte aus dem Rohbau abgetrocknet ist. Im Gegensatz zur Friedenspromenade kann die GEWOFAG den rechnerischen Heizwärmebedarf für das Holzhaus nicht bestätigen. Nach den Messungen wurde gegenüber den Berechnungen tatsächlich knapp das Dreifache an Heizwärme verbraucht. Um die Ursachen für den überhöhten Heizwärmeverbrauch herauszufinden, werden derzeit von der GEWOFAG verschiedene Untersuchungen durchgeführt. Die Untersuchungen zeigten bislang, dass die Ursachen für die erhöhten Verbräuche nicht in der Gebäudekonstruktion liegen. Alle verwendeten Bauteile der Gebäudehülle, also der Kellerdecke, der Außenwände, der Fenster und des Daches wurden in den erforderlichen wärmedämmenden Qualitäten eingebaut. Zusätzlich wurde im Februar dieses Jahres die Ausführung der Außenhaut mit einer Thermografie überprüft. Die Thermografie liefert Thermografieaufnahmen mit sehr guter Temperaturauflösung, so dass eine fundierte qualitative Beurteilung der Fassade möglich ist. Es wurden zwar kleinere Schwachstellen in der Gebäudehülle festgestellt, die jedoch, entsprechend der Bewertung des Ingenieurbüros, nicht die Ursache für die vorliegenden Verbräuche sind. Im nächsten Schritt werden nun die technischen Details, wie z.B. die Verbrauchsabmessungen, untersucht werden. Abschließende Ergebnisse liegen derzeit noch nicht vor. Da der Heizwärmebedarf als eine entscheidende Eingangsgröße in das Rechenmodell der EMPA-Studie einfließt, kann von der GEWOFAG für das Holzhaus aufgrund der extrem auseinandergehenden Soll/Ist-Werte keine abschließende Wertung der Studienergebnisse erfolgen. 3.3.2 Wohnraumlüftung Die Qualität der Raumluft hat einen entscheidenden Einfluss auf die Gesundheit der Bewohnerinnen und Bewohner. Gleichmäßig temperierte Räume ohne Zugerscheinungen und frische, gesunde und schadstofffreie Raumluft tragen zu einer angenehmen Wohnatmosphäre bei. Die kontrollierte Wohnraumlüftung nimmt bei den hochgedämmten, luftdichten Niedrigenergiegebäuden im Hinblick auf ausreichende Frischluftversorgung und die Vermeidung von Schimmelpilzbildung eine besondere Rolle ein. Bei dem Modellprojekt hat die GEWOFAG unterschiedliche Lüftungssysteme erprobt, siehe Tabelle Teil B Ziffer 1.2 (Seite 15). Laut GEWOFAG sind beim Einbau von Einzellüftern - je nach Fabrikat - die Betriebskosten mit in die Geräteauswahl einzubeziehen. Bei allen Geräten sollten die Filter in den Ventilatoren mindestens jährlich gewechselt werden. Die Schwierigkeit bei den Einzelnlüftern besteht nach Auskunft der GEWOFAG darin, dass diese in den Wohnungen installiert sind. Somit muss der Mieter den Filterwechsel durchführen. Der organisatorische Aufwand für Terminvereinbarungen zum Betreten der Wohnung für das Personal der GEWOFAG für derlei Arbeiten ist nach Auskunft der GEWOFAG unverhältnismäßig groß. Unterlässt der Mieter den regelmäßigen Filterwechsel, so setzt sich der Filter zu und der Ventilator kann den Filterwiderstand nicht mehr überwinden mit der Folge, dass die Raumluft auch bei vollem Ventilatorbetrieb nicht mehr ausreichend abgeführt werden kann. Ventilatoren mit Feuchtefühlern haben zudem den Nachteil, dass Feuchtefühler regelmäßig nachjustiert und gereinigt werden müssen, da sonst der Messbereich des Fühlers nicht mehr stimmt und der Ventilator nicht richtig in Abhängigkeit von der Raumfeuchte läuft. Die Erfahrung der GEWOFAG mit den in Gebäude 4 eingebauten Abluftgeräten mit Feuchtesensoren zeigt, dass die Effizienz dieser Geräte sehr vom Nutzerverhalten abhängig ist. Wenn z.B. ein Mieter in der Wohnung die Wäsche trocknet, ist das Lüftungsgerät Seite 20 im Dauerbetrieb, da beim Wäschetrocknen über einen langen Zeitraum Feuchte entsteht. Der Energiebedarf steigt dementsprechend. Der für ein zentrales Lüftungssystem erforderliche Lüftungsverbund setzt in den Wohnungen einen glatten Fußbodenbelag voraus, damit die Luft ungehindert durch die Nachströmöffnungen streichen kann. Um einen ungehinderten Luftaustausch zu gewährleisten wurden deshalb von der GEWOFAG mineralische Bodenfliesen gewählt. Da jedoch ein Fliesenbelag in der gesamten Wohnung nicht sehr wohnlich ist, entstand bei den Mietern der Wunsch nach behaglicheren Bodenbelägen, wie z.B. Teppichböden. Bedingt durch die Einbauhöhen der von den Mietern selbst nachgerüsteten Beläge wurden im Bereich der unteren Türblätter die Schlitze verbaut und der für das Lüftungssystem notwendige Lüftungsverbund zerstört. Aus dieser Erfahrung heraus wird die GEWOFAG bei künftigen Bauvorhaben Bodenbeläge verwenden, die den mehrheitlichen Behaglichkeitskriterien entsprechen und nicht den Wunsch der Nachrüstung auslösen. Sie sollen zudem einem Mieterwechsel langfristig standhalten. 3.3.3 Einzelraum-Temperaturregelung Die GEWOFAG hat in vier der fünf Gebäude an der Friedenspromenade funkgesteuerte Einzelraum-Temperaturregelungssysteme eingebaut. Trotz der zahlreichen Vorteile zeigt die Erfahrung der GEWOFAG, dass die hier eingebauten Systeme noch mit Mängeln behaftet sind. So muss die Anlage bei Stromausfall in den Wohnungen, was durch den Fehlerstromschutzschalter (FI-Schalter) relativ häufig auftritt, stets neu programmiert werden. Auch kann durch das Fehlen einer Sperrung die eingestellte Programmierung von Unbefugten geändert werden, die Wohnung wird dann falsch beheizt. Diese Punkte führten bei der GEWOFAG zu der Erkenntnis, dass die funkgesteuerte Einzelraum-Temperaturregelung für den Mietwohnungsbau derzeit auf Grund der hohen Kosten noch nicht einsetzbar ist. Die GEWOFAG setzt daher nach wie vor auf die Regelung der Raumtemperaturen über handelsübliche Thermostatventile. 3.3.4 Sommerlicher Wärmeschutz Gebäude sollen den Bewohnerinnen und Bewohnern ganzjährig, also auch in den Sommermonaten ein komfortables und gesundes Wohnklima bieten. Ein gutes sommerliches Raumklima ist deshalb bereits im Entwurf eine wichtige Planungsaufgabe, insbesondere bei Gebäuden mit großen Glasflächen und bei Leichtbauweisen. Da das Holzhaus nach Süden eine großzügig verglaste Fassade mit strahlungsexponierten Gebäudezonen aufweist, dagegen die leichten Innenbauteile nur eine geringe Wärmespeicherfähigkeit haben, war zu befürchten, dass sich die Räume im Sommer zu stark aufheizen. Die Südfassade besteht nämlich zu 45% aus Fensterflächen. Die Dynamische Simulation des Sollner Instituts sollte Erkenntnisse über die zu erwartenden Temperaturentwicklungen im Gebäude bringen. Mit Hilfe der Simulation können die Entwurfsideen bereits sehr früh geprüft und funktionale Gebäude- und Haustechnikkonzepte erstellt werden. Die dynamische thermische Simulation ermöglicht eine Prognose der physiologischen Empfindung des Raumklimas durch die späteren Nutzerinnen und Nutzer. Sie wird mit der hochspezialisierten Software TRNSYS (transient system simulation program) durchgeführt. Hierbei werden die solaren Wärmelasten für bestimmte thermische Zonen berechnet. Die Rechenergebnisse werden für diese sensiblen Gebäudezonen grafisch dargestellt und bewertet. Neben den geometrischen und bauphysikalischen Eigenschaften des Gebäudes (z.B. Wärmeleitung und -speicherung der Bauteile, Strahlungsdurchgang durch transparente Flächen) und der thermischen Zonierung wird eine Vielzahl weiterer Faktoren berücksichtigt: Das Wetter am Standort (z.B. Solareinstrahlung, Außentemperatur), die Verschattung des Gebäudes, die Lüftung, usw.. Sind diese Daten einmal erfasst, können Varianten untersucht werden, um die Konstruktion zu verbessern. Gegenstand der Untersuchung war insbesondere der sogenannte „Sonnenraum” der Maisonette-Wohnungen im 1.OG und der sich daran im Norden anschließende Raum, der zu- Seite 21 sammen mit dem darüber liegenden Gebäudeteil die gemeinsame Zone „Obergeschoss“ bildet. Die Simulation zeigt beispielsweise, dass im August bei kurzzeitigen Außenlufttemperaturen von ca. 32°C und ohne Verschattungsmöglichkeiten die Raumlufttemperaturen in der Zone „Obergeschoss“ auf knapp 35°C, in der Zone „Sonnenraum” sogar auf bis zu 41°C ansteigen können. Ursache für die Spitzenwerte ist die Sonneneinstrahlung durch die Verglasung. Wegen der geringen Wärmespeicherung folgen Leichtbauten dem Tageslauf der Außentemperatur schneller als Massivbauten. Die kurzfristigen Temperaturspitzen können jedoch durch den Einsatz von entsprechenden Verschattungsmaßnahmen und mit ausreichender Lüftung in den frühen Morgenstunden durch Nutzung der nächtlichen Kühlung verbessert werden. Zusätzlich wurde die Speicherkapazität der Fußböden der Obergeschosse durch einen 4 cm starken Estrich optimiert: Der schwere und damit speicherfähige Estrichbelag kann Temperaturschwankungen besser als leichtes Material aufnehmen und Temperaturspitzen besser ausgleichen. Bei Betrachtung der rechnerischen Wärmeschutzeigenschaften des Hauses im Januar lässt sich feststellen, dass die Sonnenraumtemperaturen den Wert von 15°C so gut wie nicht, die Temperaturen im Obergeschoss kurzzeitig nur um 0,5°C unterschreiten. Hierfür ist bei guter Wärmedämmung wiederum der solare Eintrag durch die Fenster verantwortlich, im Winterfall auf positive Weise. Die Wohnung könnte theoretisch also auch bei abgestellter Heizung „sich selbst überlassen bleiben“. Bei einer Innenraumtemperatur von 15°C müsste, nach den Wärmebedarfsberechnungen, die Wohnung nur in den Monaten November, Dezember und Januar beheizt werden. 3.3.5 Solarkollektoranlage Die Solarkollektoranlage auf dem Dach des Gebäudes 3 an der Friedenspromenade kann erst seit Sommer 2004 störungsfrei betrieben werden. Hauptursachen der Störungen waren Kollektorbrüche, Materialfehler und das Einfrieren des Wärmetauschers. Bei störungsfreiem Betrieb werden Ergebnisse frühestens Ende 2005 erwartet. Die Anlage wurde mit Fördermitteln aus dem Förderprogramm Energieeinsparung (FES) in Höhe von 10.226.- € bezuschusst. 3.4. Verhältnis Mehrkosten / Energieeinsparung Der Kostenrichtwert für die reinen Baukosten (Kostengruppe 300+400) von 1.075.- € / m² Wohnfläche konnte beim Modellprojekt Friedenspromenade aufgrund des erheblich verbesserten Energiestandards, der hinsichtlich der Bedarfswerte im Mittel 26 % unter den Maximalwerten der WschVo und 13 % unter den Maximalwerten der EnEV liegt, nicht eingehalten werden. Für alle fünf Gebäude zusammen ergab sich nach Schlussabrechnung ein Mittelwert von 1.124.- € / m² Wohnfläche, wodurch Mehrkosten in Höhe von 49.- € / m² Wohnfläche entstanden. Umgerechnet auf die Gesamtwohnfläche von 6.500 m² ergaben sich damit Mehrkosten von insgesamt 318.500.- €. Durch die für den Erfolg des Modellprojekts sicherlich maßgebliche Energieberatung des Sollner Instituts entstanden zusätzliche Kosten in Höhe von ca. 76.500.- €. Insgesamt betragen die projektbedingten Mehrkosten damit ca. 395.000.- €. Betrachtet man nunmehr die aufgrund der Bedarfsermittlungen errechneten Einsparungen hinsichtlich des Heizwärmebedarfs nach Wärmeschutzverordnung (WschVo 95), ergeben sich die nachfolgend dargestellten Einsparpotentiale. Für die fünf Gebäude an der Friedenspromenade ergeben sich gemäß WschVo 95 als zulässige Maximalwerte für den Jahresheizwärmebedarf im Mittel ca. 65 kWh/m²a. Die errechneten tatsächlichen Bedarfswerte an der Friedenspromenade unterschreiten diesen zulässigen Maximalwert im Mittel um 26 %. Dies entspricht einer Einsparung von ca. 17 kWh/m²a. Umgerechnet auf die Gesamtwohnfläche von 6.500 m² beträgt die Gesamteinsparung pro Jahr damit ca. 110.000 kWh. Nachdem der Brennwert von 1 m³ Gas ca. 10,4 kWh beträgt, werden damit jährlich insgesamt ca.10.500 m³ Gas eingespart. Bei Zugrundelegung des Seite 22 derzeit aktuellen Gaspreises von gerundet 0,40 € je m³ ergibt sich eine jährliche Einsparung von 4.200.- €. Auch wenn die tatsächliche Einsparung stark vom Nutzerverhalten und von der Entwicklung der Energiepreise abhängt, kann festgestellt werden, dass die erhöhten Aufwendungen derzeit durch die eingesparten Energiekosten bei weitem nicht kompensiert werden können. Im vorliegenden Fall könnten nach überschlägigen Berechnungen mit den eingesparten Energiekosten nur ca. 80.000.- € der dargestellten projektbedingten Mehrkosten finanziert werden. Durch die Umstellung der Fördersystematik vom Ersten Förderweg auf die Einkommensorientierte Förderung (EOF) ist eine Belastung der Mieter ausgeschlossen und eine Förderung der Mehrkosten mit Wohnungsbauförderungsmitteln unmöglich. Die Mehrkosten wären deshalb in vollem Umfang vom Investor bzw. Vermieter zu tragen. Beteiligung der Bezirksausschüsse Die Bezirksausschuss-Satzung sieht in vorliegender Angelegenheit keine Beteiligung der Bezirksausschüsse vor. Die Bezirksausschüsse 1-25 wurden jedoch durch Übermittlung von Abdrucken der Bekanntgabe unterrichtet. Dem Korreferenten des Planungsreferates, Herrn Stadtrat Zöller, und der zuständigen Verwaltungsbeirätin, Frau Stadträtin Tausend wurde ein Abdruck der Sitzungsvorlage zugeleitet. II. Bekanntgegeben. Der Stadtrat der Landeshauptstadt München Der Vorsitzende Die Referentin Ober-/Bürgermeister Prof. Thalgott Stadtbaurätin III. Abdruck von I. mit II. über den Stenographischen Sitzungsdienst an das Direktorium HA II/V 1 an das Direktorium HA II/V 3 an das Revisionsamt an die Stadtkämmerei mit der Bitte um Kenntnisnahme. IV. WV Planungsreferat SG 3 zur weiteren Veranlassung. Seite 23 zu V. 1. Die Übereinstimmung vorstehenden Abdruckes mit der beglaubigten Zweitschrift wird bestätigt. wird bestätigt. 2. An die Bezirksausschüsse 1-25 3. An das Referat für Gesundheit und Umwelt 4. An das Baureferat 5. An das Referat für Arbeit und Wirtschaft 6. An das Sozialreferat 7. An das Kommunalreferat 8. An das Planungsreferat HA I 9. An das Planungsreferat HA II 10. An das Planungsreferat HA III 11. An das Planungsreferat HA III/1 12. An das Planungsreferat HA III/3 13. An das Planungsreferat HA IV 14. An das Planungsreferat SG 3 mit der Bitte um Kenntnisnahme. 15. Mit Vorgang zurück zum Planungsreferat HA III/2 Am Planungsreferat SG 3 I. A.