Molekulare Grundlagen der Neurobiologie! - IPMB

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Molekulare Grundlagen der Neurobiologie!
Prof. Ulrike Müller, IPMB Universität Heidelberg!
Abtl. Funktionelle Genomik!
In Neuenheimer Feld 364!
Grundlagen der Neurobiologie
Lernziele:
•  Gegenstand der Neurowissemschaften:
•  Historischer Rückblick und
Neurowissenschaften heute
•  Zellbiologie: Neuronen und Glia
•  Prinzipien der Nervenreizleitung
•  Grundlagen der Neuroanatomie und der
Entwicklung des Nervensystems
•  Prinzipien der synaptischen Kommunikation
•  Neurotransmittersysteme und Rezeptoren
•  Lernen und Gedächtnis
Benutzer: pat
Passwort: Alzheimer
Literatur zur Vorlesung:
1) M. Bear, B. W. Connors and M. A. Paradiso:
Neuroscience, exploring the brain.
Lippincott Williams and Wilikins, 2007, 3rd edition (new edition should be available soon)
(Deutsche Übersetzung bei Spektrum Verlag 2008)
(chapter 1-6, parts of chapters 24-25)
2) Reichert, Neurobiologie, Thieme Verlag, 2. Auflage 2000
3) D. Purves, et al.: Neuroscience, Sinauer, 2008, 4th edition
für besonders Interessierte:
L. R. Squire, F. E. Bloom, S. K. Macdonnell, J. L. Roberts,
N. C. Spitzer, M. J. Zigmond: Fundamental Neurosciene,
Academic Press, Elsevier
J. H. Byrne, J. L. Roberts: From Molecules to networks
Academic Press, Elsevier,
Kandel, Schwarttz, Jessell, Siegelbaum, Hudspeth:
Prociples of Neural Science, 5th edition 2013, McGraw Hill
Eric Kandel: Auf der Suche nach dem Gedächtnis, Taschenbuch und Film
(Autobiographie und Abriss der Neurowissenschaften)
http://nobelprize.org (Video and Text der Nobelvorträge)
Das Nervensystem
Zentralnervensystem ZNS:
•  Gehirn
•  Rückenmark
Periphäres Nervensystem PNS:
•  Nerven (Nervenfasern=Axon-bündel)
•  Ganglien (lokale Anhäufung von Nervenzellkörpern)
•  somatisches periphäres Nervensystem:
kontrolliert bewußte motorische Funktionen (willkürliche Bewegungen) und
sensorische Nerven der Haut, der Gelenke etc.
•  Viszerales periphäres Nervensystem = autonomes Nervensystem
kontrolliert unbewußte Körperfunktionen,
z. B. motorische Innervation und sensorische Nerven der inneren Organe,
Blutgefäße und Drüsen (z. B. Kontrolle des Blutdrucks, Darmperistaltik )
 Sympathisches und Parasympathisches System (vegetatives NS).
Das Nervensystem
Zentralnervensystem ZNS:
•  Gehirn
•  Rückenmark
Periphäres Nervensystem PNS:
•  Nerven (Nervenfaser/Axon-bündel)
•  Ganglien (lokale Anhäufung von Nervenzellkörpern)
•  somatisches periphäres Nervensystem:
kontrolliert bewußte motorische Funktionen (willkürliche Bewegungen) und
sensorische Nerven der Haut, der Gelenke etc.
•  Viszerales periphäres Nervensystem = autonomes, vegetatives Nervensystem
kontrolliert unbewußte Körperfunktionen,
z. B. motorische Innervation und sensorische Nerven der inneren Organe,
Blutgefäße und Drüsen (z. B. Kontrolle des Blutdrucks, Darmperistaltik )
 Sympathisches und Parasympathisches System.
Klassifikation von Neuronen nach funktionellen
Verschaltungen (Konnektivität)
somatisches
periphäres NS
viszerales
Autonomes
(= vegetatives)
periphäres NS
Das Nervensystem
Purves; Neuroscience
Das Nervensystem
Funktionen:
•  Verarbeitung der Sinneseindrücke
(sensorisches System: Sehen, Hören, Schmecken, Tasten, Riechen)
•  Kontrolle der unbewußten Körperfunktionen
•  Kontrolle des Bewegungsapparats (Motorisches System)
•  Denken, Lernen, Gedächtnis, Kognition
•  Emotionen (Freude, Trauer, Angst, Agression...)
•  Bewußtsein (“Selbst”-Wahrnehmung )
Verständnis der Gehirnfunktion: Ägypter
Altes Ägypten (5000-3000 v. Christus):
Das Herz (und NICHT das Gehirn!) ist der Sitz von
Seele und Erinnerung
Mumifizierung galt dem Körper,
Gehirn wurde entfernt.
Verständnis der Gehirnfunktion: Antikes Griechenland
Hippokrates (460-379 v. Chr.):
Kopf spezialisiert auf Wahrnehmung der Sinneseindrücke
Nerven der Sinnesorgane führen zum Gehirn
 Gehirnfunktion: Organ der Sinneswahrnehmung UND der Intelligenz
dagegen Aristoteles:
Herz als Sitz des Intellekts
Gehirn kühlt das Blut, welches durch Pumpen des Herzens
überhitzt ist.
Verständnis der Gehirnfunktion: Römerzeit
Galen, Arzt und Schriftsteller (130-200 v Chr.):
Versorgte Gladiatoren: Auswirkungen von Kopf/Gehirn/
Rückenmarksverletzungen,
Sezieren von Tieren: Anatomische Studien
Cerebrum (weich, duktil):
Sinneswahrnehmung
Cerebellum (härter):
Steuerung der Motorik
Ventrikel: große Hohlräume,
gefüllt mit Flüssigkeit,
Gehirn ist eine Pumpe
Galen, Arzt und Schriftsteller (130-200 v Chr.):
Ventrikel: große Hohlräume, gefüllt mit Flüssigkeit
 ventrikuläre Lokalisation der Gehirnfunktion
•  Analogie zur Herzfunktion und Blutsystem:
Gehirn steht über Körpersaft im Ausstausch
mit der Peripherie,
•  Nerven als Hohlräume, die Körpersäfte
transportieren
•  Viersäftetheorie:
Gesundheit beruht auf der Balance der vier
Lebensäfte: Blut (Herz), Schleim (Gehirn)
gelbe Galle (Leber) und schwarze Galle
(Milz und Hoden).
Medizin: Wiederherstellung des Gleichgewichts
der 4 Säfte durch Dietätik, Arzneien und Chirurgie
Renaissance: 14. und 15. Jahrhundert
•  Das Gehirn als Maschine
•  Flüssig-mechanische
Theorie der Gehirnfunktion
Gehirn als hydraulischer Apparat:
Ein- und Auspumpen der Gehirnflüssigkeit
“pumpt” die Muskeln auf und steuert ihre
Funktion.
•  Philosophisches Geist/Seele-Gehirnproblem:
Descartes (1596): Gehirn kontrolliert Körperfunktionen bei Mensch und Tier,
aber der Geist (göttliche Seele) ist ausserhalb des Körpers lokalisiert und
verantwortlich für die spezifisch menschlichen Funktionen wie z. B. den Intellekt.
Verbindung des Geistes mit „primitiverem“ Gehirn erfolgt über Hirnanhangdrüse.
17. und 18. Jahrhundert
•  Abkehr vom ventrikulären Modell
•  Anatomie des Gehirns:
besteht aus weißer und grauer Substanz
•  weisse Substanz ist kontinuierlich
mit den Nerven verbunden,
überträgt die Information
zw. Gehirn und Peripherie.
heutiges Wissen: weisse Substanz
= myelinisierte Nervenfaserbündel
Ende des 18. Jahrhunderts:
Vollständige Kenntnis der makroskopischen Neuroanatomie
Cortex = Großhirn
•  Nerven durchziehen den gesamten
Körper, Einteilung in ZNS und PNS
•  Gehirn hat bei allen Menschen
gleiche Anatomie:
Gyri (Wölbungen), Sulci, Fissuren (Einstülpungen, Vertiefungen).
•  Einteilung der Grosshirnrinde in Lappen
(engl.: lobe)
•  Erste Spekulationen ob best. Strukturen
spezifische Funktionen zukommen.
Hirnstamm
Cerebellum
= Kleinhirn
19. Jahrhundert: elektrisches Modell ersetzt
hydraulisches Modell des Renaissance
•  Galvani und Bois-Reymond:
Muskelkontraktion kann durch
elektrische Reizung von Nerven
induziert werden.
Nerven als “Drähte”
•  Gehirn generiert selbst Elektrizität
Nervenläsion
•  Zunächst Annahme einer
bidirektionalen Nervenreizleitung
(Analogie zum elektrischen Leiter)
•  Nervenläsion:
sowohl Motorik als auch Sensorik
fällt aus  unterstützt bidirektionale
Theorie
Charles Bell , Charles Magendie 1810
Durchtrennen des Hinterwurzelstrangs: Ausfall der Sensorik
Durchtrennen des Vorderwurzelstrangs:
Ausfall der Motorik (Lähmung)
Hinterwurzelstrang
Vorderwurzelstrang
Heute:
im Gegensatz zum elektrischen
Leiter: Neuronen zeigen streng
unidirektionale Reizleitung:
Afferenz: Peripherie  Gehirn
Efferenz: Gehirn  Peripherie
19. Jahrhundert:
Lokalisation von best. Funktionen in spezifischen Hirnarealen:
•  Experimentelle Ablations- und Stimulationsversuche
•  Korrelation pathologischer Läsionen mit Funktionsausfall
•  obwohl Gehirn makroskopisch symmetrisch aufgebaut ist,
sind Funktionen lateralisiert (asym. verteilt zw. rechter und linker Hälfte)
Ablations-und Stimulationsexperimente an Tieren:
Marie Jean-Pierre Flourens: Cerebellum ist essentiell für motorische Funktionen
Hermann Munk: Occipitalllappen des Cerebrums (visueller Cortex) ist essentiell für
das Sehvermögen
Fritsch und Hirzig: Versuche an Hunden
 elektrische Reizung bestimmter Areale
des Cortex löst Bewegungen aus
 Gehirneregion: motorischer Cortex.
Korrelation pathologischer Läsionen mit Funktionsausfall
Broca Areal
(Sprachproduktion):
im linken frontalen
Cortex
Korrelation pathologischer Läsionen mit Funktionsausfall
Broca Areal
(Sprachproduktion):
im linken frontalen
Cortex
Wernicke Areal
(Sprachverständnis)
Quelle: Kandel,
Auf der Suche
nach dem Gedächtnis
Was macht den Menschen zum Menschen?
Ein Vergleich der Gehirne von Säugetieren
•  Die wichtigsten Areale sind evolutionär konserviert:
motorische/sensorische Areale (Frontal/Parietal-Lappen)
Visuelle Areale (Occipitallappen)
Auditorische Areale (Temporallappen)
•  Homo sapiens: Cortex hat zusätzlich große "Assoziationsareale”,
insbesondere im Frontallappen und Temporallappen (komplexes Denken,
Integration verschiedener sensorischer Informationen etc)
19. Jahrhundert
•  Fortschritte in der Mikroskopie
•  Theodor Schwann 1839  Zelltheorie
•  Zellen als Bausteine aller Gewebe
•  Neuron als wichtigste Zelle des Nervensystem
•  damals offene Frage:
Kontinuum von Zellen, analog Blutkapillaren/Gefäßsystem?
(Synapt. Spalt wurde erst durch Elektronenmikroskopie 1960 nachweisbar)
Neurowissenschaften heute:
Verschiedene Ebenen der Komplexität
Molekulare Neurowissenschaften
•  Struktur und Funktion von Molekülen: Rezeptoren, Transporter, Transmitter etc.
Zelluläre Neurobiologie
•  Kommunikation zw. Neuronen
•  Wie erfolgt die Verschaltung während der Entwicklung?
•  Welche funktionellen Neuronentypen gibt es, wie kann man sie unterscheiden?
Systemneurobiologie:
•  Analyse Komplexer Netzwerke
z. B. Motorisches System, Visuelles System etc
Verhaltensneurobiologie
•  wie wirken die Systeme zusammen um integriertes Verhalten zu generieren?
•  Was bedingt Kognition und Gedächtnis, was ist Bewußtsein?
Zelltypen des Nervensystems I
Gehirn:! •  3-5 x 104 mRNAs!
•  1012 Neuronen!
•  1015 Synapsen (ca 1000 Synapsen pro Neuron)!
wichtigste Zelltypen des Nervensystems:
!   Neuronen
!   Prozessieren Information
!   Detektieren Veränderungen der Umwelt (Sensoren)
!   Kommunizieren diese Veränderungen an weitere Neuronen
!   Exekutieren die Reaktion des Körpers auf Veränderungen
•  Gliazellen (griech. Klebstoff):!
•  Mehr als 50% des Gehirnvolumens, ca 90% aller Zellen des Gehirns!!!
•  Stützfunktion!
•  Myelinisierung (elektrische Isolation der Axone)!
•  Versorgung mit Nährstoffen, Entfernen von Metaboliten!
•  Ionen- insbesondere K+-Homeostase, !
•  Aufnahme von Transmittern (über Transporter)!
•  Histologie
– 
– 
• 
• 
• 
Studium der Cyto(Zell)architektur der Gewebe
verschiedene Schnittpräparate:
Mikrotomschnitte: 40-200 µ (mehrere Zellschichten)
Cryoschnitte (gefrorene Gewebeblöcke): 10-20 µ
Einbetten des Gewebes in Paraffin: einige µ dünne Schnitte, Auflös. bis zu 1
Zellschicht
•  Paraffin/Epoxidharz-Ultradünnschnitte (EM): subzelluläre Strukturen
-  wichtig: geeignete Fixationstechniken
z. B. 4 % Paraformaldehyd PFA,
Einbetten in Paraffin
Die Nissl-Färbung (Cresylviolett):
färbt neuronale Zellkörper:
Kerne und rauhes ER
Basische Farbstoffe binden an negativ
geladene DNA und rRNA des ER.
Merke: keine Färbung der Neuriten!
Durchbruch für die zelluläre Neuroanatomie
Die Golgifärbung (Silberchromat): färbt Zellkörper und Fortsätze, einschl. Spines
Soma (= Zellkörper, Perikaryon)
Neuriten (= neuronale Fortsätze)
  Dendriten und Axone
„The gain in brain is mainly in the stain“...auch heute noch richtig:
Nobelpreis 2008 für GFP und abgeleitete in vivo Färbtechniken
Cajal´s Beitrag zum Verständnis des Nervensystems
(Nobelpreis 1906, zusammen mit Golgi)
• 
• 
• 
Zelluläre Neuroanatomie
Neuronale Verschaltung (z. B. des Cortex)
Neuronen kommunizieren durch Zellkontakte
(keine fusionierten Zellen, in Gegensatz zu retikulärer Theorie Golgi´s)
Größenverhältnisse
Soma: ca 20 µm
Auflös. Lichtmikroskop: 0.1 µm =100nm
Synaptischer Spalt: 0.02 µm (= 20nM)
(nur im Elektronenmikroskop sichtbar !!,
gelang erst in 1950er Jahren)
Zellbiologische Grundlagen
Neuronen und Gliazellen
Morphologie eines Neurons
! zentrale Folie !
Input
Neuriten = verzweigte Membranausläufer der Zelle!
 Einteilung in Dendriten oder Axon!
Dendriten: Neuriten mit Inputfunktion,!
empfangen das Eingangssignal!
Zellkörper (Soma): enthält Zellorganellen!
Output
Kern (Transkription), ER (Proteinsynthese der Membranprot),!
Golgiapparat (Proteinsortierung: ins Axon oder Dendriten),!
Mitochondrien (ATP-Erzeugung)!
- nur 1 Axon, generiert Outputsignal !
(am Axonhügel wird das Aktionspotential generiert)!
Axon: häufig längster Neurit, mit konst. Durchmesser)!
Verzweigungen des Axons:  Axonkolateralen!
Synapsenregion!
mit Arborisierung (Verzweigung) der Axonterminale!
Quelle: Reichert, Neurobiologie
Zellbiologie des Neurons: die Zellmembran
Die neuronale Zellmembran
•  Membrandicke: ca 5 nm
•  enthält eine Vielzahl von neuronenspezifischen integralen Membranproteinen:
Ionenpumpen, Transporter, Kanalproteine, Rezeptoren
•  sehr unterschiedliche Zusammensetzung der Membranproteine
zw. Soma, Dendriten und Axon
(morphologische und strukturelle Kompartimentalisierung der Zelle,
 Vorraussetzung: Spezifische Sortierung der Proteine)
Zellbiologie des Neurons: das Cytoskelett
•  Internes Stützgerüst der neuronalen Membran
•  Nicht statisch, sondern hochdynamisch:
Während der Entwicklung, aber auch im adulten
Organismus zeigen Neuronen Veränderungen der
Zellmorphologie
3 Hauptkomponenten
•  Microtubuli: 20 nm
•  Neurofilamente (Intermediärfilamente): 10 nm
•  Microfilamente (Actinfasern): 5 nm
Zellbiologie des Neurons: das Cytoskelett
Microtubuli:
•  20 nm Hohlfasern,
•  Lokalisation: bilden lange, parallele Stränge in Dendriten und im Axon.
(nicht in den axonalenTerminalien, hier Aktin-Netzwerk)
•  Molekulare Zusammensetzung: Tubulinpolymere aus α und β UE
•  werden kontinuierlich ab- und aufgebaut werden (= Dynamik)
Veränderungen der Zellmorphologie
MAPs: Mikrotubuli assoziierte Proteine
•  stabilisieren Mikrotubuli, regulieren ihre Dynamik
(Polymerisation und Abbau) und Transportprozesse entlang der Mikrotubuli
•  wichtige Marker:
MAP2 spez. für Dendriten
best. tau-Isoformen spez. für das Axon.
(Alzheimer: hyperphosph. Tau-P aggeregiert
und bildet intrazelluläre Bündel = „tangle“ Pathologie)
Immunhistochemie: Darstellung von Dendriten und Axon
MAP2 antibody
staining:
Neuriten
Tau antibody
staining:
Axon
Purves:
Grün:
MAP2 staining
Neuriten
Rot:
Aktin staining
Wachstumskegel
(growth cones)
Zellbiologie des Neurons: das Cytoskelett
Neurofilamente (NF Protein, Neuronen-spez.)
•  gehören zur Klasse der Intermediärfilamente
mehre Untereinheiten bilden ein Bündel
jede Untereinheit besteht aus 3 Polypeptid-Helices
•  Lokalisation: im gesamten Neuron
(Weiteres Beispiel: Keratine als Stützproteine
von Haut und Haar)
Microfilamente: Aktinfasern
•  5 nm Fasern (Phalloidin-Färbung für F-Aktin)
•  Zusammensetzung: umeinander gewundene Aktinfasern
•  Lokalisation: im gesamten Neuron, bilden verzweigtes Netz
insbesondere in Terminalien direkt unterhalb der Plasmamembran
•  Aktinfasern über spez.Proteine untereinander und mit der Zellmembran verankert
•  werden kontinuierlich ab- und aufgebaut
Veränderungen im Aktincytoskelett führen zu Veränderungen
der Zellmorphologie (z. B Dynamik der Wachstumskegel der Neuriten und der Spines)
Der Wachstumkegel findet den Weg
Immunhistochemie: Darstellung von Dendriten und Axon
MAP2 antibody
staining:
Neuriten
MAP2 antibody
staining:
Neuriten
Tau-antibody
staining:
Axon
Aktin staining:
Phalloidin
bindet an Aktin des
Wachstumskegels
(growth cones)
Zellbiologie: das Axon
•  Kein rauhes ER im Axon, keinerlei Proteinbiosynthese!!
  alle Proteine werden im Soma synthetisiert und müssen ins Axon
transportiert werden
•  Axon enthält spez.Kanalproteine (zur Generierung
und Weiterleitung des Aktionspotentials)
•  Länge: sehr variabel:
1 µm - 1m (z. B Ischiasnerv)
•  Durchmesser konstant entlang eines Axons,
aber Durchmesser je nach Neurontyp sehr variabel
(bis zu 1mm beim Calmar, „giant axon of the squid“)
 je dicker das Axon, desto schneller die Impulsleitung
•  Axonkollateralen:
Verzweigungen des Axon
(z. B Schaffer-Kollateralen im Hippocampus)
Synapsenregion:!
Häufig hochverzweigte Axonterminalien (=Arborisierung)!
Zellbiologie: Axonterminus
Morphologische Spezialisierungen:
Präsynaptische Endigungen (Boutons) am Axonterminus enthalten
•  synaptische Vesikel (50 nm) mit Neurotransmitter
•  Spezialisierte Membranproteine/Kanäle
(zur Transmitterfreisetztung, z. B. Ca2+-Kanäle)
•  Spezialisierte Proteine der Cytomatrix
an der präsynaptischen Membran
•  Vielzahl an Mitochondrien
(hoher Energiebedarf für Aufrechterhalten des
Membranpotentials, und Befüllen der synaptischen Vesikel)
Informationsübertragung bei chemischen Synapsen
elektrisch chemisch  elektrisch
Innervation = synaptischer Kontakt
Boutons en passant (Membranschwellungen mit synapt. Kontakten entlang des Axons)
Synapsen
Definition: von griech. „synapsis“ = Verbindung
•  spezialisierte morphologische Kontaktstellen zwischen
Nervenzellen, bzw. zw. Nervenzellen und Muskelzellen, oder
Nervenzellen und sekretorischen Effektorzellen
•  ein Neuron bildet ca 1000 synaptische Kontakte aus und
empfängt selbst ca. 10.000 Verbindungskontakte
•  elektrische Synapsen: Poren (gap junctions) ermöglichen
elektrische Kommunikation.
•  chemische Synapsen: Ausschüttung von Signalstoffen
(Neurotransmitter) ermöglicht eine Erregungsübertragung.
Informationsübertragung an der Synapse !
Synapsen: Immunhistochemische Darstellung!
Grün: !
MAP2 (Dendriten)!
Rot: !
Synaptophysin an der Präsynapse!
(Membranprot. der syn. Vesikel)!
ca. 103 -104 Synaptische Inputs!
pro Zelle!!
Axone sind in dieser Darstellung!
nicht angefärbt, daher unsichtbar!
Axonaler Transport
•  Anterograd (vom Soma zum Terminus)
•  Retrograd (vom Terminus zum Soma)
•  keine Proteinbiosynthese im Axon!
Langsamer axonaler Transport:
- 0.1-40 mm/Tag
- lösliche cytoplasmatische Proteine
- Enzyme (z. B der Transmittersynthese)
- Cytoskelettproteine
Schneller axonaler Transport:
erfolgt durch Transportvesikel
- bis zu 1000 mm/Tag
- alle Transmembran Proteine
z. B. Rezeptoren,
- Vesikel beladen mit Peptid-Transmittern
(=Neuropeptide)
- Mitochondrien
Axonaler Transport
•  Anterograd (vom Soma zum Terminus)
•  Retrograd (vom Terminus zum Soma)
•  keine Proteinbiosynthese im Axon!
 schneller Proteintransport von e.g. Peptidtransmittern
erfolgt in Transportvesikeln
•  CNS: Neuronen mit durchtrennten Axonen
sterben ab (Walleriane Degeneration)
•  Vesikeltransport erfolgt entlang der Mikrotubuli:
•  Motorproteine wandern unter ATP Verbrauch
Kinesine: anterograder Transport
Dynein: retrograder Transport
Modell eines Kinesindimers (schwere Ketten, Motordomänen),
das sich unter ATP Verbrauch entlang der Mikrotubuli
(aus α und β-Tubulinuntereinheiten) bewegt
kinwalk_ribbon.avi
Hoenger et al.2000,
Mol Biol, 297, 1087-103
Kinesin ist ein Heterotetramer: 2 x heavy chain (Motordomäne), binden β-Tubulin (grün)
2 x light chain: über Adaptorproteine erfolgt
Bindung an Transport-Vesikel
Experimente zum axonalen Transport
Anterograder Transport:
Injektion von radioaktiv mark.Aminosäuren ins Soma
 Einbau in Proteine und Transport Autoradiographie
Retrograder Transport (siehe Abb rechts):
Aufnahme von Enzymen
(HRP= horse radish peroxidase) oder Farbstoffen
durch axonale Endozytose
Ligationsexperimente am Ischiasnerv:
Proteine sammeln sich vor der Ligatur an
(Identifikation von Cargo- und Transportmolekülen)
ex vivo: in Kulturen primärer Neuronen:
Videomikroskopie mit Floureszenz-markierten Fusionsproteinen
 verschiedene Klassen von Vesikeln, mit spez. Inhalt (Cargo).
schneller axonaler Transport: bis zu 1000 mm/Tag
langsamer axonaler Transport: 1-40mm/Tag
Blinde Passagiere des retrograden Transports
Neurotrope Viren werden von Nervenendigungen an den Epithelien aufgenommen
und gelangen über retrograden Transport zum Soma.
•  lytische Infektion: Ausbreitung im gesamten Nervensystem (z. B. Tollwut)
•  lysogene „schlafende“ Formen, nisten sich in Ganglien (in den Zellkernen) ein und
werden erst später aktiviert und zur Replikation angeregt.
z. B Herpesviren: Aufnahme durch sensorische Endigungen an Lippen und
Schleimhäuten, Lysogener Virus „schläft“ in den Ganglien, kann aber z. B.
durch UV Licht oder bei Stress etc. reaktiviert werden (Lippenbläschen)
Dendriten
Dentriten = „Antennen“ des Neurons (Inputverarbeitung)
•  zeigen häufig sehr komplexe Verzweigungsmuster
•  Gesamtheit der Dendriten  Dendritenbaum
Dendriten erster Ordnung (direkt aus dem Soma)
Dendriten zweiter, oder dritter Ordnung (weitere Verzweigung des Dendtriten)
Im Gegensatz zum Axon findet man im Dendriten Polyribosomen (mit assoz. mRNA)
  dienen der lokalen Proteinbiosynthese von Proteinen an der Synapse,
dienen der synaptischen Kommunikation
(z. B CaM-Kinase, FRMP= fragile X mental retardation protein).
•  Postsynaptische Spezialisierungen der Dendriten tragen
Rezeptoren für Neurotransmitter
(in hoher lokaler Konzentration, in „Clustern“)
Beispiele für Neuronen unterschiedlicher Morphologie!
hochkomplexer
Dendritenbaum
der Purkinjezellen
(Cerebellum)
Darstellung im Gewebeschnitt: durch Golgifärbung, oder Mikroinjektion von Fluoreszenzfarbstoffen
Analyse der Pyramidenzellen des Hippokampus:
Anzahl und Verzweigung der Dendriten, Dichte der Spines
P0 mouse hippocampi
Organotypic hippocampal cultures
Transfected with fEGFP (gene gun)
Analysis at DIV17
Pyramidenzelle des Hippocampus
Färbung: mittels
“gene gun”:
Goldpartikel werden mit
plasmid beladen;
ballistischer Transfer
des GFP ExpressionsPlasmids in
Schnittkulturen des
Hippocampus
Dendriten mit Spines (Dornen)
Spines = Postsynaptische morphologische Spezialisierungen
glutamaterger Synapsen
 Merke: es gibt auch Postsynapsen ohne Spines
•  Kompartimentalisierung der Signaltransduktion
•  Hochdynamisch: reagieren mit
Veränderungen in Dichte und Morphologie (Größe/Form)
•  Bildung während der postnatalen Entwicklung (bis ca.Tag 14)
•  regieren dynamisch auf Veränderungen der Umwelt
(z. B. „Informationsreiche“ Umgebung, BDNF  neue Spines)
•  Dynamisch im Zuge von Lernprozessen
•  Degenerieren bei Einwirkung neurotoxischer Substanzen
(z. B Oligomere des β Amyloid Peptids bei Alzheimer)
Computerrekonstruktion
(BDNF: brain derived neurotrophic factor)
Ursachen geistiger Behinderung:
•  genetische Formen: Downs Syndrom, Phenylketonurie, Tay-Sachs Syndrom
•  Infektionen während der Embryonalentwicklung:
mit neurotoxischen Viren oder Bakterien: z. B. Röteln,
•  Fehlernährung/Toxizität in Utero: fetales Alkoholsyndrom, Folsäuremangel
•  Verarmung der Umgebung: emotional, sensorisch, sozial
•  geistige Behinderung nur selten mit grobmorphologischen Veränderungen
des Gehirns erklärbar.
Geistige Behinderung und Spine-Anomalien
Bei Formen geistiger Behinderung ohne grobmorphologische Veränderungen
des Gehirns wurden z. B. Veränderungen in der Spine-Architektur gefunden.
 reduzierte Spinedichte,(=weniger Synpasen) “embryonale“, dünne Filopodienartige
Spine-Struktur (Marin-Padilla, 1970er),( z.B. bei Fragile X mental retardation syndrom)
Klassifikation von Neuronen nach Morphologie
 nach Zahl der Neuriten
Pseudounipolar (selten)
Axon und Dendrit sehen aus wie ein einziger Neurit
z. B. sensorische Neuronen der Haut
Bibolar (selten):
1 Axon und 1 Dendrit
z. B. Neuronen der Retina
Multipolar (häufigster Typ):
1 Axon, viele Dendriten
z. B Motorneuronen des Rückenmarks, Pyramidenzellen des ZNS etc.
Klassifikation von Neuronen nach morpholog. Kriterien:
 nach Form des Dendritenbaums
Cerebraler Cortex, 2 Hauptklassen:
•  Sternzelle (stellate cell)
sternförmiger Dendritenbaum
•  Pyramidenzelle (pyramidal cell)
pyramidaler Dendritenbaum
weitere Klassification:
•  Dendriten mit oder ohne Spines?
 spiny and aspinous neurons
Klassifikation von Neuronen nach morpholog. Kriterien:
 nach Länge des Axons
•  Golgi Typ I:
langes Axon: projizieren zu weit entfernten Gehirn-Arealen
Projektionsneuronen, z. B. Pyramidenzellen des Cotex,
Motorneuronen (inervieren Skelettmuskel)
•  Golgi Typ II:
kurzes Axon, verschaltet mit Neuronen in unmittelbarer Nachbarschaft
(local circuit neurons), z. B. Sternzellen
Klassifikation von Neuronen nach funktionellen
Verschaltungen (nach Konnektivität)
•  Sensorische Neuronen oder Afferenzen
–  von sensorischen Neuronen des PNS zum CNS.
•  Motorneuronen oder Efferenzen
–  vom CNS zu den effektorischen Organen bzw. Muskeln.
•  Assoziationsneuronen, Interneuronen
überwiegende Mehrzahl aller Neuronen
–  liegen innerhalb des CNS (Gehirn und Rückenmark)
–  bilden Neuron-zu-Neuron Verschaltungen
Input und Output des Gehirns:
das Meiste passiert „drinnen“!
•  Input: ca 2.5 Mio. sensorische Verbindungen gehen in das menschliche Gehirn
(Ohr, Auge, Haut, Zunge, Riechepithel der Nase)
•  Output: ca 1 Mio. Nervenzellen bilden den motorischen Output des Gehirns
•  100 Milliarden(1011) Nervenzellen bilden das Gehirn
•  99.99% der Nervenzellen des Gehirns sind mit anderen Nervenzellen
des Gehirns verschaltet und nicht mit der Peripherie!
Klassifikation von Neuronen nach fuktionellen
Verschaltungen (Konnektiviät)
Afferenzen
Efferenzen
“Eselsbrücke”: Effekt…effektorisches Organ, Efferenz
Klassifikation von Neuronen nach Transmittertyp
exzitatorisch (erregend):!
inhibitorisch (hemmend):!
•  Glutamat!
•  GABA!
•  Acetylcholin!
•  Glycin!
•  ATP!
•  Serotonin!
Sprachgebrauch: !
glutamaterges, cholinerges, GABAerges, glycinerges Neuron etc...!
Zelltypen des Nervensystems II
Gehirn:! •  3-5 x 104 mRNAs!
•  1012 Neuronen!
•  1015 Synapsen (ca 1000 Synapsen pro Neuron)!
wichtigste Zelltypen des Nervensystems:
!   Neuronen
!   Prozessieren Information
!   Detektieren Veränderungen der Umwelt (Sensoren)
!   Kommunizieren diese Veränderungen an weitere Neuronen
!   Exekutieren die Reaktion des Körpers auf Veränderungen
•  Gliazellen (griech. Klebstoff):!
•  Mehr als 50% des Gehirnvolumens, ca 90% aller Zellen des Gehirns!!!
•  Stützfunktion!
•  Myelinisierung (elektrische Isolation der Axone)!
•  Versorgung mit Nährstoffen (e.g. Glucose), Entfernen von Metaboliten!
•  Ionen- insbesondere K+-Homeostase, !
•  Aufnahme von Transmittern (über Transporter) Signaltermination!
Gliazellen I
Es gibt im Gehirn 10 x mehr Gliazellen als Neuronen !
Astroglia = Astrozyten, sternförmig, häufigster Typ:
•  füllen den Raum zw. Neuronen (Stützfunktion)
•  sind über Endfüßchen mit Blutgefäßen und Neuronen verbunden
•  regulieren das extrazelluläre Milieu, z. B. K+ Konzentration
•  Versorgen die Neuronen mit Nahrung (Glucose aus dem Blut)
•  Sehr wichtig: nehmen über Transporter Überschuß an Transmitter auf: z. B. Glutamat
(schnelle Signaltermination!)
neuere Daten:
•  exprimieren auch NT-Rezeptoren
•  sind elektrisch erregbar
(Funktion noch weitgehend unklar)
Gliazellen II
Myelinisierende Gliazellen
ZNS: Oligodendrozyten
PNS: Schwannzellen
•  Myelinisierung erfolgt weitgehend postnatal,
in den ersten Wochen nach der Geburt.
Funktion von Myelinscheiden!
an unmyelinisierten Ranvierringen
wird das Aktionspotential generiert
schnelle Nervenimpulsleitung:!
•  unmyelinisiert: ca 3 m/s!
•  myelenisiert: ca100 m/s (360kmh)!
MS = Multiple Sklerose (betrifft CNS und PNS)!
•  Schwäche, Verlust der motorischen Kontrolle, später Lähmungen,!
•  Wahrnehmungsstörungen (Sehnerv betroffen), gestörte Sprachfunktion!
•  Autoimmunerkrankung: fortschreitende Demyelinisierung, !
Autoantikörper gegen Myelin Basic Protein!
Weitere Klassen von CNS Gliazellen
•  Microglia: Phagocyten des Gehirns,
–  beseitigen Zelltrümmer und Ablagerungen (z.B bei AD Aβ plaques)
–  Beseitigen (über die Bluthirnschranke) eingedrungene Erreger
–  wandern an den Ort einer Entzündung
–  sekretieren Cytokine
–  Neueste Daten: modulieren Spinedichte
•  Ependymale Zellen:
kleiden die Ventrikel aus, sekretieren CSF (Cerebrospinalflüssigkeit)
•  adulte Stammzellen der subventrikulären Zone und des
Hippocampus haben glialen Charakter: GFAP+ glial fibrilary acidic
protein
Überblick: Gliazellen im CNS
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