Skrotale Kalzinose - Swiss Medical Forum

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FALLBERICHTE
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Schmerzlose Knoten, langsame Grössenzunahme
Skrotale Kalzinose
Jan Janzen a , Robert Schneider b , Reto Nagel c
a
Histopathologie an der Klinik Hohmad Thun; b Urologie an der Klinik Hohmad Thun; c Allgemeine Medizin Thun
Fallbericht
dehntes Atherom gedacht. Lateral des Hauptbefundes fielen zwei kleinere Satellitentumoren auf. Eine
In der Sprechstunde stellte sich ein 47-jähriger Patient
topographische Beziehung der Skrotalveränderun-
mit multiplen schmerzlosen Knoten in der Skrotal-
gen zum Hoden und Nebenhoden war nicht nach-
haut vor.
weisbar. Die Hoden und Nebenhoden waren sowohl
palpatorisch als auch in der sonographischen Bild­
Anamnese
gebung unauffällig und eindeutig vom Tumor ab-
Dem Patienten waren die schmerzlosen Knoten in
grenzbar. Laboranalytisch gab es keine relevanten
der Skrotalhaut seit mehreren Jahren bekannt. Er
pathologischen Befunde, insbesondere waren die
­b erichtete über eine langsame Grössenzunahme;
Kalzium- und Phosphatwerte im Normbereich. Auf-
­gelegentlich habe sich zudem bröckeliger grauweis­
grund der Tumorgrösse und zum Malignitätsaus-
ser Inhalt entleert.
schluss wurde die operative Entfernung vorgenom-
Anamnestisch besteht ein Status nach Ulcus duodeni
men. Intraoperativ stellten sich die Befunde als
1995 mit Helicobacter pylori-Nachweis; nach erfolgrei-
ausgedehnte knotige, zum Teil trauben­a rtig konfluie-
cher Eradikationsbehandlung beschwerdefrei. Als Ne-
rende subkutane Tumoren der Skrotalhaut dar. Die
bendiagnosen sind eine Hypertonie sowie Status nach
Tunica dartos war nicht durchbrochen. Die Tumoren
lumboradikulärem Reizsyndrom L4 links bekannt.
wurden exstirpiert und in eine 4%ige Formalin­
Keine Allergien. Unauffällige Familienanamnese.
lösung gebracht.
Befunde
Histopathologie
In der klinischen Untersuchung fand sich in der
Übersandt wurden drei Gewebeproben: 50 × 40 ×
­Medianlinie des Skrotums ein ca. 5 cm in der grössten
30 mm, 20 × 12 × 10 mm und 10 × 10 × 8 mm mit ­einem
Ausdehnung messender derber, unregelmässiger, in-
Gesamtgewicht von 54 g. Die jeweiligen Schnittflächen
dolenter Tumor. Vordergründig wurde an ein ausge-
waren gelbbraun bis weisslich; landkartenähnliche
A
B
*
*
*
*
*
Abbildungen 1A, B: Makroskopische Aspekte der skrotalen Kalzinose: grauweisse erhabene, zum Teil konfluierende Tumoren
im Skrotum (Pfeile) mit gelb-weisslichen subkutan ­lokalisierten Arealen (Sterne).
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­Tumorareale fielen auf (Abb. 1). Das Material wurde
per Strukturen (anorganische Kristalle) ausgeschlos-
eingebettet, aufgestuft und angefärbt. In den lichtmi-
sen; nur die Kollagenfaserbündel in der Umgebung
kroskopischen Untersuchungen wurde subepitheliales
der Einlagerungen kamen zum Vorschein. Epithelreste
amorphes Material im Sinne einer diffusen Kalzinose
bzw. Zystenanteile stellten sich weder in den Stan-
nachgewiesen. Die wellenförmig angelegte Skrotal-
dardfärbungen noch in der Immunhistochemie (Pan-
haut zeigte keine Schichtungsstörungen, keinen Mor-
zytokeratinmarker) dar. In der Peripherie der Tumoren
bus Bowen, kein Platten­epithel­karzinom. Die Epider-
waren vereinzelte Fremdkörpergranulome nachweis-
mis des Skrotums stand nicht mit den Tumoren in
bar (Abb. 2, 3).
Verbindung. In der durchgeführten Polarisationsmikroskopie als spezielle Variante der Lichtmikroskopie
Diagnose
wurde die Anwesenheit doppelbrechender, anisotro-
Mehrknotige skrotale Kalzinose, keine Malignität.
A
B
C
Abbildungen 2A, B, C: Mikroskopische Aspekte der skrotalen Kalzinose: eingedicktes Sekret (Pfeil), zellarme Zwischensubstanz
(Pfeile), u
­ nterschiedlich grosse Kalzinoseherde (Pfeile) (Hämatoxylin-Eosin-Färbung, × 100).
A
B
Abbildungen 3A, B: Subkutane amorphe, teilweise konfluierende Herde mit Kalzifikation (Pfeile)
(Hämatoxylin-Eosin-Färbung, × 100).
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Verlauf
Diagnostische Überlappungen gibt es mit anderen
Die Tumoren wurden im Gesunden exstirpiert. Kom-
Kalzinosen, wie zum Beispiel dem Morbus Teutsch-
plikationsloser postoperativer Verlauf bei Wund­
länder (tumoröse Kalzinose), einer orthopädischen
heilung per primam intentionem. Bislang sind keine
Erkrankung mit periartikulär nachweisbaren kalkhar-
Rezidive aufgetreten.
ten Karbonapatitablagerungen. Über eine Kalzinose
wurde auch am Penis und am äusseren weiblichen
Genitale (Vulva, Labien) berichtet [14, 15].
Diskussion
Bei der skrotalen Kalzinose (SK) handelt es sich um
eine relativ seltene gutartige Erkrankung [1–5].
Fazit
Ungewöhnlich ist in unserem Fall die beträchtliche
Im geschilderten Fall handelt es sich um eine unge-
Grösse des Konglomerattumors von 8 cm, passend zur
wöhnlich grosse, konfluierende skrotale Kalzinose
dokumentierten langjährigen Anamnese. Meistens
mit einem Durchmesser von 8 cm. Abhängig von der
sind die Herde bei der SK kleiner als 1 cm, vereinzelt fin-
Tumorgrösse ist die vollständige Exstirpation das
den sich Literaturangaben mit Durchmessern von 3 cm.
Mittel der Wahl.
Differentialdiagnostisch sollte eine metastatische
Calcinosis cutis im Rahmen einer Niereninsuffizienz
berücksichtigt werden. Dies war bei unserem Patienten nicht der Fall. Auch die Kalzium- und Phosphatwerte lagen im Normbereich.
Zur Ätiologie der skrotalen Kalzinose gibt es verschiedene Theorien [6–11]:
Höchstwahrscheinlich liegt eine erworbene Ätiologie
nach Okklusion ortsständiger apokriner, ekkriner
oder auch Misch-Schweissdrüsen der Skrotalhaut zugrunde. Durch eingedicktes Sekret kommt es zu einer
zystischen Dilatation des vorgelagerten Ausführungsganges mit nachfolgender Destruktion der Epithel­
auskleidung und riesenzellhaltiger entzündlicher Reaktion. Anschliessend tritt eine Vernarbung und
Verkalkung auf, das amorphe Material konfluiert und
bildet die makroskopisch charakteristischen Knoten.
Bei unserem Patienten wurden im Operationspräparat
keine Epithelreste nachgewiesen. Savin berichtete in
seiner Dissertation über den Nachweis von Epithel­
resten bei nur 4 von insgesamt 54 untersuchten Pa­
tienten [12]. Ätiologisch weist er zudem auf Mikrotraumen und eine gestörte Schweissabgabe beim Tragen
enganliegender bzw. einschnürender Kleidung hin
[13]. Auch wir favorisieren diesen Pathomechanismus
und möchten hinzufügen, dass die spezifische MateKorrespondenz:
Dr. med. Jan Janzen, MPhil
Histopathologie an der
Klinik Hohmad
CH-3600 Thun
info[at]janlab.ch
rialzusammensetzung der Kleidung (nicht atmungsaktiv) eine Okklusion/Obliteration unterstützen
kann. Zudem ist nachvollziehbar, dass bei zusätzlich
bestehender mangelhafter Hygiene dieser Körper­
region die Pathogenese beeinflusst wird.
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Finanzierung / Interessenkonflikte
Die Autoren haben keine finanziellen oder persönlichen Verbin­
dungen im Zusammenhang mit diesem Beitrag deklariert.
Literatur
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13 Savin S. Persönliche Mitteilungen, Befunddiskussion 3. April
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14 Ozcelik B, Serin IS, Basbug M, et al. Idiopathic calcinosis cutis of
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15 Sanchez-Merino JM, Bouso-Montero M, Fernandez-Flores A, et al.
Idiopathic calcinosis cutis of the penis. J Am Acad Dermatol.
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