Klinische Verlaufsuntersuchungen bei Kühen mit Enzootischer

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Klinische Verlaufsuntersuchungen bei Kühen mit Enzootischer Kalzinose
Gasteiner J. 1, Franz, S. 4, Guggenberger, T.1, Häusler, J 2, Podstatzky, L.3 Schilcher, F.5,
Steinwidder, A.3
Institut für Artgemäße Tierhaltung und Tiergesundheit1, Institut für Nutztierwissenschaften2, Institut
für Biologische Landwirtschaft und Biodiversität3 der HBLFA Raumberg-Gumpenstein1,2,3
Institut für Wiederkäuer4, Institut für Pathologie und gerichtliche Veterinärmedizin5 der VMU Wien4,5
EINLEITUNG
In den inneralpinen Grünlandgebieten Österreichs kann durch die Zunahme extensiverer
Bewirtschaftungsformen (z. B. Mutterkuhhaltung, ÖPUL, Bio), die der Vermehrung von
Goldhafer (Trisetum flavescens) entgegenkommen, auch eine Zunahme von Enzootischer
Kalzinose bei Wiederkäuern beobachtet werden. Die vorliegende Studie beschäftigte sich mit
den Möglichkeiten zur frühzeitigen und sicheren Diagnose der Enzootischen Kalzinose bei
Rindern.
MATERIAL UND METHODEN
12 nicht laktierende und nicht trächtige Kühe wurden für die Dauer von 14 Wochen mit einer
goldhaferhältigen Silage (70-90 % Goldhafer, 4.700 IE Vitamin D3/kg T) versorgt. 12 weitere
Kühe dienten als negative Kontrollgruppe. Neben der täglichen Erhebung der Futteraufnahme
samt Futtermittelanalyse wurden wöchentlich Blutproben entnommen und klinische
Untersuchungen sowie 1 x monatlich ultrasonographische Untersuchungen durchgeführt. 5
Wochen nach Versuchsende wurden die Kühe geschlachtet, diagnostisch relevante Gewebe,
Organe und Blutgefäße wurden zur Validierung der klinischen Befunde einer pathohistologischen Untersuchung unterzogen.
ERGEBNISSE
Die Futteraufnahme lag bei den Kühen der Kontrollgruppe bei durchschnittlich 16 kg T/d. Bei
den Kühen der Versuchsgruppe sank die Futteraufnahme ab Beginn der Verfütterung von
goldhaferhältiger Silage stetig auf 7 kg T/d in Woche 14. Die Tiere der Versuchsgruppe
zeigten bei einer durchschnittlichen täglichen Aufnahme von 46,4 NEL und 623 g Rohprotein
eine massive Nährstoffunterversorgung, woraus sich auch der hochsignifikante Rückgang des
Lebendgewichtes der Versuchskühe (Ø 81 kg nach 14 Wochen) ableiten lässt.
Abb. 1: Futteraufnahme
Futteraufnahme
20
FA
15
10
5
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9 10 11 12 13 14
Weeks
Kontrolle
Goldhafer
4 Wochen nach Versuchsbeginn stieg der Serumgehalt von P (1,94 vs. 2,68 mmol/l) und sank
der Serumgehalt von Mg (1,07 vs. 0,85 mmol/l) in der Goldhafergruppe hochsignifikant, 3
Wochen nach Absetzen der goldhaferhältigen Ration waren jedoch keine signifikant
veränderten Serumwerte für P und Mg mehr nachweisbar. Der Serum-Ca-Gehalt war in der
Goldhafergruppe stark schwankend und nur kurzfristig signifikant erhöht.
Abb. 2: Gehalt der Silagen (Versuchsgruppe) an Vit. D3/kg T in IE
Vit. D3 IE/kg T
12000
10000
Vit. D3
IE/kg T
8000
6000
4000
2000
0
1 2 3 4 5 6 7 8 9 101112131415
Ernte
Der Gehalt an Vit. D3 in den Silagen der Versuchsgruppe schwankte stark und betrug im
Mittel 6.000 IE/kg T (Nr. 15). Der Vit. D3-Gehalt der Silagen der Kontrollgruppe lag stets
unter 200 IE/kg T.
Abb. 3: Ergebnis Blutuntersuchungen (IV = während Versuch; NV nach Ende der
Verfütterung von Goldhafer)
Blut Wochen IV+NV
160
140
6
Creatinin mmol/l
Harnstoff mmol/l
7
5
4
3
2
120
100
80
60
40
1
20
0
0
1
3
5
7
9
11
13
15
17
19
21
1
3
5
7
9 11 13
Weeks
15
1
3
5
7
9
13
15
13
15
13
15
700
3.5
600
3.0
Phosphor mmol/l
CK mmol/l
Weeks
500
400
300
200
19
21
2.5
2.0
1.5
1.0
0.5
100
0
0
1
3
5
7
9
11
13
15
17
19
21
11
17
19
21
Weeks
Weeks
2.9
6
2.8
CA mmol/l
5
TBILI mmol/l
17
4
3
2
2.7
2.6
2.5
2.4
2.3
1
2.2
0
2.1
1
3
5
7
9
11
13
15
17
19
21
1
3
5
7
9
11
17
19
21
Weeks
Weeks
200
1.4
150
1.0
ALP mmol/l
MG mmol/l
1.2
0.8
0.6
0.4
100
50
0.2
0
0
1
3
5
7
Kontrolle
9
11 13
Weeks
15
17
19
21
1
3
5
7
9
11
17
19
Weeks
Goldhafer
Kontrolle
Goldhafer
21
Mittels Sonographie konnten bei 9 Kühen der Versuchsgruppe pathologische Befunde, die auf
eine Gewebsverkalkung hinwiesen, nachgewiesen werden. Bei 7 Kühen wurden die Nieren
als pathologisch befundet, bei 5 Kühen die Aorta abdominalis und bei 3 Rindern die
Herzklappen (Mitral- und Aortenklappe). 2 Kühe wiesen in allen erwähnten Strukturen
pathologische Veränderungen auf, bei 3 Rindern waren nur jeweils 2 Strukturen verändert.
Die übrigen 4 Patienten zeigten nur an einer der untersuchten Strukturen einen Hinweis auf
eine bestehende Verkalkung.
Abb. 3: Ultrasonographie Kalzinose
Tab. 1: Vergleich Ergebnisse Sonographie – Pathohistologie bei Kühen der Goldhafergruppe
Rind
Sonographie
Pathohistologie
Aorta
HerzNiere Aorta
Herzabd.
klappen
abd.
klappen
1
+
+
+
+
+
+
2
+
+
+
+
+
3
+
4
+
+
+
+
+
5
+
6
+
7
+
+
8
+
9
10
+
+
11
+
+
12
+
+
+
+
+
Legende: +: Verkalkung positiv, -: Verkalkung negativ
Niere
SCHLUSSFOLGERUNGEN

Nur bei Verfütterung von Goldhafer und zeitgleicher Blutprobenahme können
signifikant veränderte und damit hinsichtlich Kalzinose diagnostisch verwertbare
Serumwerte für P (↑) und Mg (↓) erwartet werden, der Serum-Ca-Gehalt liefert beim
Rind keinen sicheren Hinweis für das bestehen von Enzootischer Kalzinose.

Ein Rückgang der Futteraufnahme konnte bereits mit Beginn der Verfütterung von
Goldhafer festgestellt werden, also zu einem Zeitpunkt, an dem die Tiere laut
Ultraschalluntersuchungen und nach den Ergebnissen der klinischen Untersuchungen
noch keine extraossären Verkalkungen aufwiesen. Dieser Umstand wird auf die
weitaus geringere Akzeptanz von goldhaferhältigem Futter zurückgeführt, deren
Ursache jedoch ermittelt werden konnte.

Mit Auftreten der klinischen Symptome „Absinken innere Körpertemperatur“ und
„Haare aufstellen“ bestanden noch keine pathologischen, ultrasonographisch
darstellbaren Verkalkungen. Diese Symptomatik steht in eindeutigem Zusammenhang
mit der massiven Nährstoffunterversorgung, während Krankheitssymptome, die einem
Verkalkungsprozess innerer Gewebe und Organe zugesprochen werden können
(Bewegungsstörungen, Störungen beim Abliegen bzw. Aufstehen), erst ab einem viel
späteren Versuchszeitraum (ab Versuchswoche 10) auftraten.

Die sonographische Untersuchung ist für den Nachweis extraossärer Verkalkungen in
den angeführten Geweben geeignet.

Die Methode der subkutanen Gefäßbiopsie zur Diagnose einer Enzootischen
Kalzinose dürfte erst bei Rindern mit sehr ausgeprägten Verkalkungen und
entsprechend eindeutiger klinischer Symptomatik erfolgreich sein, weshalb der
diagnostische Nutzen der Biopsie in Frage zu stellen ist.

Eine Zusammenfassung der Befunde aus sorgfältiger Anamnese, klinischer
Untersuchung der Patienten, der Bestimmung des Goldhaferanteiles in der Ration
(Raufutter, Grünland) sowie der Ergebnisse der in der Studie angewandten
diagnostischen Methoden ermöglichen eine vivo Diagnosestellung der Enzootischen
Kalzinose beim Rind.
Die Untersuchungen der vorliegenden Studie wurden unter Einhaltung der nationalen tierversuchsrechtlichen
Bestimmungen (Tierversuchsgesetz BGBL. Nr. 501/1989 i.d.F. BGBL. I Nr. 169/1999) durchgeführt.
Abbildungslegende
471: Aufstellen des Haarkleides aufgrund von Energiemangel
436: An Enzootischer Kalzinose erkrankte Braun Swiss-Kuh
468: Verkalkungsherde in der Intima des Aortenbogens
580: Vergleichende Darstellung der Intima (Aorta) gesund – Enzootische Kalzinose
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