Sharon S. Brehm, Saul M. Kassin, Stephen Fein: Social Psychology Zusammenfassung Das vorliegende Skript ist eine Zusammenstellung der relevantesten Inhalte der Ausgabe des o.a. Lehrbuchs von 2002. Dieses Skript ersetzt nicht die Lektüre der Prüfungsliteratur. Der Autor gibt keine Gewähr betreffend Vollständigkeit, sowie der Richtigkeit der Inhalte und der Übersetzung (Am Rand ist Platz für Anmerkungen!) Viel Spaß! 1 Introduction Anmerkung: Die Darstellung der Kap.1 & 2 ist an manchen Stellen sehr knapp gehalten. Viel Gelaber im Buch ;-) Soziale Interaktionen und Beziehungen können uns deshalb beeinflussen, weil wir ihnen so viel Bedeutung zumessen. Implizite, unausgesprochene Erwartungen anderer bewirken verschiedene kontext- (personen-) abhängige Verhaltensweisen. 1.1 Was ist Sozialpsychologie? 1.1.1 Definition: „Sozialpsychologie ist die wissenschaftliche Untersuchung davon, wie Individuen im Hinblick auf andere denken, fühlen und sich verhalten und davon, wie Gedanken, Gefühle und Verhalten von Individuen von anderen beeinflusst werden. „Die Sozialpsychologie beschreibt und erklärt die (realen oder imaginären) Interaktionen zwischen Individuen sowie die Ursachen (Bedürfnis) und Wirkungen dieser Interaktionen.“[aus: Herkner] d.h. Sozialpsychologie geht mit wissenschaftlichen Methoden alle Probleme und Themen an, die Individuen (Bsp. Soziologie beschreibt Institutionen) in sozialen Kontexten betreffen. 1 Soziale Kontexte können real oder imaginär sein. Bsp Die Vorstellung von positivem/negativem Feedback hat Auswirkungen auf das Selbstbewusstsein von Vpn 1.1.2 Die Macht der Situation: Ein soz.psych. Beispielexperiment: Haben Reagans Witze ihm zur Präsidentschaft verholfen? Studie: VPn schauen Präsidentschaftsdebatte an 1) mit Witzen, 2) ohne Witze, 3) mit Witzen aber ohne Gelächter des Publikums. Schlechtestes Rating für Reagan in Bedingung 3). Grund: Fehlende Reaktion des Publikums wird als ablehnende Haltung ggü. Reagan interpretiert, diese beeinflusst die Einstellung der VPn. Ortsbestimmung, Abgrenzung… …zur Soziologie: untersucht soziale Situationen auf Gruppenniveau, Interesse in Institutionen. …zur klinischen Psychologie: viele Überschneidungen: SP untersucht i.d.R. allgemein gültige, als „normal“ geltende Gesetzmäßigkeiten, aber auch das Verhalten von Personen mit psych. Krankheiten bei Interaktionen mit anderen Individuen. … zur Persönlichkeitspsychologie: In der PP ist von Interesse, inwiefern Individuen in verschiedenen Situationen konsistent handeln bzw. inwiefern eine Situation bei verschiedenen Individuen unterschiedliches Verhalten bewirkt. Die SP untersucht die Auswirkungen von verschiedenen soz. Situationen auf Verhalten. SP und PP sind hochgradig komplementär. … zur Kognitiven Psychologie: SP untersucht in vielen Fällen das Denken, Lernen, Erinnern etc., aber eben im sozialen Kontext. 1.1.3 Sozialpsychologie und Gesunder Menschenverstand: Unterschied liegt in der wissenschaftlichen Methodik, mit deren Hilfe Alltagswissen überprüft wird. 1.2 Geschichte der Sozialpsychologie 1880-1920: Geburt und Kindheit der SP 2 Triplett (1898): 1. SP-Experiment über Leistung von Radsportlern (gg. Die Uhr vs. Mit Gegnern. Ringelmann (1913): Schlechtere Einzelleistungen beim Tauziehen Textbücher von McDougall (1908), Ross (1908) und Allport (1924): Experimentelle Ansätze zur Erforschung sozialpsychologischer Phänomene geben dem Fachgebiet seine heutige Gestalt. 1930-1950: Call to Action NS-Regime, Völkermorde, Massengewalt… Erklärungsbedürfnis Allport u.a. : „Society for the Psychological Study of Social Issues“ Sherif (1936): Forschung zu sozialem Einfluss auf Individuen. Zentrale Prinzipien von Kurt Lewin (1935, 1947): 1) Was wir tun hängt zum Großteil davon ab, wie wir unsere Umwelt wahrnehmen und interpretieren (Dieselbe Situation kann interindividuell unterschiedlich bewertet werden) 2) Verhalten ist eine Funktion der Interaktion zwischen Individuum und Umwelt. Sowohl interne als auch externe Faktoren beeinflussen das Verhalten, vgl. Psychoanalyse – individuozentriert & Behaviorismus – Emphase auf äußeren Reizen. Interaktionistische Perspektive. Kombination aus PP und SP 3) Sozialpsychologische Theorien sollten auf wichtige praktische Sachverhalte angewandt werden. Durch eigene Forschung motiviert (Essen, Arbeit und soziales Umfeld), Grundlage der angewandten Sozialpsychologie (Gesetzgebung, ABO, Gesundheitspsychologie) Tab. 1.3 ist eine interessante Zusammenfassung von Namen, Büchern und Experimenten, die an späterer Stelle genauer beschrieben werden. 1960 bis Mitte 70er: Confidence and Crisis Milgrams Experimente zum Gehorsam. Expansion der Forschungsgebiete (Aggression, Attraktivität, Stress…) Debatte Experimentelle vs. Nichtexperimentelle Forschung, Ethische Prinzipien für die experimentelle Forschung werden diskutiert; siehe Kelman, Rosenthal u.a. Mitte der 70er bis 90er: Pluralismus Verbesserungen und Erweiterungen in der Methodik etabliert, ethische Prinzipien festgelegt. Wegen der großen Bandbreite an Forschungsthemen benötigt die SP eine Vielzahl verschiedener Forschungstechniken. Verschiedene Forschungstechniken verringern 3 die Wahrscheinlichkeit von Forschungsergebnissen, die durch die angewandte Methodik entstanden sind. Forschungsschwerpunkte: Motivation & Emotion vs. Kognition. Multikulturelle Perspektiven: Abwendung von „kulturgebundener“ , „monokultureller“ (nordamerikanischer) SP und Hinwendung zur Ansicht, dass „universelle Phänomene“ kulturabhängig sein können. 1.3 Sozialpsychologie in einem neuen Jahrhundert 1.3.1 Die Integration von Emotion, Motivation und Kognition: Soziale Kognition = Die Untersuchung darüber, wie Menschen Informationen über sich und andere wahrnehmen, erinnern und interpretieren. Sozial-kognitive Erklärungsansätze dominierten das letzte Viertel des 20. Jh. Erst in den vergangenen Jahren wird die Rolle von Motivation und Emotion in der SP wiederentdeckt (Einfluss von M&E auf unbewusste Prozesse). Beispiel: Motivationskonflikt bei Entscheidungen über sich selbst und andere Motivation 1 = richtige Entscheidung ; Motivation 2 = Entscheidung, die uns oder andere in ein bestimmtes Licht stellt. 1.3.2 Biologische und evolutionäre Perspektiven: Social Neuroscience = Untersuchung des wechselseitigen Einflusses zwischen neuronalen und sozialen Prozessen. (Einsamkeit und Hormonausschüttung, Geschlechtsunterschiede bei Stressreaktionen, Amygdalaaktivität bei Ansicht von Gesichtern von Weißen/Schwarzen). Verhaltensgenetik = Untersuchung von genetischen Einflüssen auf Verhalten. Evolutionäre Psychologie … zieht die Prinzipien der Evolutionslehre zur Erklärung sozialpsychologischer Sachverhalte heran. 1.3.3 Soziokulturelle Perspektiven: Cross-cultural Research: Theorien werden auf Universalität vs. Kulturspezifität hin getestet. (Verhaltens-)Vergleich zwischen Menschen verschiedener Kulturen. 4 Multicultural Research: Untersuchung von (ethnischen, Rassen-) Gruppen innerhalb einer Kultur Bsp.: - Kulturübergreifende Forschung stellt Unterschiede zwischen individualistischen und kollektivistischen Kulturen dar - Wie sinnvoll ist es, Geschlechterrollen/-differenzen ausschließlich in patriarchalischen Gesellschaften zu untersuchen? 1.3.4 Neue Technologie Funktionelle bildgebende Verfahren. Verfeinerte Analysemethoden (Messung von Hormonspiegeln u.ä.). Internet: Medium und Forschungsobjekt (als Interaktionsort) zugleich. 5 2 Doing Social Psychology Research Das Methodenkapitel gibt einen kurzen Überblick über relevante Forschungsmethoden; sind zwar wichtig, aber die wenigsten davon sind SP-spezifisch. Dementsprechend knapp fällt auch die Darstellung der Inhalte des Kapitels aus. 2.1 Warum sollten Foschungsmethoden gelernt werden? 2.2 Ideen entwickeln: Der Beginn des Forschungsprozesses 2.2.1 Literaturrecherche „Treeing“ = Über Literaturverweise über andere Artikel zu ganz anderen Artikeln gelangen. Folge intensiver LR: Präzisierung der Fragestellung, Verbesserung der Operationalisierung, bessere Testbarkeit der Hypothesen. 2.2.2 Hypothesen und Theorien „Eine Hypothese ist eine explizite, überprüfbare Vorhersage über die Bedingungen, unter denen ein Ereignis auftreten wird.“ „Eine Theorie ist ein organisiertes Gefüge von Prinzipien, die zur Erklärung von beobachteten Phänomenen benutzt werden.“ Alternative (Hammerl): „Eine Theorie besteht aus einem Gefüge von Sätzen, die nachprüfbar und kommunizierbar sind, die in systematischer Beziehung zueinander stehen und mit deren Hilfe sich Phänomene ordnen und zukünftige Ereignisse voraussagen lassen.“ 6 Kriterien von Theorien: Einfach heit Überprüf barkeit Übereinstim mung mit den Daten Genreali sierbarkeit Fruchtbar keit 2.2.3 Basic and Applied Research Basic Research: Forschung, deren Ziel die Erweiterung des Verständnisses des menschlichen Verhaltens ist. Oft realisiert durch Hypothesentestung auf Grund von Theorien. Applied Research: Forschung mit dem Ziel der Erweiterung des Verständnisses von natürlich auftretenden Ereignissen und der Lösung von praktischen Problemen. BR und AR sind in der Sozialpsychologie eng miteinander verknüpft (siehe Lewin Kap.1 „Prinzipien“ & Zitat „Nichts ist so praktisch wie eine gute Theorie“) 2.3 Ideen verfeinern: Definition und Messung von SozPsych. Variablen 2.3.1 Konzeptuelle Variablen und operationale Definitionen: Vom Abstrakten zum Spezifischen Konzeptuelle Variablen sind abstrakt (Bsp.: „Konformität“). Operationale Definitionen stellen eine Konkretisierung der KVs dar, die so gemessen oder manipuliert werden können. (Bsp.: „Rel. Häufigkeit, mit der sich eine Person den Urteilen anderer anschließt“). Ihre Validität kann mit Hilfe statistischer Verfahren überprüft werden. 7 Konstruktvalidität = Das Ausmaß in dem die im Experiment angewandten Messverfahren die ihnen zu Grunde liegenden konzeptuellen Variablen messen bzw. das Ausmaß, in dem die im Experiment verwendeten Manipulationen die zu manipulierenden Variablen tatsächlich manipulieren (Kurz: „Güte der Operationalisierung“). 2.3.2 Variablenmessung: Selbstberichte und Beaobachtungen Selbstberichte: Bsp. „Rosenberg Self-Esteem Scale“ ist ein Set von Fragen, die zusammen die Konzeptuelle Variable (s.o.) „Selbstbewusstsein“ messen. Da Selbstberichte nicht immer genau und manchmal irreführend sind „bogus pipeline“ (VPs wird suggeriert, dass ein unfehlbarer Lügendetektor ihre Antworten analysiert). Probleme: Formulierungen (HIV und Kondome), Kontext, Abhängigkeit von der Skalierung (Fernsehexperiment), Gedächtnisverzerrungen (je mehr Zeit vertrichen ist, desto ausgeprägter) kontrolliert durch a) interval-contingent-self-reports b) signal-contingent-self-reports c) event-contingent-self-reports (RIR) Beobachtung: B. von komplexem Verhalten macht oft “interrater reliability” notwendig ( = Grad, in dem verschiedene unabhängige Beobachter übereinstimmen). Humane und maschinelle (Herzrate, Augenbewegungen, Reaktionsmessung…) Beobachtung. Kann von VP (dem Beobachteten) manipuliert werden, wenn diese über die Beobachtung Bescheid weiß. 2.4 Ideen testen: Forschungs-Designs 2.4.1 Deskriptive Forschung: Trends und Tendenzen entdecken Beschreibung von Gefühlen, Gedanken, Verhalten. 8 Beobachtungsstudien: mit versteckten Kameras o.ä., problematisch Ethik, „bias“ Archivstudien: Untersuchung von bereits existierenden Statistiken. Vorteil: Keine Beeinflussung des Forschungsgegenstandes durch den „Beobachter“. Nachteil: Keine systematische Kontrolle der Quellen mögliche (Vollständigkeit, Genauigkeit…). Meist gebraucht bei historischen oder kulturellen Trends. Umfragen: persönlich, über Telefon, Post, Internet. Vorteil: Eine Vielzahl von ansonsten nicht beobachtbaren (weil ethisch nicht vertretbar) oder manipulierbaren Variablen kann erfasst werden. Wichtig ist Selektion der Stichprobe: Ähnlichkeit zur Population (Repräsentativität), random sampling (jeder in der Population muss gleiche Chance haben, in die Studie aufgenommen zu werden; randomisieren), Größe der Stichprobe. 2.4.2 Korrelationsforschung: Assoziationen Untersuchung der Beziehung zwischen Variablen. „Forschung, die die Beziehung zwischen Variablen misst, die vom Forscher nicht manipuliert werden.“ Korrelationskoeffizient: Misst Stärke und Richtung des Zusammenhangs zweier Variablen. Korrelationen können concurrent (beide Variablen zeitlich simultan) oder prospektiv (mit zeitlichem Abstand) erfasst werden. Vorteile: Beschreibung der Beziehungen natürlich vorkommender Variablen, die nicht experimentell manipuliert werden können (Geschlecht, Alter…) Umgeht im Experimentellen Bereich auftretende ethische Probleme. Kann zur Vorhersage von Variablen genutzt werden. Nachteil: Keine Erfassung von Kausalzusammenhängen. AB, BA, CA&B 2.4.3 Experimente: Wirkung und Ursache Durch Experimente können Kausalzusammenhänge erschlossen werden. Charakteristisch für E´s sind Kontrolle über die 9 unabhängigen Variablen und die Störvariablen und zufällige Verteilung (random sampling) der VPs auf die Bedingungen. Labor-/Feldexperimente: Experimentelle Kontrolle über das Setting vs. natürlicheres Verhalten in real-world-settings. Interaktion: „Statistischer Ausdruck. Beschreibt die Veränderung des Effektes einer unabhängigen Variable als Funktion anderer unabhängiger Variablen.“ Externe Validität - „Mundane Realism“: Der Grad der Ähnlichkeit der experimentellen Situation mit Situationen in der realen Welt. „Experimental Realism“: Der Grad in dem das experimentelle Setting die VPs dazu veranlasst, sich natürlich und spontan zu verhalten (Konföderierte und Täuschung erhöhen ER in der Regel) 2.4.4 Meta-Analysen: Kombination von Ergebnissen verschiedener Studien Statistische Untersuchung und Kombination mehrerer Einzelstudien, um Stärke und Reliabilität bestimmter Effekte zu messen. 10 3 The Social Self Gliederung: 3.1 Selbstkonzept 3.2 Selbstbewusstsein 3.3 Selbstpräsentation 3.1 Selbstkonzept = Summe der Annahmen eines Individuums über seine persönlichen Eigenschaften. Besteht aus Selbstschemata – Annahmen über sich selbst, die die Verarbeitung von selbstrelevanten Informationen steuern (Bsp. „Ich bin übergewichtig“) 3.1.1 Anfänge des Selbstkonzepts Gorillas, Schimpansen und Orang-Utans erkennen sich im Spiegel (bemerken nach Anästhesie mit Hilfe eines Spiegels, dass ihnen ein roter Punkt auf die Stirn gemalt wurde) Kinder beginnen zwischen 18 und 24 Monaten, sich im Spiegel zu erkennen. Das Selbstkonzept entsteht in zwei Schritten: 1) Dich als individuell erkennen 2) Soziale Faktoren einbeziehen: Die Vorstellung davon, was andere über dich denken beeinflusst das Selbstkonzept Demnach sind folgende Informationsquellen für ein Selbstkonzept denkbar: 1) Introspektion 2) Wahrnehmung des eigenen Verhaltens 3) Einfluss anderer 4) Autobiographische Erinnerungen 5) Kulturelle Faktoren 3.1.2 Introspektion 11 Entsteht das Selbstkonzept, indem man in sich hineinschaut, seine Gedanken, Gefühle… analysiert? - Jein: Die Folgerung hieraus wäre, dass andere zum Verständnis des eigenen Verhaltens die intimsten Gefühle und Gedanken kennen müssten. Also: Introspektion kann Selbstkonzept generieren, dies ist aber zweifelhaft und durch Experimente in Frage gestellt worden (ziemlich seltsame Argumentation der Damen und Herren Autoren, pp.55/56). Hier die Experimente: 1) Wilson´s (1977) Experiment (VPn können die Gründe für ihr eigenes Verhalten nicht erklären) wirft unter anderem die Frage auf: Verbessert Introspektion die Genauigkeit der Selbsterkenntnis? Dazu Wilson (1985): Einstellungen von VPn korrespondieren mit ihrem Verhalten. Werden die Vpn gebeten, die Gründe für ihre Einstellungen zu analysieren, hören die Einstellungen auf, mit dem Verhalten zu korrespondieren. Introspektion kann Selbsterkenntnis verschlechtern 2) Millar (1989): Verbesserung/Verschlechterung der Selbsterkenntnis ist domänenspezifisch: Die Komponente des Selbst, die kognitiv-basiertes Verhalten (bsp: wirtschaftliche Entscheidungen) enthält, kann durch die Suche nach objektiven Gründen genauer erklärt werden. Die Gefühlskomponente des Selbst dagegen kann nur durch Gefühle genauer erklärt werden. 3) Menschen haben Probleme mit affektiven Vorhersagen (Vorhersagen über Gefühle in imaginären oder zukünftigen Situationen auf Grund von Introspektion). Gilbert & Wilson (2000): VPn zeigen durability bias in Bezug auf emotionale Reaktionen in zukünftigen Situationen (Überschätzung der Emotionsdauer), weil sie 1)Die selbsterhaltenden Mechanismen in negativen Situationen unterschätzen und 2)Bei der Einschätzung keine Rücksicht auf andere Faktoren nehmen, die ganz unabhängig von den negativen/positiven Situationen im Fokus auf den „emotionalen Gesamtzustand“ einwirken. 3.1.3 Wahrnehmung des eigenen Verhaltens „Wie soll ich wissen, was ich denke , bevor ich höre, was ich sage?!?“ Selbstwahrnehmungstheorie (Bem, 1972): Wenn sich „innere“ Hinweisreize nur schwer interpretieren lassen, erreicht man Selbsterkenntnis durch Beobachtung des eigenen Verhaltens und der Situation, in der das Verhalten 12 ausgeführt wird. (Ich hab so schnell gegessen, ich muss hungrig gewesen sein) Situation deshalb, weil man keine Rückschlüsse auf die eigene Person auf Grund von Verhalten zieht, dass eher durch situative Umstände (Mama sagt: “Iss den Spinat, sonst kriegst du keinen Nachtisch!“) erklärbar ist. Jones (1981): VPn, die sich selbstbewusst beschreiben sollten, haben ein höhere Punktzahl im späteren Selbstbewusstseinstest als VPn, die Bescheidenheit zeigen sollten. Funktioniert auch mit Extrovertiertheit-Introvertiertheit. Selbstwahrnehmung von Emotionen Facial feedback Hypothese: Veränderungen der Mimik führen zu Veränderungen der subjektiven Emotionsempfindung (= Gefühle). Laird (1974) Vps sehen Cartoons und machen vorher UV: ein lächeldes oder finsteres gesicht AV: sind Cartoons lustig? Und ist die Vp fröhlich? Ergebnis: Vpn sind fröhlicher und finden die Cartoons witziger, wenn sie vorher lächeln Erklärung der FFH: Veränderung der Mimik Selbstwahrnehmung Nach Bem´s Theorie Erklärung auf Grund von Verhaltensbeobachtung Gefühl Für die Selbstwahrnehmungstheorie spricht auch, dass VPn, die sich im Spiegel sehen, während sie finstere oder heitere Gesichtsausdrücke nachahmen, über intensivere Gefühle berichten. Experimente zu Körperhaltung und Emotionserlebnis zeigen ähnliche Ergebnisse. Selbstwahrnehmung von Motivation Motivation kann intrinsisch (Interesse, Lust) oder extrinsisch (Geld, Noten, Anerkennung) sein. Ein Overjustification Effect liegt dann vor, wenn eine intrinsisch motivierte Aktivität zusätzlich mit extrinsischen Motivationen assoziiert wird. Dadurch kann die intrinsische Motivation verloren gehen. Anschaulicher: Aus „Spiel“ wird „Arbeit“ Experiment: Lepper (1973) Vorschulkindern werden bunte Filzstifte gegeben, ihre anfängliche intrinsische Motivation wird durch die mit den Stiften verbrachte Zeit gemessen. Die Kinder wurden dann in 2 Gruppen aufgeteilt, den Gruppen 13 wurden unterschiedliche Instruktionen gegeben (UV): „Malt was mit den Markern“ (Gruppe „No Reward“); „Malt was und wenn ihr die Marker nehmt bekommt ihr Belohnung“ („Expected Reward“); „Malt was.“ Wenn fertig bekamen sie eine Belohnung („Unexpected Reward“) AV: Nach einer Woche wurde wie zu Beginn die intrinsische Motivation gemessen (also in allen 3 Gruppen die mit den Stiften verbrachte Zeit ohne Belohnung) Kinder in der expected reward Gruppe verbrachten weniger Zeit mit den Stiften extrinsische Motivation wird wichtiger overjustification effect Experimente von Amabile (1996): Arbeiten Künstler gegen Bezahlung, werden ihre Werke von Dritten schlechter eingeschätzt. Kreativität höher bei intrinsischer Motivation Einschränkungen des Overj.Eff.: 1) Nicht die Belohnung an sich ist ausschlaggebend fürs Umkippen der Motivation, sondern die Wahrnehmung der Belohnung (Lob bedeutet positives feedback und kann intrinsische Motivation vergrößern). 2) Es existieren große individuelle Unterschiede (manche brauchen eher intrinsische Motivation, manche brauchen extrinsische) 3) Situationale Unterschiede? Nicht erwähnt, siehe aber Künstler, Hobbies etc. 3.1.4 Einfluss Anderer Das Selbst ist relativ, ein soziales Konstrukt abhängig von anderen. Der soziale Kontext beeinflusst die Selbstbeschreibung (bei einer Selbstbeschreibung versucht man zunächst Merkmale zu betonen, in denen man sich von anderen unterscheidet). Leon FESTINGER (1954): „Theorie des Sozialen Vergleichs“: Wenn man unsicher bezüglich eigenen Fähigkeiten oder Meinungen ist, evaluiert man sein Selbst durch Vergleiche mit anderen. Fragen: 1) Wann vergleicht man sich mit anderen? 2) Mit wem vergleicht man sich? 14 Zu 1) Sogar öfter, als Festinger vermutete. Experiment von Klein (1997): Studenten sollten einen Kunst-Test absolvieren. Klein teilte die SP in 4 Gruppen und gab jeweils unterschiedliches (falsches) feedback: a) „60% korrekt (objektiv!), 20% besser als Durchschnitt (vergleichend!)“ b) „40% korrekt, 20% besser als Durchschnitt“ c) „60% korrekt, 20% schlechter als Durchschnitt“ d) „40% korrekt, 20% schlechter als Durchschnitt“ Ein späterer Selbsteinstufungstest zeigte, dass sich die Zufriedenheit über die eigene Leistung eher am Vergleich mit anderen als am objektiven Ergebnis orientierte! Zu 2) In der Regel vergleichen wir uns mit Menschen, die uns in wichtigen Attributen ähnlich sind. Schachter (1962): „2-Faktoren-Theorie der Emotion“: Emotionserfahrung beruht auf physiologischer Erregung und kognitiver Interpretation. Experiment: Einer Gruppe von VPn wird Adrenalin injiziert (erzeugt physiologische Erregung), ein Konföderierter zeigt in Anwesenheit der VP fröhliches oder ärgerliches Verhalten. Die VPn der AdrenalinGruppe passen sich diesem Verhalten eher an. Interpretation: Unbestimmbare Erregung Sozialer Vergleich Attribution der Erregung Emotion 3.1.5Autobiographische Erinnerungen 1) Ohne Erinnerungen kein kohärentes Selbstkonzept. 2) Das Verhältnis von Erinnerungen zum Selbstkonzept ist reziprok. Man erinnert sich typischer Weise eher an kurz zurückliegende Dinge, als an Dinge die lange vorbei sind. Ausnahmen: Jugenderinnerungen (prägend) und „erste Male“ (Pillemer, 1996, Collegestudenten sollen Ereignisse aus ihrem ersten Collegejahr erzählen, die meisten wählen Ereignisse aus dem ersten Monat). Erinnerungen sind unterschiedlich stark. Flashbulb Memories (Brown & Kulik, 1977)sind autobiographische Erinnerungen von Dingen, die mit bestimmten externen Ereignissen (JFK´s Ermordung, 9-11) zeitlich assoziiert waren. Sie sind zwar nicht genauer als andere Erinnerungen, stellen aber wichtige Meilensteine in der Autobiographie dar. 15 [Aus Skript] PHÄNOMEN: Greenwald (1980): egozentrischer Irrtum (SIEHE 2)Reziprozität) Tendenz sich selber in der Hauptrolle bei Aktivitäten zu sehen (kein Experiment erwähnt, siehe die Anhörung von John Dean in der Watergate-Affäre) PHÄNOMEN: hindsight bias (SIEHE 2) „knew it all along effect“ Interessante Anwendungen: Ist man von anderen von einer Einstellung überzeugt worden, so ist man oft der Meinung, diese Einstellung schon vorher vertreten zu haben. Elterngenerationen sind oft der Auffassung, dass sie nachfolgende Generation nicht so verantwortlich handelt wie sie selbst in dem Alter basiert darauf, dass sie ihre Einstellungen nicht als verändert wahrnehmen knew-it-all-along, Selbstkonzept beeinflusst die Erinnerungen 3.1.6 Kulturelle Perspektiven Individualismus/Kollektivismus bestimmen unser Selbstkonzept und unsere Identität Unabhängigkeit vs. Interdependenz Einzigartige freie Entität vs. Teil eines sozialen Netzes Persönliches Selbst vs. Kollektives Selbst 1. Experiment von Trafimow (1991): Nordamerikanische und chinesische Studenten sollen „Who am I?“-Fragebogen ausfüllen. Amerikaner schreiben mehr persönliche Sachen; Chinesen mehr Dinge, die ihre Gruppenzugehörigkeit repräsentieren. 2. Experiment von Trafimow (1997): Studenten aus Hong Kong, die englisch als Zweitsprache sprechen, sollen den „Who am I?“-Test auf englisch und auf chinesisch ausfüllen. In der chinesischen Version werden kollektivistische Merkmale eher betont! JEDER MENSCH HAT INDIVIDUALISTISCHE UND KOLLEKTIVISTISCHE ZÜGE; ABHÄNGIG VON DER (KULTURELLEN) SITUATION. 16 Diese Unterschiede existieren auch zwischen Frauen und Männern. Männer sind in unserem Kulturkreis eher individualistisch veranlagt als Frauen. 3.2 Selbstbewusstsein … ist die affektive Komponente des Selbst. Es besteht aus den „eigenen“ positiven und negativen Bewertungen des Selbst. Selbstbewusstsein ist individuell und über die Zeit hochgradig veränderbar. Selbst die Veränderbarkeit des Selbstbewusstseins ist individuell unterschiedlich, sowie die Emphase und die Wertigkeit (gut-schlecht) auf/von einzelne(n) Persönlichkeitsmerkmale(n). 3.2.1 Warum brauchen wir Selbstbewusstsein? Theorie 1: Leary & Baumeister (2000): Selbstbewusstsein als „Soziometer“, das uns unseren Gruppenstatus und die Wertschätzung anderer anzeigt. Theorie 2: Greenberg et al. (1997): Menschen wollen sich als wertvolle Mitglieder der Gesellschaft sehen, um die Angst vor dem Tod zu überwinden. Experimente belegen, dass positives feedback ( gesteigertes Selbstbewusstsein) die Angst vor dem eigenen Tod mindert. Hohes Selbstbewusstsein korreliert mit Glück, Gesundheit, gesundem Schlaf u.a. Menschen mit niedrigem Selbstbewusstsein sind öfter niedergeschlagen, pessimistisch und unerfolgreicher. Teufelskreis des niedrigen Selbstbewusstseins: Niedriges SB Negative Erwartungen geringe Anstrengung, hohe Angst Versagen Selbstanklage (Attribution) Niedr. SB … 3.2.2 Einflüsse von Geschlecht, Rasse und Kultur 17 Geschlecht: Kling (1999) metaanalysierte 216 Studien zu Geschlecht und SB. Ergebnis: Keine großen Unterschiede, außer in der Adoleszenz und jungem Erwachsenenalter (Männer: höheres SB) Minderheiten: Gray-Little & Hafdahl (2000): Metaanalyse zu Schwarz/Weiß x SB. Ergebnis: Schwarze punkten höher (entgegen der Hypothese, dass sozioökonomische Nachteile das SB mindern!). Erklärungen: eher Beschuldigung des „Systems“; oder: stigmatisierte Minderheiten betonen in der Regel die guten Eigenschaften ihrer Gruppe deutlicher. Kultur: Die Interaktion Kultur-SB ist schwierig zu messen. Ansätze: 1) Heine (1999): Nordamerikaner punkten in SB-Tests höher als Japaner. Frage: Haben Asiaten ein niedrigeres SB oder präsentieren sie sich nur bescheidener? 2) Greenwald & Farnham (2001): In einem (impliziten) Wort-AssoziationsExperiment assoziieren sich Asiaten ebenso häufig wie Nordamerikaner mit positiven Wörtern ggü. negativen Wörtern. Frage unbeantwortet 3.2.3 Selbstdiskrepanztheorie Higgins (1989): Selbstbewusstsein wird durch die Diskrepanz Selbstbild – Wunschselbstbild definiert. Eigenexperiment: Verfasse 3 Listen mit je 10 Eigenschaften. Eine liste, die dich selbst beschreibt (= SELBSTKONZEPT); eine die dich so beschreibt, wie sein solltest (according to others) (= SELBSTRICHTLINIEN, PERS. STANDARD); eine, die dein Wunschselbst beschreibt. Diese Listen können als Vorhersage zum Grad deines Selbstbewusstseins verwendet werden. Eine Diskrepanz des Selbstkonzepts zu den anderen Listen hat negative Auswirkungen. Dabei spielen 3 Faktoren eine Rolle: 1) Größe der Diskrepanz 2) Wichtigkeit der einzelnen Eigenschaften 3) Genereller, individueller Fokus auf diese Diskrepanzen 18 3.2.4 Die Selbst-Bewusstseins (-Kenntnis) - Falle Man verbringt ungefähr 8% der Zeit damit, über das Selbst nachzudenken und ist dabei meist unglücklich. Theorie der Selbstaufmerksamkeit („self-awareness theory“) von WICKLUND (1972): Personen sind normaler Weise nicht auf das Selbst fokussiert; Spezielle Situationen (über sich selbst reden, in den Spiegel schauen, eine Videoaufzeichnung von sich selbst ansehen) verursachen aber Selbst-Bewusstsein. Meist erkennt man dabei eine negative Diskrepanz zwischen dem beobachteten Verhalten und irgendeinem selbstgesetzten Standard. Schema des Selbstfokus und wie wir ihn beenden können: hoch Personen mit Hohem Selbstfokus SelbstBewusstsein Empfänglichkeit für Selbstdiskrepanzen Verhalten wird Standards Angepasst („shape up“) Erwartungen an die Diskrepanzreduktion Situationen, die Selbstfokus erfordern niedrig „Shape up“: Experiment von Beaman (1979): Halloween trick-or-treaters werden mit einer BonBon-Schüssel allein gelassen und dürfen sich 1 Bonbon nehmen. 34% nehmen sich mehr. Wenn ein Spiegel hinter der Schüssel ist, nehmen sich nur 12% mehr Situation bewirkt Selbstfokus, Anpassung an öffentliche Standards Experiment von Macrae (1998): Vpn verwenden in Personenbeschreibungen weniger Stereotype, wenn sie sich im Spiegel sehen. „Ship Out“: Baumeister (1991): Drogen, sexueller Masochismus, spirituelle Ekstase, Frustessen, Selbstmord sind Wege, um dem Selbstfokus infolge niedriger Erwartung an die Möglichkeit einer Diskrepanzreduktion zu entfliehen. Hull (1983): IQ-Test mit negativem Feedback. Danach Weinprobe, AV: wieviel trinken die VPn? Personen mit hohem Selbstfokus trinken mehr. Hull (1986) Trauriger Weise bewahrheitet sich dieser Befund auch in der Praxis: Alkoholismus-Rückfälle sind am 19 Selbstfokus wird beendet („ship out“) wahrscheinlichsten bei der Kombination Selbstfokus Stress x hoher Steele (1990): Alkohol vermindert die Diskrepanz zwischen Selbstkonzept und Wunschselbst zusätzlich zum „ship-out“Effekt „private self-consciousness“ bezeichnet die Persönlichkeitseigenschaft, zur Introspektion zu neigen und damit Selbstdiskrepanzen relativ zu eigenen Standards zu reduzieren. „Public selfconsciousness“ dagegen bezeichnet die Persönlichkeitseigenschaft, den Fokus auf die Sicht anderer des Selbst zu legen und damit bei Erkennen einer Selbstdiskrepanz das Verhalten an sozialen Normen zu orientieren. „Selbstfokussierte Aufmerksamkeit kann jemanden dazu motivieren, sein Verhalten zu kontrollieren und es an persönliche oder gesellschaftliche Normen anzupassen.“ 3.2.5 Grenzen der Selbstregulation Selbstregulation bezeichnet all die Prozesse, die nötig sind, um unser Verhalten zu kontrollieren oder zu ändern. THEORIE von Muraven & Baumeister (2000): Selbstkontrolle ist eine begrenzte Ressource aus einer einzigen Quelle. Funktioniert ähnlich wie ein Muskel: Ist die Kraft zur Selbstkontrolle erschöpft, ist es sehr schwer, sich zu beherrschen (Auslöser egal!). D.h. morgens aufstehen, dann auch noch in die Uni gehen, in der Mensa dem Brechreiz widerstehen und zu dem Arsch, der dir aber Skripten gibt, freundlich sein Abends eher der Neigung nachgeben, TV zu sehen anstatt zu lernen oder beim Fußball die Beherrschung verlieren und die Blutgrätsche auspacken. 20 EXPERIMENT zur Theorie von Muraven & Baumeister (1998): Experiment von Vohs & Heatherton (2000): Diät haltende Studentinnen wurde ein Film gezeigt. Während des Films hatten sie freien Zugriff zu Snacks in 1)ihrer unmittelbaren Nähe („high temptation“) 2) 3 m Entfernung („low temptation“). Die high temptation Gruppe aß später bei einem „Eiscreme-Geschmackstest“ mehr Eis und gab schneller auf bei unlösbaren kognitiven Aufgaben. (SELBSTKONTROLLRESSOURCEN ERSCHÖPFT) Wegner (1994): „ironische Prozesse“: Je vehementer man versucht, Gedanken, Gefühle, verhalten zu unterdrücken, desto weniger Erfolg hat man damit. Wichtige Anwendung: Werden Geschworene dazu angehalten, unzulässiges Beweismaterial nicht zu beachten, beachten sie es gerade deshalb! 21 ERKLÄRUNG (Wegner): Kontrollanstrengung trifft Versagensangst „ironischer Prozess“ wird in Gang gesetzt: Beim Versuch, nicht zu versagen muss ja der Grund fürs Versagen bewusst werden. Stellt mentale Kontrolle insgesamt in Frage! EXPERIMENT (Wegner, 1998): VPn sollen Pendel halten. Bedingung 1: Pendel ruhig halten Bedingung 2: Pendel soll nicht horizontal schwingen Bedingung 3: Wie 2 + Ablenkung der VPn (Rechenaufgabe) Horizontalauslenkung des Pendels war in B3 > B2 > B1. 3.2.6 Mechanismen der Selbstwerterhöhung „Implizite Selbstgefälligkeit“ ist eine unbewusste Form der Selbstwerterhöhung. Menschen mögen die Buchstaben ihres eigenen Namens lieber, bilden positive Assoziationen mit Dingen und Menschen, die mit ihren eigenen Fähigkeiten assoziiert sind. Reflexartig. Unbewusst (abgelenkte VPn schätzen sich sogar noch positiver ein). Die einzelnen Mechanismen sind: 1) Self-serving Cognitions 2) Self-handicapping 3) Sich im Glanz anderer sonnen 4) Abwärtsgerichtete soziale Vergleiche zu 1) Self-serving Cognitions Erfolg schreibt man sich selbst zu, von Misserfolg distanziert man sich. Experiment von Shepperd (1993) Studenten sollte angeben, wie sie bei einem Test abgeschnitten hatten. Erhöhung der eigenen Leistung insbesondere bei schlechten Ergebnissen. Studenten mit schlechten Leistungen kritisierten den Test. Erfolg schreibt man sich selbst zu, von Misserfolg distanziert man sich. Ziva Kunda (1987): Ganz allgemein gesagt erdenken sich Menschen Theorien, die ihre eigenen Attribute mit positiven Ergebnissen verknüpfen. Unrealistischer Optimismus: Menschen schätzen (die sie betreffende) Zukunft überdurchschnittlich ein Bsp: Ehe, Wahlausgänge, Jobaussichten, Sportereignisse…. 22 Zu 2) Self-Handicapping Bsp. „procrastination“ : Absichtliche Aufschiebung von termingebundenen Aufgaben. Bietet eine Entschuldigung für Versagen, die anderenfalls mit mangelnder Fähigkeit erklärt werden müsste, was wiederum negativ für das Selbst wäre (lack of ability). Stephen Berglas & Edward Jones (1978): Self-handicapping bezieht sich auf Aktionen, in denen Menschen ihre eigene Leistung sabotieren, um sich eine Entschuldigung für antizipiertes Versagen zu konstruieren. EXP: Berglas & Jones Studenten machen 2 Tests. Eine Gruppe ist im ersten Teil erfolgreich, die andere nicht. Zwischen den Tests werden Drogen (leistungssteigernd oder leistungsmindernd) gegeben. erfolglose Männer wählen die leistungsmindernde Droge self-handicapping Strategien: Einnahme von Wirkstoffen; Verleugnung, gelernt zu haben; Ziele zu hoch ansetzen; Stress und Krankheit simulieren; Dianne Tice (1991): Gründe für Self-Handicapping: Menschen mit niedrigem Selbstbewusstsein defensives SH, Entschuldigung für Versagen Menschen mit hohem Selbstbewusstsein Weitere Steigerung der eigenen Leistung „Nebenwirkungen“: Objektive Leistungsverschlechterung, Ansehen bei anderen sinkt Zu 3) Sich im Glanz anderer sonnen Bask in reflected glory (Cialdini, 1976): Sein Selbstbewusstsein steigern, indem man sich mit anderen, erfolgreichen (Leuten, Gruppen) identifiziert (assoziiert). „BIRGing“. Experiment von Snyder (1986): VPn werden in Problemlöse-TEAMS eingeteilt, die entweder positives (Erfolg), kein oder negatives Feedback bekommen. Am Ende darf sich jeder ein Abzeichen seines teams mitnehmen. Gruppe positiv: 68% nehmen Abzeichen mit, in der no-FeedbackGruppe 50% und in der neg. Feedback-Gruppe 9%. in der pos. Gruppe findet BIRGing statt, in der neg. CORFing (Cut off reflects failure). 23 Zu 3) Abwärtsgerichtete soziale Vergleiche Festinger: Bei sozialen Vergleichen wird nicht immer objektive Information gesucht, sondern, in einem Akt der “Selbstwertverteidigung”, eben Information, die einen steigernden Effekt auf das Selbstbewusstsein hat. Anne Wilson & Michael Ross (2000): Temporale Vergleiche zwischen dem jetzigen und einem früheren Selbst dienen demselben Zweck wie abwärtsgerichtete soziale Vergleiche. Wenn nahe stehende (ähnliche) Personen mehr Erfolg haben als man selbst, sind 2 Reaktionen unterscheidbar: 1) Man sonnt sich im Glanz des anderen 2) Man fühlt sich überschattet und erfährt „soziale Eifersucht“ (=Neid, Ärger und Abfall des Selbstbewusstseins) passiert nur bei Domänen, die relevant fürs Selbstkonzept sind (Tesser, 1988) Bewältigungsreaktion… …für gezwungene aufwärtsgerichtete soziale Vergleiche (Collins, 1996): Experiment von Mark Alicke (1997): VPn, die mit einem „besseren“ Konföderierten konfrontiert wurden, schätzten die Intelligenz, Fähigkeit…. des Konföderierten überdurchschnittlich zu unabhängigen Beobachtern ein („Mit einem Genie braucht man sich nicht vergleichen“) 3.2.7 Sind positive Illusionen adaptiv? Anders gefragt: Ist das konstante Selbstbelügen durch SSC´s, SH, BIRGing, und abwärtsgerichtete soziale Vergleiche gesundheitsfördernd oder Symptom einer psychischen Störung? Wäre nicht eine reale Sicht der Dinge gesünder? Review von Shelley Taylor (1988): Depressive und Menschen mit geringem Selbstwertgefühl haben realistischere Weltanschauungen („depressiver Realismus“). „Die Illusionen helfen, dass die Welt jedes einzelnen ein wärmerer, attraktiverer, auch für andere lohnenswerterer Platz zum leben wird“ Hypothese umstritten. 24 Siehe Roy Baumeister (1988): Die Illusionen provozieren chronische Muster selbstzerstörerischen Verhaltens (Alkohol, Versagen durch SH, Kontrollillusion und Spielsucht) Siehe Randall Colvin (1995): Personen mit „aufgeblähtem“ Selbstwertgefühl (ASWG) werden von ihren eigenen Freunden weniger geschätzt als andere; ASWG korreliert mit einigen negativen Persönlichkeitseigenschaften. Studie von Todd Heatherton (2000): Problem noch ungelöst; es scheint, als ob es für das Selbstkonzept zunächst adaptiv ist, das SB aufzublähen; maladaptiv ist aber jedenfalls, dass man dadurch von anderen weniger gemocht wird. 25 3.3 Selbstpräsentation Spotlight-effect: Leute überschätzen in der Öffentlichkeit das Ausmaß der Aufmerksamkeit, das ihnen zuteil wird. Experiment von Thomas Gilovich (2000): VPn betreten einen Raum voll mit Leuten und haben dabei ein T-Shirt mit einem schmeichelnden/peinlichen Logo an. AV: Diskrepanz zwischen Einschätzung der Identifizierung des Logos durch andere und tatsächlicher Beachtung des Logos. Ergebnis: 23-40% Überschätzung. Self-Presentation = Strategien, die Menschen anwenden um ihr Ansehen (ihr Bild) bei anderen zu formen. 3.3.1 Die 2 Gesichter der Selbstpräsentation 1. strategische Selbstdarstellung 2. Selbstverifikation = Beeinflussung anderer durch = Wunsch, dass andere uns so sehen wie Körpersprache und verbale wir selbst es tun Kommunikation Experiment von William Swann (1987): Menschen wollen ihr eigenes Ziele allgemein: gemocht werden/ kompetent wirken; Einflussgewinn, Macht, Selbstkonzept bestätigen. Deshalb wählen Bestätigung sie selektiv Feedback aus, das ihrem Strategische Ziele abstrakt: integration eigenen SK entspricht! Konföderierte (mit anderen zurechtkommen) & selfbezeichnen VPn als dominant bzw. submissiv. Diese Einschätzung wird nur promotion (Respekt, Status) bei Konsistenz mit eigenem SK akzeptiert. bei Übertreibung der beiden Ziele kann Gegenteil bewirkt werden Bei Inkonsistenz versuchen die VPn Es kostet weniger Aufwand, sich so „nach“ dem Experiment durch ihr darzustellen, wie man ist, als sich zu Verhalten die Konfis vom Gegenteil zu verstellen (Beth Pontari, 2000) überzeugen. Gefahren: z. B. Sonnenbankkrebs, Magersucht, Drogensucht, AIDS, Verkehrsunfälle 26 Was geschieht bei einem Konflikt von Strategischer Selbstdarstellung und Selbstverifikation (Bsp. Bei Schüchternheit, Sozialer Inkompetenz, Schwächen die man ungern zugibt)? Giesler (1992): 64% der VPn mit niedrigem SB wählen aus 2 Alternativen einen Interaktionspartner, der sie vorher negativ beurteilt hat (Selbstverifikation!) verglichen mit 25% der Personen mit hohem SB. Der Wunsch einen Eindruck zu vermitteln, der mit dem eigenen Selbstkonzept übereinstimmt, scheint manchmal größer zu sein, als Förderung des Selbstwertes in den Augen anderer mittels strategischer Selbstpräsentation. 3.3.2 Individuelle Unterschiede beim Self-Monitoring Self-Monitoring = Die Tendenz, Verhalten zu ändern als Antwort auf die die Selbstpräsentation betreffenden Anforderungen der Situation. Oder einfacher: Tendenz, eigenes Verhalten situationsgerecht anzupassen. (Snyder, 1987) Personen mit niedrigem Selbst-monitoring: neigen eher zu Selbstverifikation konsistent in ihrem Verhalten Personen mit hohem Selbstmonitoring: sensitiver für strategische Selbstdarstellung adaptiv, was verschiedenste soziale Situationen betrifft mit höherer W´keit ängstlich und depressiv, wenn sie soz. Erwartungen nicht erfüllen Die Self-Monitoring-Skala (Snyder & Gangestad) misst das SelfMonitoring und ist gleichzeitig ein wichtiger Prädiktor für differentielles Verhalten in sozialen Situationen. Entwicklung: SelfMonitoring nimmt mit dem Alter ab. 27 4 Perceiving Persons Gliederung: 4.1 Beobachtung: 4.2 Attribution 4.3 Integration 4.4 Confirmation Biases Soziale Wahrnehmung = Genereller Terminus für den Prozess des Verstehens von anderen. 4.1 Beobachtung: Elemente Sozialer Wahrnehmung Verstehen anderer erfolgt über indirekte Anhaltspunkte aus 3 Quellen: 1) Personen 2) Situationen 3) Verhalten 4.1.1 Personen: Beurteilung nach dem äußeren Schein Soziale Beobachtung/erster Eindruck wird durch Größe, Gewicht, Haarfarbe, Hautfarbe, Kleidungsfarbe (EXP von Aldert Vrij: Häftlinge werden mit dunkler Kleidung aggressiver eingeschätzt, 1997), Namen (Harry, Walter, Dorothy werden nicht so intelligent eingeschätzt wie Kevin, Michael, Michelle; Young, 1993)… beeinflusst. Beste Beispiele: Phrenologie (Gall, Fowler) Physiognomie: EXP von Ran Hassin (2000): Von Gesichtern wird auf Verhalten geschlossen und bekannte Persönlichkeitsmerkmale werden in Gesichter „hineininterpretiert“. Konsequenzen vor Gericht und in der Arbeitswelt. Erklärungen: 1) genetische Programmierung (Kindchenschema) oder 2) gelernte Assoziation: Kindchenschema – Hilflosigkeit wird generalisiert oder 3) es gibt tatsächlich eine Korrelation von Aussehen und Verhalten. EXP von Kenny (1992): VPn formen auf Grund von Fotos/Videos Eindrücke von Personen, die mit deren Selbstbeschreibungen korrelieren 28 4.1.2 Situationen: Die Skripts des Lebens Skripts = Vorhandene Vorstellungen von bestimmten Situationstypen. Erleichtern die Voraussage dieser Situationen. Erfahrung lässt Skripts detailreicher werden. Bsp: Erstes Date. Festes Skript. Werden VPn gebeten, ein 10-Punkte-erstes-Date-Skript in die richtige Reihenfolge zu ordnen, kriegens die mit der größten Expertise am schnellsten gebacken. Skripts und Expertise bilden die Basis für das Verstehen von verbalem und nonverbalem Verhalten anderer. Beeinflussung sozialer Wahrnehmung durch Skripts: 1) In best. Situationen sehen wir, was wir erwarten (Trope, 1986, lässt VPn ambige Gesichter emotionsmäßig beurteilen. Dasselbe Gesicht wird dabei je nach Vorinformation völlig gegensätzlich eingeschätzt) 2) Wir benutzen die Skripts, um Verhalten zu erklären. 4.1.3 Hinweise durch Verhalten Menschen erkennen die Bedeutung des Verhaltens einer Person, indem sie das Verhalten in diskrete Einheiten zerlegen. Entscheidend ist die Feinheit der Einheiten: VPn, die instruiert werden, das beobachtete Verhalten in feine Einheiten zu unterteilen, beobachten genauer, erkennen mehr bedeutungshaltige Verhaltenweisen, erinnern mehr Details über die Person und schätzen die Person positiver ein. Nonverbales Verhalten: „Verhalten, das die Gefühle einer Person ohne Worte enthüllt – durch Mimik, Körpersprache und Prosodie.“ Mimik: DARWIN; Emotionsausdrücke sind angeboren, 6 unterscheidbare universelle Emotionsausdrücke können von allen Personen richtig erkannt werden. Videos von Emotionsausdrücken (action) werden richtiger erkannt als Fotos. Adaptiver Mechanismus: Das Erkennen und Interpretieren von Mimik ist überlebenswichtig (in einer Menge von neutralen Gesichtern werden negative Emotionsausdrücke schneller entdeckt als positive; Theorie nach Darwin, Experiment von Christine Hansen, 1988). 29 Körpersprache/Gestik: Handgesten, Haltung, Gang. Augenkontakt: Interkulturelle Übereinstimmung von Interpretationen des Augenkonakts, typischer Weise basiert die Interpretation des Augenkontakts auf einer bereits vorhandenen positiven/negativen Beziehung (Kleinke, 1986). Berührung: Nancy Henley (1977): W´keit, jemand zu berühren ist größer, wenn dieser jemand einen niedrigeren sozioökonomischen Status hat Berührung ist ein Zeichen von Intimität und Freundschaft, aber auch von Kontrolle und Dominanz. Handschlag: kann Eindrücke vermitteln (Chaplin, 2000). Unterscheidung von Wahrheit und Täuschung: Freud: Lügen ist nicht möglich, eine Täuschung kann durch Körpersignale entlarvt werden. Ekman & Friesen (1974): Die „Kommunikationskanäle“ sind unterschiedlich schwer zu kontrollieren. Lügen werden nur schlecht über Gesicht und verbale Kommunikation entlarvt, dafür besser über Körpersprache und Prosodie (DePaulo, 1982). Auch Experten tun sich hierbei sehr schwer! 30 4.2 Attribution: Von Elementen zu Dispositionen Um Personen so gut verstehen zu können, dass man Voraussagen über ihr zukünftiges Verhalten machen kann, müssen die Dispositionen (stabile Charaktereigenschaften) der Personen auf Grund ihres Verhaltens inferiert werden. 4.2.1 Attributionstheorien Es geht um die Frage, WARUM Personen sich so oder so Verhalten Versuch, die Gründe für Verhalten zu verstehen, um der sozialen Umwelt einen Sinn zu geben. „Eine Gruppe von Theorien, die beschreiben, wie Personen die Gründe für Verhalten erklären.“ 1) Attributionstheorie von HEIDER (1958): Wir alle beobachten, analysieren und erklären (attribuieren) Verhalten. Grundlegende Unterscheidung Heiders: Personale Erklärungen . Situationale Erklärungen Attribution von Verhaltensweisen auf interne Charakteristika des Akteurs: Persönlichkeit, Stimmung, Fähigkeiten, Anstrengung Attribution von Verhalten auf externe Faktoren: Aufgabe an sich, andere Leute, Glück oder Pech 2) Attributionstheorie von JONES & DAVIS (1965): = Correspondent Inference Theory: Man versucht darauf zu schließen, dass/ob eine einzelne Aktion mit einer dauerhaften Charaktereigenschaft einer Person korrespondiert. Der Grad der Korrespondenz (und damit der Erfolg unserer Schlussfolgerungen) hängt von 3 beurteilbaren Faktoren ab: a) Grad der Wahlfreiheit. Freiwilliges Verhalten lässt eher Schlüsse auf die Persönlichkeit zu, Studie von Jones (1967): Student schreibt Artikel über Castro (1 positive Position, 1 negative Position). VPn beurteilen seine „wahre“ Position (= korrespondierende Schlussfolgerung auf dauerhafte Eigenschaft). UV: Der Student konnte seine Position selbst wählen oder ein Professor gab ihm die Aufgabe. Ergebnis: Verhalten (Artikel) wird als korrespondierender eingeschätzt, wenn er freie Wahl hatte. 31 b) Grad der „Erwartetheit“ des Verhaltens. Dispositionale Schlussfolgerungen werden umso wahrscheinlicher getroffen, je weiter ein Verhalten von der subjektiven Norm des Beobachters abweicht. Bsp: Über wen glaubt man mehr zu wissen: Den braven Steuerzahler oder jemanden, der öffentlich zugibt, keine Steuern zu zahlen? c) Anzahl der Effekte des Verhaltens. Glaubt der Beobachter nur einen Verhaltenseffekt zu erkennen, ist es wahrscheinlicher, dass dieser Effekt generell mit den Dispositionen des Akteurs korrespondiert, d.h. wenige mögliche Ergebnisse erhöhen die Sicherheit einer dispositionalen Attribution. Bsp: Warum bleibt jemand bei einem Job, der gut bezahlt, interessant und nahe gelegen ist? Warum bleibt jemand bei einem Job, der gut bezahlt ist? Was sagt das über seine Motive/Dispositionen? 3) Kovariationstheorie von KELLEY (1967): Berücksichtigt (im Gegensatz zur Jones-Theorie!), dass Personen sowohl personal, als auch situational attribuieren. Menschen denken dabei „experimentell“ und benutzen das Kovariationsprinzip zur Ursachenzuschreibung: Faktoren die präsent sind, wenn ein best. Verhalten auftritt und bei ansonsten gleichen Bedingungen fehlen, wenn das Verhalten nicht auftritt, müssen für das Verhalten kritisch (= KAUSAL) sein. Welche Art Kovariationsinformationen sind besonders nützlich? a) CONSENSUS: Übereinstimmung des Verhaltens mit dem Verhalten anderer. Wenn ja (positiv) situationale Attribution b) DISTINKTHEIT: Reaktionen der Person auf verschiedene Stimuli. Wenn Kovariation mit anderen Situationen niedrig situationale Attribution c) KONSISTENZ: Reaktionen der Person auf denselben Stimulus zu verschiedenen Zeiten. Wenn Konsistenz hoch personale Attribution Kovariationstheorie in vielen Experimenten gestützt. 4.2.2 Attributionsneigungen Beschränkung kognitiver Kapazitäten nicht immer können objektive (theoretische) Attributionen (s.o.) angewandt werden. D.h. oft existiert eine Attributionsbefangenheit, Attributionen werden der Einfachheit und Schnelligkeit halber mit Hilfe „mentaler Abkürzungen“ vorgenommen. 32 4.2.2.1 Kognitive Heuristiken … sind Daumenregeln, die es uns ermöglichen, schnelle aber ungenaue Entscheidungen (also auch Attributionen) zu treffen. Typen: 1) VERFÜGBARKEITSHEURISTIK: Die Tendenz, die W´keit für ein Ereignis (Verhalten) anhand dessen einzuschätzen, wie leicht (und wie viele) einem dazu Beispiele einfallen. EXP von Tversky (1973): Gibt es mehr Wörter im Englischen mit „r“ an erster oder an dritter Position? Eigentlich an 3., aber VPn sagen 1., weil ihnen dazu mehr Beispiele einfallen. Konsequenzen: a) Falscher-Konsensus-Effekt (Tendenz zu überschätzen, wie sehr die Meinungen, Attributionen… anderer mit unseren eigenen Meinungen… übereinstimmen) EXP von Krueger (1994): VPn sollen über Aussagen in einem Persönlichkeitstest Meinungen kundtun und danach einschätzen, wie viel % anderer dieselbe Antwort gegeben hätten konsequente Überschätzung des Konsensus b) Grundratentrugschluss („base-rate fallacy“): Auf Statistiken wird weniger Rücksicht genommen als auf Einzelfälle. Folge: falsche Risikoeinschätzungen 2) KONTRAFAKTISCHES DENKEN: = die Tendenz, sich alternative Ergebnisse oder Ereignisse vorzustellen, die anstelle des wirklich Passierten hätten vorkommen können. Hat reziproke Auswirkungen auf Emotion und Stimmung: Gedachtes Ergebnis besser Frustration; Gedachtes Ergebnis schlechter Erleichterung; Stimmung schlecht Dinge könnten so viel besser laufen….. Kontrafaktisches Denken kommt öfter bei Aktionen mit unerwünschten/erwünschten Ausgängen vor als bei Passivität (Bsp. Wertpapiere verkauft, Aktienkurs steigt KFD; dagegen: Aktien gehalten, Kurs fällt) Kontrafaktisches Denken kommt besonders dann vor, wenn die realen und imaginären Ereignisse nahe beieinander liegen (Victoria Medvec (1995): Bronzemedaillengewinner sind glücklicher als Silbermedaillengewinner!) 33 4.2.2.2 Fundamentaler Attributionsfehler = Bei Attributionen überschätzen Menschen die Rolle von Persönlichkeitsfaktoren und übersehen situationale Faktoren (Ross, 1977) Siehe Jones (1967): Obwohl den VPn gesagt wurde, dass der Student den Auftrag hatte, diese oder jene Position einzunehmen (was eigentlich keinen Schluss auf seine Dispositionen zuließe), attribuierten sie sein Verhalten auf seine Einstellungen! Experiment von Lee Ross (1977): TV-Quiz Vp wurden per Zufall auf die Rollen Quizmaster und Kandidat verteilt. Quizmaster dachte sich Fragen aus und stellte diese. Anschließende Bewertung der Intelligenz (durch neutrale Zuschauer, durch Quizmaster & durch Kandidaten selbst). Die Kandidaten konnten ca. 40% der gestellten Fragen beantworten. Die vorher festgestellte Intelligenz beider Gruppen war identisch. Intelligenz der Quizmaster wurde stark überschätzt (in allen 3 Gruppen, am stärksten von neutralen Beobachtern) Intelligenz der Kandidaten wurde eher unterschätzt (und zwar am stärksten von den Kandidaten selbst) Wodurch entsteht der FAF? Theorie von Daniel Gilbert & Patrick Malone (1995): 2-Stufen-Modell der Attribution Stufe 1: Das Verhalten wird erkannt (und kategorisiert) und eine schnelle, automatische personale Attribution wird vorgenommen. Reflexartig Stufe 2: Die Schlussfolgerung wird korrigiert und situationalen Faktoren wird Rechnung getragen verlangt Aufmerksamkeit, Denken, Aufwand. d.h. der fundamentale Attributionsfehler basiert darauf, wie wir attribuieren. Kombiniert mit Heider´s (1958) Attributionstheorie: Aufmerksamkeit richtet sich auf den salienten Reiz (die Person), es entsteht ein Wahrnehmungs-Bias und man attribuiert Ereignisse (Verhalten) auf die auffälligeren Reize. Experiment von Shelley Taylor (1975): VPn sehen einen Disput zwischen 2 Schauspielern aus verschiedenen Positionen und sollen beurteilen, wer von beiden das Gespräch dominiert Einschätzung der Vpn: Jeweils der gegenüber sitzende (sich im Blickfeld befindliche) Schauspieler wird als dominant eingeschätzt. „Actor-Observer-Effekt“: Die Tendenz, für das Verhalten anderer personale Attributionen zu gebrauchen und für das eigene Verhalten eher situationale Attributionen. 34 Experiment von Saulnier (1981): befragt Gefangene und deren Anwälte zu den Gründen für ihre Verbrechen. Während die Anwälte eher personal attribuieren, atttribuieren die Gefangenen selbst vorübergehendsituational. 4.2.3 Attributionen als kulturelle Konstrukte Experiment von Joan Miller (1984): Befragt Inder und Amerikaner verschiedenen Alters. „Beschreibe die Gründe von positiven/negativen Verhaltensweisen, die du in deinem Leben beobachtet hast.“ Bei Kindern ist der Anteil personaler A´s in beiden Kulturen gleich. Bei Erwachsenen Amerikanern treten mehr personale A´s auf als bei erwachsenen Indern. Ara Norenzayan & Richard Nisbett (2000): Westliche Kulturen betonen das Individuum und die ihm eigenen Attribute. Ost-Aiatische Kulturen gewichten mehr den sozialen Hintergrund. 1. Experiment dazu: „fish-test“: amerikanische und japanische Studenten sehen das Fisch-Bild (p. 111) und sollen so viel wie möglich davon erinnern. Japaner erinnern mehr vom Hintergrund, der „fokale“ Fisch wird in beiden Gruppen gleich detailliert erinnert. 2. Experiment (Hong, 2000): Bikulturelle Studenten werden in Bedingung 1vor dem fish-test Amerika symbolisierende Bilder gezeigt, in der B2 China symbolisierende. Bei B1 sehen die Bikulturellen den fokalen Fisch eher als „führend“, in der B2 als „gejagt“. 4.2.4 Motivationale Voreingenommenheit 1) David Dunning (2001): Der Wunsch nach Selbstwerterhöhung verursacht auch einen Bias unserer sozialen Wahrnehmung (nicht nur unserer Selbstwahrnehmung, siehe Kap.3). Andere werden positiver eingeschätzt, wenn sie in wichtigen Charakteristika mit dem Selbstkonzept übereinstimmen. 2) Experiment von William Klein & Ziva Kunda (1992): Vpn sollen an einem Quiz teilnehemen und sehen vorher (B1) ihren Partner oder (B2) ihren Gegner, die jeweils sämtliche Probefragen richtig beantworten. Wie schätzen die VPn die Gründe für diesen Erfolg ein? Bei Partnern wird personal attribuiert (Wissen), bei Gegnern eher situational (Glück). 35 3) „Personale Verteidigungs-Motive“ können dazu führen, dass wir andere für ihr Pech verantwortlich machen (= personal attribuieren). Experiment von Lerner & Simmons (1966): Aus einer VPnGruppe wird eine (in Wahrheit konföderierte) VP herausgegriffen, die bei einem Gedächtnisexperiment Elektroschocks erhält. Die Übrigen Vpn zeigen kein Mitleid, sondern Abwertung des „Kollegen“, obwohl oder gerade weil es zufälliger Weise nicht sie selbst getroffen hat. Theorie von Melvin Lerner (1980): „Belief in a Just World“: Der Glaube, dass jeder im Leben das bekommt, was er verdient. Führt dazu, dass Menschen Opfer herabsetzen. Der Selbstschutz besteht darin, dass wir uns selbst glauben machen, vor unabsehbarem Unglück gefeit zu sein („Arme Leute sind faul“, „Frauen, die von ihren Ehemännern geschlagen werden, provozieren das ja“). Interessant: Je ärmer das Land (die Kultur, Gruppe…), desto weniger ausgeprägt ist dieser Glaube. Ist dieses Phänomen nur eine Form des fundamentalen Attributionsfehlers? vermutlich nicht: Die „Verantwortlichkeit“ der Opfer in den Augen des Beobachters steigt mit: a) Der Schwere der Folgen des Ereignisses b) Der Ähnlichkeit der Situation mit der des Beobachters c) Der Selbstbedrohungsangst des Beobachters (je mehr Angst wir haben, desto mehr müssen wir uns schützen) Experiment von Hafer (2000): 1) VPn sehen einen von 2 Filmen von einem Gewaltopfer. UV1: Die Täter werden bestraft / UV2: Die Täter fliehen 2) VPn machen eine Art Stroop-Test mit neutralen Wörtern und welchen aus einem Ungerechtigkeitswortschatz, in dem ihre Involviertheit über die Differenz der Reaktionszeiten zwischen den Wortkategorien erfasst wird. 3) Die VPn mit UV2 brauchten länger zur Identifizierung der Ungerechtigkeitswortfarben und schätzten das Opfer als verantwortlicher ein. 36 4.3 Integration: Von Dispositionen zu Eindrücken Dispositionen sind quasi einzelne, 1-dimensionale, aus Verhaltensbeobachtung und Attributionen hergeleitete Persönlichkeitsmerkmale. Um einen Gesamteindruck zu erzeugen, müssen sie miteinander kombiniert (integriert) werden. 4.3.1 Informationsintegration: Die Rechenart Impression Formation = Der Prozess der Informationsintegration, durch den man einen zusammenhängenden Eindruck von einer Person erhält. Beruht die IF auf einem additiven oder Durchschnitts- Modell? Experiment von Norman Anderson (1965): VPn – 4 Gruppen – erhalten Personenbeschreibungen mit 1) Zwei sehr positiv skalierten Eigenschaften 2) Den 2 sehr positiven und zwei moderat positiven eigenschaften 3) 2 sehr negativen Eigenschaften 4) Den 2 sehr negativen und zwei moderat negativen Eigenschaften. Die Ergebnisse stützen das Durchschnittsmodell: Die moderaten Eigenschaften relativieren die stark polaren Eigenschaften. Theorie von Norman Anderson (1981): InformationsIntegrations-Theorie. Kombinierte (integrierte) Eindrücke basieren auf (1) den Dispositionen des Beobachters und (2) dem gewichteten Durchschnitt der Charakteristika der Zielperson. 4.3.2 Abweichungen von der Arithmetik ...durch… 1) Charakteristika des Beobachters a) Zwischen Beobachtern: Jeder Beobachter gewichtet seine Beobachtung unterschiedlich. Dornbusch (1965): Die Beobachtungen eines Beobachters verschiedener Zielpersonen unterscheiden sich nicht so stark wie die Beobachtungen vieler Beobachter von einer Zielperson. Grund: Bei der Beobachtung wird das Selbst als Standard genommen + man versucht, in anderen Personen zunächst die eigenen Vorteile zu erkennen. 37 b) Beobachter inhärent: Stimmungsschwankungen führen zu unterschiedlicher Personenwahrnehmung. Ist man positiv gestimmt, erkennt man auch in anderen eher positive Dispositionen (Forgas, 2000) 2) Priming-Effekte Priming = Items (Wörter, Einstellungen, Konzepte…), die kürzlich gebraucht wurden, fallen einem leichter ein und beeinflussen damit die Interpretation neuer Information. Tory Higgins (1977): VPn werden Wörter wie (UV1) brave, independent oder (UV2) reckless, careless präsentiert (getarnt als Gedächtnisexperiment). Danach lasen sie eine Geschichte über einen abenteuerlustigen Kerl und sollten diesen Charakter beurteilen. Die UV1´s formten dabei mehr positive Eindrücke als die andere Gruppe. Priming funktioniert nach Bargh (1982) noch besser, wenn die primenden Wörter sehr schnell dargeboten werden. 38 Auch Motivation (Tanya Chartrand, 1999 Scrabble-Experiment) und soziales Verhalten (s.Abb.) kann geprimed werden. 3) Charakteristika der Zielperson Individuen können grob auf Grund von 5 Charakteristika unterschieden werden: Extrovertiertheit, emotionale Stabilität, Offenheit für Erfahrungen, Annehmlichkeit, Gewissenhaftigkeit - Diese Faktoren sind unterschiedlich leicht zu beurteilen (Die meisten Übereinstimmungen zwischen Beobachtern existieren bei Extrovertiertheit. Daraus folgt, dass Ex ein leicht zu beobachtendes Personencharakteristikum ist). 39 - Es existiert eine sog. „trait negative bias“, d.h. dass man negative Eigenschaften gewöhnlich mehr gewichtet als positive. Warum? Normalerweise schätzt man Personen zunächst positiv ein. Wird diese Erwartung verletzt, schenkt man automatisch mehr Aufmerksamkeit (siehe Politiker: Negative Eigenschaften/Konzepte sind im Wahlkampf oft ausschlaggebender); Die „trait negative bias“ ist adaptiv: negative Eigenschaften aktivieren ein Alarmsystem im Gehirn (Unterschiede zwischen positiven und negativen Eindrücken sichtbar gemacht via fMRI von Tiffany Ito, 1998) 4) Kontextfaktoren a) Implizite Persönlichkeitstheorien: Fall O.J. Simpson: Die Amerikaner hatten sich ein „Netzwerk von Vermutungen über die Verknüpfungen von Verhalten und Persönlichkeitsmerkmalen“ (=IP) des Stars zurecht gelegt. Die Anklage (2 Menschen getötet) konnte nicht in das überaus positive Netzwerk O.J.S. integriert werden. Experiment 1 von Solomon ASCH (1946): „Das Vorhandensein eines einzelnen Merkmals kann das Vorhandensein vieler anderer Merkmale implizieren.“ Einer Gruppe von VPn wurde ein Mensch als intelligent, fleißig, warm, zielorientiert, vorsichtig beschrieben, einer anderen Gruppe als i, fl, kalt, zo, vo. kalt & warm sind nach Asch Zentrale Eigenschaften, die sowohl die genannten, als auch ungenannte Persönlichkeitsmerkmale positiv/negativ beeinflussen. b) Der Primacy-Effekt Zuerst präsentierte Eigenschaften haben den größten Einfluss auf die Personenwahrnehmung. Experiment 2 von Solomon ASCH (1946): Präsentiert Gruppe 1 von VPn eine Liste von Persönlichkeitseigenschaften (intelligent, fleißig, impulsiv, kritisch, stur und neidisch) und einer anderen Gruppe 2 dieselbe Liste in umgekehrter Reihenfolge Die Gruppe 1 formte positivere Eindrücke von der Person als die Gruppe 2. Erklärungen: - Wenn einmal ein Eindruck entstanden ist, wird nachfolgender Info weniger Aufmerksamkeit geschenkt. Erhält man dennoch die Aufmerksamkeit aufrecht, wird der erste Eindruck mit größerer W´keit modifiziert. Studenten formen nach einer Prüfung schneller Eindrücke und behalten diese (Aufmerksamkeit reduziert). Es gibt dabei interindividuelle Unterschiede im „need for closure“, d.h. wie sehr man danach verlangt, kognitive Unsicherheit zu reduzieren. „need for closure“ hoch Primacy-Effekte wahrscheinlich - „change-of-meaning hypothesis“: Nachfolgende Information wird als mit erster Information konsistent interpretiert führt zur Umbewertung der Eigenschaften in Asch´s Experiment 2. 40 4.4 Confirmation Biases: Von den Eindrücken zur Realität Confirmation Bias = Das Phänomen, dass Menschen Informationen suchen, interpretieren und erfinden, die ihre bereits bestehenden Ansichten verifizieren/stützen. 4.4.1 Beharrlichkeit von Überzeugungen Experiment von John Darley (1983): „Hannah“ VPn werden gebeten, das akademische Potential der 9-jährigen Hannah zu beurteilen. UV ist Vorinformation. UV1: „high-expectation“-Gruppe (Hannah stammt aus guten Verhältnissen mit 2 Akademikereltern); UV2: „lowexpectation“-Gruppe (Hannah lebt in heruntergekommener Nachbarschaft mit Eltern, die´s zu nichts gebracht haben). AV: Veränderung der Einschätzung von Lese- und Mathematikpotential, bevor und nachdem die VPn jeweilige Tests von Hannah auf Video verfolgten (Sie ist dabei durchschnittlich!). Die „low-expectation“-Gruppe schätzte nach dem Test Hannah´s Potential schlechter ein, die „high-expectation“-Gruppe dagegen besser. Ambiguitive Info wird als konsistent mit 1. Eindruck interpretiert. Was passiert, wenn nachfolgende Infos der ersten Überzeugung widersprechen?? Experiment von Craig Anderson (1980): 2 Gruppen von VPn hören gegensätzliche Statements zu Feuerwehrmännern und Risikobereitschaft (gut/schlecht) und sollen jeweils Gründe für ihre Version nennen (also: sich eine Theorie zurecht legen). Beiden Gruppen wird dann gesagt, dass das ursprüngliche Statement falsch sei In beiden Gruppen besteht dennoch eine sog. „belief peseverance“ (d.h., die VPn hielten an der ersten Version fest, obwohl diese ja diskreditiert wurde). TESSER (1978) geht davon aus, dass eine vorgefasste Meinung zu einem Thema einfach dann gestärkt wird, wenn wir über das Thema nachdenken. ANDERSON (1986) vermutet, dass demnach vorgefasste Meinungen dadurch relativiert werden können, indem man Leute gezielt über Gründe für alternative Meinungen nachdenken lässt (und nicht einfach über das Thema). 41 4.4.2 Confirmatory Hypothesis Testing Experiment von William Swann (1978): - Phase 1: VPn bekommen Interviewpartner und erfahren, dass er (1) extrovertiert oder (2) introvertiert ist. - Phase 2: VPn dürfen aus einem Fragenkatalog fragen auswählen und den Partner f ragen - Phase 3: ANDERE VPn hören sich die Interviews an und entscheiden, ob die Interviewten ex- oder introvertiert sind. In Phase 1 werden die Interviewten zufällig zugeordnet; In Phase 2 wählen die VPn mehrheitlich Fragen aus, die ihre vorgefasste Meinung bestätigen! (die eher auf Ex-/Introvertiertheit abzielen); In Phase 3 beurteilen die VPn die Interviewten gemäß den von den Interviewern vorgefassten Meinungen. ZUCKERMAN (1995): Ist ein erster Eindruck gefasst, verläuft die nachfolgende Infosuche einseitig. Dadurch werden die Eindrücke bestätigt. 4.4.3 Self-Fulfilling-Prophecy = Ein Prozess, bei dem Erwartungen des Beobachters von einer Person dazu führen, dass sich die Person so verhält, dass sich die Erwartungen erfüllen. Analog zu: Robert Merton (1948): Der Präsident einer Bank erwartet die Zahlungsunfähigkeit Kunden erfahren das Kunden rennen zur Bank und wollen ihr Geld Bank wird zahlungsunfähig Robert Rosenthal & Lenore Jacobson (1968): „Pygmalion im Klassenzimer“ Lehrer, denen Glauben gemacht wird, dass gewisse Schüler einen „intellektuellen Wachstumsschub“ erfahren werden, beeinflussen die Leistung dieser Schüler, so dass sie im Endeffekt wirklich positivere Ergebnisse erzielen (Sie werden nach einiger Zeit sowohl von ihren Lehrern als auch objektiv durch IQ-Tests besser bewertet). 42 2 mögliche Erklärungen: a) Rosenthal (1985): Anfängliche Erwartungen bestimmen Verhalten des Lehrers lenkt Verhalten des Schülers b) Lee Jussim (1996): Lehrer schätzen die Schüler korrekt ein. Funktioniert auch beim Militär und vor Gericht (die Urteile von Geschworenen orientieren sich daran, dass sie vom Richter, der eine vorgefasste Meinung schuldig/unschuldig hat, instruiert werden). Prinzip der „Sich selbst erfüllenden Propezeihung“: Verhalten des Beobachters ggü. der Zielperson Erwartung des Beobachters Verhalten der Zielperson ggü. dem Beobachter Möglichkeiten, diese Kaskade zu unterbrechen: 1) Link zwischen Erwartungen und Verhalten des Beobachters: Beobachter muss dazu motiviert werden, die Wahrheit herauszufinden 2) Link zwischen Erwartungen und Verhalten des Beobachters: Je mehr Macht der Beobachter über die Zielperson hat, desto eher kommt es zu Verhalten, dass eine SFP fördert. 3) Link zischen Verhalten des Beobachters und der Zielperson: Wenn Zielpersonen die Ansichten des Beobachters kennen, verhalten sie sich oft gegensätzlich, um den Eindruck zu relativieren. 43 4.5 Soziale Wahrnehmung: Zusammenfassung Wie akkurat ist soziale Wahrnehmung? David Dunning (1990): Menschen überschätzen die Genauigkeit ihrer Vorhersagen vom Verhalten anderer Personen, egal ob sie diese länger kennen oder nur einen kurzen Eindruck von ihnen haben. 1) Je näher und länger man Personen kennt, desto genauer ist man in seinen Beurteilungen und Vorhersagen 2) Je enger begrenzt und ja näher beim Beobachter das Verhalten ist, desto genauer sind Einschätzungen (Swann, 1984) 3) Erlernen von W´keit und Logik erhöht die Genauigkeit 4) Die Motivation, Genauigkeit und Offenheit zu zeigen, erhöht die Güte der Einschätzungen; Die Motivation, möglichst schnell, bestätigend und geschlossen einzuschätzen, vermindert die Genauigkeit der Einschätzung. 44 5 Wahrnehmung von Gruppen Gliederung: 5.1 Stereotype 5.2 Vorurteile 5.3 Sexismus 5.4 Rassismus 5.5 Effekte auf stigmatisierte Ziele In diesem Kapitel geht es um die Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen von Individuen gegenüber Gruppen. Definitionen : 1) Gruppe = 2 oder mehr Personen, die als miteinander in Beziehung stehend wahrgenommen werden, weil sie a) miteinander über die Zeit interagieren b) Mitglieder einer selben sozialen Kategorie sind oder c) mindestens eine Gemeinsamkeit haben bezüglich ihrer Ziele, Identität oder Schicksals 2) Stereotyp = Eine Überzeugung, die eine Gruppe von Personen mit bestimmten Eigenschaften verbindet 3) Vorurteil = Negative Gefühle gegenüber Personen, die sich aus ihrer Gruppenzugehörigkeit ergeben 4) Diskriminierung = Verhalten, dass sich gegen Personen auf Grund deren Gruppenzugehörigkeit richtet. 5) Sexismus = Vorurteile und Diskriminierung auf Grund des Geschlechts einer Person. 6) Rassismus = Vorurteile und Diskriminierung auf Grund der Rasse einer Person. 45 5.1 Stereotype 5.1.1 Zustandekommen von Stereotypen 2 Prozesse sind dafür nötig: 1) Soziale Kategorisierung: Die Klassifikation von Personen in Gruppen auf Grund dessen, dass diese Personen gemeinsame Eigenschaften besitzen (männlich, schwarz…). Konsequenz: Schnelle Eindrucksbildung, Erfahrungen werden mit aktuellen Interaktionen verbunden, spart Zeit und Aufwand Nachteil: Überschätzung der Unterschiede zwischen Gruppen, Unterschätzung der Unterschiede innerhalb derselben Gruppe (Krueger, 1989) 2) Ingroup- vs. Outgroup-Sicht: Der zweite Prozess folgt aus der Sozialen Kategorisierung. Sind erstmal Gruppen gebildet, kommt es zu dem Phänomen, dass die Gruppen, zu denen der Beobachter gehört („INGROUPS“) anders wahrgenommen werden als die „OUTGROUPS“, zu denen der Beobachter nicht gehört. Outgroup homogeneity effect: Die Annahme, dass es zwischen Mitgliedern von outgroups mehr Ähnlichkeiten gibt als zwischen Mitgliedern der ingroups. GRÜNDE: a) Weniger persönlicher Kontakt mit outgroups b) Beobachter kennt oft nur Stichproben, die wenig repräsentativ sind (Fußballfans aus XY) Soziokulturelle und Motivationale Faktoren… …beeinflussen die beiden genannten Prozesse. Ein schwarzer männlicher Feuerwehrmann wird zunächst als schwarz kategorisiert; Mitglieder der Ingroup werden differenzierter betrachtet Warum? 1. Faktor: Priming 2. Faktor: Soziokulturelle Einflüsse: Meinungen von Medien, Freunden, Eltern; in kollektivistischen Kulturen werden Ingroup-Unterschiede weniger ausgeprägt wahrgenommen 3. Faktor: Motivation: Was passiert mit dem Schwarzen, wenn mein Haus brennt? Die Ingroup wird als homogener wahrgenommen, wenn ihre Interessen bedroht sind. 46 5.1.2 Wie Stereotype die Wahrnehmung von Individuen stören Bei Verhaltensbeobachtung von Outgroup-Mitgliedern interpretieren wir ambiges Verhalten als konsistent mit dem jeweiligen Stereotyp (Ein Pfadfinder ergreift den Arm einer alten Frau, die über die Straße geht. Ein Skinhead ergreift den Arm einer alten Frau, die über die Straße geht). Experiment von Sagar (1980): schwarze und weiße Sechstklässler sehen Videos, in denen ein schwarzer einen weißen Jungen anrempelt und umgekehrt. Das (ambige) Verhalten wird beim Schwarzen als aggressiver beurteilt. Confirmation Biases: Die Störung der Wahrnehmung durch Stereotype ist eine Form von CB: - In Anlehnung an das Extrovertiert-Introvertiert-Interview-Experiment von William Swann (siehe Kap. 4.4.2) gibt Yacoov Trope (1997) seinen VPn die (willkürliche) Information, dass ihre Interviewpartner zu bestimmten Gruppen gehören Confirmatory Hypothesis Testing, es werden weniger und einseitige Fragen gestellt. - Experiment von ASCH (1946): VPn sehen ein Bild von einer überfüllten U-Bahn, im Fokus ein Schwarzer und ein Weißer, der ein Rasiermesser hält. Nachdem das Bild sukzessive 5 weiteren Vpn erzählt worden ist, hält in der Version der letzten VP in der Reihe plötzlich der Schwarze das Rasiermesser Information, die Stereotypen entspricht wird leichter behalten als stereotypinkonsistente Information! Kontrasteffekte: KONTRASTE, also (in der Sozialpsychologie) von den Erwartungen (die durch Stereotype entstanden sind) des Beobachters abweichendes Verhalten, werden als STÄRKER wahrgenommen, als sie eigentlich sind. 47 5.1.3 Überleben von Stereotypen: Sich selbst aufrecht erhaltende Mechanismen 1) Illusorische Korrelationen: Überschätzung der Assoziation von Variablen, die in Wahrheit nur wenig oder gar nicht korrelieren (Chapman, 1967). Können auf 2 verschiedenen Prozessen beruhen: a) Assoziationen zwischen distinkten (abweichenden, weniger oft auftretenden Variablen) werden häufig überschätzt: b) Erwartete Assoziationen werden überschätzt. Experiment von Chapman (1967): Wortpaare wie (bacon-eggs) und (lion-tiger) werden mit der gleichen Häufigkeit wie Wortpaare wie (bacon-lion) oder (eggs-tiger) präsentiert. VPn berichten aber, typische Wortpaare wären häufiger gewesen. Man überschätzt das gemeinsame Auftreten von stereotypen Gruppen und stereotypem Verhalten (= Variablen, die man als assoziiert erwartet) 2) Attributionen: a) Diskriminierung kann die Leistung von Stereotypisierten vermindern. Beobachter begehen dabei oftmals den Fundamentalen Attributionsfehler, berücksichtigen also situative Faktoren nicht und attribuieren auf die Person, wodurch der Stereotyp gestärkt wird. 48 b) Bei Verhalten, das dem Stereotyp widerspricht, attribuiert man eher auf die Situation, um den Stereotyp nicht verwerfen zu müssen (Bsp. Frau schlägt Mann im 100m-Lauf) 3) Subtyping: Ausnahmen von einem Stereotyp werden oft in eine Unterkategorie eingeteilt („Karrierefrauen“), die das Stereotyp nicht etwa relativiert, sondern eher noch stärkt. Wann passiert das? a) Wenn die Ausnahmen auf mehrere Arten abweichen. b) Wenn die Ausnahme nur wenige Mitglieder der Gruppe betrifft. c) Wenn die Ausnahmen stark abweichen. Die Chance, Stereotype zu ändern ist gering, wenn man dem Beobachter nur wenige krasse Ausnahmen präsentiert. Besser: Präsentation vieler moderater Ausnahmen. 4) Self-Fulfilling-Prophecies: Experiment von Carl Wood (1974): Vorstellungsgespräch mit weißen „Chefs“ und schwarzen und weißen „Bewerbern“ Bei den Schwarzen saßen die Chefs weiter weg und behandelten die Bewerber kühler, was die Bewerber ihrerseits dazu veranlasste, sich nervöser und unsicherer zu verhalten. Die Gruppe der Schwarzen war letztlich auch nach objektiven Kriterien schlechter. 5.1.4 Ist Stereotypisierung unausweichlich? Stereotype existieren oft auf impliziter Ebene („unbewusst“), d.h. selbst wenn man Stereotype nicht teilt, kann das bloße Vorhandensein dieser Stereotype im eigenen Umfeld die oben beschriebenen Effekte haben. Erklärung: Stereotype als Automatismen: Patricia Devine (1989): Automatische vs. Kontrollierte Prozesse. Durch das Erlernen (Gewahrwerden) von Stereotypen in Familie, Schule… ist man sich der Stereotype bewusst und aktiviert sie automatisch, wenn man mit stigmatisierten (stereotypisierten) Personen interagiert. Wird man sich dessen nicht bewusst, sind alle gut gemeinten Lektionen seitens Eltern, Lehrer… kontraproduktiv. Experiment von Devine (1989): Subliminale Präsentation von Stimuli („Africa, ghetto, welfare, basketball“) führt zu Priming führt dazu, dass VPn Verhalten der entsprechenden Gruppe negativer beurteilen. 49 Die Aktivierung von Stereotypen kann implizit und automatisch erfolgen und die Wahrnehmung und die Urteilsfähigkeit beeinträchtigen. Aber: Es gibt individuelle Unterschiede. Motivationale Faktoren können Stereotype aktivieren. Bsp: Wenn das Selbstbewusstsein leidet werden Stereotype bemüht, um das Selbstbewusstsein zu schützen. Kontrolle automatischer Aktivierung: - Stereotype können kurzzeitig bewusst kontrolliert werden, aber auf lange Zeit zeigt sich ein Reboundeffekt dieser Kontrolle. Experiment von Neil Macrae (1994): 2 Gruppen von VPn sollen ein Bild mit einem Skinhead beschreiben. 1 Gruppe wird gewarnt, dass Stereotype die Wahrnehmung beeinflussen können und wendet in der Beschreibung weniger Stereotype an. Nach einiger Zeit sollen die VPn ein weiteres Bild mit einem Skinhead beschreiben; dabei lässt die gewarnte Gruppe dann mehr stereotypbeeinflusste Beschreibungselemente einfließen. - Margo Monteith dagegen geht davon aus, dass die oben beschriebenen Effekte von der Motivation des Beobachters abhängen: Je motivierter der Beobachter generell ist, ein Stereotyp zu unterdrücken, desto unwahrscheinlicher werden Reboundeffekte. Die beste Strategie dabei ist, sich auf individuelle Aspekte der Zielperson zu konzentrieren. - De-Automatisierung kann gelernt werden. - Weitere Wege zur Kontrolle von Stereotypen: a) Die Perspektive eines Mitgliedes einer stereotypisierten Gruppe einnehmen verhindert Reboundeffekte und Stereotypaktivierung auf lange Sicht. b) Motivation, andere Gruppen fair und gleichwertig zu beurteilen Steigt in der Regel, wenn man selbst die Verhaltensregeln der eigenen Kultur verletzt hat c) Motivation, ein Mitglied einer stereotypisierten Gruppe zu mögen Kritik und Lob von Mitgliedern der stereotypisierten Gruppe haben gegensätzliche Effekte: Lob mindert negative Stereotype und fördert zudem positive; Kritik dagegen steigert negative Stereotype und macht die Entstehung positiver Stereotype unwahrscheinlich. 50 Überwindung von Stereotypen: Für die Überwindung von Stereotypen (besser: das Nicht-Anwenden in bestimmten Situationen) sind 3 Faktoren wichtig: 1. Die Menge an persönlichen Informationen über die Zielperson. Steigt mit der Zeit, die man mit der Person verbringt (Die Infos sollten natürlich positiv sein…). 2. Die kognitive Fähigkeit des Beobachters, sich auf ein Individuum aus einer stereotypisierten Gruppe zu konzentrieren. (Wenn man unter Zeitdruck steht, unaufmerksam ist… neigt man eher zu Stereotypisierung). 3. Die Motivation, sich einen möglichst genauen Eindruck zu bilden. 51 5.2 Vorurteile 5.2.1 Intergruppenkonflikt Experiment von Muzafar Sherif (1961): „Robbers Cave“ 2 Gruppen von 11-jährigen weißen Jungen wurden in ein Ferienlager verfrachtet. Nachdem jede Gruppe isoliert von der anderen eine Gruppenidentität etabliert hatte, wurden Spiele und Turniere zwischen den Gruppen organisiert. Rivalität, Gewaltbereitschaft entsteht zwischen den Gruppen. Durch übergeordnete Ziele konnte der Frieden wiederhergestellt werden Theorie des Realistischen Konflikts = Feindschaft zwischen Gruppen wird durch einen direkten Wettkampf um beschränkte Ressourcen verursacht (Levine & Campbell, 1972). Die Entstehung von Vorurteilen ist jedoch weit komplexer: 1. kann die Beschränktheit der Ressourcen imaginär sein, 2. ist oft nicht absolute, sondern relative Deprivation (denen geht´s besser wie uns) entscheidend und 3. sind es oft nicht die eigenen, sondern die Interessen der Ingroup, die gefährdet sind und somit Vorurteile provozieren. 5.2.2 Theorie der Sozialen Identität = Ingroups werden gegenüber Outgroups bevorzugt, verteidigt…, um den eigenen Selbstwert zu erhöhen (TSI, Tajfel, 1982; John Turner, 1985) Experiment von Henri Tajfel (1971): VPn werden aufgrund einer minimalen Gemeinsamkeit in zwei Gruppen aufgeteilt. Die VPn wissen um diese Gemeinsamkeit (Vorexperiment). Sie haben die Aufgabe, untereinander eine Anzahl von „Punkten“ zu verteilen, die später gegen Geld getauscht werden können. Den Mitgliedern der Ingroup werden dabei mehr Punkte zugeschossen. Ingroup Favoritism - Outgroups werden gegenüber der Ingroup benachteiligt. Zeigt sich schon bei subtilsten Aspekten der Sprache: Wörter wie „wir“, „uns“ rufen in VPn positivere Emotionen aus als Wörter wie „sie“, „ihnen“! Wichtiger Grundzug der Theorie ist, dass das Selbstwertgefühl aus einer unmittelbar persönlichen Komponente, sowie aus verschiedenen Sozialen Identitäten besteht. 52 Erklärung von religiösem Fanatismus, Rassismus, Patriotismus. Und weil´s so wichtig ist, noch mal eine Grafik zur Selbstwerterhöhung nach der THEORIE DER SOZ. IDENTITÄT: Voraussagen der Theorie: 1. Bedrohungen des eigenen Selbstwertgefühls erhöhen die Favorisierung der Ingroup 2. Die Ingroup favorisierende Handlungen steigern das Selbstwertgefühl! Situationale, individuelle und kulturelle Unterschiede: 1) Relative Gruppengröße (Marilynn Brewer, 1999): Gruppen von Minderheiten besitzen größere Loyalität und ein höheres Maß an Vorurteilen gegenüber Outgroups. 2) Status innerhalb der Ingroup: Neulinge sind anfälliger für Vorurteile als bereits etablierte Mitglieder. 3) Abhängigkeit des Selbstwertes vom Wert der Gruppe („social dominance orientation“, das Verlangen nach Dominanz der Ingroup ist individuell unterschiedlich ausgeprägt) 4) Ein möglicher Unterschied zwischen kollektivistischen und individualistischen Kulturen wurde bisher noch nicht eindeutig herausgearbeitet. Reaktionen auf niedrigen Status: Wie geht man nach der TSI mit Gruppenmitgliedern um, die einen niedrigen Status haben? Wie geht man damit um, wenn die gesamte Gruppe einen niedrigen Status hat? 53 Branscombe (1993): Mitglieder der eigenen Gruppe werden besonders negativ beurteilt, wenn die Ingroup wichtig für den sozialen Status ist und diese Mitglieder die subjektiven Standards der Ingroup nicht erfüllen. Hat dagegen die gesamte Gruppe niedrigen Status, zeigt sich keine Minderung des Selbstwertgefühls bei den einzelnen Mitgliedern. 5.3 Sexismus 5.3.1Geschlechterstereotype 9 Monate alte Säuglinge unterscheiden bereits männliche und weibliche Gesichter (Habituationsparadigma, AV = Betrachtungszeit). Prototypische Bilder existieren in ähnlicher Weise kulturübergreifend. Diese Stereotype beeinflussen das Verhalten (sowohl von Eltern als auch den Kindern) von Geburt an. Experiment von Rubin (1974): Gesichtszüge…. Von Neugeborenen werden je nach Geschlecht unterschiedlich beschrieben. Das Verhalten, das Eltern, Verwandte, alle Interaktionspartner dem Kind auf Grund seines Geschlechts entgegen bringen, bestimmt wiederum das Verhalten des Kindes. Alle 6-jährigen Kinder denken, dass Mädchen ein größeres Verletzungsrisiko bei risikoreichen Spielen haben. 5.3.2 Stimmen Geschlechterstereotype? Oder genauer (sozialpsychologischer): „Reflektieren GS Unterschiede zwischen den Geschlechtern, die unter bestimmten sozialen und historischen Bedingungen bestehen?“ Frage ungeklärt. Der heutige Forschungsstand lässt 2 Schlüsse zu. 1) Annahmen über Geschlechtsunterschiede enthalten ein Körnchen Wahrheit [Stand wirklich so drin…] 2) Dieses Körnchen Wahrheit wird vom Alltagspsychologen stark vereinfacht und übertrieben. 54 5.3.3 Was erhält GS am Leben? Das Übliche: illusory correlations, biased attributions, CB´s und SFP´s. + Idealbilder von Männern und Frauen in der jeweiligen Kultur. Soziokulturelle Erklärungsansätze: 1) Media image & Popular Culture: Bsp. “Face-ism”: In Zeitungen werden die Gesichter von Männern größer abgebildet Dominanz; Experiment von Laurie Rudman (1995): Mehr sexuell bezogenes, abwertendes Verhalten von Männern gegenüber Frauen nach Ansicht von TV-Spots, die dieses Image übertragen. 2) Social role Theory (Alice EAGLEY, 1987): Wahrgenommene Unterschiede zwischen Männern und Frauen basieren auf realen Unterschieden, die aber fälschlicher Weise auf das Geschlecht und nicht auf die sozialen Rollen bezogen werden. 5.3.4 Geschlechterdiskriminierung Berufswahl: Geschlechtsunterschiede eklatant, in bestimmten Berufen haben Frauen/Männer schlechtere Jobaussichten, Frauen sind im Allgemeinen weniger gut bezahlt. 5.3.5 Ambivalenter Sexismus Peter Glick & Susan Fiske (1996): Eine Form von Sexismus, die von Einstellungen gegenüber Frauen gekennzeichnet ist, die sowohl negative, missgünstige Ansichten und Gefühle, als auch zugeneigte, galante, aber möglicherweise (negativ) gönnerhafte Ansichten und Gefühle reflektieren. Ambivalenter Sexismus = Feindlicher Sexismus + wohlwollender Sexismus. Korrelation zwischen den beiden Arten des Sexismus. 55 5.4 Rassismus 5.4.1 Going under Cover: Moderner und Impliziter Rassismus Moderner Rassismus: Keine offene Form des Rassismus. R zeigt sich, sobald er sozial akzeptabel ist. Theorien des modernen Rassismus haben gemeinsam, dass sie Widersprüche und Spannungen betonen, die zu subtilen, oft unbewussten Formen von Vorurteilen und Diskriminierung führen. Impliziter Rassismus: Rassismus operiert oft unbewusst und ungewollt, ohne dabei Schuldgefühle zu erzeugen oder rassistisches Verhalten zu berichtigen. Messmethoden: - Reaktionszeiten können zur Messung von Vorurteilen herangezogen werden. Bsp. Weiße VPn sollen reagieren, wenn Wortpaare „zusammenpassen“. Sie reagieren nicht schneller, wenn „Schwarzer“ oder „Weißer“ mit negativen Worten assoziiert sind, aber schneller, wenn „Weißer“ mit positiven Worten assoziiert ist (dass sie beim „Schwarzen“ länger nachdenken müssen, zeigt ihre – versteckten Vorurteile; John Dovidio, 1997). Diese Resultate können nicht durch Selbstbericht vorausgesagt werden. - Modern Racism Scale (McConahay, 1986) enthält symbolische Fragen, die den Grad des Rassismus individuell messen; allerdings können motivierte VPn den Test überlisten. - bona fide pipeline: Vpn sehen sich eine Serie von Gesichtern unterschiedlicher ethnischer Herkunft an und sollen gleichzeitig so schnell wie möglich Adjektive als gut/schlecht beurteilen. Gemessen werden die Reaktionszeiten der Beurteilungen. Weiße VPn sind langsamer in der Beurteilung von „guten“ Adjektiven, wenn diese unmittelbar nach einem Bild mit einem Schwarzen präsentiert wurden. Schwarze VPn sind schneller bei der Kombination schlecht/weiß. Guter Prädiktor für späteres Verhalten - Implicit Association Test (IAT): selbst machen auf www.yale.edu/implicit !!! 56 5.4.2 Kontakt zwischen Gruppen: Eine Lösung? Wie kann man modernen & impliziten Rassismus beseitigen? Aufhebung der Rassentrennung in der Schule: Brown vs. Board of Education of Topeka (1954). Dahinter steht die KONTAKTHYPOTHESE: Direkter Kontakt zwischen verfeindeten Gruppierungen sollte unter bestimmten Bedingungen Vorurteile reduzieren. – Hat leider nicht funktioniert! Walter Stephan (1986): Review von Studien vor und nach der AufRT: 13% der Weißen gaben geringere Vorurteile an, 34% hatten dieselben Vorurteile und bei 53% hatten größere Vorurteile. Nach der Kontakthypothese müssen 4 Bedingungen erfüllt sein, damit sich eine Verbesserung der Beziehungen zwischen den Gruppierungen ergibt: 1. Der Kontakt sollte in einer Umgebung erfolgen, in der die Gruppen gleichen Status haben 2. Der Kontakt sollte persönliche Interaktionen (One-on-One-Situationen) beinhalten. 3. Mitglieder der Gruppen sollte nach Möglichkeit die Chance zur Kooperation an gemeinsamen Zielen gegeben werden. 4. Der Kontakt zwischen den Gruppen sollte durch soziale Normen, die von den zuständigen Autoritäten definiert werden, unterstützt werden. Eine Metaanalyse von Thomas Pettigrew (2000) bestätigt die Bedingungen der Konakthypothese. „Jigsaw-Classroom“ (Elliot Aronson, 1978): Kooperative Lernmethode; Klasse wird in kleine Gruppen eingeteilt, innerhalb jeder Gruppe ist der Einzelne für einen bestimmten Lehrinhalt verantwortlich, den er den anderen beibringen soll. hilft, Vorurteile abzubauen, die Noten von Minderheiten verbesserten sich. Dekategorisierung: Durch Überschneidung der Gruppen (siehe Jigsaw-Classroom) heben sich die Differenzen zwischen den ursprünglichen Gruppen auf. Rekategorisierung: Durch ein übergeordnetes Ziel entsteht eine Kategorisierung auf der nächsthöheren Hierarchieebene. 57 5.5 Effekte auf Stigmatisierte Ziele 5.5.1 Diskriminierung wahrnehmen Experiment von Jennifer Crocker (1991): Schwarze Studenten füllen einen Selbstbeschreibungsfragebogen aus. Ihnen wird gesagt, dass sie dabei von einem Weißen Konföderierten beobachtet werden oder nicht. Der Weiße gibt anschließend positives/negatives Feedback. Abschließend füllen die VPn einen Selbstwertfragebogen aus. Wenn sie glauben, dass sie nicht beobachtet wurden, steigt ihr Selbstbewusstsein nach positivem Feedback und sinkt nach negativem Feedback. Bei Beobachtung steigt der Selbstwert nach negativem Feedback NICHT und SINKT nach positivem Feedback, weil die VPn in dieser Bedingung Vorurteile für den Erfolg/Misserfolg verantwortlich machen. Das Attribuieren von negativem Feedback auf Diskriminierung (siehe Experiment) kann den Selbstwert schützen, allerdings (1) kann dabei selbstrelevante Information verloren gehen und (2) das Gefühl mangelnder Kontrolle über das eigene Leben aufkommen 5.5.2 „Stereotype Threat“ und Akademischer Erfolg „Stereotype Threat“ = Die Angst von Mitgliedern bestimmter Gruppen, in gewissen Situationen (Domänen) auf Grund ihrer Gruppenzugehörigkeit diskriminiert zu werden. ST beeinflusst die Identität und intellektuelle Performance dieser Gruppenmitglieder (Claude STEELE, 1997) ST kann den Akademischen Erfolg auf zwei Arten mindern: (1) Die Reaktionen (Angst, Unaufmerksamkeit, Abgelenktheit) können die Performance direkt beeinflussen. (2) Chronische ST kann zur „Disidentifikation“ des Individuums mit der entsprechenden Domäne führen. Zweck = Schutz des Selbstbewusstseins, die Domäne ist nicht länger relevant für das Selbstkonzept (Frauen können nicht Autofahren, Weiße sind intelligenter). 58 Experiment von Claude Steele (1995): Abwandlung des Experimentes: Es wird kein „Intelligenztest“ durchgeführt, aber zuvor in einer Bedingung die VPn gebeten, ihre Rasse anzugeben. Dachten die schwarzen (nicht aber die weißen!) VPn vor dem Experiment kurzzeitig an die mögliche Diskriminierung, verschlechterte sich auch ihre durchschnittliche Testleistung. Experiment von Stephen Spencer (1999): Männliche und weibliche Studenten, die gut in Mathematik waren und für deren Identität ihre Matheskills wichtig waren. Bekamen einen schwierigen Mathetest vorgelegt + die Information (a) „im Test zeigen sich im Allgemeinen keine Geschlechtsunterschiede“ oder (b) „im Test schneiden Männer generell besser ab.“ Frauen haben in Bedingung (b) niedrigere Punktzahlen als Männer, in Bedingung (a) zeigt sich kein Geschlechtsunterschied. 59 Experiment von Barbara Fredrickson (1998): Kontexteffekte auf die Leistung von Frauen in Mathematiktests: Frauen und Männer werden gebeten, für eine Werbekampagne Kleidung zu testen und müssen (a) in einer Bedingung Rollkragenpullover und (b) in der anderen Bedingung Schwimmkleidung anziehen, während sie einen Mathetest absolvieren. Frauen schneiden in der Bikini-Bedingung schlechter ab Verschiedenheit von ST´s: Weiße und Schwarze VPn spielen Minigolf. Als relevant für den Erfolg bei dem Spiel wird einmal vorab „natürliche athletische Fähigkeiten“ und einmal „sportliche Intelligenz“ angegeben. Guess what?! (Nein!, Doch! ;-) Experiment von Jeff Stone, 1999). Weil die meisten Menschen sich mehreren Gruppen zuordnen können, die alle unterschiedlichen Stereotypen unterliegen können, ergeben sich in manchen Situationen je nach Kategorisierung unterschiedliche Ergebnisse (Bsp. In den USA werden Frauen als schlecht in Mathetests angesehen, Asiaten aber im allgemeinen als überdurchschnittlich Asiatische Frauen haben „die Wahl“ –> Experiment von Margaret Smith, 1999) 60 6 Einstellungen Gliederung: 6.1 Untersuchung von Einstellungen 6.2 Überzeugung mittels Kommunikation 6.3 Überzeugung mittels unserer eigenen Handlungen In diesem Kapitel geht es um den sozialen Einfluss auf Einstellungen „Einstellung“ = Eine positive, negative oder gemischte Reaktion auf eine Person, ein Objekt oder eine Idee. „Überzeugung“ = Der Prozess der Einstellungsänderung 6.1 Die Untersuchung von Einstellungen Objekte, Personen, Ideen werden also in positiver und negativer Richtung bewertet. Daraus ergibt sich: hoch Positive Einstellung Ambivalenz Indifferenz Negative Einstellung Positive Reaktion niedrig Negative Reaktion Niedrig Hoch Anstatt sich der Ambivalenz bewusst zu werden, kann man auch eine der beiden Dimensionen aktiv ausblenden Bsp. Moderner Rassismus Menschen unterscheiden sich im „need for evaluation“. Der Wert des NFE korreliert positiv mit der Reaktion der Person auf positive/negative Reize. „Sinn“ von Einstellungen: E´s sind adaptiv; sie ermöglichen uns schnelle Urteile über Objekte und erleichtern uns die Interpretation von Situationen. 61 6.1.1 Messung von Einstellungen Ein Überblick von Fishbein & Ajzen (1972) stellt über 500 verschiedene Verfahren zur Einstellungsmessung dar. Sie können in 2 Kategorien eingeteilt werden: Selbst-Report und Verdeckte Messung. Selbst-Report Nachteile: A) Antworten auf Einstellungsfragen hängen sehr stark vom Wortlaut der Frage ab und vom Kontext, in dem sie gestellt werden. Einzelne Fragen geben die Einstellungen nur ungenau wieder, man verwendet „Attitude Scales“, also Fragebögen mit mehreren Fragen (bsp: LIKERT-Scale, 1932: Befragten wird eine Liste von Statements über ein einstellungsrelevantes Objekt gegeben und sie sollen auf einer Skala von 0-n angeben, wie sehr sie mit dem Statement übereinstimmen) B) dem Self-Report liegt die Annahme zugrunde, dass die Befragten ihre wahren Einstellungen preisgeben. Allerdings: Soziale Erwünschtheit. Lösung: „bogus pipeline“: Die Befragten werden an eine Maschine angeschlossen; man teilt ihnen mit, dass es sich um eine Art Lügendetektor handelt. Verdeckte Messung 1) Verhaltensbeobachtung: Gesichtsausdruck, Stimme, Körpersprache. Problem: Monitoring der Zielpersonen (Selbstkontrolle zwecks sozialer Erwünschtheit). 2) Messung Physiologischer Signale: … wie Herzschlagrate, Schwitzen o.ä. Problem: Misst zwar Stärke, aber nicht Richtung der Einstellung. 3) Gesichts-EMG: Zeichnet willkürliche und unwillkürliche Muskelbewegungen auf, deren Verteilungsmuster mit positiven/negativen Einstellungen korrelieren. 4) EEG Implizite Einstellungen können beispielsweise mit dem IAT gemessen werden. Jedoch haben die bisher verwendeten Tests nur eine bedingte Vorhersagekraft betreffend realer sozialer Situationen. 6.1.2 Die Verbindung zwischen Einstellungen und Verhalten Experiment von Richard LaPiere (1934): Geht auf Reise mit einem chinesischen Pärchen (Einstellungen ggü. Chinesen in den USA damals generell negativ) und besucht Hotels, Campingplätze, Restaurants. Sie wurden nur einmal abgelehnt. Nach dem Road Trip schreibt er die besuchten Adressen unter einem anderen Namen an, ob sie ihren Service für ein chinesisches Pärchen anbieten würden und erhält in 90% der Fälle Absagen. Einstellungen korrespondieren nicht mit Verhalten. Trotz massiver methodischer Mängel regte der Befund viel Forschungsinteresse an. Einstellungen im Kontext: 62 Icek Ajzen & Martin Fishbein (1977): Einstellungen korrelieren nur dann mit Verhalten, wenn die Einstellungsmessungen das in Frage stehende Verhalten möglichst präzise erfassen. Umso spezifischer die Fragen, desto genauer die Verhaltensvorhersage. „Theorie des geplanten Verhaltens“ (Ajzen, 1991) Einstellungen gegenüber einem spezifischen Verhalten werden mit subjektiven Normen (was wir glauben, was andere von unserem Verhalten halten) und der wahrgenommenen Kontrolle über das Verhalten kombiniert. Aus dieser Kombination entsteht eine Absicht, die dann je nach externen Faktoren zu dem spezifischen Verhalten führt oder nicht. Stärke von Einstellungen: Tesser (1993): Starke Einstellungen sind genetisch programmiert. Zwillingsforschungen unterstützen diese Hypothese. Bei Fragen nach grundlegenden Einstellungen antworten VPn schneller und ändern ihre Einstellungen mit geringerer W`keit in Richtung sozialer Normen ab. Einstellungen gegenüber Objekten sind umso stärker, (1) je unmittelbarer man von den Objekten betroffen ist (2) wenn die Objekte mit religiösen oder politischen Überzeugungen verknüpft sind (3) je mehr sie Freunde, Familie und soziale Ingroups betreffen Einstellungen sind umso stärker, je besser man informiert ist. Einstellungen sind stärker, wenn man mit den einstellungsrelevanten Objekten persönliche Erfahrungen gemacht hat. 63 6.2 Überzeugung durch Kommunikation 6.2.2 Zwei Routen zur Überzeugung Richard Petty und John Cacioppo (1986): Kommunikationsverarbeitung seitens des Rezipienten geschieht auf 2 Wegen: (1) Der zentrale (direkte) Weg: Der Rezipient denkt über die Kommunikation nach und wird von den Inhalten und den Argumenten (Gewicht, Qualität) überzeugt. (2) Der periphere (indirekte) Weg: Die Überzeugung geschieht auf Grund von oberflächlichen Cues. Welcher Weg vom Überzeugten eingeschlagen worden ist, hängt vom Willen und der Fähigkeit ab, die gesendete Information nachzuvollziehen. Der Zentrale Weg Überzeugung benötigt nach William McGuire (1969) und Anthony Greenwald (1968) drei Mechanismen: (a) Reception (b) Acceptance (c) Elaboration Punkt (c) umfasst den Prozess des Nachdenkens und Abwägens. Der periphere Weg Die periphere Route besteht aus der Nutzung von einfachen Heuristiken und Daumenregeln. Sprechereigenschaften werden mit einbezogen, Länge der Nachricht, Statistiken, Expertenmeinungen, Vertrautheit, Mehrheit Wahl des Wegs (Durch Kommunikation entstandene) Überzeugung ist das Ergebnis des Zusammenspiels 3er Faktoren: Quelle (wer?), Botschaft (was und in welchem Kontext?) und Empfänger (wem?). Die Verarbeitungsstrategie (zentral/peripher) der Zuhörer hängt von deren Fähigkeit und Motivation ab, die zentrale Route einzuschlagen. 6.2.3 Die Quelle Frage: Mit welchen Eigenschaften überzeugt man am besten und warum? (1) Glaubwürdigkeit: Sender sollte (a) Kompetenz (oft Expertise) haben und (b) vertrauenswürdig sein (letzteres wird meist auf Grund von Stereotypen eingeschätzt: Apotheker sind vertrauenswürdiger als Autoverkäufer, oder?). Einfache Regel („self-interest-rule“): Die Glaubwürdigkeit eines Senders sinkt, wenn er einen Vorteil aus der Argumentation oder dem Kontext zieht (Geld, Freiheit…) 64 Folgen der SIR: Nimmt jemand einen Standpunkt ein, der von ihm nicht erwartet wird, scheint er glaubwürdiger. +. „overheard communicator“-Effekt: Ein Sender wirkt glaubwürdiger, wenn die Botschaft nicht explizit für den Empfänger ist (…..). (2) Sympathie (Liebenswürdigkeit): (a) Sender sollte dem Empfänger ähnlich sein (Identifikation). Ähnlichkeit ist multidimensional. Am überzeugendsten, wenn sie mit den Inhalten der Botschaft korrespondiert (Berscheid, 1966). (b) Sympathie entsteht durch Physische Attraktivität des Senders. Experiment von Shelly Chaiken (1979): Attraktive StudentInnen bekommen eine Petition zur Mensaabschaffung in 41% der Fälle unterzeichnet, unattraktive in nur 32%. Kann unter Umständen die Wichtigkeit der Argumente überschatten; ist in der Werbung natürlich bei Schönheitsrelevanten Produkten besonders effektiv. Was ist wichtiger – Quelle oder Nachricht selbst? Hängt vom Grad der Betroffenheit des Empfängers ab: Ist man direkt betroffen, so orientiert man sich eher an den Argumenten. Bei einem niedrigen Level der Involviertheit wird meist die (unaufwändigere) periphere Route gewählt. Experiment von Richard Petty (1981): Studenten hören gute (schlechte) Argumente von einem Professor (ein Schüler) für einen Einstufungstest im nächsten Jahr (in 10 Jahren). ACHTUNG: Grundlegendes Paradigma der Einstellungsforschung! Unterscheidung peripher-zentral!!! Schläfer-Effekt (Hovland & Weiss, 1951): Verzögerte Wirkungsverstärkung des überzeugenden Einflusses einer nicht glaubwürdigen Quelle.. Erklärung: „discounting cue hypothesis“ – Argumente eine unglaubwürdigen Quelle werden zunächst unter Vorbehalt aufgenommen. Nach einiger Zeit wird aber der Inhalt von der Quelle getrennt und die Vorbehalte verschwinden. Erinnert man VPn dann an die Quelle, stellt sich der ursprüngliche Effekt wieder ein (Hovland, 1953). Oder einfacher: Die Leute erinnern sich oft an die Nachricht und vergessen die Quelle. Funktioniert nur richtig gut, wenn man die Quelleninformation unmittelbar nach den Argumenten bekommt, nicht schon während der Nachricht. 6.2.4 Die Nachricht Informationsstrategien: Hängen von der Wahl der Route ab. Länge einer Nachricht: Gut, wenn Zuhörer unaufmerksam, weil oberflächlich Länge als Güte der Argumente interpretiert wird. Wird der zentrale Weg gewählt, ist Quantität nur in Verbindung mit Qualität der Argumente nützlich. 65 Reihenfolge der Argumente: Bei gegensätzlichen Argumenten ist Zeit der entscheidende Faktor. Im Einzelnen: Punkt Yes Punkt No 1 Woche Entscheidung PRIMACY Punkt Yes 1 Woche Punkt No Entscheidung RECENCY Punkt Yes Punkt No Entscheidung ----Punkt Yes 1 Woche Punkt No 1 Woche Entscheidung ----(Experiment von Norman Miller, 1959). Überlege kurz, was das für Implikationen für die Bundestagswahl hat. Wieviel Abweichung verträgt eine Botschaft? Wie stark sollte eine Nachricht von den Einstellungen der Zuhörer abweichen, um einen maximalen Effekt zu erreichen? Eher schwach. Vergleich: U-förmige Verteilung. Größter Effekt bei moderater Einstellungsdiskrepanz. Zur Effektivität von Angst „Scare tactics“, also Diffamierung oder drastische, emotionale Beschreibung unerwünschter Folgen sind in Politik, Religion und Werbung weit verbreitet. Angst steigert die Initiative zum Nachdenken über Alternativ-Positionen, aber nur, wenn diese Positionen explizit genannt und Verhaltenshinweise geboten werden. Zur Effektivität von positiven Emotionen Positive Emotionen können Einstellungsänderungen erleichtern. Petty (1993): Positive Emotionen führen dazu, dass der periphere Weg eingeschlagen wird, lassen also zusätzlich oberflächliche Hinweisreize zur Änderung beitragen. Wie? 3 alternative Erklärungen: (1) Positive Emotionen wirken ablenkend Ohne Aufmerksamkeit periphere Route (2) Kritik hat eine Schutzfunktion, die bei guter Stimmung lockerer wird. (3) Positive Emotionen sollen möglichst beibehalten werden kein kritisches Nachdenken über neue Informationen erwünscht. Subliminale Botschaften …sind Nachrichten, die dem Empfänger so kurz präsentiert werden, dass er sie nicht bewusst wahrnimmt. Brean (1958): In einem Autokino werden während der Filme die SB´s „drink coke“ und „eat popcorn“ eingeblendet, woraufhin der Popcorn- & Cola-Absatz deutlich steigt. Experiment von A.C. North (1999): In einem Supermarkt werden an verschiedenen Tagen deutsche oder französische Songs gespielt (wir können das Grauen nur erahnen…). Der Weinkonsum passt sich entsprechend an (83% deutsche Weine an Tagen mit deutscher Volksmusik, 65% französische Weine an Tagen mit französischen Chansons), Aber: Generell unterstützt die Forschung diese Befunde NICHT. Nur der Glaube an das Vorhandensein subliminaler Botschaften unterstützt Einstellungsänderung: „What you expect is what you believe, but not necessarily what you get“ 6.2.5 Das Publikum (Die Empfänger) 66 Der Eindruck, den eine Nachricht hinterlässt, wird von 2 Zuhörer-Effekten mitbestimmt: Von der Persönlichkeit der Zuhörer und ihren Erwartungen. Individuelle Unterschiede / Gruppen Die „leicht zu überzeugende Persönlichkeit“ gibt es nicht. Gemäß der interaktionistischen Perspektive kommt es aufs Setting an. Petty & Cacioppo (1982): Personen unterscheiden sich im „Need for Cognition“ (wie sehr sie kognitiv anstrengende Aufgaben mögen). Hoher NC bedeutet eher zentraler Weg, niedriger NC bedeutet eher peripherer Weg. Untersucht und bestätigt mit grundlegendem Paradigma der Einstellungsforschung. Self-Monitoring: Personen mit hohem SM werden eher von Imagebasierten Werbespots angesprochen als Personen mit niedrigem SM. Kulturelle Faktoren: Werbung ist kulturspezifisch, der Fokus ist jeweils verschieden. Experiment von Sang-Pil Han und Sharon Shavitt (1994): Gruppen- und Individuenorientierte Werbung wird Amerikanern und Koreanern gezeigt. AV = Präferenz (guess what?) Damit sie überzeugt, sollte eine Nachricht die kulturellen Werte der Empfänger berücksichtigen. Vorwarnung Ergebnis: Erschwert die Überzeugung. Prozess: Experiment von Jonathan Freedman und David Sears (1965): In einer Bedingung (1) wurden die Vpn informiert, welche Position der Sprecher einnehmen wird (kognitiver Effekt), in der anderen Bedingung (2) wurden sie informiert, dass der Sprecher versuchen wird, sie zu überzeugen. Beide Male sind die Vpn schwerer zu überzeugen als ohne Vorwarnung. Grund: In Bedingung (1) werden die Vpn mit dem Argument „geimpft“ (INOCULATION HYPOTHESIS – wird man einem schwachen Überzeugungsversuch ausgesetzt erhöht dies die spätere Resistenz gegen weitere Versuche). In Bedingung (2) schlägt die REAKTANZTHEORIE (Jack BREHM) zu. ERKLÄRUNG 67 6.3 Überzeugung durch eigene Handlungen 6.3.1 Rollen: Die Welt als Bühne Irving Janis (1968): Einstellungsänderungen bestehen eher fort, wenn man das einstellungsdiskrepante Verhalten selbst ausgeübt hat, anstatt (passiv) überzeugt worden zu sein. Experiment (1954): VPn bekommen Rede gehalten oder ein Outline der Rede in die Hand gedrückt mit der Vorgabe, die Rede selbst zu halten. Grund: Der Aktive ist dazu gezwungen, die Nachricht zu lernen. Gedächtnisexperimente belegen, dass man eigene Argumente besser behält. Experiment von Higgins (1978): VPn lesen Geschichte von einem Mann und sollen sie anschließend einer weiteren VPn erzählen, von der sie wissen, dass sie (1) den Mann mag oder (2) den Mann nicht mag. Die Erzählungen passen sich der Einstellung des Gegenübers an (soziale Erwünschtheit) Die EINSTELLUNGEN passen sich den Erzählungen an! Wir helfen anderen, weil wir sie mögen und wir verletzen sie, weil wir sie hassen. Kehrseite der Medaille: Wir mögen andere, weil wir ihnen helfen und wir hassen sie, weil wir sie verletzen. - „Saying is believing“. 6.3.2 Die klassische Kognitive-Dissonanz-Theorie Kognitive Konsistenz = Zustand, der durch Kompatibilität von Ansichten, Einstellungen und Verhalten gekennzeichnet ist. Kurz: Leon Festinger´s (1957) Theorie der kognitiven Dissonanz besagt, dass kognitive Inkonsistenz eine psychologische Spannung (= kognitive D.) erzeugt. Daraufhin entsteht die Motivation, diese Spannung zu reduzieren. Sehr kurz: Kog. Inkonsistenz Spannung Motivation zur Spannungsreduktion Wichtig: Diskrepanz verursacht nicht zwangsläufig Dissonanz. Bsp: Mousse au chocolat – Fressen bei Diät erzeugt kognitive Dissonanz. Geht man aber beim Löffeln davon aus, dass es kalorienreduzierte Mousse-au-chocolat ist und erfährt erst danach, dass es keine war, entsteht keine KD. Dissonanz entsteht in der Regel dadurch, dass man sich wissentlich inkonsistent verhält. 68 EXPERIMENT von Leon FESTINGER und J. Merill Carlsmith (1959) Zur Rechtfertigung von einstellungsdiskrepantem Verhalten („Wenn Tun Glauben bedeutet“): Teil 1: 1h lang sind langweilige Tätigkeiten zu absolvieren. Teil 2: Vpn bekommen (1) 1$ oder (2) 20$ dafür, dass sie der folgenden VP erzählen, dass das Experiment hochinteressant sei. In (3) mussten die VPn überhaupt nichts tun (Kontrollgruppe). In (2) erhielten die VPn eine ausreichende externe Kompensation (Rechtfertigung) für die Lüge. (1) stellt eine unzureichende Rechtfertigung (allgemein „insufficient justification“ = Eine Bedingung, in der man ein einstellungsdiskrepantes Verhalten ausführt, ohne dafür viel zu bekommen) dar, es entsteht KD Zur Reduktion hat man 2 Möglichkeiten: (a) Verhalten leugnen (selten möglich) oder (b) Einstellung ändern Ergebnis: (3) und (2) fanden das Experiment langweilig, (1) reduzierten die KD durch Einstellungsänderung und fanden das Experiment interessanter als (3) und (2). 2 Implikationen: 1. Bei einer Diskrepanz von Einstellung und Verhalten wird manchmal die Einstellung verändert. 2. Unzureichende Strafen (= „insufficient deterrence“) können auch zu Einstellungsänderung führen. Rechtfertigung des Aufwands: Wir mögen das, wofür wir leiden. Bei einer Inkonsistenz von Aufwand und Ergebnis (viel probiert, wenig erreicht) kann KD entstehen Motivation für eine Neuinterpretation des Ergebnisses (der Aufwand kann ja nicht mehr reduziert, höchstens geleugnet werden) Einstellungsänderung gegenüber dem Ergebnis zur Rechtfertigung des Aufwands. Befunde: - Je härter Psychotherapiepatienten an ihrer Genesung arbeiten, desto wahrscheinlicher wird ein Erfolg. - 58% der Vietnam-Veteranen sagen, dass der Krieg nötig war gegenüber 29% aller Amerikaner. Rechtfertigung von schwierigen Entscheidungen Definition: Eine Entscheidung ist dann schwierig, wenn die möglichen Ergebnisse einen ähnlichen subjektiven Wert besitzen. KD entsteht durch die negativen Aspekte der gewählten Alternative, sowie die positiven Aspekte der nicht gewählten Alternative. Reduktion der KD sollte demnach über die Übertreibung der positiven Aspekte der gewählten Alternative und der negativen Aspekte der nicht gewählten Alternative geschehen. Experiment von Jack Brehm (1956): Studentinnen sollen verschiedene Produkte bewerten und dürfen anschließend eines von 2 Produkten als Belohnung mitnehmen. In (1) haben sie die Wahl zwischen zwei sehr unterschiedlich bewerteten Alternativen, in (2) sollen sie zwischen 2 Alternativen wählen, die sie als gleich wünschenswert bewertet haben. Danach folgt eine zweite Bewertung derselben Items Ergebnis: In der Gruppe mit der Wahl zwischen wertäquivalenten Items bekommen die gewählten Items bessere Bewertungen und die nicht gewählten schlechtere. 69 Bsp: Bei abgeschlossenen Wetten steigt das Vertrauen in die Richtigkeit der Wette. Bei Wahlen ist man sich sicherer, dass der eigene Kandidat gewinnt, nachdem man gewählt hat. Kurz: Entscheidung post-decision-dissonance Dissonanzreduktion durch Überbewertung 6.3.3 Neuere Ansätze zur Theorie der Kognitiven Dissonanz KD braucht bestimmte Entstehungsbedingungen. Nach Cooper und Fazio (1984): (1) Negative Konsequenzen. Das Verhalten muss eigentlich nicht einmal einstellungsinkonsistent sein. Negative Folgen eines Verhaltens allein können zu KD führen (Wenn die Absicht mit dem Ergebnis im Widerspruch steht). (2) Persönliche Verantwortung. D.h. es muss Wahlfreiheit gegeben sein und die Folgen des Verhaltens müssen vorhersehbar sein. (3) Physiologische Erregung. Entsteht meist durch freiwilliges einstellungsdiskrepantes Verhalten. (4) Attribution der Erregung auf das eigene Verhalten. Diese 4 Entstehungsbedingungen lassen sich als Prozess zusammenfassen: Klassische vs. Neue Dissonanztheorie: Einstellungsdiskrepantes Verhalten verursacht nicht immer KD, weil manchen Leuten Konsistenz egal ist und weil Einstellungsveränderung möglicher Weise negative Konsequenzen voraussetzt. Einstellungsdiskrepantes Verhalten kann auch ohne negative Konsequenzen KD verursachen. Experiment von Eddie Harmon-Jones (1996): VPn trinken ein mit Zucker oder Essig versetztes Getränk und sollen („no choice“, 1) bzw. werden gefragt („high choice“, 2) ein schriftliches Statement zum Geschmack (zu) verfassen, das anschließend vernichtet wird (-> KEINE negativen Konsequenzen!) trotzdem wird in der high-choiceBedingung der Geschmack des mit Essig versetzten Getränkes positiver dargestellt (Rechtfertigung der Entscheidung ohne negative Konsequenzen 70 des Verhaltens) 6.3.4 Alternative Wege zur Selbstüberzeugung Können die empirisch gewonnenen Fakten auch anders erklärt werden? 3 Alternative Ansätze: (1) Selbstwahrnehmungstheorie (Daryl Bem, 1965): Gefühle und Einstellungen werden zum Teil aus der Beobachtung des eigenen Verhaltens inferiert. Hypothese: Vpn bekommen eine Beschreibung eines klassischen DissonanzExperimentes und sollen die Ergebnisse vorhersagen. Hypothese: Wenn sie exakte Voraussagen treffen, ohne dass bei ihnen selbst physiologische Erregung und damit KD entsteht, würde das heißen, dass für Einstellungsveränderungen gar kein Dissonanzgefühl nötig ist (Dieselbe Verhaltensinformation, aber kein Konflikt, kalte Vernunft, Schlussfolgerung durch Verhaltensbeobachtung bringt die Einstellungsänderung). Kritik von Fazio (1977): Beide Theorien sind richtig, aber in verschiedenen Situationen: Hochdiskrepantes Verhalten erzeugt Dissonanz, während geringfügig diskrepantes Verhalten Veränderungen durch Selbstwahrnehmung erzeugt. (2) Impression-Management Theorie: Entscheidend ist nicht die Motivation, konsistent zu handeln, sondern der Wunsch, dass unser Handeln konsistent ERSCHEINT. Der Fokus der Theorie liegt also auf der Selbstpräsentation. Wenn die IMT zutrifft erzeugt KD nur berichtete, keine wahre Einstellungsänderung! D.h. bei anonymer Einstellungsbewertung oder bogus pipeline sollte sich keine EV ergeben. Forschung zeigt ambivalente Ergebnisse, wahrscheinlich wieder einmal situationsabhängig… (3) Selbstbestätigungstheorie von Elliot Aronson (1999): Dissonanz erzeugende Handlungen bedrohen eigentlich das Selbstkonzept. Die entstehenden Gefühle von Schuld, Ehrlosigkeit, Heuchelei motivieren dazu, die Einstellung zu verändern. Claude Steele (1988): Dissonanzerzeugende Situation Irgendein Selbstbestätigungsprozess zur Wiedereinrenkung des Selbstkonzepts Reduktion der KD. Das bedeutet: Wenn man die 1$-VPn in der FestingerCarlsmith-Studie irgendeine Problemlöseaufgabe erfolgreich beenden lässt, sollten sich die Einstellungen nicht ändern, weil die selbstbestätigende Erfahrung den Wunsch nach Dissonanzreduktion vermindert. Allerdings: Funktioniert die Reparatur des Selbstwertgefühls nicht, erzeugt letztlich doch die KD eine Spannungsreduktion und damit eine Einstellungsänderung. 71 Experiment mit klassischem Paradigma zur Zusammenfassung: Zusammenfassender kritischer Vergleich der Selbstüberzeugungstheorien: 72 7 Konformität Gliederung: 7.1 Sozialer Einfluss als Automatismus 7.2 Konformität 7.3 Compliance 7.4 Gehorsam 7.5 Das Kontinuum des Sozialen Einflusses In diesem Kapitel geht es um die Automatismen des Sozialen Einflusses „Sozialer Einfluss“ = Beeinflussung des Individuums durch realen und imaginären Druck von anderen. „Konformität“ = Die Tendenz, seine Wahrnehmung, seine Meinung und sein Verhalten den Normen der Gruppe anzupassen. „Compliance“ = (Einwilligung) Veränderungen im Verhalten auf Grund direkter Bitten/Fragen/Wünsche. „Gehorsam“ = Veränderungen im Verhalten auf Grund von Befehlen einer Autorität. Die 3 Formen automatischen Einflusses sind nicht klar voneinander abgrenzbar, sondern lassen sich als Kontinuum des Sozialen Einflusses darstellen: 73 7.1 Sozialer Einfluss als Automatismus Experiment von Stanley Milgram (1969): Konföderierte blicken nach oben, 80% der Passanten machen es ihnen nach. 72h alte Neugeborene imitieren bereits Gesichtsausdrücke. „Chamäleon-Effekt“ (Tanya Chartrand, 1999): Auch Erwachsene ahmen Verhaltensweisen ihrer Interaktionspartner nach. Im Experiment: Imitieren von Fußwippen, im Gesicht kratzen von Konföderierten. „Mood Contagion“ (Stimmungsansteckung, Roland Neumann, 2000): VPn hören abstrakte philosophische Diskussion (entweder mit trauriger, neutraler oder glücklicher Stimme) vom Band. Keine Interaktion, aber dennoch sind die VPn je nach Stimmung des imaginären Interaktionspartners glücklicher oder trauriger als davor. 74 7.2 Konformität Allgemein: Konformität ist weit verbreitet. Es ist schwer, soziale Normen zu brechen. In einem Experiment von Milgram (1978) sollten einige seiner Assistenten Fahrgäste in der U-Bahn fragen, ob sie ihre Plätze für sie frei machen (Verletzung von Benimmregeln nonkonformes Verhalten). Viele von den Assistenten wollten und konnten diese Aufgabe nicht ausführen, andere gaben bei der Frage an, krank zu sein (Rechtfertigung). VPn, die sich in Experimenten konform verhalten (müssen), geben ihre Konformität oft nicht zu und reinterpretieren sie (siehe unten Experimente von Asch, Sherif). Konformität ist für die friedliche Koexistenz von Menschen notwendig, aber Konformität in den falschen Situationen kann negative Konsequenzen haben. 7.2.1 Die frühen Klassiker Experiment von Muzafar Sherif (1936) Coverstory: Experiment zur visuellen Wahrnehmung. Entsprechend sitzt eine Gruppe von VPn in einem abgedunkelten Raum und soll schätzen, wie weit sich ein kleiner Lichtpunkt in einer gewissen Zeit bewegt hat – in Wahrheit bewegt sich der Lichtpunkt nicht, es entsteht allenfalls eine optische Bewegungstäuschung (= „autokinetischer Effekt“). Zunächst sitzt jeder allein im Raum, die Schätzungen reichen von 330cm. In allen weiteren Sitzungen werden 3er-Gruppen gebildet. Ergebnis: Anfangs gehen die Schätzungen noch weit auseinander, doch schon in der 4. Sitzung herrscht absolute Konformität bezüglich des Wegs, den der Punkt zurückgelegt haben soll! Informationaler Einfluss anderer 75 Experiment von Solomon Asch (1951) Coverstory: Experiment zur visuellen Diskrimination. VPn sitzen mit 6 Konföderierten in einem Raum, sie werden instruiert, in jedem Durchgang nacheinander laut zu schätzen, welche von 3 Vergleichslinien dieselbe Länge wie eine Standardlinie hat. Die VP sitzt dabei an 6. Position. Nach 2 Durchgängen wählen sämtliche Konföderierten eine falsche Linie, wobei klar ersichtlich ist, dass sie die falsche Linie gewählt haben. Ergebnis: Die Vpn schließen sich in 37% der Fälle der „Meinung“ der Konföderierten an! Normativer Einfluss anderer 7.2.2 Warum zeigen Menschen Konformität? Es gibt 2 Gründe für Konformität: (1) Information: Man will in seinen Urteilen korrekt sein und bedient sich deshalb des Informationalen Einflusses anderer (deren Urteilen also – besonders in ambivalenten/unsicheren Situationen). (2) Normen: Um negative soziale Konsequenzen zu umgehen, verhalten sich Menschen konform und müssen sich hierbei vom Normativen Einfluss anderer leiten lassen. Die beiden Einflussarten treten normaler Weise simultan auf. Aber: Sie haben unterschiedliche Arten der Konformität zur Folge: Informationaler Einfluss führt überwiegend zu Privater Konformität („private conformity“), also einer Veränderung der Ansichten des Individuums, wenn es eine Position, die von anderen vertreten wird, persönlich akzeptiert. Es herrscht die Überzeugung, dass die anderen korrekt entschieden haben (siehe Sherif, 1936). Der Effekt ist vergleichsweise lang anhaltend. Normativer Einfluss führt in der Regel zu Öffentlicher Konformität („public conformity“), also einer oberflächlichen Veränderung im sichtbaren Verhalten, die allerdings auf keiner wirklichen Überzeugung basiert, sondern lediglich dem realen oder imaginären Gruppendruck Rechnung trägt (siehe Asch, 1951; Politik). Der Effekt ist vergleichsweise kurzfristig. 76 Ein Experiment von Robert Baron (1999, siehe Abbildung) zeigt, dass beide Prozesse von der Motivation der VPn abhängen (Die Vpn sollten in einem Line-Up den Täter erkennen, in der schwierigen Bedingung sahen sie zuvor ein Bild des Täters für 1/2s, in der einfachen Bedingung 2x für je 10s. In der low-motivation Bedingung wurde das Experiment als Pilotstudie deklariert, in der high-motivation Bedingung bekamen die VPn für hits Geld): Entscheidend für die Art des Einflusses ist die Schwierigkeit der Aufgabe! 7.2.3 Einfluss von Mehrheiten Situationale und personale Faktoren für Konformität: (1) Gruppengröße: Konformität steigt bis zu einer GG von 4 Personen, danach stagniert sie. Nach David Wilder (1977) orientiert man sich nicht an der totalen Anzahl der Meinungen, sondern an der Anzahl der Meinungen, die man als unabhängig annimmt. 77 (2) Kenntnis der Normen: Nur bei Wissen um und Konzentration auf die relevanten Normen entsteht Konformität. Bsp. a) Alkoholkonsum sinkt eher, wenn falsche Normen korrigiert werden, als wenn die „Therapie“ auf persönliche Verantwortung ausgerichtet ist; b) „Müllstudien“ von Cialdini: Der Müll wird dort weggeworfen, wo sich anderer Müll befindet. Bei Beobachtung = Orientierung an sozialen Normen wird auch Müll weggeworfen (Tiefgaragenexperiment). (3) Alliierte: In Asch´s Experiment verringerte sich die Konformität bei Präsenz eines Verbündeten um 80%. Grund: 2 Möglichkeiten – Informationaler Einfluss oder Reduzierung von normativem Druck. Und die Reduzierung gewinnt: Experiment von Vernon Allen (1969): Einer der Konföderierten wählt eine andere Linie, die jedoch auch falsch ist kein Informativer Einfluss, trotzdem wird die Konformität dadurch erheblich reduziert Reduzierung des normativen Konformitätsdrucks. (4) Alter: Konformität erreicht in der Pubertät einen Höhepunkt und nimmt mit dem Alter ab. (5) Geschlecht: In privaten Settings gibt es keine Unterschiede. Unterschiede zeigen sich bei der Art der Aufgabe (männliche vs. weibliche Aufgaben): Je sicherer die Vpn sich auf einem Terrain fühlen, desto weniger konform verhalten sie sich. Unterschiede zeigen sich auch in der Öffentlichkeit, wo sich Frauen eher konform verhalten. Dieser Befund spiegelt wahrscheinlich die traditionelle Geschlechterrollenverteilung und die Erwartungen, die auf Grund dessen entstehen wider. (6) Kultur: Andere Kulturen – andere Normen. So weit, so gut. Aber in individualistischen Kulturen ist Konformität auch etwas weniger verbreitet als in kollektivistischen Kulturen. 7.2.4 Einfluss von Minderheiten Bertrand Russell: „Normale Leute werden von Abweichungen von der Norm zur Raserei getrieben. Größtenteils deshalb, weil sie ein solches Abweichen als Kritik an ihnen selbst ansehen.“ Minderheiteneinfluss = Der Prozess, im Zuge dessen Abweichler eine Veränderung in der Gruppe bewirken. 78 Power of Style: (1) „consistent dissent“: Moscovici (1996): Konsistenzstrategie. Mehrheiten sind mächtig per se, die Macht von Minderheiten stammt von der Qualität (style) ihres Verhaltens ab. Wiederholung von Argumenten, Konsistenz und die Konfrontation mit einer Person, die das Selbstvertrauen hat, einen unpopulären Standpunkt zu vertreten, veranlasst einige Mitglieder der Mehrheit, ihren Standpunkt zu überdenken. Hilfreich ist dabei, wenn sich die Mehrheit in irgendeinem Punkt mit der Minderheit identifizieren kann (Bsp: Geschworene). Experiment zur Wichtigkeit von Konsistenz (Wendy Wood, 1994): Asch´s setting mit Farbexperiment: Eine Minderheit bezeichnet konsistent zwei blaue Farbtafeln in einer Reihe von anderen blauen Farbtafeln als „grün“ 1/3 der Vpn „sehen“ mindestens einmal eine grüne Farbtafel. (2) „first conform, then dissent“ Hollander (1958): Alternativstrategie zur Konsistenzstrategie: Abweichler sollen sich zunächst konform verhalten und „ideosyncrasy credits“ (Zwischenmenschliche „Punkte“, die Personen von anderen erhalten, wenn sie sich konform verhalten) sammeln. Danach werden ihnen Abweichungen von der Norm leichter verziehen und ihr Status erlaubt es ihnen, dass ihre Argumente kritisch verarbeitet werden. Ganz der Vater? Anders formuliert: Ist der Prozess, durch den Minderheiten Einfluss nehmen, mit dem Modell der Konformität zu Mehrheiten erklärbar oder sind es 2 verschiedene Prozesse? Befunde und Schlussfolgerungen: (1) Der relative Einfluss von Mehrheiten und Minderheiten hängt von der Objektivität oder Subjektivität des Urteils ab. Bei Meinungen schließt man sich leichter Minderheiten an als bei Fakten. (2) Der relative Einfluss der beiden hängt davon ab, ob die öffentliche oder die private Meinung gemessen wird. Bei indirekten Messungen weicht man stärker von der Mehrheit ab, ohne seine Meinung jedoch im öffentlichen Bereich auszusprechen. Zweck von „Abweichlern“: Abweichler regen Mitglieder der Mehrheit zu genauem Nachdenken an. Dies kann zu Vorteilen bei Problemlöse- und Gedächtnisaufgaben führen. 79 7.3 Compliance Während Konformität die Reaktion auf implizite Normen darstellt, setzt „Einwilligung“ explizite Anfragen, Bitten oder Wünsche voraus. Diese expliziten Anfragen sind meist direkt und unmittelbar erkenntlich, sie können jedoch auch subtil sein – indirekte Überzeugung in Werbung, Politik, Verhandlungen. 7.3.1 The Discourse of Making Requests Taktiken zur Erreichung von Compliance: (1) schnell sprechen (Heuristik: Schnellsprecher müssen intelligent und gut informiert sein) (2) unerwartet , überraschend anfragen (3) Formulierung der Frage (Begründung, egal wie sinnlos, reicht meist) Vorsicht, funktioniert nicht in allen Situation, aber meistens funktioniert dafür: (4) Atypische Bitte (Haste mal 87 Cent?) 7.3.2 Die Norm der Reziprozität Negativ: Sanktionen, Rache Positiv: Schuld begleichen, Nettigkeiten erwidern Sinn der Reziprozitätsnorm ist die Vorhersagbarkeit und Fairness sozialer Situationen. Reziprozität kann allerdings auch missbraucht werden. Experiment von Dennis Regan (1971): je 1 Vp und 1 Konföderierter nehmen an einem Experiment über „Ästhetik“ teil. Während einer Pause verlässt der Konföderierte den Raum und kommt (1) mit 2 Becher Cola – 1 für sich, der andere für die VP, (2) mit nichts zurück. In Bedingung (3) wird die VPn VOM VL zu einer Cola überredet „nach“ dem Experiment bietet der K der Vp in allen 3 Bedingungen Lose zu je 25 cent an. VPn kaufen mehr Lose, wenn der K ihnen vorher den Gefallen mit der Cola getan hat. Der K macht in diesem Fall Gewinn (1971 war Cola billig…) Das Schuldgefühl, das aus einem Gefallen resultiert, hat ein Zeitlimit: Für kleine Aufmerksamkeiten beträgt es ungefähr eine Woche (Jerry Burger, Abwandlung des Regan-Experimentes, 1997). Individuelle Unterschiede: Mit Hilfe eines Fragebogens, der „Reziproke Ideologie“ misst, kann festgestellt werden, inwieweit man dem Klischee eines „creditors“ (Gläubiger) entspricht, d.h. zu welchem Grad man andere durch kleine Gefallen ausbeutet. 80 7.3.3 Fallen stellen: Sequentielle Bitt-Strategien Taktiken nach Robert CIALDINI (2001): (1) Foot-in-the-Door: 2-stufiger Prozess. Kleine Bitte Selbstwahrnehmungstheorie: Vom Verhalten wird auf den eigenen Charakter geschlossen (Attribution des Verhaltens auf den Charakter) Große Bitte Man will konsistent erscheinen. Burger (1999) metaanalysierte und kam zu dem Ergebnis, dass die FITD-Technik die Chance der Einwilligung zu großen Bitten um durchschnittlich 13% erhöht. Die Technik funktioniert nicht, wenn die erste kleine Bitte zu trivial ist oder die VPn dafür bezahlt werden (keine Attribution auf Charakter!) oder die VPn nicht motiviert sind, konsistent zu handeln oder die VPn zu jung sind um die Implikationen zu verstehen. Aber: Funktioniert auch, wenn die VPn eine Bitte nicht erfüllen konnten (spricht für Selbstwahrnehmungstheorie) (2) Low-Balling: 2-stufiger Prozess. Bitte Einigung nachträgliche Vergrößerung der Bitte durch addieren von Kosten. Experiment von Cialdini (1978): Vpn werden (1) gebeten, an einem Experiment teilzunehmen, das um 7 a.m. anfängt. 31% willigen ein. VPn werden (2) gebeten, an einem Exp. teilzunehmen. Erst nach der Einwilligung wird ihnen die Uhrzeit genannt. Trotzdem bleiben 56% dabei. Grund: Commitment. Die getroffene Entscheidung wird durch Gedanken an die positiven Aspekte gerechtfertigt. Zusätzlich fühlt man eine Schuld gegenüber dem Verhandlungspartner, wenn man einen (fast) bestehenden Vertrag wieder löst. (3) Door-in-the-Face: Große Bitte Ablehnung kleine Bitte Einwilligung. Im Experiment von Cialdini willigten 50% auf die kleine Bitte hin ein (gegenüber 17%, die vorher um keinen großen Gefallen gebeten worden waren). Erklärungen: Perzeptueller Kontrast (2. Bitte wirkt kleiner im Kontext); Reziproke Konzession (Die Konzession des Vertragspartners sollte mit einer eigenen Konzession erwidert werden, so dass die Bahn für einen Kompromiss geebnet wird – wichtig für den sozialen Frieden). (4) That´s-not-all-Technik: Anfrage Diskont oder Bonus Einwilligung. Experiment von Jerry Burger (1986): 1 Gruppe von Vpn wird Kuchen zu 75 Cent angeboten, 1 anderen Gruppe Kuchen zu 1$, der Preis wird aber auf 75 Cent reduziert. Die erste Gruppe kaufte in 44% der Fälle, die zweite in 73%. Sämtliche Techniken können kombiniert werden. Sie haben gemeinsam, dass sie aus einem 2-stufigen Prozess bestehen, in dessen Verlauf sich der Umfang der Bitte verändert. 81 7.4 Gehorsam 7.4.1 Milgram: Die Macht destruktiven Gehorsams Experiment (1963): Coverstory: je 2 Vpn nehmen an einem Experiment teil, das die Effekte von Bestrafung auf die Lernleistung untersucht. 1 VP ist ein Konföderierter. Per „Losverfahren“ wird der Konföderierte als Lernender und die eigentliche VP als Bestrafer eingeteilt. Lernender wird unter Aufsicht der Vp an einen Stuhl gefesselt und mit einer Anlage versehen, die ihm Elektroschocks applizieren soll. Die VP, in einem separaten Raum sitzend, hat nun die Aufgabe, Gedächtnistests mit dem K durchzuführen und bei jedem Fehler einen Elektroschock wachsender Intensität zu applizieren (75Volt-450Volt). Vorab wurde der VP ein Testschock gegeben, damit sie sich von dessen Schmerzhaftigkeit überzeugen kann. Der K erklärt dem VL vor dem Experiment, dass er Herzprobleme hat. Während die VP dem Lernenden immer intensivere Schocks geben, hören sie die Antworten des K und seine Reaktionen auf die Schocks. Diese werden immer verzweifelter und schmerzvoller, er weist nochmals auf seine Herzprobleme hin und hört schließlich bei einer Stärke von 330Volt auf, Antworten/Reaktionen zu geben (die Antworten und Reaktionen wurden vorher auf Band gesprochen und werden der VP über Lautssprecher zugespielt. Während der gesamten Zeit hält sich der VL in der Nähe der VP auf und gibt bei Bedenken der VP den Befehl, weiterzumachen. Ergebnis: In einer vorab durchgeführten Befragung geben andere Vpn an, dass sie bei einem solchen Experiment den Befehlen des VL nur bis zu einer durchschnittlichen Schockstärke von 135Volt gehorchen und das Experiment danach aus ethischen/moralischen Gründen abbrechen würden. Im tatsächlichen Experiment gehen jedoch 65% der VPn bis zur höchsten Schockstärke von 450Volt, obwohl der K keine Reaktion mehr zeigt und der 450Volt-Schalter das Label XXX trägt. Der gehorsame Teilnehmer Milgram führte eine Kontrollgruppe ein, in der der VL nicht anwesend war und somit die VPn keine Befehle zum Weitermachen erhielten. In der KG weigerten sich die VPn sehr früh in der Schocksequenz weiterzumachen. Nahezu alle Teilnehmer zeigten massive Stresssymptome. 82 Adorno (1950), Stone (1993): F- („Fascist“-) Scale zur Messung einer „autoritären Persönlichkeit“. Hohe Werte in der F-Scale korrelieren mit Sturheit, Dogmatik, sexueller Repressivität, Intoleranz gegenüber anderen Meinungen, Affinität zu Strafen und Submissives Verhalten gegenüber Autoritäten. Weitere Faktoren, die Gehorsam beeinflussen: Die Autorität Im Vergleich zu Vorgesetzten, höheren Dienstgraden, Lehrern… hatte der VL in Milgram´s Experiment eher wenig (!) Autorität. Die physische Anwesenheit der Autoritätsperson ist wichtig (siehe Abbildung). Feldexperiment von Hofling (1966): VL gibt sich als Arzt aus und weist telefonisch Krankenschwestern an, eine Überdosis zu geben. Von den 22 Angewiesenen müssen 21 bei der Präparation des Medikaments unterbrochen werden. Das Opfer Physische Distanz vom Opfer schafft auch emotionale Distanz (siehe Abbildung, Adolf Eichmann, Hiroshima-Bomber). 83 Das Vorgehen Verantwortlichkeit wurde im Standardexperiment dem VL zugeschrieben. Wenn die Vp die Verantwortung für das Opfer trägt, sinkt die Gehorsamkeitsrate (Tilker, 1970). Experiment von Wesley Kilham (1974): VPn werden in 2 Gruppen aufgeteilt und eine „Befehlskette“ wird gebildet: VL Überbringer Ausführender. Die Überbringer der Befehle waren in 54% der Fälle gehorsam, die Ausführenden in 28%. Graduelle Eskalation verleiht dem Paradigma von Milgram eine Eigendynamik, die ähnlich der Foot-in-the-Door Taktik funktioniert. Leider wird diese Taktik laut Amnesty International in vielen Staaten zum Foltertraining herangezogen. Verbündete Konföderierte, die gegen die weitere Teilnahme am Experiment rebellieren, verringern Gehorsam (siehe Grafik). [7.4.2 Milgram im 21. Jahrhundert – Ausgabe 2005] Experiment von Wim Meeus (1995): VPn sollen mit Bewerbern (in Wahrheit Konföderierte) einen Einstellungstest durchführen, der über deren letztendliche Zulassung entscheiden würde. Während des Tests sollen die VPn den Bewerber („zum Zweck der Leistungserfassung unter Stressbedingungen“) mit abwertenden Kommentaren (15 „Stresserzeugende Bemerkungen“) beschimpfen. Experimentalgruppe (1) mit VL, der wie bei Milgram darauf besteht, dass sie VPn weitermachen; Kontrollgruppe (2) ohne VL. Ergebnis: In (1) packen 92% der VPn alle Beschimpfungen aus, obwohl sie der K darauf hinweist, dass sie aufhören sollen, dass er den Job unbedingt braucht, wütend wird usw. In (2) brechen sämtliche VPn ab. 84 7.5 Kontinuum des Sozialen Einflusses 7.5.1 Theorie des Sozialen Eindrucks = Der soziale Einfluss auf (eine) Zielperson(en) ist eine Funktion der Stärke der anderen, sowie der Unmittelbarkeit der Druckausübung und der relativen Anzahl der „Quellenpersonen“ zu den „Zielpersonen“. Bibb LATANÉ (1981) (1) Stärke: Wird bestimmt durch den Status, die Fähigkeiten und die Beziehung der Quelle zum Ziel. (2) Unmittelbarkeit ist die zeitliche und räumliche Nähe der Quelle zum Ziel. Je näher, desto größer der Eindruck. Selbstversuch: Welche sieben Personen heben den größten Einfluss auf dich? Wo wohnen sie und wie oft interagiert ihr? (nach Latané, 1995) (3) Relative Anzahl: Wie aus Asch´s Experimenten ersichtlich gibt es hier einen Höchstwert (siehe 7.2 Konformität) Resistenz gegen sozialen Druck tritt mit größerer W´keit dann auf, wenn die Quellen weit weg sind oder die Ziele viele. Entsprechend der Theorie sinkt dann der soziale Eindruck. Kritik: Die Theorie des Sozialen Eindrucks lässt gute Prognosen zu, erklärt aber nicht die Ursachen des sozialen Einflusses. Latané & Todd L´Herrou (1995): „Sozialer Eindruck ist ein dynamischer, sich ständig verändernder Prozess.“ (Heißt eigentlich nur, dass die genannten Variablen ungenügend definiert und operationalisiert sind Forschungsbedarf) 7.5.2 Perspectives on Human Nature Der Grad der Konformität variiert von Kultur zu Kultur und von einer Generation zur nächsten. Einen optimalen Konformitätswert scheint es nicht zugeben, genauso wenig ist absolute Nonkonformität dem sozialen Frieden zuträglich. 85 8 Gruppenprozesse Gliederung: 8.1 Kollektive Prozesse: Die Anwesenheit Anderer 8.2 Gruppenprozesse: Die Interaktion mit Anderen 8.3 Kooperation, Konkurrenzkampf, Konflikt In diesem Kapitel geht es um Sozialen Einfluss im Kontext der Gruppe. Untersuchung von Gruppen geschieht auf 3 Ebenen: a) Individuen in der Gruppe b) Gruppe als Ganzes c) Interaktionen zwischen Gruppen 8.1 Kollektive Prozesse „Kollektiv“ = Eine Ansammlung von Leuten, die gemeinsamen Aktivitäten nachgehen, aber nur minimal direkt interagieren (keine „Echte Gruppe“, in der häufig interagiert wird). Bsp.: Aerobic-Gruppe während des Trainings, Konzertbesucher… 8.1.1 Social Facilitation = Gesetz der Sozialen Förderung; Ein Prozess, bei dem die Anwesenheit anderer zu einer Leistungssteigerung bei einfachen Aufgaben führt und zu einer Leistungsverschlechterung bei schwierigen Aufgaben. Norman Triplett (1898): „Theorie der Dynamogenese“. Bei Radfahrern beobachtete Leistungssteigerung in Gruppen Experiment: Kinder sollen allein oder in Gruppen Schnüre aufwickeln Kinder sind in Gruppen schneller Andere Forscher erzielen gegensätzliche Ergebnisse 86 Theorie von Robert Zajonc (1965): „mere presence theory of social facilitation“ Anwesenheit anderer Erhöhte physiologische Erregung Tendenz zur Dominanten Reaktion („dominant response“ = Reaktion, die von einem gegebenen Reiz am schnellsten und leichtesten hervorgerufen wird) Bei leichten Aufgaben (dominante Reaktion meist korrekt) Leistungssteigerung, bei schweren Aufgaben (DR meist inkorrekt, weil Aufgabe komplex oder ungewohnt) Leistungsverschlechterung. Metaanalyse von Bond & Titus (1983) bestätigt die Aufhebung der Inkonsistenz der bisherigen Forschung (seit Triplett) zu diesem Thema durch Zajonc´s Theorie. Alternativen zur Theorie der bloßen Anwesenheit anderer: 1) „Evaluation Apprehension Theory“ (Cottrell, 1968): Die Anwesenheit anderer soll Effekte der „social facilitation“ nur dann provozieren, wenn diese anderen als potentielle Bewerter der eigenen Leistung angesehen werden (wenn bemerkt wird, dass andere ihre Aufmerksamkeit auf die erbrachte Leistung richten). Experiment von Cottrell (1968): VPn lernen eine Aufgabe (1) allein, (2) in Anwesenheit anderer oder (3) in Anwesenheit anderer, denen die Augen verbunden worden sind in (1) und (3) weniger dominante Reaktionen als in (2). 2) „Distraction-Conflict-Theory“ (Baron, 1986): Die Anwesenheit anderer soll Effekte der „social facilitation“ nur dann provozieren, wenn diese anderen von der eigentlichen Aufgabe ablenken und einen Aufmerksamkeitskonflikt verursachen. Alle Objekte (z.B. Blinklichter), können ablenkend wirken, die Theorie ist nicht auf die Anwesenheit anderer Menschen beschränkt. Wahrscheinlich rufen sowohl die bloße Anwesenheit anderer, als auch die Bewertung und die Aufmerksamkeitsverschiebung die Effekte der Social Facilitation hervor. 8.1.2 Soziales Faulenzen = Eine durch die Gruppe hervorgerufene Verminderung der Leistung des Einzelnen bei einfachen Aufgaben, bei denen die Einzelbeiträge integriert werden (Bibb Latané, 1979). Max Ringelmann (1880s): Untersuchung von Gruppenperformance in Situationen, in denen die Leistung des Einzelnen nicht individuell bestimmt werden kann. Ergebnis: Individuelle Leistung sinkt (Bsp: Tauziehen) Erklärungsalternativen: a) Der einzelne erbringt weniger Leistung und/oder b) Mangelnde Koordination 87 Experiment von Alan Ingham (1974): Vpn werden die Augen verbunden, sie dürfen an einer Tauziehmaschine tauziehen und werden (1) informiert, dass sie zusammen mit anderen ziehen oder (2) informiert, dass sie alleine ziehen (in Wahrheit ziehen die in beiden Bedingungen alleine). Ergebnis: Vpn ziehen in (2) 20% fester als in (1). Stephen Karau & Kipling Williams (1993): Metaanalyse bestätigt Soziales Faulenzen, zeigt aber auch Faktoren, die SF verringern: a) Glaube an die Identifizierbarkeit der eigenen Leistung durch andere oder sich selbst. b) Bedeutsamkeit der Aufgabe für den Einzelnen c) Glaube, dass eigene Leistung wichtig für ein erfolgreiches Ergebnis ist. d) Glaube an Bestrafung der Gruppe für schlechte Leistung. e) Kleine Gruppengröße. f) Kohäsive Gruppe: Mitgliedschaft wichtig, die Gruppenmitglieder mögen sich. Soziales Faulenzen ist bei Frauen und Mitgliedern kollektivistischer Kulturen weniger häufig. Theorie von Karau & Williams: Modell der kollektiven Leistung („collective effort model“): Individuen leisten in der Gruppe dann viel, wenn sie glauben, dass ihre Leistung wichtig, relevant und bedeutsam für Ergebnisse ist, die sie persönlich wertschätzen. Wenn dies der Fall ist, betreiben sie Social Compensation: Leistungssteigerung in Erwartung schlechter Leistungen anderer Gruppenmitglieder. Im Gegensatz dazu der Sucker Effect: Niemand will der Arsch sein, der die ganze Arbeit macht, also leistet jeder nur einen geringen Beitrag. 88 8.1.3 Facilitation und Faulenzen: Einheitliche Paradigmen 8.1.4 Deindividuation „Der Verlust der Individualität und der Schranken, die das Verhalten gegen abweichendes Verhalten anderer eindämmen. Die Herabsetzung des Urteilsvermögens des Einzelnen.“ Pioniere: Gustave Le Bon (1895), Gabriel Tarde (1890). Philip Zimbardo (1969): Faktoren, die zur Deindividuation beitragen sind physiologische Erregung, Anonymität und reduzierte Gefühle der individuellen Verantwortung. 89 Environmental Cues 2 Typen von Hinweisreizen aus der Umwelt fördern Deindividuation: (1) Haftungs-/Verantwortlichkeitscues betreffen die Kosten-Nutzen-Rechnungen des Individuums. Anonymität senkt Kosten (was würdest du tun, wenn du für 24h unsichtbar wärst? Häufigste Antwort: „Bank ausrauben“, Dodd 1985) (2) Aufmerksamkeitscues: Wenn das Selbst-Bewusstsein einer Person verringert ist, wird weniger auf internale Standards Rücksicht genommen. Feldexperimente von Edward Diener (1976) & Arthur Beaman (1979): Halloween. Setting wie in Kapitel 3, Kinder werden (1) gefragt, wo sie herkommen und wie sie heißen (Identifizierung) oder (2) nichts gefragt Bonbonschüssel Ungefragte nehmen mehr Je größer der Mob, desto mehr Opfer und größere Brutalität und W´keit der Lynchjustiz. 90 Von persönlicher zu sozialer Identität Verlust der persönlichen Identität ruft nicht immer antisoziales Verhalten hervor. SIDE-Theorie (Social Identity model of Deindividuation Effects): Die Normen der Gruppe, in der sich das Individuum befindet bestimmen, ob sich das Individuum mehr oder sogar weniger antisozial benimmt. Experiment von Robert Johnson (1979): 91 8.2 Gruppenprozesse Gruppenprozesse betonen die Interaktionen zwischen Gruppenmitgliedern, die in Kollektiven eher wenig zur Geltung kommen (s.o.). 8.2.1 Sich einer Gruppe anschließen Wofür? Gründe für den Anschluss: (1) Erhöhte Chancen für Überleben und Reproduktion (2) Schutzfunktion der Gruppe (3) Gruppenziele, die allein nicht zu erreichen sind (Mannschaftssport, Orchester) (4) Sozialer Status (5) Soziale Identität (6) Selbstwerterhöhung (7) Chance zur Interaktion mit Menschen, die man mag Freiwilliger Anschluss an eine Gruppe bedeutet immer Profit, eine Ablehnung durch eine Gruppe gehört zu den schlimmsten Erfahrungen, die Menschen machen. Gruppenentwicklung Neue Mitglieder passen sich den Normen der Gruppe an und etablierte Mitglieder ändern ihr Verhalten dahingehend, dass sie die Newcomer integrieren (= Sozialisation). Modell der Gruppenentwicklung von Bruce Tuckman (1977): (1) Forming: Exploration, Höflichkeit. Die Mitglieder orientieren sich (2) Storming: Die Mitglieder versuchen, die Gruppe nach ihren Vorstellungen zu beeinflussen. Richtung der Gruppe, eigener Status (3) Norming: Konflikte werden geschlichtet, gemeinsame Ziele festgelegt, Normen und Rollen bestimmt, Commitment wächst. (4) Performing: Die Performance der Gruppe wird über die Einzelleistungen gemäß der Rollenverteilung maximiert. (5) Adjourning: Einzelne verlassen die Gruppe (aufgrund von Kosten-NutzenRechnungen) Modell von Connie Gersick (1994): Gruppenentwicklung nicht graduell, Starts und Stopps, Perioden von Aktivität und Inaktivität. 92 8.2.2 Rollen, Normen und Zusammenhalt Rollen: - Ansammlung von erwarteten Verhaltensweisen einer Person innerhalb der Gruppe ist eine Rolle. - Können formell sein (Lehrer, Schüler…) oder informell (instrumentelle Rollen, die dem Erfolg der Gruppe dienen und expressive Rollen, die Moral aufrechterhalten und emotionale Unterstützung gewähren). - In der Regel orientiert sich die Rollenverteilung (formell, informell) an der von sich selbst wahrgenommenen Kompetenz der Mitglieder. - Aufhebung/Umstrukturierung von Rollen Stress und verminderte Produktivität in der Gruppe. Normen: Implizite Benimmregeln für Gruppenmitglieder. Wie Rollen formell (festgeschrieben) oder informell (was ziehe ich an, wie weit kann ich mit Forderungen gehen?). Kohäsionskraft (Zusammenhalt): - - - Beschreibt die Kräfte, die die Gruppe zusammenschweißen. Positiv (Nutzen durch die Gruppe, Erreichen gemeinsamer Ziele) oder Negativ (Kosten bei Verlassen der Gruppe). Faktoren, die zur Kohäsionskraft beitragen: Einsatz für gemeinsame Ziele, Attraktion zu Mitgliedern, Anzahl der Interaktionen, Intensität der Interaktionen (interne Faktoren), sowie Bedrohungen durch andere Gruppen, Bedrohung durch Umwelt. Neid wirkt Kohäsionskraft entgegen. Kohäsionskraft und Performance sind bidirektional kausal verknüpft. Die Stärke des Kausalzusammenhangs zwischen K und P ist umso größer, je kleiner die Gruppe ist (Brian Mullen, 1994). Performance beeinflusst Kohäsion (und umgekehrt) stärker, wenn es sich um Ziele handelt, zu deren Erreichen Interdependenz (Kommunikation, Kooperation und gegenseitige Observation) zwischen den Gruppenmitgliedern nötig ist. Der Zusammenhang zwischen K und P hängt von den etablierten Normen der Gruppe ab. Bsp: Eine Gruppe von Bauarbeitern hat ein niedriges „Anstrengungsniveau“ und viel Bierkonsum etabliert. Ein Neuling, der viel arbeitet und wenig trinkt, bekommt Probleme, wenn er sich nicht den Normen der Gruppe fügt Normen können das Vorzeichen des Zusammenhangs ausmachen Die Standards der Gruppe entscheiden über Vorzeichen und Stärke des Kausalzusammenhangs. 93 8.2.3 Gruppenpolarisation: Urteile, Überzeugung, Entscheidung In einer Gruppe ist die Bandbreite an Meinungen in der Regel dadurch beschränkt, dass sich Gruppenmitglieder ähnlich sind. Aber nie identisch. Risky Shift (Cartwright, 1971): Gruppen sind in ihren Entscheidungen risikobereiter als Einzelpersonen. Andererseits sind Gruppen in manchen Entscheidungskategorien eher vorsichtiger. Modell der „GROUP POLARIZATION“: Der Effekt besteht darin, dass durch die Gruppendiskussion die anfänglichen Meinungen übertrieben (polarisiert) werden. Der Effekt ist bei wichtigen Entscheidungen größer (Bsp Rassismus). Gruppenpolarisation wird durch 3 Prozesse hervorgerufen: (1) Nach der Persuasive Arguments Theorie werden dir Einstellungen der Gruppe umso extremer, je mehr und überzeugendere Argumente von den Mitgliedern eingebracht werden (neue Argumente liefern neue Information, die zur Polarisation führt) (2) Sozialer Vergleich: Man erfährt mehr Unterstützung für seinen Standpunkt, als man eigentlich erwartet hat Eine neue, extremere Norm wird etabliert (3) Soziale Kategorisierung: Die Meinung der Ingroup wird extrem gewählt, um sie von den Meinungen der Outgroups zu distanzieren. 8.2.4 Gruppendenken: Der Verlust von Perspektiven Gruppendenken beschreibt eine Art der Entscheidungsfindung in Gruppen, bei der nicht objektive Informationen, sondern das Verlangen der einzelnen Mitglieder nach Übereinstimmung die Entscheidungen beeinflusst. Beispiele: Schweinebucht, Pearl Harbor, Challenger, Watergate 3 Faktoren tragen nach Irving Janis (1982) entscheidend zum Gruppendenken bei: (1) Hohe Kohäsion der Gruppe: Hoch kohäsive Gruppen schließen eher anders Denkende aus. (2) Gruppenstruktur: Je monopolisierter und unsystematischer im Entscheidungsprozess, desto eher anfällig für Gruppendenken. (3) Stresshaltige Situationen: In Stresssituationen werden schnelle, unüberlegte Entscheidungen getroffen und die Unterstützung durch andere Gruppenmitglieder wird wichtiger. Verhaltenssymptome: Nach Janis ist Gruppendenken eine Krankheit mit folgenden Kardinalsymptomen: (1) Überschätzung der Gruppe („the best and the brightest“) 94 (2) Close-mindedness (Rationalisierung der eigenen Entscheidungen, Stereotypisierung von Outgroups) (3) Erhöhter Uniformitätsdruck Überblick über die Theorie von Janis: 95 Forschung zum Gruppendenken: Theorie zum Gruppendenken ist sehr einflussreich in Politik, Business, Kommunikation. Der Term „GROUPTHINK“ ist ein feststehender Begriff. Dennoch gibt es relativ wenig experimentelle Forschung zum Thema. In der Geschäftswelt geht der Trend hin zu autonomen teams (4-12 Mitglieder, die an einem gemeinsamen Projekt arbeiten). Groupthink verhindern: Strategien nach Janis: (1) Um Isolation zu verhindern, sollte eine weitreichende Kommunikation mit Nicht-Mitgliedern gesucht werden. (2) Um Konformitätsdruck zu verhindern, sollten die Chefs der Gruppe Kritik fördern und nicht zu früh einen Standpunkt einnehmen (3) Um eine „Norm der Kritik“ zu etablieren, sollten Subgruppen gebildet werden, eine oder mehrere Personen zu „Kritikern“ bestimmt werden und/oder „second chance“- Meetings eingeführt werden. Weitere Strategien: (1) Sobald ein Gruppenmitglied persönlich und exklusiv für eine Entscheidung verantwortlich gemacht werden kann, wird er mehr Kritik üben. (2) Jemand, der die Gruppe konstant darauf hinweist, dass groupthink entstehen kann. (3) Computerized Group Support Systems: Interaktive Computersysteme bei Meetings: Anonymität bei Meetings, Gleichberechtigung von dominanten und weniger dominanten Rednern, Fokus mehr auf der Agenda als auf den Innergruppenbeziehungen (persönlicher Kontakt vermindert). 8.2.5 Performance: Sind viele Köpfe besser als einer? Laut Ivan Steiner (1972) muss diese Frage aufgabenabhängig beantwortet werden. (1) Additive Aufgaben: Das Ergebnis der Gruppe ist die Summe aller Einbringungen der Mitglieder Die einzelnen Mitglieder leisten zwar weniger, als wenn die allein wären, aber in der Summe ist die Gruppe besser (Spendenaktion). (2) Konjunkte Aufgaben: Die schlechteste Leistung ist entscheidend (Bergtour). (3) Disjunkte Aufgaben: Die beste Leistung ist entscheidend (Problemlösung, Strategieentwicklung). „Process loss“: Verschlechterung der Gruppenleistung durch Hindernisse, die von Gruppenprozessen verursacht werden (Koordinations-, Motivationsprobleme). Betrifft alle 3 Aufgabentypen. Beispiele: Faulenzen bei additiven Aufgaben, schwache Mitglieder bei konjunktiven Aufgaben, falsche Entscheidungen bei disjunktiven Aufgaben. 96 Ziele setzen Erreichbare, klar definierte Ziele erhöhen die Gruppenleistung. Generell sind in Gruppen die Ziele niedriger angesetzt als bei Individuen, was zu schlechteren Leistungen führen kann. Mit jedem erreichten Ziel steigen in der Regel auch in einer Gruppe die Ansprüche. Brainstorming (1) (2) (3) (4) In den 1950s entwickelte Technik, um die Produktivität von Problemlösegruppen zu erhöhen (Alex Osborn, 1953). Beinhaltet: Alle Ideen sollen von jedem eingebracht werden Je mehr Ideen, desto besser Keine unmittelbare Kritik an Ideen erlaubt Die Ideen werden gepoolt, so dass jeder auf der Idee eines anderen Gruppenmitglieds aufbauen kann. Allerdings: „Nominale Gruppen“ (mehrere Individuen brainstormen unabhängig voneinander dasselbe Thema) bringen mehr und bessere Ideen hervor als interagierende Gruppen auch wenn das keiner glaubt (Teilnehmer an Gruppenbrainstormings bewerten ihre eigenen Ideen besser, wie wenn sie allein arbeiten). Biased Sampling Information, die nur wenigen Mitgliedern bekannt ist, wird weniger in die Diskussion und die Entscheidungsfindung mit aufgenommen als Information, die vielen Mitgliedern bekannt ist. Sie mag zwar gleich wichtig sein, hat aber geringere Chancen, in Sample zu kommen. Die Challenger-Tragödie kann auf einen solchen mangelhaften Informationsaustausch zurückgeführt werden. Informationsverarbeitung Gruppen sind anfälliger als Individuen für die Anwendung von kognitiven Heuristiken aller Art (siehe Kap.4). Ein weit verbreiteter und kostspieliger information-processing bias ist Entrapment: Eine Bedingung, in der der Einsatz für einen eingeschlagenen falschen Handlungskurs erhöht wird, um bereits gemachte Investitionen zu rechtfertigen (= escalation of commitment). Gedächtnis: Gruppen erinnern zusammen mehr als ein Einzelner, aber alle Gruppenmitglieder einzeln zusammengenommen erinnern mehr als im Kollektiv. 97 Computer und Group Support Systems GSS sollen den Informationsaustausch verbessern und die Diskussionsstrukturen optimieren. Vielfältigkeit: Nachteile: Heterogene Gruppen sind oft schlechter als homogene Gruppen. Heterogenität bedingt mangelnde Kommunikation und Missverständnisse und dadurch schlechtere Koordination, Moral und Einsatz. Cliquenbildung ist wahrscheinlicher. Die Gruppenmitglieder heterogener Gruppen sehen sich selbst als weniger effektiv, selbst wenn ihnen von extern ein vergleichbares Leistungsniveau bescheinigt wird wie homogenen Gruppen. Vorteile: Flexibilität, Kreativität, Innovation. 98 8.3 Kooperation, Wettbewerb und Konflikt 8.3.1 Gemischte Motive und Soziale Dilemmata Gemischte Motive treten zum Beispiel in Entscheidungssituationen auf, in denen Kooperation und die Verfolgung eigener Interessen abgewogen werden müssen. Soziales Dilemma = Eine Situation, in der die Verfolgung eigener Interessen durch jedes einzelne Gruppenmitglied im Endeffekt einen Nachteil für alle ergibt. The Prisoner´s Dilemma … ist ein Forschungsparadigma. Hier die ursprüngliche Fassung: In allen Fassungen muss Partei 1 mit Partei 2 entweder kooperieren oder konkurrieren. Normalerweise kommen beide Parteien besser weg, wenn sie kooperieren. Beispiele aus der Realität: Schiffbruch, Wettrüsten… Tit-for-tat ist die von den meisten Leuten angewandte Lösungsstrategie für das PD. Alternativstrategie: Win-stay, lose-shift 99 Ressourcendilemmata …sind soziale Dilemmata, in denen es darum geht, wie 2 oder mehr Personen begrenzte Ressourcen teilen. Es gibt davon 2 Arten: (1) Commons Dilemma: Wenn alle von einer Ressource nehmen, bleibt am Ende für keinen mehr etwas übrig (Öl, Wasser, Fische…) (2) Public Goods Dilemma: Wenn niemand zu einer Ressource beiträgt, nützt sie keinem (Blutspenden, Straßenbau, Bildung…) Olson, 1965 Lösung sozialer Dilemmata Zur Lösung sozialer Dilemmata tragen Psychologische Faktoren (Individuelle und kulturelle Unterschiede, Situationale Faktoren, Gruppendynamik) und Strukturelle Gegebenheiten (entsprechende PayoffStruktur, Ressourcenumverteilung hin zu privaten Unternehmen, Autorität) bei. Gruppen sind weniger kooperativ als Individuen. Je größer die Gruppe, desto wahrscheinlicher ist eine unkooperative Lösung im Commons Dilemma. Die gebräuchlichste Lösung ist hier das Einsetzen von Autoritäten (Internationale Atomenergiebehörde). 8.3.2 Konflikteskalation Faktoren, die den Intergruppenkonflikt hervorrufen und aufrechterhalten: (1) Prozess der Gruppenpolarisation: Einstellungen und Meinungen der Mitglieder werden extremer (2) Konformitätsdruck: Kohäsionskraft und Groupthink machen es Individuen schwer, die Meinung der Gruppe zu hinterfragen. (3) Entrapment (4) Beidseitig vorhandene Bedrohungskapazität wird in der Regel wahrgenommen. (5) Negative Wahrnehmung anderer Gruppen führt zu Akzeptanz von aggressivem Verhalten gegen andere Gruppen und erhöhter Kohäsion der Ingroup. Mirror Image: Verfeindete Gruppen bauen ähnliche Feindbilder auf. Double Standard: Identische Verhaltensweisen beider Gruppen werden unterschiedlich positiv/negativ bewertet – was wir tun ist gut, was sie tun ist schlecht. Im schlimmsten Fall führen diese Faktoren zur Dehumanisierung der Mitglieder der anderen Gruppe, was wiederum den Konflikt rechtfertigt. 100 8.3.3 Konflikte Reduzieren GRIT = graduated and reciprocated initiatives in tension-reduction. Eine Strategie für unilaterale beständige Versuche, Vertrauen und Kooperation zwischen gegnerischen Parteien herzustellen. (Charles Osgood, 1962). Funktionsweise: A und B sind in Konflikt. A plant öffentlich Initiativen zur Konfliktentspannung und lädt B damit ein, reziprok zu handeln. A führt diese Initiativen aus, damit ist B unter Druck, auch zu kooperieren. Wenn B kooperiert, kooperiert A mindestens genauso umfangreich. Wenn B angreift, rächt sich A in demselben Ausmaß. Verhandlungen Sind nötig, um Konflikte beizulegen. Fast immer führen Verhandlungen zu Kompromissen. Bei einer Integrativen Einigung („integrative agreement“) erhalten beide Parteien Ergebnisse oberhalb 50%. Oder komplizierter, aber genauer: IE ist eine verhandelte Lösung zu einem Konflikt, bei der alle Parteien Ergebnisse erzielen, die besser sind als diejenigen, die die Parteien erhalten hätten, wenn sie die vorhandenen Ressourcen gleichmäßig verteilt hätten. Teams sind erfolgreicher beim Erzielen von Integrativen Einigungen. Schlüssel zu erfolgreichen Verhandlungen sind Flexibilität, Kommunikation und Verständnis für die Perspektive des anderen. Kommunikations- (Verhandlungs-)Schwierigkeiten sind besonders wahrscheinlich, wenn Individuen und/oder Gruppen verschiedener Kulturen miteinander verhandeln. Eine gemeinsame Basis finden Eine gemeinsame Basis ist Grundlage aller Verhandlungen. Eine übergeordnete Identität, die z. B. durch gemeinsame Ziele definiert wird, kann eine solche Basis sein. 101 9 Attraktion und Enge Beziehung Gliederung: 9.1 Being with others: A fundamental human motive 9.2 The Initial Attraction 9.3 Close Relationships In diesem Kapitel geht es darum, wie Menschen Beziehungen eingehen und wie sie damit umgehen. 9.1 Bei anderen sein: Ein fundamentales menschliches Motiv Roy Baumeister & Mark Leary (1996): Das Bedürfnis nach Anschluss ist ein Grundbedürfnis des Menschen. Menschen mit engen sozialen Bindungen sind glücklicher, gesünder und haben ein geringeres Risiko, früh zu sterben. 9.1.1 The Thrill of Affiliation Bedürfnis nach Affiliation = Das Bedürfnis, viele Gewinn bringende interpersonelle Beziehungen aufzubauen und aufrechtzuerhalten. Jeder Mensch will eine optimale Balance zwischen der Zeit, die er mit anderen verbringt und der Zeit, die er allein verbringt. Individuelle Unterschiede. Experiment von Bibb Latané (1978): Ratten gehen eher auf Artgenossen zu, wenn sie vorher eine Zeit lang isoliert gehalten worden sind und suchen weniger sozialen Kontakt, wenn sie eine Zeit lang mit anderen Ratten zusammen gehalten wurden. Experiment von Shawn O´Connor & Lorne Rosenblood (1996): Vpn tragen für 4 Tage lang einen Beeper und schreiben, sobald er beept auf, ob sie (a) alleine oder in Gesellschaft sind und ob sie (b) alleine oder in Gesellschaft sein wollen. Ergebnis: In 2/3 der Zeit sind sie in dem Zustand, den die gerade bevorzugen und Punkt (b) sagt Punkt (a) zum nächsten Beep-Punkt voraus. Stress ist ein Auslöser für das Bedürfnis nach Affiliation. 102 Theorie von Yacov Rofé (1984): Ausgehend von den Befunden Schachter´s (1959, VPn in Erwartung schmerzvoller Elektroschocks gesellen sich zu Leidensgenossen) und Zimbardo´s (VPn, die peinliches Verhalten ausführen sollen, meiden in der Warteperiode andere) schlägt er vor, dass Stress nur dann das Bedürfnis nach Affiliation hervorruft, wenn die Affiliation nützlich ist (Beispielsweise, wie bei Schachter, um emotionale Reaktionen zu vergleichen). Erklärung von James Kulik: Menschen wollen sich durch die Affiliation kognitive Klarheit über eine Bedrohung verschaffen. Experiment (1994): Vpn, die darauf warten, ihre Hand in Eiswasser zu halten (schmerzhaft), sind vor dem Experiment lieber mit Leuten zusammen, die diese Erfahrung bereits hinter sich haben, als mit anderen wartenden VPn. 9.1.2 Die Agonie der Einsamkeit Schüchternheit/Scheu: Schwierigkeiten beim Aufbau von sozialen Interaktionen. Oftmals Zurückweisung anderer aus Angst, selbst zurückgewiesen zu werden. Ergebnis ist oft ein Muster der Risikovermeidung, das die Betroffenen anfällig macht für unangenehme und unbefriedigende Interaktionen. Ursachen: Persönlichkeit (manche Säuglinge sind sensibler, gehemmter und vorsichtiger als andere); Gelernte Reaktion auf gescheiterte Interaktionen. Interpersonelle Probleme in der Vergangenheit können soziale Ängste betreffend der Zukunft schüren (Leary & Kowalsky, 1995). Längsschnittstudien: Kontinuität – Kleinkinder, die scheu und gehemmt sind, zeigen mit größerer W´keit als junge Erwachsene Soziale Isolation und Depressivität (Caspi, 2000). Folgen: Negative Selbstbewertung, Erwartung bei sozialen Interaktionen zu versagen, erhöhte Konformität aus Angst zurückgewiesen zu werden. Einsamkeit: Gefühl der Deprivation betreffend soziale Beziehungen; Diskrepanz zwischen dem Level an sozialem Kontakt, den eine Person hat und dem Level, das sie will. Am einsamsten fühlen sich junge Erwachsene (18-30 Jahre). 103 9.2 Anfängliche Attraktion 9.2.1 Vertrautheit Nähe: Physische Nähe ist der beste Prädiktor dafür, dass/ob zwei oder mehr Menschen eine Bindung eingehen. Die W´keit, Freundschaften mit Menschen einzugehen, die in der Nähe wohnen, ist größer (Festinger, 1950). Der Mere Exposure Effect: Allgemein: Je öfter einer Person ein Reiz präsentiert wird, desto positiver bewertet sie ihn (Zajonc, 1968). Funktioniert auch ohne bewusstes Wahrnehmen der Stimuli (Zajonc, 1980). Speziell: Je öfter wir jemanden wahrnehmen, desto wahrscheinlicher mögen wir ihn. Experiment von Scott Beach (1992): Die Porträts von 4 Frauen werden Studenten zur Bewertung vorgelegt (Aussehen, Freundlichkeit…). Im Semester zuvor hatten die Frauen an einer von den VP-Studenten besuchten Vorlesung teilgenommen und zwar (1) 15x, (2) 10x, (3) 5x und (4) nie. Ergebnis: Je öfter die Frauen (ohne Interaktionen!) die Vorlesung besuchten, desto positiver wurden sie bewertet. Vertrautheit kann sogar die Selbstbewertung beeinflussen. Experiment von Theodore Mita (1977): VPn, von denen Porträtfotos gemacht wurden, mögen ihre „mirror images“ (so, wie sie sich selbst im Siegel sehen) lieber, während ihre Freunde die echten Porträts bevorzugen. Einschränkungen des MEE: (1) Mag man einen Stimulus von Anfang an nicht, wird er bei vermehrter Darbietung noch unbeliebter (2) Wird ein Stimulus zu oft gezeigt, wird er langweilig („overexposition“) 9.2.2 Physische Attraktivität Experiment von Clifford (1973): Lehrer schätzen attraktive Schüler als erfolgreicher ein. Experiment von Chaiken (1979): Männliche und weibliche Studenten sollen andere auf dem Campus dazu bringen, eine Petition zu unterschreiben. Je attraktiver die Experimentatoren, desto mehr Unterschriften sammelten sie. Studie von Downs (1991): Richter bestrafen attraktive Personen im Durchschnitt milder. 104 Studie von Hamermesh (1994): Attraktive verdienen mehr Geld als in sonst allen Belangen vergleichbare unattraktive Menschen. Was ist „Schönheit“? Attraktivität ist objektiv. „Belege“: (1) Bei Ratings von Gesichtern herrscht große kulturübergreifende Übereinstimmung. Ebenso bei Körperproportionen (Waist-to-hip-Ratio, Körpergröße bei Männern) (2) Bestimmte Gesichtsfeatures werden bevorzugt: bei Frauen große Augen, kleine Nase, breites Lächeln…; bei Männern breiter Kiefer. „Gemittelte“ Composites werden als attraktiv beurteilt. Je mehr Gesichter für das Composite verwendet werden, desto attraktiver wird es eingeschätzt (wegen Vertrautheit, Symmetrie) (3) Bereits Säuglinge zeigen Präferenzen für attraktive Gesichter. Paradigma der Betrachtungszeit, Judith Langlois (1991). Attraktivität ist subjektiv. „Belege“: (1) Die Mittel, Attraktivität zu erhöhen, sind kulturell sehr verschieden. Was einige Kulturen anziehend finden, finden andere abstoßend. (2) Auch die Attraktivität von Körperproportionen wird unterschiedlich bewertet. (3) Die Attraktivitätsstandards ändern sich von Generation zu Generation. (4) Menschen werden umso attraktiver bewertet, je mehr sie vom Bewerter gemocht werden. Je mehr man den eigenen Partner liebt, desto weniger attraktiv sind die Alternativen. (5) Kontrasteffekte: Wird man längere Zeit attraktiven Mitgliedern des anderen Geschlechts ausgesetzt (Playboyexperiment), evaluiert man den Durchschnitt weniger positiv. Wird man längere Zeit attraktiven Mitgliedern des eigenen Geschlechts ausgesetzt, bewertet man sich selbst als weniger attraktiv. Warum werden wir von Schönheit geblendet? 1) Es ist vorteilhaft, in Gesellschaft attraktiver Menschen zu sein, weil a) das Anschauen Spaß macht und b) man selbst attraktiver beurteilt wird, wenn man sich in Gesellschaft atrraktiver Menschen befindet (Geiselman, 1964). 2) Weil man implizit annimmt, dass Menschen, die schön sind auch andere wünschenswerte Persönlichkeitseigenschaften besitzen („what-is-beautiful-isgood-streotype“). Die Erziehung (auch durch die Medien) trägt entscheidend zu diesem Stereotyp bei Schneewittchen ist schön und gutmütig, die Hexe ist hässlich und böse. Schöne Menschen werden eingeschätzt als Schöne Menschen haben mehr Freunde, 105 klug, erfolgreich, glücklich, sozial kompetent, angepasst und selbstsicher, aber eitel. bessere soziale Fertigkeiten und eine regeres Sexualleben. Schönheit steht in keiner Beziehung mit Intelligenz, Persönlichkeit, Integration, Selbstbewusstsein. Verantwortlich für diesen Stereotyp sind höchstwahrscheinlich Self-fulfillingprophecies: Experiment von Mark Snyder (1977): Je eine weibliche und eine männliche VP. Sie sitzen in separaten Räumen. Jede Vp bekommt eine Biographie ihres Partners. Die Männer bekommen zusätzlich ein (1) attraktives oder (2) unattraktives Photo von ihrer „Partnerin“. Gegenseitiges Rating der VPn Die VPn unterhalten sich über Kopfhörer Ergebnisse: 1) Die Männer, die attraktive Photos bekamen, hatten bessere Eindrücke von ihren Partnerinnen und waren freundlicher zu ihnen. 2) Die Partnerinnen von Männern, denen attraktive Photos gezeigt worden waren, wurden von EXTERNEN, OBJEKTIVEN Zuhörern positiver bewertet. Schönheit des Gegenübers „erzeugt“ andere positive Eigenschaften. Kosten und Nutzen der Schönheit Attraktive Menschen haben mehr Freunde, bessere soziale Fertigkeiten und eine regeres Sexualleben. Problem 1: Schöne Menschen können sich nicht sicher sein, ob sie die Anerkennung, die sie erhalten, auf ihre Arbeit/Charakter oder ihre Schönheit beziehen sollen. Siehe Experiment von Brenda Major (1984). Problem 2: Schöne Menschen sehen sich unter Druck gesetzt, ihre Schönheit zu erhalten (mit oft dramatischen Folgen: Bulimie, Anorexia Nervosa) Langzeiteffekte: Ellen Berscheid (1972): Attraktive College-Studenten sind später mit größerer W´keit verheiratet, aber nicht glücklicher mit ihrer Ehe und mit dem Leben an sich. 106 9.2.3 Erste Bekanntschaft Ähnlichkeit Theorie 1: Wir mögen Menschen, die uns ähnlich sind. Experiment von Theodore Newcomb (1961): Baut ein experimentelles Studentenwohnheim auf Personen mit ähnlichen Biographien mögen sich mit größerer W´keit. Personen, die sich von Anfang an mögen, nehmen auch eine Ähnlichkeit ihrer Freunde in Bezug auf Meinungen, Interessen und Werten an. Einstellungsähnlichkeit, die erst im Verlauf des Kennenlernprozesses festgestellt werden kann, bestimmt die Dauer und Kompatibilität der Beziehung(steilnehmer). 107 Theorie 2: Wir mögen keine Menschen, die uns unähnlich sind und wählen dann unter den Übriggebliebenen die Ähnlichsten aus: Matching-Hypothese: Menschen werden von anderen angezogen, die ähnlich physisch attraktiv sind. Paare, die ähnlich attraktiv sind, bleiben eher zusammen. Stimmt. Komplimentaritätshypothese: Menschen werden von Gegensätzen angezogen Nein, werden sie nicht! Andere mögen, die einen selbst mögen Fritz Heider (1958): Menschen präferieren „psychologisch balancierte“ Beziehungen. Der Partner sollte uns selbst sowie unsere Freunde mögen. Balance zwischen 2 Menschen existiert, wenn Reziprozität (z.B. gegenseitige Wertschätzung) besteht. Experiment von Rebecca Curtis (1986): Je 2 Vpn führen ein Gespräch In der Halbzeitpause wird einem Gesprächsteilnehmer gesagt, dass der andere ihn mag/nicht mag. in der 2. Halbzeit ist die Person netter/reservierter als in der 1. Halbzeit. Elliot Aronson (1965): Wir mögen Menschen eher, wenn eine Einstellungsänderung uns gegenüber vom Negativen zum Positiven hin stattgefunden hat, als wenn die Einstellung immer positiv war. Hard-To-Get-Phänomen Die Präferenz für Menschen, die in der Wahl ihres Umgangs hoch selektiv sind. Selektivität sollte allerdings nicht zu hoch sein („Arroganz“). Reaktanztheorie Teil 1: Verhindern externe Ursachen eine romantische Partnerschaft, ist das Interesse umso höher („Romeo und Julia Effekt“, „Closing-Time-Phänomen“). 108 Reaktanztheorie Teil 2: Die Attraktivität geheimer Beziehungen wie im „bridge-Experiment“ von Daniel Wegner (1994). Reaktanztheorie Teil 3: Menschen finden sich gegenseitig weniger attraktiv, wenn sie in eine Beziehung gedrängt werden (z.B. von kuppelnden Freunden, Eltern…). 9.2.4 Partnerwahl: Die Evolution des Verlangens? Männer sind laut übereinstimmenden Selbstberichten promiskuitiver als Frauen, genießen mit höherer W´keit Sex ohne emotionale Bindung, lassen eher Sex zu und haben mit höherer W´keit Fantasien von Sex mit mehreren Partnern. Die evolutionäre Perspektive Männer und Frauen unterscheiden sich von Natur aus in ihren sexuellen Verhaltensweisen: Frauen Männer Hohe Selektivität, weil biologische Grenze Eigentlich unbegrenzte Anzahl an Kindern der Anzahl der Kinder möglich Interessiert an Männern mit ökonomischen Mangelnde Fähigkeit, fruchtbare Ressourcen und dem Willen, diese auf die Partnerinnen anzuziehen; Frau zu verwenden. Vaterschaftsunsicherheit interessiert an Männern, die älter und Interessiert an jungen, attraktiven Frauen finanziell abgesichert sind oder an Männern, (Signale von Gesundheit und Fruchtbarkeit); die Ambitionen, Intelligenz, Stabilität oder interessiert an Treue. andere Zeichen von zukünftigem Erfolg zeigen. Überprüfung der Theorie durch David Buss (1989) mittels Fragebögen, kulturübergreifend. Die Vorhersagen werden in der Regel bestätigt, Männer suchen durchschnittlich 2.7 Jahre jüngere Frauen, Frauen dagegen 3.4 Jahre ältere Männer. Davis (1990): Bei der Partnerwahl werden „Männer als Erfolgsobjekte, Frauen als Sexobjekte“ angesehen. Forschung zur Eifersucht: „Eifersucht“ ist ein negativer emotionaler Zustand, der auf Grund einer wahrgenommen Bedrohung einer Beziehung entsteht. Nach der Evolutionären Perspektive sollten Männer eher sexuell eifersüchtig sein (Vaterschaftsunsicherheit), während Frauen eher emotional eifersüchtig sein sollten (Ressourcenentzug). 109 Männer sind eifersüchtiger, wenn sie ihrer Partnerin beim Flirten mit dominanten Männern zusehen; Frauen dagegen sind eifersüchtiger, wenn ihr Partner mit attraktiven Frauen flirtet. Soziokulturelle Perspektiven Kritik evolutionspsychologischer Ansätze: 1) Zur „Ressourcengeilheit“: Steven Gangestad´s (1993) Hypothese: Frauen bieten ihre Jugend und Schönheit nur dann, wenn sie keinen direkten Zugang zu Ressourcen haben. Überprüfung von Buss´s Studie. Es ist möglich, dass der niedrige sozioökonomische Status Frauen weniger wählerisch werden lässt Frauen mit hohem Status legen mehr Wert auf Attraktivität. 2) Zur „Eifersucht“: Nicht Vaterschaftsunsicherheit ist für sexuelle Eifersucht bei Männern verantwortlich, sondern die Annahme, dass sexuelle Untreue auch mit emotionaler Untreue verbunden ist. 3) Zum „Attraktivitätsrating“: Die Unterschiede sind gering; Frauen legen genauso viel Wert auf Attraktivität, wenn es um kurzfristige Affären geht (Regan & Berscheid, 1997). 4) Die Geschlechtsunterschiede sind weder universell noch vorhersagbar. 110 9.3 Enge Beziehungen „Intime Beziehung“ = Eine enge Beziehung zwischen zwei Erwachsenen, die emotionale Bindung, Erfüllung psychologischer Bedürfnisse und gegenseitige Abhängigkeit beinhaltet. Für die Beschreibung des Verlaufes einer Beziehung gibt es Stufenmodelle (Bsp. Bernard Murstein, 1986: Reizstufe Wertstufe Rollenstufe). Aber bei weitem nicht alle Beziehungen durchlaufen alle Stufen in derselben Reihenfolge. Eine beliebte Theorie ist, dass Belohnungen aller Art der „Treibstoff“ einer Beziehung sind. 9.3.1 The Intimate Marketplace: Tracking the Gains and Losses Hier 2 “quantitative” Beziehungstheorien: Theorie des Sozialen Austauschs ...behauptet, dass Menschen in ihren Beziehungen mit anderen dazu motiviert sind, die Kosten zu minimieren und die Gewinne zu maximieren (John Thibaut & Harold Kelley, 1959). Paare, die zu Beginn der Beziehung viele lohnenswerte Interaktionen haben und deren lohnenswerte Interaktionen stark zunehmen, trennen sich später mit geringerer W´keit. Comparison Level (CL) ist das durchschnittlich von einer Beziehung erwartete Ergebnis. (Hoher CL Hohe Erwartungen an den Wert der Beziehung, d.h. eine miserable Beziehung kann für Menschen mit einem niedrigen CL trotzdem lohnenswert erscheinen). Der CL wird mit dem CLalt (comparison level for alternatives) verglichen, der Vergleich entscheidet über den Verbleib in der Beziehung. Beide Vergleichslevels werden von unterschiedlichen Faktoren beeinflusst. Investment (Die Leistungen, die in eine Beziehung gesteckt wurden und an einem potentiellen Beziehungsende nicht mehr kompensiert werden können – Bsp. Zeit) steigert Commitment. 111 Zusammenfassung: Equity-Theorie („Equity Theory“): Menschen sind dann am zufriedensten mit einer Beziehung, wenn das Verhältnis von Lohn und Aufwand für beide Partner gleich ist. Als Formel: Lohn von A / Aufwand von A = Lohn von B / Aufwand von B In Frage gestellt durch eine Studie von Rodney Cate (1988): Nicht die relativen, sondern die absoluten Vorteile sind entscheidend für den Erfolg einer Beziehung. 9.3.2 Beziehungstypen Und hier einige „qualitative“ Kategorien von Beziehungen (nach Clark): (1) Austausch – Beziehungen: Die Teilnehmer erwarten und wünschen unbedingte Reziprozität. Geschäftliche Beziehungen. (2) Gemeinschaftsbeziehungen: Die Teilnehmer erwarten und wünschen gegenseitige Verantwortlichkeit für Bedürfnisse. Begrenzt auf enge Freundschaften, romantische Beziehungen, Verwandtschaft. Funktioniert, indem irgendwann im Verlauf der Beziehung eine kommunale Norm etabliert wird, die die Motivation, auf die Bedürfnisse des anderen zu reagieren automatisiert. Sichere und unsichere Bindungsstile (-typen): 112 Bindungsstil = Die Art, auf die eine Person typischer Weise mit für sie wichtigen anderen Personen interagiert. Nach John Bowlby (1988) formen Kinder in ihren ersten Lebensjahren Bindungsstile, mit denen ihre Interaktionen im späteren Leben vorhergesagt werden können. Feststellung des Bindungsstils bei Kindern (Ainsworth, 1978): Mutter spielt im Labor mit ihrem Kind Mutte verlässt Kind Mutter kommt wieder Ergebnis: sichere Bindungstypen weinen, wenn die Mutter geht und strahlen, wenn sie wiederkommt. Ängstlich unsichere weinen, wenn sie geht und reagieren mit Wut oder Meidung, wenn sie wieder kommt. Meidend unsichere zeigen keine großen Emotionen. Entgegen der Auffassung Bowlby´s fand Lee Kirkpatrick (1994), dass sich die Bindungsstile mit der Zeit verändern. 9.3.3 How Do I Love Thee? Counting the Ways Es geht um die Klassifikation der “Liebe”. 1. Theorie: John Alan Lee (1988): Primäre Liebesarten: Erotische Liebe: Freundschaftliche Liebe: Spielerische Liebe: Sekundäre Liebesarten: Pragmatische Liebe: Altruistische Liebe: Besitzergreifende Liebe: sexuelles Interesse (EROS) lange Freundschaft, Interesse (STORGE) Verführung, Sex, Hier und Jetzt (LUDUS) Nutzen einer Partnerschaft (PRAGMA) Bedürfnisse des Anderen, Opferbereitschaft (AGAPE) Exklusivität, Fokussierung, Eifersucht (MANIA) 113 2. Theorie: Robert Sternberg (1986): „Trianguläre Theorie der Liebe“: Liebe hat 3 Basiskomponenten (Intimität, Leidenschaft und Commitment), die zu 8 Subtypen kombiniert werden können. Schema: Intimität ist die emotionale Komponente der Liebe. Beinhaltet Gefühle des Mögens und der Verbundenheit. Leidenschaft ist die motivationale Komponente der Liebe. Beinhaltet Triebe, die Attraktion, Romantik und sexuelles Verlangen auslösen. Commitment ist die kognitive Komponente der Liebe. Zeigt die Entscheidung, eine längerfristige Beziehung einzugehen. In allen Liebestheorien wird „Mögen“ (liking) von „Lieben“ (loving) unterschieden. Nach Zick Rubin (1973) stellen liking und loving zwei unterschiedliche Reaktionen auf intime Beziehungen dar. Aber der Übergang zwischen beiden ist unscharf. 114 Alternative von Elaine Hatfield (1988): Unterscheidung zwischen „Passionate Love“ und „Companionate Love“. Im Einzelnen: „Passionate Love“ : Leidenschaftliche Liebe. Eine romantische Liebe, die durch hohe Erregung, intensive Attraktion und Angst vor Zurückweisung gekennzeichnet ist. Nach Ellen Berscheid (1974) ist leidenschaftliche Liebe eine Emotion und kann gemäß der 2Faktoren-Theorie von Schachter in einen Zustand erhöhter physiologischer Erregung und der Attribution der Erregung auf die in Frage kommende Person analysiert werden. Dabei kann es auch zu Missattributionen durch „Excitation Transfer“ kommen: Experiment von Dutton & Aron (1974): Männliche (freiwillige?) VPn gehen über eine von 2 Brücken. Eine Brücke ist schmal und 60m hoch, die andere breit und nur 3m hoch. Am Ende der Brücke treffen sie eine attraktive Forschungsassistentin, die die Vpn bittet, einen Fragebogen auszufüllen und ihnen anschließend ihre Telefonnummer gibt für den Fall, dass sie noch Fragen zu dem Forschungsprojekt haben Männer, die die 60m-Brücke überquert hatten, riefen öfter an, wahrscheinlich weil sie ihre physiologische Erregung fehlattribuiert hatten. In einem Review kommt Craig Foster (1998) zu dem Schluss, dass der Effekt des ET selbst dann auftritt, wenn die Vpn die Quelle ihrer physiologischen Erregung kennen Auch ohne Fehlattribution. Wenn man erregt ist, werden gut aussehende Menschen anderen Geschlechts (oder halt einfach das, auf was man so steht) als noch besser aussehend bewertet, während hässliche Leute noch hässlicher werden. Automatische Reaktion Nach Pamela Regan und Ellen Berscheid (1998) ist sexuelles Verlangen für viele ein wichtiger Teil leidenschaftlicher Liebe (wer hätte das gedacht!?). Interessante Befragung: „Wenn jemand alle Qualitäten hätte, die du schätzt, aber du liebst ihn/sie nicht, würdest du ihn/sie trotzdem heiraten?“ 1967: 35% der Männer und 76% der Frauen sagen „ja“ 1986: 14% der Männer und 20% der Frauen sagen „ja“ Interpretation: - Der große Unterschied bei der Frauengeneration reflektiert die Tatsache, dass eine Ehe aus Liebe einen ökonomischen Luxus darstellt, den sich früher nicht viele Frauen leisten konnten (Simpson, 1986). - Es gibt große kulturelle Unterschiede (4% in USA, 49% in Indien) Individualismus vs. Kollektivismus (kleine Repräsentativitätsheuristik: wann hast du zum letzten mal im Radio einen „westlichen“ Lovesong gehört, in dem die Zeilen „Ich mache deine Familie glücklich“ oder „Baby, sei für meine Freunde da“ vorkamen?) 115 „Companionate Love“: Freundschaftliche Liebe. Sowohl zwischen engen Freunden, als auch bei Liebenden. Grundlagen sind Vertrauen, Fürsorge, Respekt, Freundschaft und längerfristiges Commitment. In der Regel länger andauernd als PL. Wichtigstes Charakteristikum ist Self-Disclosure („Selbstoffenbarung“?): Offenbarungen über intime Gefühle und Fakten von sich selbst vor anderen. Je größer die emotionale Involviertheit in einer Beziehung, desto wahrscheinlicher wird die Selbstoffenbarung. Laut Nancy Collins (1994) gibt es dafür 3 Gründe: (1) Wir offenbaren uns Leuten, die wir mögen (2) Wir mögen Leute, die sich uns offenbaren (3) Wir mögen Leute, denen wir uns anvertraut haben. Irving Altman´s (1973) „Social Penetration Theory“ : Lügen und Täuschungen werden umso weniger verwendet, je enger die Beziehung ist. Zu Beginn einer Beziehung offenbart man sich nur so weit, wie es der Partner tut (Reziprozitätsprinzip). Selbstoffenbarung ist zwischen Frauen häufiger und Frauen gegenüber offenbaren sich Angehörige beider Geschlechter häufiger. 116 9.3.4 Beziehungsthemen: Die „Verbindung“ Mann-Frau Sexualität In den 1940ern führten Alfred Kinsey und Kollegen den berühmt gewordenen Report über die sexuellen Aktivitäten und Praktiken der Nordamerikaner durch. Ergebnisse: Sexuelle Aktivität und Varietät waren ausgeprägter, als damals vermutet. Bis heute untersuchen die Kinsey Institute Sexualverhalten. In den allermeisten Fällen basieren die Untersuchungen zum Sexualverhalten auf Selbstberichten. Entsprechend kritisch sind die Resultate zu bewerten. Einige Befunde sind jedoch sehr konsistent: (1) Männer beschreiben sich als offener und aktiver in Bezug auf Sex (Simpson, 1992). (2) Die sexuellen Rollen unterscheiden sich (Männer sind eher „Eroberer“, Frauen eher „Torwächter“) (3) Männer sehen die Welt mehr „sexualisiert“ als Frauen. Experiment von Antonia Abbey (1982): Paare von männlichen und weiblichen Studenten unterhalten sich, einige andere werten das Gespräch hinsichtlich sexueller Andeutungen und Gesten aus Ergebnis: Männer fühlen sich mehr sexuell angezogen als Frauen; Frauen werden von männlichen Beobachtern als verführerischer und flirtgeiler dargestellt, als sie sich selbst bewerten. Eifersucht Nochmal: Eifersucht ist die wahrgenommene Bedrohung für eine Beziehung. Dabei muss weder die Bedrohung noch die Beziehung real existieren (Stalking). Eifersucht tritt vermehrt dann auf, wenn die Beziehung neu ist und/oder ein Partner sehr von der Beziehung abhängt und/oder sich ein Beziehungspartner unsicher ist. Nach David Buss (2000) ist Eifersucht eine adaptive Emotion, die Paare zusammenhält, jedoch auch die gefährliche Seite der Aggressivität (insbesondere bei Männern) hat. Das Verhalten, das Eifersucht auslöst (Anschauen, Flirten, Küssen, Sex) ist kulturell verschieden, ebenso die Verhaltensreaktionen, die von Eifersucht ausgelöst werden (Meidung, körperliche Bestrafung). Ehe 73% aller amerikanischen (!) College-Studenten geben an, die meisten ihrer Lebensziele für eine lebenslange Beziehung zu opfern. Dennoch liegt die Scheidungsrate in den USA bei 50-60% bei den ersten Ehen und noch höher bei den folgenden. Die Zufriedenheit in der Ehe nimmt bei den meisten Paaren in den ersten 10 Jahren schrittweise ab mit zwei gravierenden Einschnitten nach 1 (Wegfall der 117 Idealisierung) und nach 8 Jahren. Der Stress durch Kindererziehung kann teilweise dafür verantwortlich gemacht werden. Eine Lösung für Eheprobleme können nach Arthur Aron (2000) gemeinsame Aktivitäten sein. Kommunikation und Konflikt Kommunikationsprobleme gehören zu den am meisten genannten Ehe/Beziehungsproblemen und sind für die meisten Scheidungen mitverantwortlich. Negative Affektreziprozität (ein „tit-for-tat“-Austausch negativer Gefühle) ist dabei ein häufiges Muster. In Konfliktsituationen haben Männer und Frauen unterschiedliche Strategien, die oft selbst die Konflikte verschärfen: Männer ziehen sich eher zurück, während Frauen eher fordernd und offen (re-)agieren. Je größer die Diskrepanz im Muster der Konfliktbewältigung und Kommunikation, desto wahrscheinlicher sind Probleme und Scheidung. Lösungen: (1) Wenn bei einem Thema Konflikt herrscht, sollten sich beide Partner auch der anderen Themen, in denen kein Konflikt herrscht, gewahr bleiben. (2) Beide Partner sollten versuchen, zunächst einmal den Standpunkt des anderen zu verstehen. Der von den Partnern gewählte Attributionsstil entscheidet häufig über das Überleben der Beziehung. Beziehungsfördernde Attribution (schlechte Stimmung wird als vorübergehend, gute Stimmung als Persönlichkeitsmerkmal interpretiert) vs. Streiterhaltende Attribution. Trennung Die Enge der Beziehung und die Stärke der Interdependenz zwischen den Partnern korreliert sowohl mit der Länge der Beziehung als auch mit dem Eindruck, den eine Trennung hinterlässt. 118 10 Helping Others Gliederung: 10.1 Evolutionäre und Motivationale Faktoren: 10.2 Situationale Einflüsse: 10.3 Persönlichkeitseinflüsse: 10.4 Interpersonale Einflüsse: 10.5 Reaktionen auf Hilfeleistung 10.6 „Hilfsverbindungen“ „Warum?“: „Wann?“: „Wer?“: „Wem?“ In diesem Kapitel geht es um Hilfeleistung und Hilfeempfang. 10.1 Evolutionäre und Motivationale Faktoren der Hilfeleistung 10.1.1 Evolutionäre Faktoren Das egoistische Gen Die evolutionäre Perspektive geht nicht vom Überleben des fittesten Individuums aus, sondern von Überleben der fittesten Gene des Individuums. Dementsprechend sollte menschliches Verhalten unter dem Gesichtspunkt betrachtet werden, welchen Beitrag es zum Reproduktionserfolg (in natürlichen, steinzeitlichen Umgebungen) hat: Empfang, Geburt und Überleben des Nachwuchses über viele Generationen. Erhöht ein bestimmtes soziales Verhalten den Reproduktionserfolg wird es wahrscheinlich an kommende Generationen weitergegeben. Kinship Selection = Die Präferenz, genetisch Verwandten zu helfen, wodurch die gemeinsamen Gene überleben. Angeborenes Verhalten bei vielen Arten. Befragungen von Eugene Burnstein (1994): Hilfeleistung ist wahrscheinlicher bei nahen Verwandten vs. entfernten Verwandten (mehr identische Gene) und bei jüngeren Verwandten vs. älteren (größere Reproduktionsw´keit). 119 Reziproker Altruismus Hilfeleistung erhöht die W´keit, dass einem geholfen wird. Wenn A hilft B und B hilft A in einem reziproken Akt, erhöht sich die Überlebenschance beider Individuen. Im Laufe der Evolution sollten diese „reziproken Gene“ florieren. Kommt im Tierreich auch zwischen Spezies vor: Symbiose. Experiment von Robert Seyfarth (1984): Hilferufe von Affenweibchen werden aufgenommen und einer Gruppe von anderen Affenweibchen vorgespielt. Die eine Hälfte der Gruppe wurde vorher von dem Affenweibchen gelaust, die andere nicht Ergebnis: Die Aufmerksamkeit gegenüber den Hilferufen ist bei den zuvor gelausten Tieren höher. Kooperative Gruppen Viele Hilfeleistungen können weder durch egoistische Gene, noch durch reziproken Altruismus erklärt werden (Bsp.: Man hilft einem Verwundeten ohne viele Chancen, dass er sich jemals revanchieren kann). Das Modell der Gruppenselektion von Elliot Sober und David Wilson (1998) bietet eine Erklärung: Der Reproduktionserfolg ist abhängig vom Schutz der eigenen Interessen relativ zu den Interessen anderer (= Egoismus), aber er ist auch abhängig vom Schutz der eigenen Gruppe relativ zu anderen Gruppen. Im Tierreich gibt es viele Beispiele, in denen Mitgliedern der eigenen Ingroup (Herde, Spezies…) ohne direkte Reproduktionsvorteile geholfen wird. 10.1.2 Der Lohn der Hilfeleistung Hilfeleistung ist umso wahrscheinlicher, je höher der potentielle Nutzen der Aktion in Relation zu den potentiellen Kosten scheint (Beispiel Blutspende: Niedrige Kosten gegenüber Anerkennung anderer, Sicherung des eigenen Überlebens - ) Das Arousal: Cost-Reward-Model besagt, dass Menschen in Notsituationen zunächst mit physiologischer Erregung reagieren. Die entstehenden unangenehmen Emotionen sollen möglichst kosteneffektiv abgebaut werden Abwägung der Kosten einer Hilfeleistung und des möglichen Nutzens Hilfeleistung(?) Sich gut fühlen Selbstwertgefühl Hilfeleistung bedroht, Schuldgefühle 120 Selbsthilfe durch Hilfeleistung erhöht das Selbstwertgefühl und mindert Schuldgefühle, die durch eigene Fehler entstanden sind. Studie von Carolyn Schwartz (1999): Pfleger von Patienten mit MS zeigen über die Jahre einen deutlichen Anstieg des Selbstwertgefühls. Entwicklungsmäßig lernen Kinder zunächst die unmittelbaren positiven Folgen der Hilfeleistung (Lob von den Eltern, kleine Aufmerksamkeiten). Als Erwachsener belohnt man sich dann oft selbst, indem man Stolz empfindet. Gut Sein (oder so erscheinen…) „Man tut das Richtige“: D.h. die Hilfeleistung basiert auf der Motivation, gemäß moralischen Prinzipien zu handeln. Die Bestätigung der eigenen Moral führt wiederum dazu, dass man sich gut fühlt. Moralische Heuchelei: Der Versuch, andere und sich selbst davon zu überzeugen, dass man moralisch handelt, obwohl man in Wahrheit motiviert ist, moralisch zu erscheinen. Beispiel: Du willst dir mit 3 Freunden das WM-Spiel Costa-Rica gegen Polen anschauen, erhältst aber nur 2 Restkarten. Weil du ein moralischer Heuchler bist, bietest du an, die 2 Karten unter euch zu verlosen. Du manipulierst die Auslosung und gehst mit deinem besten Freund zum Spiel. Overhelping: Die Motivation, anderen zu schaden, indem man vorgibt, ihnen zu helfen. Beispiel: Ein(e) KollegIn steht kurz vor Abschluss eines bedeutenden Projektes. Weil du ein moralischer Heuchler bist, hilfst du ihm/ihr, obwohl du weißt, dass er/sie eigentlich keine Hilfe braucht. Anschließend erbst du einen Teil des Lohns und die anderen Leute denken sich: Ok, XY hat gute Arbeit geleistet, aber ob er/sie es ohne DEINE Hilfe geschafft hätte? 121 Kosten der Hilfe/Nicht-Hilfe Erziehung, Bildung und Erfahrung scheinen eine Rolle bei der KostenNutzen-Analyse und damit bei der Entscheidung für oder gegen eine Hilfeleistung zu spielen: Experiment von Robert Frank (1993): Manche Gruppen etablieren (formelle oder informelle) Gesetze und Normen, die die Kosten von unterlassener Hilfeleistung erhöhen. (Bsp.: In Deutschland gesetzlich geregelt). 122 10.1.3 Altruismus oder Egoismus: Die Große Debatte Definitionen der Autoren: Altruistisches Handeln ist vom Wunsch motiviert, das Wohlergehen anderer zu fördern, während Egoistisches Handeln vom Wunsch motiviert ist, das eigene Wohlergehen zu fördern. Die Empathie-Altruismus-Hypothese Modell des Altruismus von Daniel Batson (1991): Es gibt eine tatsächliche altruistische Motivation, die eine Konsequenz von Empathie ist. Empathie hat eine kognitive Komponente (Perspektivübernahme) und zwei emotionale Komponenten: Persönliches Leiden („personal distress“ das man empfindet, wenn man eine Person in Not beobachtet) + Empathische Fürsorge („empathic concern“) In Bildern: 123 Nach Batson kann man Altruismus von Egoismus folgender Maßen trennen: Man gibt einer Gruppe von VPn eine hohe Chance, der Hilfeleistung zu „entkommen“, für die andere Gruppe macht man das Entkommen schwierig. Altruisten erkennt man daran, dass sie helfen, egal was passiert (auch wenn sie nicht helfen müssten). Bemerkenswerter Befund: Man handelt meist „altruistisch“, wenn Einstellungsähnlichkeit zwischen dem Helfenden und dem Geholfenen herrscht. Beispielexperiment von Batson (1981): 124 Egoistische Alternativen 1) Empathie fördert Hilfeleistung nicht wegen der Sorge um andere, sondern der Sorge über die Kosten, die für das Selbst entstehen, wenn man nicht hilft. 2) Negative State Relief Model (Cialdini, 1987) Empathie betont den potentiellen Nutzen der Hilfeleistung. Prinzip: Empathie steigert Gefühle der Traurigkeit, das Verlangen nach Aufheiterung wächst, Hilfeleistung zur Stimmungsaufheiterung. 3) Empathic Concern erhöht die Sensibilität des Helfers für die positiven Gefühle, die die Hilfe erhaltende Person empfindet und bewirkt, dass der Helfer Empathic Joy empfindet. Forschung unterstützt beide Seiten (Altruismus – Egoismus). Keine klare Lösung, keine Tendenz erkennbar. Altruismus vs. Egoismus: Grenzen und Konvergenz - Jede Hilfeleistung könnte aus einem Mix von altruistischen und egoistischen Motiven entstehen. Motive garantieren nicht Verhalten altruistische Motive können durch hohe Kosten der Hilfeleistung in den Hintergrund gedrängt werden. Und um alles in Frage zu stellen: Verschmelzen Egoismus und Altruismus vielleicht genau an dem Punkt, an dem die Empathie, das Hineinversetzen in den anderen, das Mit-Leiden und die Fürsorge ansetzt: Verwechselt der Helfer das „Ich“ mit einem „Wir“? 10.1.4 Warum die Unterscheidung zwischen den Motivationen zur Hilfeleistung? Die oben stehende Debatte markiert den Übergang von Psychologie zu Philosophie. Aber ist es in Notsituationen wirklich relevant, welches Motiv der Helfende hat? Ist es nicht scheißegal, ob der Kerl, der mich aus dem brennenden Auto zieht, sein Ich mit dem Wir verwechselt, ein Verlangen nach Aufheiterung hat oder seinen Genpool vergrößern will? Nein. Es ist wichtig, die Motive zu trennen, um Vorhersagen treffen zu können, wer in welcher Situation am wahrscheinlichsten hilft. An dem Punkt darf noch viel geforscht werden… 125 10.2 Situationale Einflüsse 10.2.1 Die Nicht Hilfsbereite Menge Der „Bystander-Effekt“: Die Anwesenheit anderer hemmt Hilfeleistung. 1964 wird Kitty Genovese auf offener Straße mit dem Messer angegriffen und sexuell belästigt. 38 ihrer Nachbarn beobachten den Angriff, erst nach 45 Minuten ruft jemand die Polizei. Kitty stirbt. Experiment von Bibb Latané (1970): VPn werden in Paaren oder in Gruppen von 3-6 Leuten zu einer Diskussion eingeladen, die sie vertraulich über Intercom führen sollten. Während der Diskussion gibt einer der Teilnehmer (ein Konföderierter) vor, einen Anfall zu erleiden, er fleht die anderen um Hilfe an und verstummt schließlich Ergebnis: Hilfeleistung ist abhängig von der Gruppengröße. In den 2er-Gruppen leisteten alle Hilfe (da sie annahmen, dass sie die einzigen waren, die den Anfall mitbekamen), während in den 6er-Gruppen nur in 38% der Fälle geholfen wurde. Theorie der Hilfeleistung in Notfällen nach Latané und John Darley (1970): 126 Wichtig: Der Theorie nach genügt 1 ausgelassener Schritt, damit die Hilfeleistung nicht zustande kommt. Im Einzelnen: Schritt 1: Bemerken. Schritt 2: Interpretieren. Pluralistische Ignoranz ist der Zustand, in dem die Umstehenden fälschlicherweise annehmen, dass ihre eigenen Gefühle und Gedanken sich von denen der anderen Umstehenden unterscheiden, obwohl alle sich gleich verhalten. Nicht auf Hilfeleistung beschränkt (Bsp. Schule: keiner versteht den Stoff, aber jeder denkt, alle anderen tun es). Experiment von Latané (1968): VPn sitzen allein oder mit 2 anderen in einem Raum über einem Fragebogen. Plötzlich kommt unter der Tür Rauch durch. Wenn sie allein sind, melden 75% der VPn den Rauch, wenn sie zu dritt sind, fast niemand, weil sich jeder mit einem kurzen Blick auf seinen Nachbarn von dessen „Sorglosigkeit“ überzeugt und die Situation falsch interpretiert. Schritt 3: Verantwortung übernehmen. Diffusion der Verantwortung ist der Glaube, dass andere die Verantwortung für die Hilfeleistung übernehmen werden/sollten. Verstärkt bei Anonymität (Kitty Genovese). Bestimmte Rollen bringen jedoch Verantwortung mit sich: Ärzte, Psychologen, Securities, Anführer von Gruppen… Schritt 4: Entscheiden, wie man hilft. Wegen mangelnder Kenntnisse wird meist auf indirekte Hilfeleistung zurückgegriffen. Schritt 5: Hilfe leisten. Audience inhibition ist die Zurückhaltung Hilfe zu leisten aus Angst, dass man auf die Beobachter einen schlechten Eindruck macht. Wie in einer Menge Hilfe erhalten? (1) Ambiguität verhindern: Hilfsbedürftigkeit klar und unmissverständlich ausdrücken. (2) Diffusion der Verantwortung verhindern: Einzelne gezielt ansprechen. 10.2.2 The Place We Live In ländlichen Gegenden wird mehr geholfen als in urbanen Gegenden. Mögliche Gründe: - Reizüberflutung - Heterogenität der Bevölkerung - Anonymität und geringere Verantwortung In dicht besiedelten Gebieten ist die W´keit für Hilfeleistung geringer, ebenso in Gegenden mit hohen Lebenshaltungskosten. Annahme: Höherer Stress weniger Hilfsbereitschaft. 127 10.2.3 Zeitdruck Verursacht: - Nichtbeachten von Notsituationen - Weniger Verantwortungsbewusstsein - Höhere Kosten durch verlorene Zeit Experiment von John Darley & David Batson (1973): “Der gute Samariter”. Labor 1. Manipulation 2er Uvs: (a) Die folgende Diskussion geht über die Parabel vom guten Samariter / Die folgende Diskussion geht über Studentenjobs (b) Den Vpn wird gesagt, dass sie in Labor 2 gehen sollen und dass sie noch viel Zeit dazu haben / genau im Zeitplan liegen / spät dran sind Auf dem Weg zu Labor 2 treffen sie auf eine Hilfe suchende Person UV (a) hat keine Auswirkung auf die Hilfeleistung; UV (b): nur 10% der Vpn, die zu spät dran sind, helfen gegenüber 45% (im Zeitplan) und 63% (viel Zeit). 10.2.4 Helfen und Stimmung Good-Mood-Effect: Gute Stimmung erhöht W´keit für Hilfeverhalten. Experiment von Michael Cunningham (1979): An sonnigen Tagen geben die Menschen mehr Trinkgeld. Experiment von Robert Baron (1997): In einer Mall wechseln die Leute 1$ an gut riechenden Plätzen (Bäckerei, Kaffeeladen) eher als an neutral riechenden Plätzen (Bekleidungsgeschäft); wahrscheinlich deshalb, weil sie dort bessere Laune haben. Schlechte Stimmung Schuld bezeichnet unangenehme bis leidvolle Gefühle, die durch den Glauben entstehen, dass man seine eigenen Standards verletzt hat oder durch den Glauben, dass andere die Verletzung des eigenen Standards wahrnehmen. Funktion (nach Roy Baumeister, 1994): verbessert, erhält und repariert existierende Beziehungen. Schuldgefühle können übertragen werden, d.h. Schuld motiviert uns, die nächstbeste soziale Beziehung zu retten W´keit für Hilfeleistung erhöht. Allgemein: Negative Stimmungen können Hilfeleistung fördern. Erklärung durch das Negative State Relief Model (Cialdini, 1987): Helfen fühlt sich gut an Stimmungsaufbesserung. Wichtige Variablen: (1) Verantwortung: Nur bei Verantwortungsübernahme für die schlechte Stimmung entsteht Schuld und damit eine höhere W´keit für Hilfeleistung. (2) Selbstfokus: Mindert Chance auf Hilfeleistung gegenüber anderen (3) Reflexion über persönliche Werte (na ja, wenn man dagegen das „Samariterexperiment“ anschaut…) 128 10.2.5 Role Models und Soziale Normen Vorbilder („Role models“) können real oder imaginär (TV) sein. Warum regen uns Modelle anderer zum Helfen an? (1) Vorbilder zeigen Verhalten, das direkt imitiert werden kann. (2) Vorbilder werden belohnt (3) Lernen Sozialer Normen. Soziale Norm = Allgemeine Verhaltensregel, die Standards für erwünschtes und unerwünschtes Verhalten reflektiert. Unmittelbar anwendbare Normen: (1) Norm der Reziprozität (s.o.) (2)Norm der Gleichheit/Gerechtigkeit („norm of equity“): In Situationen, in denen man sich übermäßig begünstigt sieht tendiert man dazu, anderen weniger Begünstigten zu helfen. Norm der Sozialen Verantwortung: Ein moralischer Standard, der besagt, dass man denen helfen soll, die Unterstützung brauchen. D.h. es wird denen gegeben, die es am meisten brauchen und nicht denen, die es am meisten verdienen (Gerechtigkeitsnorm). Probleme: - Normen meist sehr allgemein und abstrakt - Menschen haben unterschiedlichen Vorstellungen (z.B. von Fairness) und unterschiedliche Wahrnehmungen in vergleichbaren Situationen Kulturelle Unterschiede Bsp.: Inder sehen Reziprozität als moralische Verpflichtung an, US-Amerikaner betonen die Wahlfreiheit, reziprok zu handeln oder nicht. Zu kulturellen Unterschieden bei der Norm der Sozialen Verantwortung: 129 10.3 Persönlichkeitseinflüsse 10.3.1 Die Altruistische Persönlichkeit Situationale Faktoren dominieren individuelle Differenzen. Individuelle Differenzen existieren aber und sind über die Lebensspanne relativ stabil. Genetische Komponente? Monozygote Zwillinge ähneln sich in ihrem Hilfeverhalten stärker als dizygote Zwillinge. Verbindung: Altruismus – andere Persönlichkeitseigenschaften: Vorhersagen auf Grund der Persönlichkeit des potentiellen Helfers können nur situationsspezifisch getroffen werden. Einige Persönlichkeitsvariablen, die in bestimmten Kontexten mit größerer Hilfsbereitschaft korrelieren: Empathie, Attribution von Ereignisursachen auf die eigene Kontrolle, kollektivistische Orientierung, Extraversion, Offenheit, Kompromissbereitschaft „In sum, research provides some insight into the traits and characteristics that may be associated with helpful behavioral tendencies, but more research is needed before a conclusion can be reached about the make-up of the altruistic personality. The research thus far does point to two qualities that seem essential for such a personality: Empathy and Advanced Moral Reasoning.” 10.3.2 Individuelle Differenzen bei Empathie und moralisch-logischem Denken Empathie: Obwohl Empathie allein noch nichts über die Motivation zu helfen aussagt, ist sie ein guter Prädiktor für jegliches prosoziales Verhalten (also auch Hilfeleistung). Moralisch-logisches Denken („moral reasoning“): Korreliert positiv mit Hilfeverhalten. MR beinhaltet, dass man die Bedürfnisse anderer bei der Handlungsplanung berücksichtigt. 130 Paul Miller (1996): Die Kombination aus E und MR ist entscheidend für Hilfeverhalten. Experiment: 10.3.3 Elterliche und familiäre Einflüsse … tragen entscheidend zur Entwicklung von Empathie und MR bei. Mit prosozialem Verhalten assoziierte Eigenschaften des familiären Umfeldes sind (nach Ma & Leung, 1995): Zusammenhalt; Harmonie; wenig Ausdruck von Ärger, Aggression, Konflikt; Intellektuelle und Kulturelle Aktivitäten Identifikation mit wenigstens einem Elternteil (der dann als Role Model dient) scheint mit altruistischem Verhalten verbunden zu sein. Sätze wie „Die anderen Kinder werden unglücklich sein, wenn du sie nicht mit deinem Bagger spielen lässt“ anstatt „Ich werde unglücklich sein, wenn du die anderen Kinder nicht mit deinem Bagger spielen lässt“ fördern Perspektivübernahme und Empathie. 131 10.4 Interpersonale Einflüsse Wem hilft man? Gibt es Personen(-gruppen), denen eher geholfen wird? 10.4.1 Wahrgenommene Charakteristika der Hilfe suchenden Person (1) Attraktivität: Experiment von Peter Benson (1976): K lässt in einer Telefonzelle eine Bewerbungsmappe, ein Foto (attraktiv vs. unattraktiv!) und einen adressierten Briefumschlag zurück. Die Sachen werden bei Attraktiven häufiger zurückgeschickt. Umfasst neben physischer Attraktivität auch Freundlichkeit, Charisma und andere Eigenschaften, die die Tendenz zur Affiliation erhöhen. (2) Attributionen auf Verantwortlichkeit: AAA-Theorie („attribution-affect-action“, Weiner): Wenn Personen nicht für ihre Notsituation verantwortlich gemacht werden (attribution), erregen sie Sympathie (affect) und ihnen wird geholfen (action). Wird den Notleidenden dagegen persönliche Kontrolle über die Ursachen bescheinigt, empfindet man eher Ärger oder Unverständnis. Die Tendenz, persönlich oder external zu attribuieren, ist von Beobachter zu Beobachter verschieden (siehe Kap. 4). 10.4.2 The Fit between Giver and Receiver Hilfeverhalten hängt oft davon ab, ob Hilfeleistender und – empfänger in irgendeiner Weise „zusammenpassen“. Ähnlichkeit: Ähnlichkeit erhöht die Empathie; Empathie erhöht die W´keit der Hilfeleistung. Enge der Beziehung: Menschen, die in einer „communal relationship“ (siehe Kap. 9) zueinander stehen (Freunde, Paare) fühlen gegenseitige Verantwortung für die Bedürfnisse des anderen. Menschen, die in einer „exchange relationship“ (siehe Kap. 9) zueinander stehen (Bekannte, Geschäftspartner) helfen im Sinne der Reziprozitätsnorm. Menschen in CR´s helfen mehr und bereitwilliger. Ausnahme: Bei für das Selbstwertgefühl wichtigen Aufgaben wird Freunden weniger geholfen als Fremden Sozialer Vergleich. 132 Geschlecht: Situationsabhängig: Männer helfen eher in Situationen, in denen sie positive Selbstpräsentation betreiben können (als „Retter“ erscheinen können). Frauen betreiben mehr „social support“. 10.5 Reaktionen auf den Empfang von Hilfe Theorie von Jeffrey Fisher & Arie Nadler: „Threat-to-Self-Esteem-Model“ Die Reaktionen auf Hilfeleistung hängen davon ab, ob Hilfe als Unterstützung oder Bedrohung wahrgenommen wird. Hilfe ist dabei unterstützend, wenn sich der Empfänger geschätzt und umsorgt fühlt. Hilfe ist bedrohlich, wenn sich der Empfänger minderwertig und abhängig fühlt. (1) (2) (3) Bedingungen, unter denen Hilfe als bedrohlich empfunden wird: Empfänger mit hohem Selbstwertgefühl reagieren negativer Wenn sich Empfänger und Hilfeleistender ähnlich sind Wenn es sich um eine Selbstrelevante Aufgabe handelt Ähnlichkeitseffekte sind geringer in engen Beziehungen (in denen sowohl Ähnlichkeit als auch gegenseitige Hilfe erwartet wird). Alter: Kinder reagieren weniger negativ auf Hilfe. Stigmatisierte Personen sind anfälliger für negative Reaktionen auf empfangene Hilfe. 10.6 The Helping Connection (Zusammenfassung) Soziale Verbindungen sind in verschiedenen Kulturen unterschiedlich stark ausgeprägt. Die allgemeine „Tiefe“ der Verbindungen korreliert positiv mit dem Hilfeverhalten. Verbindungen sind ein zentrales Thema in der sozialpsychologischen Hilfe-Forschung. Beispiele (Zusammenfassung des Kapitels): (1) Die Evolutionspsychologie betont die genetische Verbindung bei der Reziprozität, bei Hilfeleistungen unter Verwandten und Hilfeverhalten innerhalb der Ingroup. 133 (2) Zwei Arten von Verbindungen sind zentral für die Empathie-Altruismus-Hypothese: Die kognitive Verbindung der Perspektivübernahme und die emotionale Verbindung der empathischen Fürsorge. (3) Bei einem Notfall helfen Anwesende eher, wenn sie mit dem Opfer irgendwie verbunden sind (oder sich so fühlen). (4) Menschen, die mit Empathie auf das Leiden anderer reagieren und deren Notlage im Licht ihres eigenen moral reasoning überdenken, helfen eher als andere. (5) Wahrgenommene Verbindung durch Ähnlichkeit fördert Hilfeleistung. (6) In einer engen Beziehung fällt es leichter, zu geben und Hilfe zu empfangen. Vermutung: Die genannten Theorien legen die Vermutung nahe, dass eine wichtige Voraussetzung für Hilfeverhalten das Erkennen von anderen Individuen, mit denen wir eine bedeutsame Verbindung haben, ist. Diese Verbindung kann sehr eng gesehen werden (Ehepartner) oder im weitest möglichen Rahmen interpretiert werden (Bsp.: Oskar Schindler) 134 11 Agression Gliederung: 11.1 Was ist „Aggression“ 11.2 Kulturelle und Geschlechtsunterschiede 11.3 Ursprünge der Aggression 11.4 Situationale Einflüsse auf Aggressionen 11.5 Medien: Gewaltszenen 11.6 Private, Intime Gewalt 11.7 Gewalt reduzieren In diesem Kapitel geht es um die Aggression, die von Individuen ausgeht. Zur Gruppenaggression siehe Kap. 8. 11.1 Was ist „Aggression“? Definition der Autoren: „Aggression bezeichnet Verhalten zum Zweck der Verletzung einer anderen Person, die nicht verletzt werden will.“ Ausprägungen aggressiven Verhaltens: Allein die Absicht, jemanden zu verletzen, wird als aggressives Verhalten verstanden. Aggression kann physisch oder verbal sein. Einzelne, extrem aggressive Verhaltensweisen werden in der Sozialpsychologie als Gewalt bezeichnet, während unter Wut/Zorn starke Unmutsgefühle als Antwort auf wahrgenommene Verletzungen verstanden werden. Feindseligkeit schließlich ist eine negative, antagonistische Einstellung gegen über einer anderen Person/Gruppe, die aber ebenso wie Wut nicht zwangsläufig mit Aggression verbunden sein muss. 135 Instrumentelle Aggression = Gewaltanwendung zur Erreichung von Zielen. Emotionale Aggression = Gewalt um ihrer selbst Willen. Kann impulsiv oder berechnend sein. Die Grenze zwischen IA und EA ist nicht klar. Existiert nur IA allein oder lässt sich die Gewalt als Kontinuum mit den Endpunkten IA und EA darstellen? 11.2 Kulturelle und Geschlechtsunterschiede 11.2.1 Kulturelle Schwankungen Kulturelle Unterschiede gibt es sowohl in der qualitativen und quantitativen Ausprägung der Aggression, als auch in den Definitionen von Gewalt und Aggression, die von den gesellschaftlichen Normen geprägt werden. Besonders breit ist der Grenzbereich von Erziehung und Gewalt. Bruce Bonta (1997) nennt in einem weltweiten Kulturvergleich 25 Kulturen, die nahezu gewaltfrei sind. Gemeinsam ist diesen Kulturen, dass sie Kooperation fördern und Wettbewerb zwischen Gruppenmitgliedern vermeiden. Innerhalb einer Kultur hängt Aggression oft von Variablen wie Alter, Rasse, soziale Klasse und Religion ab. Die aggressivste Gruppe (die auch am meisten unter aggressivem Verhalten leidet) sind – zumindest in den USA – die 14-24jährigen. 11.2.2 Geschlechtsunterschiede Gewalt: Männer sind gewalttätiger als Frauen. In den USA sind 90% der Mörder und 76% der Mordopfer Männer. Aggression: Hängt von der Aggressionsdefinition ab. Männer zeigen mehr physische Aggression. Nimmt man aber verbale und indirekte (soziale Verletzung) Aggression in den Gewaltbegriff auf, gleicht sich die 136 Aggressionshäufigkeit beider Geschlechter an. Die verbale Aggression ist bei beiden Geschlechtern relativ konstant und ähnlich stark ausgeprägt. Nikki Crick (1999) vermutet, dass indirekte Gewalt bei Frauen häufiger ist, weil sie mehr Wert auf soziale Beziehungen legen und soziale Verletzung dem entsprechend effektiv ist. 11.3 Ursprünge der Aggression (Anlage-Umwelt-Problematik) 11.3.1 Ist Aggression angeboren? Die Entwicklung angeborener Verhaltensweisen ist nicht von Lernvorgängen abhängig, sie kann aber durch diese, sowie durch kulturelle und andere Faktoren beeinflusst werden. Instinkttheorien Sigmund Freud (1918) postuliert nach dem I. Weltkrieg den „Todesinstinkt“, der ein tiefes unbewusstes Verlangen darstellt, den Spannungen des Lebens zu entkommen. Ihm gegenüber stellt er den „Lebensinstinkt“, der uns motiviert, uns selbst zu erhalten und uns zu reproduzieren. Aggression stellt einen Sieg des Lebensinstinkts dar, da sie die momentane Kraft des Todesinstinkts nach außen, zu anderen hin, kehrt. Auch Konrad Lorenz (1966) sieht Aggression als angeborenen Instinkt, der das eigene Überleben sichert (Aus Tierbeobachtungen, Lorenz war Anthropologe). Die natürliche Selektion würde die Bildung eines Aggressionsinstinkts dadurch fördern, dass die Aggressoren an mehr Ressourcen und Geschlechtspartner kommen und so einen reproduktiven Vorteil haben. Leider stellen diese interessanten Theorien Zirkelschlüsse dar (Argumentation mal selbst ausprobieren) und haben deshalb keinen Einfluss mehr auf die gegenwärtige Forschung. Evolutionäre Ansätze Die Theorie von John Tooby und Leda Cosmides (1988) betont im Unterschied zur Instinkttheorie Konrad Lorenz´ das Überleben der Gene und nicht des Individuums. Aggression ist nicht primär auf irgendwelche Ressourcen ausgerichtet, sondern ganz konkret auf den Zugang zu potentiellen Geschlechtspartnern. Da das Überleben der Gene betont wird, lässt sich durch diese Theorie auch erklären, warum die Aggression gegenüber Verwandten und InGroup-Mitgliedern gehemmt ist. Untersuchung von Martin Daly (1996): Kindesmord durch Missbrauch ist bei Stiefeltern 70-100mal höher als bei biologischen Eltern. 137 Geschlechtsunterschiede: Männliche Aggression entsteht durch den Kampf um weibliche Ressourcen (zwischenmännliche Aggression) und durch Sexuelle Eifersucht (Vaterschaftsunsicherheit, Aggression eher gegen Frauen). Weibliche Aggression entspringt der Tatsache, dass die Anzahl der Kinder einer Frau begrenzt ist Evolution bevorzugt diejenigen Frauen, die ihre Kinder effektiv schützen können (maternale Aggression). Da das Risiko, das eigene Leben zu verlieren möglichst gering gehalten werden soll, sind die Formen der Aggressivität eher indirekt und relational, anstatt offen (und gefährlich). Kritik: Historische und kulturelle Diversität der Aggression ist so einfach nicht erklärbar (Ruback und Weiner, 1995). Überwiegen sozialer Faktoren?! Antwort: Evolutionäre und soziale Faktoren sollten als komplementär angesehen werden. Psychologische Mechanismen entwickeln sich als Antwort auf bestimmte Umweltkontexte. Und auch die sozialen Faktoren selbst können evolvierte Mechanismen darstellen. Verhaltensgenetik Betonung der Verbindung Genetische Übertragung Verhalten. Gene bestimmen den „Aggressiven Persönlichkeitstyp“. Einige Zwillingsstudien unterstützen die Annahme, dass Aggression vererbt wird. Überblick über Adoptionsstudien zeigt inkonsistente Ergebnisse. Forschungsbedarf. Testosteron Korrelation Testosteron x Aggression existiert und kann Geschlechtsunterschiede sowie innergeschlechtliche Unterschiede erklären. Aber besteht ein kausaler Zusammenhang? Alternativerklärungen: Aggression steigert Testosteronausschüttung (kurzfristig, belegt). Stress führt zu Testosteronausschüttung führt zu Aggression (belegt) Theorie: Individuen mit niedrigem sozioökonomischem Status sind vulnerabler für die Aggressionswirkung von Stress (kann bei ihnen auch besser vorausgesagt werden). Studie von Stephanie Van Goozen (1995): Transsexuelle Männer zeigen nach der Geschlechtsumwandlung mit Testosteronpräparaten mehr aggressives Verhalten als transsexuelle Frauen mit entsprechender Hormonbehandlung (Vorsicht 3.-Variablen: Reaktionen anderer, eigene Erwartungen) 138 Serotonin Serotonin wirkt aggressionshemmend. Niedriger Serotoninlevel ist mit hoher Aggression assoziiert. Serotoninagonisten hemmen aggressives Verhalten. Aber: Auch hier kann keine Kausalität isoliert werden. Serotonin kann sowohl Ursache als auch Folge von Verhalten sein, das Status- und Dominanzrelevant ist. Man muss auch hier eine Interaktion von biologischen und sozialen Faktoren annehmen. 11.3.2 Wird Aggression gelernt? Aggression wird stark durch Lernvorgänge beeinflusst. Sowohl durch Positive Verstärkung (Belohnungen aggressiven Verhaltens verstärken dessen Auftretensw´keit) als auch Negative Verstärkung (Aggression verhindert unerwünschte Ausgänge und damit steigt die Auftretensw´keit). Bestrafung für aggressives Verhalten verhindert AV am effektivsten, wenn sie (1) Unmittelbar nach dem Verhalten erteilt wird (2) Stark genug ist, um eine abschreckende Wirkung zu erzielen (3) Sie konsistent angebracht wird und (4) Vom Bestraften als fair betrachtet wird Die Gewissheit der Bestrafung ist wichtiger als die Härte der Bestrafung. Körperliche Bestrafung korreliert positiv mit aggressivem Verhalten. (Achtung, Kausalität?). Untersuchungen zeigen eine langzeitige Zunahme der Aggression von Kindern, die oft physisch bestraft wurden. 3.-Variablen wie Familienumfeld und Emotionales Umfeld sind wichtig. Soziale Lerntheorie Alfred Bandura (1977): Verhalten wird durch die Beobachtung anderer sowie durch die direkte Erfahrung mit Strafen und Belohnungen gelernt. Experiment (1961): Kinder die ein aggressives erwachsenes Modell beobachten (ist wütend, tritt Puppe) zeigen im Experiment mehr aggressives Verhalten. Diese Modelle können real oder imaginär sein. Modelle, die für aggressives Verhalten belohnt werden und nicht bestraft werden, sind besonders aggressionsfördernd. Der Lernvorgang im Zuge des Sozialen Lernens schließt auch das Lernen von Einstellungen und Scripts ein, die aggressives Verhalten fördern und in bestimmten situativen Kontexten automatisch aktiviert werden. 139 Sozialisierung und Geschlechtsunterschiede [Tipp: Vergleiche mit angeborenen Perspektiven.] Jungen und Mädchen wird Aggression unterschiedlich gelernt. Soziale Rollen haben einen großen Einfluss auf Geschlechtsunterschiede: Offene, physische Aggression wird in stereotypisierten männlichen Rollen eher akzeptiert. Zudem werden Jungen eher sozial akzeptiert (belohnt!), wenn sie sich mit Gewalt durchsetzen. Mädchen dagegen werden oft mit einem besseren sozialen Status in ihrer Gruppe belohnt, wenn sie relationale Aggression einsetzen. Sozialisierung und Kulturelle Unterschiede Interkulturell gibt es Unterschiede in der Akzeptanz von Aggressivem Verhalten (sowohl bei Kindern, als auch bei Erwachsenen). „Kultur der Ehre“ (Machismo, culture of honor): In Kulturen, in denen Jungen auf ihre dominante Rolle vorbereitet werden und früh lernen, ihre Argumente mit physischer Gewalt zu unterstützen, ist männliche Aggression weitaus verbreiteter. Forschung von Dov Cohen und Richard Nisbett. Untersuchung von Cohen (1996): 140 11.3.3 Kritische Reflexion der Debatte Sicher ist, dass biologische und soziale Faktoren interagierend zur Aggressionsentstehung beitragen. Die Rolle von Lernvorgängen ist ebenso unumstritten. Aber es ist nach wie vor unsicher, inwieweit die einzelnen Faktoren allein zur Aggressionsentstehung beitragen. Dementsprechend kontrovers werden alle möglichen Trainings- und Präventionsprogramme sowie verschiedene Forschungsinteressen in dieser Richtung betrachtet. 11.4 Situationale Einflüsse auf Aggressionen Etliche situationale Faktoren können aggressive Gedanken und Verhaltensweisen inhibieren oder fördern. Im Einzelnen: 11.4.1 Frustration: Aggression als Trieb John Dollard (1939): Frustrations-Aggressions-Hypothese: Die Idee, dass (1) Frustration immer das Motiv auslöst, aggressiv zu handeln und (2) jegliche Aggression durch Frustration verursacht wird. Das Motiv der Aggression soll demnach ein psychologischer Trieb sein, der analog physiologischen Trieben wie Hunger betrachtet werden kann (Deprivation Hunger Essen; Frustration Aggression Verletzung). Wenn keine Aggression möglich ist (aus Angst oder fehlendem Zugang), äußert sich der Trieb in Form von Displacement (Triebverlagerung?): Aggression gegen ein substituentes Ziel. Displacement schafft in vielen Fällen Katharsis: Ein Nachlassen des Aggressionsmotivs. FAH - Belege/Kritik: - Frustration bedingt nicht immer Aggression - Aggression wird auch durch andere Faktoren ausgelöst (s.u.) - Das Konzept eines „Sündenbocks“ passt zum Konzept des Displacements (Bsp.: Holocaust, Rückgang der Kriminalität in den USA auf Grund besserer wirtschaftlicher Bedingungen, Metaanalyse von Marcus-Newhall, 2000 zeigt positive Korrelation) - Katharsis umfasst 2 hintereinander geschaltete Prozesse: a) Zunächst reduziert Aggression das Level physiologischer Erregung b) sobald die Erregung weg ist, ist man weniger wütend und die W´keit für aggressives Verhalten sinkt. Stimmt leider nicht. Gründe: (1) Vorgestellte Aggressionen oder die Beobachtung von Aggression erhöhen die Auftretensw´keit von aggressivem Verhalten (siehe soziale Lerntheorie) 141 (2) Auch „kalte“ Aggression kommt vor. (3) Wird durch aggressives Verhalten physiologische Erregung reduziert und ist diese Reduktion wünschenswert, steigt die W´keit für aggressives Verhalten in ähnlichen Situationen (operantes Konditionieren) (4) Auch wenn sich die Gewaltbereitschaft senkt, bleiben Gefühle von Feindschaft und Ärger (erhöhen sich sogar häufig) Katharsis = gefährlich, weil sie weitere Aggression provoziert 11.4.2 Negative Affect Eine Vielzahl unterschiedlicher gesundheitsschädlicher Stimuli ist neben der Frustration zur Provokation von negativen Gefühlen und damit Aggression fähig. Hitze und Aggression Craig Anderson (2000): Heiße Temperaturen fördern aggressives Verhalten. Die aus statistischen Daten gewonnenen Erkenntnisse (siehe Figure 11.5) konnten auch experimentell bestätigt werden. Auch sehr kalte Temperaturen fördern Aggression. Positive Gefühle (Direkte) Provokation erzeugt Vergeltungs-Aggression, die höchstwahrscheinlich durch die zwischengeschalteten negativen Gefühle ausgelöst wird. Positive Gefühle sollten demnach die Vergeltung verhindern. Experiment von Baron (1974): VPn werden von einem K provoziert, anschließend werden ihnen (1) neutrale Bilder oder (2) lustige Cartoons gezeigt. Vpn dürfen anschließend dem K in einem Lernexperiment als Strafe Elektroschocks verabreichen. Die Vpn in (2) geben weniger Schocks. 142 Auch empathische Gefühle, die während oder unmittelbar nach der Provokation auftreten, verhindern vergeltende Aggression. 11.4.3 Erregung Sowohl Richtung (positiv/negativ), als auch Intensität von Emotionen sind entscheidend für die Ausprägung der Aggressionen. Dolf Zillmann (1983): physiologische Erregung wirkt positiv auf die Aggressionsentstehung (vergleiche excitation transfer, Kap. 9). Ebenso Lärm, Gewaltszenen in Videos, entsprechende Musik. Arousal-Affect-Model: Aggression wird sowohl von der Intensität der Erregung als auch vom Typ der von einem Reiz hervorgerufen Emotion beeinflusst. (Gezielte) Erregungsabnahme reduziert auch die Aggressionsw´keit. Interessant in Figure 11.7 sind die Kombinationen neutral-high (Erregung fördert auch ohne messbare Emotionsqualität Aggression) und positive-high (Aggressionsentstehung hängt auch von den gerade präsenten Kognitionen ab). 143 11.4.4 Gedanken: Automatisch vs. Überlegt (Zur Rolle der Kognition bei der Aggressionsentstehung) Theorie von Leonard Berkowitz (1993): Cognitive Neoassociation Analysis: Unerwünschte Erfahrungen bewirken negative Emotionen, die wiederum Assoziationen mit Angst und Wut hervorrufen. Mit Hilfe Kognitiver Prozesse bewertet man diese automatischen Prozesse und führt auf Grund dieser Analyse dann entsprechendes Verhalten aus. Kurz: Erfahrung Emotion Assoziation Kognitive Prozesse Verhalten Situative Hinweisreize… …(wie Waffen) können Aggression vergrößern. Experiment von Berkowitz (1967): Vpn geben mehr Elektroschocks in Anwesenheit von Waffen, als in Anwesenheit von Sportgeräten. Der sogenannte „Waffeneffekt“ ist die Tendenz, dass Aggression durch das bloße Vorhandensein von Waffen erhöht ist (Berkowitz: „[…] but the trigger may also pull the finger.“). Das Vorhandensein von Waffen aktiviert automatisch aggressionsverwandte Kognitionen. Nach einem Wort-Assoziations-Experiment von Craig Anderson (1996). Allgemein gilt: Jedes Objekt oder externes Charakteristikum, das (1) mit erfolgreicher Aggression und/oder (2) der negativen Emotion Schmerz oder Leid assoziiert wird, kann als aggressionsfördernder situationaler Cue dienen. Persönlichkeitsmerkmale entscheiden über die W´keit und Intensität der von den Instrumenten aktivierten Aggressionen. Kognitive Kontrolle… beschreibt die Kognitionen höherer Art, die den automatischen Prozessen nachgeschaltet sind und modulierend auf das Verhalten wirken. Lernprozesse wie Modelllernen sind Determinanten für kognitive Kontrolle (wenn sich mehrere Modelle aggressiv verhalten….) „Mitigating Information“ über die Situation, in der sich eine Person befindet zeigt an, ob diese Person für die aggressives Verhalten verantwortlich gemacht werden sollte („Sorry, war keine Absicht!“ Kognition Vergeltungs-Aggression?!) Individuelle Unterschiede in der Neigung, aggressionsfördernd zu interpretieren wird durch den „hostile attribution bias“ beschrieben. Alkohol… und andere Drogen können höhere kognitive Prozesse hemmen. Alkohol erhöht aggressives Verhalten, indem er Angst reduziert, was wiederum Aggressionshemmung unterdrückt. Außerdem führt Alkohol zu 144 Aufmerksamkeitsdefiziten Damit wird der ersten automatischen (meist aggressionssteigernden) Information mehr Beachtung geschenkt, als der nachfolgenden kognitiven (meist hemmenden) = „Alkohol-Kurzsichtigkeit“ 11.4.5 Zusammenfassung 145 11.5 Medieneffekte: Gewaltszenen 11.5.1 Gewalt Review von Brad Bushman & Rowell Huesmann (2001): „Hat Gewalt im Fernsehen irgendwelche Effekte auf aggressives und gewalttätiges Verhalten von Kindern? Die Antwort ist Ja! „Die wissenschaftlichen Beweise sind […] überwältigend, was das angeht. Die Beziehung zwischen Fernsehgewalt und Aggression ist ungefähr so stark wie die Korrelation zwischen Rauchen und Krebs.“ (0,31 vs. 0,38). Für die Effekte scheint es eine interindividuell unterschiedliche Vulnerabilität zu geben. Man unterschiedet zwischen unmittelbaren Effekten und Langzeiteffekten: Unmittelbare Effekte Aggressive Modelle fördern Aggressivität insbesondere bei Kindern (Modelllernen, Bandura). Wegen der (teils berechtigten) Kritik am „mundane realism“ der Laborexperimente wird in dieser Forschungssparte häufig auf Feldexperimente (beispielsweise in Schulen) zurückgegriffen. Wendy Wood (1991): Im Labor zeigen sich deutlichere Effekte als außerhalb, aber in beiden settings sind die Effekte reliabel. Videospiele: Experiment von Craig Anderson (2001): Vpn, die aggressive und sexistische Videospiele zocken, zeigen einen Anstieg aggressiver und sexistischer Gedanken, Verhaltensweisen und Einstellungen. Langzeiteffekte Eine Langzeitstudie von Huesmann ergibt, dass Gewalttätigkeit (Aggression, Gedanken…) im Alter von 30 Jahren bei Männern (nicht bei Frauen) positiv mit der Exposition an Gewaltfilme im Alter von 8 Jahren korreliert. Entstehung von Langzeiteffekten: (1) Beeinflussung der Werte, Erhöhung der Akzeptanz von Aggression zur Konfliktlösung (2) Habituation bewirkt Desensitivierung steigert Akzeptanz. (3) Kultivierung (die Macht der Massenmedien, eine soziale „Realität“ zu erschaffen) der Gewalt kann dazu führen, dass die Menschen ängstlicher und damit gegebenenfalls aggressiver in bestimmten sozialen Situationen reagieren. 146 11.5.2 Pornografie Metaanalyse von Elizabeth Oddone-Polucci (2000): Exposition an pornografisches Material korreliert mit sexuell aggressiven Verhaltensweisen und Einstellungen. Da Begriffe wie Obszönität, Erotik, Pornografie…. sehr unterschiedlich definiert und operationalisiert werden, definieren Brehm & Co. den Begriff „Pornografie“ sehr weit gefasst als „explizites sexuelles Material“, unterscheiden aber zwischen gewaltfreier Pornografie und Pornografie mit gewaltverherrlichenden Inhalten. Nonviolent Pornography Wie im Arousal-Affect-Model beschrieben ist sowohl Emotionstyp als auch Intensität der Erregung für Aggressionen bestimmend. Die Verhaltensantwort hängt damit sowohl von der Persönlichkeit als auch vom dargebotenen Material ab, die Reaktion kann entweder positiv oder negativ ausfallen: Beim Umgang mit gleichgeschlechtlichen Interaktionspartnern kann je nach Interpretation eine Verminderung/Steigerung aggressiven Verhaltens auftreten. Werden heterosexuelle Männer gewaltloser Pornografie ausgesetzt und interagieren anschließend mit Frauen, ist die Aggression nur dann erhöht, wenn aggressive Verhaltensweisen wiederholt gefördert werden. Originalartikel von Donnerstein & Hallam, 1978. Allerdings gibt es auch in der Kategorie gewaltfreie Pornografie so genannte „dehumanisierende Pornographie“, die beispielsweise Frauen depersonalisiert. Werden Männer dem ausgesetzt, zeigen sich in Einstellungsinterviews Tendenzen zu ebensolchem Verhalten (höhere Gewaltbereitschaft bis hin zu Vergewaltigung, wenn diese nicht sanktioniert werden würde). Gewalt verherrlichende Pornografie Dreifache Bedrohung: Kombiniert (1) hohe physiologische Erregung mit (2) negativen emotionalen Antworten (Schock, Ekel…) mit (3) aggressiven Gedanken. 147 GVP hat einen geschlechtsspezifischen Effekt: nur die Aggression von Männern gegenüber Frauen wird erhöht. Die Erhöhung der Aggression ist stärker als bei allen anderen Formen von in den Medien präsentierter Gewalt. Neil Malamuth: „The Rapist´s Profile“ ist ein Fragebogen, der das Potential heterosexueller Männer betreffend Akten sexueller Gewalt misst. Der beste Prädiktor für sexuell aggressives Verhalten ist Konsum von Gewalt verherrlichenden pornografischen Inhalten gepaart mit entsprechenden, via RP o.ä. gemessenen Einstellungen. 11.6 Private, Intime Gewalt 11.6.1 Sexuelle Aggression zwischen College-Studenten Phänomen „Date Rape“: 25% aller amerikanischen Collegestudentinnen berichten über versuchte oder ausgeführte Vergewaltigung seit ihrem 14. Lebensjahr, wobei über 50% dieser Vergewaltigungen während Dates geschahen. Faktoren: Geschlecht: Männer wenden häufiger psychische/physische Gewalt an, um Sex zu erzwingen. Alkohol: Allein der Glaube an Alkoholkonsum lässt Opfer und Täter „willenloser“ erscheinen und erhöht die Auftretensw´keit sexueller Übergriffe. Einstellungen: siehe oben Malamuth. 148 11.6.2 Physische Aggression zwischen Partnern Evolutionäre Sozialpsychologie: Vaterschaftsunsicherheit Eifersucht & Misstrauen Gewalt. Forschungen in den 70ern und 80ern: Gewalt von Ehefrauen gegenüber Männern ist ebenso häufig wie Gewalt von Ehemännern gegenüber Ehefrauen. Allerdings benutzen Frauen Gewalt in der Mehrheit der Fälle zur Selbstverteidigung und im Großen und Ganzen ist eheliche Gewalt für Frauen weitaus schädlicher („men strike harder“, Barbara Morse). Faktoren: Persönlichkeit, Alter, Drogen, Sozioökonomischer Status, Konflikt, Stress, Soziale Isolation, gewalttätige Familiengeschichte 11.6.3 Kindesmissbrauch In den USA werden jährlich 1Mio Kinder physisch und 150.000 sexuell missbraucht, 2.000 Kinder sterben an den Folgen elterlicher Aggression. Jungen sind stärker von physischer Gewalt betroffen. Mütter neigen mehr zu physischem Missbrauch als Väter. Faktoren wie unter 11.6.2. Zyklus der familiären Gewalt: Die Übertragung häuslicher Gewalt über Generationen Stellt eine Tendenz dar, die mit Hilfe des Modelllernens plausibel erklärt werden kann. 149 11.7 Gewalt reduzieren 11.7.1 Viele Gründe, viele Heilmittel Die meisten Aggressionstherapien berücksichtigen, dass Aggression von vielen Faktoren beeinflusst wird und arbeiten dem entsprechend mit verschiedensten Mitteln. Bsp: „Multisystematic Therapy“. Situationale und Sozialkulturelle Faktoren - Allgemein sollte die Reduzierung von Stressoren wie Frustration oder Provokation Aggression abschwächen. Ökonomische Verbesserungen, gesündere Lebensbedingungen, soziale Unterstützung, Waffenverbot. - Modelllernen ist sehr effektiv. - Etablierung eines kooperativen Umfeldes (insbesondere zur Vermeidung von Intergruppen-Aggression). - Änderung der „payoff-Matrix“ (höhere Belohnungen für prosoziales Verhalten) Effekte der Medien - Erziehungsprogramme, die Eltern die Auswahl von modellhaft prosozialen Sendungen erleichtern. - Kritische Gespräche Eltern-Kinder über die dargestellte Gewalt (verlangt leider viel Zeit…) - Debriefing, das z.B. nach psychologischen Experimenten mit Gewalt und Pornographie angewandt wird, zeigt Langzeiteffekte und könnte ein Modell für breitere Anwendung sein. Intime Gewalt - Sexuelle Aggression kann durch bestimmte Erziehungsprogramme reduziert werden, die sich vor allem auf Einstellungen und Meinungen konzentrieren und einen respektvolleren und sensibleren Umgang mit dem Thema fördern. - Da Alkoholmissbrauch ein großer Faktor bei sexuell motivierter Gewalt ist, können Alkoholpräventionsprogramme die Situation verbessern. 150 - Familiäre Gewalt ist nur schwer einzudämmen, weil Armut der größte Risikofaktor ist. Trotzdem können Erziehungsprogramme helfen. - Erster Schritt zur Verminderung häuslicher Gewalt ist eine bessere Kommunikation zwischen den Partnern untereinander und den Kindern. 11.7.2 Folgerungen 151